Liebe Leserin, lieber Leser, die Bilanz von 10 Jahren Bewegungsstiftung ließe sich in wenigen Zahlen zusammenfassen. 2002 von neun GründungsstifterInnen ins Leben gerufen, haben sich ihr mittlerweile über 130 StifterInnen angeschlossen. Das Kapital der Bewegungsstiftung und ihrer Treuhandstiftung bridge ist in diesem Zeitraum von 250.000 Euro auf 5 Millionen Euro gestiegen. Seit 2002 haben sie Protestbewegungen mit Zuschüssen, weiter geleiteten Spenden und Beratung in Höhe von mehr als 1,2 Millionen Euro unterstützt. Soweit die Zahlen. Doch auch wenn es bei einer Stiftung immer um Zahlen, Geld, Erlöse und Fördersummen geht – das Besondere an der Bewegungsstiftung lässt sich damit nicht erfassen. Sie ist mehr als eine Geldweiterleitungsmaschine für Menschen, die mehr Geld haben, als sie für ein gutes Leben brauchen, hin zu Protestbewegungen, die bekanntermaßen chronisch an Geldmangel leiden. Die Stiftung ist auch ein Ort der Begegnung und Vernetzung, des Erfahrungsaustauschs und der politischen Debatte zwischen Menschen, die mit ihrem Vermögen politischen Wandel fördern wollen und Menschen, die diesen Wandel mit öffentlichen Aktionen und Protest vorwärts treiben.
Sie alle eint die Überzeugung, dass sich gesellschaftlicher Fortschritt und eine gerechtere Welt nicht einfach von selbst einstellen, sondern erkämpft werden müssen – von Menschen, die aufstehen, auf die Straße gehen und für ihre Überzeugungen einstehen. Und sie eint die Überzeugung, dass sich Missstände nicht durch wohltätige Spenden beheben lassen, sondern nur dadurch, dass man an den Wurzeln ansetzt und für einen politischen Wandel streitet. Das sind die Überzeugungen, auf deren Grundlage die Bewegungsstiftung seit zehn Jahren arbeitet. Welche Erfolge wir dabei erzielt haben, welche Kampagnen wir unterstützt haben und wie unsere Förderung genau aussieht, erfahren Sie auf den folgenden Seiten. Außerdem stellen wir Ihnen die Menschen vor, die in der Bewegungsstiftung zusammentreffen. Sie machen die Stiftung zu einem Ort der Begegnung und Bewegung und der Mitgestaltung – wir laden Sie herzlich dazu ein.
Jörg Rohwedder Geschäftsführer der Bewegungsstiftung
Inhalt 06 | 10 Jahre Bewegungsstiftung und kein Ende der Geschichte 08 | Wenn man neu dazustößt … Eindrücke einer Stiftungsrätin
08 | Die Förderung
28 | Die StifterInnen
10 | Wie wir fördern, was wir fördern
30 | Keine Stiftung ohne StifterInnen
12 | 4 aus 80:
32 | Zusammen mehr bewegen –
Beispiele unserer Förderung
die Gemeinschaftsstiftung
14 | Beraten, begleiten, vernetzen –
34 | Wie alles angefangen hat – und
unsere „guten Dienste“
wie es weitergeht
16 | Unsere Förderinstrumente
38 | „Über politische Ziele gibt es
19 | „Es gibt noch eine Menge
unabhängig vom Alter große Einigkeit“
Erwartungen einzulösen”
41 | Reden über Geld 22 | Stiftung bridge – Bürgerrechte
in der digitalen Gesellschaft
24 | Unsere Förderprojekte seit 2002 26 | Berufung: Vollzeit für soziale Bewegung aktiv – die Bewegungs arbeiterInnen
40 | Die Geldanlage
48 | Stiften & Spenden
42 | Wie wir unser Geld anlegen
50 | Stiften, Spenden und ein Blick nach vorn
44 | Fair wirtschaften und fördern –
mit ethisch-nachhaltiger Geldanlage
54 | Protestsparen – mit Zinsen
52 | Möglichkeiten des Stiftens
und Spendens
Protestbewegungen fördern
46 | Wie die Stiftung ihr Geld anlegt –
drei Beispiele
56 | Bewegungen anstoßen –
über das eigene Leben hinaus
58 | Die Geschäftsstelle 60 | Bewegte Stiftung –
auch in Zukunft!
62 | Andere über uns
10 Jahre Bewegungsstiftung und kein Ende der Geschichte Ende des 20. Jahrhunderts entstand die Bewegungsstiftung. In welchem politischen Klima? Gründungsstifter Felix Kolb blickt auf die Zeit des Aufbruchs zurück, auf erste Erfolge und neue Herausforderungen.
Eine andere Welt ist möglich. Foto: Timo Voigt/randbild.de
Die These vom Ende der Geschichte war schon ebenso gewagt wie umstritten, als sie Francis Fukuyama 1989 erstmals formulierte. Verkürzt gesagt postulierte der Politikwissenschaftler, dass sich nach dem Zusammenbruch der UdSSR alle weltpolitischen Widersprüche auflösen würden und der Weg frei sei, damit sich Demokratie und Marktwirtschaft global durchsetzen. Was, werden Sie sich fragen, hat das mit dem 10. Geburtstag der Bewegungsstiftung zu tun? Deutlich mehr als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Gestatten Sie mir den Versuch, Sie zu überzeugen. Wenn Geschichte endet, dann wird sie nicht mehr von Menschen gemacht, sondern passiert einfach. Wäre dem so, gäbe es keinen Platz für Protestbewegungen und erst recht nicht für eine Stiftung, die Anstöße für soziale Bewegungen geben will. In der Tat hatten linke Bewegungen nach 1989 fast überall auf der Welt einen schwe-
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10 Jahre Bewegungsstiftung
ren Stand – ihnen schien die Vision zu fehlen. Gleichzeitig schwand mit dem Untergang der sozialistischen Systemalternative bei den politischen Eliten die Bereitschaft, die (selbst)-zerstörerischen Kräfte des Kapitalismus zu zähmen. Augenfälligster Ausdruck ist heute die extrem ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen. Unter dem Vorwand des internationalen Standortwettbewerbs wurden in Deutschland schon in den frühen 1990er Jahren Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit als unbezahlbarer Luxus abgestempelt. Soziale Errungenschaften gingen verloren und der ökologische Umbau der Gesellschaft stockte, bevor er richtig begonnen wurde. Umwelt- wie Gewerkschaftsbewegung waren vor allem in einem geeint: ihrer relativen Hilflosigkeit. Sie hatten der Rhetorik des Sachzwangs der schwarz-gelben Regierungskoalition unter Helmut Kohl wenig entgegenzusetzen – auch die neoliberale Hegemonie in den Medien war noch ungebrochen.
Der Aufbau
Doch 1999, genau 10 Jahre nach der Veröffentlichung von Fukuyamas These, konnten soziale Bewegungen sie eindrucksvoll widerlegen. Sie schrieben Geschichte: Die Milleniums-Runde der Welthandelsorganisation in Seattle scheiterte grandios. Sitzblockaden und Proteste verschiedenster Bewegungen hatten großen Anteil daran. Das war erst der Anfang: Mit den folgenden Protesten in Göteborg und Genua bröckelte der Glaube an die Überlegenheit der Märkte. Die diskursive Dominanz des Neoliberalismus wurde von der entstehenden globalisierungskritischen Bewegung beendet. In diese Zeit des Aufbruchs fällt auch die Entstehungsphase der Bewegungsstiftung. Der Kerngedanke der Stiftung ist beseelt vom zentralen Motto der globalisierungskritischen Bewegung: Eine andere Welt ist möglich! Aber wir wussten: Die nötigen, tiefgreifenden Veränderungen müssen gegen harte Widerstände erkämpft werden. Um in diesen Auseinandersetzungen bestehen zu können, braucht es unabhängige Institutionen, die mit langem Atem Proteste unterstützen. Die Bewegungsstiftung hat von der Innovationskraft der globalisierungskritischen Bewegung auch anderweitig profitiert. Die seit 2001 stattfindenden Weltsozialforen sind von der Überzeugung getragen, dass der Kampf um soziale und ökologische Gerechtigkeit mit dem Aufbau von Alternativen verbunden werden muss. Die Entsprechung bei der Bewegungsstiftung findet sich in der Idee der doppelten Dividende: Aus den Erträgen des Stiftungskapitals werden soziale Bewegungen gefördert, durch die soziale und ökologische Vermögensanlage gleichzeitig der Aufbau von gesellschaftlichen Alternativen. Was hat die Bewegungsstiftung seit ihrer Gründung erreicht? Legt man als Maßstab nicht die ungelösten globalen Herausforderungen an, sondern ihre trotz des erfreulichen Wachstums begrenzten finanziellen Mittel, ist für mich die Antwort klar: Wir haben mit der Bewegungsstiftung bereits viel mehr erreicht, als ich für möglich gehalten hätte. Dutzende Kampagnen zu allen erdenklichen Themen wären ohne die Zuschüsse der Bewegungsstiftung nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Ohne die Anschubfinanzierung durch die Stifterinnen und Stifter würde es mit .ausgestrahlt, Campact und LobbyControl drei dynamische Bewegungsorganisationen nicht oder nicht in der heutigen Größe geben. Nicht in Geld aufwiegen lässt sich der Wert des Netzwerkes von Initiativen und Kampagnen, das sich um die Bewegungsstiftung herum gebildet hat. Vom die Grenzen der diversen Bewegungen überbrückenden Erfahrungsaustausch haben alle profitiert.
Und zusammen mit filia und der medico international stiftung haben wir das Netzwerk Wandelstiften initiiert, ein Zusammenschluss von 20 Stiftungen für einen gesellschaftlichen Fortschritt. Unsere ethischnachhaltigen Geldanlagen nach strengen Kriterien und die hohe Transparenz in der Berichterstattung sind vielen Stiftungen Vorbild.
Zukünftige Herausforderungen Diese Erfolge sollten uns allerdings nicht blind dafür machen, dass die Bewegungsstiftung vor großen Herausforderungen steht. Im Zug der Finanzkrise sind zwar die Dogmen des Neoliberalismus erneut demontiert worden. Aber bislang schaffen es soziale Bewegungen nicht, Antworten zu formulieren und gar in die öffentliche Debatte zu bringen, die plausibel machen, wie es uns gelingen könnte, dem Kapitalismus die längst überfälligen sozialen und ökologischen Fesseln anzulegen. Stattdessen belasten die zur Überwindung von Banken-, Finanzund Währungskrise gewählten Strategien die Staatshaushalte so sehr, dass weitere Kürzungen bei Sozialleistungen und Umweltschutz drohen. Selbst die besonders überfällige strikte Reregulierung der globalen Finanzmärkte macht kaum Fortschritte. Dass soziale Bewegungen so machtvoll werden können, dass sie Politik auch gegen massive Widerstände verändern können, hat in Deutschland erst jüngst die Anti-AKW-Bewegung bewiesen. Kraftvolle Bewegungen wie in Spanien oder Israel, die versuchen, die Krise für die Durchsetzung der Reformen zu nutzen, gibt es leider nur in wenigen europäischen Ländern; gerade in Deutschland sucht man sie bislang vergebens. Es ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit. Damit die Bewegungsstiftung dann die entstehenden Bewegungen unterstützen kann, braucht sie deutlich mehr finanzielle Ressourcen als bisher und mittelfristig eine Debatte, ob sie ihre Fördertätigkeit auf europäische, gar weltweite Kampagnen ausweiten muss. Es liegt an uns gemeinsam, die Geschichte der Bewegungsstiftung weiterzuschreiben.
Felix Kolb Gründungsstifter und Mitglied im Stiftungsrat
Felix Kolb ist heute Geschäftsführer von Campact e.V.
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Wenn man neu dazustößt … Eindrücke einer Stiftungsrätin In 10 Jahren ist der Kreis der Stiftungsaktiven immer größer geworden. Wie ist es eigentlich, neu dazuzustoßen? Wir haben Stiftungsrätin Ulrike Baureithel gebeten, die Momente zu beschreiben, die so häufig mit einer harmlosen Frage beginnen: Willst du nicht mitmachen?
Aktive und StifterInnen im Gespräch über die Arbeit und Fördermöglichkeiten der Stiftung. Foto: Kai Horstmann
Als mich Anfang 2009 Gisela Notz anrief und mich fragte, ob ich mir vorstellen könnte, Stiftungsrätin der Bewegungsstiftung zu werden, kannte ich nicht viel mehr als den Namen der Stiftung und dass sie sich um gesellschaftlichen Wandel bemüht. Ich war jedenfalls ziemlich überrascht. Mit Stiftungen hatte ich mein Lebtag noch nichts zu tun gehabt und „Rätin“, das klang in meinen Ohren so vornehm. Viele Projekte waren mir natürlich schon damals ein Begriff: .ausgestrahlt, LobbyControl, der Datenschutzverein FoeBuD und viele andere von der Stiftung geförderte Initiativen und Kampagnen. Dass sie überhaupt mit der Stiftung zusammenhingen und manchmal sogar deren „Baby“ waren, war mir, als ich im Frühjahr dann als Nachfolgerin von Eckhard Spoo ins kalte Wasser sprang, nicht in jedem Fall klar. Als von außen kommende Rätin hat man zunächst reichlich damit zu tun, sich einen Überblick über die ziemlich komplizierten und teilweise etwas überregulierten Strukturen zu verschaffen: Welche Rolle spielt der Beirat der StifterInnen?
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10 Jahre Bewegungsstiftung
Womit befasst sich der Anlageausschuss? Wie weit gehen die Kompetenzen des erweiterten Vorstands? Wie arbeitet die AG Antragsbewertung, die die eingehenden Anträge vorab prüft, um uns RätInnen zu entlasten? Und was bedeutet es eigentlich, „BewegungsarbeiterIn“ zu sein? So wühlte ich mich langsam durch das Netzwerk der Stiftung und war von Anfang an in die Entscheidungsprozesse einbezogen. Es dauerte allerdings lange, bis ich Gesichter zuordnen konnte – was auch dadurch erschwert wurde, dass die Ämter häufig wechseln, denn es ist erklärtes Ziel, möglichst viele StifterInnen und interessierte Aktive aus den Projekten in die Arbeit der Stiftung einzubeziehen. Zudem hatte ich das Pech, erst nach der Strategiewerkstatt im März, dem alljährlichen großen Treffen aller an der Stiftung Beteiligten, einzusteigen. Jeder kannte jeden – nur ich kannte kaum jemanden. Eine Zeitlang hatte ich das Gefühl, auf einen Insiderzirkel gestoßen zu sein, in den schwer reinzukommen war.
Der Aufbau
Von Anfang an jedoch empfand ich die Atmosphäre – zuerst im Stiftungsrat, später auch in den anderen Gremien, die ich besuchte – als ausgesprochen angenehm. Bei allem Dissens in der Sache – und auch den gibt es – bemühen wir uns um ein konstruktives Miteinander. Als in den siebziger Jahren politisierte Linke ist das für mich nicht selbstverständlich, Intrigen und Profilierungsgehabe gehörten damals zur Tagesordnung; und auch in der Frauenbewegung ging es nicht immer so kuschelig zu wie der Mythos es will. In dieser Hinsicht wurde ich also positiv überrascht: Die Bewegungsstiftung ist eine Gemeinschaftsstiftung nicht nur in dem Sinne, dass StifterInnen und Projekte gleiche Rechte haben, sondern dass sie auch unabhängig von ihrer ökonomischen „Schwerkraft“ kommunizieren. Das gilt insbesondere für das Verhältnis zwischen Älteren und Jüngeren. Als Angehörige der „Sandwich“-Generation zwischen beiden stehend, empfinde ich die Stiftung in dieser Hinsicht geradezu als ein Modell für die Zukunft. Gleichgültig ob in den Gremien, auf der Strategiewerkstatt oder auf den Stiftungstagungen: Selten sehe ich ganz junge Leute so oft im regen Austausch mit Älteren.
Trotzdem holt uns mitunter das ein, was viele Projekte kennen, die strukturelle Diskrepanz zwischen Professionellen und Ehrenamtlichen. Manchmal dulden Dinge keinen Aufschub, es muss schnell entschieden werden. Beruflich mit anderem befasst, fällt es dann schwer, sich schnell in eine Materie hineinzudenken und eine Beschlusslage zu überblicken. Manchmal gibt es einen uneinholbaren Wissensvorsprung derjenigen, die schon seit Jahren dabei sind oder Vollzeit in ihr arbeiten. Und die Stiftung kostet Zeit, umso mehr Zeit, je mehr sie einem oder einer ans Herz wächst. Nach fast drei Jahren Ratstätigkeit habe ich allmählich das Gefühl, in der Stiftung angekommen zu sein. Es gelingt mir oft noch immer nicht, zu jedem der vielen Gesichter einen Namen zuzuordnen, aber ich habe jedes Gesicht schon einmal gesehen, und wenn wir uns irgendwo treffen, lächeln wir uns an. Es ist auch dieses starke Zugehörigkeitsgefühl, das die Stärke der Bewegungsstiftung ausmacht.
Ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl
Ulrike Baureithel
Bei so viel „kampfloser Übereinstimmung“ könnte man schon etwas misstrauisch werden: Denn wo es um Geld geht, das wissen wir alle, gibt es auch Konflikte. Und natürlich hat jeder von uns Vorlieben, das eine Projekt steht einem mitunter politisch näher als das andere. Wir versuchen, dieses Problem zu lösen, indem wir Transparenz schaffen: Nicht nur über unsere Finanzen, sondern auch über Entscheidungswege.
Mitglied im Stiftungsrat der Bewegungsstiftung
Ulrike Baureithel ist Journalistin, Mitbegründerin der Wochenzeitung „Freitag” und war selbst viele Jahre in der Anti-AKW-Bewegung und der Frauenbewegung aktiv. Heute befasst sie sich mit Entwicklungen in der Gen- und Reproduktionstechnologie und mit sozialer Ungleichheit.
In der Bewegungsstiftung kommen viele Menschen zusammen – so wie hier bei der Strategiewerkstatt 2011. Foto: Kai Horstmann
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Wie wir
fรถrdern, was wir fรถrdern
Protestbewegungen sind bunt, vielfältig und sehr unterschiedlich. Vielfältig sind auch unsere Fördermöglichkeiten – und sie gehen weit über das Bereitstellen von Geld hinaus. Ein Überblick über geförderte Projekte und unsere Art, es zu tun.
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Die Karawane verleiht Flüchtlingen eine Stimme und setzt sich mit Demos, Festivals und Veranstaltungen für ihre Rechte ein. Foto: Kai Horstmann
4 aus 80: Beispiele unserer Förderung Mehr als 80 Kampagnen und Organisationen hat die Bewegungsstiftung in 10 Jahren gefördert. Es sind Initiativen, die ökologische, soziale oder politische Probleme an der Wurzel packen wollen. Exemplarisch werden hier 4 aus 80 vorgestellt.
.ausgestrahlt Atomkraft? Nein danke! Die Mitmach-Kampagne .ausgestrahlt kämpft für einen endgültigen Ausstieg aus der Risikotechnologie und ermutigt möglichst viele Menschen, aktiv zu werden. So hat .ausgestrahlt seit 2008 im Bündnis mit anderen Organisationen viele Demonstrationen und Massenproteste organisiert: Allein 120.000 Menschen beteiligten sich im April 2010 an einer Menschenkette zwischen den Pannenreaktoren Krümmel und Brunsbüttel. 150.000 demonstrierten wenige Monate später in Berlin gegen die AKWLaufzeitverlängerungen. Und 250.000 Menschen kamen im März 2011 zu Großdemos in vier Städten zusammen. Der massenhafte Protest, den .ausgestrahlt im Bündnis mit anderen nach der FukushimaKatastrophe mobilisierte, hat maßgeblich dazu beigetragen, die Bundesregierung von ihrem Atomkurs
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10 Jahre Bewegungsstiftung
abzubringen. Ohne den politischen Druck von der Straße hätte es keinen Ausstiegsbeschluss gegeben. Nun kämpft .ausgestrahlt dafür, dass auch die restlichen AKWs sofort abgeschaltet und Gorleben als Endlagerstandort aufgegeben wird. Die Bewegungsstiftung hat .ausgestrahlt seit 2009 mit 13.000 Euro unterstützt und 2011 eine Ausfallbürgschaft für die Großdemonstrationen übernommen.
Kampagne für saubere Kleidung T-Shirts für 2 Euro, Hosen für 3,50 – so billig sind Kleidungsstücke bei den Discountern Lidl, Kik und Aldi. Für die NäherInnen in den Herstellerländern ist der Preis dagegen hoch. Sie arbeiten unter menschenunwürdigen Bedingungen für einen Hungerlohn. Die Discounter-Kampagne der „Kampagne für saubere Kleidung” kämpft gegen diese Niedrigpreispolitik der Discounter. Sie lädt Näher-
Die Förderung
Innen aus Bangladesch nach Deutschland ein, wo sie in verschiedenen Städten von ihren miserablen Arbeitsbedingungen berichten. Sie veranstaltet Protestaktionen vor dem Bundeskanzleramt und informiert die Öffentlichkeit mit Filmspots, Straßentheater und Postkartenaktionen über die Missstände. Die Forderung der Kampagne lautet: Die Bundesregierung soll Unternehmen gesetzlich verpflichten, Sozialstandards in der Lieferkette einzuhalten. Die Bewegungsstiftung unterstützt die Discounterkampagne mit einer Basisförderung von 45.000 Euro.
Lobbyntrol Stellen Sie sich vor, dass Lobbyisten in Ministerien an Gesetzen mitschreiben, die ihre Unternehmen regulieren sollen. Stellen Sie sich vor, dass Firmen vermeintliche Bürgerinitiativen ins Leben rufen, um die Öffentlichkeit zu manipulieren. Stellen Sie sich vor, dass Mitarbeiter von PR-Agenturen massenhaft »private« Leserbriefe an Zeitungen schreiben, um Stimmung für ein Unternehmen zu machen. Unvorstellbar? Leider nicht. All diese Skandale hat LobbyControl aufgedeckt. Die Initiative für Transparenz und Demokratie schaut Lobbyisten auf die Finger. Sie klärt darüber auf, wie wirtschaftsnahe Kreise verdeckt Einfluss nehmen auf Politik und Öffentlichkeit. Und sie streitet dafür, dass sich diese Zustände ändern: gegen Lobbying hinter
den Kulissen – für eine lebendige und transparente Demokratie. Dazu veranstaltet LobbyControl auch lobbykritische Stadtführungen in Berlin und baut mit der Lobbypedia ein Online-Lexikon zum Thema Lobbyismus auf. Die Bewegungsstiftung unterstützt LobbyControl seit 2006 mit insgesamt 154.000 Euro.
Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen Ausgegrenzt, kontrolliert und in ständiger Angst, das Land verlassen zu müssen – kaum eine Bevölkerungsgruppe in Deutschland ist so starken Repressionen ausgesetzt wie Flüchtlinge. Das sind schlechte Voraussetzungen, um sich zu organisieren und für die eigenen Rechte einzutreten. Die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen hat es trotzdem geschafft. Das bundesweite Netzwerk, in dem sich Flüchtlinge, MigrantInnen und AntirassistInnen zusammengeschlossen haben, macht Diskriminierungen öffentlich und kämpft gegen die Abschiebung von Flüchtlingen. Um mehr Menschen zu erreichen, geht die Karawane regelmäßig auf die Reise. Bei ihrer Tour quer durch Deutschland trägt sie das Thema in die Öffentlichkeit und verleiht Flüchtlingen und MigrantInnen eine Stimme. Die Bewegungsstiftung unterstützt die Karawane seit 2002 mit bisher 23.000 Euro.
.ausgestrahlt organisiert Proteste gegen Atomkraft – wie hier 2010 eine Menschenkette quer durch Hamburg.
Die Kampagne für saubere Kleidung setzt sich für bessere Arbeitsbedingungen von TextilarbeiterInnen in Asien ein.
Foto: Josh Feitelson/PubliXviewing
Foto: Kampagne für saubere Kleidung
Für mehr Transparenz: LobbyControl schaut Lobbyisten auf die Finger und deckt unsaubere Methoden auf. Foto: LobbyControl
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Erfahrungen austauschen, voneinander lernen: Das ist der Förderansatz der Bewegungsstiftung. So wie auch bei der Bewegungstagung 2011. Foto: Kai Löffelbein
Beraten, begleiten, vernetzen – unsere „guten Dienste“ Beraten, begleiten, vernetzen: Diese „guten Dienste“ sind in der Bewegungsstiftung längst ein selbstverständlicher Teil der Projektförderung geworden. Dahinter steht die Erfahrung: Vom Wissensaustausch profitieren alle.
„Euer Input zur Planung hat sehr geholfen, uns darüber klar zu werden, was wir von der Kampagne erwarten und welche Schritte wir planen. Auch der Austausch mit anderen Förderprojekten war super. Die Kontakte halfen uns bei unserer OnlineUnterschriftenaktion und wir bekamen von anderen Ideen für Straßenaktionen. Das sind super Synergieeffekte in so einer Stiftung. Vielen Dank!” Wenn wir Rückmeldungen wie diese von einer Kampagne erhalten, ist unser Fördergedanke aufgegangen. Beraten, begleiten, vernetzen: Solch „gute Dienste” sind für uns inzwischen selbstverständlicher Teil jeder Förderung. Als 2004 die professionelle Begleitung von Projekten eingeführt wurde, war dies das Ergebnis sorgfältiger Abwägungen. Frauke Banse, damals für ein Jahr bei der Bewegungsstiftung beschäftigt, hatte ein Gut-
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10 Jahre Bewegungsstiftung
achten erstellt, in dem sie die Erfahrungen anderer Stiftungen zusammentrug und bewertete. „Es gab zwei wichtige Ergebnisse”, erinnert sie sich. „Erstens: Die Vermittlung von Wissen und Kompetenzen oder Capacity Building, wie es in den USA genannt wird, ist ein ausgezeichneter Hebel, um mit relativ wenig Geld so zu fördern, dass eine Wirkung erzielt wird. Zweitens: Bei der Verbindung von Geldzuschüssen und Beratung soll unbedingt vermieden werden, dass diejenigen, die die Projekte begleiten, auch über die Förderung entscheiden.” Auf Empfehlung der Strategiewerkstatt richtete dann der Stiftungsrat eine hauptamtliche Stelle ein, um die Beratung anzugehen. Fünf Jahre lang machte das Jochen Stay (2005-2010), inzwischen sind Annett Gnass und Jens Meier auf je einer halben Stelle in der Projektbegleitung tätig. Diese findet vor allem im persönlichen Gespräch statt, das zum Beginn und Ende einer Förderung geführt wird.
Die Förderung
„Ganz wichtig für die gute Zusammenarbeit ist unsere Grundhaltung, dass Stiftung und Projekte voneinander lernen können”, beschreibt Annett Gnass ihre Arbeit. „Wir ProjektbegleiterInnen sagen nicht, was richtig oder falsch ist, sondern geben unterstützende Hinweise. Und wir lernen selbst bei jeder Beratung dazu.” Es ist unser Anspruch, dass die Gespräche auf einer vertrauensvollen und wertschätzenden Basis stattfinden. Viele Aktive aus den Projekten sind immer wieder erstaunt, dass die Stiftung nicht als bürokratisch-kontrollierende Geldgeberin auftritt.
Stolpersteine benennen – und ausräumen Wer Kampagnen plant und Menschen zum Protest bewegen will, muss Entscheidungen treffen und auch Experimente wagen. Wir wissen, dass man dabei Fehler machen kann, Fehler, aus denen das Projekt selbst und andere lernen können, wenn sie offen benannt werden. „Ein typischer Stolperstein”, so Annett Gnass, „ist zum Beispiel, alles selber machen zu wollen, anstatt neue Aktive für diese Aufgaben zu gewinnen. Der Blick von außen hilft sehr, solche Stolpersteine zu identifizieren.” Eine Reihe dieser Stolpersteine hat die Arbeitsgruppe Evaluation – bestehend aus drei StifterInnen, drei Aktiven aus Förderprojekten und den ProjektbegleiterInnen – gesammelt. Die AG trägt zudem Beispiele für erfolgreiche Kampagnenarbeit zusammen und macht dieses Wissen nachfolgenden Projekten zugänglich. Dies hilft uns zu erkennen, wie Protestbewegungen gesellschaftliche Veränderungen erreichen und wie wir als Stiftung besonders gut fördern können. Dazu zählt auch die kritische Rückmeldung aus den Projekten. Wie beispielsweise diese: „Manchmal fanden wir uns von der Vorstellung überfordert, eine 'gute' Kampagne sei daran zu bemessen, dass sie die Massen mobilisiert oder dass sie konkrete Ziele auf der Ebene formaler politischer Entscheidungen erreicht”, schrieb uns ein Projekt und empfahl: „Rücksprache hätte da vielleicht auch den Druck von uns nehmen können.” Für uns sind das wichtige Hinweise – und eine gute Erinnerung, dass es auch schon ein Erfolg sein kann, einen gesellschaftlichen Missstand erstmals ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Für die Beratung und Begleitung haben wir folgende Instrumente entwickelt: Die Fachtage: Identifizieren die ProjektbegleiterInnen in verschiedenen Kampagnen das gleiche Problem,
so bieten sie einen eintägigen Erfahrungsaustausch an, zu dem auch erfahrene AktivistInnen eingeladen werden. In wenigen Stunden wird auf diese Weise viel Wissen weitergegeben. Das Fachseminar: Einmal im Jahr lädt die Stiftung alle geförderten Projekte zu einem Erfahrungsaustausch ein. In kollegialer Beratung helfen sich Aktive und geladene ExpertInnen vermitteln ihr Wissen. Die Bewegungstagung: Im Juni 2011 kamen erstmals 150 Aktive aus verschiedenen Protestbewegungen zusammen, um Erfahrungen auszutauschen. Thema der Tagung war das Scheitern und Gelingen von Bewegungen. Die Tagung hat Debatten angestoßen, Menschen mit unterschiedlichen politischen Strategien zusammengebracht und sie angeregt, die eigene Arbeit aus der kritischen Distanz zu betrachten. Zukünftig wollen wir regelmäßig Bewegungstagungen anbieten. Erfahrungen austauschen, voneinander lernen: Das ist der Förderansatz, den wir verfolgen – und der auch von einer Studie der Stanford-Universität bestätigt wurde. Sie hat zwölf besonders einflussreiche NGOs in den USA unter die Lupe genommen und nach Gründen für ihren Erfolg gesucht. Das Ergebnis: Alle zeichnen sich dadurch aus, dass sie Wissen und Ressourcen nicht für sich horten, sondern mit anderen teilen – aus der Erkenntnis heraus, dass sich zusammen mehr erreichen lässt als allein.
Annett Gnass Projektbegleitung und -beratung
Annett Gnass ist seit Anfang 2010 bei der Bewegungsstiftung und daneben u.a. auch als Mediatorin und Kampagnenkoordinatorin tätig.
Jens Meier Projektbegleitung und -beratung
Jens Meier kam im Januar 2011 zur Stiftung. Er ist Diplom-Sozialpädagoge und u.a. auch als Trainer für gewaltfreies Handeln tätig.
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Unsere Förderinstrumente Die Bewegungsstiftung hat mehrere Förderinstrumente entwickelt: von der längerfristig angelegten Basisförderung bis hin zur Ausfallbürgschaft, die greift, wenn Protestbewegungen schnell agieren müssen. Wie im Fall der Anti-AKW-Proteste nach Fukushima.
Hunderttausende demonstrierten im Mai 2011 in Berlin für einen schnellen Atomausstieg. Die Bewegungsstiftung hat Großdemonstrationen mit einer Ausfallbürgschaft finanziell abgesichert. Foto: Christian Mang
März 2011, es ist ein Bild, das bleibt: Eine Wasserstoffexplosion pulverisiert die äußere Hülle von Reaktor 3 in Fukushima. In Deutschland ist die Anti-AKW-Bewegung zu diesem Zeitpunkt damit beschäftigt, ein Comeback der Atomenergie zu verhindern. Hunderttausende hatten in den zurückliegenden Monaten gegen die Laufzeitverlängerung protestiert – scheinbar, ohne dass dies Auswirkungen auf den Atomkurs der schwarzgelben Koalition hat. Aber die Proteste haben die Bewegung gestärkt, Bündnisse sind geschmiedet und sofort handlungsfähig. Nach der FukushimaKatastrophe gilt es, die allgemeine Bestürzung und Ablehnung in Druck auf die Bundesregierung zu verwandeln. Es braucht große Demonstrationen, sofort. Klar ist auch: Das sind Vorhaben, die Geld kosten. Demos in vier Großstädten, einige Wochen später in zwanzig. Das Geld würde vermutlich durch Spenden wieder zusammenkommen, aber
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jemand muss das Risiko jetzt übernehmen. Es muss geteilt werden. Die Bewegungsstiftung übernimmt eine Ausfallbürgschaft in Höhe von 150.000 Euro. Ein Betrag, der mehr als die Hälfte unserer Jahresfördersumme ausmachen würde. Der Stiftungsrat bittet daher Stifterinnen und Stifter, sich an der Bürgschaft zu beteiligen. Innerhalb weniger Tage sind die Zusagen gemacht. Die Bürgschaft steht. 250.000 Menschen beteiligen sich an der ersten Demo, 160.000 an der zweiten. Am 30. Juni 2011 beschließt der Bundestag, acht Atomkraftwerke sofort abzuschalten und bis 2022 aus der Atomkraft auszusteigen. Auch wenn dieser Ausstiegsbeschluss weit hinter den Forderungen der Anti-AKW-Bewegung zurückbleibt – das Beispiel zeigt: Mit unseren Förderinstrumenten Ausfallbürgschaft und Eilantrag können wir auf plötzlich eintretende Ereignisse, die
Die Förderung
die Chance zur politischen Veränderung eröffnen, reagieren. Sehr, sehr selten gelingt dies wie im Falle der Laufzeitverlängerungen so schnell und so erfolgreich. Viel häufiger braucht der Wandel den langen Atem von Protestbewegungen. Auch dafür haben wir die passenden Instrumente entwickelt. Viele in der Stiftung Aktive kommen aus sozialen Bewegungen. Wir wissen also auch aus der Empfängerperspektive, wie eine optimale Förderung aussieht: langfristig und verbindlich, in der Höhe angemessen und mit möglichst wenig bürokratischem Aufwand verbunden. Dabei soll die Stiftung keine Vorgaben machen, zu welchen Themen die Organisation arbeitet. Unsere Förderung soll viel davon gewährleisten; allein bei der Frage, wie die Organisation arbeitet, wollen wir mitreden.
Die Basisförderung Das Förderinstrument, das unsere Ansprüche am besten abbildet, heißt Basisförderung: Es geht um eine solide und langfristige Basis, auf der die Organisationen politisch effektiv arbeiten können. Es geht darum, mittelfristig politische oder organisatorische Ziele zu erreichen. Es geht um eine verbindliche Partnerschaft von Stiftung und Projekt. Nach einer Vorauswahl durch den Stiftungsrat treffen sich Antragsteller und Stiftung zu einem Gespräch. Gemeinsam wird erarbeitet, welche Ziele gefördert werden sollen und wie diese Ziele erreicht werden können. Die Pläne dafür reichen oft über drei Jahre und können auch verlängert werden. Die erste und bisher längste Basisförderung dauert seit 2005 an
und hat einen Umfang von insgesamt 154.000 Euro. Gefördert wird der Aufbau von LobbyControl, einer Organisation, die Lobbyisten auf die Finger schaut und sich für eine transparente Demokratie einsetzt. Eine Basisförderung kann sich aber auch auf eine konkrete Kampagne beziehen, wie beispielsweise unsere Förderung für die Discounter-Kampagne der Clean Clothes Campaign. Sie setzt sich für die Rechte von NäherInnen ein, die unter miserablen Bedingungen für Aldi, Lidl und Kik Kleidung produzieren. Mit Fördermitteln von rund 250.000 Euro im Jahr, über die die Bewegungsstiftung bisher verfügt, sind lediglich zwei oder drei Basisförderungen im Jahr möglich. Eine Basisförderung, die auch mal 40 oder 50 Prozent eines Förderhaushaltes ausmachen kann, lässt sich deshalb nur verantworten, wenn wir mit der Organisation bereits gute Erfahrungen gemacht und vertrauensvoll zusammengearbeitet haben. Den meisten Basisförderungen geht daher eine Kampagnenförderung voraus.
Die Kampagnenförderung Unter einer Kampagnen verstehen wir mehr als eine einzelne Demonstration oder eine Pressekonferenz. Einer Kampagne liegt eine Analyse der politischen Situation zu Grunde. Sie hat klar definierte Ziele und die gewählten Maßnahmen sind auch geeignet, diese Ziele zu erreichen. Die Aktivitäten können sich über Monate oder mehrere Jahre hinziehen. Nach unserer Erfahrung sind Kampagnen umso erfolgreicher, je mehr Gedanken sich die Organisatoren vorab über Ziele, die dazu passenden Aktionen und die politische Strategie gemacht haben. Deshalb
Zahlen zur Förderung in Euro 300.000 Zuschüsse Kampagnen
Zuschüsse Basisförderung
250.000 Begleitung und Beratung
Gesamt
200.000 150.000 100.000 50.000 0.0 2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
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fragen wir Antragsteller nach ihrer Strategie. Nicht immer sind die Gruppen erfahren genug, um bereits im Antrag eine endgültig ausgefeilte Strategie zu formulieren. Das ist kein Ausschlusskriterium. Wenn uns ein Antrag schlüssig und erfolgversprechend erscheint, bieten wir Kampagnen auch im Verlauf der Kampagne strategische Beratung an. Wir wollen das uns zur Verfügung gestellte Geld gezielt einsetzen. Es ist uns wichtiger, wenige Gruppen mit größeren Summen zu unterstützen, als ganz vielen einen gleichen, aber kleinen Teil aus unserem Fördertopf zukommen zu lassen. Das erfordert ein mehrstufiges Auswahlverfahren, an dessen Ende aus vierzig Anträgen höchstens drei bis sechs Projekte ausgewählt werden können.
seins” keine Chance auf öffentliche Förderung haben. Wir fördern bevorzugt Projekte, bei denen unser Beitrag so groß ist, dass er den Unterschied ausmacht und wir so den Startschuss für eine gute Kampagne geben. Die Zuschüsse können vom Förderprojekt dann so verwendet werden, wie es ihm am sinnvollsten erscheint. Das Geld kann z. B. den allgemeinen Betrieb der Organisation absichern, freie Kapazitäten für Aktionen schaffen oder in Teilen als Reserve dienen. Diese Flexibilität erlaubt es Bewegungen, schnell auf aktuelle Themen und Ereignisse zu reagieren, ohne monatelang auf Projektzuschüsse warten zu müssen. Dass eine unmittelbare Reaktion manchmal nötig und umso wirkungsvoller ist, zeigt auch der Erfolg der Anti-AKW-Bewegung.
Ein wichtiges Kriterium für die Auswahl ist, dass Protestkampagnen aufgrund ihres „Unbequem-
Eines unserer Basisförderprojekte: LobbyControl engagiert sich für Transparenz in der Politik und hat aufgedeckt, dass LobbyistInnen in Ministerien an Gesetzentwürfen mitschreiben. Foto: LobbyControl
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Die Förderung
Den Kampf um politischen Wandel nicht aus den Augen zu verlieren, mahnt Bewegungsforscher Dieter Rucht im Interview. Foto: Kai Horstmann
„Es gibt noch eine Menge Erwartungen einzulösen” Wie sind 10 Jahre Bewegungsstiftung im Kontext sozialer Protestbewegungen zu sehen? Was hat sie bewirkt, was steht noch aus? Ein Interview mit dem Protest- und Bewegungsforscher Dieter Rucht.
Dieter Rucht ist Deutschlands führender Protestund Bewegungsforscher. Bis zu seiner Emeritierung 2011 war er Co-Leiter der Forschungsgruppe „Zivilgesellschaft, Citizenship und politische Mobilisierung in Europa“ am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Von 2002 bis 2010 war er berufenes Mitglied des Stiftungsrates und kennt die Bewegungsstiftung auch als Stifter.
Die Gründer der Bewegungsstiftung wollten vor allem eines: zu politischem Wandel anstiften. Wenn Sie zehn Jahre später zurückblicken: Ist ein Wandel eingetreten? Dieter Rucht: Wenn wir auf das große Ganze schauen: Ja! Das Modell des Neoliberalismus, das damals
kaum angefochten wurde, ist in die Defensive geraten. Der Glaube, dass sich, wenn man den Kräften des Marktes freien Lauf lässt, allgemeiner Wohlstand einschließlich einer Verbesserung der Lage der Armen einstellen würde, hat sich als grandioser Irrtum erwiesen.
Das der Bewegungsstiftung zuzuschreiben wäre wohl vermessen … Sicherlich. Die globalisierungskritische Bewegung, die nicht ohne Einfluss auf die Bewegungsstiftung war, hatte aber durchaus ihren Anteil. Dass sie den Neoliberalismus lange vor der Finanzkrise in Zweifel zog, hat ihre Legitimität erhöht.
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Lässt sich auch der – vergleichsweise kleinen – Bewegungsstiftung ein nachhaltiges Wirken zumessen? Punktuell durchaus. So hat sie deutlich zur Revitalisierung der Anti-Atom-Bewegung beigetragen – durch Projektförderungen, aber auch durch die Förderung von Menschen wie Jochen Stay, einem ehemaligen Bewegungsarbeiter und Projektberater, der früher lediglich Insidern bekannt war. Auch dass das Thema Lobbyismus so stark diskutiert wird, ist nicht zuletzt der Organisation LobbyControl zu verdanken. Ihr hat die Bewegungsstiftung mit ihrer längerfristigen Basisförderung ganz wesentlich geholfen.
Richtig ist aber auch: Noch nie wurden so viele Stiftungen gegründet wie in den letzten zehn Jahren. Was unterscheidet die Bewegungsstiftung von all den anderen? Meines Wissens ist sie die einzige, die ein politisches Profil dezidiert mit der Unterstützung von Protest verknüpft. Auch das Modell des Bewegungsarbeiters ist ein Alleinstellungsmerkmal. Dass Menschen außerhalb des Staates und der Parteien für politische Arbeit bezahlt werden, schafft ihnen nicht nur in finanzieller Hinsicht einen Freiraum. Der damit verbundene Status bedeutet auch eine externe institutionelle Anerkennung. Und es trägt zu einer Professionalisierung politischer Arbeit bei.
Täuscht der Eindruck, dass die Szene insgesamt viel professioneller arbeitet als im vergangenen Jahrtausend? Große Player wie Greenpeace oder amnesty international machen seit Jahrzehnten vor, wie man auf hohem Niveau arbeitet. Der Bewegungsstiftung glückt es aber, auch kleinere Gruppen zu professionalisieren. Zum Teil liegt das schon an der Förderpraxis: Einen Antrag zu schreiben, sich klare Ziele zu setzen, einen Finanzierungsplan aufzustellen, hilft sehr. Dazu kommt die Betreuung durch die Projektbegleiter der Bewegungsstiftung. Mein Eindruck ist übrigens, dass diese Instrumente über die Stiftung hinaus wirken: Weil man sie für sinnvoll hält, werden sie von anderen Gruppen und Einrichtungen übernommen.
Was auffällt ist, dass einige Projekte klar einen Nerv der Zeit treffen; jene gegen Atomkraft oder Genfood zum Beispiel.
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Andererseits sind große Bereiche wie der Kampf für soziale Gerechtigkeit unterrepräsentiert. Warum ist das Soziale in den sozialen Bewegungen so wenig Thema? Die Diskrepanz zwischen den wenigen Themen, die Menschenmassen auf die Straße ziehen und den vielen, die das nicht tun, ist in der Tat immens ...
Und woran liegt das? Einerseits gilt, dass die Entrechteten oder Marginalisierten auch historisch selten Aufstände durchgeführt oder gar angeführt haben. Es protestieren meist die besser Gebildeten; man könnte auch sagen: diejenigen, die noch etwas zu verlieren haben. Dass Unterprivilegierte grundsätzlich nicht mobil machen, stimmt allerdings nicht.
Läge die Idee der Umverteilung, wo sich wohlhabende Menschen für sozialen Wandel zusammenschließen, nicht nahe? Abstrakt gesehen ja; es gibt wohl kaum Stifterinnen und Stifter, die nicht für die Armen und Schwachen Sympathien hegen. Allerdings ist den allermeisten die Lebenswelt in Berlin-Marzahn oder DuisburgMarxloh doch sehr fremd. Zugleich ist denen, die dort wohnen, das Antragsverfahren, das die Stiftung fordert, reichlich fremd. Es hapert auf beiden Seiten.
In der Öffentlichkeit wird die Bewegungsstiftung vor allem als Zusammenschluss linker Erben aus reichen Elternhäusern wahrgenommen. Steht auch das dem Dialog im Weg? Vielleicht. Mit Blick auf die mediale Resonanz sind Porträts von Menschen, die von ihrem Reichtum abgeben wollen, natürlich sehr attraktiv; ihre Geschichten verkaufen sich gut. Langfristig könnte ein Image der Stiftung als Verein von linkslastigen Wohltätern allerdings kontraproduktiv sein. Mehr noch: Ich halte es für eine strategische Lücke, dass die Bewegungsstiftung sich kaum in die Breite entwickelt.
Nun muss man nicht richtig reich sein: Auch mit 5.000 Euro, die auch zeitlich gestaffelt werden können, wird man Stifterin oder Stifter. Das ist immer noch eine hohe Hürde. Warum öffnet sich die Stiftung nicht für Kleinstifter? Schon
Die Förderung
der legitimatorische Effekt könnte der Stiftung gut tun.
Dann gäbe es aber nicht mehr rund 130, sondern weit mehr Entscheider. Würde das nicht auch atmosphärisch etwas ändern? Die Zahl derer, die sich aktiv einbringen, bliebe vermutlich übersichtlich. Es stimmt aber, dass der relativ kleine Kreis der Stifterinnen und Stifter bisher in einer ziemlich einzigartigen Grundstimmung arbeitet. Die Bereitschaft zuzuhören, das wechselseitige Vertrauen, die Kompromissfähigkeit – all das ist enorm ausgeprägt und verdient großen Respekt. Es könnte sein, dass dieses atmosphärische Moment in Gefahr geriete, wenn die Stiftung sich breiter aufstellen würde. Aber: Es würde auch verhindern, dass die Stiftung zu sehr zum Wohlfühlzirkel wird.
Was meinen Sie damit? Ich sehe es als eine zentrale Herausforderung, darauf zu achten, dass das durchaus erstrebenswerte Wohlfühlen nicht unter der Hand zum zentralen Anliegen wird. Wir dürfen die Grundidee der Stiftung nicht aus den Augen verlieren, und die lautet: politischer Wandel. Und der hat immer etwas
mit Kampf zu tun. Dazu gehört auch, sich auf allen Ebenen immer wieder auseinanderzusetzen, auch die Grenzen des politischen Kampfes immer wieder auszuloten. Wenn man einen Großteil seiner Energie und Investitionen in Dinge steckt, die primär ein subjektives Wohlfbefinden vermitteln, kommt der Kampf – und damit der politische Wandel – zu kurz.
Von der Vergangenheit in die Zukunft: Glauben Sie, dass in zehn Jahren andere Themen im Fokus stehen werden? Nein, dagegen spricht schon ein Blick in die Vergangenheit: Auch die Themen der vergangenen 100 bis 150 Jahre sind im Kern dieselben geblieben. Einzelne Ziele lassen sich natürlich abhaken; beispielsweise muss sich hierzulande niemand mehr dafür einsetzen, dass Frauen wählen dürfen. Die generelle Gleichberechtigung von Frauen hingegen ist nach wie vor auf der Agenda. Und wenn Sie die großen Felder betrachten – die politische Beteiligung von BürgerInnen, die Inklusion von Fremden, die Achtung der Menschenrechte – stellen Sie fest: Es hat Schritte nach vorn, aber auch Rückschritte gegeben. Und es gibt noch eine Menge an Erwartungen einzulösen.
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Stiftung bridge – Bürgerrechte in der digitalen Gesellschaft Unter dem Dach der Bewegungsstiftung wurde 2003 die Stiftung bridge gegründet. Sie unterstützt soziale Bewegungen in der digitalen Welt. Ein Kurzporträt.
Die neue Bürgerrechtsbewegung lebt – tausende kommen jedes Jahr nach Berlin, um gegen Datenklau und Überwachung zu protestieren. Foto: AK Vorrat
Massenproteste gegen Zensur im Netz, Skandale um Datenpannen in Unternehmen und auch der Wahlerfolg der Piratenpartei zeigen: Das Bewusstsein für Datenschutz und Bürgerrechte wächst. Das ist nicht zuletzt ein Erfolg der Organisationen und Kampagnen, die seit Jahren auf die Missstände hinweisen und Proteste mobilisieren. Unterstützt werden sie dabei von der „Stiftung bridge – Bürgerrechte in der digitalen Gesellschaft”, die im Mai 2003 als Treuhandstiftung unter dem Dach der Bewegungsstiftung gegründet wurde. Die Stiftung bridge fördert Kampagnen, die sich für Rechte wie Meinungsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung sowie für einen fairen Zugang zu Wissen einsetzen. Sieben StifterInnen haben die Stiftung bridge bisher mit einem Stiftungskapital von über 700.000 Euro ausgestattet. Sie alle eint der Wunsch, Bürgerrechte in der digitalen Gesellschaft zu stärken. Denn moderne Informationstechnologien sind in unserem Alltag allgegenwärtig: interaktive
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Geodaten-Dienstleistungen, elektronische Bezahlung mit EC-Karte, RFID-Chips als Preisetikett auf vielen Waren, Kommunikation per E-Mail und Handy. All dies basiert auf der Verarbeitung digitaler Daten. Neben den großen Chancen, die diese technologische Revolution bietet, gibt es eine Reihe ernstzunehmender Gefahren.
Datenschutz versus Überwachung und Kategorisierung Digitale Kommunikation eröffnet Staat und Wirtschaft völlig neue Möglichkeiten der Auswertung, Überwachung und Zensur. Die Liste der staatlichen Überwachungsinstrumente ist lang: Rasterfahndung, Videoüberwachung, Online-Durchsuchung, Vorratsdatenspeicherung, biometrische Merkmale im Reisepass. Dazu kommen Datensammlungen von Unternehmen, die unter den Vorzeichen der Gewinnmaximierung möglichst viele Informationen über uns speichern.
Die Förderung
Die Risiken, die entstehen, wenn wir unsere informationelle Selbstbestimmung aufgeben, sind sehr hoch. Jede Information, die heute über uns gespeichert wird, kann in der Zukunft für Zwecke genutzt werden, von denen wir heute noch keine Ahnung haben. Deshalb unterstützt die Stiftung bridge Initiativen für die Wahrung und Ausweitung der informationellen Selbstbestimmung. Es muss weiterhin möglich sein, anonym zu kommunizieren und ohne Datenspuren einzukaufen, sich zu informieren und zu reisen.
Da die Kampagne trotz Massenprotesten die Vorratsdatenspeicherung zunächst nicht verhindern konnte, setzte sie ihren Widerstand mit dem Gang vor das Bundesverfassungsgericht fort. Mit Erfolg. Das Gericht kippte die Regelung im März 2010. Die Stiftung bridge hat den AK Vorrat in den letzten Jahren mit einer Kampagnenförderung in Höhe von 9.500 Euro unterstützt. www.vorratsdatenspeicherung.de
Basisförderung für den FoeBuD e.V. Geistige Monopolrechte versus Wissensallmende Via Internet sind Unmengen an Informationen schnell und günstig verfügbar – aktuelle Nachrichten ebenso wie freie Software, Filme oder wissenschaftliche Daten. Doch diese Möglichkeiten werden immer weiter eingeschränkt. Dabei ist der freie Zugang zu Wissen die Voraussetzung für den Fortschritt der Wissenschaft und die Entwicklung unserer Demokratie. Wirtschaftsunternehmen arbeiten kontinuierlich an der Ausweitung geistiger Monopolrechte und gewinnen so immer mehr Kontrolle über unser gemeinsames Wissenserbe, die Wissensallmende. Die Stiftung bridge fördert deswegen Kampagnen, die sich dafür stark machen, dass Wissen frei zugänglich und frei nutzbar ist.
Die Bielefelder Initiative FoeBuD e.V. setzt sich seit dem Jahr 1987 für Bürgerrechte und Datenschutz ein. „Wir wehren uns dagegen, dass unsere Demokratie 'verdatet und verkauft' wird”, fassen die Aktivisten ihre Mission zusammen. Der FoeBuD klärt auf durch Öffentlichkeitsarbeit, Veranstaltungen und charmante Aktionen. So richtet der FoeBuD jährlich die BigBrotherAwards („Oscars für Datenkraken”) in Deutschland aus. Mit seinem Fachwissen mischt sich der Verein – auch ungefragt und mit Demonstrationen – in politische Prozesse ein. Seit ihrer Gründung hat die Stiftung bridge den FoeBuD mit Zuschüssen von über 100.000 Euro gefördert. Seit 2006 unterstützt bridge den Aufbau des Vereins mit einer Basisförderung. www.foebud.de
Wen bridge unterstützt Seit ihrer Gründung im Jahr 2003 hat die Stiftung bridge 17 Zuschüsse in Höhe von rund 180.000 Euro bewilligt. Mit dem Geld wurde unter anderem eine Kampagne von Libertad unterstützt, die das Recht auf Online-Demonstrationen gerichtlich erstritten hat. Gefördert wurden aber auch Proteste gegen die Videoüberwachung in der Leipziger Innenstadt und eine Kampagne gegen die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte. Zwei weitere Förderprojekte stellen wir Ihnen hier genauer vor:
www.stiftung-bridge.de
Kampagne gegen Vorratsdatenspeicherung Über 30 Organisationen und zehntausende Einzelpersonen haben sich zum Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) zusammengeschlossen. Denn unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung wurde seit 2008 für sechs Monate systematisch protokolliert, wer mit wem wann und von wo per Telefon, SMS oder Internet kommuniziert hat.
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BUKO Biopiraterie Saatgutkampagne Robin Wood Basisförderung BUND Großdemo „Fukushima mahnt“ Klimapiraten Auf dem Strom der Zeit BUNDjugend NRW Klimacamp 2010 .ausgestrahlt Atomkraftwerke abschalten Bündnis Gegenströmung Ilisu-Staudamm, Türkei IKEMA Nein zu Block 9 urgewald Basisförderung Verdener Umweltwerkstatt Tschüss Vattenfall urgewald Kein AKW in Belene Robin Wood Vattenfall die rote Karte zeigen urgewald Bankenkampagne BUKO Kampagne gegen Biopiraterie BUND, attac, BUNDjugend GENug-WTO urgewald Kampagne gegen OCP-Pipeline in Ecuador
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Banken | Konzerne | Lobby Bürgerbegehren Klimaschutz Berliner Energietisch Solidarische Ökonomie e.V. Betriebe in Belegschaftshand Attac Krötenwanderung jetzt! Gemeingut in BürgerInnenhand Basisförderung Attac PPP-Irrwege Robin Wood Bahn für alle Lobby Control Basisförderung Libertad online protest is not a crime
Digitale Gesellschaft Netzneutralität geht alle an! Gen-ethisches Netzwerk Wider die DNA-Sammelwut Humanistische Union AK Vorratsdatenspeicherung Komitee für Grundrechte und Demokratie Kampagne gegen die elektronische Gesundheitskarte FoeBuD Basisförderung JungdemokratInnen/Junge Linke Safer Privacy Campact Online-Durchsuchungen Bioskop Informationelle Selbstbestimmung Leipziger Kamera 10 Jahre Videoüberwachung FFII Kampagne zur Verhinderung von Software-Patenten Attac Wissensallmende Online Demo gegen Software-Patente FoeBuD Stop RFID Attac Wissensallmende | share FairSharing, Kampagne zur Kulturflatrate
Demokratie
Stiftung bridge
Umwelt
Unsere Förderprojekte seit 2002
Mehr Demokratie Bündnis für mehr Demokratie in Schleswig-Holstein Mehr Demokratie Wahlrecht Hamburg Initiative Berliner Bankenskandal Volksbegehren Mehr Demokratie Bustour zur EU-Verfassung
Flucht und Migration Roma-Center alle bleiben! Bleiberecht für Roma Bayrischer Flüchtlingsrat Frontexplode Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen Basisförderung Bayrischer Flüchtlingsrat Jugendliche ohne Grenzen NoLager-Netzwerk Aktionstage Bramsche NoLager-Netzwerk No-Lager-Kampagne Flüchtlingsrat Berlin Aktion Hier geblieben!
DFG-VK Schulfrei für die Bundeswehr Küno Schule ohne Bundeswehr Kampagne Bundeswehr wegtreten IPPNW unsere Zukunft atomwaffenfrei DFG-VK unsere Zukunft atomwaffenfrei Connection Kriegsdienstverweigerung in der Türkei Bildungswerk Friedensarbeit Wiederentwaffnung jetzt Aktion Völkerrecht Heidelberg Freie Heide Bombodrom verhindern War Resisters' International Gewaltfreie Aktion Israel KURVE Wustrow Friedenskarawane für eine Freie Heide
Bildung
Discounter AG der Kampagne für saubere Kleidung Basisförderung WEED PC Global Attac – Stop EPAs Stoppt die EU-Freihandelsagenda! blue21 Berliner Bündnis gegen Privatisierung independent media center Heiligendamm 2007 Videoaktivismus G8-TV Heiligendamm 2007 FDCL Berlin Wasserprivatisierung Bolivien Attac Genug für alle
Soziale Rechte
Frieden
Globalisierung
Die Förderung
Bildungsblockaden einreißen Volksinitiative Eine Schule für alle
Aktionsbündnis Sozialproteste Zwangsumzüge Hartz IV Verein zur Förderung der politischen Bildung Mobiles soziales Zentrum BAG-SHI Vorsicht ALG II Eltern für familiengerechte Betreuung Kita-Card
Stadtentwicklung Mediaspree versenken
Geschlechtergerechtigkeit Humanistische Union Stop Genitalverstümmelung in Kinderkliniken LAG Frauenhäuser NRW Schwere Wege leichte gemacht Nicaragua-Verein Hamburg Ich entscheide über mein Leben FIAN Menschenrechte und Genderansatz
Eine Reihe von Kampagnen könnten auch in mehrere Themenbereiche zugeordnet werden. Im Zweifel entschieden wir nach den Zielen, die die Organisationen sonst noch verfolgen.
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Berufung: Vollzeit für soziale Bewegung aktiv – die BewegungsarbeiterInnen VollzeitaktivistInnen machen Bewegungsarbeit zu ihrem Beruf. Der Vorteil liegt auf der Hand: Sie können sich voll und ganz der Sache widmen. Die Stiftung hat deshalb ein Patenschaftssystem für BewegungsarbeiterInnen entwickelt. Cécile Lecomte ist Kletteraktivistin und Bewegungsarbeiterin. Ihre Form des Protests: Seil- und Baumblockaden. Foto: Kai Horstmann
Das Modell: Soziale Bewegungen brauchen Menschen, die Erfahrung haben mit Protesten und Stategieentwicklungen, mit Netzwerkerei und Projekten. Immer wieder gehen solche Aktive der Bewegung verloren, weil sie sich einer Erwerbsarbeit zuwenden (müssen). Die Stiftung hat deshalb bisher 15 Bewegungsarbeiterinnen und -arbeiter ausgewählt; Menschen, die mit großem Zeiteinsatz in politischen Projekten arbeiten und darin durch einen Kreis von Patinnen und Paten unterstützt werden. Die Stiftung hilft bei der Suche nach UnterstützerInnen, bietet Fortbildungen und Vernetzung mit den Förderprojekten an und leitet die Patenschaftsgelder weiter. Die BewegungsarbeiterInnen sind nicht bei der Stiftung angestellt. Deshalb nimmt die Stiftung auch keinen Einfluss auf ihre Arbeit. Diese entscheiden selbst und in Absprache mit ihren MitstreiterInnen, wie sie ihre Arbeitsschwerpunkte setzen. Jahr für Jahr gehen
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über dieses Unterstützungsmodell mehr als 50.000 Euro an Menschen, die eine besondere Rolle in Protestbewegungen spielen. Seit dem Start des Modells konnten die BewegungsarbeiterInnen mit insgesamt über 390.000 Euro gefördert werden.
„Es wäre prima, wenn es viel mehr BewegungsarbeiterInnen geben würde” Drei BewegungsarbeiterInnen im Gespräch: Flüchtlingsaktivist Hagen Kopp und Kletteraktivistin Cécile Lecomte, genannt das Eichhörnchen. Die Fragen stellte Jutta Sundermann, die bei Attac und gegen Agro-Gentechnik aktiv ist.
Was bedeutet es für Dich, BewegungsarbeiterIn zu sein? Cécile: „Das Programm ist für mich ein sehr nützliches Werkzeug, das mir ermöglicht, meine politische
Die Förderung
Arbeit frei und effektiv zu gestalten. Mir gefällt es sehr, meine Arbeitsschwerpunkte selbst zu setzen und selbstständig zu arbeiten, meine Zeit frei einzuteilen – das passt zudem ganz gut zu meiner Schwerbehinderung.” Hagen: „Mir eröffnet das Programm vor allem Raum und Zeit, intensiv politische Netzwerkarbeit zu betreiben und das unabhängig von allen äußeren Vorgaben oder Sachzwängen. Ich kann mit meinen politischen FreundInnen entscheiden, wo entsprechend der aktuellen Notwendigkeiten Schwerpunkte – in meinem Fall in antirassistischen Initiativen – gesetzt werden. Vor zwei Jahren hätte ich aus finanziellen Gründen einen zweiten Job suchen und meine politische Arbeit einschränken müssen. Das Modell der Bewegungsarbeit war der ideale Ausweg und es klappte dann bei mir auch recht schnell, genügend PatInnen zu finden und damit das für mich nötige Einkommen zu erlangen.”
Was ginge noch besser – oder gibt es etwas Unverbesserbares? Hagen: „Das Programm ist bisher auf höchstens zehn BewegungsarbeiterInnen angelegt. Das bleibt natürlich ein Tropfen auf dem heißen Stein. Es wäre prima, wenn das Modell ausgeweitet und es in den unterschiedlichen Netzwerken viel mehr BewegungsarbeiterInnen geben würde, zumindest so lange,
bis wir ein bedingungsloses Existenzgeld erkämpft haben und eine extra bezahlte politische Arbeit nicht mehr nötig ist.” Cécile: „Es ist manchmal schwierig, das Modell nach außen zu erklären und zu vermitteln, dass BewegungsarbeiterInnen keine AktivistInnen sind, die man 'buchen' kann, sondern Menschen, die ihr Engagement selbstbewusst und selbstbestimmt gestalten.” Hagen: „Nach innen wirft das Modell auch Fragen auf. Bezahlte politische Arbeit geht schnell einher mit Tendenzen zu Hierarchisierung oder Institutionalisierung. Aber wer soll entscheiden, ab wann wer bei wie viel Bewegungsarbeit bezahlt wird oder nicht? Das sind offene Fragen an das Konzept. Aber persönlich bin ich in meinem politischen Freundeskreis dafür bislang nicht kritisiert worden.”
Was ist für Dich das Wichtigste an der Bewegungsstiftung? Hagen: „Der themenübergreifende Ansatz und das Bemühen, ganz unterschiedliche soziale Bewegungen und deren Strukturen zu unterstützen.” Cécile: „Den Austausch und die Vernetzung zwischen Menschen und diversen politischen Gruppen finde ich sehr wichtig.”
Hagen Kopp kämpft gegen die Abschottung Europas – hier bei Protesten vor dem Sitz der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex.
„Für eine Welt ohne Grenzen“: Bruno Watara engagiert sich für die Rechte von Flüchtlingen – hier bei einer Protestkarawane in Westafrika.
Mit juristischer Selbsthilfe schafft Holger Isabelle Jänicke Handlungsräume für gewaltfreie Aktionen.
Foto: Privat
Foto: Privat
Foto: Privat
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Unsere aktuellen BewegungsarbeiterInnen
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Jan Becker
Holger Isabelle Jänicke
engagiert sich in der AntiAtom-Bewegung, betreibt eine Nachrichtendatenbank über Atomkraft, organisiert Proteste und beteiligt sich an Kletteraktionen.
organisiert die juristische Selbsthilfe für AktivistInnen aus der Umwelt- und Friedensbewegung.
Hagen Kopp
Cécile Lecomte
unterstützt Flüchtlinge und MigrantInnen bei ihrem alltäglichen Kampf um ein Bleiberecht und für soziale Rechte.
ist vor allem in der Umwelt- und Anti-Atom-Bewegung aktiv. Ihre wichtigste Methode: öffentlichkeitswirksame Kletteraktionen.
Emanuel Matondo
Edgar Schu
engagiert sich für Frieden und Menschenrechte und kämpft gegen Krieg, Korruption und Armut in Afrika, hier besonders in Angola.
betreibt das Vernetzungsbüro des Aktionsbündnisses Sozialproteste und kämpft gegen die menschenunwürdigen Bedingungen von Hartz IV.
Jutta Sundermann
Bruno Watara
ist mit Leidenschaft Vollzeit in verschiedenen Bewegungen aktiv, vor allem bei Attac und gegen Agro-Gentechnik. Neben eigener Kampagnenarbeit berät sie andere Projekte.
engagiert sich für die Rechte von Flüchtlingen. Er hat selbst jahrelang als Flüchtling in Lagern gelebt. Nun hilft er Flüchtlingen bei der Vernetzung und organisiert Proteste – in Deutschland und weltweit.
Die Förderung
Unsere ehemaligen BewegungsarbeiterInnen Jürgen Heiser
Ferda Ülker
kämpft für die Abschaffung der Todesstrafe weltweit und besonders für die Freilassung von Mumia Abu-Jamal, einem afroamerikanischen Journalisten im Todestrakt in den USA. Er war von 2002 bis 2011 Bewegungsarbeiter.
ist feministische und antimilitaristische Aktivistin in der Türkei. Sie war von 2002 bis 2007 Bewegungsarbeiterin.
Katja Wilken
Jochen Stay
ist Sozialpädagogin und seit vielen Jahren in der Friedensund Anti-Atom-Bewegung aktiv. Sie war von 2002 bis 2007 Bewegungsarbeiterin.
ist seit über 30 Jahren gewaltfreier Aktivist in der Friedensund Anti-Atom-Bewegung. Jochen war von 2002 bis 2010 Bewegungsarbeiter.
Stephanie Mayfield
Karin Leukefeld
ist Feministin und engagiert sich für eine neue FrauenLesben-Bewegung. Stephanie war von 2008 bis 2009 Bewegungsarbeiterin.
ist Journalistin und berichtet vor allem aus den Ländern des Mittleren Ostens. Sie war von 2002 bis 2004 Bewegungsarbeiterin.
Sven Giegold ist Wirtschaftswissenschaftler und war viele Jahre als Umwelt- und Attac-Aktivist aktiv. Seit 2009 sitzt er für die Grünen im Europaparlament. Sven war von 2002 bis 2009 Bewegungsarbeiter.
Wenn Sie sich für eine Patenschaft interessieren, finden Sie weitere Informationen im Internet unter: www.bewegungsarbeiter.de
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Keine Stiftung ohne
StifterInnen
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Unsere StifterInnen kommen auf unterschiedlichsten Wegen zur Bewegungsstiftung. Sie alle eint der Gedanke, Veränderung anstoßen und gesellschaftliche Probleme an der Wurzel fassen zu wollen. Ein Kapitel voller Beweggründe, Ziele, Optionen und Mitbestimmungsformen.
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Zusammen mehr bewegen – die Gemeinschaftsstiftung Zusammen mehr bewegen: Das war der Grundgedanke der Bewegungsstiftung. Aber in welcher Form? Eine USA-Reise inspirierte zum Modell der Gemeinschaftsstiftung. Aus guten Gründen.
Bei der Strategiewerkstatt kommen VertreterInnen der Förderprojekte und StifterInnen zusammen und entscheiden gemeinsam über die weitere Entwicklung der Stiftung. Foto: Kai Horstmann
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Am Anfang der Bewegungsstiftung steht ein Vorbild: der Haymarket People's Fund in Boston, Massachusetts, der Graswurzelbewegungen in den Neuenglandstaaten der USA fördert. Er tut das sehr erfolgreich seit mehr als 35 Jahren und mit über 25 Millionen Dollar vergebenen Fördermitteln. 1974 gegründet, legten die Stifterinnen und Stifter die Verantwortung vollständig in die Hände der AktivistInnen. Ihr Ziel: Bisher privates Vermögen wird in eine kollektive Kontrolle übergeben.
bestimmen nicht die StifterInnen allein, welche Projekte gefördert werden und wie sich die Stiftung weiter entwickeln soll. An allen wichtigen Entscheidungen werden StifterInnen, Aktive aus den geförderten Projekte und ExpertInnen aus sozialen Bewegungen beteiligt. Im Stiftungsrat sind alle Seiten in gleicher Weise vertreten. Die Form der Gemeinschaftsstiftung hat dabei sowohl Vorteile für die, die das Geld geben, als auch für die, die es empfangen. Zum Beispiel:
Auf seiner Suche nach neuen Projektideen besuchte Felix Kolb den Haymarket People's Fund im Sommer 1999. Er war skeptisch, aber auch fasziniert. Kann das auch in Deutschland funktionieren? Seine Skepsis wurde schon vor Ort zerstreut. Zu einhellig positiv war die Einschätzung aller Beteiligten. Die Faszination blieb und die Erfahrungen flossen in unsere Gründung mit ein – heute funktioniert die Bewegungsstiftung als Gemeinschaftsstiftung. Konkret bedeutet das: In der Bewegungsstiftung
• Die Kräfte werden gebündelt. Da, wo eine einzelne Person mit ihrer Spende nur eine geringe Wirkung erzielt, kann eine gemeinsame Förderung viel mehr bewegen.
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• In gemeinsamer Debatte kann abgewogen werden, welche Projekte gefördert werden sollen. Anhand festgelegter Kriterien wird geprüft, ob Anträge mit den selbst gesteckten Zielen übereinstimmen.
Die StifterInnen
• Aus der Debatte entsteht auch Aktion. StifterInnen nehmen gemeinsam an Demonstrationen und Aktionen teil, die die Stiftung fördert. • Die Organisation wird effizienter. Statt viele kleine Strukturen zu errichten, gibt es eine größere. Das gilt für die formale Abwicklung und vor allem für die Weitergabe von Wissen und Erfahrungen. • Gemeinsames Handeln erzeugt ein Vorbild, dem sich andere leichter anschließen können. Dabei werden sie auch ermutigt, in neuen Größenordnungen zu spenden. • Für die Empfänger erhöht sich die Transparenz, da Entscheidungskriterien offengelegt werden und jede einzelne Entscheidung für oder gegen eine Förderung begründet wird. Noch immer hören wir die Skepsis, die auch Felix Kolb bei seinem USA-Besuch gespürt hat. „Wie bitte? Bei Euch entscheiden auch die über die Geldvergabe mit, die das Geld bekommen? Gibt das nicht Konflikte und Kungelei?” Unsere Erfahrungen bestätigen die Befürchtungen nicht: Gegen Kungelei hilft Transparenz und die
Mitwirkung vieler. Befangenheiten werden offen gelegt, das Stimmrecht ruht für die entsprechenden Entscheidungen. Die Vorteile, Graswurzelaktive an Entscheidungen gleichberechtigt zu beteiligen, bestätigt sich immer wieder: Sie bringen Expertise in die Entscheidung. Ihr Blick aus der praktischen Arbeit wird auch von den Stifterinnen und Stiftern sehr geschätzt. Die Perspektive der Aktiven erhöht die Fähigkeit aller zu erkennen, was eigentlich möglich ist und warum ein politisch überzeugendes Konzept doch keine breite Öffentlichkeit findet. So hat sich in den letzten zehn Jahren ein engagierter Kreis von Menschen gebildet, die das Wirken der Bewegungsstiftung in den sozialen Bewegungen jeweils auf ihre Weise verstärken. 25 Millionen Dollar Fördersumme wie der Haymarket People's Fund können wir nach zehn Jahren Bewegungsstiftung noch nicht vorweisen. Aber wir sind stolz darauf, dass wir seit 2002 Protestbewegungen mit Zuschüssen und Beratung in Höhe von über 1,2 Millionen Euro unterstützen konnten – und das auf der Grundlage von Entscheidungen, an denen StifterInnen, Förderprojekte und ExpertInnen gleichberechtigt mitgewirkt haben.
2002 9 StifterInnen
2011
131 StifterInnen
Das Entscheidungsgremium der Bewegungsstiftung – der Stiftungsrat (von links): Gisela Notz, Ulrike Baureithel, Jutta Sundermann, Felix Kolb und Hermann Daß. Foto: Bewegungsstiftung
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Susann Haltermann ist über eine Anzeige auf die Bewegungsstiftung gestoßen. Fünf Jahre war sie Mitglied im Stiftungsrat. Foto: Privat
Wie alles angefangen hat ... „Für mich bedeutete die Stiftung auch Empowerment.” Susann Haltermann, Gründungsstifterin, Jahrgang 1951 „Ende der 90er Jahre hatte ich gerade meinen geerbten Anteil aus dem Verkauf der Familienfirma ausgezahlt bekommen und mich gefragt: Was mache ich jetzt mit dem Geld? Wie kann ich verantwortlich damit umgehen? In dieser Situation hat mich eine Freundin auf eine taz-Anzeige hingewiesen. Unter der Überschrift ’Mit Geld die Welt verändern’ wurde ein Seminar für Vermögende beworben. An diesem nahm ich – zusammen mit zwei weiteren künftigen Stiftern – teil. Dort wurde die Idee der Bewegungsstiftung vorgestellt. Sie hat mich überzeugt, weil die Stiftung genau die Bereiche fördern sollte, für die ich schon zuvor gespendet hatte. Ich war mir aber nie sicher, ob das Geld auch bei den richtigen Projekten ankommt. Bei den Initiatoren der Stiftung wusste ich: Die kommen selbst aus Bewegungen, können Kampagnen besser beurteilen und machen einen vertrauenswürdigen Eindruck. So bin ich zur Gründungsstifterin geworden. Die Gründung am 2. März 2002 war dann richtig feierlich. Es gab einen offiziellen Termin mit allem, was dazu gehört: Unterschriften, Ansprachen, Blumenstrauß und Gründungsfoto. Ich bin dann in den Stiftungsrat berufen worden und habe dort fünf Jahre mitgearbeitet. Eine spannende Zeit, in der ich viel gelernt habe, über den Aufbau einer Stiftung und die Möglichkeit, zielgerichtet im Sinne eines Wandels gesellschaftlicher Verhältnisse einzugreifen. Rückblickend war es für mich oft nicht einfach, so viele weitreichende Entscheidungen treffen zu müssen. Aber insgesamt bin ich stolz auf das Erreichte. Mir gefällt, dass die Stiftung Gruppen fördert, die sonst schwer an Geld kommen, dass sie den Förderprojekten professionelle Beratung bietet und ihnen gleichzeitig auf Augenhöhe begegnet – das ist keineswegs normal in der Stiftungswelt.
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Für mich selbst bedeutete die Bewegungsstiftung auch Empowerment. Durch sie habe ich neue Themen kennengelernt, bin kompetenter geworden, habe meine eigenen Grenzen erweitert. Zum Beispiel als wir mit einigen StifterInnen an der Besetzung eines Genmaisfeldes teilgenommen haben. Wir wurden festgenommen, das Verfahren wurde später gegen Geldstrafe eingestellt. Für viele von uns war das die erste direkte Konfrontation mit der Ordnungsmacht. Aber weil wir gut vorbereitet waren, alles gewaltfrei ablief und ich Vertrauen zu den Leuten hatte, konnte ich mich darauf einlassen. Früher wäre eine solche Aktion für mich unvorstellbar gewesen. 2008 bin ich dann aus dem Stiftungsrat ausgeschieden und habe meine eigene Stiftung gegründet – die Stiftung GEKKO, die unter anderem Kampagnen gegen Gentechnik in der Landwirtschaft fördert. Ich wollte zurück zu meinen eigenen Themen, mehr selbst gestalten und entscheiden. Zur Bewegungsstiftung hat sich ein guter Kontakt erhalten. Ich fühle mich ihr immer noch eng verbunden und nehme regelmäßig an Stiftungstreffen teil. Was ich der Stiftung für die nächsten zehn Jahre wünsche? Dass sie es weiterhin schafft, die Gruppen zu unterstützen, die tatsächlich etwas bewegen können und dass die offene und vertrauensvolle Atmosphäre in der Stiftung erhalten bleibt – auch wenn zu den jetzigen StifterInnen noch einige hinzukommen.”
Die StifterInnen
Christoph Bautz hat die Idee der Bewegungsstiftung mit zwei Freunden entwickelt. „Wir hatten offensichtlich den Nerv der Zeit getroffen.” Foto: Paul Huf
„Für die Zukunft wünsche ich der Stiftung nicht fünf, sondern 50 Millionen Euro.” Christoph Bautz, Gründungsstifter, Jahrgang 1972 „Die Idee der Bewegungsstiftung habe ich zusammen mit zwei weiteren Gründungsstiftern, Felix Kolb und Gerald Neubauer, entwickelt. Wir waren damals schon lange in der Umweltbewegung aktiv und hatten immer wieder erlebt, dass gute Protestideen an Geldmangel scheiterten. Gleichzeitig gab es Leute in unserem Umkreis, die über Erbschaften zu Geld gekommen waren und es sinnvoll einsetzen wollten. Für uns war klar: Es braucht eine Institution, die dieses Geld in Bewegung bringt. Wir haben uns dann US-Stiftungen angeschaut, die Protestbewegungen fördern und waren fasziniert davon, etwas Ähnliches in Deutschland aufzubauen. Allerdings standen wir vor einem Riesenproblem: Wie kommen wir zu den Stiftern? Glücklicherweise haben uns dann einige Zeitungsberichte großen Zulauf gebracht. Vor allem ein Artikel in der ’Zeit’, in dem drei Stifter vorgestellt wurden, hat eine unerwartete Dynamik ausgelöst. Es haben sich viele Menschen bei uns gemeldet, die meinten: ’So wie denen geht es mir auch!’ Wir hatten offensichtlich den Nerv der Zeit getroffen. Viele aus der 68er-Generation, aber auch jüngere Leute sind mit großen Erbschaften und der Frage konfrontiert, was sie damit machen. Manche hatten auf den Tagungen der Bewegungsstiftung dann so etwas wie ihr Coming-Out als Vermögende. Denn viele bewegen sich nicht im Umfeld von Reichen, sondern von Normalverdienern, fahren ein einfaches Auto und niemand weiß, dass sie irgendwo Millionen liegen haben. Bei der Stiftung sind sie dann das erste Mal mit politisch Gleichgesinnten in ähnlicher Situation ins Gespräch gekommen. Das waren für mich die berührendsten Momente – zu erleben, wie Menschen ihr Erbe nicht länger verheimlichen, sondern selbstbewusst damit umgehen und Ideen entwickeln, wofür sie das Geld einsetzen wollen.
Mittlerweile ist die Bewegungsstiftung in meinem Leben nicht mehr so präsent wie zu Anfang. Andere Themen sind in den Vordergrund gerückt. Seit 2004 habe ich das Kampagnennetzwerk Campact mit aufgebaut. Außerdem bin ich Vater geworden. Dadurch habe ich nicht mehr so viel Zeit für die Stiftung, fühle mich ihr aber noch sehr verbunden. Wenn ich auf die letzten zehn Jahre zurückschaue, dann haben sich manche Vorstellungen erfüllt, andere nicht. Eigentlich wollten wir schon nach fünf Jahren fünf Millionen Euro Stiftungskapital haben. Dieses Ziel haben wir erst jetzt erreicht. Auf der anderen Seite ist ein lebendiger Kreis an Stiftern entstanden, die sehr informiert und strategisch geben. Es ist extrem wertvoll, diese Leute für große politische Aktionen ansprechen zu können. Wenn nicht einige StifterInnen Bürgschaften über insgesamt 150.000 Euro übernommen hätten, hätte sich niemand getraut, die großen Anti-Atom-Demos nach Fukushima auf die Beine zu stellen. Auch die Initiative für eine Vermögensabgabe, die 2009 von Stiftern der Bewegungsstiftung gestartet wurde, hat ein Riesenecho ausgelöst. Diese Erfolge finde ich wertvoller, als das Stiftungskapital auf Heller und Pfennig nachzurechnen. Für die Zukunft wünsche ich mir trotzdem, dass die Stiftung in zehn Jahren nicht 5 sondern 50 Millionen Euro Vermögen hat. Doch dazu müssten sich mehr Leute entscheiden, statt individuell zu spenden lieber größere Summen an die Bewegungsstiftung zu geben und damit Förderentscheidungen in die Hände anderer zu legen. Ich finde, in unserer Gesellschaft sollten nicht nur die Reichen entscheiden, wohin das Geld fließt. Die Stiftung ist ein Weg, diesen Geldfluss zu demokratisieren.”
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Die Stiftung leistet einen wichtigen Beitrag zur Demokratie, sagt David Profit. Weil sie Menschen ermöglicht, sich politisch einzumischen. Foto: Privat
...und wie es weitergeht „Wenn es die Stiftung noch nicht gäbe, müsste sie gegründet werden.” David Profit, Stifter seit 2010, Jahrgang 1976 „Ich war 2010 Rechtsanwalt in einer Wirtschaftskanzlei, die vor allem Banken berät. Ich wollte meinen Jahresbonus gemeinwohlorientiert ’umverteilen’ und habe ihn der Bewegungsstiftung zugestiftet. Auf die Bewegungsstiftung bin ich eher zufällig gestoßen, als ich im Internet nach Leuten gesucht habe, die ich aus der Jugendumweltbewegung kannte. Als ich dabei die Bewegungsstiftung entdeckte, habe ich gedacht: Toll! Wenn es so eine Stiftung noch nicht gäbe, müsste sie gegründet werden. Warum? Weil die Bewegungsstiftung einen wichtigen Beitrag zur Demokratie leistet. Für einen lebendigen demokratischen Rechtsstaat ist es unerlässlich, dass Menschen sich informieren, ihre Interessen formulieren und sich dann politisch einmischen. Das geht heute nur, wenn Wahrnehmbarkeit durch Medien erreicht wird. Doch Kampagnen planen, die Öffentlichkeit informieren, in die Medien kommen – all das kostet Geld. Und dieses Geld muss bereitgestellt werden. Zum Beispiel durch die Bewegungsstiftung. Diese Arbeit wollte ich mit ermöglichen. Mittlerweile habe ich den Arbeitgeber gewechselt und bin Richter am Sozialgericht in Mainz geworden. Mir war es wichtig, gemeinwohlorientierter zu arbeiten. Außerdem wollte ich mehr Zeit haben, um mich politisch zu engagieren. Es gibt einige Themen, die mich politisch bewegen und die sich am besten unter dem heute modischen Begriff Inklusion
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zusammenfassen lassen. Inklusion ist für mich der Prozess, in dem Randgruppen durch politische und soziale Intervention vom Rand der Gesellschaft in deren Mitte geholt werden. Wir konnten das in den letzten 60 Jahren an vielen Beispielen beobachten: bei religiösen Minderheiten, Frauen, Menschen mit Behinderung, Lesben, Schwulen oder MigrantInnen. Es ist immer der gleiche Prozess. Um einen Beitrag gegen Diskriminierung zu leisten, berate ich eine Organisation, die sich für die Rechte von Menschen mit Behinderungen einsetzt, und ein Stipendienprogramm, das mehr Menschen mit Migrationshintergrund für das Lehramt gewinnen will. Bislang habe ich es aus Zeitgründen noch nicht geschafft, mich persönlich in der Bewegungsstiftung zu engagieren. Aber ich werde regelmäßig über die Arbeit informiert und zu den Treffen eingeladen. Das finde ich gut. Mein Eindruck ist, dass die Stiftung sehr professionell arbeitet und einigen Aufwand treibt, um neue StifterInnen einzubinden. Für die Zukunft wünsche ich der Bewegungsstiftung, dass sie nicht mit den Themen ihrer GründerInnen alt wird, sondern dass sie offen, jung und lebendig bleibt. Außerdem: Dass sie nie nur Politik für eine Schicht betreibt, sondern viele verschiedene Gruppen unterstützt und motiviert, für ihre Interessen einzustehen.”
Die StifterInnen
Jutta Meinerts gefällt an der Bewegungsstiftung vor allem der Vernetzungsgedanke: „Ich nehme wieder an politischen Diskursen teil.” Foto: Privat
„Mir war wichtig, Geld nicht so ernst zu nehmen.” Jutta Meinerts, Stifterin seit 2010, Jahrgang 1957 „Von der Bewegungsstiftung habe ich durch die Zeitung erfahren. Meine Mutter hat mir einen Artikel aus der Neuen Westfälischen zugeschickt, in dem ein Stifter der Bewegungsstiftung vorgestellt wurde. Dann habe ich an einem Infoabend in Berlin teilgenommen und festgestellt, dass die Stiftung die gleiche Richtung unterstützt wie ich. Für Förderprojekte wie Campact oder .ausgestrahlt habe ich auch vorher schon gespendet. Ich fand die Idee und die Projekte gut. Aber eigentlich bin ich bei der Bewegungsstiftung gelandet, weil man hier sagen kann: Ich habe Geld und will was damit machen. Ich komme nicht aus einem reichen Elternhaus. Aber ich habe als Ärztin eine Zeit lang viel Geld verdient. Dann kam noch eine Erbschaft hinzu und ich hatte das Gefühl: Das Geld kann mich korrumpieren, wenn ich es nicht weggebe. Mir war es wichtig, mit Geld weiterhin spielerisch umzugehen und es nicht so ernst zu nehmen. Ich habe dann einen Teil angelegt, einen Teil verschenkt und einen Teil an die Bewegungsstiftung gegeben und war ganz froh, als das Geld erst mal weg war – damit war auch eine Last weg. Politisch interessiert war ich eigentlich schon immer. Ich stamme aus einer links-sozialdemokratischen Familie und bin geprägt worden durch die AntiAKW-, Frauen- und Friedensbewegung. In den 70ern und 80ern war ich eigentlich immerfort auf Demos.
Ich hab die „Schlacht um das AKW Grohnde“ miterlebt und war bei den großen Friedensdemos in Bonn dabei. Ich habe dann 15 Jahre in der ostdeutschen Provinz als Ärztin gearbeitet und bin in dieser Zeit aus vielen politischen Kontexten herausgefallen. Mittlerweile lebe ich in Rostock und nehme durch die Bewegungsstiftung wieder am politischen Diskurs teil. Das ist mir sehr wichtig. 2011 war ich auch das erste Mal bei einem Jahrestreffen der Bewegungsstiftung. Es ist nicht ganz einfach, als Neue in so eine große Stiftungsgemeinschaft einzusteigen, vor allem wenn man eher zurückhaltend ist wie ich. Aber ich fand es unglaublich interessant, die Leute und Projekte kennenzulernen und zu erleben, wie ganz aktuelle Themen aufgegriffen werden. Für die nächsten zehn Jahre wünsche ich der Bewegungsstiftung immer genug Geld in der Kasse und immer genug gute Ideen. Die Idee der Bewegungsarbeiter finde ich zum Beispiel sehr beeindruckend. Dass man junge engagierte Leute direkt unterstützen kann, finde ich toll. Und was mir auch gut gefällt ist der Name. Bei Bewegungsstiftung denken viele erstmal an Sport und fragen nach. Das finde ich klasse, weil der Name die Leute zum Nachdenken bringt – und wenn es nur mein Steuerberater ist.”
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„Über politische Ziele gibt es unabhängig vom Alter große Einigkeit” Der Wille zum politischen Wandel ist generationsübergreifend – aber sind die Ziele die gleichen? Ein Gespräch mit zwei Stiftern über Konflikte, politische Schlüsselerlebnisse und den Einfluss der 68er.
Stefan Krause: „Ich muss mein rebellisches Potenzial nicht unbedingt im Kampf gegen meine Eltern loswerden – es gibt andere Fronten.” Barbara Krebs: „In dem Ausmaß, in dem wir uns von unseren Eltern abgrenzen mussten, müsst ihr das einfach nicht mehr.” Foto: Kai Löffelbein
Barbara, du bist 69, Stefan, du 25. Wenn ihr einmal zurückblickt: Gab es eine politische Bewegung, die euch vor allem sozialisiert hat? Barbara Krebs: Bei mir waren das klar die 68er. Mich hat in dieser Zeit vor allem die Frage bewegt, wie man Frauen bessere Bildungschancen verschafft oder auch überhaupt erst einmal ein gleichberechtigtes Recht auf Bildung. Dass Frauen studieren oder auch selbstständig im Beruf stehen, war damals ja noch alles andere als normal. Nach der Geburt meines Sohnes 1967 habe ich mich auch in der Kinderladenbewegung engagiert. Insgesamt war mein Engagement in der 68er-Bewegung immer stark mit persönlichen Prozessen verknüpft. Stefan Krause*: Ich bin eher nicht durch einen konkreten Anlass ausgelöst aktiv geworden. Ich hatte ein-
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fach Lust, Politik zu machen. Gemeinsam mit einem Freund habe ich kurz vor den Bundestagswahlen 2002 überlegt, was wir nun tun, und dann dachten wir: Komm, wir gucken einmal, was die Grüne Jugend so macht. Kurze Zeit darauf wurde ich Mitglied und habe mich ein paar Jahre dort engagiert. Dass ich politisch interessiert bin, kommt aber sicher nicht von ungefähr: Auch meine Eltern sind politisch denkende Menschen. Mein Interesse daran, was in der Welt geschieht, haben sie immer gefördert.
Wie ist dein Bild von den 68ern – die ja fast schon deine Großeltern sein könnten? Stefan Krause: Ich fand die Zeit immer enorm spannend; und dass sie zum Beispiel im Geschichtsunterricht kaum behandelt wurde, hat mich immer geärgert. Stattdessen haben wir jedes Jahr
Die StifterInnen
aufs Neue den Nationalsozialismus behandelt. Aber auch das ist natürlich eine Folge von 1968 – und auch die Lehrer, die mir darüber etwas erzählt haben, waren 68er. Einerseits ist es natürlich gut, dass das Thema endlich ins Blickfeld gerückt wurde – in der Schule war es mir aber, ehrlich gesagt, manchmal ein bisschen viel.
Und wie bist du zur Bewegungsstiftung gekommen?
Barbara Krebs: Ich weiß, dass ihr überfrachtet wurdet – aber ihr müsst auch sehen: Wir sind eine Generation, in deren Elternhäusern die Verantwortung dafür schlicht totgeschwiegen wurde. Und auch in der Schule galt konsequent: Bei Bismarck war Schluss mit der deutschen Geschichte.
Barbara Krebs: Interessanterweise bist du damit ja nicht der einzige: Dass gleich zwei Generationen in der Bewegungsstiftung vertreten sind, gibt es durchaus öfter!
Wie seid ihr an und in die Bewegungsstiftung geraten? Barbara Krebs: Ich habe 2001 aufgehört zu arbeiten – nach 30 Jahren, in denen ich mich immer beinahe bis über die Maßen in meinem Beruf engagiert hatte. Erst nach meiner Berufstätigkeit fand ich die Zeit, mich mit meinem Erbe auseinander zu setzen. In einem längeren Prozess habe ich mich informiert, wie Geld für sozialen Wandel eingesetzt werden kann. Dann stieß ich in einem Zeitungsartikel auf die Bewegungsstiftung. Überzeugt hat mich das politische Konzept, das die jungen Leute da diskutiert haben. Wichtig war mir aber auch, dass ich irgendwo mitmachen wollte – aber nicht mehr so viel Verantwortung tragen. Stefan Krause: Ich kann das gut nachvollziehen. Wer politisch aktiv ist, muss immer auch aufpassen, dass er nicht zu viel investiert. Es gibt immer zu wenig Menschen, die bereit sind, sich zu engagieren – und die bekommen dann eine Aufgabe nach der anderen übergestülpt und müssen klar ihre Grenzen ziehen. Ich verstehe das gut. Auch ich verbringe sehr viel Zeit mit meiner AntiAtom-Arbeit bei x-tausendmal-quer und bin ganz froh, dass ich bei der Bewegungsstiftung engagiert sein kann, ohne dass mich das so absorbiert.
Stefan Krause: Meine Mutter ist ebenfalls Stifterin. Durch sie kannte ich die Bewegungsstiftung und weil ich ihr Konzept interessant fand, bin ich eben auch beigetreten.
Wie kommt das – früher galt doch: In denselben Club wie mein Vater will ich auf keinen Fall! Barbara Krebs: Ich glaube, das hat sich geändert. In dem Ausmaß, in dem wir uns von unseren Eltern abgrenzen mussten, müsst ihr das einfach nicht mehr. Die meisten von euch werden doch in viel weniger rigiden und kommunikativeren Elternhäusern groß – dann kann man auch leichter etwas gemeinsam unternehmen.
Trotzdem: Ist es nicht immer noch für die eigene Identität und Persönlichkeit wichtig, etwas Anderes zu machen als die Eltern? Stefan Krause: Ich muss mein rebellisches Potenzial nicht unbedingt im Kampf gegen meine Eltern loswerden – es gibt ja andere Fronten, an denen ich kämpfen kann. Und: Meine politische Arbeit unterscheidet sich von der meiner Eltern durchaus. Was ich in der Anti-Atom-Bewegung mache, hat viel mit zivilem Ungehorsam zu tun; meine Eltern tolerieren das, würden sich aber an so etwas nie beteiligen. Ich gehe schon meinen eigenen Weg, auch politisch.
Gibt es so etwas wie einen Generationenkonflikt in der Stiftungsarbeit? Stefan Krause: Nein, gar nicht. Dass unterschiedliche Generationen zusammenkommen, erlebe ich als äußerst konstruktiv und es spiegelt sich meines Erachtens auch in der Vielfalt der geförderten Projekte wider. Barbara Krebs: Ich denke, die Generationenfrage wird auch schon dadurch entschärft, dass wir letztlich nichts gegeneinander oder miteinander politisch durchsetzen müssen. Wir Stifter geben ein Votum ab, welche Projekte wir für förderungswürdig halten – aber am Ende entscheidet der Stiftungsrat. Aber abgesehen davon ist auch mein Eindruck: Über
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die politischen Ziele gibt es ganz unabhängig vom Alter eine große Einigkeit. Alle suchen nach einem außerparlamentarischen politischen Konzept. Und: Alle wollen, dass ihr Geld lebendig wird, eine andere Form annimmt.
Der trauten Einigkeit zum Trotz habt ihr bei der Strategiewerkstatt 2010 eine AG zur Generationenfrage angeboten. Warum? Stefan Krause: Die Idee entstand bei einem Treffen des erweiterten Vorstands. Barbara warf damals die Frage auf: Wie kann es eigentlich sein, dass wir keine Konflikte haben? Darüber sollten wir einmal sprechen! Barbara Krebs: Oder, anders gefragt: Warum läuft es so gut? Es ist doch auch sinnvoll, sich einmal darüber auszutauschen, warum es wenig Probleme gibt – auch das bringt einen weiter.
Und, warum gibt es so wenig Probleme? Barbara Krebs: Ich glaube, es ist einfach so, dass wir in der Lage sind, uns über die Generationen hinweg auf politische Ziele zu einigen und diese dann auch zu verfolgen. Hilfreich dabei ist allerdings auch, dass wir keine Reibungspunkte in einem stressigen politischen Alltag haben. Stefan Krause: Dass es wenig Konflikte gibt, ist dabei aber etwas, was das Miteinander in der Bewegungsstiftung ganz insgesamt auszeichnet. Es gibt ja noch andere Fronten, an denen sich potenziell Dualismen auftun könnten: Zwischen Männern und Frauen oder ähnliches. Barbara Krebs: Das stimmt. Richtig ist aber auch: Auch die Älteren unter uns sagen häufig, noch nie eine ähnliche Diskussionskultur wie die unter Stifterinnen und Stiftern erlebt zu haben. Ich denke, das ist etwas, was die Bewegungsstiftung wirklich auszeichnet. *Name geändert
Barbara Krebs ist promovierte Historikerin und Psychotherapeutin. In den 80er-Jahren gründete sie das Zentrum für Essstörungen in Frankfurt am Main. Die 69-Jährige ist Mitglied des erweiterten Vorstands der Bewegungsstiftung.
Stefan Krause studiert Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Er ist Aktivist bei der Anti-Atom-Initiative x-tausendmalquer. Der 25-Jährige ist Mitglied des erweiterten Vorstands der Bewegungsstiftung.
Generationsaustausch: Stefan Krause und Barbara Krebs im Gespräch.
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Foto: Kai Löffelbein
Die StifterInnen
Reden über Geld „Deine Sorgen möchte ich haben“ – ein Satz, den Vermögende des öfteren hören, wenn sie sich als solche zu erkennen geben. Die Stiftung sorgt hier für geschützte Räume, für Austausch – und die Möglichkeit, mit einer Zustiftung anonym zu bleiben. Häufig kommen in der Stiftung Menschen zusammen, die ökonomisch deutlich privilegiert sind. Sie haben mehr Vermögen geerbt oder erwirtschaftet, als sie für ein gutes Leben benötigen. Ein solches Privileg eröffnet die Möglichkeit, andere zu unterstützen, ist aber auch mit Fragen und Schwierigkeiten verbunden. Immer wieder hören Vermögende den Satz „Deine Sorgen möchte ich haben“. So nachvollziehbar dieser Kommentar ist: Er spiegelt nur die eine Seite der Medaille wider. In der Stiftung bieten wir deshalb geschützte Räume an, in denen sich Vermögende austauschen können. Sofern sie möchten. Zuvor stellt sich eine grundsätzliche Frage: Wer ist vermögend im Sinne der Bewegungsstiftung? Wir haben verschiedene Definitionen versucht: Vermögend kann sein, wer zu den oberen fünf Prozent von Einkommen oder Vermögen zählt, vermögend kann sein, wer über ein Nettovermögen von 500.000 Euro oder mehr verfügt - oder vermögend ist, wer einen Betrag von 50.000 Euro oder mehr für gute Zwecke zur Verfügung stellen kann. Nach zehn Jahren Bewegungsstiftung ist unser Fazit: Vermögend ist, wer sich selbst so wahrnimmt. Wir belassen es bei der Selbsteinschätzung. Wie reden wir nun über Geld? In unserer Gesellschaft ist das nach wie vor ein Tabu. Auch wenn die Bewegungsstiftung nicht allein eine Stiftung der Wohlhabenden ist, haben wir einige Vereinbarungen getroffen. Zuerst einmal ist niemand verpflichtet, seine finanziellen Verhältnisse offenzulegen. Jede Person entscheidet selbst, wie viel sie von sich preisgeben möchte. Wir als Stiftung erfragen bald nach der ersten Zustiftung, welchen Grad von Anonymität eine StifterIn wünscht. In der ersten Stufe wissen lediglich der Vorstand und die Buchhaltung über die Zustiftung Bescheid. In der zweiten Stufe
ist die Zustiftung (nicht aber die StifterIn) beim Stiftungsrat und im Beirat der Stifter bekannt. Es bleibt der StifterIn vorbehalten zu entscheiden, inwieweit sie als Person bekannt sein möchte und wie sie sich vorstellt. Von der Geschäftsstelle werden Namen nicht bekanntgegeben. Auch die Höhe der Beträge, die eine Person stiftet oder spendet, werden nicht benannt. StifterInnen, die sich einverstanden erklären, können in einer dritten Stufe in unserer Öffentlichkeitsarbeit aktiv sein und werden somit öffentlich. Geschützte Räume entstehen bei vielen Anlässen. So bieten wir seit 2004 Tagungen und Seminare an, zum Beispiel zum Thema „Geld in meiner Familie“ oder „Wie erstelle ich einen Spendenplan“. Unsere Tagungen bieten auch Raum für Debatten zu aktuellen gesellschaftlichen Themen, wie globale Armut, Klimawandel oder eine Gesellschaft jenseits des Wachstums. Hier nehmen wir drei Perspektiven ein: die Analyse der gesellschaftlichen Situation und die jeweiligen alternativen Entwürfe, die Möglichkeiten von Protestbewegungen, Einfluss zu nehmen und die besonderen Fragen, die sich Vermögenden stellen, dazu beizutragen. Dazu sei angemerkt: Alle Angebote, die sich an Vermögende richten, sollen durch Kostenbeiträge finanziert werden. Die Spenden an die Stiftung werden dafür nicht verwendet. Da alle StifterInnen ebenso wie Aktive aus den geförderten Projekten dazu eingeladen sind, sich in die Entscheidungsprozesse innerhalb der Stiftung, beispielsweise über die Vergabe der Förderungen, einzubringen, haben wir auch hier Vereinbarungen getroffen, die das Reden über Geld betreffen. So soll bei Veranstaltungen und Treffen der Bewegungsstiftung niemand direkt um eine Spende gebeten werden. Unsere Treffen müssen frei von Fundraising sein.
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Wie wir unser
Geld anlegen
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Geld ist unser Gesch채ft und wie wir unser Gesch채ft verstehen, ist Teil unserer Vision von einer anderen Welt. Wir haben klare Kriterien f체r unsere Geldanlage und den transparenten Umgang damit. Ethisch, nachhaltig, anders.
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Fair wirtschaften und fördern – mit ethisch-nachhaltiger Geldanlage Die Stiftung ist, wie alle anderen auch, an einer langfristigen, sicheren und zugleich ertragreichen Geldanlage interessiert. Ein Kriterienkatalog stellt sicher, dass dies ethisch-nachhaltig geschieht.
Investieren in fairen Handel: Seit Jahren ist die Bewegungsstiftung an der OikocreditGenossenschaft beteiligt, die wie hier in Guatemala Kaffeebauern Darlehen gewährt. Es ermöglicht 1.500 Menschen im Verband Asociación Chajulense, Kaffee nach Fairhandels- und Biostandards anzubauen. Foto: Tom Bamber
Als wir 2002 unsere Arbeit mit der Stiftung aufnahmen, waren wir uns des Diktums, es gebe 'kein richtiges Leben im falschen' von Adorno wohl bewusst. Eine Stiftung ist, streng genommen, nur ein Haufen Geld, der auch weiter dem ihm zugedachten Zweck dienen soll, wenn die StifterInnen lange verstorben sind. Ganz überwiegend legen Stiftungen ihr Geld daher so an, dass es im Wert erhalten bleibt und möglichst viel Rendite bringt. Mit den Erträgen werden dann die Stiftungszwecke erfüllt. Das kann zur Folge haben, dass manche Stiftungen mit einer Dividende aus Rüstungsaktien Völkerverständigung und Versöhnung finanzieren. Diesen Widerspruch wollten wir vermeiden. Um im falschen Leben mehr von dem richtigen zu versuchen, sollte bei uns von Beginn an auch die Geldanlage einer gerechteren Welt dienen. Aber: Wie sollte das gehen?
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Die richtigen Kriterien Wir haben 2004 einen Anlageausschuss gegründet, der in seinem ersten Jahr eine Richtlinie für ethischnachhaltige Geldanlage erarbeitet hat. In der Richtlinie verpflichten wir uns, dass kein Cent unseres Kapitals in Rüstung, Atomtechnik, Kinderarbeit oder ähnlich verwerfliche Wirtschaftsweisen fließt. Stattdessen wollen wir uns an Unternehmen beteiligen, die soziale und technische Innovationen erproben, zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen und soziale sowie ökologische Standards einhalten. Wer sich abseits der üblichen Investitionswege bewegt und sich selbst strenge Kriterien auferlegt, sucht die Nadel im Heuhaufen. Es sind oft Hinweise von StifterInnen, Aktiven aus geförderten Projekten und Kooperationspartnern, die uns auf die richtige Fährte führen.
Die Geldanlage
Investieren in den fairen Handel Auch als wir nach Anlagemöglichkeiten im fairen Handel suchten, kam der Impuls von StifterInnen, die uns ermutigten, einen größeren Teil unseres Vermögens mit Nord-Süd-Bezug anzulegen.
Bleiben dann Fragen offen, wenden wir uns direkt an die möglichen Geldempfänger. Dabei stellen wir immer wieder fest, dass deren Bereitschaft sehr hoch ist, unsere Fragen transparent und umfassend zu beantworten.
Am Ende entscheidet der Rat So sind wir schon seit einigen Jahren an der Genossenschaft Oikocredit beteiligt, die weltweit Mikrofinanzinstrumente zur Verfügung stellt. Und als Kunde der GLS-Bank konnten wir uns daran beteiligen, Sekem, einen Hersteller von Biogemüse, Kräutern und Textilien in Ägypten, zu finanzieren. Einen Teil unseres Vermögens haben wir nun auch in Fairtrade-Unternehmen angelegt. Wieder aus dem eigenen Netzwerk kam eine Liste von Unternehmen zusammen, die einen fairen Handel mit Produzenten im Süden organisieren: GEPA, EL PUENTE, CONTIGO, die dwp eG und der Verein el rojito aus Hamburg zum Beispiel. Diese Fair-Trade-Großhändler zahlen den Produzenten im Süden faire Preise, sichern ihnen eine langfristige und verlässliche Handelsbeziehung zu und fördern eine biologische Landwirtschaft. Dafür benötigen sie Geld, um den Import von Textilien, Gebrauchsgütern, Luxusartikeln oder Kaffee vorzufinanzieren. Das ist ein Geschäft, dass sich konventionelle Banken teuer bezahlen lassen; oft zu teuer, um den Händlern ihr Geschäft noch zu ermöglichen. Daher bieten die Fair-TradeOrganisationen Privatpersonen und Stiftungen auf verschiedenen Wegen an, sich bei ihnen zu beteiligen. Ob Darlehen, Stille Beteiligung oder eine Inhaberschuldverschreibung: Alle Anlageformen haben gemein, dass sie im ungünstigsten Fall zu einem Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen können.
Gewissenhafte Prüfung Um angesichts dieses Risikos eine gute Anlageentscheidung treffen zu können, wägen wir verschiedene Kriterien gegeneinander ab: Wie hoch sind die ökonomischen und politischen Risiken? Wie wirkungsvoll ist unser Hebel der Veränderung? Wie hoch ist die zu erwartende Rendite? Unser Vorgehen sieht dann so aus: Im ersten Schritt prüfen wir alle Daten, die uns öffentlich zugänglich sind. Jahresabschlüsse, Geschäftsberichte und die Auftritte im Internet. Ergeben sich Ungereimtheiten, befragen wir einen Kreis von Fachleuten dazu und sprechen auch die geförderten Projekte an, die im Themenfeld politisch aktiv sind, wie z.B. urgewald, INKOTA, FIAN oder Attac.
Alle verfügbaren Informationen werden für den Anlageausschuss aufbereitet, der die Vorund Nachteile abwägt, dem Risiko und der Vermögensstruktur angemessene Anlagebeträge festlegt und eine Empfehlung an den Stiftungsrat ausspricht. Dem Stiftungsrat obliegt die letzte Entscheidung. In Sachen Fairer Handel fiel die Prüfung und die Entscheidung des Stiftungsrates positiv aus: Insgesamt haben wir nun 70.000 Euro in die genannten Fair-Trade-Unternehmen investiert.
Ökonomische Vernunft und ethische Richtlinien sind vereinbar Im falschen Leben des Kapitalismus zählen allein Gewinnmaximierung, Sicherheit und Liquidität einer Anlage. Seit zehn Jahren treffen wir Entscheidungen, die für uns sowohl ökonomisch als auch ethisch tragfähig sind. Wertverluste haben wir bisher nur bei den Anlagen zu verbuchen, die an Börsen und damit an Spekulationen gekoppelt sind. Im richtigen Leben, das stets vom falschen beeinflusst ist, wägen wir unsere Wertvorstellungen, den Hebel der Veränderung und politische Chancen ab. Im Zweifel sind wir dabei eher zu Abstrichen bei der Rendite bereit. Mit dieser Mischung aus ökonomischer Vernunft und ethischen Richtlinien haben wir in den letzten zehn Jahren sowohl alternatives Wirtschaften als auch politische Kampagnenarbeit ermöglicht. Wir empfehlen unsere Geldanlage (eingeschränkt) zur Nachahmung – viele wichtige Informationen finden sich auf unserer Website.
Kirsten Paul ist zuständig für die Geldanlage der Bewegungsstiftung
Kirsten Paul ist Bankfachwirtin und Financial Planner. Für die Vermögensverwaltung der Bewegungsstiftung ist sie seit Herbst 2010 zuständig.
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Wie die Stiftung ihr Geld anlegt – drei Beispiele Beteiligungen, Sparbriefe, Darlehen: Die folgenden drei Beispiele zeigen exemplarisch, welche Projekte und Organisationen unseren Kriterien entsprechen. Bauern der Sekem-Initiative beim Hacken auf dem Feld. Foto: GLS-Bank
Unsere Geldanlage soll die Welt verändern. Aber wie wägen wir ab, ob unsere Anlage wirklich zu einer Veränderung beiträgt? Im Mittelpunkt steht natürlich, dass das finanzierte Projekt unseren Kriterien entspricht. Dabei wählen wir bevorzugt Anlagen, die uns gewährleisten, dass unser Geld direkt einem Projekt zufließt. Und das aus mehreren Gründen: Legen wir Geld bei einer Bank an, entscheidet sie, wohin sie es gibt. Kaufen wir an der Börse, erhält ein unbekannter Verkäufer das Geld. Das Unternehmen der gehandelten Aktie bekommt nur bei der ersten Ausgabe von Aktien Geld. Der Börsenhandel nützt dem Unternehmen also wenig. Bei der direkten Geldvergabe aber können wir Kontakt mit dem Empfänger aufnehmen und können auch unsere Fragen stellen. Da unsere Anlagebeträge im Hinblick auf den großen Markt relativ klein sind, suchen wir nach Anlagen, bei denen auch geringere Beträge sehr will-
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kommen sind. Ein Wohnprojekt, ein Biobaubetrieb oder eine Energiegenossenschaft etwa hat keinen Zugang zur Börse. Auch die Banken geben inzwischen nicht mehr so leicht einen Kredit. Unser Beitrag kann hier oft ausschlaggebend sein. Und wir nutzen – soweit mit der Geldanlage verbunden – unsere Mitspracherechte. Geschäftsführer Jörg Rohwedder etwa ist Mitglied im Aufsichtsrat der Greenpeace Energy eG, an der die Stiftung beteiligt ist. Im Folgenden stellen wir drei Unternehmungen vor.
Beteiligung Agrar-Initiative SEKEM Sekem (Alt-Ägyptisch: Lebenskraft) ist der Name einer seit 1977 bestehenden landwirtschaftlichen
Die Geldanlage
Kooperative in Ägypten. Seitdem sind ihr Gründer, Dr. Ibrahim Abouleish, und seine MitstreiterInnen dabei, ihre Vision von einer umweltbewussten Landwirtschaft schrittweise zu verwirklichen. Inzwischen arbeiten fast 2.000 Menschen bei SEKEM und sorgen mit ihren biodynamisch erzeugten Gütern – auch während der aktuell noch immer unruhigen Lage im Land – für eine ökologisch nachhaltige Versorgung zahlreicher Menschen. Von Nahrungsmitteln über Kleidung bis hin zu Medikamenten wird dabei ein breites Spektrum abgedeckt. Fast 70 Prozent der SEKEM-Erzeugnisse werden für den ägyptischen Markt produziert. Damit wird ein wichtiger Beitrag für die ägyptische Landwirtschaft geleistet. SEKEM setzt aber nicht nur an der Ur-Produktion an, sondern stellt Infrastruktur zur Verfügung, die den Menschen dient: Das Unternehmen unterhält einen eigenen Kindergarten, Schulen sowie eine Forschungseinrichtung, die sich mit erneuerbaren Energien und effizienterer Wassernutzung auseinandersetzen. Die Bewegungsstiftung beteiligt sich seit 2008 mit 50.000 Euro über den SEKEM-Fonds der GLS-Bank an der SEKEM-Group. Wir nutzen damit die Chance, in ein ebenso sinnvolles wie erfolgreiches Projekt in einem Schwellenland zu investieren und damit unser internationales Engagement auszubauen. www.sekem.com
Planet energy GmbH Planet energy wurde 2001 als Tochtergesellschaft der Greenpeace Energy eG ins Leben gerufen. Die GmbH erzeugt Strom aus erneuerbaren Energien. Sie plant, baut und betreibt entsprechende Kraftwerke. Mit drei Photovoltaikanlagen, acht Wind- und einem Wasserkraftwerk in Deutschland und in Österreich legt Planet energy den Grundstein dafür, zukünftig alle Stromkunden der Greenpeace Energy eG mit Strom aus eigenen Anlagen zu versorgen. Dabei wird Zeitgleichheit angestrebt: Es soll im 15-Minuten-Takt jeweils so viel Strom ins Netz eingespeist werden, wie die Kunden aus dem Netz entnehmen. Greenpeace Energy eG ist damit der einzige unabhängige Ökostromanbieter, der eine Vollversorgung aus eigenen Anlagen erreichen will. Da Planet energy unsere ethisch-nachhaltigen Anlagekriterien erfüllt, haben wir zwei Genussrechte in Höhe von 40.000 und 50.000 Euro gezeichnet. Die Einnahmen aus den Genussrechten werden von Planet energy als Anschubfinanzierungen für zukünftige Kraftwerksprojekte genutzt. Sie erlauben es dem Unternehmen, sich gegen finanzstarke Großinvestoren zu behaupten und auf diese Weise vielversprechende Projekte zu initiieren. www.planet-energy.de
Repowering: Mitarbeiter von Planet energy nach der Erneuerung von Windkraftanlagen des Unternehmens in Wundersleben, nördlich von Erfurt. Foto: Sabine Vielmo/Greenpeace Energy
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InWoLe werden Lebens- und Arbeitsbereiche verknüpft und die Aktiven legen großen Wert auf Internationalität. Neben lokalen Aktivitäten werden auch Projekte in Kooperation mit Partnern in Russland, Frankreich und Polen organisiert.
Darlehen Förderverein „Innovative Wohnund Lebensformen” Der Förderverein „Innovative Wohn- und Lebensformen”, kurz InWoLe, in Potsdam-Babelsberg hat vielen ökologischen und politischen Initiativen eine neue Heimat gegeben. Seit sechs Jahren fördert das selbstverwaltete Wohnprojekt ein aktives Zusammenleben im Zeichen von Ökologie, Bildungsarbeit und zivilgesellschaftlichem Engagement. Auf einer Gesamtfläche von 6.000 Quadratmetern bilden ein Mehrgenerationenhaus und ein eigenes Werkhaus eine soziale Schnittstelle für Menschen verschiedenen Alters und unterschiedlichster Herkunft. Zudem bietet der Verein diverse Workshops und Seminare an, bei denen sich die Teilnehmenden beruflich und interkulturell fortbilden können. Im
Kulturzentrum, Mehrgenerationenhaus, Bildungsstätte – das selbstverwaltete Wohnprojekt InWoLe in Potsdam bietet Raum für neue Lebens- und Arbeitsmodelle. Foto: Inwole
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Die Bewegungsstiftung hilft InWoLe seit 2005 mit zwei grundbuchlich gesicherten Darlehen bei der Finanzierung. Der Förderverein InWoLe erhielt 13.000 Euro Darlehen, um ausstehende Fördermittel vorzufinanzieren. Die Haus-GmbH als Eigentümerin des Grundstücks erhielt einen Kredit in Höhe von 50.000 Euro. Alternative Wohn- und Kulturprojekte haben es oft schwer, an zinsgünstige Kredite zu kommen. Die Darlehen der Bewegungsstiftung werden dabei von einigen Banken als Eigenkapital des Wohnprojektes anerkannt. So kommt ihnen entscheidende Bedeutung zu. www.foerderverein-inwole.de
Das Freiburger Wohnprojekt „Collage“ erhielt 2007 ebenfalls ein Darlehen der Bewegungsstiftung. Foto: Collage
Die Geldanlage
Vermögensanlagen
Aktienfonds 592.000 Euro
Liquide Mittel 441.000 Euro Festverzinsliche Anlagen 2.502.000 Euro
8,8% 11,8 %
49,9 %
17,8%
Beteiligungen 893.000 Euro
11,7 %
Kredite an Projekte 587.000 Euro
Entwicklung Stiftungsvermögen
Gesamt (in Tausend Euro)
2011
5.040
2010
4.825
2009
4.551
2008
4.075
2007
3.770
2006
2.138
2005
1.575
2004
1.240
2003
836
2002
482 0
1.000
2.000
3.000
4.000
5.000
Zustiftungen Vermögen Bewegungsstiftung Zustiftungen Vermögen Stiftung bridge Kapitalerhaltungsrücklagen
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Stiften, Spenden und ein Blick nach vorn
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Dieses Kapitel informiert über Ihre Möglichkeiten, sich an der Stiftung zu beteiligen, die Arbeit der Geschäftsstelle, was andere über uns sagen und nichts Geringeres als die Zukunft.
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Möglichkeiten des Stiftens und Spendens Es gibt viele Wege, die Arbeit der Bewegungsstiftung zu unterstützen. Ein Überblick über Zustiftungen und Spenden.
Ein Weg von vielen: StifterInnen der Bewegungsstiftung setzen sich öffentlich für eine Vermögensabgabe ein. Foto: Jörg Krauthöfer
StifterInnen können durch Zustiftungen, Spenden oder Protestspar-Darlehen die Arbeit der Bewegungsstiftung befördern. Wofür man sich entscheidet, hängt vor allem davon ab, wie schnell die Stiftung Protestbewegungen unterstützen soll. Aber auch die Höhe der Beträge spielt eine Rolle und die steuerliche Berücksichtigung. In zwei folgenden Beiträgen werden das politische Testament und das Protestsparen vorgestellt. Die Möglichkeiten des Spendens und der Zustiftungen zu Lebzeiten sollen hier im Mittelpunkt stehen. Wir haben eine Stiftung gegründet, weil uns ein ausreichend großes Stiftungsvermögen Unabhängigkeit verschafft. Unabhängigkeit, die wir brauchen, um politisch unbequeme Protestbewegungen dauerhaft zu fördern. Eine Stiftung mit einem ausreichend großen Vermögen ist weder auf staatliche Zuschüsse noch auf einzelne SpenderInnen angewiesen. Sie kann auch über die kurzfristigen
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Zeiträume gesellschaftlicher Aufmerksamkeit (und Spendenbereitschaft) hinaus langfristig und verbindlich fördern. Viele StifterInnen fasziniert gerade der Gedanke, dass ihr Vermögen mit einer Vision verschmolzen wird. Das Vermögen trennt sich von denjenigen, die es einmal zur Verfügung gestellt haben. Es dient der gemeinsamen Idee auch dann noch, wenn wir, die Stifterinnen und Spender, Graswurzelaktiven und Angestellten, nicht mehr da sind. Eine Stiftung eignet sich also besonders für Vermögen, die einem zwar rechtlich gehören, „gefühlt“ aber nicht. Vielleicht, weil sie von anderen erarbeitet und selbst „nur“ geerbt wurden. Gerade solche Vermögen sollen, so zumindest das oft geäußerte Motiv von StifterInnen, bewahrt und nicht innerhalb weniger Jahre ausgegeben werden. Mit dem Bewahren wird die Lebensleistung derjenigen geachtet, die das Vermögen erwirtschaftet haben – die Zweckbindung
Stiften & Spenden
mit einer Zustiftung an die Bewegungsstiftung ist der inhaltliche Stempel, den die ErbInnen dem Vermögen mitgeben.
Herausforderungen einer Stiftung Ob das Vermögen noch in privaten Händen ist oder bereits in einer Gemeinschaftsstiftung kollektiviert wurde, es bleibt eine große Herausforderung, es vor Inflation zu schützen. Wie jede andere Stiftung auch bilden wir aus den Erträgen Rücklagen, die der Inflation entgegenwirken. In der aktuellen Situation, in der die Zinsen für sichere Anlagen die Inflationsrate knapp übersteigen, müssten fast alle Erträge in die Rücklage gegeben werden, um die Förderkraft des Vermögens dauerhaft zu erhalten. Für die Förderung der Stiftungszwecke blieben dann keine Mittel übrig. Bei einer wachsenden Stiftung wie der Bewegungsstiftung gewährleisten auch die neuen Zustiftungen die Förderkraft. Statt 100 Prozent der Erträge in die Rücklage geben zu müssen, haben wir die Rücklage auf ein Viertel der Erträge begrenzen können. Aus Rücklagen und stetigen Zustiftungen gelingt uns so beides: Die Förderkraft wird erhalten und drei Viertel der Erträge können wir für die Förderung verwenden. Zudem haben wir für unsere Geldanlage ethischnachhaltige Kriterien gewählt, weil wir auch mit der Anlage unseres Stiftungsvermögens dem guten Zweck dienen wollen. Unser Vermögen hilft, die alternativen Strukturen einer besseren Gesellschaft zu errichten. Dieses Ziel stellen wir, anders als viele andere Stiftungen, auch über den Wunsch, mit der Geldanlage vor allem die Erträge zu maximieren. Eine weitere Herausforderung, vor der Stiftungen stehen, besteht darin, den Gründungsgedanken zu erhalten. Stirbt die StifterIn, müssen die Satzungsorgane der Stiftung die Interpretation des Stifterwillens übernehmen. Das kann eine mühselige Angelegenheit werden. Denn sind die letzten Personen der Gründungsgeneration verstorben, sind vielerlei Interpretationen möglich. Die Bewegungsstiftung hat dem bereits mit der Gründung als Gemeinschaftsstiftung Vorschub geleistet. Sie gewinnt kontinuierlich neue Menschen hinzu – und ihnen wird die ursprüngliche Idee immer wieder neu erklärt. Das kollektiv gezeichnete Bild über Sinn, Zweck und „Spirit“ der Stiftung trägt sich so in der Gemeinschaft weiter.
Stiften oder Spenden – wo ist der Unterschied? Eine Zustiftung erhöht das Vermögen der Stiftung, gefördert wird nur aus den Erträgen. Wer 5.000 Euro oder mehr zustiftet, erhält bei uns lebenslang ein Stimmrecht im Beirat der StifterInnen. Eine Spende muss von Rechts wegen innerhalb von zwei Jahren für den Satzungszweck verwendet werden. Ein Stimmrecht ist bei uns damit nicht verbunden – egal, wie groß die Spende ist. In beiden Fällen ist der bürokratische Aufwand minimal: Es reicht, den Betrag zu überweisen und dabei den entsprechenden Verwendungszweck anzugeben. Während wir Zustiftungen ab 5.000 Euro entgegennehmen, sind Spenden in jeder Höhe möglich. Protest zu befördern – das ist die ureigene Aufgabe der Bewegungsstiftung. Eine Spende in den Fördertopf wird vollständig für die Förderung von Protestbewegungen verwendet. Die Hälfte unseres Fördervolumens kommt auf diese Weise zustande. Aus Sicht der Stiftung ist das auch sinnvoll: Die einmal geschaffene Struktur wird genutzt, um mehr Mittel für Kampagnen und Aktionen zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus gibt es einen zweiten, wichtigen Spendenzweck: die Arbeit der Geschäftsstelle. Sie dient dem Wachstum der Stiftung – und dazu sind Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising notwendig. Spende oder Zustiftung – beide Wege sind ein Beitrag zu einer besseren, gerechteren Welt. Erfreulich, dass sich der Staat über Steuererstattungen beteiligt. So können Spenden bis zu einer Höhe von 20 Prozent des Einkommens bei der Einkommenssteuer berücksichtigt werden. Darüber hinaus kann in zehn Jahren der Gesamtbetrag von einer Millionen Euro aus Zustiftungen steuerwirksam werden.
Jörg Rohwedder Geschäftsführer der Bewegungsstiftung
Jörg Rohwedder ist Diplom-Sozialökonom und war u.a. als Trainer für gewaltfreies Handeln tätig, bevor er 2002 Geschäftsführer der Bewegungsstiftung wurde.
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Wer sich am Protestsparen beteiligt, verzichtet auf die Zinserträge. Diese kommen Protestbewegungen zugute – wie zum Beispiel der Klimaschutzbewegung, die hier anlässlich des Klimagipfels in Kopenhagen 2009 Proteste mobilisierte. Foto: Jakob Huber
Protestsparen – mit Zinsen Protestbewegungen fördern Die Zeiten sind selten dazu angetan, sich den Protest zu sparen. Aber es ist durchaus möglich, für den Protest zu sparen. Mit der Kampagne Protestsparen der Bewegungsstiftung.
Beim Protestsparen handelt es sich um Darlehen, die der Bewegungsstiftung für drei, vier oder sechs Jahre zinslos zur Verfügung gestellt werden. Höhe und Laufzeit werden in einem Vertrag festgeschrieben. Wir nehmen die Darlehen, bündeln die Beträge und legen sie sicher und nach unseren ethischnachhaltigen Kriterien in Sparbriefen an. Mit den Zinserträgen fördern wir Protestbewegungen. Das Protestsparen verbindet eine Reihe von Vorteilen: • Die DarlehensgeberInnen verzichten auf ihre Zinsen und so fällt für sie keine Kapitalertragssteuer an. Die Bewegungsstiftung ist als gemeinnützig anerkannt und von der Steuer befreit. Die Zinsen aus den Sparanlagen kommen den Protestbewegungen so in vollem Umfang zu Gute.
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• Wir suchen die Protestbewegungen aus, die Unterstützung am dringendsten brauchen und die die größte Aussicht auf Erfolg haben. • Wir bündeln die Darlehen und legen das Geld dort an, wo es Veränderungen bewirkt und die Zinsen im Vergleich am höchsten sind. • Die Darlehen werden nur bei Banken angelegt, die ethisch-nachhaltig wirtschaften. Das heißt: Investitionen in Rüstung, Atomkraft, Ausbeutung oder Kinderarbeit sind ausgeschlossen. Stattdessen werden mit dem Geld alternative Formen des Wirtschaftens und Wohnens möglich gemacht. Wir haben folgende Banken für das Protestsparen ausgewählt: GLS-Bank, Ethikbank, Bank für Kirche und Diakonie sowie die Bank im Bistum Essen.
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• Die Rückzahlung ist sicher, weil nur solche Anlagen in Frage kommen, die über die gesetzliche Einlagensicherung hinaus auch in freiwilligen Sicherungsverbünden voll abgesichert sind. • Die Einhaltung der ethisch-nachhaltigen Kriterien wird von unserem Anlageausschuss und unserem Stiftungsrat überwacht. • ProtestsparerInnen werden regelmäßig darüber informiert, welche Kampagnen wir mit ihren Zinsen unterstützen. • Mit unserem Standardverfahren senken wir Verwaltungskosten auf ein Minimum und garantieren, dass diese auf höchstens 20 Prozent der Zinserträge beschränkt bleiben. Wir nehmen Protestspardarlehen ab einem Betrag von 3.000 Euro oder mehr entgegen. Der Betrag soll durch volle 1.000 teilbar sein. Zum Ende der Laufzeit können DarlehensgeberInnen wählen, ob sie das Darlehen zurückerhalten wollen, zu gleichen Konditionen verlängern oder in eine Zustiftung umwandeln möchten.
Bereits im Jahr 2006 haben wir Protestsparen ermöglicht. Die Darlehen, die wir damals erhalten haben und die nach der ersten Protestsparrunde verlängert wurden, haben wir aktuell für drei Jahre zu 3,9 Prozent Zinsen angelegt. Das ergibt folgende Beispielrechnung für ein Jahr: Darlehensbetrag
3.000
25.000
100.000
Zins p.a., 3,9%
117 E
975 E
3.900 E
Kosten max.
23 E
195 E
780 E
für Proteste
94 E
780 E
3.120 E
ersparte Steuer
36 E
297 E
1.190 E
Mit dem Protestsparen nehmen wir DarlehensgeberInnen zwei Aufgaben ab: die Auswahl guter Projekte und die Suche nach einer Geldanlage, die strengen ethisch-nachhaltigen Richtlinien entspricht. Beides wird von erfahrenen Stiftungsgremien entschieden und überwacht. Auf diese Weise wirkt das Darlehen doppelt – das Kapital dient dem Aufbau einer besseren Welt, die Erlöse dem Streiten für eine bessere Welt. Ein Darlehensvertrag kann in der Geschäftsstelle bestellt oder direkt unter www.protestsparen.de ausgefüllt werden.
"Im ersten Moment war ich irritiert: Protestsparen – was heißt das? Dass ich aus Protest sparen soll? Wen sollte mein Sparen beeindrucken? Dann war mir aber schnell klar, dass es eine sinnvolle Sache ist. Mein Geld dient nicht irgendwelchen Finanzspekulationen und die Erträge werden sinnvoll eingesetzt.“ Detlev von Larcher
Foto: Privat
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Bewegungen anstoßen – über das eigene Leben hinaus Menschen, die mit einem Teil ihres Vermächtnisses politische Bewegungen unterstützen möchten, bietet die Bewegungsstiftung die Möglichkeit des politischen Testaments. Dem geht eine eingehende Beratung voraus.
Über 50.000 Menschen kamen 2009 zur Anti-Atom-Demonstration nach Berlin. Unser Förderprojekt .ausgestrahlt hat die Demo mit organisiert. Foto: Jakob Huber
In unserer Gesellschaft gibt es zwei Themen, über die nicht offen gesprochen wird: Geld und Tod. Die Gründe dafür sind verständlich. Niemand denkt gern an sein eigenes Ende. Und Geld gilt als Privatangelegenheit, über die man höchstens mit seinen engsten Angehörigen spricht. Manche fürchten auch, Neid zu wecken oder nur auf ihr Vermögen reduziert zu werden.
• weil es keine Nachkommen gibt und das Erbe somit automatisch an den Staat fallen würde.
Dabei gibt es gute Gründe, sich mit den Themen Erben, Vererben und Schenken auseinanderzusetzen und ein Testament ins Auge zu fassen, zum Beispiel,
Für alle, die mit einem Teil ihres Vermächtnisses politische Bewegungen unterstützen möchten, bietet die Bewegungsstiftung die Möglichkeit des politischen Testaments an. Die Stiftung hat für diesen Fall umfangreiches Informationsmaterial zusammengestellt, das Interessierte in einem ersten Schritt über die Möglichkeiten aufklärt und auch grundsätzliche Erbschaftsfragen thematisiert. In einem nächsten
• weil man nicht das Erbrecht bestimmen lassen, sondern den Nachlass im eigenem Sinne regeln möchte.
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• weil es Sicherheit verleiht, seine Vermögensverhältnisse geordnet zu hinterlassen. • weil es Menschen, Ziele und Ideale gibt, die man auch nach dem Lebensende unterstützen möchte.
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Schritt folgt in der Regel eine eingehende Beratung, in die der Erfahrungsschatz der Stiftung und ihres umfangreichen Netzwerkes mit einfließen. Grundsätzlich gibt es verschiedene Optionen beim politischen Testament. Zum Beispiel: Ab einem Betrag von 10.000 Euro kann festgelegt werden, für welchen Themenbereich die Testamentsspende eingesetzt werden soll. Tritt der Erbfall ein, sucht die Stiftung Projekte sozialer Bewegungen aus, die den politischen Vorstellungen des/der Vererbenden und den fachlichen Kriterien aus Sicht der Stiftung entsprechen. Der Stiftungsrat entscheidet dann über die Vergabe der Gelder. Wer dagegen keinen Zweck festschreiben oder weniger als 10.000 Euro spenden möchte, hat die Möglichkeit, eine Spende in den allgemeinen Fördertopf der Stiftung zu geben oder kann bestimmen, dass sie ins Stiftungskapital einfließen soll. Bei einer solchen Zustiftung bleibt das Geld langfristig
erhalten. Aus den Erlösen des angelegten Geldes können dann auch noch in den nächsten 10, 20 oder 100 Jahren Protestbewegungen gefördert werden. Zustiftungen sind ab 5.000 Euro möglich. Wem hingegen ein Förderschwerpunkt besonders am Herzen liegt, dem oder der eröffnet sich noch eine weitere Option: Unter dem Dach der Bewegungsstiftung kann auch eine Treuhandstiftung errichtet werden. Das hat für Interessierte den Vorteil, dass sie keine eigene Stiftung gründen müssen, sondern die professionellen Strukturen und den Mitarbeiterstab der Bewegungsstiftung nutzen können. Das Mindestkapital einer Treuhandstiftung beträgt 500.000 Euro. Mehr Informationen zum politischen Testament enthält unsere kostenlose Erbschaftsbroschüre „Bewegungen anstoßen – über das eigene Leben hinaus“, die in der Geschäftsstelle bestellt werden kann.
Für den politischen Wandel stiften: Die Bewegungsstiftung ermöglicht dies auch über das eigene Leben hinaus – mit dem politischen Testament. Foto: Jakob Huber, Timo Voigt/randbild.de
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Die Geschäftsstelle In der Geschäftsstelle in Verden laufen die Fäden zusammen. Auch sie ist stetig gewachsen. Nicht nur an Personal, sondern auch an Arbeitsbereichen.
Die MitarbeiterInnen der Geschäftsstelle (von links nach rechts): Jens Meier, Wiebke Johanning, Annett Gnass, Kirsten Paul, Carin Vogt, Jörg Rohwedder. Foto: Bewegungsstiftung
Als die Initiatoren die Stiftung auf den Weg brachten, ahnten sie schon, was bald zur Erkenntnis wurde: Geld an der richtigen Stelle und auf die richtige Weise auszugeben, kostet Geld. Und Geld für eine Stiftung zu sammeln ebenfalls. Schon vor der Gründung wurde deshalb die Geschäftsstelle in Verden eingerichtet – besetzt mit einem Mitarbeiter für 20 Wochenstunden. Im Laufe der Jahre wuchs mit wachsendem Vermögen und steigenden Projektförderungen auch der Wochenstundeneinsatz. Inzwischen sind wir sechs Angestellte, die zusammen über 138 Wochenstunden verfügen. Das entspricht 3,5 Vollzeitstellen. Vier von uns haben sich mit ihrem Arbeitsbereich in dieser Broschüre schon vorstellen können: Unser Geschäftsführer Jörg Rohwedder, Anlageberaterin Kirsten Paul sowie die ProjektbegleiterInnen Annett
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Gnass und Jens Meier. Zwei weitere Mitarbeiterinnen machen das Geschäftsstellen-Team der Stiftung komplett: Carin Vogt ist seit 2005 in der Bewegungsstiftung. Zunächst vor allem für Buchhaltung, Spendenbescheinigungen und Adressverwaltung zuständig, managt sie seit Ende 2008 auch die Veranstaltungen und Tagungen der Stiftung und ist im diplomatischen Dienst mit Finanzamt und Stiftungsaufsicht aktiv. Wiebke Johanning ist seit 2008 Referentin für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Sie ist Ansprechpartnerin für die Medien und hält Stiftungsmitglieder sowie Interessierte mit Newsletter und „BS aktuell” auf dem Laufenden. Unter ihrer Verantwortung entstand auch diese Jubiläumsbroschüre. Wiebke ist bis zum Oktober 2012 in Elternzeit und wird von Astrid Labbert vertreten.
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Zwei weitere Personen möchten wir hier erwähnen, weil sie die Arbeit der Geschäftsstelle in den vergangenen zehn Jahren entscheidend mitgeprägt haben: Felix Kolb und Jochen Stay. Felix ist nicht nur einer der Initiatoren und Gründungsstifter, er war von 2005 bis Anfang 2009 auch Geschäftsführer der Bewegungsstiftung. Er ersann beispielsweise das Protestsparen und setzte unsere Website auf. Felix ist inzwischen Geschäftsführer von Campact e.V., der Stiftung aber weiter eng verbunden: Im März 2010 wurde er für fünf Jahre in den Stiftungsrat berufen. Jochen Stay war der erste Bewegungsarbeiter der Stiftung – und der dienstälteste, als er Ende 2010 sein „offizielles“ Engagement in der Stiftung beendete. Als Bewegungsarbeiter vertrat er (2002-2004) die geförder-
ten Projekte im Stiftungsrat, als erster Projektbegleiter der Stiftung füllte er später das Konzept von Beratung und Begleitung mit Leben. Viele unserer Förderinstrumente gehen auf seine Ideen zurück. Jochen ist heute bei der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt. Dass Mitarbeiter aus der Bewegung kommen oder wieder in die Bewegung wechseln, ist nicht untypisch. Wichtig ist uns dabei, transparente Verhältnisse zu schaffen. Bei einem Wechsel aus der Geschäftsstelle in den Stiftungsrat oder in die Rolle des Antragstellers gibt es beispielsweise eine Karenzzeit von einem Jahr. Auch bei Förderentscheidungen müssen immer Befangenheiten transparent gemacht werden. Zu guter Letzt sorgen neben MitarbeiterInnen, die uns phasenweise unterstützt haben, auch PraktikantInnen dafür, dass die Geschäftsstelle immer wieder ein neues Gesicht bekommt. Wir tragen das Siegel der Initiative "Faires Praktikum".
Kosten in der Stiftung Arbeit kostet Geld und so machen die Personalkosten rund ein Drittel der Ausgaben aus (Personalkosten sowie Kosten der Projektbegleitung und Vermögensverwaltung). Es ist sicherlich ein gewichtiger Faktor, zugleich aber ermöglicht diese bezahlte Arbeit auch, dass die Stiftung wächst, dass ein Vermögen von fünf Millionen Euro aufgebaut werden konnte, dass Menschen auf die Stiftung aufmerksam werden. Und mit der bezahlten Arbeit machen wir freiwillige Arbeit möglich: 35 Freiwillige beteiligen sich etwa in Arbeitsgruppen zur Evaluation, zur
BewegungsarbeiterInnen 390.000 Euro
Spendenweiterleitung 430.000 Euro
11,2 %
10 ,2%
12,3 % 26,5 %
Antragsbewertung, zur Geldanlage oder übernehmen Lektoratsaufgaben bei Broschüren wie dieser. Sie sind aktiv im Stiftungsrat, in der Beratung und Begleitung von Projekten oder beraten den Vorstand. Auch unsere Kassenprüfung erfolgt ehrenamtlich. Die Kosten, die mit diesem Engagement verbunden sind, finden sich im unten stehenden Diagramm unter Selbstverwaltung und machen nur rund zwei Prozent unserer Ausgaben aus. Die Torte gibt einen Überblick über unsere Kosten von 2002 bis 2011.
Beratung & Begleitung 357.000 Euro Personal 732.000 Euro
21 %
6,7 %
Zuschüsse 924.000 Euro Büro 232.000 Euro
Selbstverwaltung 68.000 Euro
1,9 %
Öffentlichkeitsarbeit 198.000 Euro
5,7 % 2,3 %
Vermögensverwaltung 81.000 Euro
2,2 %
Stiftung bridge 76.000 Euro
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Bewegte Stiftung – auch in Zukunft! 10 Jahre Bewegungsstiftung – die Anfänge sind gemacht. Was aber birgt die Zukunft? Jutta Sundermann, Mitglied im Stiftungsrat und Bewegungsarbeiterin, wagt einen Blick voraus: ins Jahr 2022...
Protestieren und gemeinsam Perspektiven entwickeln: Das wird auch die Zukunft der Bewegungsstiftung ausmachen. Foto: LAG Frauenhäuser NRW
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Herzlichen Glückwunsch, liebe Bewegungsstiftung! Das waren zehn beeindruckende Jahre. Längst ist die Stiftung nicht mehr wegzudenken aus der Bewegungslandschaft im Lande, ist wertvolle Beraterin und Impulsgeberin. Natürlich brauchen wir Dich noch viele Jahrzehnte mehr!
welche Herausforderungen und Gelegenheiten die Stiftungsgemeinschaft anpackt, könnten sich im Protokoll des Jahres 2022 diese Nachrichten finden:
Der Geburtstag ist eine tolle Gelegenheit, nicht nur zurück, sondern auch nach vorne zu blicken. Denn schließlich ist die Stiftung auf die Ewigkeit angelegt. Am Puls sozialer Bewegungen sind aber auch kürzere Zeitspannen voller Möglichkeiten. Alljährlich lädt die Stiftung zur Strategiewerkstatt ein. StifterInnen und geförderte Projekte entwickeln dort gemeinsam Perspektiven. Aus der Vergangenheit liegen viele Protokolle vor, die zeigen, welchen Weg die Stiftung bereits zurückgelegt hat. Je nachdem,
„Seit vier Jahren fördert die Stiftung gezielt internationale Bewegungsprojekte, wenn deutsche oder europäische Politik bzw. Konzerne in einem Land des Südens Schaden anrichten. In Chile, in Deutschland und in Frankreich hatten in den letzten Monaten Aktive mit Protestaktionen vor den Folgen des massiven Lithium-Abbaus gewarnt und jetzt eine drastische Reduzierung der Abbaumengen sowie unabhängig kontrollierte Umwelt- und Sozialauflagen für das Projekt erreicht.”
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Wir verstärken unsere internationale Förderung
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Wir vernetzen Protestbewegungen „Die mehrtägigen Bewegungstagungen der Stiftung sind längst eine feste Größe für hunderte von Initiativen und Organisationen. Bei der jüngsten kamen erstmals über 300 Menschen aus verschiedenen Teilen der Bewegung zusammen und vertieften themen- und spektrenübergreifend die Zusammenarbeit. Besonders intensiv diskutierten die Teilnehmenden, wie die Kampagnenarbeit von Gruppen aussehen kann, die für weitreichende gesellschaftliche Veränderungen eintreten wollen.”
Wir werben für eine ethische Geldanlage „Sehr gut besucht war die zweite Akademie der stiftungsnahen Vermögensberatungs-Genossenschaft. Besonders gut angenommen wurde das Angebot für Anleger in alternativen Projekten, wie sie ihre Beteiligungs-Rechte konstruktiv nutzen können. Ein Vertreter der GLS-Bank lobte: 'Die Stiftung macht Lust auf kluge Einmischungen, ohne zu dominieren. Für mich ist das eine neue Stufe der Demokratisierung der ethischen Geldanlage.”
Wir expandieren „Das junge Freiburger Büro der Stiftung vermietet ab dem kommenden Juli ein Büro an die Außenstelle der Anlageberatung. Das Freiburger Team freut sich auf die neue Nachbarin. Damit dürfte es noch voller werden im Südbüro der Stiftung, das seit seiner Eröffnung vor drei Jahren etliche neue Stifterinnen und Stifter gewinnen konnte.”
Wir bleiben eine lebendige Stiftungsgemeinschaft „Erneut fanden am zweiten Dezember-Wochenende die beliebten StifterInnen-Vernetzungstreffen in Süd-, West-, Ost- und Norddeutschland statt. Die
Initiatoren der regionalen Zusammenkünfte für StifterInnen hatten 2015 beklagt, dass die Gemeinschafts-Stiftung drohe, zu groß für lebendige Gemeinschaft zu werden. Deshalb wurden Regionaltreffen eingeführt, die von vielen StifterInnen genutzt werden.”
Wir geben Bewegungswissen weiter „Zum dritten Mal bietet die Bewegungsstiftung die berufsbegleitende Weiterbildung zur CampaignerIn an. In der zweijährigen Fortbildung lernen die Teilnehmenden alles, was man zur erfolgreichen Kampagnenplanung und -umsetzung braucht.”
Wir feiern Erfolge „Anlässlich des 20. Geburtstages erinnerte die Geschäftsführung an die umfangreiche Förderung der Stiftung für die Anti-Atom-Bewegung 2011. Seit Jahren sei diese Unterstützung nicht mehr notwendig, weil die Bewegung auf ganzer Linie erfolgreich war: Der Salzstock Gorleben darf ein Salzstock bleiben, der Ausstieg ist vollzogen, die Energiewende kommt voran und wird endlich weniger konzernfixiert ausgestaltet.” So oder ähnlich könnten die Erfolgsmeldungen in den Protokollen der Bewegungsstiftung im Jahr 2022 lauten. Gemeinsam können wir daran arbeiten, dass aus diesem Gedankenspiel Wirklichkeit wird.
Jutta Sundermann Mitglied im Stiftungsrat und Bewegungsarbeiterin
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Andere über uns „Bewegung stiften – was könnte sinnvoller sein in einer Welt, die grundlegende Veränderungen braucht, damit sie zu einem lebenswerten Ort für alle Menschen wird und nicht ein Ort extremer Ungleichheit bleibt und schließlich zu einer Welt ohne uns wird.” Roland Roth, Politikwissenschaftler und Bürgerrechtler
„Die Bewegungsstiftung belebt Graswurzelstrukturen. Das bekommt auch Robin Wood sehr gut. Besonderer Pluspunkt: Weitblick bei der Förderung und ein langer Atem. Bleibt weiterhin so erfrischend anders und zupackend!” Ute Bertrand, Robin Wood
„Aus eigener Erfahrung finde ich es toll, dass die Bewegungsstiftung auch neuen Ideen und Projekten eine Chance gibt. Wir haben mit LobbyControl wirklich von Null auf angefangen. Da war die Unterstützung durch die Bewegungsstiftung eine sehr wichtige Starthilfe. Danke!”
Ulrich Müller, LobbyControl
„Eine andere Welt ist möglich – diese Parole hat sich für uns durch die Bewegungsstiftung mit Leben gefüllt. Sie hat unserer Arbeit für den Schutz der Gemeingüter eine starke Stimme verliehen, die von den GegnerInnen nicht mehr ungehört bleibt.” Laura Valentukeviciute, Gemeingut in BürgerInnenhand
„Die Bewegungsstiftung ist klein, aber mit großer Wirkung, weil sie an den r(w)ichtigen Stellen piekst.” Christiane Grefe, Journalistin
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„Ich betrachte die Bewegungsstiftung als ein Stück deutscher Wertarbeit. Ich erinnere mich, dass einige Stifter kurz nach der Gründung Vorzeigestiftungen in den USA besucht haben. Und was war ihr Kommentar damals? So wirklich durchdacht sei das dort auch nicht; man mache eigentlich zu viele Kompromisse... Und dann machten sie es anders. So konsequent vorzugehen und dann noch Erfolg zu haben, das ist wirklich eine Leistung. Ich gratuliere!” Ilse Bosch, Stifterin bei filia.die frauenstiftung und Geschäftsführerin der Dreilinden gGmbH
„Die Kraft zum ersten Schritt und die Möglichkeit für alle, mitzuwirken – für beides ist die Bewegungsstiftung mitverantwortlich. Weiter so!”
Claudine Nierth, Mehr Demokratie
„Wenn es Greenpeace nicht gäbe, würde ich heute für die Bewegungsstiftung arbeiten. Es engagieren sich dort großartige Menschen. Wir sind uns im gesellschaftlichen Selbstverständnis sehr ähnlich. Deshalb habe ich die Entwicklung der Stiftung von Anfang an mit großen Interesse und Freude verfolgt. Glückwünsche zum Jubiläum! Werdet bitte noch größer und schlagkräftiger. Es gibt viel zu tun!” Melanie Stöhr, Greenpeace Umweltstiftung
„Herzlichen Glückwunsch den BewegerInnen! Mit euch verbindet uns fast ein geschwisterliches Verhältnis, wir kooperieren immer gern. Die Bewegungsstiftung ist für mich eine politische Stiftung mit viel Initiative und ein verlässlicher Verbündeter beim Netzwerk Wandelstiften. Ich wünsche euch weiterhin Wachstum, Einfluss und Gendersensibilität!” Sonja Schelper, Geschäftsführerin, filia.die frauenstiftung
„Der Protest auf der Straße braucht über kurz oder lang auch ein Büro, jede Bewegung irgendwann auch ein organisatorisches Fundament. Das macht die Förderarbeit der Bewegungsstiftung so wichtig. Denn keine noch so gute Idee findet ja von selbst Gehör. Wer wüsste das besser als die taz?” Konny Gellenbeck, taz panterstiftung
„Ich kenne keine Stiftung, die zugleich so politisch und so transparent ist. Kompliment!” Toralf Staud, Journalist
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Pressestimmen „Bewegung? Ja, bitte! Wer Geld hat, kann es verprassen – oder damit anderen etwas Gutes tun. Noch einen Schritt weiter gehen die Initiatoren der Bewegungsstiftung.” taz, 2001
„Die Erben haben die Macht der Millionen erkannt – aber anders als vielen New-Economy-Pionieren, die ein Auto als Statussymbol und das Aktien-Portfolio als Ausdruck gesellschaftlichen Erfolgs ansehen, gelten ihnen eher Investitionen in Gerechtigkeit, Solidarität und Basisdemokratie.” Der Spiegel, 2003
„Sie wollen 'stiften gehen', damit sich etwas ändert in der Sozialpolitik und in der Umweltpolitik. Lieber den 'Change' fördern, statt die 'Charity'.” Süddeutsche Zeitung, 2006
„Die Bewegungsstiftung [...] ist unabhängig von öffentlichen Geldgebern und damit frei für radikale Arbeit.” Publik Forum, 2011
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Impressum Herausgeber Bewegungsstiftung, Artilleriestraße 6, 27283 Verden, info@bewegungsstiftung.de, Tel.: 04231 - 957 540 Mitarbeiterin Jeannette Goddar (Interviews) Schlussredaktion Astrid Labbert, Jörg Rohwedder Verantwortlich Wiebke Johanning, johanning@bewegungsstiftung.de Konzept & Grafik-Design Monika Bröse, Freiraum Kommunikation, Köln Druck OrthenDruck, Köln, Gedruckt auf 100% Recyclingpapier Der Nachdruck von Texten oder Textauszügen aus dieser Broschüre zu nicht kommerziellen Zwecken ist unter Angabe der Quelle erlaubt und erwünscht.
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