Bikf newsletter 1 2014

Page 2

BiK F

Newsletter des Biodiversität und Klima Forschungszentrums

FORSCHUNG:

SÜSSWASSERINSEKTEN: (V)ERKANNTES POTENTIAL FÜR DIE BIODIVERSITÄTSFORSCHUNG wässern leben dagegen mehr Arten, die sich an neue Lebensbedingungen anpassen und auf diese Weise neue Eigenschaften entwickeln. Daraus können sich wiederum neue Arten bilden (ökologische Diversifikation). Die Autoren listen in ihrer Studie die Potenziale unterschiedlicher Gattungen von Süßwasserinsekten für die Biodiversitätsforschung tabellarisch auf. Artenbildung im Spannungsfeld geographischer und ökologischer

Diversifikation

lässt

sich

demnach sehr gut anhand von Köcherfliegen der Gattung Drusus untersuchen. „In Bächen

und

Quellen

des

westlichen

Balkangebietes leben unterschiedlichste Drusus-Arten, und in jedem Tal hat sich

1

eine andere mikroendemische Art entwi-

1 Ein typischer Karstbach im westlichen Balkan. Hier leben die mikroendemische Köcherfliegen der Gattung Drusus. © Ana Previsic 2 Libellen haben sowohl stehende als auch Fließgewässer besiedelt und sind somit gute Modelle zur Untersuchung von Diversifikation in Bezug auf Habitat-Stabilität. Abgebildet ist die Großlibelle Trithemis hartwigi. © Nicolas Meziere

ckelt – bis hinunter nach Griechenland“, berichtet Pauls. „Die Ursache ist hier wahrscheinlich eine geographische Diversifikation, weil die Gewässer dort durch starke Karstbildung immer weiter vonein-

2

ander isoliert werden.“ Unterschiedliche

In den Binnengewässern unseres Plane-

dikatoren für den ökologischen Zustand

Temperaturpräferenzen der Arten zeigen

ten leben im Vergleich zu anderen Öko-

eines Gewässers dienen, sind bereits sehr

jedoch, dass auch ökologische Diversifi-

systemen überproportional viele Tierar-

gut erforscht. Trotzdem sind selbst diese

kation eine Rolle spielt.

ten. Sechs von zehn dieser Tiere sind In-

Arten in der Insektenforschung völlig un-

Die Erforschung von Temperaturanpas-

sekten. Deshalb haben Wissenschaftler

terrepräsentiert, weil die Arbeiten über-

sungen trägt auch in anderen Insekten-

des BiK-F nun gemeinsam mit Kollegen

wiegend im Rahmen der Gewässerkunde

gruppen dazu bei, die Entstehung von

des Naturalis Biodiversity Center in Lei-

stattfinden. „Auch innerhalb der Insek-

Biodiversität zu verstehen, z.B. bei den

den und des Leibniz-Instituts für Gewäs-

tenkunde weiß man zu wenig von den

Zuckmücken (Chironomidae). Sie umfas-

serökologie und Binnenfischerei (IGB) in

Projekten der Kollegen. Unser Review soll

sen tropische bis antarktische Arten und

Berlin das Potenzial von Süßwasserinsek-

auch dazu beitragen, mehr Interdiszipli-

halten Temperaturen von -20° bis +40° C

ten für die Erforschung der Biodiversität

narität zu schaffen“, betont Dijkstra.

aus.

untersucht. Die Ergebnisse wurden in der

Ökologische Vielfalt entwickelt sich im

Die Übersichtsstudie führt Biodiversitäts-

diesjährigen Ausgabe des renommierten

Rahmen eines komplizierten Wirkungsge-

forscher auf neues Terrain. Die Verbin-

Fachjournals Annual Review of Entomolo-

füges unterschiedlichster Umwelteinflüs-

dung molekulargenetisch ermittelter Ver-

gy veröffentlicht.

se. Ein wichtiger Faktor ist die Stabilität

wandtschaftsbeziehungen

„Die Antwort auf die Frage, woher die

der Ökosysteme. In ihrer Arbeit entwi-

schen Daten eröffnet neue Wege, die Di-

Diskrepanz im Verhältnis von Lebensraum

ckeln die Wissenschaftler ein Modell zu

versifikation von Süßwasserinsekten zu

und Artenvielfalt bei den Süßwasserin-

den Zusammenhängen zwischen der Ha-

untersuchen und macht sie zu hervorra-

sekten kommt, könnte das Verständnis

bitat-Stabilität und der Artenbildung und

genden

der Entstehung von Biodiversität wesent-

-ausbreitung

Süßwasserinsekten.

wissen, wie die enorme Biodiversität bei

lich voranbringen“, erläutert Dr. Steffen

Dr. Michael T. Monaghan vom IGB fasst

Süßwasserinsekten entsteht, können wir

Pauls, Nachwuchsgruppenleiter am BiK-F

zusammen: „Unser Modell zeigt, dass die

auf andere Tier- und Pflanzenarten rück-

und einer der Autoren der Studie. Dr.

Stabilität des jeweiligen Ökosystems und

schließen“, erläutert Pauls. „Mit diesem

Klaas-Douwe Dijkstra vom Naturalis Bio-

die Ausbreitungsfähigkeit der darin le-

Wissen könnten wir den in vielen Berei-

diversity Center fasst diese Entstehung

benden Insekten auf nichtlineare Weise

chen dringend notwendigen Artenschutz

zusammen: „Obwohl sie nur 12 Ordnun-

voneinander abhängen.“ In stehenden

verbessern.“

gen angehören, sind Wasserinsekten auf

Gewässern etwa findet man häufiger In-

über 50 einzelne Süßwasser-Invasionen

sektenarten, die bei veränderten Umwelt-

von Landinsekten zurückzuführen.“ Die

bedingungen das Habitat wechseln (geo-

>> Studie in Annual Review of

Lebensweisen einiger Arten, die als Bioin-

graphische Diversifikation). In Fließge-

Entomology

bei

–2–

mit

Modellorganismen.

ökologi-

„Wenn

wir


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.