Biorama #15

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P.b.b. — 11Z038861 M — 1040 Wien

KOSTENLOS — ABER ABONNIERBAR

ausgabe 15 — HERBST 2011. www.biorama.eu — www.facebook.com/biorama

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HANDARBEIT 2.0 Umsturz, Basteln und die neue Lust am Selbermachen Twittern als Protest: Ein Nachrichtenagent des Widerstands im Porträt Herausforderung Hühnerhaltung: Selbstversorgung gegen die Entfremdung Schokocreme zum Frühstück: Womit wir den Tag am besten beginnen

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Biorama Nº. 15

auftakt

05 Editorial 06 Global Village Die Welt im Großen & Kleinen

inhaLt

Cover: Handarbeit 2.0

16 just do it! Bei der neuen Lust zum Selbermachen geht es vor allem um Individualität und Selbstverwirklichung. Doch mit der schnellen Verbreitung von Websites für Handarbeit, Kochen und Gärtnern ist auch eine emanzipatorische Alternative zum Massenkonsum entstanden: ein Markt für hochwertige Produkte aus nachhaltiger Produktion zu fairen Preisen, gekauft von Verbrauchern, die Konsum als eine strategische und politische Entscheidung verstehen.

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16 Die Sehnsucht der Dinge Die neue Lust am Selbermachen 22 Die Mitmachrevolution Eine Ausstellung widmet sich der DIY-Bewegung 26 Selbstversorgung, Lektion 1 Der Sinn von dreckigen Händen 28 William Morris Vater der Arts & Crafts-Bewegung 30 Solar Sinter Das andere Desertec 34 Build your Bike Fahrrad im Eigenbau 58 Neuer Schick, alter Kram Fashion Recycling leicht gemacht

Magazin 36 Was ist eigentlich ein Fahrradmechaniker? 38 Ein guter Tag Eine Nachhaltigkeitskampagne 44 Die Welt, die wir uns wünschen Nachrichtenagent @porrporr 46 Der Amazonas Europas Bedrohtes Paradies am Balkan 50 Wwoofen Sinnvoll und Low Budget reisen 53 Wellness im Kleinen Thermen als Quell der Inspiration 77 Speis und Trank Gesund, aber selten bio: Asia-Food

Marktplatz

ein guter tag Wie müssen wir wirklich leben, damit wir nicht über unsere Verhältnisse leben? Eine mögliche, alltagstaugliche Antwort lautet: »Ein guter Tag hat 100 Punkte«.

fahrradmechaniker Als Lehrberuf wurde er 1970 abgeschafft. Das Fahrrad ist aber zeitgemäßer denn je, Know-how auch in Zukunft gefragt. Wie also wird man Fahrradmechaniker?

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Kosmetik Arganöl Schule und Uni DIY-Rezept Veggie-Moussaka Einkochen Leserrezepte Frühstück Start in den Tag

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Elternalltag Weniger ist schwer Paniert und tiefgekühlt Und hinter mir die Sintflut

Kolumnen


Unsere Designklassiker.

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editorial, iMPreSSuM

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nachhaltigkeit im briefkasten? biorama im abo: kultur-optimismus

www.biorama.eu

A

Thomas Weber weber@biorama.eu

impressum HeRAUSGebeR Thomas weber CHeFReDAKTiOn ursel Nendzig (karenziert) ReDAKTiOnSLeiTUnG maximilian Zeller AUTORen kirsten brodde, mirjam bromundt, miriam Damev, Torben Dietrich, marlene Duffy, Juliane fischer, michael Huber, Nina Daniela Jaksch, Julia karzel, margarita kirchner, stephan klein, micky klemsch, franz knipp, magdalena miedl, sara mously, martin mühl, Philipp stierand, Johannes Rausch, sebastian Rahs, werner Reiter, katharina seiser, Johanna stögmüller, erwin uhrmann, magdalena Vukovic, imre withalm, maximilian Zeller FOTOGRAFie florian bilek, bernd gossi, Nicole fleck, Tanya kaindlbauer, stefan knittel, marlies Plank, kurt Prinz, corinna weigl, michael winkelmann COVeRiLLUSTRATiOn georg wagenhuber iLLUSTRATiOnen sig ganhoer, Nana mandl, franka Rothaug, magdalena Vukovic, georg wagenhuber COMiC Leopold maurer ART DiReCTOR sig ganhoer GeSTALTUnG sig ganhoer, carita Najewitz (super-fi) LeKTORAT wolfgang smejkal, adalbert gratzer AnZeiGenVeRKAUF Herwig bauer, Nina Daniela Jaksch, micky klemsch (Leitung), David kreytenberg, Thomas weber Web super-fi, m-otion DRUCK Druckerei Janetschek, gußhausstraße 24–26, 1040 wien PRODUKTiOn & MeDieninHAbeR monopol gmbH, favoritenstraße 4–6 / iii, 1040 wien GeSCHÄFTSFÜHRUnG bernhard schmidt KOnTAKT biorama c/o monopol gmbH, favoritenstraße 4–6 / iii, 1040 wien; Tel. +43 1 9076766; www.biorama.eu, www. monopol.at, redaktion@biorama.eu bAnKVeRbinDUnG monopol gmbH, easybank, kontonummer 20010710457, bLZ 14200 AbOnneMenT siehe website: www.biorama.eu eRSCHeinUnGSWeiSe 4 ausgaben pro Jahr eRSCHeinUnGSORT wien VeRLAGSPOSTAMT 1040 wien

bLATTLinie biorama ist ein unabhängiges, kritisches magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, interviews, essays und kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen welt angesiedelt. sie zeigen möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für mensch und den Planeten erde. ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. biorama erscheint viermal im Jahr.

foto Michael Winkelmann Zeichnung Moussa Kone

ls wir im Juni als Redaktion zusammensaßen, dominierten zwei Themen, die sich damals als Schwerpunktthemen für die nun vorliegende Ausgabe aufdrängten: Protest und Protestkultur versus DIY – Do it Yourself und die neue Kultur des Selbermachens. Eine Kollegin hatte sich – mit un­ serem moderaten Weg des Konsens und des Miteinan­ der nicht einverstanden – bereits im Vorfeld via Pro­ test­E­Mail an den Redaktionsverteiler aus dem Team verabschiedet und kreidete uns an, dass wir an einem Tag konferierten, als in der Stadt (wir reden von Wien) gegen das World Economic Forum demonstriert wurde. Postideologischer Ansatz von biorama ist es, Protest nicht nur zu demonstrieren, sondern ihn auch konst­ ruktiv zu kanalisieren. Das ist nicht naiv, sondern abge­ klärt pragmatisch, manchmal vielleicht sogar konserva­ tiv – weil sich die Welt eben nur verbessern und nicht hinter sich lassen lässt. Als Schwerpunkt entschieden wir uns schließlich fürs Selbermachen, porträtieren Initiativen, die Neues vordenken und Althergebrachtes aktualisieren oder remixen. Basis unseres Schaffens bei biorama aber bleibt Un­ mut und die Überzeugung, dass Bio und Fair Trade positiv formulierter Protest sind. Wie es auch ein Magazin für nachhaltigen Lebensstil nur braucht, wenn der Mainstream ganz und gar nicht nachhaltig agiert. Auch wenn er uns immer öfter das Gegenteil einzure­ den versucht.


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global village


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beekeeping

ein imker in brooklyn Mit gutem Beispiel voran Einige der Bienenstöcke von Andrew Coté ste­ hen oben auf den Wolkenkratzern von Manhat­ tan. Über Schadstoffe macht sich der Imker keine Sorgen. Anders als auf dem Land spritzt hier nie­ mand Pestizide. Den Honig verkauft er selbst, er verbindet Genuss und Engagement: »Hier gibt es Gegenden mit zermürbender Armut, aber verlas­ sene Grundstücke, wo wir unsere Stöcke aufge­ stellt haben. Die Bienen bestäuben die Pflanzen. Letztes Jahr haben wir 20 Tonnen Gemüse geern­ tet. Das ernährt viele Leute hier.« Andrew Coté ist einer der Vorreiter, die Valentin Thurn für seine Doku »Taste The Waste« besucht hat. Sie pran­ gert unsere Wegwerfgesellschaft nicht bloß an, sondern zeigt konkrete Auswege. Ab 8. September in Deutschland, ab 11. November in Österreich im Kino. — tastethewaste.com


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global village

feel beautiful

be beautiful DIGITAL PUBLISHING

»Save as .wwf, but don’t print« Was kann das papierfreie Dateiformat des WWF? Ist es mehr als ein Marketing-Gag? Ein Selbstversuch.

neu

Glückscreme Für ein strahlendes Aussehen wie frisch verliebt! Inkanussund Brasilianischer Pfefferbaum-Extrakt erhöhen die Dopamin-Freisetzung auf der Haut. Gleichzeitig schützt diese Tagescreme vor Umwelteinflüssen und vitalisiert in StressSituationen, z.B. bei Stadtluft, Flugreisen, Meetings etc. zertifizierte Biokosmetik vegan

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Von der Vision des papierlosen Büros ist nicht viel ge­ blieben. Erst die IT hat es ermöglicht, dass tagtäglich Unmengen von Papier bedruckt werden. Neben den Res­ sourcen für die Papierherstellung bedeutet das auch den Verbrauch krebserregender Toner oder schwermetall­ belasteter Tinten. Es ist anzunehmen, dass ein großer Teil der Ausdrucke bloß ein einziges Mal gelesen wird oder überhaupt gleich ungelesen in den Papierkorb wandert. Um den Umgang mit Papier, Tinte, Toner bewusster zu gestalten, hat der World Wide Fund die Initiative »Save as WWF, save a tree« gestartet. Kern der Kampagne ist eine Software, die sich auf Windows und Mac OS als zusätzlicher Druckertreiber installiert. Beim Ausdruck über diesen Treiber wird der Inhalt statt auf Papier in eine Datei mit der Endung .wwf ausgege­ ben. Die so erzeugten Dokumente sind in Wirklichkeit PDF-Dokumente, bei denen die Druckfunktion gesperrt ist. Sinnvoll ist der Einsatz dieses Formats überall dort, wo Dokumente verteilt werden, etwa per E-Mail. Das Problem dabei: Die meisten Empfänger werden mit der Datei ohne zusätzliche Erklärungen nichts anfangen können – es sei denn, sie kennen die WWF-Kampagne. Ein Ausweg wäre das Umbenennen der Endung auf .pdf vor dem Versand, was aber die Idee der Verbreitung die­ ser Kampagne stoppt. Sobald ein Empfänger die Datei geöffnet hat, kann er sie lesen – aber nur am Bildschirm, der Ausdruck ist nicht möglich. Natürlich gibt es Wege, diese Sperre mithilfe anderer Programme zu entfernen, aber dazu ist schon ein weiterer Schritt erforderlich, und das macht den Ausdruck unbequem. Ein Problem bei der vorgestellten Lösung ist die erforderliche Akzeptanz sei­ tens des Empfängers. In der geschäftlichen Kommuni­ kation muss man abwägen, ob ein Geschäftspartner zum eigenen Ökologie-Verständnis gezwungen werden kann. Da wäre ein persönliches Gespräch zielführender. Bei Erhalt von Nachhaltigkeits- oder CSR-Berichten dürfte die Akzeptanz hingegen von vornherein höher sein. www.saveaswwf.com


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street talk WIR FRAGEN, 5 MENSCHEN antworten:

» Machst Du’s gerne selber?« Christine Studentin

Nicht nötig. Ich hatte immer gute Männer. Stimme aus dem Off

Naja, Essen mach ich mir schon selbst. Aber ehrlich gesagt gilt auch da: Schnell muss es gehen. Von Re­ paraturen im Haushalt oder Ähn­ lichem lass ich die Finger. Für so etwas hab ich meinen Freund.

Andreas Student und Lektor an der TU Wien Ich bin handwerklich recht begabt, also mach ich viel selbst. Letztens bin ich ein ziemlich großes Projekt angegangen und hab mir ein Longboard selbst gebaut. Gut, die Holzpresse hat mir viel Arbeit ab­ genommen, aber ich hab trotzdem sicher noch zwei Tage daran ge­ sessen. Es fährt sich ziemlich gut.

Ich würde am liebsten alles selber machen. Ich merke auch, dass immer mehr Menschen auf diesen DIY-Trend aufspringen, und das finde ich super. Alle Utensilien, die ich für die Gruppenarbeit brauche - Stäbe, Plastiken, Mas­ ken – fertige ich selber. Ich kann sowohl mit Ton, Stein oder Holz arbeiten. Ich würde auch mein Gwand gerne selber nähen, aber dazu fehlen mir leider Talent und Kenntnisse. Außerdem bin ich Hobbyimker. Wobei man sich streiten könnte, wer da den Honig macht – die Bienen oder ich.

Gerda Pensionistin

Tobias Student

Ich hab mein ganzes Leben lang gerne fotografiert, und das mache ich heute auch noch ständig. Ich hänge die Fotos aber nicht nur an die Wand, sondern arbeite mit ihnen: Ich mache aus mei­ nen Fotos zum Beispiel gerne Fotokalendern, die ich dann verschenke. Das ist viel persön­ licher als irgend etwas gekauftes.

Mein Essen mach ich mir aus­ schließlich selbst, ich steh nicht so auf das Fertigzeug. Was es dann genau wird, kommt darauf an wie­ viel Zeit ich habe und was für eine Jahreszeit ist. Meist mach ich Salate, Suppen, Gemüse. Ich schau halt vor allem darauf was gerade Saison hat.

interview und fotos Jonas Vogt, Marlene Sindhuber

Thomas Lifecoach


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global village

gang OF FOur (GB) • Dj PhOnO (DE) zOla jeSuS (us) • jaMie wOOn (GB) briTiSh Sea POwer (GB) • eMa (US) whO MaDe whO (Dk) • PhOTeK (GB) iS TrOPical (GB) • clara luzia (AT) inSTruMenTi (lv) • Sin Fang (iS) • KilleD bY 9V baTTerieS (AT) TOTallY enOrMOuS exTincT DinOSaurS (GB) • lOngiTal* (Sk)

acTreSS (GB) • haighT-aShburY (GB) • PeTerlicKer (at) • wOlFraM (AT)

bilDerbuch (at) • jaceK SienKiewicz (Pl) • reTrO STeFSOn (iS) OgriS DebriS (AT) • TeMPelhOF (CZ) • SaeDi (at) • TOuchY MOb (DE) SOaP & SKin (w/ enSeMble)* (AT) • anDrew weaTherall (GB) when SainTS gO Machine (DK) • The DuKe SPiriT (GB) • aDa (DE) KenTOn SlaSh DeMOn (Dj-SeT) (Dk) • D.i.M. (DE) • wOODY alien (Pl) allen alexiS (AT) • KYST (Pl) • ewerT anD The TwO DragOnS (EE) jana VÉbrOVá (CZ) • blacK ShaMPOO (AT) • Ken haYaKawa (AT) liTTle ScreaM (CA) • rubiK (FI) • FilM (GR) • KreaTiiVMOOTOr (EE) M185 (at) • anDrew hung Dj (FucK buTTOnS) (GB) • DiKTa (iS) The beTh eDgeS (AT) • MunK + TelOniuS (gOMMa Dj-SeT) (DE) SchOOl iS cOOl (BE) • Die eTerniaS (AT) • SVaVar KnúTur (iS) PlaSTic SwanS (Sk) • eMilY barKer (US) • The uniqueS (Sk) braSSTrOnauT (CA) • FigurineS (DK) • DeSTrOY, Munich (aT) PeTrOl (Rs) • agenT cOOPer (AT) • SlaP in The baSS (HU) ian FiSher (us) • cherrY SunKiST (at) • SweeT SweeT MOOn (AT) Sheila She lOVeS YOu (CH) • reSOrTS (CA) … anD ManY MOre

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BArfUSSLAUf-SCHUH Terra Plana bringt mit dem »Vivobarefoot Ultra« eine Einstiegsversion ihres minimalistischen Barefoot-Running-Schuhs. Der Ultra ist ein leichter, minimalistischer Schuh. Er hat einen herausnehmbaren Innenschuh, der auf Wunsch Nässe und Kälte draußen hält. Das Obermaterial besteht überwiegend aus recycelten PET­Flaschen, die Sohle aus recyceltem Naturlatex und Reisschalenextrakt. Als Zielgruppe richtet er sich an Barfuß­Läufer, die im Win­ ter oder auf bestimmten Untergründen ihre Füße vor Verletzungen und Kälte schützen wollen. Und das mit einer selten gesehenen Kompromisslosigkeit. Barfußlaufen, also Laufen wie im Sport Laufen, sorgt derzeit noch für Diskussionen. Denn während uns in den letzten Jahren gelenksschonende, vollgedämpfte Sport­ schuhe vom Fachmann empfohlen wurden, folgt Barfuß­ laufen einer ganz eigene Philosophie. Diese geht grund­ sätzlich davon aus, dass Barfußgehen die einzig gesunde Form der Fortbewegung ist. Schuhe werden – beinahe ideologisch aufgeladen – nur zur Not akzeptiert. Jeden­ falls sollte bedacht werden, dass sich unsere Muskulatur und der restliche Bewegungsapparat erst (wieder?) an Barfuß gewöhnen und darauf trainiert werden müssen. Das Gewicht verblüfft ebenso wie die 4mm starke Sohle, durch die man sich sicher vor Verletzungen füh­ len kann. www.vivobarefoot.com


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FOOD AND MUSIC

Musikfestival mit Geschmack Wer auf Festivals gerne gute Musik hört, weiß es zu schätzen, wenn auch das Essen einmal ganz nach seinem Geschmack ist.

Erntedank mit Pop-Appeal: Landlord und BlurBassist Alex James holt tausende Musikfans und feine Acts auf seine Farm nach Oxfordshire.

FOTOS Harvest

Neue Musikfestivals schießen Jahr für Jahr wie Pilze aus den Äckern, ebenso die dazugehörigen Pommes-Bu­ den und Hot-Dog-Stände. Da kann das Musikprogramm noch so gut sein, die Verpflegung vor Ort wird immer mieser. Anders beim Harvest Festival, das vom 9. bis 12. September zeitgleich im südostenglischen Oxfordshire und in Suffolk stattfindet: Für ersteren Ort stellt Alex James, Bassist der Band Blur und mittlerweile Käseher­ steller, seine Farm in Kingham zur Verfügung. Ein Mix aus Restaurantzelten, Bauernmarkt, Kochshows und -kursen sowie Kindertheater, Live-Acts (The Kooks, Eliza Doolittle, K.T. Tunstall und andere) und DJ’s ma­ chen das Harvest zu einem familienfreundlichen GenussFestival. alexjamespresentsharvest.com harvestatjimmys.com


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global village

11: t . 0 2 st ep e S f . f Ho nd 11 u 10.

Bioprodukte mit Biographie! Am Biohof ADAMAH produzieren wir eine Vielfalt von über 60 verschiedenen Gemüse- und Getreidekulturen, die wir Ihnen im Großraum Wien frei Haus liefern. Darüber hinaus bieten wir auch ein umfangreiches Sortiment an Bio-Lebensmitteln von unseren Partnerbetrieben. Soziales Engagement und nachhaltige Entwicklung liegen uns besonders am Herzen. Überzeugen Sie sich persönlich davon und besuchen Sie uns am Biohof in Glinzendorf - im Marchfeld.

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NICHT NUR FÜR TREEHUGGER

Trinkwasser pflanzen Mit Umforstungsaktionen hat das Projekt Trinkwasserwald e.V. schon mehr als 2 Milliarden Liter Trinkwasser zusätzlich aus dem Wald geholt. Das Waldforum der Vereinten Nationen rief das Jahr 2011 zum Internationalen Jahr der Wälder aus. Viele Projekte wurden initiiert und bestehende Initiativen neu ins Rampenlicht gestellt, um das Bewusstsein für den Le­ bensraum Wald, seine nachhaltige Entwicklung und Er­ haltung zu wecken. Biorama berichtet dazu laufend auf der Website. Dazu zählt das Projekt Trinkwasserwald e.V. mit seiner Kampagne »Ressourcen schaffen – Trink­ wasser pflanzen«. Das Prinzip: Durch Unterpflanzung mit Laubbäumen werden Nadelholz-Monokulturen in Mischwälder, später in reine Laubwälder umgewan­ delt, die »Lieferanten« von zusätzlichem Grund- und Trinkwasser werden. Solch ein Wald produziert dann dauerhaft im Durchschnitt 800.000 Liter mehr Grund­ wasser pro Hektar und Jahr. Um sich für die Regene­ ration der Ressource Trinkwasser einzusetzen, ist der Getränkehersteller Bionade mit Trinkwasserwald e.V. eine Partnerschaft eingegangen. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Jugendherbergswerk und regio­ nalen Forstbetrieben wurden bisher deutschlandweit elf »Trinkwasserwälder« gepflanzt. Hauptakteure der Pflanzaktionen sind Schulkinder der jeweiligen Region, die ins Projekt eingebunden und im Vorfeld über das Thema informiert werden und die das Wachstum »ihres« Waldes im Laufe der Jahre begleiten können. www.trinkwasserwald.de


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Gesessen und gegessen wird auf selbstgebauten Möbeln. Für diese Tafel der »Feldküche« wurde 250 Jahre altes Abbruchholz verwendet, gesäubert und neu verarbeitet. Die Entwürfe stammen vom Industriedesigner Robert Rüf.

outdoor cuisine

Tischmanieren auf weiter Flur

Nichts gegen ein Picknick und gepflegtes Gammeln im Grünen, aber eine üppig gedeckte Tafel hat auch unter freiem Himmel ihre Reize. Erst recht inmitten einer prächtigen Kulturlandschaft wie jener, für die der Bre­ genzerwald weit über Vorarlberg hinaus berühmt ist. Eine dekadente Dinner-Party würde sich nicht wirk­ lich in diese Gegend fügen. Das war Martin Fetz und Christian Feurstein wohl bewusst als sie beschlossen, ihren Freundes- und Bekanntenkreis in die Organisati­ on einer kulinarischen Wiesen-Party einzubinden. Be­ kannt dafür, keine Kostverächter zu sein und mit ihrem Magazin Landjäger für Stil, maximale Verdichtung und Lebenslust berüchtigt, sind die beiden im äußersten We­ sten Österreichs personifizierter Kristallisationspunkt der lokalen Kreativen. Der Anspruch der Organisatoren an ihr Open-Air-Gelage war dementsprechend hoch wie der Andrang groß. Für mehr als 70 Gäste war an den drei Tagen im August, an denen die »Feldküche« auf die Wiese lockte, dennoch nicht gedeckt. Liebhaberei und Lebensqualität —— Die Idee – regi­ onales Handwerk, regionale Produkte und ihr Genuss in

schöner Landschaft – ist gut, ihre Umsetzung schon we­ nige Tage danach legendär. Auch die Vorbereitungen für 2012 laufen bereits. Mindestens an zwei Wochenenden soll im kommenden Jahr gemeinsam draußen gegessen werden. »Wir wollen nicht nur Profis kochen lassen«, sagt Martin Fetz. »Die Idee ist, dass sich Menschen, die im Bregenzerwald leben, mit regionalen Produkten auseinandersetzen.« Zum Teil will man sich 2012 auch selbst versorgen. »Die Köche und Freunde, die wir fra­ gen, müssen uns Anfang des Jahres sagen welche Pro­ dukte – Fleisch, Gemüse und Kräuter – sie benötigen. Wir kümmern uns um den Anbau und die Aufzucht. Wir haben selber einen kleinen Acker, mit dem wir einiges abdecken können.« Auch die Tische und Bänke sollen wie heuer selbst hergestellt werden. Große Unbekann­ te wie bei allen Open-Air-Aktivitäten ist auch bei der »Feldküche« das möglicherweise schlechte Wetter. »Deswegen planen wir bereits ein Zelt, das im Not­ fall aufgestellt werden könnte, es gibt ein paar Produ­ zenten im Bregenzerwald, die dies eventuell umsetzen könnten.« www.friendship.is

FOTO David Schreyer (www.schreyerdavid.com)

Die »Feldküche« vereint von allem das Beste: selbst Angebautes und feine Produkte aus der Gegend, einen offenen Freundeskreis und das gemeinsame Tafeln auf den Wiesen des Bregenzerwalds.


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global village

www.brandeins.de brand eins 13. Jahrgang Heft 08 August 2011 7,60 Euro C 50777

brand eins

Auch Batman hat klein angefangen

illustration Franka Rothaug

Wirtschaftsmagazin

brand eins

13. Jahrgang Heft 08 August 2011

001_b1_08_11_Titel_4c_Titel 12.07.11 15:48 Seite 1

MEDIA ENGAGEMENT

Liebe in hellgrün Gemeinsam mit dem TV-Sender SAT.1 möchte die Kampagne »Love Green« der breiten Masse Nachhaltigkeit näher bringen. 4 195069 807601

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Love Green ist eine deutschlandweite Medieninitiative zum Thema Nachhaltigkeit. Ihr Zielpublikum ist die breite Öffentlichkeit, also Menschen, denen grüne The­ men und Inhalte noch wenig vertraut sind. Die Köpfe hinter Love Green sind die beiden Medienprofis Markus Schmid und Philipp A. Thode, die im Frühjahr 2010 be­ schlossen, »ihre Ideen, Erfahrungen in den Dienst einer wirklich wichtigen Sache zu stellen«. Der Plan: eine me­ diale Plattform zu schaffen, die ein breites Publikum zu mehr Nachhaltigkeit inspiriert. Love Green bezeichnet sich selbst als »hellgrün«. Das Motto der Kampagne: »Wir retten die Welt – jeder ein biss­ chen.« Zusammen mit dem TV-Sender SAT.1 wurde eine Fernsehkampagne gestartet, die in unterschiedlichen Formaten das Thema Nachhaltigkeit und die Inhalte der Love-Green-Website kommuniziert: Energie, Mo­ bilität, Ernährung, Lifestyle, Freizeit, Bauen, Recycling etc. Das Online-Magazin der Plattform greift auf Quel­ len der grünen Szene wie Nachhaltigkeits-Blogs u.a. zurück, kooperiert mit diversen Initiativen, Contentund Werbepartnern und vernetzt sich mit seinen Usern über Social Media. www.love-green.de


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BroT BeLeBT DAS Dorf Gemeinschaftsbacköfen stärken das Zusammenleben in Gegenden, wo sonst oft nicht viel geblieben ist. In den Grätzeln der großen Städte gibt es mittlerweile wieder, was vielen Dörfern abhanden kam: Fleischer und Bäcker, Greißler und Gemüsehändler. Das sind zuallererst praktische Nahversorger. Nicht zuletzt sind diese Einrichtungen aber auch soziale Orte, an denen die Nachbarschaft zusammenkommt, jung wie alt. Und diese Orte fehlen längst ganzen Landstrichen. Wo Po­ stämter aufgelassen, wo Schulen und Gemeinden zu­ sammengelegt werden, wo sich ökonomische Strukturen »nicht mehr rechnen« – nicht einmal mehr für die große »Allgemeinheit« –, da bleibt bloß noch das Engagement aus Überzeugung im Kleinen, abseits des Marktes. Zum Beispiel in der von Abwanderung geprägten Gegend des Waldviertels im Norden Österreichs., wo der Allround­ Künstler Makis Warlamis nicht nur sein »Kunstmuse­ um Waldviertel« in Schrems stiftete, sondern auch einen Gemeinschaftsbackofen bauen ließ, der zu speziellen Anlässen angeheizt wird. Adressaten der Aktivitäten seiner gemeinnützigen Museumsfirma sind nicht nur, aber besonders: Kinder. Von derlei Initiativen angetan hatte man in Nieder­ österreich auch die Idee, den Bau von Gemeinschafts­ backöfen zu fördern. Einen eigenen Förderschwerpunkt gibt es bislang zwar nicht – dafür die Bereitschaft, Einrei­ chungen wohlwollend zu unterstützen. Dafür brauche es weder Einzelkämpfer noch Mäzenatentum, sondern: »Voraussetzung für eine Förderung ist ein konkreter Verein, der das durchzieht«, so Konrad Tiefenbacher, Projektleiter beim niederösterreichischen Dorferneue­ rungsprogramms. Besonders reizvoll: »Gemeinschafts­ backöfen können Generationen zusammenführen, Alt­ hergebrachtes vermitteln und Bewusstsein schaffen für den Wert von Lebensmitteln, Zutaten und ihre Herstel­ lung«. www.dorf-stadterneuerung.at daskunstmuseum.at

„Grüne Ferien“ im qualitätsgeprüften BioParadies Genussurlaub bei den Bio-Pionieren im SalzburgerLand Wer sich zuhause biologisch ernährt, will im Urlaub nicht darauf verzichten. Die Bio-Pioniere im SalzburgerLand – innovative Hoteliers sowie weitsichtige Landwirte und Gastwirte – haben ein stimmiges Angebot entwickelt, das sich an bio-sensible und qualitätsbewusste Gäste richtet. Jeder Betrieb – ob uralter Erbhof, luxuriöses Almhüttendorf oder edles Holzhotel – lebt Bio auf seine individuelle Art. Das Wohlfühlen, der Genuss und das Gespür für den Menschen und die Natur stehen im Mittelpunkt. Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, woher die Butter auf dem Brot kommt und dass das Zimmer mit Vollholzmöbeln von heimischen Bäumen eingerichtet ist. Wer zuhause Wert auf biologische Ernährung und ein ökologisches Wohnklima legt, wird die 27 Mitgliedsbetriebe BioParadies SalzburgerLand lieben. Seit vielen Jahren, zum Teil Jahrzehnten, haben sie – vorerst individuell – ihr Angebot auf bio-affine Gäste abgestimmt. 2009 wurde der Verein gegründet, um Gästen noch mehr Vielfalt gewährleisten zu können. Die Mitgliedsbetriebe verteilen sich quer durch alle Ferienregionen im SalzburgerLand: Vom Salzkammergut und dem Salzburger Seenland über das Lammertal und die Salzburger Sportwelt bis in den Lungau und den Pinzgau. Aber überzeugen Sie sich doch ganz einfach selbst. Alle Infos hierzu finden Sie auf

www.bioparadies.salzburgerland.com


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handarbeit 2.0


text

Wolfgang Smejkal

illustration

Georg Wagenhuber

Die neue Revolution des Selber­machens erinnert an die PunkBewegung der 70er Jahre: »Do it yourself or die!« hieß damals die Parole. Die Hand­arbeitsbewegung von heute rebelliert mit Stricknadeln und 3D-Proto-Typing gegen austauschbare Wegwerf­produkte – und ein allgegenwärtiges digitales Lebensgefühl. Auf einmal ist es wieder spannend, sich für die Herstellung authentischer Alltagsgegenstände zu begeistern.

L

ange als bieder und altbacken verschrien, erleben Basteln, Stricken und Co. ein Comeback als lustvolles Hobby unter jungen Großstädtern. Dank dem Internet und den vielen Kreativen, die gerne ihr Wissen teilen, kann man von zuhause aus praktisch alles erlernen: Strick-, Näh- und Heimwerkeranleitungen, Ratgeber­ foren und kostenlose Community-Portale erleichtern das Selbermachen und fördern Austausch und Verkauf. Was in den 90er Jahren in den USA mit der CraftingBewegung begann, als politisch engagierte Frauengrup­ pen anfingen, eigene Kleidungsstücke zu schneidern und lokal zu vertreiben, hat sich mittlerweile mit dem Erfolg von DIY-Verkaufsplattformen wie Etsy oder DaWanda als eine neue Ökonomie des Selbermachens etabliert, der Bastler und Tüftler, Hacker und Künstler ebenso angehören wie Start-up-Gründer und soziale Aktivisten. Viele der Produkte haben Witz und Charme, möglich ist aber alles, was gefällt: Mode, Schmuck, Möbel und Taschen ebenso wie elektronische Erfindungen oder Kinderspielzeug.

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3 fragen an … Elke Gaugele Professorin für Moden und Styles an der Akademie der Bildenden Künste, Wien

Werkstatt suchen, Laden mieten? Alles viel zu teuer. Die technische Entwicklung hat inzwischen die Aneignung von semi-professionellen Produktionsmitteln möglich gemacht: Mithilfe von preisgünstigen Konstruktionspro­ grammen und 3D-Druckern in Gemeinschaftswerkstät­ ten (FabLabs) kann heute jeder Dinge kreieren, die den Vergleich mit professionellen Produkten nicht scheuen müssen. Und so finden sich auf den Kunsthandwerks­ märkten von Hamburg, Berlin oder Wien derzeit Objekte ehrgeiziger Designer und anonymes Design, puristische Einzelstücke und verspielte Kreationen, substantiell ehrliche Dinge und sogenannter »Kitsch«.

bild happylab.at, MfK Frankfurt, Lisa Rastl, Senior Design

Weg vom Digitalen, hin zum Authentischen Selbermachen wird dabei als Befriedigung und Aus­ druck der Persönlichkeit erlebt. Auch die Käufer sind bereit, einen angemessenen Preis zu zahlen, wenn sie wissen, von wem und mit welchem Aufwand etwas her­ gestellt wurde. Die individuellen Werte der Einzelstücke schenken ein sinnliches Lebensgefühl, das sich immer mehr Konsumenten und Erzeuger wünschen. Denn wer selbst etwas herstellt, baut immer auch ein Stück seiner Person in das Produkt ein. Dieser Gedanke der »Dingbe­ deutsamkeit« findet sich erstmals in der Lebensreform­ bewegung des 19./20. Jahrhunderts und kehrte in den 1960/70er Jahren wieder, als die alternative Gegenkultur aus Protest zur modernen Massenkultur eine Hinwen­ dung zu den Alltagsgegenständen der Vergangenheit entwickelte: Das Ausstaffieren der eigenen Wohnung mit Trödel und Sperrmüll als Versatzstücke versunkener Lebensweisen und erste Recycling-Überlegungen wur­ de zum Ausdruck eines politischen Lebensgefühls. Wer damals Plakate siebdruckte, Wollsocken strickte und das

biorama: Was ist unter dem Begriff Craftivism zu verstehen? elke gaugele: Craftivism entstand im Kontext des 3rd-Wave-Feminismus und der Antiglobalisie­ rungs-Bewegung und führt historisch gesehen die feministischen Praxen des Selbermachens der RiotGirls weiter; also ein Verständnis von Do-it-Yourself, das aus der Punkbewegung kommt und mit dem pro­ klamiert wird, dass jede/jeder auf allen Ebenen der Produktion tätig werden kann. Was ist Yarn-Bombing? Durch den neuen Handarbeitsaktivismus ist auch eine neue textile Kommunikationsguerilla entstan­ den, eine neue Form der Graffitis: das Yarn Bombing. Die bekanntesten sind sicherlich die Aktivistinnen von Knitta, eine anonyme Gruppe aus Huston/Texas, die 2005 mit der Mission, die Street Art etwas wär­ mer und flauschiger zu machen, gegründet wurde. Aktivistische Handarbeitsgruppen und ihre Craftis­ tas sind seit längerer Zeit auch in Europa aktiv, u.a. in Österreich und Deutschland. Gibt es neben dem Aktionismus noch weitere Strömungen? Zum einen den gelabelten Öko-Hedonismus, wo Selbermachen nur dann als »kulturelles Kapital« und Teil eines (schicht)-spezifischen Lebensstils anerkannt wird, wenn es mit spezifischen Produk­ ten, ästhetischen Objekten und Räumen ausgeführt wird. Zum anderen die Nähe zu prekären Arbeitsund Lebensverhältnissen, d.h. in kleinen Geschäften oder auf Webplattformen wird Handgemachtes zu Preisen verkauft, die meist weit unter einem Min­ destlohnsatz für die Produktionszeit liegen. Crafting ist also sowohl Teil der neuen prekären Ökonomien der Creative Industries als auch Lebensstil der neuen Mittelschichten, der Lohas und deren Fusion von alternativen und konservativen Werten.


ÖFFENTLICHER RAUM

gemeinschaftswerkstätte

Guerilla Knitting & Co.

FAB LAB / Happylab Vienna (A)

Abseits vom Image des Hausmütterchens haben Stricken, Häkeln, Sticken und Nähen im DIY-Universum Hochkonjunktur. Yarn Bombing oder Guerilla Knitting nennt sich dabei die Straßenkunst, bei der Statuen, Strommasten oder Telefonzellen knallbunt eingestrickt werden. Neben dem künstlerischen Aktivismus ist das Stricken aber auch Ausdruck einer Bewegung zurück zum eigenen Stil, die von den Vertreterinnen des Craftivism in den USA ausgerufen wurde. Man trifft sich zur kollektiven Handarbeit, tauscht sich aus und veröffentlicht das Selbstgefertigte anschließend mittels digitaler Technologie auf einem der vielen Onlineportale. ◄ www.yarnbombing.com — www.stitchnbitch.org

Im Fab Lab, dem Fabrikationslabor, wird an der Zukunft der DIY-Produktion gearbeitet. Hier stehen Laser-Cutter, Vinyl-Plotter, Fräsen und 3D-Drucker — Geräte, die man eigentlich eher in der Industrie vermutet. In diesen demokratischen Mini-Fabriken arbeiten aber keine Ingenieure und Spezialisten, sondern ganze normale Menschen, die im FabLab ihre eigene Ideen umsetzen und das Potenzial der vorhandenen Rapid-Manufacturing-Technologie nützen. Ob Ersatzteile, Geschenke oder elektronische Experimente — Learningby-doing und Austausch mit Erfahrenen sind dabei wesentliche Bestandteile des Prozesses, erklärt einer der Organisatoren des Happylab in Wien. Mehr als 200 Mitglieder zählt der Verein bereits, Eröffnung war im November 2010. Die Community besteht im Kern aus Informatik-Studenten und Modellbauern, ist aber offen für alle Technikinteressierten: Jeden Mittwoch ab 19.00 Uhr ist Treffpunkt und offene Tür für Erstbesucher. ◄ www.happylab.at — www.fabfoundation.org

OLDIES AM WERK

Verbund Offener Werkstätten (D) Senior Design Factory (CH) In der Senior Design Factory in Zürich sollen Gegensätze aufeinander treffen, sich vereinen und ergänzen, damit an dieser Schnittstelle Neues entstehen kann – ähnlich wie in Andy Warhols legendärer New Yorker Factory. Menschen ab 75 Jahren spielen dabei die Hauptrolle, wie die Initiatoren Debora Biffi und Benjamin Moser erklären, die vor zwei Jahren für ihre Abschlussarbeit an der Kunsthochschule in einem Altenheim untersuchten, wie man mit älteren Menschen Design machen kann. Inzwischen sind mehr als 40 Personen in dem Projekt tätig, das von mehreren Stiftungen und Altenheimen der Stadt Zürich mitfinanziert wird. Die Senior-Designer stricken Schals, Mützen und Armbänder, die neue Designs und alte Techniken vereinen und geben Kurse für die Jungen. Gemeinsam mit diesen bedrucken sie T-Shirts, entwerfen Lampenschirme und gießen Kerzen, die zwischen anderen Produkten in der neueröffneten Filiale mit Shop, Atelier und Workshop-Raum verkauft werden. ◄ www.senior-design.ch

Wer Lust aufs Selbermachen, aber keinen eigenen Raum und vielleicht auch zu wenige Kenntnisse hat, der wünscht sich Orte, die gut organisiert und unkompliziert zu nutzen sind. Seit Anfang 2011 kann man auf einer Website, auf der sich mehr als 20 aktuelle Projekte unterschiedlicher Größe als Netzwerk zusammengeschlossen haben, gezielt nach Werkstätten, Kursen, Ideen und Anregungen suchen. In den Einrichtungen wird zu günstigen Konditionen geteilt, was fürs Selbermachen nötig ist: Wissen und Material, Werkzeuge, Maschinen und Räume. Natürlich kann man das auch zum Geldverdienen nutzen, vor allem aber geht es um ein kreatives Feld, sich selbst auszuprobieren. Hier kann man eigenständig Möbel bauen oder restaurieren, Kleidung nähen oder bedrucken, Kunstwerke aus verschiedenen Materialien herstellen, Papier schöpfen, schmieden, schweißen, kleben, drechseln, sägen, hobeln, gießen, töpfern … sowie Seminare zur Vermittlung der entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten besuchen. Offene Werkstätten gibt es u.a. in München, Köln, Hamburg, Berlin oder Potsdam. ◄ www.offene-werkstaetten.org

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Bis zu 200 Euro für Ihr altes Handy

Wir haben uns gefragt, ob es nicht umweltfreundlicher wäre, all die alten und unbenutzten Handys in Österreich zu recyceln. Deshalb gibt es bei Orange jetzt Handy Recycling: Wenn Sie Ihr altes Handy in einen Orange Shop bringen, lässt Orange die brauchbaren Teile wiederverwerten. Und Sie bekommen einen Gutschein im Wert von bis zu 200 Euro, den Sie für Ihr neues Handy, praktisches Zubehör oder Orange Serviceleistungen einlösen können.

Orange Austria Telecommunication GmbH tritt als Vermittler des Kaufvertrages über das Mobiltelefon zwischen dem Kunden und UpCom auf. Orange ist von UpCom Telekom Vetriebs GmbH angewiesen den Wert des Gutscheins gegen Leistungen von Orange einzulösen. Es gelten die AGB der UpCom Telekom Vetriebs GmbH. Mehr auf orange.at/recycling


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handarbeit 2.0

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Holzspielzeug selber machte, fühlte sich »alternativ«. Das politische Selbermachen ist also nicht neu. Die praktischen Modelle der Alternativbewegung von damals waren aber ein fruchtbarer Boden für den Erfolg der aktuellen Do-It-Yourself-Bewegung: Neben kollek­ tivem Selber-Gärtnern und nachhaltigem Konsum­ bewusstsein nehmen sich immer mehr Menschen auch wieder Zeit, Selbstentworfenes in Handarbeit herzustel­ len und anzubieten – Freizeit, die sie sonst wahrschein­ lich mit digitaler (Massen-)Unterhaltung verbringen würden. Während für die Produzenten die sinnlich wahrnehmbare Qualität des Tuns im Vordergrund steht, können sich Käufer mit dem handgemachten Produkt besser identifizieren, weil sie über das Internetportal z.B. auch etwas über die Lebenshaltung seines Schöpfers erfahren. Do-It-Yourself also nicht als Selbstbastlertum aus Mangelwirtschaft und Notwendigkeit, sondern als positives Prinzip einer kleinteilig strukturierten und dennoch global vernetzten Ökonomie, die das Zeug dazu hätte, nicht nur das soziale Leben, sondern auch die Arbeitsverhältnisse und Organisationsformen aller Beteiligten umzukrempeln. Oder, mit den Worten von Erich Kästner gesagt: »Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!«

bild MfK Frankfurt, Klaus Erich Dietl

»Die Zeichen in der Stadt erzählen uns von Arbeit, Produktion und Werbung – ein textiles Zeichen fällt da sehr stark auf, denn es erzählt uns eine ganz andere Geschichte.« (Klaus Erich Dietl, Strick-Künstler)


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diY: die MitMach-revolution

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Die seLbermacher Die Ausstellungsschau »Do it Yourself: Die Mitmach-Revolution« im Frankfurter Museum für Kommunikation widmet sich der neuen Lust am Selbermachen mit einem Blick auf die Vergangenheit.

»Wash and Phone« – selbstgebautes, funktionsfähiges Telefon aus Teilen einer Badewannenmischbatterie (1990)

turen in den Blick. Mit den Bereichen Hobby, Arbeit, Gegenkulturen, Wissen und Medien werden die bedeu­ tendsten Felder des Selbermachens in Geschichte und Gegenwart vorgestellt.

HoBBY

text Annabelle Hornung, Verena Kuni, Tine Nowak bild MfK Frankfurt

Die Freizeit ist eine Errungenschaft des 20. Jahr­ hunderts, noch 1956 kämpften Gewerkschaften für den arbeitsfreien Samstag. Im Hobby dient die frei gewählte Herausforderung des Selbermachens der passionierten Erfüllung. Die vorgestellten Selbermachtypen – der Bastler, der Tüftler und der Heimwerker – veranschau­ lichen die Vielfalt der Themen, Methoden und Praktiken persönlicher »Steckenpferde«. Das klassische Heim­ werken nimmt Ende der 1950er Jahre seinen Anfang. Gründe sind der verstärkt aufkommende Mangel an Facharbeitern, aber auch die Entwicklung neuer, leicht zu verarbeitender Baustoffe und Werkmittel. Eine rapide wachsende »Do It Yourself«­Branche entsteht, die sich ab den 1960er Jahren mit den Baumärkten gezielt an den Hobby­Heimwerker richtet.

s

chon seit jeher war DIY ein Begriff der Gegenkul­ turen und Protestaktionen: Der Slogan »Do It Yourself« erschien das erste Mal 1912 in einem Artikel der Zeit­ schrift Suburban Life. Darin wurden die Leser aufgefor­ dert, selbst ihre Wände zu streichen anstatt Fachkräfte anzuheuern. Als Strategie der Medienamateure reicht er weit bis ins 19. Jahrhundert zurück und ist heute fester Bestandteil digitaler Medien und der Netzkul­ tur. Die Ausstellung und das Begleitbuch nehmen die Entwicklung unterschiedlicher »Do It Yourself«­Kul­

ArBeIT Mittlerweile gilt Handarbeit als Hobby und krea­ tive Freizeitbeschäftigung, doch bis ins 20. Jahrhun­ dert stellte es eher eine sittsame Beschäftigungsform für Frauen dar. Arbeitstechniken wie Reparieren und Recycling zeugen vom Selbermachen als Notbehelf. Das Umfunktionieren von bereits Vorhandenem ist in


Links unten: Nadelkissen aus dem Gewindeabschluss einer Volksgasmaske (1940). Unten: Morse-Baukasten zur Selbstmontage (1965) und Kissenschlacht-Flashmob auf der Konstablerwache Frankfurt (2010)

GeGeNkULTUreN Zur Geschichte der Alternativ­, Sub­ und Gegenkul­ turen gehört die Forderung nach Selbstbestimmung und Medienautonomie. Was ehedem das klassische Flugblatt gegen politische Regime war, wird heute digital fortge­ führt via Facebook, Blogs oder Twitter. Hier verweist das DIY­Prinzip besonders deutlich auf sein politisches Potenzial: Selbermachen als Selbstermächtigung. Gegen soziale und ökonomische Zwänge setzt spätestens die Hippie­ oder Punkbewegung selbstgestaltete Lebenssti­ le kreativer Subkulturen. »Do It Yourself« von Musik, Mode, Film und Kunst bedeutet hier Kritik an der Norm und proklamiert Alternativen zur traditionellen Kultur­ und Medienindustrie.

wISSeN Mit Enzyklopädien, Lexika und Sachbüchern kann sich jeder in jedes erdenkliche Themengebiet ein­ arbeiten. Seit dem 19. Jahrhundert ermutigen auch Experimentierbücher dazu, sich Theorien in Versu­ chen praktisch anzueignen. Baukästen stellen hierzu ab Anfang des 20. Jahrhunderts gleich alle notwendi­ gen Utensilien bereit. In dieser Tradition stehen auch ganze Generationen von Bastelbüchern, die Laien den Einblick in verschiedene Fachgebiete ermöglichen. Zugleich beeinflussen Amateure etliche Expertensys­ teme, da deren unkonventionelle Denkweise den Weg für neue Erfindungen bereitet. Der Streit um Wissens­ hoheiten ist alt. Wer besitzt Informationen, definiert sie als wertig und darf sie verbreiten? Gerade durch die Interaktion im weltweiten Netz – beispielsweise in dem gemeinschaftlichen Online­Lexikon Wikipedia – entstehen neue Formen des Informations­ und Wis­ sensmanagements.

MeDIeN

der Nachkriegszeit eine notwendige Praxis der Impro­ visation. Heute erlebt die gleiche Tätigkeit in Form von Redesign und Upcycling ein kreatives Revival. Im Erwerbsleben bieten sich neue Nischen durch Arbeit Marke Eigenbau: Crowdsourcing, Fab Labs, Coworking und Mikroproduktion bezeichnen Orte und Methoden des selbst geschaffene, individuellen Arbeitsplatzes. Die Wirtschaft hat das Prinzip der Selbstverantwortung schon lange für sich entdeckt. Der arbeitende Kunde ist in die Produktions­ und Erwerbsprozesse eingebunden: Er baut seine Möbel selbst auf, designt Konsumgüter oder bezahlt an der Selbstscankasse.

Das DIY­Prinzip des Web 2.0 hat weitreichende Wurzeln. Die Knipser, Filmamateure und Radiobast­ ler erzählen seit zwei Jahrhunderten Geschichten und Geschichte. Die Zeugnisse dieser frühen Medienamateu­ re werden heute anders wahrgenommen und bewertet. Was früher als selbstgemacht diskreditiert wurde, gilt heute mitunter als stilprägende Pionierleistung. Die Verbreitung eigener Medienproduktionen hat mit dem Internet eine eigene neue Dimension erreicht: Mit Web­ videos, Podcasts oder Twitter kann heute jeder seine Nachrichten an die Welt richten und wird selbst zum Sender.

gold / Hornung / kuni / novak: »DIY: Die MitmachRevolution« – Katalog erschienen im Ventil Verlag. Ausstellung: 25. August 2011 bis 19. Februar 2012 Museum für Kommunikation Frankfurt —— www.diy-ausstellung.de

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»Marke Eigenbau«

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Wolfgang Smejkal

bild

Catrin Sieger

»Kopf schlägt Kapital« An der Schwelle zur volldigitalisierten Gesellschaft kehrt qualifizierte Handarbeit auf einer neuen Stufe zurück und soll die Marke Eigenbau zur wertvollsten Marke des 21. Jahrhunderts machen – sagen die Buchautoren Holm Friebe und Thomas Ramge. biorama: In der Einleitung zu »Marke Eigenbau« prognostizieren Sie, die Revolution des Selbermachens werde mittelfristig die Wirtschaft verändern. Wo steht die Entwicklung gerade? friebe: Ich denke mal, wir sind an einem Knick in der Kurve angelangt. Wir haben die Internet-verstärkte Crafting-Bewegung gesehen, mit boomenden Platt­ formen für selbst- und Handgemachtes wie Etsy.com und Dawanda.de. Diese Entwicklung mag ihren Zenit erreicht haben. Die Hardhacking-Szene, die sich ihre eigene High-Tech-Hardware bastelt oder modifiziert, steckt noch in den Kinderschuhen. Die Potenziale von Fabbing- und Rapid-Prototyping-Technologien sind noch nicht ansatzweise ausgelotet. So gibt es verschie­ dene Entwicklungsstränge in unterschiedlichen Stadien, die sich überlagern und kein einheitliches Bild ergeben. Die Richtung ist aber klar. Kann man sich durch Stricken und Basteln gegen Massenproduktion und Marken-Boom ernsthaft zur Wehr setzen? ramge: Es geht in unserem Buch ja nicht in erster Linie um Stricken und Basteln, sondern um die Chancen von kleinen, wirtschaftlichen Einheiten auf globalen Märkten. Die Welt ist nicht nur für chinesische Elek­ tronik-Hersteller flach geworden. Das wichtigste Pro­ duktionsmittel heute ist ein 400-Dollar-Laptop. Oder, um es mit dem Berliner Professor für Entrepreneurship Günther Faltin zu sagen: Kopf schlägt Kapital. Dass es in diesem Kontext auch wieder lukrativ werden kann, in Deutschland Filz-Pantoffeln zu fertigen und diese lokal oder weltweit geschickt direkt zu vermarkten, ist nur eine Facette des Marke-Eigenbau-Phänomens. Ist die Langeweile eines »digitalen Lebensgefühls« nicht auch mitverantwortlich für den Freizeit-Boom »Selbermachen«? Welche emotionalen Sehnsüchte werden dabei erfüllt? ramge: Ich glaube, es greift zu kurz, die neue Lust am Selbermachen mit digitaler Desillusionierung zu erklären. Vielmehr greift beides ineinander, wie bei Etsy.com, der weltweit größten Web-Plattform für

Handgemachtes und Selbstgemachtes, die mit den Etsy Labs – neuerdings auch in Berlin – gleichzeitig reale Austauschplattformen für gemeinschaftliches Stricken, Siebdrucken und Handwerken schaffen, sowie Coaching für die bessere Vermarktung anbieten. »Make a living making things« lautet der Slogan von Etsy. Und darum geht es bei der Marke-Eigenbau-Bewegung: Zu beweisen,

Das wichtigste Produktionsmittel heute ist ein 400-Dollar-Laptop.

dass eine andere Produktionsweise nicht nur möglich ist, sondern auch eine ökonomische Basis hat und die Miete zahlt. Der »Punk of Craft«, so Jean Railla, eine Gallionsfi­ gur der Bewegung, besteht eben nicht darin, Dinge kaputt zu machen, sondern Dinge selber zu machen. Vielleicht ist das das wirklich Subversive daran. Holm Friebe & Thomas Ramge »Marke Eigenbau« (Campus) Es geht um eine neue Ökonomie des Selber­machens, der Eigeninitiative und Selbstorganisation, die versucht, dem globalen Kapitalismus eine neue Wendung zu geben. Anhand nationaler und internationaler Beispiele erfährt man, wie und wo das schon jetzt funktioniert und warum eine solche kooperative, vernetzte Weltwirtschaft die Spielregeln von Arbeit, Produktion und Konsum nachhaltig verändern könnte. Auf einem dazugehörigen Internetportal werden Produktbeispiele gesammelt – hier kann man Fotos von Eigenbau-Produkten hochladen, Baupläne austauschen und sich verlinken. —— www.marke-eigenbau.org


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DIe Grenzen der Selbstversorgung

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text

Katharina Seiser

das geht an die eier Über die Grenzen des Selbermachens in der Küche und warum es trotzdem sinnvoll ist, sich die Hände dreckig zu machen.

D

ie Zitate sind zwei Ausprägungen ein- und dersel­ ben Sache: Selbermachen in der Küche. Im Englischen beschreibt made from scratch gut, wofür es im Deutschen keine Formulierung gibt: Etwas von Grund auf selber machen. Doch wo fängt das in der Küche an? Kavadolce gibt bei den Zutaten »Eier« ohne Herkunfts- und Hal­ tungsbezeichnung und Zuckerguss, der aus Trockenei­ weiß, Wasser, Vanillearoma und Puderzucker besteht, an. Woher das Trockeneiweiß stammt, interessiert auf DaWanda niemanden. Jene Aussteigerinnen und Aus­ steiger, die John Seymours »Selbstversorgungs-Bibel« seit Jahrzehnten benützen, haben vermutlich keine Zeit, sich der Verzierung von Schokoladenkeksmöpsen zu widmen. Natürlich sind das zwei Extrembeispiele, weil nicht alle, denen artgerecht gehaltene Hühner wichtig sind, sie auch selbst halten oder gar schlachten, und nicht allen, die ihre Kekse mit Tierausstechern in Form bringen, die Herkunft der Zutaten egal ist. Hanni Rützler, Leiterin des Wiener futurefoodstudio, sagt zu den Motiven, Essen nicht zu kaufen, sondern selber zu machen: »Lange Zeit war die Subsistenzwirt­

»Bei dieser Methode muss das Huhn durch einen Schlag auf den Kopf zuerst betäubt werden. Dann greifst du die Beine mit der linken Hand und den Hals mit der rechten, sodass er zwischen den beiden mittleren Fingern hervorsteht. Drücke die rechte Hand so nach unten und drehe sie so, dass der Kopf des Huhns nach hinten gebeugt wird. Hör auf, sobald du fühlst, dass der Wirbel bricht.« (»Ein Huhn schlachten und zubereiten«; aus: John Seymour, »Das neue Buch vom Leben auf dem Lande«, 2010, S. 221) »einsamer Mops sucht jemanden, der ihn zum fressen gern hat. Belohnt wird derjenige mit einem fast 130 Gramm schweren, schokoladigen SchokoladenkeksMops mit liebevoller, dreidimensionaler Vanille-Zuckergussglasur.« (lonely puppy – 1 großer Mops-Keks, Preis: € 3,50, Verkäufer: Kavadolce, Shop-Kategorie: Niedlichkeiten, de.dawanda.com, abgerufen am 3. August 2011)

schaft eine ökonomische Notwendigkeit. Heute sind die Ansätze in Richtung Selbstversorgung eine Reaktion auf die Entfremdung von Konsumenten und Agrar- und Lebensmittelindustrie. Die Arbeitsteilung und Speziali­ sierung wird vom DIY-Trend natürlich nicht aufgeho­ ben. Aber viele Menschen wollen sich die Kontrolle über ihre Lebens-Mittel nicht gänzlich aus der Hand nehmen lassen.«

Scharfes Messer statt Smartphone Selbstversorgung scheint ohnehin nicht das vorran­ gige Ziel zu sein. Schon eher die Neugier, ob man aus Milch und Lab auch zuhause aromatischen Käse hin­ bekommt und wie oft Sauerteig gefüttert werden muss, oder die Befriedigung, dass die Hände außer ein Smart­ phone auch einen scharfes Messer bedienen können und dass nicht nur die Orchidee aus dem Möbelhaus, sondern auch die Paradeiser aus selbst gewonnenen Samen vom letzten Jahr gedeihen. Das alles wurde dank des Internet so einfach wie noch nie zuvor. Über Twitter, Blogs und Foren findet man auch mitten in der Nacht


Antwort auf jede brennende Küchenfrage. Brot ist das beste Beispiel: Wer einmal das No-Knead-Bread von Jim Lahey aus New York City, das durch die New York Times und viele Blogs berühmt wurde, ausprobiert hat, kauft nie wieder Weißbrot einer heimischen Bäckerei­ kette. Wer unter Nachhaltigkeit nicht heiße Luft, son­ dern das einzig tragfähige Konzept des Wirtschaftens versteht, wird nicht umhin kommen, sich entweder ein gutes Netzwerk an Bio-Produzenten aufzubauen, oder einen Teil davon selbst zu übernehmen.

Herausforderung Hühnerhaltung Gemeinsames Gärtnern auf engstem Raum, bewusst gängige Bilder vom Grün in der Stadt unterwandernd, ist längst mehrheitsfähig. Sich Tiere zur Lebensmittel­ produktion zu halten, noch nicht. Aber wer vegetarisch lebt, verhindert nicht automatisch Tierleid. Eine Kuh zu kaufen, klingt wie eine absurde Option. Reinhard Gessl, Nutztierwissenschafter und Tierhaltungsexperte des FiBL (Forschungsinstitut für biologischen Landbau): »Hausgartenbesitzer quälen sich lieber beim Rasen mähen und beim Thujen schneiden, als sich ökologisch verträgliche Gemüse- und Kräuterbeete zu gönnen oder gar Nutztiere zu halten. Die Haltung von kleinen Nutz­ tieren wie Kaninchen, Hühner, Gänse, Enten oder Bie­ nen braucht noch viel mehr Wissen und bedeutet ein grundsätzliches Umdenken im Umgang mit unserem Essen und dem, was uns heute wichtig ist«. Nicht aus­ zuschließen ist, dass aus den ursprünglich aus Protest gegen Konsumzwang und Massentierhaltung entste­ henden Selbstversorgern wegen großer Nachfrage aus dem Freundeskreis doch wieder Produzenten werden. Reinhard Gessl: »Neueinsteiger in die Landwirtschaft sind über Internet und Fachliteratur sehr gut informiert – die innovativsten (Bio-)Betriebe werden sehr oft von Quereinsteigern bewirtschaftet.« Ernährungswissen­ schafterin Hanni Rützler nennt weitere gute Gründe fürs kulinarische DIY: »Mengenmäßig fällt das Selbst­ produzierte kaum ins Gewicht, aber DIYing führt zu mehr Know-how und einen größeren Wertschätzung der Lebensmittel, es stärkt das Selbstvertrauen und die Kritikfähigkeit. Und es führt vielleicht auch zu dem Bewusstsein, dass gute Lebensmittel nicht zu einem Spottpreis zu haben sind.« Katharina Seiser schreibt beruflich übers Essen und die Herkunft von Lebensmitteln. Ihr Zeitplan fürs No-Knead-Bread hängt bereits in vielen Küchen. Er ist ebenso wie Hunderte weitere kulinarische Notizen auf ihrem Blog esskultur.at zu finden.

Ausgezeichnet Leben mit dem Österreichischen Umweltzeichen Schaut auf Umwelt und Qualität www.umweltzeichen.at


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WilliaM MorriS und daS artS and craftS MoveMent

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Er wollte die Grenzen zwischen Kunst, Handwerk und Leben sprengen. William Morris (1834–1896) war Künstler und Unternehmer, Literat und Architekt, Mitbegründer der britischen Sozialisten sowie Vater der englischen Arts-and-Crafts-bewegung.

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hne William Morris wäre die Welt um einige Facet­ ten ärmer, ganze Stilrichtungen hätte es nie gegeben, Bücher wären nie in der Form geschrieben worden. Warum? – Morris, Mitbegründer der sozialistischen Bewegung Englands, war vieles zugleich; unter anderem Künstler, Literat, Designer, Architekt und Unternehmer – vor allem aber verstand er es, Kunst und gesellschaft­ liche und politische Ideen mit dem Leben zu verbinden. Das 19. Jahrhundert mit seinen Umwälzungen war der perfekte Boden für einen aufgeschlossenen Denker wie Morris. Aufgrund der Erbschaft des früh verstor­ benen Vaters erlebte der 1834 geborene Morris eine wenig autoritäre Schulzeit ohne finanzielle Engpässe. Er besuchte das bereits damals fortschrittliche Marl­ borough College in Wiltshire (das etwa auch Catherine Mountbatton­Windsor, jüngst mit dem britischen Thronfolger vermählt, absolvierte). Zunächst verdiente William Morris sein Geld als Architekt in einem Studio

für Innendekoration. Hier wurden die Grundlagen für sein Unternehmertum gelegt und seine Liebe zum Pro­ duktdesign entfaltete sich.

STUDeNT UND SoNDerLING Später sollte Morris das Arts and Crafts Movement mitbegründen, eine Bewegung, die in Kunst und Pro­ duktdesign bis heute unverkennbar nachwirkt. Die wesentlichen Einflüsse dafür stammen aus seiner Kind­ heit und Studienzeit, wo sich der junge William inten­ siv dem Handwerk widmete. Während des Studiums in Oxford freundete sich Morris mit den Präraffaeliten an, deren Kopf Dante Gabriel Rosetti war, ein Bewunderer des Mystikers und Künstlers William Blake. Morris und seine Freunde waren – zumindest ein wenig – Sonder­ linge unter den damaligen Studierenden. Ihr Bestreben lag darin, mehr Leben in die Malerei zu bringen, und vor allem die Natur in der Malerei wieder zu entdecken.


text

Erwin Uhrmann

bild

William Morris Gallery, London Borough of Waltham Forest

Nach anfänglicher starker Ablehnung setzte sich diese, der damaligen akademischen Malerei entgegengesetzte, Strömung durch. Im späteren Arts and Crafts Movement waren die Ziele ähnlich. Die Natur spielte eine zentrale Rolle und wirkt sich auf die Gestaltung von Produkten aus. Morris und seine Mitstreiter forderten eine Wiedervereinigung von Kunst und Kunsthandwerk. Damit verbunden war eine Ablehnung jeder industriellen Fertigung, eine Abscheu vor den Maschinen. Dass Morris diese Abneigung nicht rein im künstlerischen Sinne verstand, sondern er auch einen gesellschaftlichen Entwurf parat hatte, zeigt sein politisches Engagement. Während des Studiums lernte er Jane Burden kennen, seine spätere Frau, die aus der Arbeiterklasse stammte. Mit der gemeinsamen Tochter Mary May war er einer der ersten Sozialisten Englands. Sein Engagement floss in die damals von ihm mitbegrün­ deten sozialistischen Verbände ein.

eNTwUrf Der IDeALeN GeSeLLSCHAfT Gerade aber die Verbindung von Morris’ politischen Vorstellungen und seine Arbeit als Unternehmer und Künstler sicherten ihm einen Platz in der Geschichte. In seinem utopischen Buch »News from Nowhere«, 1890 erschienen, legt er den Entwurf einer idealen Gesell­ schaft vor; ein Schlüsselwerk, das die Entwicklung des Denkers Morris offen legt. Bemerkenswert – für damali­ ge Verhältnisse – ist seine Haltung Frauen gegenüber, die er aus der männlichen Unterdrückung befreien will. Klar lokalisiert er sich in der Gesellschaft des 19. Jahrhun­ derts in Ablehnung gegen das viktorianische Zeitalter. Sein Umgang mit dem Sozialismus ist von eigener Prä­ gung, wenn er die Grenzen zwischen Kunst, Handwerk und Leben sprengen will. Arbeit sieht er nicht als not­ wendiges Übel, wie viele politische Mitstreiter, sondern als kreative Entfaltung des Menschen an. Einen Vergleich könnte man zum heutigen New Work Movement, das einen gesellschaftlichen Entwurf für das postindustrielle Zeitalter anbietet und vom Philosophen Frithjof Berman begründet wurde, ziehen. Bergman legt nahe, dass der Mensch eine neue Handlungsfrei­ heit brauche, sich von der Knechtschaft der Lohnarbeit befreien müsse. Demnach solle die Erwerbsarbeit nur mehr ein Drittel der Arbeitszeit in Anspruch nehmen, der Mensch würde mehr zum Selbstversorger werden und zu großen Teilen die Arbeit machen, die er »wirk­ lich, wirklich will«. Ein praktizierter Gesellschaftsentwurf, der an Morris erinnert, ist etwa das vom Dichter und Befreiungstheo­ logen Ernesto Cardenal betriebene Solentiname­Projekt. Die Bewohner des Inselarchipels im Nicaraguasee nut­

zen das Kunsthandwerk, das sie erlernen, als Lebens­ grundlage.

kLASSIker: MöBeL voN MorrIS & CoMPANY Die 1861 von William Morris und Weggefährten gegründete Firma, die später den Titel Morris & Com­ pany trug, spezialisierte sich auf Inneneinrichtung, dar­ unter Teppiche und Möbel. Charakteristisch bis heute ist das Design, das Morris und seine Mitstreiter entwarfen und das heute noch unter Lizenz verkauft wird. In der Arts­and­Crafts­Bewegung, die als Strömung in England und den USA bis weit ins 20. Jahrhundert spürbar war, wurde die Einfachheit und Klarheit eines Motivs als schön empfunden. Der Einfluss reichte weit, etwa bis

Anders als seine politischen Mitstreiter sah William Morris Arbeit nicht als notwendiges Übel, sondern als kreative Entfaltung des Menschen an.

zur Art Nouveau und zur Wiener Sezession, wo ähnli­ che Forderungen an die Kunst formuliert wurden. Gegen Ende seines Lebens gründete William Morris, der als Schriftsteller bereits ein beachtliches Werk angesam­ melt hatte, noch eine Buchdruckerei. Kelmscott Press erreichte noch zu seinen Lebzeiten Kultstatus: Die Bücher waren ästhetisch perfekt und enorm aufwendig produziert. Das literarische Werk Morris’ ist umfangreich, darun­ ter befinden sich auch Märchen wie »The Wood Beyond the World«. Wie der Titel bereits nahe legt, inspirierte es C.S. Lewis’ »Narnia«­Romane, in denen eine Welt, die durch eine Kastentür erreicht wird, beschrieben ist. Sein Einfluss reichte bis zu Tolkiens »Herr der Ringe«. Bis heute aktiv ist auch Großbritanniens legendärer Nati­ onal Trust zur Erhaltung von historischen Bauwerken, der direkt auf Morris zurückgeht, der die Vorgänger­ vereinigung gegründet hatte. Morris’ große Qualität lag darin, alte und traditionelle Motive und Ideen in seine Gegenwart zu holen und gesellschaftlich absolut fort­ schrittlich zu denken. Buchtipp: William Morris: »News from Nowhere and Other Writings« Penguin Classics, 1994 (in englischer Sprache)

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solar PROTOTYPING

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heiSSer sand Ein solarbetriebener 3D-Drucker schmilzt Sand zu Objekten aus Glas. Der Design-Student Markus Kayser hat seinen »Solar Sinter« in der ägyptischen Wüste getestet und eine futuristische Studie erstellt, um damit auf die drohende Rohstoffknappheit hinzuweisen.


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Biorama Nยบ. 15

SOLAR PROTOTYPING

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Wird Quarzsand bis zum Siedepunkt erhitzt und erkaltet, wird er zu Glas.


Die Technik Das visionäre Projekt von Markus Kayser, Student des Royal College of Art in London, untersucht das Potenzial der Wüste als Produktionsquelle und will auf natürliche Energiequellen und nicht versiegende Ressourcen aufmerksam machen. Das Sintern, also Plastikpulver, Harze oder Metalle zu erhitzen und daraus Formen zu erstellen, wurde in den letzten Jahren zu einer zentralen Methode bei der 3DMusterentwicklung (Rapid Prototyping). Mit Hilfe von Lasertechnologie fertigt ein 3D-Drucker aus einem am Computer erstellten Design präzise Objekte. Der Solar Sinter arbeitet dabei mit dem Schmelzpunkt von Quarzsand und Sonnenstrahlung. Mittels der Energie aus den Solarzellen bewegt sich das Gerät automatisch und positioniert sich in der richtigen Position zur Sonne. Über eine Linsenkonstruktion wird das Sonnenlicht so stark gebündelt, dass der Sand flüssig wird. Das enthaltene Quarz wird zu Glas, das sich als Granulat computergesteuert in Form bringen lässt. Durch kontinuierlich neu aufgetragene Schichten von frischem Sand entstehen so dreidimensionale Produkte aus Glas. In viereinhalb Stunden wird z.B. eine Schale (Bild) hergestellt. Dabei bewegt sich der Sinter 1 Millimeter pro Sekunde, während der Sand schmilzt.Der »Solar Sinter« ist für den Sustain Award des Royal College of Art nominiert und wird im Rahmen des London Design Festival vom 22. September bis 5. Oktober 2011 ausgestellt. — www.markuskayser.com

Gumpendorfer Straße 28, 1060 Wien Montag – Freitag 11 – 18.30 Uhr, Samstag 10 – 17 Uhr www.anukoo.com


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daS fahrrad alS diY-ProJekt

34 Im Eigenbau kaum erreichbar, aber das große Vorbild: Ingenieurskunst à la Renovo.

gLücksraD Wer glaubt, das fahrrad im eigenbau meistern zu können, der wird es irgendwann auch versuchen. Aber Vorsicht: In solch einem Vorhaben steckt die Drakonität eines Kippschalters!

D

as Fahrrad als DIY­Projekt sollte man – gemes­ sen am Anspruch an geforderter Genauigkeit und der Menge von sicherheitsrelevanten Bauteilen – im guten Mittelfeld der Eigenbauten angesiedelt sehen, irgendwo zwischen Häkel­Geldbörserl und Segelyacht. Ein gewisses Maß an handwerklicher Begabung und der Wille, ein Projekt zu vollenden, das unter Umständen die Wochenenden mehrerer Monate verschlingt und mehr Kosten verursachen kann als ein Neukauf, sollte da schon vorhanden sein. Und trotzdem scheint das bestechend ausgewo­ gene Verhältnis zwischen Simplizität und Nutzwert ungleich mehr Selbstbau­Fans anzuziehen als andere, ebenbürtige Projekte. Ein kurzer Blick ins weltweite Netz bringt tausende Anleitungen, Berichte von Bes­ serwissern, Gescheiten und Gescheiterten, Aufzeich­ nungen von Versuchen und Versuchungen hervor.

Genau genommen kann man ja nur vom Fahrrad­ rahmen als DIY­Projekt sprechen, verwendet doch das Gros aller Bastler Anbauteile aus dem Katalog. Jene, die es geschafft haben, nahezu alle Komponenten selbst zu fabrizieren – Personen mit Format eines René Herse oder Alex Singer – feiert man noch heute als les constructeurs. Sie halten die Latte hoch. Doch schon der Rahmen für sich birgt ungeahnte Schwierigkeiten. Und der Teufel steckt bekanntlich im Detail.

DIe GeoMeTrIe Ein guter Ausgangspunkt für ein funktionierendes Selbstgebautes ist, sich darüber im Klaren zu sein, wofür genau man sein Fahrrad hinterher nutzen möchte. Hier hilft oft der Blick auf die Homepage eines der marktfüh­ renden Fahrradhersteller. Dort kann man sich auch meist detaillierte Spec­Sheets ansehen und lang erprobte Geo­


35 metrien – quasi die Grundmaße eines Fahrradrahmens – spicken. Diese kann man je nach Mut, Lust und Laune abändern und so die Spannung, aber auch das Risiko der Dysfunktionalität gewaltig erhöhen. Sollte das Projekt in die beliebte Richtung der »Rat­ oder Tall­Bikes« – Räder aus Teilen mehrerer anderer (Schrott­)Räder, sehr beliebt in den Kreisen der urbanen Fahrradkultur à la Critical Mass – gehen, ist dieser Punkt eher zu vernachlässigen. Man darf und sollte sich diesbezüglich ausspinnen.

Hat man erst einmal die Grundmaße des Rahmens ermittelt, kann man sich auch schon der alles entschei­ denden Frage des Rahmenmaterials und damit der Ver­ arbeitungstechnik zuwenden. Die meistverbreiteten Materialien im industriellen wie im semi­professionel­ len Rahmenbau sind Metalllegierungen. Dazu gehören Stahl, Aluminium und in geringen Maßen Titan. Um es den Profis gleich zu tun, sollte man sich zumindest die Verbindungsmethodik des Hartlötens oder Schwei­ ßens aneignen, im allerbesten Falle gleich in einem der meist von professionellen Rahmenbauern angebotenen Rahmenbau­Workshops. Doch abseits befestigter Wege gibt es noch andere, unkonventionellere Materialien und Methoden. ALAN, eine der Pionierfirmen im Fahrradbau der 70er Jahre, entwickelte die Methode, Aluminium­ rohre mittels zusätzlich schraub­geklemmter Flanschen zu verkleben. Angemerkt sein sollte aber, dass die meis­ ten davon nicht in einem Stück bis heute überlebten, doch Neuentwicklungen auf dem Klebstoffsektor wie der »Wunder­Uhu« Ardalite sorgen heute dafür, dass die Kompositbauweise auch dauerhaft in den professi­ onellen Rahmenbau Einzug halten konnte. Ein für fast 100 Jahre vergessenes Rahmenmaterial feiert derzeit seine Renaissance: die Rede ist von Bam­ bus. Der Industriedesigner Craig Calfee hat schon 2005 begonnen, den enorm schnell (nach­)wachsenden Roh­ stoff, der ähnliche Materialeigenschaften aufweist wie Carbon, versuchsweise in seine Fahrradlinie einzubrin­ gen. Eine Reise nach Ghana bewog ihn dann, eine eigene Linie an Serienfahrrädern gleich im Ursprungsland pro­ duzieren zu lassen und somit auch die brachliegenden Ressourcen – sowohl die natürlichen als auch die perso­ nellen – vor Ort zu nutzen. www.calfeedesign.com Dass sich das Material auch ideal für den Eigenbau eignet, beweisen derzeit Studierende der TU Berlin mit ihrer Projektwerkstatt NaWaRo­Fahrrad. Die im Zusammenhang mit Bambus entstehenden Konstrukti­ onspläne für Fahrradmodelle aller Couleur stehen nach Abschluss des Projekts unter einer Open­Source­Lizenz allen privaten Nutzern zum Nachbau zur Verfügung. www.nawaro-fahrrad.de — All denen, die mit enor­ mer handwerklicher Begabung als auch mit der passen­ den Holzwerkstatt aufwarten können, sei die »Advan­

Hilfreich: das richtige Werkzeug, handwerkliches Geschick und kompetente Hinweise auf die notwendigen Kniffe.

ced­Methode« der hohlgearbeiteten, zweischaligen Hartholzrahmen nach Vorbild der Renovo Bikes nahegelegt. Wer schon einmal ein Didgeridoo ohne Termiten gebastelt hat, kann sich vorstellen, welcher Arbeitsaufwand in einem solchen Schmuckstück steckt. www.renovobikes.com Ob grünes Design, Schrottverwertung oder Edel­ Stahl (sic) – ein Selbstgebautes bringt auf jeden Fall mehr Punkte vor dem Eissalon als die teuerste, exo­ tische Stangenware.

text Sebastian Rahs bild Renovo Hardwood Bicycles, Florian Bilek

DIe MATerIALAUSwAHL


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fahrradmechaniker

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Was ist eigentlich …

ein fahrradmechaniker?

Alter Hase: Als Fahrradmechaniker ist Wolfgang Brunner (69) der letzte seiner Art, zumindest in Wien.

Wir fragen Sebastian Rahs, als Designer im Studio Bezdeka zuständig für Fahrräder.

bild Marlies Plank

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ine Frage, die einfach beantwortet scheint: »Ein Pro­ fessionist, der sich darauf versteht, ein Fahrrad zu warten, servicieren, reparieren«, könnte man sinngemäß formu­ lieren. »Und wie werd’ ich das?« – schon viel schwieri­ ger. Ich fände es jedenfalls fragwürdig, eine langwierige Ausbildung als Mechatroniker für Maschinen- und Ferti­ gungstechnik zu empfehlen, nur um über diesen Umweg die Fertigkeiten für das Berufsbild »Fahrradmechaniker« quasi nebenbei zu erlernen. Der Lehr­beruf ist nämlich seit 1970 abgeschafft, gemeinsam mit den Hufschmie­ den galten Fahrradmechaniker als nicht mehr zeitgemäß. Nach Gründen für das damalige Handeln muss man nicht lange suchen, war doch das Auto und Motorrad als Zei­ chen einer neuen Mobilität viel prestigeträchtiger und

vor allem häufiger lukrativ instand zu setzen. Auch die erste Ölkrise war nicht stark genug, die Entscheidung neu zu überdenken. Derzeit behaupten nur noch zwei »echte« Fahrradmechaniker, die letzten Meister ihrer Art in Österreich zu sein: Werner Kunster (68) in Graz und Wolfgang Brunner (69) in Wien sind immer noch in ihren jeweiligen Werkstätten täglich für die Kunden mit ihrem immensen Fachwissen zur Stelle.

Werkstück »Doppeldiamant« In Deutschland und der Schweiz wurde der Lehrberuf Fahrradmechaniker gerade wieder eingeführt, und auch die Wirtschaftskammer Österreich sieht aufgrund des Fahrradbooms einen neuen Bedarf an Radmechanikern.


Platz für rund 200 Lehrstellen könnte dadurch geschaf­ fen werden. Doch Tatsache ist, der Fahrradmechaniker von einst hat mit dem Anforderungsprofil von heute nicht mehr viel gemein. Ein zeitgemäß übertrieben ausgestattetes Fahrrad kann aus über 100 Komponen­ ten bestehen und jeder Teil davon komplex aufgebaut, nach Qualitätsstandards, die oft höher liegen als jene der Automobilindustrie. Das Fahrrad von 1970 bestand typischerweise aus dem sogenannten Doppeldiamantrahmen aus Stahlrohren, meist verbunden durch verlötete Flanschen und war mit bis zu zehn Gängen, geschalten per Unterrohr­hebel, aus­ gestattet. Geklebte Schlauchreifen galten als State-ofthe-Art, ebenso ein Sattel namens »Turbo«. So ein Fahr­ rad aufzubauen, inklusive dem Löten (!) und Lackieren des Rahmens galt als weit verbreitetes Gesellenstück, hatte doch jeder Händler, der etwas auf sich hielt, seine eigene Hausmarke im Angebot. Ein Bike der Gegenwart kann mit einem hydrogeformten, im Smooth-WeldingVerfahren zusammengefügten Aluminiumrahmen oder – im besten Falle – einem Monocoque-Carbon-Chassis aufwarten, mit ausgeklügelten Hinterbauschwingen und Federgabeln, hydraulisch betätigten Scheibenbrem­ sen und neuerdings mit bis zu 33 elektronisch geschal­ teten Gängen versehen sein. Von völlig neuen Zugängen zum Thema Fahrrad aus den Bereichen des E-Bikes und der Pedelecs ganz zu schweigen. So einen modernen Technologieträger von Hand in einer Radwerkstatt zu bauen, so wie einst gefordert, wäre schier ein Ding der Unmöglichkeit und auch nicht sinnbringend. Damit stellt sich auch die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Wiederaufnahme des Fahrradmecha­ nikers als Lehrberuf, denn was sollte so eine dreijäh­ rige Ausbildung eigentlich beinhalten? Abgesehen vom handwerklichen Geschick zur Assemblierung und für diverse Einstellungsarbeiten, technischem Verständnis und keiner Scheu vor schmierig-schmutzigen Händen vor allem eines: den Willen, ständig neue Technologien kennenzulernen.

Werkstatt, Ersatzteillager und Kompetenzzentrum: Damit kann der große Sporthandel nicht dienen.


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»Ein guter Tag«

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interview

Thomas Weber

Piktogramme

Integral Ruedi Baur Zürich

Ein guter Tag hat 100 Punkte Wir leben alle auf Pump, das hat sich herumgesprochen. Doch was hilft es zu wissen, dass jeder von uns maximal 6,8 Kilo CO2 am Tag verbrauchen darf? – »Ein guter Tag hat 100 Punkte« propagiert deshalb eine Open-Source-Kampagne. Das System ist wissenschaftlich fundiert und alltagstauglich.

A

Axel Steinberger (im Bild rechts) ist Geschäftsführer der Zürcher Niederlassung des Design-Büros Integral Ruedi Baur. Martin Strele (in der Mitte aufs Fahrrad gestützt) ist einer der beiden Geschäftsführer von Kairos, einer gemeinnützigen Agentur für Wirkungsforschung mit Sitz in Bregenz, Vorarlberg.

m Anfang stand eine freundliche Einladung. Das Land Vorarlberg bat das renommierte Zürcher Designbüro Integral Ruedi Baur, sich eine Kampag­ ne zu überlegen. Diese sollte der Bevölkerung alltagstaugliche Ansätze bieten, Ressourcen zu schonen. Und zwar nicht als Alibiaktion, sondern möglichst eindrücklich und wirksam. Aus Zürich wandte man sich deshalb an erfahrene Bekannte im nahen Bregenz – das Team von Kairos, einer gemeinnützigen Agentur für Wirkungsforschung. Kairos hatte etwa in Vorarlberg bereits das Feld für den flächendeckenden Einsatz von Elektroautos bereitet und die »Vlotte« später dem regionalen Energieversorger VKW überantwortet. Auch die 500 E-Bikes, die Kairos ankaufte und unter dem Namen »Landrad« vergünstigt weiterverkaufte, wir­ ken weiter: Durch die Auswertung der Nutzungsdaten eines ganzen Jahres wurde das Potenzial des elektrisch verstärkten Fahrradverkehrs im ländli­ chen Raum erhoben. 21 Prozent der Teilnehmer an der Feldstudie hatten ihr Verkehrsverhalten grundlegend verändert. Das nun mit Integral entwickelte Konzept – die Kampagne »Ein guter Tag« – kam in Vorarlberg zwar noch nicht offiziell zum Einsatz, doch da wie dort, in Zürich wie in Bregenz, war man überzeugt vom Sinn der Sache. So starteten Integral und Kairos die Kampagne schließlich ohne Auftrag- und Geldgeber auf Basis wissenschaftlicher Berechnungen des Ökoinstituts Freiburg und des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) in Wien. Im Interview schildern die beiden Initiatoren, wie es gelang, ein hochkom­ plexes Thema möglichst alltagstauglich aufzubereiten.

irb-zurich.eu — www.kairos.or.at

www.eingutertag.org

Die Menschen hinter der Kampagne


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»Ein guter Tag«

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Ein guter Tag hat 100 Punkte. 100 Punkte (= 6,8 kg CO2) darf jeder Mensch täglich durch seine Handlungen ausstoßen, um unsere Welt und unser Klima im Gleichgewicht zu halten.


eine kommune in bayern - seid ihr bescheuert?

nAch „Wer früher stirbt ist länger tot“ Die neue KomöDie von

marcuS H. roSenmüller www.orange-derfilm.at

Ab 2.September im Kino


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»Ein guter Tag«

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»GröSSenordnungen statt Kommastellen« Warum lebt ein Porsche-Fahrer im Passivhaus womöglich nachhaltiger als ein Bus-Pendler im schlecht isolierten Altbau? Und wieso hat ein guter Tag 100 Punkte? Martin Strele und Axel Steinberger, die Initiatoren der Open-Source-Kampagne »Ein guter Tag«, im Interview. biorama: Ihr stellt in eurer Kampagne die Frage, welche Ressourcen ein Mensch tagtäglich verbrauchen darf, damit genug für alle da ist. Eure Antwort lautet: Ein guter Tag hat 100 Punkte. Wie kommt ihr zu dieser Zahl? ein guter tag: Ein Indikator für unseren Lebensstil ist der CO2-Ausstoss bzw. der Ausstoß von Treibhaus­ gasen. Er zeigt unseren Verbrauch an Energie aus nicht erneuerbaren Quellen aber indirekt auch die Produkti­ onsweise unserer Produkte, die regionale Wertschöpfung, die mit dem Produkt zusammenhängenden Transport­ intensität und ganz generell die Klimawirksamkeit von Produkten an. Folgt man der aktuellen Klimadiskussion, könnte man als grobe Schätzung festhalten, dass jeder Mensch jeden Tag 6,8 kg CO2 bzw. das CO2-Äquivalent an Treibhausgasen ausstoßen kann, um die Welt und unser Klima im Gleichgewicht zu halten. Das entspricht dem Wert von 2,5 Tonnen pro Jahr, den der wissenschaftliche Beirat der Deutschen Bundesregierung in einem Sonder­ gutachten von 2009 empfiehlt. Langfristig muss dieser Wert vermutlich auf ca. 1 Tonne pro Person reduziert werden. Die Zahlenwerte sind zu abstrakt und geben nur sehr schwer eine Vorstellung von der tatsächlichen Bedeutung. Daher haben wir nach einem einfacheren, begreifbareren System gesucht und den Wert für die glo­ bale Tragfähigkeit in 100 Punkte übersetzt. Jeder Mensch hat jeden Tag ein Budget von 100 Punkten zur Verfügung. Wir Mitteleuropäer liegen derzeit im Mittel weit darüber. Da wir in unseren Breiten fast alle über unsere Verhältnisse leben, ist ein guter Tag derzeit wohl eher die Ausnahme, richtig? Das ist genau der Trick: eigentlich nicht! Wir alle verleben relativ viele »100-Punkte-Tage«. Dazwischen aber eben auch »1000-Punkte-Tage« und häufig auch noch mehr. Uns geht es darum, mit einfachen Mitteln Aufmerksamkeit für unser Handeln im Alltag zu erzie­ len. Einmal angefangen, beginnt man fast automatisch, die Idee spielerisch und als eine Art Herausforderung zu begreifen. Dabei stellt man auch fest, dass die Tage mit wenig Punkten meist entspannter und damit eigentlich auch erstrebenswerter sind. Uns geht es nicht so sehr dar­ um, auf die letzte Kommastelle zu bilanzieren – dafür gibt es zahlreiche CO2-Rechner. Wir wollen Größenordnun­ gen sichtbar machen. Bus-Pendler in schlecht isoliertem Altbau schauen da ganz anders aus als Porsche-Fahrer im Passivhaus. Jeder muss sein Leben selbst gestalten.

Ihr habt für eure Kampagne eine Million Aufkleber mit Punkten produzieren lassen, damit die Menschen tolle Dinge, die wenig Energie verbrauchen, aber auch alltägliche »Punktefresser« kennzeichnen. Die Aufkleber sind ein erster Versuch, die Idee viral zu verbreiten. Plakate oder Werbespots können wir nicht finanzieren. Bisher tragen wir die Kosten für die Initia­ tive selbst. Die Idee der Aufkleber eignet sich da, wo in einem abgegrenzten Gebiet – sei es in einer Schule, in einer Gemeinde, in einer Firma viele unterschiedliche Dinge gekennzeichnet werden. Daneben gibt es viele andere Möglichkeiten, Produkte oder Handlungen zu markieren. Da sind wir auf die Ideen von anderen Inter­ essierten angewiesen. Wir stellen die Idee, die grafische Sprache und ein wenig Know-how zur Verfügung. Das Punktesystem von »Ein guter Tag« ist via Creative Commons lizenziert. Das heißt, es darf für unkommerzielle Zwecke übernommen werden? Ja. Grundsätzlich stellen wir die Idee und das Knowhow zur Verfügung. In diesem Sinn ist das Projekt als Open Source zu verstehen. Uns ist jedoch wichtig, dass die grafische Sprache durchgängig bleibt, um die Zuge­ hörigkeit zu erkennen. Das ist zunächst etwas wider­ sprüchlich, erscheint uns aber der richtige Weg. Es wäre wünschenswert, wenn das System Anklang findet und es möglichst viele Anwendungen gäbe. Das ungekürzte Interview mit Axel Steinberger und Martin Strele findet sich auf www.biorama.eu — www.eingutertag.org


Erstes Goetheanum, Blick von Süden, 1914 © Kunstsammlung Goetheanum, Dornach

RUDOLF STEINER Die Alchemie des Alltags 22.6.– 25.9.2011 MAK WEISKIRCHNERSTRASSE 3, WIEN 1 DI MAK NITE© 10.00–24.00 UHR MI–SO 10.00–18.00 UHR

MAK.AT

EINE AUSSTELLUNG DES VITRA DESIGN MUSEUMS, WEIL AM RHEIN, IN KOOPERATION MIT DEM KUNSTMUSEUM WOLFSBURG UND DEM KUNSTMUSEUM STUTTGART

Die Ausstellung wird gefördert durch die


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Die Welt, die wir uns wünschen

44 Social Media an sich sind noch keine revolutionäre Kraft. Aber gute Tools für Vernetzung und Mobilisierung gegen etablierte Strukturen. Der Rest ist harte politische Arbeit, sagt @porrporr, ein Twitter-Aktivist, der in Wien als eine Art Nachrichtenagentur des Widerstands fungiert.

Twitter ALS Nachrichtenagentur des Widerstands

W

er @porrporr auf Twitter folgt, bekommt einen relativ guten Real-time-Eindruck, was die alternative Polit-Szene in Österreich bewegt. @porrporr sammelt und verteilt News, die von Netzpolitik über queere Themen bis zu Migrationsfragen reichen. Er verbrei­ tet Demo-Aufrufe und diskutiert über die öffentliche und mediale Rezeption der Dinge, die ihn bewegen. Vor allem aber verwendet er Twitter als kommunikative Unterstützung für »Aktionen«. Dabei ist ihm klar, dass diese nur dann Wert haben, wenn sie auch eine größere Öffentlichkeit erreichen. Die traditionellen Medien sind da nach wie vor als Multiplikator gefragt. Die Abschie­ be-Blockade am Hernalser Gürtel im Vorjahr macht für ihn nicht nur als konkrete Aktion Sinn, sondern auch wegen der medialen Aufmerksamkeit, die sie genossen hat. »Twitter ist vor allem deswegen spannend, weil vie­ le Medienleute dabei sind. Ich habe in den zwei Jahren, in denen ich das mache, gelernt, den Medienzirkus zu verstehen.« Im konkreten Fall hat das zu einer Intensi­ vierung der Fremdenrechtsdiskussion beigetragen und konnte mehr Menschen mobilisieren, gegen Abschie­ bungen aufzutreten.

Von der Spielerei zum Fixpunkt im Leben Der Sozialarbeiter hat sich mit mehr als 33.000 Tweets einen Ruf als verlässliche und vor allem schnel­ le Informationsquelle aufgebaut. Dabei fährt er einen »straighten Kurs«, was wohl auch der Grund für seine digitale Reputation ist. Wie er selbst sagt, kommt er aus der »linksradikalen Politszene«. Dort immer dieselben Dinge im kleinen Kreis mit anderen Menschen zu dis­ kutieren, war aber auf Dauer unbefriedigend. Anfangs war Twitter für ihn eine Spielerei, doch bald entdeckte er darin eine Möglichkeit, sein politisches Engagement stärker nach außen zu richten. Das kann ein Hebel für tatsächliche Veränderungen sein. Dabei ist ihm durch­ aus bewusst, dass das nicht in eine Revolution münden wird. Dennoch: Im Kleinen ist es sehr wohl möglich, etwas zu bewirken. Das schildert er anhand zweier für ihn prägenden Erfahrungen.

#unibrennt – Politisierung der Generation 2010 Eine davon ist #unibrennt. Die Proteste der öster­ reichischen Studierenden haben für ihn gezeigt, wie


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Werner Reiter

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illustration

Nana Mandl einer Razzia bei dem Fußballverein für Menschen mit prekärem Aufenthalts-Status wurden die beiden in Schubhaft genommen. Innerhalb kürzester Zeit konn­ ten dutzende Menschen mobilisiert werden, die erst vor dem Gefängnis protestierten und dann durch eine Blo­ ckade des Wiener Gürtels versuchten, die Abschiebung zu verhindern. »Da war ein Bus auf der Straße und der Mensch, um den es ging, war nicht hinter Gefängnismau­ ern versteckt, sondern für alle sichtbar. Die Rückkehr nach Nigeria war für diesen Menschen lebensbedroh­ lich.«

Pragmatismus vor Ideologie Politische Arbeit nimmt im Leben von @porrporr einen »ziemlich wichtigen Stellenwert« ein. Keine Frage, der Mann will etwas verändern. Dabei ist ihm durchaus bewusst, dass der Gestaltungsspielraum gering ist. »Man muss sich immer vor Augen halten, was wäre, wenn man das alles nicht machen würde. Dann wär’s noch wesentlich schlimmer«, meint er. Daher ist es ihm auch so wichtig, gegen 278ff aufzutreten. Damit sind die soge­ nannten Mafiaparagrafen gemeint, auf deren Basis Tier­ rechtsaktivistinnen und –aktivisten die »Bildung einer kriminellen Organisation« vorgeworfen wurde. Nach zwei Jahren endete der aufsehenerregende Prozess Anfang Mai mit vorläufigen Freisprüchen. Die Befürch­ tung bleibt aber bestehen, dass Gesetze wie diese gegen Menschen eingesetzt werden, die vehement gegen Miss­ stände auftreten, die aus ihrer Sicht im politischen oder juristischen System begründet liegen. schnell sich eine Bewegung über Social Media organisie­ ren kann. Auch wenn sich die konkrete Situation an den Unis kaum verändert hat, sieht @porrporr in #unibrennt den Grundstein für die Politisierung vieler Menschen, die sich längerfristig in Projekten auch abseits univer­ sitärer Themen engagieren. Für ihn und viele andere waren die Wochen der Audimax-Besetzung der Punkt, an dem private Twitter-Accounts und Blogs an Reich­ weite gewannen und man lernte, sie nicht nur als digi­ tale Tagebücher, sondern als Instrumente einzusetzen. »Wenn Du mal eine gewisse Schwelle an Followers über­ schritten hast und merkst, dass Du mit deinen Inhalten wahrgenommen wirst und etwas zurückkommt, macht es auch Spaß.« Mittlerweile ist Twitter fixer Bestandteil seines Lebens und er spürt auch die Erwartungshaltung, die seine knapp 2.000 Followers an ihn haben.

Konkrete Gefühle statt abstrakter Demos Das zweite prägende Erlebnis ist die Spontandemo, die im April 2010 gegen die Abschiebung des Trainers und eines Spielers des FC Sans Papiers stattfand. Nach

Widerstand als Teil gesellschaftlicher Diskurse Im Gespräch vermittelt @porrporr den Eindruck eines Menschen, der sich weniger von abstrakten poli­ tischen Konzepten leiten lässt als von einem praktischen Gerechtigkeitsbegriff. Würde er drei Gesetze im Natio­ nalrat durchsetzen können, wären das für ihn eine Min­ destsicherung für alle in Österreich lebenden Menschen, eine Totalreform des Fremdenrechts und die Durchset­ zung umfassender Regelungen für Barrierefreiheit, zu der für ihn auch der freie Zugang zu Bildung und Wis­ sen zählt. Doch solche Fragestellungen haben für ihn keine Priorität, da diese Regelungen nur oberflächliche Eingriffe darstellen, wo doch eine grundlegende Ände­ rung der Gesellschaft nötig wäre. Viel mehr beschäftigen @porrporr ganz konkrete Fälle, wo sich Ungerechtigkei­ ten am härtesten manifestieren und konkrete Aktionen dagegen stattfinden. Da sieht er auch seine Rolle, dem Widerstand als eine Art Nachrichtenagentur Reichweite zu schaffen. www.twitter.com/porrporr


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Biosphärenpark Kopački rit

text

Margarita Kirchner

bild

Mario Romulic

Der Amazonas europas


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DONAU GEPLANTE FLUSSREGULIERUNGEN

NATURSCHUTZGEBIET

SRB

HUN

DRAU CRO

Kroatien, bekannt für unzählige Inseln und kristallklares Wasser, hat auch im Hinterland unentdeckte Naturschönheiten zu bieten. Der neue Biosphärenpark Kopački rit ist Europas größtes Rückzugsgebiet für Wasservögel.

N

ur das leise Brummen des Bootsmotors durchbricht die Stille. Es ist acht Uhr morgens und das Thermometer zeigt 25 Grad Celsius im Schatten. Langsam wird sich die Hitze des Tages auf das trübe Wasser legen. Die ersten Sonnenstrahlen, die hinter den alten Eichen am Ufer zum Vorschein kommen, brechen sich auf den kleinen Wellenkämmen. Behäbig klettert eine Sumpfschildkrö­ tenfamilie auf einen umgestürzten Baum, der wie ein Krokodil aus dem Wasser ragt. Kormorane trocknen sich das Gefieder nach ihrem Fischfrühstück in den Bäumen. Nur wenige Meter entfernt erhebt sich ein Seeadler aus den Ästen und zieht lautlos weite Kreise. Wir befinden uns im Herzen des Kopacki rit, dem »Ama­ zonas von Europa«, wie es in der Presseaussendung des WWF heißt. Die Umweltorganisation hat eine Gruppe internationaler Journalisten eingeladen, den Biosphä­ renpark im Dreiländereck zwischen Ungarn, Kroati­ en und Serbien zu besuchen. Auf Betreiben des WWF gemeinsam mit anderen NGOs ist es seit März 2011 gelungen, diesen letzten unberührten Abschnitt von Drau und Donau unter Schutz zu stellen. Kein leichtes Unterfangen, handelt es sich doch nicht nur um eine ökologisch, sondern auch politisch sensible Zone. Rund 250.000 Wasservögel leben hier, unter ihnen auch die

DONAU

letzten großen Brutkolonien von Seeadlern, Reihern, Schwarzstörchen und Zwergseeschwalben – mit ihren 20 cm Länge die kleinste und seltenste Schwalbenart.

Bedrohte Flusslandschaft Das Hinterland von Kroatien an der Grenze zu Ungarn und Serbien kannte ich bisher nur als Kriegsschauplatz aus den Nachrichten. Kroatien, das ist für mich eine end­ lose Küste mit pittoresken Hafenstädtchen und kleinen Inselparadiesen mitten in einem glasklaren Meer. Noch nie aber habe ich einen Seeadler oder Eisvogel in frei­ er Wildbahn gesehen. Hier, im Kopacki rit, werde ich gleich mit beiden bedrohten Arten belohnt. Ich lerne das komplizierte Brutverhalten der Bienenfresser kennen, eine Vogelart, die ihre etwa ellenlangen Bruthöhlen nur im Sand von steilen Uferzonen bauen kann. Entdecke die winzig kleinen Eier der Zwergseeschwalben, die ungeschützt und als Steinchen getarnt in den Kiesbän­ ken liegen. Doch das Gebiet ist in Gefahr. Bauvorhaben zur Begra­ digung des überlebenswichtigen Schwemmgebietes, die teilweise noch aus der Ära Tito herrühren, bedrohen den Lebensraum für 275 Vogelarten. Es ist gerade diese Uferzone, die etwa drei Monate im Jahr unter Wasser


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bioSPhärenPark koPački rit

48 steht, die den besten und effektivsten Hochwasser­ schutz für die gesamte Region bildet, betont Arno Mohl, Projektleiter des WWF. Die Naturschutzorganisation hat es sich zum erklärten Ziel gesetzt, das einzigartige Inland­Delta unter Schutz zu stellen. Mit Transparen­ ten, Infobroschüren und Pressekonferenzen drücken die WWF­Mitarbeiter den Finger auf sensible Zonen. Dabei handelt es sich bei den Flussbegradigungen der kroa­ tischen Regierung meist um eine reine Umschichtung von Geldern, erklärt ein WWF­Mitarbeiter die Hinter­ gründe der Bedrohung. Die Regierung vergibt Projekte an Baufirmen, die nicht selten Sand und Kies einfach von einem Abbauort zum nächsten befördern. Immerhin müssen auch in Kroatien die Bilanzen für einen bevor­ stehenden EU­Beitritt zurechtgebügelt werden. Dass dabei hochsensible Ökosysteme unwiederbringlich zerstört werden, wird als Kollateralschaden verbucht. Der Topf mit künftigen EU­Geldern zur Revitalisierung einer der letzten unberührten Flusslandschaften Euro­ pas scheint ohnehin in Reichweite zu sein.

ökoToUrISMUS IM eTHNoDorf Dass sich die Natur im Kopacki rit bis heute so unbeschadet erhalten konnte, verdankt die Region nicht zuletzt ihrer wechselvollen Geschichte. Bereits zur Zeit der Donaumonarchie waren die weitläufigen Eichenwälder kaiserliches Hoheitsgebiet für Jagd und Fischerei und durften von der lokalen Bevölkerung nicht genutzt werden. Bis heute streifen durch das dichte Unterholz Wildschweine und Rothirsche, die wie durch ein Wunder einen sechsten Sinn für die Plastikminen aus der Zeit des Kalten Krieges entwickelt haben. Über 40 Jahre hat sich der Mensch selbst gewaltsam aus diesem Gebiet ausgesperrt, das heute als »grünes Band« Europas bezeichnet wird. In Karanac, einem kroatischen Ethnodorf, bleiben wir für die Nacht. Überall in dem kleinen Ort scheinen sich die Bewohner auf Tradition und Ursprünglichkeit zu besinnen. Die Zimmer im einstöckigen Bauernhof der Familie Sklepic sind mit den Möbeln der Großeltern ein­ gerichtet. An kühlen Abenden knistert im offenen Kamin der großen Stube ein gemütliches Feuer. Das Essen stammt ausschließlich aus den heimischen Gemüse­ gärten. Wir bekommen sonnengewärmte Marillen und selbstgemachtes Ayvar. Und ein Blick in die alte Selch­ kammer mit Paprikasalami und Käse macht Appetit auf das bevorstehende Abendessen. Selbst die neugebauten Häuser, die fast alle auch Fremdenzimmer zu vermie­ ten haben, sind mit unverputztem Backstein gebaut und innen mit selbstgezimmerten Vollholzmöbeln ausge­ stattet. Die nächste Ikea­Filiale scheint in angenehmer Ferne. Insgesamt stehen in Karanac 108 Betten zur Ver­ fügung. Ein guter Ausgangspunkt, um mit dem Rad oder auch hoch zu Ross die umliegenden Naturschutzgebiete entlang der Flussauen zu entdecken.

Übernachten: Bei Familie Sklepic www.sklepic.hr oder Ivica & Marica www.ivica-marica.com

Glücklich verlaufen ist auch die Geschichte eines alten Forsthauses aus Monarchiezeiten, das bereits völlig ver­ fallen von einem jungen Umweltaktivisten entdeckt und liebevoll wieder aufgebaut wurde. Heute befindet sich hier die »School in Nature« des lokalen Projekts Zlatna Greda, das Schulklassen den bewussten Umgang mit der heimischen Natur näher bringen will. Die gesamte Regi­ on hofft auf den sanften Boom des Ökotourismus und hat sich bereits bestens auf zukünftige Gäste vorbereitet. Die Schrecken des Krieges und Mühen des Wiederauf­ baus sind aus den Augen der Menschen verschwunden. Hoffnungsvoll blicken sie einer neuen touristischen Ära entgegen und lenken all ihre Bemühungen auf die Denkmal­ und Naturschutzpflege. Denn dieser bislang vergessene Landstrich ist ihr größter Schatz. Wirtschaftliches und kulturelles Zentrum von Slawo­ nien ist Osijek, die viertgrößte Stadt Kroatiens. Neben der Festung in der Altstadt, einigen Museen und der Uni­ versität findet sich hier auch das traditionsreiche kroa­ tische Nationaltheater. Und neben prachtvollen Bauten aus der Zeit der Sezession klaffen noch immer vereinzelt auch tiefe Einschusslöcher in den Fassaden der Häuser. Slawonien erzählt seine Geschichte ohne viel Aufhe­ bens und ist in jedem Fall eine Reise wert. Über 800.000 Hektar erstrecken sich 20 lokale Schutzgebiet zwischen Österreich und Serbien entlang der Flüsse Drau, Mur und Donau. Es verwundert nicht, dass die Region rund um den Biosphärenpark Kopacki rit es im letzten Jahr in die Top 10 der kroatischen Naturschönheiten im Rei­ seführer Lonely Planet geschafft hat. Und immer öfter kommen jetzt auch die Gäste, freut sich Deniz Sklepic aus Karanac. Links: — www.kopacki-rit.com — www.zlatna-greda.org — www.josic.hr


Plywood by Tomas Kral, 2007

www.vienna designweek.at christofnardin.com


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diy auf reise

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text und bild

Torben Dietrich

Wir vergraben Schwertfische Neuseeland gilt weiterhin als Traumziel für Europäer. Doch der Flug ist lang und teuer. Eine kaum beachtete Möglichkeit des Low-Budget-Reisens ist das »Wwoofen«: Man hilft bei der Farmarbeit und lernt Land und Leute hautnah kennen – inklusive komischer Momente.

K

omm hier hinauf«, forderte mich Marty Robin­ son auf. Die Metallstufen führten zu einem großen, gekachelten Raum. Dann kam der Gestank. Reste von Schwertfischkadavern lagen da in Blut und Hitze und seine Augen glänzten. »Die können wir mitnehmen, der Fischer ist ein Freund von mir.« Robinson, blaue Augen, aufrechter Gang, ist Öko-Farmer in Keri Keri, einem kleinen Flecken im subtropischen Norden Neuseelands. Und ich war der Wwoofer – der »willing worker on orga­ nic farms«. Auf dem Weg zur Farm erklärte er mir, dass die Fischreste, im Boden eingegraben, perfekten Dünger abgeben sollen. Besser als alles andere. Und wir beide würden das jetzt machen. Als Wwoofer tut man viele Dinge zum ersten Mal. Kürbisse aussäen zum Beispiel. Oder einen Pfad durch den Regenwald freihalten. Aber auch Holz hacken, Gemüse auf dem Markt verkaufen

oder einen Zaun flechten. Und zum ersten Mal Schwert­ fischreste vergraben. Ermöglicht wird diese Erfahrung durch die Organisation »World Wide Opportunities on Organic Farms«. Im Tausch gegen vier bis sechs Stun­ den Mitarbeit auf dem Hof bekommt man freie Kost und Logis sowie unbezahlbare Einblicke und Augenblicke, die man als normaler Tourist sicher nicht erlebt.

Bastler und Tüftler Angefangen hatte unsere Reise da, wo viele Rucksack­ touristen starten: Im Auckland Backpackers Car Market. Dort erstanden wir günstig ein Fahrzeug. Zugegeben, es war alt und nicht auf dem neuesten Stand der Umwelt­ technik. Aber der weiß-blaue Mitsubishi-Bus Baujahr 81 bot genügend Platz, darin zu schlafen und war somit das perfekte Fahrzeug für einen langen und sparsamen Neuseeland-Trip. Die Idee, Wwoofen zu gehen, ent­ sprang ebenfalls der knappen Reisekasse. Und sie hielt das Abenteuer bereit, sich wirklich einzulassen auf das Land und es aus einer sehr privaten Perspektive ken­ nenzulernen. Zurück zu Marty Robinson. Der Schweiß stand uns auf der Stirn, als wir die Fischkadaver vergruben. »Dar­ auf pflanze ich Salat«, verkündete er. Wir waren fünf Wwoofer hier, eine Amerikanerin, zwei Neuseeländer und zwei Deutsche. Geschlafen wurde in einer Busch­ hütte mit Wellblechdach, die Toilette war ein Bretter­ verschlag einige Meter entfernt, ebenfalls im Busch. Für nächtliche Besuche hing da eine Taschenlampe an einer


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Sinnvoll und Low Budget reisen: Für ein paar Stunden Mitarbeit am Hof gibt’s Kost und Logis und genügend Freizeit, die Gegend zu erkunden. Schnur, damit man sich nicht versehentlich auf eine der großen, haarigen Spinnen setzt, die am Klobrillenrand auf Beute lauern. So abenteuerlich die Unterkünfte auch manchmal sein mochten, so gut und wertvoll war die Verpflegung: Gemüse und tropische Früchte aus eigenem Anbau, Süßkartoffeln oder Getreide vom öko­ logisch produzierenden Kollegen. Die meisten Farmer legen Wert auf eine möglichst schadstoffarme Ernäh­ rung – auch für ihre Gäste.

Spektakuläre ruhe Neben ihren lockeren und aufgeschlossenen Bewoh­ nern ist die Natur Neuseelands zweiter Trumpf. Dazu kommt, dass viele Farmen an sehr reizvollen Plätzen gelegen sind. Die von Graeme und Dora Harkness zum Beispiel: Auf dem hohen Hügel mit der 360-Grad-Pers­ pektive reicht der Blick bei gutem Wetter bis zum Oze­ an. Normalerweise. Diesmal war ein Zyklon aufgezogen, seine Ausläufer reichten bis vor die Haustür. Graeme ist ein Neuseeländer vom alten Schlag, mit schottischen Vorfahren und einem Shed neben dem Haus, einem Schuppen, in dem er vom Schuhkarton bis zum ros­ tigsten Nagel alles aufhebt, was je gekauft oder geerbt wurde. »Es ist teuer, Waren nach Neuseeland einzufüh­ ren«, erklärte er. Seine Landsleute seien daher schon immer Bastler und Tüftler gewesen. Die Aufgaben für einen Wwoofer waren auch bei Graeme weit gestreut. Am ersten Tag half ich ihm mit etwas weichen Knien, einen entlaufenen Bullen einzufangen. Es folgten Tage,

an denen gorse, stachelige Büsche, geschnitten wurden. Gänse mussten versorgt, die Rinderherde auf eine ande­ re Weide gebracht werden. Es wurde Holz gehackt und es wurden Petersiliensamen gesammelt. Die Müdigkeit am Abend fühlte sich gut an. Schon nach wenigen Tagen stellte sich in der Stille der Hügel und Wälder eine gro­ ße Zufriedenheit ein. Die Natur erfüllt einen. Kein TV, kein Facebook und keine E-Mails gab es hier, tatsächlich aber hatte man nichts verpasst. Am letzten Tag war der Zyklon verschwunden und zur Belohnung gab es einen atemberaubenden Rundumblick über das Land bis zur Mimiwhangata Bay. Jetzt sitzen wir wieder an einem Beet und zupfen Unkraut, allerdings aus oberösterreichischer Erde. Der Hof von Martin Brunner und Roswitha Hegel am Ober­ kalmberg ist der Lebenstraum der beiden. Der E-Techni­ ker und die Künstlerin haben sich zwischen Obstgarten und Schafweide ein eigenes, vier Hektar großes Paradies erschaffen. Wie schön, dass man fast überall Wwoofen kann. Und in jedem Alter. Unsere dreijährige Tochter hilft jedenfalls begeistert mit beim Pferdestallausmisten, Entenfüttern und Tomatengießen. Wir leben und arbei­ ten hier vier Wochen, sie wäre am liebsten noch länger geblieben. Wir müssen zurückdenken an Marty Robin­ son. Und an Becky aus Belfast. Die Wwooferin wollte nur ein paar Tage in Keri Keri bleiben. Jetzt ist sie mit Marty verheiratet, die beiden haben eine kleine Tochter. www.wwoof.org


ab 16. September im Kino www.bulbfiction-derfilm.at


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therMenbäder

Badekultur seit 1877: das Friedrichsbad in Baden-Baden.

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Mirjam Bromundt

seeLenbaumeLn mit mehrWert Ausprobieren und dann kopieren – WellnessStreicheleinheiten für die eigene badewanne.

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olebad, finnische Sauna, Honigmassage, Kräuter­ wickel oder doch Riesenrutsche – Thermalbaden als Entspannungs­ und Erholungsstrategie wird immer beliebter: verzeichnete die Therme Meran 2006 knapp 316.000 Besuchende, waren es 2010 schon fast 400.000. Das 2005 eröffnete Bad liegt mitten in der zweitgrößten Stadt Südtirols und bei 51.000 Quadratmetern architek­ tonisch bezaubernder Anlage lässt es sich leicht einen Tag verweilen, der am Wochenende bei Thermen­ und Saunabenützung auf im Gegensatz zu anderen Ther­ men noch günstige 26 Euro kommt – Fitness oder Spe­

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thermenbäder

54 zialbehandlungen nicht inbegriffen. Und gerade die zusätzlichen Streicheleinheiten sind es doch, die das »Well­nessen« so spannend, aber gleichzeitig zu einer exklusiven Angelegenheit machen. Deshalb: Auspro­ bieren und ganz ohne Aufpreis Vorlagen für die eige­ nen vier Wände mitnehmen. Neben den 25 In- und Outdoorbecken kann in Meran in Sisis Bio-Molke, Südtiroler Schafwolle oder Wein im Bottich gebadet werden, eine Ölmassage mit Kräuter­ säcklein oder Südtiroler Kastanien- und MäusedornCreme verwöhnen Haut und Seele. Auf Regionalität wird ganz besonderen Wert gelegt und so werden im größ­ ten Apfelanbaugebiet Europas aus Golden Delicious Wohlfühlbäder, Peelings und Massagen angeboten. Da schwelgt man gleich in Urlaubsträumen, aber mit ein wenig Do-It-Yourself-Initiative sind solche Behandlun­ gen ganz leicht zu Hause nachzumachen. Geraspelte Äpfel, Honig und Mohnsamen ergeben beispielsweise ein wirksames Apfelpeeling und in Bio-Molke baden kann man mit ein paar Kerzen und schöner Musik doch auch ganz gut in der eigenen Wanne.

Glücksinseln Das absolute Highlight in der österreichischen Ther­ menlandschaft ist wohl das Rogner Bad Blumau. Für die Architektur zeichnet Friedensreich Hundertwasser ver­ antwortlich und mit dem Slogan »Ein Leben im Einklang mit der Natur« ist die 42 Hektar große steirische Therme ein Rundum-Verwöhnparadies im ganzheitlichen Sinn. Die Küche ist nachhaltig und regional ausgerichtet und wie in Meran werden auch in Blumau die Behandlungen großteils mit Zutaten aus der Umgebung hergestellt. Ein steirischer Aufguss in der Sauna, Zotter-Schokoladenoder Traubentresterpackungen, Kaffeepeelings, Bäder aus Milch, Safran und Honig klingen verlockend und inspirieren einmal mehr für den Verwöhnabend daheim. Die Salzgrotte, deren Wände, Boden und Decke zu 100 Prozent aus Salz vom Toten Meer gestaltet sind, kann man zu Hause leider nicht nachempfinden. Eine weitere Besonderheit der Therme Bad Blumau sind die Wald­ hofhäuser des Hoteltraktes, die in die Erde gebaut den­ noch über Sonnenlicht verfügen, sowie die sogenannten »Besonderen Plätze« wie beispielsweise ein Geomanti­ scher Pfad oder eine Liebesblumeninsel, die mit ihrer Gartengestaltung den grünen Daumen stimulieren, und nicht zuletzt der vedische Meister Anand, bei dem man unter anderem gratis den Sonnengruß oder das indi­ sche Glücksritual erlernen kann. Fortsetzung im Alltag erwünscht! 1877 führte der irische Arzt Dr. Barter im Friedrichs­ bad Baden-Baden die römische Badekultur mit der iri­ schen Badetradition zusammen und schuf eine in Euro­ pa immer noch einzigartige Kombination aus Heißluft, Thermaldampf- und Thermalbewegungsbad. Fast

Heißluft und Nebelschwaden sind Balsam für Haut und Seele.


unverändert wie anno dazumal lässt es sich heute dort 17 Stationen durchlaufen und ganz nebenbei eine klei­ ne Geschichtsstunde einlegen: Marmor, Stuck, FayenceKacheln, Statuen und der fünf Meter hohe Duschsaal mit Tonnengewölbe, Kuppel und suppentellergroßen Duschköpfen geben Einblick in eine andere Zeit und bieten das eine oder andere Detail, das sich im eigenen Bade- oder Wohnzimmer doch nicht schlecht machen würde. Die einzelnen Badeschritte werden je nach Tag gemischt- oder getrenntgeschlechtlich durchlaufen, der Körper wird langsam erwärmt – inklusive einer Seifen­ bürstenmassage, die auf das heilende Wasser vorbereitet – und im Anschluss wieder langsam abgekühlt.

Schwitzen und Backen Mit der ganzen Familie geht’s ab in die Therme Erding. Eine knappe Stunde von München entfernt liegt der Wellnesstempel, der neben der Vital-Oase, dem Ther­ men-Paradies, dem Royal Day Spa und dem SaunaParadies auch das Erlebnisbad Galaxy anbietet, das mit 18 Rutschen vom Family- bis zum Extreme-Level für jedes Alter geeignet ist. Auch der Saunabereich wartet mit allerlei Spektakulärem auf: Im angeblich größten Sauna­paradies der Welt kann man nicht nur in der klas­ sischen Aromasauna schwitzen, sondern zum Beispiel beim Erlebnissaunieren Brötchen backen oder in der Zirbenstube am Natursee mit einem kühlen Bier ansto­ ßen. In der in edlem Weiß gehaltenen Royal Day Spa Lounge dürften kaiserliche Gefühle aufkommen und die Entscheidung fällt schwer, ob man sich im Ther­ menbereich jetzt lieber in die Schwefelheilquelle, in die Solegrotte oder doch vorsichtshalber den Jungbrunnen begeben sollte. Und auch die Schweizer und Schweizerinnen kom­ men nicht zu kurz. In einem gerade mal 1.000-SeelenÖrtchen im Kanton Graubünden liegt die Therme Vals, die – aus 60.000 übereinander geschichteten Platten Valser Quarzitplatten gebaut – 1996 eröffnet wurde und seit 1998 unter kantonalem Denkmalschutz steht. Das Badeerlebnis so auf das Wesentliche reduzierend ist die karge Architektur eine Augenweide und weckt Interes­ se an Natürlichkeit. Messing, Murano-Glas oder Leder ergänzen den in allen möglichen Arten bearbeiteten Stein und machen Blütenbad, Klangstein, Lomi Lomi, Schwangerschaftsmassagen, Klangschalen, ayurvedi­ sche Behandlungen oder Ganzkörpereinreibungen mit anschließendem Bündner Bergkräuteröl-Sprudelbad zu einem sinnlichen Erlebnis. — www.thermemeran.it — www.blumau.com — www.carasana.de  — www.therme-erding.de — www.therme-vals.ch

Zuhören. Diskutieren. Handeln. Nachhaltigkeit in Szene gesetzt

Die 4. Mostviertler Nachhaltigkeitskonferenz vom 12. bis 13. September 2011 Die Veranstaltung ist bereits zum Fixpunkt geworden und zieht Besucher aus dem gesamten deutschsprachigen Raum an. Die Nachhaltigkeitskonferenz hat sich als wichtiger Impulsgeber für einen nachhaltig orientierten Tourismus etabliert und fördert den Austausch von Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und der Bevölkerung. Anmeldung oder Bestellung des Dokumentationsbandes (Review) unter: www.nachhaltigkeitskonferenz.at TIPP: Verbringen Sie Ihren nachhaltigen Urlaub im Steinschaler Hotel im Pielachtal. Wir informieren Sie gerne: Mostviertel Tourismus T 07416/52191 M office@most4tel.com

www.mostviertel.info

Finanziert aus Mitteln des NÖ Wirtschafts und Tourismusfonds.


Biorama Nº. 15

illustration Nana Mandl, Sig Ganhoer

Das Leben mit Kind(ern) ist anstrengend? Ja, schon. Aber hier wird jetzt mal ein neuer Ton angeschlagen. Deshalb: Schluss mit jammern. Ein Plädoyer an den Spaß.

Vom SpaSS haben

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elternalltag / Ursel Nendzig

»Was mit Kind ist und trotzdem SpaSS macht: Schlaflieder umtexten. Durchs Wohnzimmer tanzen. In nasser Blumenerde graben.«

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al ehrlich, es wird einfach viel gejammert, gern gejammert, laut gejammert. Nein, nein, nicht von den Kindern, die raun­ zen oder wimmern vor sich hin, mal mit Grund, mal ohne. Oder sie heulen gleich ordentlich laut drauf los, dann ist’s schnell wieder gut. Sondern von den Eltern. Das hier zu Wort kommende Elternteil nimmt sich da normalerweise nicht aus, heute aber schon, weil es gerade einen hellen Moment hat und die Dinge klar sieht. Dinge wie eben die Tatsache, dass Mütter ständig jammern. Und dabei verges­ sen, dass es so viele Dinge gibt, die am Elternsein schön sind, die Spaß machen. Sie jammern über die verhunzte Figur. Über den nicht folgsamen Ehemann oder sie jammern über die jammernde Ehefrau. Das noch weniger folgsame Kind. Die nicht vorhandene Zeit zum Arbeiten. Die schon überhaupt nicht vorhandene Zeit überhaupt was anderes zu machen als sich um Kind und Haus­ Namen für Stofftiere erfinden. Schlaflie­ halt zu kümmern, Lesen zum Beispiel. Oder ei­ der umtexten. Durchs Wohnzimmer tanzen. nem Hobby nachgehen (das man sich suchen Die Küchenschränke ausräumen und alles würde, sobald man nur, um Himmels willen, auf dem Boden verteilen. Staunen. Mit den die Zeit hätte). Über die Leute in der U-Bahn, Brotwürfeln ein Gesicht auf dem Teller legen. die nicht zur Seite gehen, wenn ein Kinder­ Aus alten Elternteil-T-Shirts einen Spielanzug wagen kommt. Über die Leute, die sich über nähen. Erste Wörter erkennen und selber an­ die eigenen Kinder aufregen. Über Hunde wenden. Sich mit Sand berieseln lassen. Sich und deren Besitzer. Kinderunfreundliche füttern lassen (zumindest solange der Keks noch Lokale und deren Kellner. Über kinder­ halbwegs trocken ist). Blumen aus dem Balkon­ unfreundliche Öffnungszeiten von fast kisterl pflücken (wenn man sie erst mal innerlich allen Dingen. Über alle Dinge, die ohne frei gegeben hat). Die Faszination an langweiligen Kind angeblich erträglich sind, mit aber Dingen (wieder mit-)entdecken, an Steinen zum nicht: im Stau stehen. Einkaufen gehen. Beispiel. Oder Lampen. Oder Autofelgen. Oder Haushalt, Garten. Und, ganz vorne im fremden Badehandtüchern. Oder an Plastikdeckeln Jammertal gelegen: Müdigkeit. Die von Getränkeflaschen. (Oder, weniger schön, Ziga­ Liste würde noch endlos weitergehen. rettenkippen.) Schaukeln, Bilderbücher ansehen, Das Elternteil möchte an dieser Türme bauen. Stelle auch jammern: über das Jam­ Das Selber-wieder-Kind-sein: Steine in Pfützen mern. schmeißen, in nasser Blumenerde graben, Verstecken Und deshalb hier eine neue Liste spielen. Das Kind in die Luft schmeißen bis es vor La­ erstellen, eine, auf der alles steht, chen quietscht. Das Kind ins Bett bringen und einen was mit Kind ist und trotzdem Rotwein kippen. Spaß macht.


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MarktPlatz koSMetik

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Magdalena Vukovic

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Hersteller

arganÖL Ein neuer Trend in der Sparte Anti-Aging-Naturkosmetik ist das kostbare und rare Arganöl. Es steckt mittlerweile in zahlreichen Produkten und verspricht straffe, wohlgenährte Haut und seidige Haare. Auch bei verschiedensten Hautkrankheiten soll es wahre Wunder wirken und so erlebt das würzige Öl gerade einen kleinen boom.

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n Marokko, wo das Öl traditionell seit Jahrhunderten hergestellt wird, sind die aus klimatischen und wirt­ schaftlichen Gründen vom Aussterben bedrohten Argan­ wälder zum unesco­Weltnaturerbe erklärt worden. Die­ ser prominente Schutz hat vor allem sozioökonomische Hintergründe: Die Arganproduktion ist seit jeher in Frauenhand und untrennbar mit der Kultur der Berber bzw. der Amazigh verbunden. Inzwischen hat sich das Öl einen Namen gemacht, sowohl im kosmetischen Be­ reich in der ungerösteten Variante, als auch in der Gas­ tronomie. Arganöl besitzt einen doppelt so hohen Anteil an Vitamin E wie Olivenöl und ist damit besonders lange haltbar und schützt effektiv vor freien Radikalen. Zu­ dem enthält das Öl zellstimulierende Phytosterole, die in anderen Ölen kaum vorkommen. Dementsprechend ist Arganöl besonders beliebt in Anti­Aging­Rezepturen. Abseits aller Jungbrunnen­Versprechungen ist Arganöl aufgrund seines breiten Fettsäurespektrums ein für tro­ ckene und reife Haut ausgesprochen angenehm aufzu­ tragendes Öl, das sehr rasch einzieht, ohne einen Fettfilm zu hinterlassen und die Haut wohlgenährt zurücklässt.

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STrAffeND

Das arganöl in dieser augenpflege des berliner unternehmens i+m Naturkosmetik stammt aus einer marokkanischen kooperative, wo das Öl noch von Hand gepresst wird. so sollen besonders faire bedingungen für die berber-frauen geschaffen werden und gleichzeitig ist das Öl damit reicher an wirkstoffen, als maschinell gewonnenes. Die creme ist mit biotechnologisch gewonnener Hyaluronsäure versetzt, die man sonst kaum in Naturkosmetik findet und man spürt tatsächlich gleich einen prickelnden »straffungseffekt«. Da die creme aber recht stark parfümiert ist, muss man den Duft mögen, denn einmal um die augen aufgetragen, hat man ihn auch für längere Zeit in der Nase. Das Produkt ist zu 100% aus recyclebarem Polypropylen und mit dem bDiH zertifiziert. i&m naturkosmetik – age-PRoTecT eYe cReam RicH 2

eNerGeTISIereND

Der Tiroler familienbetrieb sanoll hat sich auf körperpflege mit der kraft von edelsteinen spezialisiert. was da also so verführerisch in der Packung scheppert entpuppt ist ein kleiner bergkristall. ob das nun energetisierend wirkt oder nicht, sei dahingestellt. Der ausge-


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DIY-SPezIAL • HAARMASke (bei trockenen, spröden Haaren): 3 EL Mandel- und 1 EL Arganöl mit den Saft einer Zitrone und 2-3 Tropfen Orangenöl vermengen. Im Haar verteilen und über Nacht einwirken lassen. Am nächsten Tag wie gewohnt Haare waschen.

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• GESICHTSMASKE (spendet Feuchtigkeit): Einen halben Becher Naturjoghurt mit 3 EL warmem Honig und einem Teelöffel Arganöl vermischen. Nicht zu dick auf gereinigte Haut auftragen und nach 15 Minuten abwaschen.

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• HAUTPEELING für den körper (erfrischend, öffnet die Poren): 2 EL Vollrohrzucker mit 1 TL Arganöl, 2 Tropfen Orangenöl und dem Saft einer Zitrone mischen. Die Haut sanft einreiben und dann abduschen.

sprochen reichhaltige after shave balsam ist in jedem fall nichts für unreine und fettige Haut, wohl aber für alle anderen frisch Rasierten. Der enthaltene Hirtentäschelextrakt stillt blutungen und Jojoba-, argan- und kokosöl pflegen sanft. ein ausdauernder, würziger chypre-akkord mit Neroli, Vetiver und weihrauch sorgt für eine herb-männliche Note. Die Verpackung ist zu 100% aus recyclebarem Plastik und mit dem austria-bio-garantie-siegel ausgezeichnet. sanoll — moRioN afTeR sHaVe baLsam 3

reGeNerIereND

in dieser Tagescreme für reife Haut stecken gleich mehrere antiaging-superstars aus der Natur. arganöl und sheabutter – beide reich an Vitamin e – schützen vor freien Radikalen und goldhirseextrakt verhindert das austrocknen der Haut. Der Namensgeber granatapfelsamenöl, mit einem hohen anteil der Punicinsäure und Phytohormonen, besitzt hohe antioxidative eigenschaften, regeneriert das gewebe und erhöht die Hautelastizität. Die creme duftet charakteristisch süßlich-fruchtig, ist sehr reichhaltig und damit wunderbar für ältere Haut geeignet. für junge Haut ist sie aber wohl etwas zu fett. weleda — gRaNaTaPfeL sTRaffeNDe TagesPfLege

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PrAkTISCH

wer zu den unkomplizierten körperpflegern gehört, hat mit dem vorgestellten Produkt aus dem Hause sonnentor sicherlich große freude: Haarshampoo und Duschgel in einem, mit wunderbar fruchtigem orangen-kräuterduft und arganöl. für anspruchsvolle oder sehr trockene Haare ist das Duschgel wohl etwas zu wenig reichhaltig, aber für praktische kurzhaarfrisuren und praktisch alle Hauttypen ist es sehr zu empfehlen – schäumt cremig-weich und trocknet die Haut nicht aus. sonnentor – HaaRsHamPoo & DuscHgeL miT oLiVe & ZaubeRNuss 5

UNIverSAL

es gibt zahlreiche anbieter reinen arganöls und es bleibt am ende dem konsumenten überlassen, wem er sein Vertrauen schenkt. Das hier vorgestellte Produkt aus ungerösteten argansamen ist vom deutschen Naturkosmetikhaus Primavera. Das rare Öl ist nicht ganz billig, liegt aber preislich weit unter unverschämt teuren Luxuscremen. außerdem ist arganöl ein alleskönner: es hilft gegen trockene Haarspitzen, macht die Nagelhaut geschmeidig und kann, da es so schnell einzieht, auch einfach auf das gesicht aufgetragen werden. primavera – aRgaNÖL bio


Biorama Nº. 15

Weniger iSt SchWer / Kirsten Brodde

Nein, es geht nicht um die neue »Landlust«. Ich sehe schlechtere Zeiten kommen. Natürlich braucht es politische Lösungen, aber ich beginne schon mal im Kleinen: Hühnerhaltung am Hamburger Stadtrand.

illustration Nana Mandl, Sig Ganhoer

LanDfrauengene

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»DeN gaRTeN NuR fÜR RaseN uND eiN PaaR kRokusse VeRweNDeN, isT eiNfacH VeRscHweNDuNg.«

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s war dieses merkwürdige Geräusch im Telefon, das mich aufschreckte. Es klang so, als ließe jemand seine Fingerknochen knacken. »Was machst du da eigentlich?«, frage ich meine Berliner Freun­ din. »Bin jetzt stolze Besitzerin eines Kirschentkerners«, sagt sie. Und ist offenbar dabei, die üppige Ernte aus der Datscha in Brandenburg zu verarbeiten. Ihr Dampfentsaf­ ter für Beeren ist auch eingeweiht und der Mirabellen­ Marathon angekündigt (mit Stein einwecken!). An die­ ser Stadtbewohnerin ist wirklich eine Bäuerin verloren gegangen. Sie erntet, gibt Wissen weiter und will mit mir Marmelade gegen Brathähnchen tauschen. Soll heißen: Sie hat mich mit ihrem Landfrauen­Gen und dem Wunsch nach Selbstversorgung infiziert. nur der Zierde dienen. Viele von uns Für mich ist Hühnerhaltung der nächste logische haben in der Konsum­Komfortzone Schritt. Den Garten nur für Rasen und ein paar nur verlernt, sich selbst zu erhalten. Krokusse verwenden, ist einfach Verschwendung. »Die Erschöpfung des Planeten ist Wohlgemerkt waren »Zwiehühner«, also solche, für viele seiner Bewohner seelisch die Eier legen und Fleisch ansetzen, gar nicht so schwer zu ertragen. Es kommt dar­ leicht zu finden. Gilt heutzutage als exotisch. Es auf an, dass sie als Bürger wieder eine ist einfacher, eine Boa Constrictor oder einen Erfahrung der Handlungsfähigkeit ma­ Leguan für zuhause zu bekommen als Hühner! chen«, schreibt die Harvard­Ökonomin, Abgesehen davon, dass ich selbst bei mir am Intellektuelle und Grassroot­Bürgerin Ju­ ländlich geprägten Hamburger Stadtrand eine liet B. Schor, deren Buch »Plenitude« ich Genehmigung für die Haltung braucht – für et­ verschlungen habe. was, was vor Sinnhaftigkeit geradezu erstrahlt. Was die notorisch optimistische Schor Hätte mir der Bezirksveterinär den Stall ab­ nicht sagt, ist, dass wir aus der Komfortzo­ geschlagen, hätte ich einen Musterprozess ne raus müssen. Ich sehe schlechtere Zeiten angestrengt. So elektrisiert ich bin, weiß ich, kommen. Wir werden durch den Klimawandel dass selbst bei ethischer Tierhaltung Tod einen dramatischen Verfall an Lebensqualität und Krankheit eigentlich immer dabei sind. erleben und ein Ende der sicheren und billi­ Der Gang zum Tierarzt ist ein Martyrium, gen Nahrungsmittelversorgung. Jedes Grad der Ganter wird vom Habicht geholt. Temperaturanstieg bedeutet rund zehn Prozent Es sei hier klar gesagt: Mein Hang zu weniger Ertrag. Wir werden dennoch recht gut Selbstversorgung ist kein Rückzug in die leben, für das Gros der ärmeren Länder wird das Natur und speist sich nicht aus Motiven, eine Katastrophe. Natürlich braucht es politische die Zeitschriften wie Landlust zu Re­ Lösungen, aber ich beginne schon mal mit meiner kordauflagen verhelfen. Postillen also, persönlichen Landfrauen­Karriere. die journalistisch unterhalb von Auto Ach ja, ich habe mich für Vorwerk­Hühner ent­ Bild rangieren. Ich plädiere für eine schieden. Bedrohte Rasse. Freundin mailt: Habe völlig andere Kultur, für Selfmade­ mich am Wochenende beim Besuch des Bioland­ Bürger, die effizient mit Ressourcen Hofs Domäne Dahlem in die Thüringer Wald­Ziege umgehen und Tugenden und Fähig­ verliebt. Sehr bedroht. Hast du noch Platz?. keiten wieder entdecken, die man­ che mit den sparsamen 50er Jahren verloren glaubten. Obst muss nicht Kirsten Brodde lebt und arbeitet in Hamburg vergammeln, Gartenflächen nicht und bloggt unter www.kirstenbrodde.de


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Biorama Nº. 15

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diy-rezept

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text und Bild

Micky Klemsch

das rezept im bild. diesmal:

Vegetarisches Moussaka Es ist an der Zeit wieder mal etwas Gutes über Griechenland zu berichten. Über die großartige Küche zum Beispiel. Sie ist so beliebt, dass sich auch fern des Peleponnes zahlreiche griechische Tavernen etabliert haben. Für Vegetarier findet sich aber neben der obligatorischen Vorspeisenplatte selten etwas auf der Karte. Unser MoussakaRezept, das sich auch etwas an der arabischen Variante orientiert, bietet eine köstliche Alternative.

Moussaka besteht aus drei Grundkomponenten: der Masse, den Lagen und der deckenden Sauce. Für die Lagen schneiden wir die Auberginen in 1 cm dicke Scheiben, braten sie gesalzen in Olivenöl an und legen Sie auf einem Küchenkrepp ab.

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Für die Masse haben wir die getrockneten Wach­ telbohnen bereits über Nacht eingeweicht, Sie müssen nun kurz gekocht werden. Eine klein­ gehackte Zwiebel mit 2 gepressten Knoblauchzehen in Olivenöl goldgelb braten. Die Wachtelbohnen mengen wir mit 200 g geschälten Tomaten (aus der Dose), 1 TL Thymian, 1 EL Tomatenmark dazu. Das Ganze mit etwas aufgefangenem Bohnenwasser aufgießen und ca. 20 min leicht kochen, bis die Sauce eindickt. Die Masse mit Salz, Pfeffer und Thymian abschmecken.

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ZUTATEN (für 3 hungrige oder 4 genügsame Personen) » 2 Auberginen / Melanzani » 3 große gekochte Kartoffel » 150 g Wachtelbohnen » 200 g geschälte Tomaten » 1 EL Tomatenmark » 1 Zwiebel » 4 Knoblauchzehen

» 1 EL Tahin (Sesampaste) » 1 Ei » Thymian » etwas Butter » 1 Löffel Vollkornmehl » Olivenöl

Die Sauce erhält durch etwas Knoblauch und Sesampaste Ihren besonderen Pfiff. Dazu lassen wir 300 ml Milch mit 2 Knoblauchzehen ca. 10 min. kochen und pürieren dies anschließend. Die Butter wird in einem kleinen Topf erhitzt und mit der gleichen Menge an Mehl zu einer Mehlschwitze gerührt. Lang­ sam rühren wir die Knoblauchmilch ein – bis die Sauce eindickt. Die Sauce verrühren wir mit 1 EL Tahin und einem verquirlten Ei.

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In eine eingefettete Auflaufform schlichten wir nun abwechselnd die angebratenen Auberginen mit den in schmale Scheiben geschnittenen Kartoffeln und dazwischen immer wieder etwas von der Bohnenmasse.

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Über die oberste Schicht an Auberginen/Kar­ toffel gießen wir behutsam die Sauce, die den ganzen Auflauf abdecken soll, und schieben die Form für 30 Minuten in den 200° C heißen Backofen.

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Den fertigen Auflauf portionieren wir. Da das vegetarische Moussaka im Gegensatz zu seinem spannenden Geschmackserlebnis optisch eher farblos daherkommt, garnieren wir die Portionen mit viel farbenfrohem, frischem Salat und wünschen guten Appetit.

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diY – einkochen und einMachen

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reaDer’s finest Wie lassen sich die Früchte des Sommers auch im Herbst, Winter und Frühling genießen? Das wollten wir von den Mitgliedern unserer Facebook-Gruppe wissen. Einige besonders vielversprechende Rezepturen von facebook.com/biorama

feIGeN-CHUTNeY Rezept von Sabina Macheck

SALzGUrkerL (PArvIN STYLe) Rezept von Parvin Razavi Das braucht’s: ½ Kilo Gurkerl (möglichst die ganz Kleinen) 2 Zweige Dillblüten 5 Zweige Estragon 3 Zehen Knoblauch 1 Teelöffel Senfsamen 1 Teelöffel Pfefferkörner 2 Esslöffel Meersalz Hesperiden­Essig So geht’s: Gurkerl mit Kräutern und Gewürzen in ein Glas schlich­ ten; Hesperiden­Essig und abgekochtes heißes Wasser vermengen; der Inhalt sollte mit der Flüssigkeit bedeckt sein; Glas gut verschließen und ein paar Minu­ ten auf den Kopf stellen, dadurch entsteht ein Vakuum im Glas; danach für 2 Wochen lagern; genussfertig.

Das braucht’s: 125 ml Rotweinessig 50 g Brauner Zucker 1 Teelöffel Salz 100 Gramm frische Feigen (in Scheiben) 50 Gramm Rote Zwiebeln (in Scheiben) 25 Gramm getrocknete Datteln (in Stücken) 15 Gramm Ingwer (frisch, klein geschnitten) 1 Teelöffel Paprikapulver (süß) ½ Teelöffel Weiße Senfkörner ½ Teelöffel Estragon (getrocknet) So geht’s: Rotweinessig in einem großen Topf mit Zucker und Salz 5 Minuten kochen, dann Feigen, Zwiebeln, Datteln und alle Gewürze bis auf Estragon dazu geben und auf klei­ ner Flamme eine Stunde zugedeckt köcheln bis die Flüs­ sigkeit fast ganz verdunstet ist. Noch sehr heiß in Gläser füllen. Das Chutney schmeckt hervorragend zu Hartkäse wie z.B. Parmesan. Im verschlossenen Glas hält es zwei Jahre.


dokumentation

Thomas Weber

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Corinna Weigl

GrÜNer PArADeISer*-SALAT Rezept von Marianne Weber Das braucht’s: 1 Kilo grüne Paradeiser* ½ Kilo Zwiebel 5 Paprika (rot, gelb, grün) 1 kleiner Krautkopf 10 dag Salz ¾ Liter Apfelessig 5 dag Zucker 2 Gewürznelken 6–7 Wacholderbeeren 1 Teelöffel Senfkörner

* Tomaten

rIBISeL-frUCHTMUS MIT kArDAMoM Rezept von Greenfeel Linz* So geht’s: Schritt 1: In der Früh Paradeiser in Scheiben schneiden, Zwiebel zu Ringen hobeln und in 1 Liter Salzwasser ein­ weichen. Das Salz zieht die Giftstoffe aus den noch nicht gereiften Paradeisern. Abends das Wasser abtropfen las­ sen, die Flüssigkeit weggießen. Schritt 2: Apfelessig und Wasser (zu gleichen Teilen) mit Zucker, Gewürznelken, Wacholderbeeren und Senfkörnern wallend aufkochen lassen. Währenddessen den Krautkopf hobeln und die Paprika klein raffeln. Nach dem Aufkochen alles (abge­ tropfte Paradeiser und Zwiebel, Kraut, Paprika) in die Wasser/Essig­Suppe rühren; noch einmal aufkochen lassen. Wer den Salat gerne weniger bissfest hätte, auch mehrmals aufkochen lassen. Anschließend kochend heiß in die ausgewaschenen Gläser mit Schraubverschluss abfüllen, oben eine Scheibe Kren drauf, zuschrauben, auf den Kopf stürzen und auskühlen lassen.

Das braucht’s: 1 Kilo Ribisel ½ Kilo Zucker ½ Teelöffel Kardamom

* www.greenfeel.at

So geht’s: Ribisel mit Zucker (Verhältnis ca. 2:1) aufkochen, Kar­ damom nach Geschmack unterrühren. Wer die Ribisel­ Kerne nicht mag, kann sie abseihen, die sekundären Pflanzenstoffe machen das Fruchtmus allerdings inter­ essanter. Abkühlen lassen, in Gläser füllen und im Kühl­ schrank aufbewahren. Ohne künstliche Geliermittel hält das Fruchtmus nicht so lange, also besser kleine Gläser verwenden. Mit den Gewürzen ruhig experimentieren: Zimt, Vanille, Kurkuma, Rum – das Fruchtmus lässt sich nach individuellem Gusto verfeinern.


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MarktPlatz frühStück

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morgenstunD’ hat genuss im munD

frühstücks-futter Vollwertig sei dein Müsli, hilfreich und gut (eingeweicht), so das Credo vieler Frühstücksratgeber. Doch neben Flocke & Rosine gibt es viele weitere köstliche Starthilfen in den Tag. Als morgendliches Soul-Food haben wir Feinköstliches ausprobiert.

1 // SCHoko kLASSIker

2 // orIeNT exPreSS

Vielfach kopiert doch unerreicht lecker: Samba, sei­ nerzeit der erste Schoko­Nuss­Aufstrich in 100 % Bio­ Qualität, hat vielerorts die Nutella vom Frühstückstisch gefegt und 20 Jahre Naturkostgeschichte geschrieben. www.rapunzel.de

Statt stundenlang Hülsenfrüchte einweichen: Abu Kicher, die vegetarische Schlemmerpastete mit Kichererb­ sen und Sesamöl, verpasst dem Frühstückstisch orienta­ lisches Flair und ruft nach Fladenbrot. www.evers-naturkost.de


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Nina Daniela Jaksch

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Hersteller

3 // feINeS frÜH-STÜCkCHeN Fürs Single­ oder Unterwegs­Frühstück: BlaubeerMuffins aus der Sweet Bakery Edition punkten mit saf­ tigem Rührteig und feinen, ganzen Beeren. www.schnitzer.eu

4 // MANCHe MöGeN’S TroPISCH Mit den online aus 80 biologischen Zutaten persönlich mixbaren Müslis ist ein neuer Stern am Frühstückshim­ mel aufgegangen, inzwischen gibt es auch das praktische mymuesli2go. Unser neuer Liebling: Mango Müsli mit Erdbeer­, Bananen­ und Mangostückchen. www.mymuesli.com

5 // wIe BeI MUTTI In Hamburg bei Mutterland’s traditionellen Delikates­ sen entdeckt: Cremiger Kornblumenhonig mit dichtem, dezent scharfem Aroma macht die Buttersemmel zum Hochgenuss. www.mutterland.de

Sie lieben Salate, die nach „mehr“ schmecken? Dann 75 ist die Alles im Grünen-Kräutermischung von Sonnentor genau das Richtige: Ein Bund duftender Kräuter und Blüten verwandelt Ihre Salatkomposition in einen würzig-frischen Genuss aus dem Gemüsegarten! Erhältlich im gut sortierten BioFachhandel und auf www.sonnentor.com

Es grünt

so grün

Salat schüssel!

in der

6 // fÜr fLoCkeN-feTISCHISTeN Crunchmüsli Let’s Rock mit Knusperflocken, Sesam, Cranberries, ayurvedischen Kräutern und Gewürzen wie Kardamom, Minze und Rosenblüten bringt Schwung am Morgen. www.haricrunch.com

Da wächst die Freude.

7 // eS MUSS NICHT IMMer kAvIAr SeIN Luxuriös, lecker und pumperlgesund: See-Saibling ist der heimische Fisch mit dem höchsten Anteil an Omega­ 3­Fettsäuren. Sein kalt geräuchertes Filet ist Fischgenuss pur, ob beim Brunch oder Schlemmerfrühstück. www.alpenlachs.at

An trüben Tagen braucht die Morgenseele wärmende Gewürze wie Zimt, Ingwer, Süßholz und Kardamom. Chai Latte, fix gemixt aus Süßer Chai­Tee und frisch aufgeschäumter (Soja­)Milch versüßt den Tag. www.lebensbaum.de

9 // MIT SUCHTfAkTor Aprikosen sind sonnige Powerfrüchte. Der Fruchtauf­ strich Die rosige Marille enthält ganze Früchte und rei­ nen Agavendicksaft statt Zucker; sie macht sich prächtig auf Frühstücksgebäck und pimpt auch blassen Milchreis, Grießbrei oder Joghurt. www.sonnentor.at

10 // wIe BArfUSS ÜBer DIe wIeSe SPrINGeN Handmade aus der Berliner Manufaktur Proviant: Frucht Smoothie Grashüpfer mit Kiwi, Limette und Weizengras ist ein grasgrüner Vitaminspender für den morgendlichen Frischekick. www.proviant-smoothies.de

d.signwerk.com

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Ayurveda

Amanprana Mundöl für Mundhygiene und Detox Beste Mundhygiene für ein schönes Lächeln Beim Zähneputzen werden nur 60% der Zahnfläche und 10% der gesamten Mundhöhle erreicht. In unserem Mund leben 10 Milliarden Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Pilze und Protozoa). Sie können das Zahnfleisch entzünden und Zahnplaque sowie Karies verursachen. Gesundheit für Körper und Geist Durch die schlechte Mundhygiene können diese Mikroorganismen über Zahnabszesse, Löcher und Zahnfleischentzündungen in die Blutbahn gelangen, wo sie die Organe und Zellen schädigen können (Herdinfektionen). Dies trifft auf jeden Fall dann zu, wenn die schlechte Mundhygiene mit einer geringen Widerstandsfähigkeit, Müdigkeit, ungesunder Ernährung und Stress einhergeht. So stellte bereits Hippokrates fest, dass Arthritis durch Ziehen eines schlechten Zahns geheilt werden kann. Endokarditis ist eine Entzündung der Herzinnenhaut durch Streptokokken (Bakterien). Arthritis ist eine entzündliche Erkrankung der Gelenke, die durch Bakterien ausgelöst wird; bei den Nieren wird diese Entzündung Nephritis genannt. Eine gute Mundhygiene wird das Herdinfektionsrisiko – und somit schwere Infektionsfolgen – drastisch reduzieren. Die Beziehung zwischen Zahn- und Zahnfleischentzündungen einerseits und Infektionen der Lungen und Atemwege andererseits wurde ausführlich nachgewiesen. Bei schwangeren Frauen mit Zahnfleischentzündung ist das Risiko, Frühgeborene oder Babys mit Untergewicht zur Welt zu bringen, 7,5-mal größer. Zahnfleischentzündungen können Darmprobleme verursachen. Mehr als 200 Studien haben die Beziehung zwischen Diabetes und Zahnfleischentzündungen nachgewiesen. Zähneputzen allein reicht nicht aus. Amanprana Mundöl ist antiseptisch Eine optimale Mundhygiene wird mit Amanprana Mundöl garantiert. Das essentielle Öl aus Nelken, Zimt und Oregano und das Kokosöl sorgen für eine ausreichende antiseptische Wirkung, um eine bakterielle Überwucherung auszuschließen. Mundöl ist in zwei Sorten erhältlich: „Menta“ mit Minze und „Foeniculum“ mit Fenchel. Diese sorgen für einen langfristigen leckeren Geschmack und einen frischen Atem. 1 Kaffeelöffel (5 ml) Öl in den Mund nehmen und 2 bis 5 Minuten lang spülen und gurgeln. Für eine vollständige Mundhygiene führen Sie das Ölziehen jedes Mal nach dem Zähneputzen durch.

sind. Sie oxidieren jedoch zu schnell durch den Sauerstoff, der beim Ölziehen im Mund vorhanden ist. Amanprana verwendet 3 extra native Öle: Kokosöl, das antiseptisch ist, eine stärkere Saugwirkung sowie eine kleine Molekularstruktur hat (und so die Hautschranke durchdringt); Olivenöl, das reich an Chlorophyll ist und den Mundgeruch schnell beseitigt und schließlich Hanföl, das eine therapeutische Wirkung und einen leckeren Geschmack hat. „Ölziehen“ zur Entgiftung durch die Zunge Bereits vor 2000 Jahren wurde das Ölziehen in den ayurvedischen medizinischen Texten „Charaka-Samhita“ und „Sushrutas Arthashastra“ beschrieben. Die Anhänger der Ayurveda reinigten ihren Mund durch Gurgeln mit pflanzlichem Öl, nicht nur für die Mundhygiene, sondern auch, um den Körper wieder gesund zu machen. Mehr als 30 verschiedene Leiden konnten damit geheilt werden. Dr. Karach konnte während eines Kongresses in der Ukraine eine Gruppe von Krebsspezialisten und Bakteriologen von der Heilwirkung des Ölziehens überzeugen und entriss die heilsame Methode somit der Vergesslichkeit. Weiße Zunge? Mundgeruch? Zeit zur Entgiftung! Das Ölziehen ist eine ayurvedische Entgiftungsmethode, bei der das Öl in den Mundraum und durch die Zähne gezogen und gedrückt wird. Dabei entfernt das Ölziehen Giftstoffe und Mikroorganismen aus dem Körper. Der Körper bekommt die Gelegenheit, sich selbst zu regenerieren. Ölziehen bringt Meridiane (Energieströme) im Körper in Gang und kann Blockaden lösen. Die Zunge ist ein Entgiftungsorgan. Weißer Zungenbelag weist darauf hin, dass sich der Körper entgiften will. Ölziehen beschleunigt und aktiviert die Entgiftung. Einfach entgiften mit Amanprana Mundöl Spülen Sie 1 Esslöffel (15 ml) Öl 20 bis 30 Minuten lang durch den Mund: saugen, pressen, säuseln, kauen, spülen, ziehen und gurgeln. Von links nach rechts, von oben nach unten. Nicht herunterschlucken, sondern ausspucken. Führen Sie das Ölziehen jede Woche oder während einer Entgiftungskur jeden Tag durch. Vorzugsweise am Morgen und auf nüchternen Magen, nach dem Zähneputzen. Wenn Sie mehrmals pro Tag Öl ziehen, dann tun Sie dies vorzugsweise vor der Mahlzeit. Tel.: 00 32 3 653 25 41, www.noble-house.tk 100% Bio, 100% aktiv, 100% natürlich, 100% Liebe.

Warum Kokosöl, Olivenöl und Hanföl? Für das Ölziehen wird häufig Sesam- oder Sonnenblumenöl verwendet, weil sie billig Erhältlich im Reformhaus und Bioladen oder ins Haus geliefert von www.amanvida.de


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SPeiS und trank

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Micky Klemsch

»einmaL nummer 87, ohne e621 bitte!« Asiatische küche gilt nach wie vor als gesund und auch bio-affine Menschen drängen an den Wok oder zum Sushi-Buffet. Doch gerade hier heißt es für verantwortungsvolle Genießer, wachsam zu sein.

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siatische Küche, sagt man, sei gesünder als die traditionellen heimischen Gerichte. Nun, das ist nicht schwer. Dennoch lohnt es sich genauer hinzusehen, was denn dabei wirklich auf den Teller kommt. Als in den frühen 80er Jahren der Boom der China­Restaurants in Europa startete, war meine Standardbestellung »2 Frühlingsrollen mit Reis«. Für das chinesische Perso­ nal genauso befremdend, wie für mich die Zutaten des übrigen Angebots: Bambussprossen, Sojasauce oder Tofu waren mir bis dahin unbekannt. Erst nach einigen Jahren, als ich mich entschloss, gänzlich ohne Fleisch zu leben, wurden die China­Restaurants zu Oasen des Glücks – Gastbetriebe, in denen fleischlose Kost nicht zur Beilage degradiert wurde. Den Chinesen folgten die Japaner, Vietnamesen und Thailänder mit ihren Res­ taurants. Heute kennt man sie ohnehin alle unter dem Sammelbegriff Asiaten, die Küche der meisten Betrie­ be mutierte zu einem an den europäischen Geschmack angepassten Mix aus diversen Regionalküchen.

weNIG koNTroLLMöGLICHkeITeN Dass Chinesen für uns hier keine Haustiere verko­ chen, daran glauben wir mittlerweile. Aber vieles andere geriet ins Kreuzfeuer der Kritik: Nirgends wird soviel Geschmacksverstärker der Serie E600 verwendet. Über dem massiven Einsatz von Soja schwebt das Damok­ lesschwert der Gentechnik und an den leergefischten Meeren soll ja ohnehin nur der weltweite Sushiverzehr schuld sein. Mayoori Buchhalter, Gründerin des Kölner »Bio­ Gourmet­Club«, fand den Zugang zur asiatischen Küche über die traditionelle chinesische Medizin. Die Fünf­Elemente­Küche zeige die asiatischen Prinzipien des Kochens auf, meint Mayoori, sie könne sich aber in jedem Land anders anwenden lassen. Daher legt sie besonderen Wert auf regionale Zutaten aus Biolandbau und kurze Transportwege. Vor Kurzem stieß Mayoori dabei sogar auf einen Tofu­Lieferanten, der Sojabohnen aus deutschem Anbau verwendet. Die bekannte Köchin Sohyi Kim sieht das genauso. In Ihrem Wiener Fisch­ restaurant besteht Sie auf regionale Zutaten und Fisch aus Wildfang. Bei den importierten Zutaten aus Asien hat Sie jedoch wenig Kontrolle, eine Tatsache, die wir auch in den diversen Asia­Supermärkten feststellen mussten: Die kleingedruckten Inhaltsstoffe sind besonders klein, wenn überhaupt vorhanden. Aber es lohnt sich auch hier, trotz der Sprachbarrieren mal nachzufragen. Immer öfter finden sich bereits Bio­Produkte in den Regalen der Asiaten. Für die Küche daheim heißt das: Das Kleingedruckte auf den Gewürzen, Saucen und Ölen genau lesen und alle frischen Zutaten regional besorgen. Aber auch in der Gastronomie gibt es bereits Alternativen: das japani­ sche Restaurant Kaede in München kocht vegan aus rein biologischen Zutaten, im Waku Waku in Hamburg gibt es schnelle Wok­Gerichte in organischer Qualität und unter der Marke Organicasia gibt es bereits asiatische Bio­Fertiggerichte.


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.10.2 13.–15 auS rath n wie

Terra Madre Wien, die Welthauptstadt des Genusses und des guten Geschmacks Markt der Vielfalt Bauern und Bäuerinnen, KäsemacherInnen und Bäcker­ Innen kredenzen ihre Kreationen. Auch Gäste aus Tschechien, Rumänien, Deutschland, Ungarn und Italien präsentieren im Wiener Rathaus auf der „Arche des Ge­ schmacks“ erstmals rar gewordenen Pflanzenarten, Nutz­ tierrassen und regionale Lebensmittel. Sie sollen erneut ins Bewusstsein sowie auf die Teller kommen: Olivenöl mit Bergamotte, Champagner­Bratbirnen und traditionelle Slow­Biere aus tschechischen Kleinstbrauereien. Aus Öster­ reich u.a. zu verkosten: feine Rohmilchbutter des Käsemeis­ ters Robert Strasser oder die würzigen Brotspezialitäten von Erich Kasses, dem einzigen Slow­Bäcker des Landes.

Schule deS GeSchMackS Aromen schmecken, Spezialitäten vergleichen und gleich im Beisein der HerstellerInnen verkosten, die einem auch alles über den Ursprung, Zutaten und die Zubereitung der Köst­ lichkeiten verraten können. Terra Madre gewährt Genuss in Reinform.

ParcourS der Sinne Wahrer Genuss bedeutet mehr als nur Gaumenfreude. Am „Parcours der Sinne“ lässt sich Essen ganzheitlich „begrei­ fen“ und spielerisch entdecken, dass der Geschmack nicht der einzig wichtige Sinn beim Essen ist. Die Teilnahme ist für Kinder und Erwachsene kostenlos.

netzwerk deS GenuSSeS

Geschmackssicher: Umweltstadträtin Ulli Sima und Slow Food-Chefin Barbara van Melle propagieren Slow Food, denn: Slow Food-Kriterien sagen über die Qualität der Nahrung oft mehr aus als ein Biosiegel. Live auskosten: Mitte Oktober im Rahmen der Terra Madre im Wiener Rathaus. BEZAHLTE ANZEIGE

Terra Madre setzt sich ein für die Ernährungssouveränität aller Menschen und Regionen unserer Erde und für Lebens­ mittel, die nach den Prinzipien „gut – sauber – fair“ hergestellt werden. Es ist Teil des weltumspannenden Slow Food­Netz­ werks zur Verteidigung der Biodiversität und der bäuerlich und handwerklich produzierten Lebensmittelvielfalt. Terra Madre, Wiener Rathaus: 13.–15.10.2011 www.terramadre.at


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Sonne mit einem Schuss Wind und ein wenig Biomasse mixen – dann die Geräte abschalten.

mhhhh, energiecocktaiL

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und hinter Mir die Sintflut / Johanna Stögmüller

»kÖNNTe Ja seiN, Dass sie gLaubeN, Die weLT sei gaNZ iN oRDNuNg.«

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uper ist sie, die Energiewende! Schon ziemlich gut. Politisch korrekt. Rettet unsere Zukunft. Bin ich voll dafür. Aber ganz unter uns: Wie könnte ich auch dagegen sein? Ich bin ja schließlich kein texanischer Atom­Lobbyist im schlecht sitzen­ den Anzug, der Millionen Dollar in amerikanische Präsidentschaftswahlkämpfe investiert, um danach schön ein Wörtchen mitreden zu können.* Nein, bin ich nicht. In Zeiten des politischen Kursschwenks in Richtung guter, grüner Energie, weg von bösen Kernspaltungen und der immer gegenwärtigen Möglichkeit, über Jahrhunderte hinweg mit ver­ strahlter Erde leben zu müssen, scheint die grüne Schlacht geschlagen. Mehr als traurig, dass es dazu erst einer Katastrophe unmenschlichen Ausma­ ßes bedarf, um den vielbesagten Schalter in den Köpfen der politischen Entscheidungsträger den Bau der Windräder und Solarfelder, umzulegen. Jetzt, da Japans Wunden langsam die unsere Zukunft retten sollen? Und heilen und mit dem deutschen Atomausstieg noch was: Unser grünes Utopia wird al­ ein Exempel statuiert worden ist, wird das mal les andere als eine romantische Ökoidylle alles auch weitergedacht und durchgerechnet. sein. Solaranlagen wo hin das Auge reicht; Und wie es so ist bei uns auf der Welt: Es gibt Windräder mit der dreifachen Größe des immer einen Haken. Denn super ist sie schon, Wiener Riesenrads vor unserer Haustüre; die Energiewende. Nur kosten tut sie auch Stromnetze, die uns unter Hochspannung die – nicht nur Geld, sondern auch unsere Vor­ Ohren vollsurren. Gut aussehen wird sie nicht, stellung vom grünen Utopia. die Energiewende. Und: Öko­Energie wird teurer werden, die Besteuerung wird steigen. Einer neuen Studie zufolge** werden die Ener­ DreCkSCHLeUDerN giekosten in Österreich binnen zehn Jahren um IM öko-PArADIeS 50 Prozent steigen – die Teuerung könnte aber Deutschland legt 2022 das letzte Atom­ durch sinkenden Verbrauch aufgefangen werden. kraftwerk still. Und dann? Deutsche Aja. Dann nehme ich diese Ausgabe jetzt mal vom Energieversorger sprechen schon da­ Strom von, alte Kohlekraftwerke wieder­ zubeleben und noch dazu mehr von diesen Dreckschleudern zu bauen. * Seit 2005 soll der Branchenverband der amerikanischen Atomindustrie NEI 9,53 Millionen US-Dollar an KongressKohle! Hallo? Da können wir doch abgeordnete überwiesen haben. Im Präsidentschaftswahlgleich unsere Smartphones und kampf 2008 flossen 2,36 Millionen Dollar, im Wahljahr 2010 Nespresso­Maschinen schrotten waren es 1,69 Millionen Dollar. Quelle: Spiegel Online, 19.03.2011; »Lobby-Millionen für die Kernkraft« von und wieder in Höhlen leben. Öko­ Marc Pitzke logische Politik schaut ganz sicher anders aus. Nur, wer investiert in ** Studie »Schafft Europa die Energiewende?« von A.T. Kearney



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EDUARD ADRIAN DUSSEK, DER NEUSIEDLERSEE, »DAS MEER DER WIENER«, 1927 © WIENBIBLIOTHEK IM RATHAUS, PLAKATSAMMLUNG

NEUSIEDLERSEE DAS MEER DER WIENER 14.7. BIS 23.10.2011


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