Hotelier 11 2015

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TECHNIK & AMBIENTE BAR-KONZEPTE

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oger Copeland, was sind die jüngsten Trends in Hotellerie und Gastronomie, wenn es um Bar-Konzepte geht? Ich begegne dem Wort «Trends» grundsätzlich mit einer gewissen Skepsis. Trends von heute sind Mainstream von morgen. Viele Desi­ gner sammeln ihre Inspirationen aus Werken, die sogenannten Trends folgen. Meiner Meinung nach ist dieser Weg zu einfach. Wenn es um gastronomische Konzepte geht, verdient jeder Kunde, jeder Standort, jeder Raum eine ganz eigene und individuelle Heran­ gehensweise. Die Einzigartigkeit des gastronomischen und innenarchitektonischen Erlebnisses für den Gast muss im Vordergrund stehen – nicht die Trends! Gäste bewerten Bars und Restaurants aufgrund ihrer Erlebnisse und kommen wieder, wenn diese positiv waren. Der Gas­ tronom ist besorgt für die kulinarische Qualität – wir für die Optik. Was zeichnet denn eine gute Bar punkto Design und Innenarchitektur aus? Funktionalität und atmosphärische Attribute sind generell das A und O in der Gestaltung von Gastronomie­Projekten. Die organisatorischen Prozesse in der Konzeption von Bars stellen sicher, dass die betrieblichen Abläufe erfolgreich funktionieren. Dieser Vorgang bildet ein solides Fundament für die Funktionali­ tät. Die Kreation einer ästhetisch anmutenden Raum­Atmosphäre hat ergänzende Wirkung. Stimmt beides, hat der Gastronom in der Regel eine gute Bar – alles natürlich unter der Voraussetzung, dass die Qualität von Service und Angebot stimmt. Auf was sollte der Hotelier oder Restaurateur besonders achten, wenn er sich mit der Konzipierung einer Bar und Lounge befasst? Der Kopf eines Hotel­Betriebs, einer Bar oder eines Restaurants spielt bei der Konzeption die wichtigste Rolle. Der Betriebserfolg von Gastro­ nomie­Konzepten liegt im Wesentlichen in der Hand der Chefs. Sie müs­ sen ihre Betriebskonzepte mit Herz und Blut leben. Der Gast muss die Pas­ sion der Hoteliers spüren, erleben und das Environment als authentisch erkennen. Wir Interior­Designer haben die Aufgabe, den operativen Ideen­ reichtum der Hoteliers zu verstehen und diesen funktionell, architektonisch und atmosphärisch im Raum widerzuspiegeln. Auf diese Weise bilden Gast­ geber und Gasthaus ein authentisches Ganzes und erlangen die Wertschät­ zung der Gäste. Gesuchte Themen wirken wenig einladend und sind ober­ flächlich; Gäste merken das auf den ersten Blick. Die Bar sollte einerseits zweckmässig, praktisch und fürs Servicepersonal «einfach» zu bedienen sein, andererseits sollte sie, je nach Konzept, trendig, modern oder auch etwas verrückt sein. Wie schafft man den Spagat zwischen Design und Funktionalität? Erfahrene Designer sind sich der Wichtigkeit von Funktionalität und Praktika­ bilität in Verbindung mit effektvollem Design sehr wohl bewusst. Wir sehen Zweckmässigkeit und Praxiserfüllung keineswegs im Widerspruch zu ästhetischen Anforderungen an eine Bar oder an ein Restaurant. Auf welches Bar-Konzept sind Sie besonders stolz? Die vor zwei Monaten neu eröffnete «Pier Zero Bar» im Flughafen von Helsinki ist unser ganzer Stolz. Wir durften während der 15­jährigen Existenz von «Detail Design» einige sehr schöne Bars und Restaurants kreieren. Bei der Kreation des Pier­Zero­ Projekts in Finnland konnten wir jedoch ästhetisch und architektonisch aus dem Vollen schöpfen! «The Moodie Report» bezeichnete die Bar als «Architectural Wonder». 11 I2015

Solche positiven Kritiken erfüllen ein Designer­ Herz mit Freude und Stolz. Wie wichtig ist eigentlich das Zielpublikum, das in einer Bar verkehrt? Werden Bars für junge Leute grundsätzlich anders konzipiert als Bars für Gäste ab 50? Der Gast mit seinen Ansprüchen und Erwartun­ gen steht im Zentrum des Interesses eines Gast­ gebers. Menschen sind eine komplexe Spezies, gegliedert in verschiedenste Altersgruppen, in unterschiedlichste Charakteristika, Mann und Frau, Wünsche, Bedürfnisse, Erwartungen. Auch der Speed der unterschiedlichen Altersgruppen und die Ansprüche derselben könnten unter­ schiedlicher nicht sein. Dennoch können sich nur Bars in grossen Ballungszentren auf ein Zielpub­ likum ausrichten. Ausserhalb von diesen wäre eine einseitige Ausrichtung ein Killer­Kriterium. Bars sollten in der Regel mehrere Zielgruppen ansprechen, sodass weder Jung noch Alt sich in der Bar als «Fremdkörper» fühlen. Was sollte in keiner Bar fehlen? Der beste Barkeeper …! Spass beiseite. Ich denke, dass eine Smoker’s Lounge als ergänzendes Ele­ ment für eine Bar heutzutage fast unabdingbar ist. Obwohl ich selber Nichtraucher bin, habe ich ein gewisses Verständnis für Tabakfans. Ohne Smoker’s Lounges werden Raucher nach draus­ sen verbannt, was insbesondere während der Wintermonate für diese nicht besonders ange­ nehm ist. In einer Smoker’s Lounge können sie weiter konsumieren und damit den Umsatz des Gastgebers erhöhen. H

info Roger J. Copeland ist Geschäftsinhaber der «Detail Design GmbH» in Zürich. «Detail Design» ist ein Architektur- und Interior-Design-Unternehmen. Die international ausgerichtete Design-Agentur feierte 2015 ihr 15-jähriges Jubiläum. Über mehr als ein Jahrzehnt war «Detail Design» verantwortlich für die Umsetzung aller Shops der Schweizer Travel-Retail-Unternehmung «The Nuance Group AG». Ebenso lange besteht eine Partnerschaft mit der Flughafen Zürich AG. Nach 2008 entstanden durch «Detail Design» zwei Hotels im Raum Zürich. Schwerpunkt der Zürcher Design-Firma soll künftig das Gastronomie- und HotellerieSegment sein. copeland@detail-design.com www.detail-design.com

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