Blaulicht 4/6 2016

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Niemand muss selbst in der Manege stehen, um eingenommen zu werden von der Zirkuswelt. Es reicht schon, wenn Benno Woodtli, der Sicherheitsbeauftragte vom Circus Knie, aus seinem Alltag erzählt und die Faszination schlägt Funken. Das Leben mit Menschen aus elf Nationen, in dieser Saison sogar aus dem meist als unnahbar dargestellten Nordkorea, prägt. In diesem Jahr ist Woodtli von Mitte März bis Ende November an 41 Gastspielorten in der ganzen Schweiz zumindest beim Aufbau des Zirkus dabei. Es ist die 98. Knie-Tournee und auch diesmal entsteht in wenigen Stunden an jedem neuen Ort eine Stadt in der Stadt. 5‘000 Quadratmeter belegt allein das über 15 Meter hohe Zelt, das für ein paar Tage oder, wie in Zürich, für fünf Wochen zum Zentrum der Zirkuswelt wird. Ein etwa halb so grosser Zoo wird installiert und dann belegen Werkstatt, Mannschaftswagen, 65 Campingformationen und der gesamte Wagenund Anhängerpark noch einmal mehr als 20‘000 Quadratmeter. Hier finden sie alle zusammen, die Kapell-, Stall-, Ton- sowie Zeltmeister und neben vielen, vielen anderen Berufen natürlich auch die Artisten. Wie gesagt, eine Welt inmitten der Welt.

Die Betriebsfeuerwehr des Circus KNIE wird von der Feuerwehr RapperswilJona trainiert.

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Betriebsfeuerwehr: Hauptaufgabe Prävention Es gibt auch eine eigene Feuerwehr, genauer eine der in der Schweiz selten gewordenen Betriebsfeuerwehren. Und ihr steht Woodtli vor, koordiniert also auch den Einsatz des zirkuseigenen Löschfahrzeugs, das zur Zeltstadt gehört. Es ist aber hauptsächlich ein Übungsfahrzeug und dient im Brandfall allenfalls zur Überbrückung der ersten Minuten, bis die Feuerwehren des Ortes eingetroffen sind. Aber so weit ist es bisher noch nicht gekommen in den sechs Jahren, die Woodtli inzwischen für den Circus Knie arbeitet. Zentrum seiner Aufgabe ist ohnehin, die zehnköpfige Feuerwehrtruppe des Zirkus so zu instruieren und organisieren, dass möglichst jeder Einsatz vermieden werden kann. Er ist denn auch stolz darauf, dass abgesehen von einer gottlob Lappalie gebliebenen Pyro-Fackel unter den Rängen kein einziger Einsatz nötig war. Wobei Einsatz hier meint, in einer Notlage etwa die ersten zehn Minuten zu überbrücken, bis die jeweiligen Profis der Ortsfeuerwehren eingetroffen sind und das Kommando übernommen haben. «Bei uns kommt es nicht darauf an, Feuer zu löschen», konkretisiert er die Aufgabe, vielmehr «unterstützen wir die Feuerwehr vor Ort in der ungewöhnlichen Welt des fahrenden Gewerbes», fügt er an.

Dieser notgedrungen kurze Beschrieb macht immerhin deutlich, worauf es im Zirkus ankommt: Sicherheit – und zwar nicht nur während der manchmal zwei- und dreimaligen täglichen Vorstellungen für die zahlreichen Gäste. Eine der Fragen, die Woodtli zu beantworten hat, lautet: Welcher Wagen steht sinnvoll wo, wenn die Zeltstadt gebaut wird? Stroh etwa und alles leicht Brennbare darf nicht dort gelagert sein, wo ein Unachtsamer seinen Zigarettenstummel entsorgen könnte. Aber auch jeder Gasanschluss in den vielen Campingwagen muss richtig montiert sein und all die Gasflaschen haben sicher gelagert zu werden. Natürlich sind auch Fluchtwege zu planen und richtig anzulegen, übrigens für Mensch und Tier, wie Woodtli erklärt. Die Löscheinrichtung, eine spezielle, mobile Hochdruckinstallation in Palettengrösse, die mit einem Druck von über 50 Bar arbeitet, inklusive des ebenfalls mobilen Wasserreservoirs gehört immer an den Künstlereingang, wie er sagt. Sie verfügt über einen Schlauch, mit dem jeder Ort im Publikumsbereich erreicht werden kann. Dann sind unter den Sitzreihen spezielle kleine Löschcontainer an den richtigen Stellen zu installieren, um noch ein Beispiel der vorhandenen Infrastruktur zu nennen. Ein Brand wäre, so der Sicherheitschef weiter, eine Katstrophe in dieser engen Welt, in der er weit mehr als nur den Verlust von Material bedeutete. Nicht zuletzt der Imageschaden hätte


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