Phil Nov/Dez 22

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Das Magazin der Berliner Philharmoniker
November / Dezember 2022
Silvesterkonzert
Die
Berliner Philharmoniker und Kirill Petrenko feiern das Jahresende mit Startenor Jonas Kaufmann
Entdeckungen
Kirill
Petrenko dirigiert Erich Wolfgang Korngolds faszinierende Symphonie in Fis
Hans Scharoun
Der geniale Architekt der Philharmonie Berlin starb vor 50 Jahren

Musik verbindet #PositiverBeitrag

Seit mehr als 30 Jahren arbeiten die Deutsche Bank und die Berliner Philharmoniker in einer engen und lebendigen Partnerschaft zusammen. Gemeinsam wollen wir Musik von Weltklasse fördern und Menschen jeden Alters für Musik und Kultur begeistern. Denn Musik inspiriert, verbindet Menschen und überwindet Grenzen.

db.com/kultur

Liebes Publikum,

Erich Wolfgang Korngold gehört zu den Komponisten, die Kirill Petrenko besonders am Herzen liegen. Vielleicht kennen Sie sein Violinkonzert, das mittlerweile einen festen Platz im Repertoire hat und auch von den Berliner Philharmonikern immer wieder gerne gespielt wird. Dass er aber auch eine abendfüllende Symphonie geschrieben hat, ist weniger bekannt. Kirill Petrenko präsentiert dieses faszinierende Werk Anfang November und Wilhelm Sinkovicz stellt uns in dieser Ausgabe des Magazins den Menschen Erich Wolfgang Korngold und dessen bewe gende Lebensgeschichte vor.

Christian Gerhaher und die Berliner Philharmoniker verbindet eine lang jährige Freundschaft. Seit seinem philharmonischen Debüt im Dezember 2003 wirkte der Bariton in einer Reihe aufsehenerregender Konzerte mit, in der Saison 2013/2014 war er Artist in Residence bei den Philharmonikern. Anfang Dezember ist Christian Gerhaher nun in einem Liederabend zu erleben. Auf dem Programm steht unter anderem Franz Schuberts be rührender Liederzyklus Schwanengesang. Lesen Sie dazu das Porträt von Bernhard Neuhoff.

Das diesjährige Silvesterkonzert der Berliner Philharmoniker unter der Leitung von Chefdirigent Kirill Petrenko führt musikalisch nach Italien. Als Stargast erwarten wir den Tenor Jonas Kaufmann. Er hat bereits häufig mit Kirill Petrenko musiziert, an der Bayerischen Staatsoper in München haben die beiden sogar 40 Abende miteinander bestritten. Malte Krasting wirft in seinem Essay ein spannendes Schlaglicht auf dieses produktive Miteinander.

Vor 50 Jahren – am 25. November 1972 – starb mit Hans Scharoun der geniale Schöpfer der Philharmonie Berlin. Phil erinnert an den visionären Architekten und Stadtplaner. Darüber hinaus erwartet Sie ein interessan ter Beitrag zu dem französischen Belle-Époque-Komponisten Édouard Lalo, dessen charmantes Cellokonzert im Dezember auf dem Programm steht, und manch anderes mehr.

Ich wünsche Ihnen wie immer eine anregende und unterhaltsame Lektüre und viele unvergessliche Konzerte mit den Berliner Philharmonikern.

Willkommen

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Inhalt

Italien, wie es singt und lacht

Die Berliner Philharmoniker begeben sich mit ihrem diesjährigen Silvesterkonzert auf eine Reise nach Italien. Mit dabei ist Startenor Jonas Kaufmann.

Christian Gerhaher

Der Bariton Christian Gerhaher ist ein lang jähriger musikalischer Freund der Berliner Philharmoniker. Anfang Dezember ist er mit einem Liederabend zu Gast.

• Silvesterkonzert 6
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Von Wien nach Hollywood

Erich Wolfgang Korngold war als Opernkomponist sowie als Schöpfer legendärer Filmmusiken zu Lebzeiten eine Berühmtheit.

Der Bringer der Freude

Die Musik von Édouard Lalo macht Spaß. Im Dezember steht sein Cellokonzert bei den Berliner Philharmonikern auf dem Programm.

und Ekstase

Eine Begegnung mit John Adams, einem der bedeutendsten Komponisten unserer Zeit.

Bauen für die Demokratie

Vor 50 Jahren starb Hans Scharoun. Phil erinnert an den genialen Architekten der Philharmonie Berlin.

Rubriken:

Philharmonische Momente 30 Hans Pfitzner war ein streitsüchtiger Sonderling und ein begnadeter Komponist.

Gefährten 34

Anton Bruckners Siebte Symphonie ist ein musikalischer Lebensbegleiter der Berliner Philharmoniker. Phil weiß warum.

Wenn ich nicht Musikerin wäre … 42 Die Geigerin Hande Küden ist eine begeis terte Tischtennisspielerin.

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• Melancholie
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Aktuelles 44 Konzerte 52 Impressum 56 • Entdeckung 14
• Hans Scharoun 20
Foto, linke Seite: akg-images/Cameraphoto. Rechte Seite: (oben, links) Interfoto/Austrian National Library/D'Ora-Benda, Atelier, (oben, rechts) Kollage, Originalfoto: akg-images, (unten) Archiv Akademie der Künste, Berlin 5 Phil — November/Dezember 2022

Italien,

wie es singt und lacht

Von Malte Krasting

Italien ist das Land, das die Kunst form Oper hervorgebracht hat, in dem die berühmteste Liebes geschichte der Welt spielt und das als Sehnsuchtsort immer wieder Komponisten inspiriert hat. Mu sik aus Italien also wird es geben an Silvester in der Philharmonie, und Musik über Italien, von einem halben Dutzend italienischer Kom ponisten und von zwei russischen, deren Herz schlug für das Land, wo die Zitronen blühen; Musik aus Oper, Ballett und Film, von eigener Erfindung ebenso wie von römi schen Straßenmusikanten und ihren Kanzonen abgelauscht.

Wie kaum ein anderer Sänger unserer Zeit zieht Jonas Kaufmann Menschen in den Bann, ob mit intimer Liedkunst oder bei Frei luftkonzerten in der Waldbühne. Ein Jahrzehnt ist es her, dass der Münchner Tenor zuletzt mit den Philharmonikern musiziert hat, als Don José in Bizets Carmen, in szeni schen und konzertanten Aufführun gen mit dem damaligen Chefdiri genten Sir Simon Rattle. Aus der Zeit davor sind immerhin eine Handvoll Auftritte zu verzeichnen: Mit Berlioz’ La Damnation de Faust (unter der musikalischen Leitung von Charles Dutoit) feierte er im Jahr 2003 sein Philharmoniker-Debüt, im April 2004 folgte Schuberts Es-Dur-Mes se mit Nikolaus Harnoncourt, dann Beethovens Neunte mit Sir Simon Rattle zum Saisonauftakt 2004/05

samt anschließender Sommertour nee, fünfeinhalb Jahre später Verdis Requiem mit Mariss Jansons bei den Osterfestspielen 2010 in Salzburg und schließlich 2011 Mahlers Lied von der Erde mit Claudio Abbado.

Rückkehr nach Berlin

Nun endlich also bringen die Silves terkonzerte einen Interpreten in die Philharmonie zurück, der von vielen Kennern und Liebhabern als der derzeit beste Vertreter seines Fachs angesehen wird. Einer, der das in Fachkreisen oft scheinbar selbst verständliche Denken in Gesangs fächern und deren teils behörd lich, teils befremdlich klingenden Bezeichnungen (wie Tenorbuffo, Kavalierbariton oder Charakterte

nor) im Grunde Lügen straft. Immer schon vielseitig macht er manchmal auch Ausflüge in die Bariton-Stimm lage – beispielsweise im Lied von der Erde, wo er im Konzert kürzlich gleich beide Partien, Tenor und Ba riton, gesungen hat, oder mit dem Prolog zu Bajazzo. »Manchmal fantasiere ich davon, mal den Scar pia, den Jago oder den Ochs im Rosenkavalier zu singen«, hat er in einem Interview gesagt: »Das sind Partien, um die ich meine Kollegen wirklich beneide!« Er bewegt sich stilistisch ohne Scheu auch im Milieu von Volks- und Wienerlied, pflegt ein breites Repertoire von Mozart bis Moderne und ist ein aktiv mit denkender Musiktheaterdarsteller, der von der Regie dieselbe inhalt liche Durchdringung der Werke verlangt, wie er sie auch von sich selbst erwartet. Mit dem Reiferwer den seiner Stimme ist er dabei, sich ganz neue musikalische Landschaf ten zu ersingen. Sein Rollendebüt in der Titelpartie von Peter Grimes zu Beginn des Jahres an der Wiener Staatsoper ist ein Beispiel dafür.

Mit italienischem und franzö sischem Repertoire war Jonas Kaufmann bekannt geworden, mittlerweile steht das deutsche mindestens gleichberechtigt dane ben. Wie sehr er in beiden Welten zu Hause ist, beschreibt der Kompo nist Detlev Glanert, der mehrmals Stücke für den Sänger komponiert hat: »Die Stimme von Jonas Kauf

Die Berliner Philharmoniker und ihr Chefdirigent Kirill Petrenko begeben sich mit ihrem diesjährigen Silvesterkonzert auf eine Reise nach Italien. Mit dabei ist Startenor Jonas Kaufmann.
Foto, linke Seite: akg-images/Cameraphoto. Rechte Seite: Monika Rittershaus
Kirill Petrenko dirigiert die Berliner Philharmoniker
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mann […] ist für mich eine der ganz wenigen Inkarnationen eines typisch deutschen Tenors mit italie nischem Einschlag; so ein Klang von dunklem Gold und Glut muss auch Wagner und Strauss bei ihren gro ßen Tenorpartien vorgeschwebt haben, beide größte Verehrer des Belcanto.« Seine darstellerische Wandlungsfähigkeit ist enorm, sie hinterlässt manchmal sogar seine größten Fans in Verwirrung. Bei der Generalprobe zum Münchner Otello beschwerten sich in der Pause Besucher beim Einlasspersonal: Es sei doch Jonas Kaufmann ange kündigt gewesen, und nun singe da jemand ganz anderes.

Musikalische Freundschaften

Jonas Kaufmanns Beziehung zum heutigen künstlerischen Leiter der Berliner Philharmoniker könnte enger kaum sein. Zusammenge bracht hat die beiden Nikolaus Bachler, seinerzeit Intendant der

Bayerischen Staatsoper. Eine von Bachlers ersten Personalentschei dungen galt dem Tenor, der bis dahin kaum am Nationaltheater gesungen hatte. Bei ihrem ersten Treffen fragte der Staatsintendant den Sänger, warum er so ungern in seiner Heimatstadt auftrete. »Ganz im Gegenteil«, meinte dieser: Nichts lieber als das würde er tun. So schmiedete Bachler aus Jonas Kaufmann und der bereits eng mit dem Haus verbundenen Sopra nistin Anja Harteros ein Sänger traumpaar, das, angefangen mit Lohengrin, in vielen Neuproduktio nen den Glanz des Hauses in die Welt trug. Und als wenige Jahre darauf die Position des General musikdirektors neu zu besetzen war, brauchte der Intendant nicht lange zu überlegen – hatte er doch den Weg jenes Dirigenten genau verfolgt, der einst als Kapellmeister an der von ihm geleiteten Wiener Volksoper seine Laufbahn be gonnen hatte. Sage und schreibe

Silvester mit Jonas Kaufmann
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gemeinsame Abende haben

Jonas Kaufmann und Kirill Petrenko dann an der Bayerischen Staats oper miteinander bestritten, davon allein fünf große Neuproduktionen. Nicht überraschend gab es dreimal Musikdramen von Richard Wagner, erst Die Meistersinger von Nürn berg, dann Parsifal, und zuletzt –spektakulär – Tristan und Isolde; außerdem Erich Wolfgang Korn golds Oper Die tote Stadt, die wie keine andere das Morbide und das Vitale der Spätromantik aufblühen lässt. Aber auch dem Italienischen haben sich Jonas Kaufmann und Kirill Petrenko gewidmet und eine aufsehenerregende Deutung von Giuseppe Verdis vorletzter Oper Otello erarbeitet. Vorstellungsse rien von Fidelio, Die Walküre und Tosca wären außerdem zu nennen. Wenn sie nun in Berlin nebeneinan der auf der Bühne stehen, brin gen sie natürlich die Oper in den Konzertsaal und haben italienische Arien fürs Philharmonie-Programm ausgewählt. Auf die Ouvertüre zu Verdis in Sankt Petersburg urauf geführter Oper La forza del destino folgt die große Arie Don Alvaros vom Beginn des dritten Aktes: Die Irrungen und Wirrungen der Hand lung haben den Inka-Sprössling als Hauptmann in spanischen Diensten nach Italien verschlagen, wo ihn die Gedanken an Leonora, die ver lorene Liebe seines Lebens, weiter verfolgen.

Romeo und Julia

Mit gleich zwei Werken wird im Silvesterkonzert dem populärsten Liebespaar der Weltliteratur ge huldigt – jenem aus Verona: Das Orchester spielt Auszüge aus Sergej Prokofjews Ballettsuiten zu Romeo und Julia, Jonas Kaufmann hinge gen bringt eine Verismo-Rarität mit, eine Arie aus Riccardo Zandonais Oper Giulietta e Romeo. Auch die zwei weiteren Arien, die er sich aus gesucht hat, gehören dem Verismo an, dieser spezifischen italienischen Operngattung, die das Leben schärfer, härter, unbarmherziger und gefühlvoller wiedergeben wollte, als es sich die vorangegan genen Komponistengenerationen getraut hatten. Musik, die direkt ins

Blut geht, zu Szenen, in denen es blutig wird. So wie in der Blaupause dieser neuen Musiktheaterform, Pietro Mascagnis Cavalleria rusti cana, deren Story in Echtzeit erzählt wird: Auf das Orchester-Intermezzo folgt der herzzerreißende Ab schied Turiddus von seiner Mutter, das Addio alla madre – der junge Mann, der seine Verlobte mit der Frau eines anderen betrogen hat, ahnt, dass das Duell für ihn tödlich ausgehen wird, und er bittet die »Mamma«, sich der von ihm ver lassenen Santuzza anzunehmen, wenn er nicht zurückkehrt.

In Umberto Giordanos Revolu tionsoper Andrea Chénier gerät der dichtende Titelheld zwischen gesellschaftlichem Engagement fürs Volk und glühender Liebe zu einer Aristokratin in die Mühlen der Schreckensherrschaft Robespierres. Schon im sogenannten Improvviso, im ersten Bild der Oper, wird das deutlich: Auf einer Feier im Schloss der Gräfin Coigny drängt ihn die schöne Tochter des Hauses, eine Kostprobe seines lyrischen Könnens zu geben. Die Stegreifdichtung über das verabredete Thema »Lie be« gerät zum flammenden Appell für soziale Gerechtigkeit. Hier ahnt die ganze Festversammlung, dass der Fauxpas noch blutige Folgen haben wird.

Zwei Orchesterwerke schließen das Konzert ab: ein Stück eines Mailän der Komponisten, der eine italieni sche Geschichte in Tönen schildert, und das eines Russen, der sich in der Fremde endlich einmal wohl fühlte. Nino Rota ist außer Korn gold vielleicht der einzige Kom ponist, der sowohl in der Film- wie in der Konzertmusik unbestritten zu den Großen zählt. Gründlich in klassischer Musik ausgebildet (von Kapazitäten wie Ildebrando Pizzetti und Alfredo Casella), war er viele Jahre lang selbst Kompositionspro fessor und Konservatoriumsdirektor, schrieb Solokonzerte für Klavier und für Violoncello ebenso wie ausge wachsene Symphonien. Aber na türlich kennt man ihn wegen seines Filmschaffens, ob für Francis Ford Coppolas Der Pate oder für fast

alle großen Streifen von Federico Fellini. Die Musik zu dessen frühem Meisterwerk La strada hat Rota selbst als Ballettsuite eingerichtet und ergänzt – Klänge, die auch das Konzertpodium beben lassen.

Das Finale gebührt Peter Tschai kowsky, der oft die italienische Son ne in sein Herz scheinen ließ. Wie im Florentiner Sommer 1890, als er in wenigen Wochen die ganze Oper Pique Dame schrieb. Oder im römi schen Winter 1879/80, als er nach den Weihnachtstagen auch das Karnevalsfest erlebte. Bereichert von den römischen Kunstschät zen, inspirierte ihn die von Musik erfüllte Luft zu einem klingenden Reiseandenken. Ein Militärsignal, einen sehnsüchtigen Gesang, eine neapolitanische Kanzone, einen Viervierteltakttanz und eine Ta rantella fügte er sorgfältig und mit unbekümmerter Lust am Effekt zu sammen: So wurde sein Capriccio italien zu einer Viertelstunde Musik, der man die glückliche Stimmung ihres Komponisten in jedem Takt anmerkt. Möge sie ansteckend sein für alle, die sie zum Ausklang des Jahres 2022 hören, wo auch immer sie sind.

Konzerthinweis

• Do 29.12.22 20 Uhr Fr 30.12.22 20 Uhr Sa 31.12.22 17:30 Uhr Großer Saal

Berliner Philharmoniker

Kirill Petrenko Dirigent Jonas Kaufmann Tenor

Peter Tschaikowsky

Capriccio italien op. 45 Sergej Prokofjew Romeo und Julia (Auszüge)

Giuseppe Verdi La forza del destino: Ouvertüre Pietro Mascagni Cavalleria rusticana: Intermezzo Arien von Giuseppe Verdi und anderen

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 Foto: © Gregor Hohenberg / Sony Classical
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»Einmal muss es ja doch durch dich durch«

Wenn in einem Gedicht das Wörtchen »ich« steht, spricht der Dichter nicht unbedingt von sich selbst. Deutschlehrer können ein Lied davon singen. Und Lied-Sänger, das ist Christian Gerhaher überaus wichtig, sollten diese Erkenntnis niemals vergessen. Alle vier – nämlich der Dichter, der Komponist, der Sänger und sein Partner am Klavier – sagen auf jeweils unterschiedliche Weise »meine Seele«. Alle vier haben Anteil am Sinn und am Klang dieser Wörter. Trotzdem spricht letztlich keine dieser vier realen Personen. Denn wenn ihnen ihre Kunst vollendet gelingt, dann sind es am Ende wir, die Zuhörer, die sich auf rätselhafte Weise verwandeln. Das »lyrische Ich« ist also nicht deckungsgleich mit dem realen Ich des Autors. Andererseits: Kann man Gefühle ausdrücken, die man nie hatte?

»Man kann natürlich Privates sehr gut ausstellen. Das machen ja manche Menschen. Für mich persönlich kommt das einfach nicht infrage.« Christian Gerhaher hasst den biografi schen Kurzschluss. »Ich möchte Identifi kation vermeiden –jedenfalls in dem Sinn, dass ich ein Stück überhaupt nur dann darstellend und verstehend auf die Bühne bringen kann, indem ich es von seinem Verhältnis zu meiner persönlichen Gefühlslage und meinem persönlichen Lebenslauf abhängig mache. Das möchte ich nicht!« Im Vergleich zu Lied-Sängern, die vom Operngesang kommen und sich auch schauspielerisch den Text zu eigen machen, mag seine Vortragsweise fast etwas distanziert wirken. Sein Credo ist: »Lieder sind keine Miniopern.«

Ein Liederabend mit Christian Gerhaher ist intim und diskret zugleich. Vielleicht erwischt er uns gerade deshalb umso intensiver. Bei Gerhaher sprechen die Gefühle sozusagen für sich – ohne alles Getue. Nicht voyeuristisch-privat und erst recht nicht aufgesetzt oder gefühlig. Und gerade deshalb umso berührender. Der Kurzschluss zwischen dem Erleben, von dem ein Kunstwerk spricht, und den persönlichen Erlebnissen des Interpreten ist ja nicht ohne Grund so hartnäckig. Auch wider besseres Wissen bleiben wir dabei: Wenn wir ein Gedicht lesen, und erst recht, wenn wir ein Lied hören, möchten wir intuitiv glauben, dass derjenige, der da »ich« sagt, selbst fühlt, wovon er spricht oder singt. Jedenfalls für den Moment, in dem der Klang der Worte und die Sprache der Musik uns verzaubern.

Für Gerhaher ist das jedoch eher Resultat als Voraussetzung seiner Interpretation. Er steckt nicht seine privaten Gefühle in das Lied, sondern lässt sich selbst beim Singen davon berühren. Zunächst, sagt er, müsse er bei der Vorbereitung versuchen, ein Stück in einer gewissen Weise zu verstehen. Eine solche Interpretation bleibt aber immer nur vorläufig und ist niemals mehr als eine Annäherung – das ist ihm wichtig. Die eigenen Gefühle und Erlebnisse bleiben dabei erstmal draußen, soweit das möglich ist. »Aber dann, unabhängig von meinem vergangenen Erlebnishorizont, möchte ich tatsächlich eine momentane, durchaus emotionale Beziehung zu diesem Stück aufbauen. So wie der Zuhörer auch. Das

heißt, ich möchte nicht mit Emotionen auf die Bühne gehen, sondern mit Emotionen von der Bühne weggehen, die meine eigenen, selbst empfundenen sind, die aber vom Stück erst ausgelöst wurden.«

Gerhaher macht es sich nicht einfach. Grundsätzlich. Und mit nichts. Sein Pianist Gerold Huber ist in diesen Fragen etwas weniger skrupulös. Oder vielleicht auch einfach nur lebensnäher? Die beiden sind unzertrennlich, aber auch ein bisschen wie ein altes Ehepaar. Wenn Gerhaher von Hubers typischer Reaktion auf seine etwas komplizierten ästhetischen Gedanken erzählt, kommt plötzlich ein sehr wacher Sinn für Selbstironie in seine Stimme. Und die Färbung durch den niederbayerischen Dialekt schlägt etwas stärker durch: »Weil ich ja immer versuch, diese ganze Sache quasi aseptisch zu händeln, sagt mein Pianist, der viel klüger ist als ich: ›Naja, mit deinem ganzen Distanz-Quatsch kannst mal aufhörn. Einmal muss es ja doch durch dich durch.‹«

Dieses Bild gefällt Gerhaher: »Man gießt heißes Wasser in einen Kaffeefilter und unten kommt halt der Kaffee raus – aber ohne die Körner. So ist die Darstellungsfähigkeit dessen, der ein Stück vermitteln muss, begrenzt durch den eigenen Erlebnishorizont.« Die Musik muss durch ihn durch. Andere Künstler genießen das, erleben sich selbst in der Verschmelzung mit dem genialen Werk eines Komponisten intensiver und projizieren dieses gesteigerte Ich-Erlebnis auf das Publikum. Gerhaher dagegen scheint es fast zu

Der Bariton Christian Gerhaher gehört zu den bedeutendsten Sängern unserer Zeit. Seit seinem philharmonischen Debüt im Jahr 2003 ist er immer wieder bei den Philharmonikern zu erleben, im Dezember präsentiert er nun Franz Schuberts Schwanengesang. Ein Porträt.
Foto: Gregor Hohenberg / Sony Classical
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Konzerthinweis

• Sa 03.12.22 20 Uhr

Kammermusiksaal

Christian Gerhaher Bariton Gerold Huber Klavier

Franz Schubert Schwanengesang D 744 sowie weitere Lieder

bedauern, dass die Musik durch ihn durch muss. Lieber wäre er quasi ein Medium – ohne die zufälligen Grenzen der eigenen Erlebnisse und der eigenen Biografie.

Und doch weiß Gerhaher genau, wo seine Kraftquellen liegen. Und er ist denen sehr dankbar, die sie freigelegt haben. Der Erlebnishori zont von Gerhahers Jugend ist der Himmel über Straubing. In seinem neuen Buch (es ist schon sein zwei tes, Lyrisches Tagebuch heißt es, erschienen im März bei C. H. Beck) beschreibt er ein Erlebnis, das ihn tief beeindruckt hat. Als Junge half er auf dem einige Kilometer außer halb der Stadt liegenden Hof seines Freundes mit. Danach telefonierten die beiden miteinander. Und weil damals Kalter Krieg herrschte und der Eiserne Vorhang nicht weit war, flogen regelmäßig Tiefflieger über die Gegend. Beim Telefonieren hörte er das ohrenbetäubende Ge räusch eines sich nähernden Düsen jets erst durch das Telefon. Und we nige Sekunden später spürte er es am eigenen Leib. Jetzt hörte es, das wurde ihm plötzlich klar, sein Freund durchs Telefon – genauso wie gera de eben er selbst. Es war derselbe Tiefflieger, der erst über den Hof des Freundes und dann über sein eigenes Haus geflogen war. Von diesem Erlebnis zieht Gerhaher eine überraschende Parallele zu den lyrischen Bildern in Beethovens Liederzyklus An die ferne Geliebte Da geht es immer wieder darum, dass die Liebenden einen Gleich klang der Gefühle spüren trotz ihrer räumlichen Entfernung: Verbunden heit in der Distanz.

Zum Singen kam er durch einen Chor. Eingetreten sei er eigent lich hauptsächlich, weil da auch Mädchen mitsangen, die ihn interessierten. Aber dann wurde der Chorleiter auf ihn aufmerksam. Es war der Vater von Gerold Huber, Gerold Huber der Ältere – beide haben den gleichen Namen. Der wurde sein Mentor, vertraute ihm erst kleine, dann größere Soli an. Und brachte ihn mit seinem Sohn zusammen, der ihn am Klavier begleitete. Seit mehr als 30 Jahren

sind die beiden nun ein Duo. Beide gingen nach München zum Studie ren. Gerold Huber gleich an die Musikhochschule. Christian Gerha her begann erst mit Philosophie, und absolvierte dann ein Medizin studium samt Promotion (nahm aber währenddessen immer Ge sangsunterricht und probte täglich mit seinem Klavierpartner), bevor er sein Gesangsstudium aufnahm.

Wenn die beiden über- und mit einander sprechen, herrscht fast immer ein witziger Ton. Gerhaher sagt dann gern Sätze wie: »Rhyth misch bin ich ja insuffizient, aber zum Glück habe ich meinen Pianis ten.« Die gegenseitigen Neckerei en können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass beide beim gemeinsamen Musizieren fast schlafwandlerisch sicher im Voraus wissen, wie der andere den jeweils nächsten Ton gestalten wird. So gespannt sind die Drähte, dass Hu ber manchmal an seiner eigenen Stimme eine Veränderung wahrge nommen hat, wenn er merkte, dass sein Liedpartner mal stimmlich nicht so gut disponiert war. Telepathie? Jedenfalls eine außergewöhnlich starke Verbindung.

Auch bei Dietrich Fischer-Dies kau hatten die beiden Unterricht. Gerhaher bewundert den Kunst lied-Übervater bis heute, sieht ihn als seinen wichtigsten Lehrer. Denn Fischer-Dieskau sei es gewesen, der als Erster dem Lied wieder seinen eigentlich lyrischen Charakter zurückerobert habe – in radikalem Ernst, mit dem er die Gestaltung auf das Verhältnis von Text und Musik fokussierte. Lieder sind eben keine »Miniopern«, sondern vertonte Gedichte. Einem Gedicht kann man seine Stimme leihen, aber man verkörpert es nicht wie ein Schau spieler seine Rolle.

Das allerdings, das Schauspielern, kann Gerhaher auch – und er tut es mit Leidenschaft. Die Zweifler und gebrochenen Charaktere spielt er am liebsten auf der Opernbüh ne. Wolfram im Tannhäuser, den vergeblich Liebenden. Wozzeck, den die psychische und physische

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Gewalt seiner Umwelt zum Mörder macht. Als unheilbar verwundeter Amfortas im Münchner Parsifal in der statischen Regie von Pierre Audi zu Bildern von Georg Baselitz war er, am Krückstock über die Bühne taumelnd, mit seiner intensiven schauspielerischen Leistung der Einzige, der überhaupt Leben auf die Bühne brachte, ein szenischer Lichtblick. Und selbst Rollen, die so gar nicht zu ihm zu passen scheinen, beleuchtet er auf überraschende und schlüssige Weise: Als Graf Al maviva im Figaro stolperte er in der Regie von Christof Loy charmant von einer Peinlichkeit in die nächste. Ein ebenso ungewöhnliches wie überzeugendes Figurenporträt war das. Gerhaher ist ja von seinem ganzen Wesen her so ziemlich das exakte Gegenteil eines oberflächli chen Filous. So sympathisch ver peilt hatte man den Grafen selten gesehen, und einen, der so fein und differenziert singt, gibt es ohnehin nicht alle Tage.

Sein beweglicher und heller, erst in den letzten Jahren allmählich etwas nachdunkelnder Bariton entwickelt auf der Opernbühne eine erstaun liche Kraft. Angst haben muss man um diese Stimme nicht. Trotz aller Selbstzweifel verlief Gerha hers Karriere steil und stetig. Ihren professionellen Anfang nahm sie, als ein BR-Redakteur ihn 1996 in der Münchner Musikhochschule hörte. Oswald Beaujean heißt er, heute ist er Chef von BR-Klassik. Spontan bot er dem jungen Bariton eine kleine Produktion in einem BR-Studio an. Damit konnte Gerhaher sich bei einer Agentur bewerben, mit der er bis heute zusammenarbeitet. Eben so wie mit den BR-Tonmeistern, mit denen er alle seine CDs aufnahm. Zuletzt eine zyklische Gesamtauf nahme aller Lieder von Robert Schumann: 299 Lieder auf 11 CDs, ein gigantisches Projekt. Und ein »Geschenk für die Welt«, wie die Süddeutsche Zeitung schrieb. Ein Geschenk – das trifft es gut. Ein Geschenk, das ist ein Angebot. Gerhaher lässt uns, den Hörenden, die Freiheit. Er drückt niemandem seine privaten Gefühle auf, er spielt sich nie in den Vordergrund.

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Von Wien

nach

Erich Wolfgang Korngold war als Opernkomponist sowie als Schöpfer legendärer Filmmusiken zu Lebzeiten eine Berühmtheit. Dass er aber auch eine abendfüllende Symphonie zu Papier brachte, wissen nur die wenigsten. Kirill Petrenko und die Berliner Philharmoniker stellen das faszinierende Werk Anfang November vor.

Erich Wolfgang Korngold war 15 Jahre alt, als die Berliner Philharmoniker erstmals ein Werk von ihm spielten. Das war im Dezember 1912, und kein Geringerer als Arthur Nikisch führte damals den Taktstock. Ziemlich genau 110 Jahre später leitet Nikischs Nachfolger Kirill Petrenko sein Orchester nun durch Korngolds monumentale Symphonie in Fis. Vier Sätze, wie es sich gehört, für großes Orchester gesetzt. Das erstaunt, ist unser Wissen über den Komponisten Korngold doch nach wie vor überlagert vom Verdacht, da hätte offenbar ein Mann aus Hollywood sich an der Formenwelt von Beethoven und Brahms versucht. Dann sei es ja kein Wunder, so das Vor urteil, dass die Stücke wie Filmmusik klängen. Die Wahrheit ist indes viel trivialer: Korngold klingt nicht wie Filmmusik. Filmmusik klingt wie Korngold.

Aber der Reihe nach. Erich Wolfgang Korngold kam 1897 im mährischen Brünn (heute: Brno in der Tschechischen Republik) zur Welt. Die Familie übersiedelte bald in die kaiserliche Haupt- und Residenzstadt Wien, wo der Vater, Julius Korngold, in der Nachfolge des legendären Eduard Hans lick zum gefürchteten Chefkritiker der Neuen Freien Presse wurde. Unter solchen Auspizien hatte es ein Wunderkind wie Erich nicht leicht. Natürlich konnte der Herr Papa alle Wege ebnen, die zu Begegnungen mit bedeutenden Interpreten führten. Doch die Mitwelt schielte neidisch auf die Möglichkeiten, die schon der Zehn- oder Elfjährige geboten be kam. Und unter Musikern kursierte bald der Kalauer: »Ist die Korngold-So nate dankbar? Nein, aber der Papa sicher!«

Erich war 13 Jahre jung, als seine erste Klaviersonate erschien und seine Ballettmusik Der Schneemann auf der Bühne der Wiener Hofoper heraus kam, wobei damals noch Alexander von Zemlinsky die Orchestrierung der vom jugendlichen Komponisten im Klavierauszug notierten Musik besorgte. Doch bald wurde gerade die Instrumentationskunst Korngolds eigentliche Domäne. Als Teenager schrieb er seine Partituren selbst und auch an melodischen Einfällen mangelte es dem Talent nicht. Seine in unverwechselbar wienerischer Spätromantik harmonisch schillernden Orchesterstücke wurden Sensationserfolge.

»Wenn der so weitermacht, können wir alle einpacken«, kommentierte Richard Strauss, der selbst zum Taktstock griff, um Korngold-Novitäten aus der Taufe zu heben. Dem Meister des Rosenkavaliers erwuchs bald ein echter Konkurrent. Schon erste einaktige Opern-Versuche des 19-jährigen Korngold hatten aufhorchen lassen. Und mit der Uraufführung der Oper Die tote Stadt, deren Libretto Vater Julius Korngold unter dem Pseudonym

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Paul Schott geschrieben hatte, war der Weltruhm des gerade einmal 23-Jährigen besiegelt. Korngolds Werk wurde zum Kassenschlager und egalisierte eine Zeit lang sogar die finanziellen Erfolge von Strauss.

In der Folge wartete das Publi kum auf Neues aus der Feder von Korngold ebenso gespannt wie auf Strauss-Premieren. Es waren Jahre, in denen das Musiktheater noch für Schlagzeilen sorgte, nicht nur, aber durchaus auch, wegen der oft erotisierenden Inhalte der Uraufführungswerke. In der auf regenden Saison 1927/28 kamen beispielsweise drei viel beachtete neue Opern heraus: Das »Skandal stück« Jonny spielt auf von Ernst Krenek, aber auch Korngolds Das Wunder der Heliane und Straus sens Die ägyptische Helena

Wie aufmerksam die Öffentlichkeit diese Vorgänge verfolgte, be weist die Tatsache, dass zur Feier erwartbarer Kassenschlager auf

der Wiener Staatsopernbühne von der österreichischen Tabak-Re gie sogar neue Zigaretten- bzw. Zigarrenmarken in den Handel gebracht wurden. Wobei die Sorte, die nach Kreneks Jonny benannt wurde, sich jahrzehntelanger Be liebtheit erfreute, während die no ble Heliane bald wieder aus dem Sortiment gestrichen wurde.

Das Wunder der Heliane konnte trotz zeittypisch psychologisieren der Handlung nicht mehr an die sensationelle Aufführungsquote der Toten Stadt heranreichen. Der Titel verschwand auch wegen des ungeheuren Aufwands, der für eine szenische Realisierung erforderlich war, bald von den Spielplänen. In Zeiten der Wirtschaftskrise verän derten sich die Perspektiven und damit die Einnahmequellen der Komponisten. Als die Christlichso ziale Partei 1931 im Wiener Parla ment einen Antrag auf Erhebung einer »Kunststeuer« einbrachte, ant wortete Erich Wolfgang Korngold einer Umfrage der Satire-Zeitschrift Kikeriki in Anspielung auf die sin kenden Aufführungszahlen seiner Werke und die Notwendigkeit, von Arrangements der Operetten Leo Falls oder Johann Strauß’ zu leben: »Ich soll noch Tantiemen abgeben! Ist mein Schneemann nicht längst geschmolzen? Wie oft wird in dieser toten Stadt meine Tote Stadt noch gespielt? Meine Tantiemen aus Heliane reichen kaum auf eine Zigarette gleichen Namens. Wenn ich nicht von dem toten Fall und dem unsterblichen Johann Strauß leben würde, müsst’ ich rein mei nem Vater zur Last fallen!«

Aber der alternde Kritiker Ju lius Korngold war bald selbst auf Unterstützung angewiesen. Vor der politischen Katastrophe, die heraufdämmerte, rettete sich die Familie in die USA. Den Anker hatte der Regisseur Max Reinhardt aus geworfen, als er den Komponisten für die musikalische Untermalung der Verfilmung seiner Shakes peare-Inszenierung Ein Sommer nachtstraum engagierte und nach Hollywood holte. Korngolds Arran gement der in Deutschland bald

Erich Wolfgang Korngold, um 1930 Foto: Interfoto / Austrian National Library.
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verbotenen, unvergleichlichen Schauspielmusik Felix Mendelssohn Bartholdys für den Kino-Gebrauch sollte sich als Überlebensgarantie für den Komponisten entpuppen. Anders als mancher Leidensgenos se konnte Erich Wolfgang Korngold sich in den USA an der Seite seines Wiener Kollegen Max Steiner als führender Komponist für Filmmusik etablieren.

Das bedeutete Fluch und Segen zugleich. Seinem musikalischen Stil blieb Korngold treu. Damit drückte er dem unverwechselbaren Holly wood-Sound seinen Stempel auf. Filmmusik klang dann eben wie Korngold. Und der Umkehrschluss, der heute gern zitiert wird, erklärt sich freilich auch aus einer ver gleichsweise langen Abstinenz des Opern- und Konzertkomponisten. Korngold hatte sich nämlich selbst einen Eid geschworen: Solange Hitler in Europa an der Macht sei, wollte er keine Musik ernsthaften Charakters mehr komponieren.

Tatsächlich vollendete er erst nach 1945, unter Einbeziehung etlicher Sequenzen aus Filmen wie Ein rast loses Leben (1936), Der Prinz und der Bettelknabe (1937) oder Juarez (1939), die Partitur eines zunächst Bronislaw Huberman zugedachten, schließlich aber von Jascha Heifetz uraufgeführten Violinkonzerts.

Dieses gilt heute, nach einer langen Durststrecke, in der Korngolds Musik gar keine Chance mehr zu haben schien, als eines der brillantesten Konzertwerke des 20. Jahrhunderts. Und das obwohl es das Vorurteil gegen den Komponisten zu be stätigen scheint und tatsächlich aus Filmscores – im wahrsten Sinne des Wortes – komponiert worden ist.

Es hat lange gedauert, bis es so weit kam. Die Korngold-Renais sance ist ein Phänomen der Jahre um und nach 2000. Da war der Komponist schon ein halbes Jahr hundert lang tot. Seine eigenen Versuche, bei Gastspielen in der »Alten Welt« noch einmal an

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Konzerthinweis

• Mi 02.11.22 20 Uhr

Do 03.11.22 20 Uhr Fr 04.11.22 20 Uhr Großer Saal Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent Noah Bendix-Balgley Violine

Andrew Norman Unstuck Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 B-Dur KV 207 Erich Wolfgang Korngold Symphonie Fis-Dur op. 40

frühere Erfolge anzuknüpfen, sind einst kläglich misslungen. Man hatte in Europa keinen Sinn mehr für Korngolds späte oder, wie viele meinten, verspätete Romantik. Die Avantgarde produzierte ganz andere Klänge, aber auch die Traditionsbewussteren unter den Daheimgebliebenen machten keine Anstalten, den verlorenen Sohn zurückzuholen. Im Gegenteil. Wer die bösartigen Facetten des viel zitierten wienerischen Charmes kennt, kann förmlich den Tonfall des netten ehemaligen Nachbarn hören, der Korngold bei einem Wien-Besuch mit den Worten emp fing: »Ah, der Herr Korngold, das ist aber nett! Wann fahren s’ denn wieder weg?«

Derweilen absolvierten die Wiener Philharmoniker Pflichtübungen: Niemand Geringerer als Wilhelm Furtwängler stand am Dirigenten pult, als das Orchester 1950 Korn golds Symphonische Serenade im Musikverein aus der Taufe hob. Zur Probenarbeit hatte man sich kaum Zeit genommen; es blieb bei einer mangelhaft einstudierten Premiere und einem Achtungserfolg.

Die 1954 vollendete Symphonie in Fis aus Korngolds Feder hat das führende Orchester seiner Heimat stadt nie gespielt. Dabei kommt sie ohne allzu viele Filmmusik-Zitate aus und stellt einen eindrucks vollen Versuch dar, die viersätzi

ge Form in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts zu retten. Die Sterne standen der harmonisch reichen, bis an die Grenzen der Tonalität (aber nie darüber hinaus) gehenden Komposition nicht güns tig. Die Dirigenten Bruno Walter und Dmitri Mitropoulos zeigten sich begeistert von der Partitur, kamen aber nicht dazu, das Stück zu studieren. Obwohl Mitropoulos meinte, dies sei die lang ersehnte neue Symphonie, blieb das Opus ein Geheimtipp.

Auch die einst so viel gespielte Tote Stadt wieder aus der Mottenkiste zu holen, kam zu Korngolds Leb zeiten niemandem in den Sinn. Der Komponist starb gerade sechzig jährig als amerikanischer Staats bürger in Los Angeles. Es dauerte Jahrzehnte und es brauchte wohl auch die ästhetischen Diskussionen der Postmoderne, bis eine Renais sance von Korngolds Musik lang sam in Gang kam. Noch ist sich das internationale Publikum nicht sicher, ob da wirklich ein Meister vom Range eines Richard Strauss am Werk gewesen ist, ein würdiger Nachfolger Mahlers – jenseits der Kinosäle und des orchestralen Wel lengangs, der Errol Flynn als Herrn der sieben Meere umspült. Doch hören Sie selbst

… 
Noah Bendix-Balgley Foto: Sebastian Haenel
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Bauen für Demo kratie

die

Im November jährt sich der 50. Todestag von Hans Scharoun, dem Architekten der Philharmonie Berlin. Im kommenden Jahr wird der »Zirkus Karajani«, wie das Haus der Berliner Philharmoniker lange Zeit im Volksmund genannt wurde, 60 Jahre alt. Kaum zu glauben, denn es ist jung und zeitgemäß geblieben. Eine Hommage an ein Meisterwerk der Architektur.

Bei jedem meiner Besuche kommt Freude auf, sobald ich mich der markanten Silhouette nähere, die aus jeder Richtung ganz anders wirkt und doch unverkennbar ist. Scharoun antwortete einmal auf die Frage, ob er mit der Fassade der Philharmonie zufrieden sei, mit der erstaunten Gegenfrage: »Hat sie eine Fassade?« Er wollte damit ausdrücken, dass er Baukörper in der Stadtlandschaft entwirft. Die Ge stalt seiner Bauwerke entsteht aus einem komplexen Zusammenspiel von äußeren und inneren Faktoren. Die Bauwerke sind dabei sowohl auf Fernwirkung im Stadtgefüge als auch auf die Wirkung aus der Fuß gängerperspektive einer jeden Straße entwickelt, aus der man sich dem Gebäude nähern kann. So ist die äußere Gesamterscheinung vielschichtig, wie ein kubistisches Gemälde.

Nach dem Betreten des Gebäudes ist man ganz und gar emotional bewegt von den Raumsequenzen des Foyers, verweilt gerne ein wenig, um sich dann mit freudiger Leichtigkeit und betonter Langsamkeit zu seinem Sitzplatz im Großen Saal zu begeben und die Vielzahl der Raumeindrücke zu genießen. Erst auf dem Platz angekommen, fokussiert sich der Blick zur Bühne in die Mitte des Raumes und man kommt in einer an genehm geborgenen Atmosphäre zur inneren Ruhe, um sich ganz der Musik hinzugeben.

Der begeisterte Musikliebhaber Scharoun verglich seine Werke immer wieder mit der Musik. Sie sind Sym phonien aus Raum, Material, Farbe und Licht, durch die man sich bewegt, die nicht statisch wirken, sondern die ständig neue Raumerlebnisse schaffen. Der dama lige Chefdirigent Herbert von Karajan erkannte diese Qualitäten schon in der Planung, und es kam zu einer starken inneren Verbundenheit zwischen ihm und dem Architekten Hans Scharoun. Dieser Beziehung ist es letztlich zu verdanken, dass die Philharmonie in dieser Qualität ausgeführt werden konnte, gegen alle Widerstände.

Das Konzept der Philharmonie ist mittlerweile auf der ganzen Welt Muster für neue Konzertsäle, etwa für die 2017 eröffnete Elbphilharmonie in Hamburg von Her zog & de Meuron; sie verhehlt auch in ihrer äußeren Gestalt nicht, welchem Vorbild die Architekten gefolgt sind. Das von Scharoun für die Philharmonie Berlin entwickelte Modell war neu und bis dahin beispiellos, es entstand aus der einfachen Überlegung und Frage stellung nach dem Wesen dieses Gebäudes. Scharoun fasste es in einem kurzen Satz und einer einfachen Skizze zusammen: »Musik im Mittelpunkt.«

Dazu beschrieb er die Vorgänge, die im Inneren des Gebäudes ablaufen, und präzisierte das geistige Kon zept, das der Philharmonie innewohnt: »Es ging darum, einem Konzertsaal – einem Ort also des Musizierens und des gemeinsamen Erlebens der Musik – eine ent sprechende Form zu geben. Nun gibt es dafür genü gend Beispiele, die bereits Gestalt angenommen ha ben. Bei aller Unterschiedlichkeit stimmen sie in einem wesentlichen Punkt überein: Selbst die modernen Kon zertsäle halten an der traditionellen Raumaufteilung fest, welche im Prinzip der eines Theaters entspricht. Das Orchester befindet sich auf der ›Bühne‹, das Pub likum sitzt im ›Zuschauerraum‹. Der ›Vorgang‹ jedoch – die entscheidende Überlegung – ist im Konzertsaal ein völlig anderer. Das Schauspiel, die Opera, bedürfen der Bühne – nicht zuletzt des perfektionierten technischen Apparates wegen. Das Orchester hingegen ist auf ein Minimum bühnentechnischer Einrichtungen ange wiesen, und der Konzertbesucher ist nur bedingt auch ›Zuschauer‹. Ein Raum also, in dem Musik gemacht und Musik gehört werden soll, erfordert eine völlig andere Konzeption. Ist es ein Zufall – war die nächste Überle gung –, dass überall, wo improvisiert Musik erklingt, sich Menschen sofort zu einem Kreis zusammenschließen?

Diesen ganz natürlichen Vorgang, der von der psycho logischen Seite her jedem verständlich ist, müsste man in einen Konzertsaal übertragen – das war nun die Aufgabe, die sich der Architekt gestellt hatte.

Foto: Archiv Akademie der Künste,
Berlin
21 Phil — November/Dezember 2022

Musik sollte auch räumlich und optisch im Mittelpunkt stehen. [...] Trotz der Monumentalität des gesamten Bauwerks war das Ziel der architektonischen Be handlung, im Saal eine gewisse Intimität zu erhalten. Denn erst die Intimität vermag das unmittelbare Teilhaben am Musikgeschehen, die individuelle mit schöpferische Aktivität in Gang zu setzen. Aus dieser Forderung an den Konzertsaal selbst ergab sich folgerichtig auch die Behandlung der zusätzlichen Räume. Sowohl die vorwiegend funktionsbedingten Räume – wie Kleiderablagen, Verkehrsräume und so weiter – als auch die der Entspannung dienenden Räume sind auf flüchtige Benutzung eingestellt, sie dienen der Vorbereitung auf das Musikerlebnis in der Gemeinschaft. So steht das ›Flüchtige‹ in einem Span nungsverhältnis zum ›Verweilenden‹ – zur feierlichen Gelassenheit des im wahrsten Sinne des Wortes das Bauwerk krönenden Konzertsaales.«

Die akustischen Herausforderungen an den Saal wurden in Zusammenarbeit mit dem Akustiker Lothar Cremer mit Bravour gelöst, aber sie dominieren den Saal nicht, sie ergänzen ihn als selbstverständ liche, notwendige Zugabe. Es entspricht Scharouns Reihenfolge der Arbeitsabläufe, mit dem Wesen der Aufgabe und den geistigen Überlegungen zum Entwurf zu beginnen. Diese werden dann technisch umgesetzt mit allen Anforderungen und planeri schen Anpassungen, die auf dem Weg zur Reali sierung nötig sind. Dies ist für Scharoun der einzig gangbare Weg, um zu Räumen zu kommen, die dem menschlichen Verhalten und seiner Wahrnehmung

entsprechen und die nicht von formalen Zwängen und technischen Vorgaben dominiert sind. Scharoun bezeichnet diesen von ihm entwickelten Entwurfs prozess als »Gestalt finden«.

Es war eine lange Geschichte der Grundstücksfindung und der städtebaulichen Lösung am jetzigen Stand ort direkt an der Mauer im damals geteilten Berlin. Die Philharmonie sollte ein Zeichen für ein gemeinsames, ungeteiltes Berlin sein. Im Westteil der Stadt in Randlage, südlich des Tiergartens, gleichzeitig aber direkt im his torischen Zentrum in Berlin-Mitte in unmittelbarer Nähe des Potsdamer Platzes im damaligen Ostteil. Ganz im Sinne von Hugo Härings Botschaft: »Bauen hat immer eine politische Aussage«, stehen die Philharmonie und die Staatsbibliothek für die Zuversicht der Überwindung der deutschen Teilung und für die freie, offene und fried volle Gesellschaft. Es sind Gebäude der Gemeinschaft, deren Foyers Fortführungen des Außenraums sind und die zum immerwährenden Betreten einladen.

Scharoun schuf weitere Prototypen für öffentliche Ge bäude. Dazu gehören zwei Schulen in Marl und Lünen, das Deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven, ein Institutsgebäude für die Architekturfakultät der Tech nischen Universität Berlin, ein Theater und ein Kinder garten in Wolfsburg. Sie alle basieren auf denselben Entwurfsprinzipien und Merkmalen.

Und sie alle verbinden nicht nur geistige, sondern auch formale Parallelen. Bei der Ausgestaltung der Räume ist Scharoun eher zurückhaltend in der Detaillierung;

Das »Bullauge« – bis heute ein markantes Detail der fortschrittlichen Architektur der neuen Philharmonie Berlin.
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er zeigt zuweilen das tragende Material wie Stahlbeton oder Ziegel als Sichtflächen, lässt das Konstruktive aber nicht zu sehr in den Vordergrund treten, sondern bindet es in die Gestaltung ein. Grundsätzlich sind die Struktur und die Konstruktion des Gebäudes Teil des Ganzen. Sie sollen den Bau nicht dominieren, sondern sich in sein wahrnehmbares Erscheinungs bild eingliedern. Scharoun ver meidet es daher, seine öffentlichen Bauten nach einem Konstruktions raster auszurichten. Ihnen fehlt der damals obligatorische, orthogona le Stützenraster, der so viele öffentli che Gebäude der Nachkriegszeit charakterisiert und in ihrem Ent wurfsprozess eine entscheidende Gestaltungsgrundlage war.

Ein wichtiges Element ist die Anord nung der Fenster und Oberlichter und deren Verglasung. Scharoun verwendet Fenster klassisch als Sichtverbindung mit dem Außen raum, wobei er zwischen Fenstern unterscheidet, die einen Blick in die Umgebung oder in den Himmel freigeben. Dazu gibt es Lichtöffnun gen, die nur Licht tief in die Räume streuen, zum Teil als farbiges Licht, wie in einer Kathedrale.

Ein anderes wichtiges Gestal tungselement sind die Dächer: Sie fungieren als Dachland schaft einer Stadt und als Teil der Topografie. Zugleich er möglichen die Dachräume den Nutzerinnen und Nutzern aber auch im Inneren ein besonderes Raumerlebnis. Daher verwendet Scharoun bei Versammlungs räumen zeltartige Dächer, die dem Innenraum einen Ausdruck verleihen, der den Menschen ein Gefühl von Leichtigkeit, Schutz, Geborgenheit und geistiger wie seelischer Entwicklungsmöglich keit vermittelt. Zur Bedeutung der Dachform für den Menschen und für die Stadtlandschaft bezog sich Scharoun in seinen Schriften immer wieder auf den traditionellen chinesischen Städtebau und auf den europä ischen Städtebau von der Gotik bis zum Barock.

Hans Scharoun: Musik im Mittelpunkt. Urskizze der Philharmonie Berlin. Foto, linke
Seite: Bildarchiv
Preußischer
Kulturbesitz/Lieselotte und Armin Orgel-Köhne. Rechte Seite: Archiv
Akademie der Künste, Berlin
»Ist es ein Zufall, dass überall, wo improvisiert Musik erklingt, sich Menschen sofort zu einem Kreis zusammenschließen?«
Hans Scharoun
23 Phil — November/Dezember 2022

Die gebaute Umwelt erzeugt in uns Stimmungen, die wir ständig aufnehmen. Selten tun wir das bewusst, und oft ist es für uns schwierig, die Gefühle, die sie in uns auslöst, zu artikulieren. Es gibt Orte, die wir gerne aufsuchen und andere, die wir zu meiden versuchen. Dieser emotionale Einfluss der gebauten Umwelt auf unser Befinden ist immer vorhanden, vergleichbar mit Musik, nur diese umgibt uns nicht ständig. Die Qualität der gebauten Umwelt an diesen Empfindungen und Wahrnehmungen zu messen, ist für uns nicht leicht. Dies ist einer der Gründe, weshalb die Anerkennung von Scharouns architektonischen und gesellschaftli chen Thesen manchem seiner Zeitgenossen schwerfiel. Sein humanistisches Menschenbild vom gestärkten Individuum, das sich aktiv in die Gesellschaft einbringt und sich auch für das Gemeinwohl engagiert, sowie sein ganzheitliches Denken prägten seine Architektur. Für das Wohlbefinden der Menschen zu bauen und den Nutzern Möglichkeiten zu schaffen, um gemein schaftliche Aktivitäten zu gestalten, war sein oberstes Ziel. Diese Qualität spürt man in seinen Werken bis heute. Sie sind wichtige Zeugnisse, die uns zeigen, was das Bauen nachhaltig macht und wie bedeutungsvoll unsere gebaute Umwelt für unser Leben ist.

Scharouns hohe Anforderungen an das Gestalten von öffentlichen Bauten sind bis heute aktuell, sie können in unveränderter Form als Leitlinien gelten. Sie gehen weit über rein funktionale Kriterien hinaus, die man aus Sicht von Scharoun ohnehin erfüllen muss bei der Errichtung eines Bauwerks. Der Wert eines Gebäudes liegt für ihn im »Geheimnis der Gestalt«, dem Geist, den der Architekt dem Gebäude durch seine Konzeption mitgibt und der über Generationen spürbar bleibt.

Scharoun setzte sein ganzes Können und Engagement ein, um mit seinen öffentlichen Bauten neue Gebäude typen zu schaffen zur Stärkung der jungen Demokratie im Nachkriegsdeutschland. Ein Rückfall in barbarische Zeiten eines NS-Regimes, bei dem der Einzelne nur ein Teil der Masse sein durfte, sollte nicht mehr passieren. Mit den Worten von Scharouns Mitstreiter und Freund Adolf Arndt könnte man resümieren: »Eine Demokratie ist nur so viel wert, wie sich ihre Menschen wert sind, dass ihnen ihr öffentliches Bauen wert ist.«

Zum 50. Todestag von Hans Scharoun veröffentlicht der Autor dieses Beitrags eine neue Monografie zum Werk von Hans Scharoun.
 Hans Scharoun – Gestalt finden. Park Books, Zürich, 488 Seiten.
Der Große Saal der Philharmonie Berlin Foto: (oben) Archiv Edgar Wisniewski, (unten) Heribert SchindlerArbeitsmodell der Philharmonie im Maßstab 1:50
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Technobuddhismus:

LuYangs DOKU Experience Center im PalaisPopulaire

Traditionelle Tempelarchitekturen, utopische Stadtlandschaften, bezaubernde Dschungelparadiese. Eine atemberaubende virtuelle Reise, die durch Leben, Tod und Wiedergeburt führt. Buddhistische Götter, Geister und Dämonen, die aussehen wie die Superhelden aus Computer spielen oder Sänger in koreani schen Boybands: LuYang ist „Artist of the Year“ 2022 der Deutschen Bank und zählt zu einer jungen, von Science-Fiction, Manga-, Gaming- und Technokultur inspirierten Generation chinesischer Künstler*innen, die mit aktuellsten Technologien arbeiten und sich mit den Ideen von Post- oder Transhumanismus beschäf tigen. Dabei wird darüber spekuliert, wie sich die Gren zen menschlicher Möglichkeiten durch den Einsatz von Hightech erweitern lassen, etwa in der Form von Cyborgs. Doch das Außergewöhnliche ist, dass LuYang in immer siven Videoinstal lationen und Computerspielen diese Zukunftsvisionen mit globaler Popkultur, Electro, Trance, Techno und buddhistischen Kosmologien zusammenbringt.

DOKU ist ein genderneutraler Avatar, dessen Antlitz nach LuYangs Gesicht modelliert ist. Alle Gesichtsausdrücke und Bewegungs muster werden von Tänzer*innen ausgeführt und dann mit der Motion-Capture-Technologie digitalisiert. Die Ausstellung DOKU Experience Center im PalaisPopulaire ist die erste Schau, die komplett diesem Projekt gewidmet ist. In einer Art Hightech labor können die Besucher*innen miterleben, wie LuYangs digi

tale Inkarnationen die Himmel und Höllen von Samsara, dem buddhistischen Lebensrad, durchwandern, um sich vom Selbst zu befreien. Der Idee einer festen Identität stellt LuYang eine digitale Existenz im Internet gegenüber, die keine Beschränkungen von Zeit und Raum mehr kennt, keine Grenzen, Natio nen und Geschlechter. LuYangs künstlerischer Kosmos verkörpert dabei keine Traumwelt. Vielmehr verdeutlicht er die ebenso traum artige, illusionistische Natur der physischen Existenz, die wir als „wirklich“ empfinden –ein meditativer, mitreißender Trip, der alle Sinne beansprucht.

LuYang: DOKU Experience Center

Deutsche Bank „Artist of the Year“ 2022

10. September 2022 bis 13. Februar 2023

PalaisPopulaire

Unter den Linden 5, 10117 Berlin

db-palaispopulaire.de

LuYang, DOKU the Matrix, 2022 LuYang, DOKU Heaven, 2022, Aus der Serie Bardo #1 © LuYang, courtesy the artist and Société, Berlin

Der Bringer der Freude

Seine Musik soll den Menschen Freude bereiten, sie soll ihnen Spaß machen. Die Rede ist von dem französischen Kompo nisten Édouard Lalo. Im Dezember steht sein Cellokonzert bei den Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Tugan Sokhiev auf dem Programm. Solist ist Bruno Delepelaire, Erster Solocellist des Orchesters. Freuen Sie sich auf eine Begegnung mit leidenschaftlicher Musik, die zugleich heiter und zart ist.

Sonntag, 5. Januar 1947: Die Berliner Philharmoniker und Sergiu Celibidache laden zur Matinee um halb elf in den Titania-Palast, das wenig bombenzerstörte Ausweichquartier. Auf dem Programm stehen Kom positionen von Schumann, Strawinsky und das Cello konzert von Édouard Lalo, es ist die erste Aufführung eines Werkes von Lalo mit den Philharmonikern nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Solist ist der langjährige Konzertmeister, Tibor de Machula, kurz bevor er Berlin verlässt und zum Concertgebouw Orkest nach Ams terdam wechselt. Zu den Kuriositäten der Aufnahme geschichte gehört, dass der Mitschnitt dieses Konzerts 1952 in den Schallplattenhandel gelangte – und zwar unter dreifachem Pseudonym. Das Label Royale hatte für eine Reihe von Einspielungen den fiktiven Dirigen tennamen Gerd Rubahn in die Welt gesetzt, der Solist trägt den Decknamen Siegfried Seidler, und das Berlin Symphony Orchestra sind in Wirklichkeit die Berliner Philharmoniker.

Mit Falschmeldungen musste sich Édouard Lalo auch schon zu Lebzeiten herumschlagen. Sein Ballett Na mouna nimmt einen besonderen Platz in der Skan dalgeschichte der Pariser Opéra ein. Der damalige Operndirektor hatte Lalo den Auftrag zu diesem Werk auffallend diskret erteilt, nachdem er zuvor seine Oper Le Roi d’Ys unsanft abgelehnt hatte. Der Ärger über diese Kungelei war hinter den Kulissen so groß, dass bereits 14 Tage vor der Uraufführung eine Kritik in die Presse lanciert wurde, die Lalos Musik in vielen Punkten brandmarkt. Dabei war noch kein einziger Takt öffent lich gespielt worden. Bei der Premiere allerdings fand sich mit Claude Debussy ein prominenter Befürworter für Namouna, er bekundete seinen Enthusiasmus für Lalo so lautstark, dass man ihn schließlich des Saales verwies.

Édouard Victor-Antoine Lalo ist ein »Ch'ti«, denn er wird am 27. Januar 1823 im nordfranzösischen Lille geboren.

Doch seine Vorfahren, eine Offiziersfamilie mit Wurzeln bis ins 16. Jahrhundert, besitzen spanische Wurzeln, was die Herkunft des Nachnamens erklärt. Lalo ist ein Sonderfall in der französischen Musikgeschichte. Einer seits träumt er von einer Erneuerung der nationalen Musik, andererseits sitzt er zwischen vielen Stühlen. Er ist sich dessen auch bewusst und wird sein Leben lang aus dieser Position nicht so ganz herausfinden. »Ob wohl ich nicht weiß, was ich bin«, schreibt er 1870 in einem Brief, »weiß ich sehr wohl, was ich nicht bin: Ich gehöre keiner Schule an, ich will nicht mit irgendeinem System in die Welt hinaustreten, ich bin derselben An sicht wie [der Dichter] Musset: ›Mein Glas ist klein, aber ich trinke aus meinem Glas.‹«

Lalo stellt sich früh gegen seine Familie. Er soll, der Tra dition folgend, eine militärische Laufbahn einschlagen, doch Édouard hat andere Pläne. Er möchte Musiker werden. Als Zehnjähriger erhält er Unterricht am Kon servatorium von Lille, mit sechzehn büxt er von Zuhause aus und macht sich, ohne jegliche finanzielle Unter stützung, auf nach Paris. Dort gelingt es ihm, privaten Geigenunterricht zu bekommen bei François-Antoine Habeneck, einer der Ikonen des Pariser Conservatoire. Auch lässt er sich hier und dort bei verschiedenen Leh rern im Komponieren anleiten, doch im Grunde bleibt Lalo auf diesem Gebiet – und so hat er es später selbst immer wieder bekundet – ein Autodidakt.

Er zählt zu den Mitbegründern des Armingaud-Quar tetts, spielt als Bratscher etliche Kammermusikkonzerte. Dazu schreibt er vor allem Lieder, die ein wenig an Robert Schumann erinnern. Doch dann geraten seine kompositorischen Versuche ins Stocken. Er gilt als zu blass und zu bescheiden, um sich im umkämpften Opernbetrieb einen Namen zu machen. Wer in Paris etwas werden möchte, braucht Erfolge an der Opéra, oder muss zumindest ein erfolgreicher Organist sein wie etwa Saint-Saëns, Fauré oder der junge Widor.

Foto: Kollage, Originalfoto: akg-images
27 Phil — November/Dezember 2022

Ein Wendepunkt erfolgt im Juli 1865. Lalo heiratet Julie Bernier de Maligny, seine Schülerin, eine Sängerin. Da durch öffnen sich ihm neue gesellschaftliche Türen und er findet wieder Geschmack am Komponieren, wenn gleich die Oper Fiesco (nach Schiller) zum Fiasko gerät. In Brüssel spielt man das Werk, in Paris aber wird es abgeschmettert. Trotz dieses Misserfolgs gewinnt Lalo an Ansehen. Gabriel Fauré betont, dass es dem älteren Kollegen »an Freunden und Bewunderern« nicht fehlt, auch Lalos Haus entwickelt sich zu einem »der gefrag testen künstlerischen Zentren von Paris«.

1873 lernt der inzwischen 50-Jährige den berühmten Geiger Pablo de Sarasate kennen: »Dein Auftritt in meinem Leben war mein größtes künstlerisches Glück. Bedenke die Zusammenhänge: ohne dich würde ich weiterhin belanglose Kleinigkeiten schreiben.« Lalo würdigt Sarasate als »die frische Luft, die die Blutarmut beseitigt hat«. Auf ein erstes Violinkonzert schreibt er wenig später ein weiteres mit dem Beinamen Sym phonie espagnole. Die Uraufführung im Februar 1875 in Paris wird ein Erfolg. Ohnehin ist das Thema Spanien zu dieser Zeit gerade sehr in Mode, Bizets Carmen wird nur einen Monat später erstaufgeführt. »Ich habe den Titel ›Symphonie espagnole‹ mit Händen und Füßen verteidigt«, gibt Lalo rückblickend zu, »weil er meine Idee wiedergibt –eine Violine, die über der strengen Form der alten Symphonie steht.«

Ein bisschen hat diese Komposition Lalo zum One-HitKomponisten werden lassen. Es ist ein grandioses, inno vatives Werk, es atmet spanischen Duft, ist aber mehr als ein simpler musikalischer Reiseführer. Außerdem ist

es extrem anspruchsvoll für jede Geigerin und für jeden Geiger. Pablo de Sarasate erweist sich als idealer Brü ckenbauer: hier der große Violin-Virtuose auf der Bühne, dort der zurückhaltend wirkende, bescheidene Lalo als Komponist im Hintergrund. Entgegen seiner Persönlich keit gibt sich Lalo in der Musik durchaus entschlossen. Er formuliert Themen mit großer Klarheit, teilweise forsch, seine Harmonik ist stellenweise mutig; vor allem kompo niert er sehr farbig und mit einem guten Gespür für die klanglichen Möglichkeiten eines Orchesters.

Lalo versucht natürlich, an den Erfolg der Symphonie espagnole anzuknüpfen und schreibt zwei weitere Violinkonzerte: die Fantaisie norvégienne 1878 – »das lustigste Werk, das ich je geschrieben habe« – und ein Jahr später das Concerto russe, das bei Sarasate jedoch auf wenig Gegenliebe fällt. »Da ich sehr großes Vertrauen in dein Urteil habe, hat mir deine Weigerung das Concerto zu spielen, schreckliche Angst gemacht«, gesteht Lalo dem Freund, gibt sich aber demonstra tiv selbstbewusst: »Ich glaubte, ein schlechtes oder farbloses Werk geschrieben zu haben, und stieß nach der Probe einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus; niemand ist unfehlbar, und diesmal hast du dich geirrt.« Trotz der russischen Bezüge in diesem Stück verarbeitet Lalo immer wieder spanische Einflüsse, so schreibt Paul Dukas 1923 anlässlich von Lalos hundertstem Ge burtstag: »Lalo erscheint uns vor allem als ein Künstler von südlicher Sensibilität, dessen Musik mit ihrem sehr spontanen Elan ganz natürlich die Form eines idealen Tanzes träumt […] Wenn man diesen Charakterzug forciert, kann man sogar im ›Concerto russe‹ eine iberi sche Färbung finden.«

Bruno Delepelaire
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Allen spanischen Einwirkungen zum Trotz, bekennt sich Lalo überraschend offen zur deutschen Musik. Deutsch land nennt er »mein wahres musikalisches Heimatland«. Er gibt damit zu, sich der Tradition von Schumann und Mendelssohn sehr nahe zu fühlen. Mit Brahms hingegen kann er nicht so viel anfangen. Schließlich Richard Wagner. Er gilt im späten 19. Jahrhundert als der große Instrumentator, der erneuerungswillige Musikdramaturg – und prompt gerät Lalo in die Mühlen der französischen »wagnérisme«-Debatte, die zwischen Apologeten und Beckmessern sehr leidenschaftlich und heftig ausgetra gen wird. Lalo sieht sich einmal mehr als Mann zwischen den Stühlen, denn er fühlt sich keiner Partei und doch irgendwie auch beiden Lagern zugehörig. Er begeistert sich für Wagners Opern und die Kunst seiner Orchestrie rung, behauptet aber auch, so sehr mit seinen eigenen Sachen beschäftigt zu sein: Warum also solle er in einem anderen Stil, gemeint ist der Wagner‘sche, komponieren?

Die ganze Problematik entlädt sich schließlich an der zunächst abgelehnten Oper Le Roi d’Ys, diesem Stoff um ein bretonisches Atlantis. Hier schöpft Lalo musik ästhetisch aus dem Vollen, schreibt in seiner eigenen Klangsprache und sieht sich doch anschließend einem zwiespältigen Echo ausgesetzt: Kritiker monieren, die Musik erinnere zu sehr an Wagner, die Befürworter halten dagegen und behaupten, das sei reiner Lalo. 1888, zehn Jahre nach der Fertigstellung und einer später erfolgten Revision, wird Le Roi d’Ys in Paris der Öffentlichkeit präsentiert. In den nächsten rund drei Jahrzehnten steht das Werk knapp 500 Mal auf dem Spielplan der Opéra comique, danach verkümmert es mehr und mehr zu einer Rarität.

Mit 69 Jahren stirbt Édouard Lalo am 22. April 1892 in Pa ris. Am Ende hat er seinen künstlerischen Weg gefunden, nur hat er es nie verstanden, diesen auch entsprechend zu vermarkten. Selten hat sich Lalo zu seinem Ideal als Künstler geäußert. Zu den wenigen Ausnahmen zählt ein Brief an Pablo de Sarasate über seine Fantaisie norvégienne: »Ich glaube es ist mir gelungen, Spaß zu machen, ohne ordinär zu sein […] ich bin sehr zufrieden, diesen Jux gemacht zu haben, aber man darf mich des halb nicht unter die Spaßmacher rechnen – das ist eine Spezies, die ich in der Kunst am meisten verachte.«

Lalo war sicher kein Revolutionär, der bahnbrechend Neues geschaffen hat, er war in gewisser Weise durchaus konservativ, doch ist es ihm umso höher an zurechnen, dass er im vielfältigen Stimmengewirr der Spätromantik einen ganz eigenen Ton entwickelt hat. Da passt es ins Bild, dass der französische Musikkritiker Georges Servières bereits 1930 die musikhistorische Bedeutung von Lalo wie folgt umschreibt: »Er ließ einen Sonnenstrahl in die etwas neblige französische Musik des späten 19. Jahrhunderts fallen und hauchte ihr Heiterkeit, Leben, eine keusche Zartheit ohne Senti mentalität und eine brennende Leidenschaft frei von lasterhafter Erotik ein.«

Konzerthinweis

• Fr 02.12.22 20 Uhr Sa 03.12.22 19 Uhr So 04.12.22 20 Uhr Großer Saal

Berliner Philharmoniker

Tugan Sokhiev Dirigent Bruno Delepelaire Violoncello Édouard Lalo Konzert für Violoncello und Orchester d-Moll

Peter Tschaikowsky Schwanensee-Suite (zusammengestellt von Tugan Sokhiev)

Tugan Sokhiev
Foto, linke Seite: Sebastian Haenel. Rechte Seite: Patrice Nin.
29 Phil — November/Dezember 2022

Der Giftzwerg

Die drei Orchestervorspiele aus der Oper Palestrina gehören zu den wenigen Repertoirewerken Hans Pfitzners. Sie standen auch 1949 auf zwei philharmonischen Programmen, die zu Ehren des umstrittenen, streitsüchtigen Sonderlings veranstaltet wurden.

Rubrik • Philharmonische Momente Hans Pfitzner, Porträtaufnahme um 1900
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Widersprüchlicher geht es kaum: Hans Pfitzner ging als letzter deutscher Romantiker in die Musikgeschich te ein, als Lordsiegelbewahrer einer Tradition, deren Untergang er mehr befördert als verhindert hat. Seine komplexe, mit Dissonanzen und scharfkantiger Instrumentation gewürzte Tonsprache ist nicht immer bequem zu genießen, aber es finden sich auch Werke wie die Oper Das Christ-Elflein mit ihrer rührend schlichten Kindlichkeit. Nur sehr wenige der von ihm vertonten Liedtexte müssen als ideologisch verseucht gelten. Selbst die Kantaten Von deutscher Seele und Das dunkle Reich enthalten sich aller Deutschtüme lei, wofür die verwendeten Gedichte von Eichendorff, Goethe und Conrad Ferdinand Meyer bürgen.

Was Pfitzner heute zu einem Hochrisikokomponisten macht, sind seine Einlassungen zum Judentum. In der Kampfschrift Die neue Ästhetik der musikalischen Im potenz unterscheidet er zwischen deutsch-national empfindenden und kosmopolitischen Juden – eine im Bürgertum weitverbreitete Variante des Antise mitismus. Pfitzner verehrte Gustav Mahler, pflegte eine intensive Freundschaft mit Bruno Walter, dem Uraufführungsdirigenten seiner Oper Palestrina, und bemühte sich um die Entlassung Paul Cossmanns aus der Gestapo-Haft, mit dem er viele Jahrzehnte bei den katholischen Süddeutschen Monatsheften zu sammengearbeitet hatte. Diese persönlichen Bezie hungen jedoch hielten ihn nicht davon ab, auch noch nach 1945 den widerlichsten Unsinn über den Holo caust zu schreiben und Hans Frank, dem ehemaligen Generalgouverneur von Polen, eine Gelegenheits komposition zu widmen und verbindliche Grüße in die Nürnberger Todeszelle zu senden.

Die Nachkriegsgesellschaft nahm davon zunächst keine Kenntnis. Die Wiener Oper feierte Pfitzners 80. Geburtstag in seinem Beisein mit einer Aufführung von Palestrina. Deshalb blieb er dem Festkonzert fern, das die Berliner Philharmoniker und der Magistrat von Groß-Berlin ihm zu Ehren gaben. Joseph Keilberth dirigierte an jenem 5. Mai 1949 im Titania-Palast die Kleine Symphonie op. 44, das Klavierkonzert op. 31, die Ouvertüre zum Käthchen von Heilbronn und selbstverständlich die drei Vorspiele aus Palestrina. Letztere erklangen auch am 18. Juni 1949 in zwei Gedächtniskonzerten für den einen Monat zuvor ver storbenen Komponisten. Wilhelm Furtwängler hatte in den vergangenen Jahrzehnten 20 Werke Pfitzners aufgeführt, viele darunter mehrfach. Keinem zweiten zeitgenössischen Komponisten fühlte er sich ähnlich tief verbunden. Eine menschliche Nähe ergab sich nicht. Furtwängler neigte ohnehin nicht dazu, Freund

schaften mit Kollegen zu schließen, aber im Falle des verschrobenen Pfitzner wahrte er eine besonders auffällige Distanz.

Mit dem Mann war nicht gut Kirschen essen. Oder um es in seinen eigenen Worten zu sagen: »Ich bin ein böser Kerl, und in meinen Adern fließt nicht gerade Limonade.« Kompromisse und Konzessionen waren ihm fremd. Quengelig wie ein Kleinkind, garstig wie ein schlecht gelaunter Opa, eckte er unfehlbar und mit Genugtuung überall an, wo sich Widerstand zeigte. Selbst unter Lebensgefahr. Nicht einmal die Nazis vermochten ihn einzuschüchtern. Er verbat sich von Göring, »wie ein Gauner« behandelt zu werden, eine Formulierung, die ihn fast ins KZ brachte, und die von Rassenforschern aufgeworfene Frage, ob Hitler kurz- oder langschädlig sei, kommentierte er mit dem Bonmot: »Er wird hoffentlich nicht mehr lang schädlich sein.« Pfitzner wollte in München noch 1933 Heinrich Marschners Der Templer und die Jüdin aufführen, lehnte es ab, für die Olympischen Spiele 1936 eine Hymne zu schreiben, und trat auch nie der Partei bei. Obwohl nach Selbstauskunft ein »Stümper in der Lie be«, brachte er zwei glückliche Ehen und vier Kinder zustande. Der nur 1,64 Meter große Giftzwerg konnte durchaus liebenswürdig sein und gewann auf seine chevalereske Art die Freundschaft von Wiens schöns ter Frau: Alma Mahler schloss ihn ins Herz und setzte durch, dass ihr Gatte ab 1905 mehrmals Pfitzners Die Rose vom Liebesgarten an der Ringoper aufführte –und zu dem Urteil kam: »Seit der Walküre, erster Akt, ist etwas ähnliches nicht mehr geschrieben worden.« Bruno Walter entdeckte in der Oper gar »Dinge, die zum Schönsten gehören, was je geschrieben worden ist.« Überschwänglich, wenn nicht ekstatisch fielen die Urteile aus, die dann die 1917 uraufgeführte Oper Pa lestrina erntete. Pfitzners Musik sicherte ihr auch über 1945 hinaus die Sympathien von Musikern, die unter schiedlicher nicht hätten sein können; zu ihnen zählten Hans Knappertsbusch, Joseph Keilberth und Wilhelm Furtwängler, aber auch zwei prominente jüdische Exi lanten: Arnold Schönberg gab 1947 eine eidesstatt liche Erklärung ab, worin er ihn als Deutschnationalen »mit einer kleinen antisemitischen Trübung« bezeich nete, der sich aber niemals vor dem nazistischen Sys tem gebeugt und Grausamkeiten sicherlich verurteilt habe, während Bruno Walter noch 1952, trotz bitterer Erfahrungen, Pfitzner zu den kostbarsten Beziehungen seines Lebens rechnete.

Das hätte Wilhelm Furtwängler so nicht formuliert. Er war 1910 dritter Kapellmeister an der von Pfitzner

Foto: SZ Photo/Süddeutsche Zeitung Photo 31 Phil — November/Dezember 2022

geleiteten Straßburger Oper geworden, schätzte ihn auch als Dirigenten außerordentlich, doch kühlte sich das Verhältnis allmählich ab, bis es schließlich unerträglich frostig wurde. Bei der von Pfitzner selbst inszenierten Berliner Uraufführung von Das Herz kam es 1931 zu einem ersten schweren Zerwürfnis. Es wa ren Regieanweisungen ohne Rücksprache geändert worden, man stritt über die Tempi, außerdem ver weigerte Furtwängler dem Komponisten, der selbst eine Folgeaufführung leiten wollte, die erforderliche Orchesterprobe. Pfitzner tobte rum wie Rumpelstilz chen, bezeichnete einem Vertrauten gegenüber Furtwängler als »Primadonnerich« und behauptete, er sei der »anmaßendste, größenwahnsinnigste, unver schämteste aller Interpreten.«

Doch der Größenwahnsinnige blieb ihm treu, enga gierte sich sogar für Pfitzner, als ihn die Münchener Akademie 1934 ohne Altersbezüge in den Ruhestand versetzen wollte. Und führte weiterhin fleißig dessen Musik auf. Dabei war höchste Vorsicht geboten. Ende November 1940 hatte Furtwängler in Wien die sech zehnminütige Symphonie C-Dur an den Beginn eines Konzertes gesetzt, das ausgerechnet mit einem Stück von Richard Strauss endete, dem erfolgsverwöhnten Konkurrenten. Pfitzner beschwerte sich, sein Werk sei als »Garderobenmarsch« missbraucht worden, und brach den persönlichen Verkehr ab. Er vergaß aller dings nicht den Zusatz: »Ich habe meine Symphonie unter Ihrer Leitung im Radio gehört und war von der Interpretation, besonders des letzten Satzes, sehr an getan.«

Gibt es mildernde Umstände, muss jede Beschäfti gung mit Pfitzner in ein Vernichtungsurteil münden? Sein Œuvre, einem schweren Lebensschicksal ab

gerungen, ist vollkommen individuell, originell. Seit Jugendtagen litt er unter Depressionen und diversen Krankheiten, 1926 starb seine Frau Mimi, sein Sohn Paul folgte ihr zehn Jahre später, seine Tochter Agnes nahm sich das Leben, sein Sohn Peter fiel in Russland. Der in Moskau geborene Pfitzner war lebenslänglich heimatlos; 1943 in München ausgebombt, bildete ein elendes Flüchtlingslager eines seiner letzten Quartie re, wenige hundert Meter entfernt von Richard Strauss‘ prächtiger Villa in Garmisch. Wer Pfitzners befremd lich schillernde Persönlichkeit und die gebrochene Schönheit seiner Musik verstehen will, sollte diese Biografie in Betracht ziehen.

Konzerthinweis

• Do 15.12.22 20 Uhr Fr 16.12.22 20 Uhr Sa 17.12.22 19 Uhr Großer Saal

Berliner Philharmoniker Christian Thielemann Dirigent Camilla Nylund Sopran

Richard Wagner Parsifal: Vorspiel und Karfreitagszauber Richard Strauss Vier letzte Lieder Hans Pfitzner Drei Orchestervorspiele aus der Oper Palestrina Johann Sebastian Bach Präludium und Fuge Es-Dur BWV 552 (Orchestrierung von Arnold Schönberg)

Foto: akg-images Gustav Mahler im Garten der Villa Moll. Neben ihm (v. l.) Max Reinhardt, Carl Moll und Hans Pfitzner. Foto um 1905.
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Anton Bruckners Symphonie Nr. 7 E-Dur

In der Geschichte der Berliner Philharmoniker gibt es Kompositionen, die zu Lebensbegleitern des Orchesters wurden. Phil stellt sie vor. Heute: Anton Bruckners Symphonie Nr. 7 E-Dur

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Anton Bruckners Symphonie Nr. 7 gehört zu den Paradestücken der Berliner Philharmoniker. Nicht allein, weil sie vom Orchester unter den verschiedensten Dirigenten unzählige Male gespielt wurde, sondern vor allem weil sie bei wichtigen philhar monischen Konzertereignissen immer wieder auf dem Programm stand: etwa beim Festkonzert zum 50. Geburtstag der Berliner Philharmoniker 1932, im Rahmen der ersten Israel-Tournee des Orchesters 1990 oder beim Benefizkonzert des Bundespräsidenten 1992, bei dem der Dirigent Sergiu Celibidache nach 38 Jahren ans Pult der Berliner Philharmoniker zurückkehrte.

In Bruckners Siebter können die Phil harmoniker auf ideale Weise jenen dunklen, warmen, facettenreichen Klang zelebrieren, der ihnen zum Markenzeichen geworden ist.

Das Aufblühen und Vergehen der Themen, das Anschwellen und Ab brechen musikalischer Spannungs bögen – typische Elemente des Bruckner‘schen Stils – entwickeln hier eine klangliche Sogwirkung, die das Werk zum Inbegriff der spätromantischen Symphonie werden lässt. Hinzu kommt die Vielseitigkeit des Musizierens – von intimen, kammermusikalischen Pas sagen bis zum wuchtigen orchest ralen Tutti-Sound. Charakteristisch ist das sich in den Celli entfaltende, raumgreifende, weitschweifige Hauptthema des ersten Satzes, das zu Beginn die Töne des E-Dur-Drei klangs durchmisst und sich später chromatisch einfärbt. Kein anderes Hauptthema Bruckners wirkt so unendlich hinströmend wie dieses. Im zweiten Satz, dem Adagio, ver wendet der Komponist erstmals sogenannte Wagnertuben. Diese zur Familie der Waldhörner gehö renden Instrumente, die für Richard Wagners Ring des Nibelungen ent wickelt wurden, verleihen der Musik eine zusätzliche klangliche Tiefe.

Das Adagio ist eine Hommage an den von Bruckner sehr verehrten Wagner (der verstarb, während er an dem Satz schrieb). Kontras tierend zu diesem sehr feierlichen und getragenen zweiten Satz folgt ein vorwärtsdrängendes Scherzo mit einem markanten, punktierten Trompetenthema. Die Symphonie

schließt mit einem lichten, heiteren Finale, dessen Hauptgedanke sich vom ersten Thema des Kopfsatzes ableitet und das für Bruckners Ver hältnisse äußerst knapp gehalten ist.

Liebe auf den zweiten Blick

Die Siebte bescherte dem 60-jäh rigen Komponisten endlich den ersehnten Erfolg. Die Urauffüh rung 1884 in Leipzig leitete Arthur Nikisch, der als junger Geiger des Wiener Hofopernorchesters bei der Premiere von Bruckners Zwei ter Symphonie mitgewirkt hatte und seither die Musik des Kompo nisten sehr schätzte. 1895 dann übernahm Nikisch in Berlin das Amt des philharmonischen Chefdi rigenten und trat in dieser Funktion auch als Fürsprecher Bruckners auf. Anders als die Werke von Bruck ners Antipoden Johannes Brahms, die seit der Gründung des Or chesters 1882 regelmäßig auf den Programmen standen, brauchte es etwas Zeit, ehe sich das Bruck ner‘sche Œuvre im Repertoire der Philharmoniker etablierte – und daran hatte Nikisch maßgeblichen Anteil. Gleichwohl setzte er die Siebte während seiner Berliner Amtszeit erst relativ spät und nur ein einziges Mal, im Januar 1920, aufs Programm. Nur das Adagio hatte er bereits 1896 anlässlich des Gedenkkonzerts zu Bruckners Tod dirigiert. In den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts widmeten sich der Symphonie zu nächst andere: Karl Muck, Oskar Fried, Carl Maria Artz, Rudolf Siegel oder der Bruckner-Schüler

Ferdinand Löwe – damals alles anerkannte, heute jedoch weitge hend vergessene Dirigenten.

Erste Begegnung mit Bruckner

Das Verdienst, die Siebte zum ers ten Mal mit den Philharmonikern interpretiert zu haben, gebührt allerdings dem Wagner-Freund Karl Klindworth, in jenen Jahren eine der führenden Persönlich keiten des Berliner Musiklebens. Die Aufführung am 31. Januar 1887 war die allererste Begegnung des Orchesters mit einem Werk des österreichischen Komponisten. Im Gegensatz zu anderen Städten reagierten Publikum und Presse in Berlin auf die Neuheit noch reser viert: »Wir fanden leider unsere Erwartungen durch das Werk nicht erfüllt«, schreibt ein Kritiker. »Es enthält grelle Farben, wenig Form, wühlende Harmonien, überladene Instrumentation.«

Umjubelte Aufführungen, legendäre Aufnahmen

Im Laufe der Zeit wuchs bei den Berlinern das Verständnis und die Begeisterung für dieses giganti sche Werk. Zumal nach Nikischs Tod 1922 mit Wilhelm Furtwängler ein weiterer Bruckner-Spezialist die Leitung der Berliner Philharmoniker übernahm. Der damals 36-jährige Dirigent setzte die Siebte sogar auf das Programm seines Antrittskon zerts – und überzeugte sofort mit sei ner Interpretation: Der Aufbau des ersten Satzes sei – so ein Pressebe

Foto: akg-images
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Konzerthinweis

Großer Saal

Berliner Philharmoniker Andris Nelsons Dirigent Mitsuko Uchida Klavier

Arnold Schönberg Konzert für Klavier und Orchester op. 42 Anton Bruckner Symphonie Nr. 7 E-Dur

richt –»ein Meisterstück«, Furtwäng ler hätte »die ganz auf Innenwerte gestellte Kunst« enthüllt. »Die Zeiten, in denen Bruckner als ›Problem‹ galt, sind längst vorüber.« Fortan findet sich die Symphonie häufiger in den Konzerten von Furtwängler.

Neben ihm fällt in den 1920er-Jah ren auch Felix Maria Gatz als re gelmäßiger Dirigent von Bruckners Siebter auf: Der Nikisch-Schüler war Gründer und künstlerischer Leiter der Berliner Bruckner-Vereinigung und engagierte sich als solcher sehr für das Schaffen des Kompo nisten. Er musste allerdings wegen seiner jüdischen Herkunft nach Hit lers Machtübernahme in die USA emigrieren, sein Name ist heute nur noch wenigen bekannt. 1928 entstand unter Jascha Horenstein die erste elektroakustische Schall plattenaufzeichnung, die eine enorm verbesserte Tonqualität bot. 1949 spielte Furtwängler mit den Philharmonikern eine bis heute le gendäre Aufnahme des Werks ein. Als er 1955 starb, verabschiedeten sich die Philharmoniker bei einer Gedenkfeier mit dem Adagio aus der Siebten von ihrem Chef. Sein Nachfolger Herbert von Karajan erwies sich ebenfalls als genialer Interpret des Werks. 1958 spielte er es zusammen mit Strawinskys Canticum sacrum bei den Silvesterkonzerten – sehr zum Erstaunen von Publikum und Presse, die an diesem Termin die Aufführung von Beethovens Neunter gewohnt waren. Doch das Programm gefiel: »Mit der nur ihm [Karajan] eigenen Kraft, eine Spannung durchzuhalten, zog er eine melodische Linie aus der anderen hervor. Von den bei Bruckner so gefürchteten Zäsuren war nichts mehr zu merken. Über sie hinweg schmolzen die Ströme der Musik zusammen«, heißt es in der Welt. Die Siebte, die Karajan in den 1970er-Jahren auch zweimal mit den Berliner Philharmonikern aufnahm, begleitete den Dirigen ten durch seine gesamte Amtszeit. Anders hingegen sein Nachfolger Claudio Abbado, der das Werk nur in einer Konzertserie 1996 in Berlin und bei den Salzburger Osterfest

spielen aufführte. Sir Simon Rattle wiederum, der mit einer transpa renten, schimmernden und fließen den Interpretation beeindruckte, machte die Symphonie häufiger zur Chefsache: zur Saisoneröffnung und auf der Festival-Tour 2006, in Aix-en-Provence 2007, in Berlin und auf der Asien-Tournee 2013, beim Europakonzert 2015 sowie bei den Gedenkkonzerten für Richard von Weizsäcker und Claudio Abbado.

Bewegende Momente

Hinzu kommen die zahlreichen Aufführungen mit großartigen Gastdirigenten: angefangen von Eugen Jochum, Karl Böhm und Otto Klemperer über Carl Schuricht, Joseph Keilberth, Sir John Barbirolli, Zubin Mehta, Lorin Maazel, Carlo Maria Giulini und Kurt Masur bis hin zu Seiji Ozawa und Günter Wand –nicht zu vergessen Daniel Baren boim, der die Symphonie u. a. 1990 bei der ersten Israel-Tournee der Philharmoniker leitete. Im Publikum saßen auch Zuhörer, die aus Berlin noch den unverwechselbaren »Furtwängler-Sound« kannten, und mit Freude registrierten, dass Barenboim den vertrauten Klang unter seiner Stabführung wieder entstehen ließ. Seine Interpreta tion rührte – so wird in der Presse berichtet – »die älteren jüdischen Musikfreunde« zu Tränen. In der jüngeren Vergangenheit nahmen sich Christian Thielemann und Bernard Haitink des Werkes an. Haitink gab 2019 mit der Siebten nach 55-jähriger Zusammenarbeit sein letztes Konzert bei den Philhar monikern. Ein bewegendes Ereignis, das auf der Bruckner-Edition des hauseigenen Labels aufgezeichnet ist und eindrucksvoll dokumentiert, was die Größe des Bruckner-Inter preten Haitink ausmacht: sein Sinn für den Spannungsaufbau und die Gelassenheit, den Musikerinnen und Musikern viel Freiraum zum Musi zieren zu geben. Auch diese Einspie lung beweist, dass Bruckners Siebte ein musikalischer Lebensbegleiter der Berliner Philharmoniker ist.

 Auf CD/Blu-ray: Bruckners Symphonien mit den Berliner Philharmonikern. Jetzt entdecken auf: berlinerphilharmoniker-recordings.com

• Do 08.12.22 20 Uhr Fr 09.12.22 20 Uhr Sa 10.12.22 19 Uhr
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Melancholie Ekstase und

In den Vereinigten Staaten ist er der berühmteste lebende Komponist. Jede seiner Arbeiten wird dankbar von Orchestern in aller Welt aufgegriffen und entzieht sich doch jedem Schubladendenken. Im Dezember spielen die Berliner Philharmoniker sein neuestes Klavierkonzert. Eine Begegnung mit John Adams.

»Ich sehe mich einerseits als sehr amerikanischen Komponisten, andererseits habe ich eine große Affini tät zum europäischen Musik-Kanon. Ein großer Teil meiner Musik ist für Symphonieorchester, also eine sehr europäische Kunstform.« Jazz, Swing und Minimal Music, aber auch Symphonie, Oper und Konzert – der Amerikaner John Adams wagt den Spagat zwischen Popularmusik und klassischer Form, europäischer Tra dition und amerikanischem Groove. Und das mit un geheurem Erfolg. Für die Spielzeit 2016/17 belegt eine Auswertung, dass fast jedes zehnte zeitgenössische Werk, das in amerikanischen Konzertsälen erklang, von ihm stammte. Warum sind seine Kompositionen so erfolgreich? Und wie kommt es, dass Adams sich mit jedem neuen Werk weiterentwickelt und doch stilis tisch immer treu bleibt?

Adams wurde 1947 in Worcester, Massachusetts ge boren und kam schon als kleiner Junge in Kontakt mit Musik. Sein Vater spielte Klarinette in verschiedenen Swingbands und auch John begann mit diesem Instru ment. Aber er fing auch früh an zu komponieren, bereits als Teenager konnte er erste Aufführungen seiner Orchesterstücke erleben. Anschließend studierte er Komposition an der Harvard University bei Leon Kirch ner, einem Schüler Arnold Schönbergs. Seine Werke aus dieser Zeit wirken noch sehr brav und zeigen keinen ausgeprägten Personalstil. Erst als er im Alter von 24 Jahren an die Westküste der USA nach Kalifornien übersiedelte, änderte sich das. Adams traf dort auf eine sehr lebendige, inspirierende Musikszene. Er entdeckte die Minimal Music von Steve Reich oder Philip Glass für sich und entwickelte daraus seinen eigenen Stil, den er selbst als »postminimalistisch« bezeichnete.

Heute blickt er auf seine kompositorischen Anfänge mit Humor zurück: »Die Dinge haben sich geändert seit den alten Tagen der Minimal Music. Wir brauchten damals ja oft 20 Minuten, um ein Werk von der Startbahn ab heben zu lassen.« Der Bostoner Musikkritiker Michael Steinberg hat Adams einmal sehr zutreffend als »Mini malisten, der vom Minimalismus gelangweilt war«, bezeichnet. »Ich fand, der Minimalismus war ein inter essanter Ausgangspunkt«, so Adams. »Aber ich habe sofort versucht, seine expressiven und dramatischen Entwicklungsmöglichkeiten zu erweitern. Und dadurch gehörte ich schon bald nicht mehr dazu.«

Adams eigener Stil kennt zwar auch rhythmische und harmonische Wiederholungsmuster, verbindet sie jedoch mit einer ausgeprägten Melodik, mit satten, symphonisch orientierten Klangfarben und mit einer Harmonik, die nicht selten an die Spätromantik oder den Impressionismus erinnert. Wie große architekto nische Formen kommen seine Werke daher, mit einer klaren Disposition und einem ausgeprägten Gespür für dramaturgische Abläufe. Dabei bleibt die Tonalität selbst bei seinen schrägsten Stücken für den formalen Aufbau maßgebend: »Tonalität ist für mich das ent scheidende Werkzeug, um Formen zu kreieren. Nur dadurch kann man Gefühle, Emotionen freisetzen. Ich glaube nicht, dass man ein großer Komponist sein kann, wenn man kein Gefühl für Harmonie hat.«

In den Klavierstücken China Gates und Phrygian Gates von 1977 sah John Adams dann erste gelungene Muster seines eigenen Weges. Seinen internationalen Durchbruch hatte er wenig später mit Shaker Loops, für das er in mühsamer Arbeit elektronische Wellenmuster auf ein Streicherensemble übertrug. Adams begann am Konservatorium von San Francisco zu unterrich ten und wurde 1982 zum Hauskomponisten des San Francisco Symphony Orchestra berufen. Für dieses Ensemble schrieb er seine großen Orchesterwerke der 1980er-Jahre wie Harmonium von 1981, Harmonielehre von 1985 und Fearful Symmetries von 1988. In vielen Fällen ging Adams dabei von einem Bild aus, das – so hat er selbst es beschrieben – in seinem Inneren danach schrie, in Musik verwandelt zu werden. Auch seine Wer ke für das Musiktheater wie Nixon in China, The Death of Klinghoffer oder Doctor Atomic fanden von Beginn an viel Anklang und zählen zu den meistgespielten Werken in den Opernhäusern rings um den Globus.

Adams hat seine Musik einmal mit den Romanen Jack Kerouacs verglichen: »Seine Beschreibungen kommen sehr nah an mein eigenes Gefühl von Befreiung und Erregung heran; eine Ekstase, gleichwohl mit einem Hauch jener Melancholie, die in der ersten von Bud dhas ›Vier Edlen Wahrheiten‹ ausgedrückt ist, ›Alles Leben ist leidvoll‹.«

Bei aller Routine fällt Adams das Komponieren keines wegs leicht. Zuerst kommt die lange Zeit des Wartens auf den entscheidenden Einfall, eine Zeit, in der er nach

39 Phil — November/Dezember 2022

eigenem Bekunden unausstehlich für sein Umfeld sein kann. »Eines Morgens wache ich dann auf und mir wird klar, dass ich keine Zeit mehr vergeuden darf. Ich habe Angst, dass die Zeit nicht reicht, um fertig zu werden. Panik kommt auf. In der ersten Panikperiode bin ich sehr glücklich, das ist die schönste Zeit. Dann wird es kompli ziert, ich schimpfe und jammere viel und schreibe wie im Fieber 24 Stunden am Tag«, erzählt er. Um dabei mög lichst ungestört zu sein, hat Adams sich schon vor vielen Jahren ein Komponierhäuschen im Redwood Forest im Norden Kaliforniens zugelegt.

Bei einem neuen Stück kann es durchaus sein, dass der Titel schon existiert, bevor überhaupt eine Note kom poniert wurde. »Ich liebe Titel«, sagt Adams, der in der Spielzeit 2016/17 Composer in Residence der Berliner Philharmoniker war. »Jeder, der einen Blick auf mein Werkverzeichnis wirft, merkt, dass ich Spaß daran habe, sie aus Sprache zu entwickeln.« Shaker Loops, My father knew Charles Ives, Short Ride in a Fast Machine – kein anderer zeitgenössischer Komponist hat für seine Musik so bildhafte und assoziationsreiche Titel gefunden wie John Adams. Wenn er einmal einen eher schlichten Titel wählt, wie zum Beispiel bei seiner Chamber Symphony, dann gibt es dafür einen Grund. In diesem Fall ist es die Auseinandersetzung mit dem Vorbild, der Kammer symphonie op. 9 von Arnold Schönberg, die Adams allerdings zugleich karikiert. Während er das Stück 1992 schrieb, sah sein kleiner Sohn im Stockwerk darunter Roadrunner-Cartoons. Die Hektik sowohl in Schönbergs Musik als auch in der Comic-Untermalung erschien Adams plötzlich sehr verwandt und so entstand ein Stück, das beides zusammenbringt und dessen Motorik zuletzt ins Surreale abhebt.

Auch sein neuestes, 2019 in Los Angeles uraufgeführtes Klavierkonzert trägt einen höchst ungewöhnlichen Titel: Must the devil have all the good tunes? Adams fand ihn in einem Artikel einer alten Ausgabe des New Yorker, in dem es um die christliche Sozialistin und Journalistin Dorothy Day ging. Er stammt von Martin Luther und lautet im Original: »Der Teufel braucht nicht alleine alle schönen Melodien zu besitzen.«

»Ich wusste sofort, dass ich ein Stück mit diesem Titel schreiben musste, als ich ihn las«, so Adams. »Mir kam sofort die Idee eines teuflischen Stücks, hochvirtuos wie der Danse macabre von Franz Liszt, aber auf funkig amerikanische Weise. Diese Art teuflischer Energie, wie sie Yuja Wang zu meistern versteht.« (Die Pianistin hatte Adams gebeten, ein Konzert für sie zu schreiben.)

Teuflisches à la Liszt und swingende Jazz-Harmonien –diese Mischung ist typisch für die Musik von John Adams, der bekennt, stets darunter gelitten zu haben, dass er nie das Klavierspielen gelernt hat. Die drei nahtlos ineinander übergehenden Sätze halten allerdings nicht nur die Pianistin, sondern auch den Hörer auf Trab. »Gritty, funky, but in strict tempo; twitchy, bot-like« hat Adams den ersten Satz überschrieben und damit

schon angedeutet, wie groovy es hier zugeht. Das ist Musik, die glitzert und glänzt, einem Feuerwerk nicht unähnlich und mit filmmusikalisch anmutenden Anspie lungen. Über weite Strecken scheinen sich Klavier und Orchester eine wilde Verfolgungsjagd zu liefern, mit schrägen Rhythmen und höllischen Tempi. Ganz anders der nachtstückartige zweite Satz »Much slower; gently, relaxed«, wo sich Klavier und Orchester in lyrischer Um schlingung zu vereinen versuchen. Hier hat der Teufel einmal Pause, so scheint es. Trotzdem wirkt die Idylle nicht real, sondern eher wie ein Traumbild, eine Illusion. Gegen Ende klingen schon erste Phrasen des Finalsat zes an, in dem Adams ein weiteres Feuerwerk abbrennt. »Più mosso: Obsession / Swing« ist dieses Finale über schrieben. Das swingende Orchester unterstützt den äußerst brillanten, energiegeladenen Solopart. Eine solche Musik schreiben in der Regel Klaviervirtuosen für sich selbst. Dass sie jemand geschaffen hat, der dieses Instrument gar nicht beherrscht, verblüfft – so aus dem Klavier heraus gedacht wirkt dieser Finalsatz. »Es ist wahr: der Teufel hat immer noch seine alten Tricks. Aber was für ein Teufel! Und was für Tricks«, urteilte die Los Angeles Times nach der Uraufführung. Treffender kann man es kaum formulieren.

Man merkt diesem Stück in jedem Takt an, welche Freude Adams beim Schreiben gehabt haben muss. Und diese Freude, so wünscht es sich der Komponist, soll sich auch auf die Zuhörerin und den Zuhörer übertragen. »Wenn mir Menschen sagen, dass etwas, das ich ge schrieben habe, sie berührt hat, habe ich das Gefühl, dass sich mein Dasein auf der Erde gelohnt hat.«

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Konzerthinweis

Mi 21.12.22 20 Uhr Do 22.12.22 20 Uhr Großer Saal

Berliner Philharmoniker Santtu-Matias Rouvali Dirigent Vikingur Olafsson Klavier

Esa-Pekka Salonen Helix John Adams Must the devil have all the good tunes? Konzert für Klavier und Orchester Sergej Prokofjew Symphonie Nr. 5 B-Dur op. 100

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Rubrik • Wenn ich nicht Musikerin wäre …

Die Geigerin Hande Küden spielt Tennis am Tisch.

Die Leidenschaft fürs Tischtennis hat Hande Küden von ihren Eltern mitbekommen. Sie hatten sich damit als Stu denten die Zeit zwischen den Vorlesungen vertrieben, und auch später, als beide schon längst eine Professur an der Universität innehatten, entspannten sie sich am liebsten bei diesem Sport. Ein ansteckendes Vorbild. Als Neunjährige griff Hande Küden im Sommerurlaub zum ersten Mal nach einem Tischtennisschläger – und ge wann bereits nach zwei Wochen ein Turnier. »Das war nur so ein kleiner Wettbewerb, zwischen den Leuten, die dort Urlaub gemacht haben. Aber für mich war das ein großes Erfolgserlebnis.« Nahezu zeitgleich entdeck te Hande Küden eine weitere Passion, das Geigenspiel. »In einem Konzert sah ich eine junge Geigerin und ich war sofort in das Instrument verliebt. Ich wusste, ich will genau das Gleiche machen, wie die Musikerin dort oben auf der Bühne.« Ihre Mutter versuchte sie zum Kla vier zu überreden, weil das doch leichter zu lernen sei. Es nützte nichts. Die Tochter hatte sich die Geige in den Kopf gesetzt. Basta.

Sie lernte beides professionell – das Tischtennisspiel ebenso wie das Geigenspiel. Beim Tischtennis wurde sie schnell so gut, dass sie fast ihren Trainer überflügelt hätte. Eine Profisportlerlaufbahn lag durchaus im Be reich des Möglichen. »Ich war bei diesem Sport schon sehr ambitioniert«, meint sie. Beim Geigenspiel stellten sich die Erfolgserlebnisse nicht so schnell ein, es brauch te Geduld und Durchhaltevermögen, um ein gewisses Niveau zu erreichen. Hande Küden brachte beides auf, weil sie den besonderen Klang der Geige von Anfang an so sehr liebt. Und so entschied sie sich, trotz ihrer Fortschritte und Erfolge beim Tischtennis, letztlich für eine Karriere als Geigerin. Was bei dieser Entscheidung den Ausschlag gab? »Beim Tischtennis geht es darum, gegeneinander zu spielen. Ich trete an, um einen Geg ner zu schlagen und selbst zu gewinnen. Es ist immer ein Wettbewerb. Nicht so bei der Geige: Die spiele ich vor allem für mich selbst. Ich kann alleine spielen, aber auch mit anderen zusammen. Musik basiert auf Koope ration, nicht auf Gegnerschaft.« Hande Küden genoss es sehr, mit anderen zusammen Musik zu machen und im Ensemble oder im Orchester zu spielen.

Tischtennis ist ihr jedoch ein wichtiger Ausgleich –weil der Körpereinsatz ein ganz anderer ist, als bei der Geige. »Die linke Hand, die auf der Geige die Töne greift, spielt beim Tischtennis gar keine Rolle. Nur die rechte Hand ist wichtig. Fürs Tischtennis brauche ich viel Kraft, um den Ball kontrollieren zu können. Das Geigenspiel hingegen verlangt Zartheit und Sensibilität.« Durch ihre sportliche Betätigung hat Hande Küden auch einiges gelernt, was ihr in ihrem Beruf als Musikerin zugutekommt, beispielsweise, sich die Kräfte gut einzuteilen. »Ich darf bei einem Wettkampf nicht von Anfang an alles geben, sondern muss kalkulieren, wie ich meine Energie bis zum letzten Schlag verteile. Gleiches gilt für ein Konzert, in dem ich anderthalb Stunden ohne Pause eine Mahler-Symphonie spiele.«

Seit Hande Küden in ihrer Heimat Türkei im Fern sehen die Übertragung eines Silvesterkonzerts der Berliner Philharmoniker gesehen hat, verspürte sie den großen Wunsch, selbst in diesem Orchester zu musizieren, und sie versuchte zielstrebig, ihren Traum zu realisieren. 2012 kam sie zum Studium nach Berlin, wurde später Stipendiatin der Karajan-Akademie, stellvertretende Konzertmeisterin im Deutschen Sym phonie-Orchester Berlin und schließlich Mitglied der Berliner Philharmoniker. Tischtennis bot ihr auch in Deutschland eine willkommene Abwechslung zum Orchesteralltag. Sie freute sich, dass die Stadt voller Betonplatten ist, auf denen sie regelmäßig Tischtennis spielen kann – im Tiergarten, im Hof ihres Wohnhau ses … »Ich habe gehört, es soll sogar eine Tischtennis platte in einem Raum der Philharmonie gegeben haben, auf der in den Pausen gespielt wurde.« Einen Verein, in dem sie ihr sportliches Talent einbringen kann, hat sie in Berlin allerdings noch nicht gefunden, weil es im Tischtennis – wie es Hande Küden scheint –überwiegend Herrenmannschaften gibt. Von ihren Kolleginnen und Kollegen hingegen teilen ein paar ihre Begeisterung für den Sport. Und wer weiß, viel leicht wird ja auch mal wieder eine Tischtennisplatte in der Philharmonie aufgestellt.

In dieser Rubrik stellen wir Berliner Philharmoniker und ihre außermusikalischen Leidenschaften vor.
43 Phil — November/Dezember 2022

Aktuelles

Familienkonzerte als Abonnement

Mit unseren Familienkonzerten, die ab der Saison 2022/23 auch als Aboserie FK verfügbar sind, entführen wir Klein und Groß aus der Wirklichkeit der Großstadt ins Klangwunderland der klassischen Musik. Ohrwürmer sind garantiert, wenn sich im Dezember die 12 Cellisten der Ber liner Philharmoniker mit Moderatorin und Horn-Kollegin Sarah Willis zusammentun und mit dem Konzert Cello Christmas den Saal zum Beben bringen.

Im zweiten Konzert ist dann das ganze Orchester zur Stelle, um in Claude Debus sys La Mer die Klänge und Geräusche des Meeres musikalisch nachzuzeichnen – mit Bildern von Wellen und Wind, die uns ins frühe 20. Jahrhundert katapultieren. Noch weiter am Rad der Zeit drehen die Philharmonischen Stradivari-Solisten Berlin: zum einen mit ihren legendären Streichinstrumenten aus dem 18. Jahrhun dert, zum anderen mit den gleichaltrigen Vier Jahreszeiten von Antonio Vivaldi. Da zwitschern die Vögel, es donnert und blitzt, die reiche Ernte wird gefeiert, und plötzlich hören wir das Eis unter den Schlittschuhen knacken.

Zum Abschluss der Saison erleben wir voluminöse russische Orchestermusik mit Peter Tschaikowskys Francesca da Rimini Chefdirigent Kirill Petrenko erklärt Inhalt und Tonsprache dieser symphonischen Dichtung und bringt mit den Berliner Philharmonikern ihr ganzes klangliches Kaleidoskop zum Leuchten – mal gefühl voll, mal dramatisch.

Das Familienkonzert-Abonnement kann ausschließlich telefonisch oder schriftlich erworben werden. Bitte beachten Sie, dass pro Kind mindestens ein Erwachse nen-Abo erworben werden muss. Kinder sollten mindestens von einer/einem Er wachsenen begleitet werden.

Foto, linke Seite: Monika Rittershaus. Rechte Seite: (oben) Monika Rittershaus, (unten) Maria Lobanova.
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Cello Christmas

Weihnachtsvorfreude soweit das Auge reicht! Moderatorin Sarah Willis und die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker schicken zauberhaft winterliche Klänge durch den Saal und stimmen gemeinsam auf das bevorstehende Fest ein. Ein Kon zert voller Spaß, Staunen, Mitmachen und guter Laune. Für die 12 Cellisten gibt es nur einen Herzenswunsch zu Weihnachten: strahlende Augen von Groß und Klein.

Kinder ab sechs Jahre und ihre musikbe geisterten Eltern, Großeltern, Verwandte und Freunde erleben in unserem Fami lien-Abonnement in vier moderierten Konzerten den unerschöpflichen Reich tum der klassischen Musik. Von Meister werken bis hin zu ungewohnten Tönen bieten sich hier fantastische Einblicke in Komposition, Geschichte und Klangwelt.

Konzerthinweis

• Sa 17.12.22 15 Uhr Sa 18.12.22 11 Uhr

Großer Saal

Familienkonzert

Sarah Willis Horn, Konzept und Moderation

Die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker

William Kentridge in der Philharmonie

Im Rahmen des Saisonschwerpunkts »Identitäten« sind derzeit Werke des süd afrikanischen Künstlers William Kentridge aus der Kunstsammlung der Deutschen Bank im Green Room der Philharmonie zu sehen. Kentridge setzt sich in den aus gestellten Kohle- und Pastellzeichnungen seiner Serie Black Box / Chambre Noire mit der kolonialen Geschichte seines Lan des und der Rolle Deutschlands in jener Zeit auseinander.

Viermal gibt es in den kommenden Monaten die Gelegenheit, vor Konzer ten der Berliner Philharmoniker durch die Ausstellung im Green Room geführt zu werden und dabei die Ideen und Konzepte des Künstlers  kennenzulernen. Besucher*innen mit Konzertkarten treffen sich kurz vor Führungsbeginn am Eingang des Green Rooms im Foyer des Großen Saals. Auch für Kunstinteressierte ohne Konzertkarten ist die Teilnahme an den Führungen möglich: Sie werden um 19 Uhr am Künstlereingang (Ecke Publikumsein gang Potsdamer Straße) abgeholt.

Führungen

Konzert Berliner Philharmoniker mit Kirill Petrenko

Konzert Berliner Philharmoniker mit Christian Thielemann

Familienkonzert
Besucher*innen im Green Room
• Do 3.11.22  19.15 Uhr
• Fr 16.12.22 19.15 Uhr
45 Phil — November/Dezember 2022

Verschenken Sie Musik! Philharmonische Weihnachtsbescherung

Weihnachtsüberraschungen voller Musik: Den Klassikfans unter Ihren Lieben können Sie in diesem Jahr auf vielfältige Weise eine Freude machen – mit unseren philharmonischen Geschenkideen. Suchen Sie sich das Passende aus!

Ganz nach Ihrem Geschmack: das Weihnachtspaket

Das Weihnachtspaket für drei oder fünf Konzerte stellen Sie aus 15 Programmen ganz nach den musikalischen Vorlieben der Beschenkten zusammen – von der Orgel matinee bis zum Orchesterkonzert. Dirigent*innen wie Kirill Petrenko, Gustavo Dudamel, Emmanuelle Haïm, Sir Simon Rattle und Zubin Mehta und Solist*innen wie Lisa Batiashvili, Elīna Garanča oder Yefim Bronfman garantieren mitreißende Konzerte. Von Georg Fried rich Händel über Ludwig van Beethoven und Robert Schumann bis hin zu Béla Bartók und Olivier Messiaen

Konzerte im Weihnachtspaket

• 19.–21.01.23

Berliner Philharmoniker / Esa-Pekka Salonen / Olivier Latry Werke von Maurice Ravel, Esa-Pekka Salonen und Béla Bartók

• 22.01.23

Orgelmatinee Olivier Latry

• 27.01.23

Berliner Philharmoniker /

Werke von Johannes Brahms, Arnold Schönberg und Ludwig

Berliner Philharmoniker

nis bescheren möchten, ist ein Gutschein für Konzerte der Stiftung Berliner Philharmoniker genau das Rich tige. Die Summe, die Sie dafür investieren möchten, bestimmen Sie (ab 10 Euro). Die Beschenkten können sich das Konzert aus unserem vielseitigen Programm selbst aussuchen.

Music on demand:

Digital Concert Hall

Auch das Weihnachtsangebot der Digital Concert Hall, der Videoplattform der Berliner Philharmoniker, lädt zum Verschenken ein: Beim Kauf eines 12-MonatsTickets erhalten Sie eine limitierte Präsentbox. Sie enthält auf zwei DVDs und Blu-Ray ein spannendes Konzertereignis der letzten Saison. Zum Kennenlernen unserer Digital Concert Hall gibt es außerdem Gut scheine für sieben oder 30 Tage.

Werke von Bernd Alois Zimmermann, Bohuslav Martinů und György Ligeti

• 23.–25.2.23

Berliner Philharmoniker Alan Gilbert / Joshua Bell Werke von Boris Blacher, Samuel Barber, Henri Dutilleux

• 2.–4.03.23

Berliner Philharmoniker Paavo Järvi Werke von Olivier Messiaen, Toshio Hosokawa und Ludwig van Beethoven

• 9./10.03.23

Berliner Philharmoniker / Emmanuelle Haïm Georg Friedrich Händel:  Il trionfo del Tempo e del Disinganno

• 31.03.23

Ensemble L’Arpeggiata / Philippe Jaroussky

• 19.04.23

Klavierabend Víkingur Ólafsson

Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Joseph Haydn u. a.

• 20.04.23

Chamber Orchestra of Europe / Robin Ticciati / Lisa Batiashvili Werke von Ludwig van Beethoven, Jörg Widmann und Hector Berlioz

• 28.04.23

Berliner Philharmoniker / Kirill Petrenko Werke von Wolfgang Amadeus Mozart und

Berliner Philharmoniker / Daniel Barenboim / Elīna Garanča Werke von Gabriel Fauré, Richard Wagner und César Franck

• 17.06.23

Berliner Philharmoniker / Zubin Mehta / Yefim Bronfman Werke von Béla Bartók und Peter Tschaikowsky

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Exklusive Editionen: CDs, DVDs, Blu-Ray

Das Label Berliner Philharmoniker Recordings bietet hochklassige Aufnahmen des Orchesters in exklusiven Editionen. Unsere Empfehlung: Frank Peter Zimmer mann mit Violinkonzerten von Ludwig van Beethoven, Alban Berg und Béla Bartók. Der Ausnahmegeiger, der seit 1985 zu den künstlerischen Weggefährten der Berliner Philharmoniker gehört, hat sie auf eine sehr persönliche Weise unter der Leitung von Daniel Har ding, Alan Gilbert und Kirill Petrenko eingespielt.

Ein weiteres Highlight ist unsere Mahler-Edition: die neun vollendeten Symphonien des Komponisten und das Adagietto der Zehnten, dirigiert von drei Chefdi rigenten, Claudio Abbado, Sir Simon Rattle und Kirill Petrenko, sowie geschätzten Gastdirigenten des Orchesters.

Zum Anfassen, Umhängen, Tragen:

Geschenke im Berliner-Philharmoniker-Design finden Sie in unserem Shop in der Philharmonie Berlin: Die stylisch gestalteten Notizbücher, Kaffee- und Tee becher, Thermosflaschen, Taschen und Schirme sind nachhaltig produziert und begleiten die Beschenkten durch den Alltag. Natürlich bietet unser Shop auch eine große Auswahl an Musikaufnahmen und Büchern.

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berliner-philharmoniker.de/weihnachten Foto: (Merchandising) Lars Johanning
47 Phil — November/Dezember 2022

Reden hilft!

Philharmonischer Diskurs

Die Gesprächsreihe Philharmonischer Diskurs greift Debatten auf, die uns bewegen, berühren und neugierig machen. Prominente Gäste diskutieren dabei aktuelle Fragen und Aspekte aus Politik, Gesellschaft, Kultur und Ge schichte. In der Spielzeit 2022/23 dreht sich alles um das Thema »Identitäten«, dem Saisonschwerpunkt der Berliner Philharmoniker. In der ersten Ausgabe am 2. November 2022 erwarten wir den

Nachruf

Trauer um Heinz Böttger

Die Berliner Philharmoniker trauern um Heinz Böttger, der 41 Jahre lang den Zweiten Violinen des Orchesters angehör te. Geboren 1929 im sächsischen Freital, studierte er zunächst bei Erich Mühlbach in Dresden und ab 1950 an der Berliner Musikhochschule bei Rudolf Schulz und Vittorio Brero. Von 1948 bis 1950 war er Konzertmeister des Dresdner MozartOrchesters, ehe er ins RIAS-Kammerorchester wechselte. Im September 1955 wurde Heinz Böttger Mitglied der Berliner Philharmoniker, als die Ära Karajan ihren Anfang nahm. 1996 ging er in den Ruhestand.

deutsch-französischen Publizisten und Politiker Daniel Cohn-Bendit, der die Möglichkeiten und Grenzen des utopi schen Denkens ausloten wird. In einer weiteren Veranstaltung treffen die Bun destagsabgeordnete Tessa Ganserer und die Publizistin Margarete Stokowski zum Thema Geschlecht auf einander. Anna-Nicole Heinrich, seit 2021 Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, spricht mit Seyran Ateş,

Veranstaltungshinweis

• Mi 02.11.22 20 Uhr

Kammermusiksaal Ausstellungsfoyer

Utopie Daniel Cohn-Bendit im Gespräch mit Christiane Florin

Mit großer Leidenschaft widmete sich Heinz Böttger der Kammermusik, unter anderem als Zweiter Geiger im Drolc Quartett, das durch sein Engagement für zeitgenössische Musik bekannt wurde. 1964 gründete er als Primarius das BöttgerQuartett. Noch im Ruhestand spielte er zusammen mit befreundeten Kollegen Streichquartett. Nun ist Heinz Böttger im Alter von 93 Jahren gestorben.

Initiatorin und Mitbegründerin der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin über Glaube und Werte. In einem weite ren Diskurs begrüßen wir Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien.

Die Veranstaltungen dauern in der Regel etwa 80 Minuten und werden von der Journalistin Christiane Florin unseres Medienpartners Deutschlandfunk moderiert.

Foto: (oben) Georg Kumpfmüller-Jahn, (unten) Michaela Gericke.
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komponiert, perfekt arrangiert: der

Linien und

das Design des neuen GLC. Die

Präsenz des SUV überzeugt in der Stadt genauso wie abseits der

Auch der Innenraum setzt Maßstäbe:

es das zum Fahrer geneigte Zentraldisplay, das

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Ist der Darlehens-/Leasingnehmer Verbraucher, besteht nach Vertragsschluss ein gesetzliches Widerrufsrecht nach § 495 BGB. Das Angebot ist zeitlich begrenzt und gilt bei Auftragseingang bis 31.10.2022. Nur solange der Vorrat reicht. | 3 Unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers zzgl. MwSt. und lokaler Überführungskosten. | 4 Die Leasingrate kann sich ausstattungsbedingt ändern. | Abbildungen entsprechen nicht dem Angebot. Abbildungen enthalten Sonderausstattungen. | Druckfehler und Irrtümer vorbehalten. Anbieter: Mercedes-Benz AG, Niederlassung Berlin | 9 x in und um Berlin Salzufer 1, 10587 Berlin, Telefon +49 30 3901 2000, www.mercedes-benz-berlin.de | Seeburger Straße 27, Rhinstraße 120, Holzhauser Straße 11, Daimlerstraße 165, Hans-Grade-Allee 61 – Schönefeld, Alt-Buch 72, Körnerstraße 50–51, Blankenburger Straße 85–105 GLC 200 4MATIC: Kraftstoffverbrauch kombiniert: 7,6 l/100 km1; CO2-Emissionen kombiniert: 172 g/km1 Die Mercedes-Benz Niederlassung Berlin ist offizieller Mobilitätspartner der Berliner Philharmoniker.

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Intensität der Isolation: Kirill Petrenko dirigiert Schostakowitsch

 Demnächst erhältlich im Shop der Philharmonie Berlin und auf berlinerphilharmoniker-recordings.com

»Ich bin mit der Musik von Dmitri Schos takowitsch aufgewachsen«, erzählt Kirill Petrenko im Interview. Die Doppelbödig keit dieser Werke, die versteckten Botschaften, die Auseinandersetzung des Komponisten mit den Repressalien, dem Krieg und Leid seiner Zeit faszinieren und berühren ihn. »Schostakowitsch war ein Humanist. Er hat an die Menschen geglaubt.«

Seine Achte, Neunte und Zehnte Sym phonie verfasste Schostakowitsch unter Lebensgefahr. Sie sind Zeugnisse eines Individuums, das gegen eine übermächti ge Bedrohung kämpft. Aus dem Innersten formuliert, wendet sich Schostakowitsch durch seine Musik an die Welt – ein Aspekt, der besondere Bedeutung gewann, als Kirill Petrenko die drei Symphonien in kurzer Folge mit den Berliner Philharmonikern erarbeitete: »In der Zeit, in der wir nur unter ganz eingeschränkten Bedingungen musizieren konnten«, erinnert sich der Chefdirigent an die durch die CoronavirusPandemie erzwungene Isolation, »ist mir Schostakowitschs Musik so nahe gegan gen wie noch nie.«* Die Aufführungen der drei Werke belegen auf Eindrücklichste, zu welch tiefem Verständnis Kirill Petrenko und die Berliner Philharmoniker in der gemeinsamen Interpretation gelangt sind: Höchst präzise, mit sprechender Dramatik und einer geradezu berstenden Intensität gestaltet, vermitteln sie Schostakowitschs Botschaften hier mit überwältigender Dringlichkeit.

Als herausragende musikalische Doku mente veröffentlicht Berliner Philharmo niker Recordings diese Aufnahmen von Schostakowitschs Achter, Neunter und Zehnter Symphonie nun als zweite große Edition des Orchesters mit Chefdirigent Kirill Petrenko.

Innere und äußere Bedrohung: Schosta kowitschs Achte

Als »unglaubliches Seelendrama« be schreibt Kirill Petrenko Schostakowitschs Achte Symphonie. Der Komponist verfasste sie im Lärm des Zweiten Weltkriegs, der seine Existenz ebenso bedrohte wie die stalinistische Zensur – nur sieben Jahre zuvor war der Komponist mit seiner Oper Lady Macbeth von Mzensk in Ungnade gefallen. Aus diesem Spannungsverhältnis von innerer und äußerer Bedrohung her aus schuf Schostakowitsch eine Sympho nie, die der nach patriotischen Hymnen gierenden Obrigkeit eine gezwungen lächelnde Tragödie lieferte. Aller Tarnung zum Trotz wurde das Werk wenige Jahre später verboten.

Hysterie statt Siegesjubel: Schostakowitschs Neunte Mit seiner Neunten vollzog Schostako witsch eine überraschende Kehrtwende: Nicht nur ihre traditionsschwere Numme rierung, auch der gewonnene Krieg ließ Volk und Funktionäre der Sowjetunion auf eine gigantische, chorsymphonische Heldenfeier hoffen. Doch statt der Erlösung im Kriegsende sah Schostakowitsch nur

die unzähligen Oper – und im Triumph das Nahen der nächsten Katastrophe. Daher zeichnet seine Neunte im distanzierenden Tonfall der Wiener Klassik und mit grotesk überdrehter Fröhlichkeit eine Zirkuswelt, die den siegestaumelnden Russen einen Zerr spiegel vorhielt. Die hysterische Grimasse, die sich in ihm offenbarte, rief Unverständ nis hervor – und führte dazu, dass Schosta kowitschs symphonische Stimme bis nach Stalins Tod verstummen musste, um zu überleben.

Persönlicher Befreiungsschlag: Schosta kowitschs Zehnte

Acht Jahre lang veröffentlichte Schosta kowitsch keine Symphonie. Dann platze die Zehnte unmittelbar nach dem Tod Josef Stalins eruptionsartig aus ihm heraus. Als »größten Befreiungsschlag in seinem künstlerischen Schaffen nach der Fünften« bezeichnet Kirill Petrenko das Werk, in dem der Komponist sich selbst zum Protagonis ten macht: Sein Monogramm in Tönen –D-Es-C-H – triumphiert in einem erbitterten Kampf über die gewaltige Maschinerie der Diktatur. Hoffnung auf Freiheit steht am Ende dieser Symphonie – und mit ihr eine musikalische Botschaft, die seit dem 24. Februar 2022 in Europa erschütternde Aktualität gewonnen hat.

*Die Zitate von Kirill Petrenko stammen aus Gesprächen für die Digital Concert Hall.

Dmitri Schostakowitsch: Symphonien 8–10 Die hochwertige Hardcover-Edition enthält die Aufnahmen auf zwei CDs sowie einer Blu-ray. Zudem bietet sie einen Interview-Film mit Kirill Petrenko sowie ein umfangreiches Booklet. Gestaltet wurde die Edition vom Künstler Thomas Demand.
51 Phil — November/Dezember 2022

Konzerte

• Mi 02.11.22 20 Uhr

Ausstellungsfoyer Kammermusiksaal

Philharmonischer Diskurs

Utopie Daniel Cohn-Bendit im Gespräch mit Christiane Florin

Wie viel Utopie braucht eine Gesellschaft? Gesprächsrunde über Sinn und Nutzen von gesellschaftlichen Visionen.

Karteneinheitspreis 10 Euro

• Mi 02.11.22 20 Uhr Do 03.11.22 20 Uhr Fr 04.11.22 20 Uhr Großer Saal Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent Noah Bendix-Balgley Violine

Andrew Norman Unstuck Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 B-Dur KV 207 Erich Wolfgang Korngold Symphonie Fis-Dur op. 40

Amerikanisches Flair: Korn golds Symphonie in Fis-Dur entführt in monumentale Klangwelten.

Kartenpreise von 35 bis 98 Euro

• Sa 05.11.22 19 Uhr

Kammermusiksaal Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker Sakari Oramo Dirigent Sophie Pardatscher Klarinette

Jean Sibelius Pelléas und Mélisande, Suite op. 46 Aaron Copland Konzert für Klarinette und Orchester György Ligeti Concert Românesc Alberto Ginastera Variaciones concertantes op. 23

Rumänische Weisen, latein amerikanische Rhythmen, nordische Stimmungsbilder mit der Karajan-Akademie

Kartenpreise von 15 bis 35 Euro

• So 06.11.22 14 Uhr

Familienführung: Voller Klang voraus!

Wurstfagott oder Taschengei ge? Bei dieser Familienführung gibt es viel zu entdecken.

Musikinstrumenten-Museum in Kooperation mit der Stiftung Berliner Philharmoniker

Eintritt frei

• Mo 07.11.22 20 Uhr Kammermusiksaal

Mahler Chamber Orchestra Joana Mallwitz Dirigentin Andrew Staples Tenor José Vicente Castelló Horn

Franz Schubert Symphonie Nr. 7 h-Moll D 759 »Unvollendete« Benjamin Britten Serenade für Tenor, Horn und Streicher op. 31 Franz Schubert Symphonie Nr. 4 c-Moll D 417

Joana Mallwitz, designierte Chefin des Konzerthausorches ters Berlin, liebt Schuberts Musik, speziell seine »Unvollendete«.

Kartenpreise von 20 bis 45 Euro

• Di 08.11.22 20 Uhr Kammermusiksaal World

Abel Selaocoe and The Bantu Ensemble: Abel Selaocoe Violoncello und Gesang Alan Keary Bass und Gesang Dudù Kouate Perkussion und Gesang Fred Thomas Klavier

Ein Multitalent: der Cellist, Sänger und Komponist Abel Selaocoe erzählt musikalische Geschichten auf ganz unterschiedliche Weise.

Karteneinheitspreis 35 Euro

• Mi 09.11.22 20 Uhr Kammermusiksaal

Leif Ove Andsnes Klavier

Leoš Janáček Klaviersonate 1.X.1905 »Von der Straße« Alexander Wustin Lamento

Ludwig van Beethoven Klaviersonate

Lixsania Fernández Tenorgambe Juan Manuel Quintana Bassgambe Lorenz Duftschmid Bassgambe Xavier Puertas Violone Enrike Solinis Gitarre und Theorbe David Mayoral Perkussion

nova 1500–1700 Venedigs Einflüsse auf das musikalische Europa: Ricercari, Capricci, Canzone, Sonate, Danze et Variazioni

nach Venedig! Die italienische Lagunenstadt war

Barock eines der großen Zentren

Musik.

Saal

Philharmoniker

Sokhiev Dirigent Bruno Delepelaire Violoncello

Dvořák Karneval

Konzertouvertüre

Édouard Lalo Konzert für Violoncello

Orchester

Peter Tschaikowsky Schwanensee-

(zusam mengestellt von Tugan Sokhiev)

Romantiker: Tschaikowskys Schwanensee

Cello-Konzert

Dvořáks

Nr. 31 As-Dur op. 110 Antonín Dvořák Poetische Stimmungsbilder op. 85 Ein Klavierabend voller Emotionen: Pianist Leif Ove Andsnes als musikalischer Geschichtenerzähler Kartenpreise von 20 bis 45 Euro • Mi 30.11.22 20 Uhr Kammermusiksaal Hespèrion XXI: Jordi Savall Leitung und Diskantgambe Philippe Pierlot Altund Bassgambe
Musica
Auf
im
der
Kartenpreise von 20 bis 45 Euro • Fr 02.12.22 20 Uhr Sa 03.12.22 19 Uhr So 04.12.22 20 Uhr Großer
Berliner
Tugan
Antonín
,
op. 92
und
d-Moll
Suite
Für
-Musik, Lalos
und
Karneval Kartenpreise von 25 bis 76 Euro 52

Sa 03.12.22 20 Uhr Kammermusiksaal

Christian Gerhaher Bariton Gerold Huber Klavier

Lieder von Franz Schubert

Letzte Lieder: Christian Gerhaher singt Schuberts »Schwanengesang«

Kartenpreise von 20 bis 45 Euro

• So 04.12.22 11 Uhr Großer Saal

Arvid Gast Orgel Blechbläserensemble der Berliner Philharmoniker

Félix Alexandre Guilmant Orgelsonate op. 42: 1. Satz Introduction et Allegro (Bearbeitung für Orgel und Bläser von Friedhelm Flamme) Max Reger Weihnachten op. 145 Nr. 3 Louis Vierne Marche triomphale pour le centenaire de Napoléon I für Orgel und Blechbläser Marcel Dupré Variations sur un vieux Noël op. 20

Sigfrid Karg-Elert Cathedral Windows op. 106: Nr. 3 Resonet in laudibus, Nr. 4 Adeste fideles Gustav Holst

Die Planeten op. 32: Nr. 4 Jupiter, the Bringer of Jollity (Bearbeitung für Orgel und Blechbläser von Sebastian Heindl)

Festlicher Auftakt zur Weih nachtszeit: Arvid Gast und das Blechbläserensemble der Berliner Philharmoniker stimmen mit weihnachtlicher Musik auf das bevorstehende Fest ein.

Karteneinheitspreis 15 Euro

• So 04.12.22 14 Uhr Familienführung: Voller Klang voraus!

Eine 90-minütige Entdeckungs reise durch die Philharmonie Berlin und das Musikinstrumen ten-Museum – es gilt den einen oder anderen Schatz zu heben.

Musikinstrumenten-Museum in Kooperation mit der

Stiftung Berliner Philharmoniker Eintritt frei • Di 06.12.22 20 Uhr Kammermusiksaal Belcea Quartet: Corina Belcea Violine Axel Schacher Violine Krzysztof Chorzelski Viola Antoine Lederlin Violoncello Ludwig van Beethoven Streichquartett F-Dur op. 59 Nr. 1 »Razumowsky« Franz Schubert Streichquartett Nr. 14 d-Moll D 810 »Der Tod und das Mädchen« Feinsinnig im Klang, differen ziert im Ausdruck: Das Belcea Quartet spielt Beethoven und Schubert Kartenpreise von 20 bis 45 Euro • Do 08.12.22 20 Uhr Fr 09.12.22 20 Uhr Sa 10.12.22 19 Uhr Großer Saal Berliner Philharmoniker Andris Nelsons Dirigent Mitsuko Uchida Klavier Arnold Schönberg Konzert für Klavier und Orchester op. 42 So stilvoll und individuell kann Senioren-Wohnen sein (030) 81 09 10 19 www.reverie-berlin.de Nach dem Fernweh kommt das Heimweh Anton Bruckner Symphonie Nr. 7 E-Dur Mit Andris Nelsons steht ein Bruckner-Spezialist der jüngeren Dirigentengenera tion am Pult der Berliner Philharmoniker. Kartenpreise von 35 bis 98 Euro • Sa 10.12.22 10 Uhr und 11.30 Uhr So 11.12.22 10 Uhr und 11.30 Uhr Ausstellungsfoyer Kammermusiksaal Mitmachkonzert Der geheimnisvolle Klang der Wüste Mitglieder der Berliner Philharmoniker Friederike Karig Regie Pablo Mendizabal Bühnenbild und Ausstattung Für Kinder von 3 bis 5 Jahre Zwei magische Figuren entführen ihre kleinen Zuhören den in tönende Zauberwelten Karteneinheitspreis 6/14 Euro (Kinder/Erwachsene) 53 Phil — November/Dezember 2022

Konzerte

• So 11.12.22 20 Uhr

Kammermusiksaal

Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker

Christian Thielemann Dirigent Camilla Nylund Sopran

Richard Wagner Siegfried-Idyll Gustav Mahler

Fünf Lieder nach Gedichten von Friedrich Rückert (Bearbeitung für hohe Singstimme und Kammerensemble)

John Adams

The Black Gondola, Orchester arrangement von Franz Liszts La lugubre gondola II Robert Schumann

Ouvertüre, Scherzo und Finale op. 52

Christian Thielemann war als Bratscher einst selbst Stipen diat der Karajan-Akademie.

Nun ist er als Dirigent erstmals in einem Konzert der Akade mie zu erleben.

Kartenpreise von 20 bis 45 Euro

• Do 15.12.22 20 Uhr Fr 16.12.22 20 Uhr Sa 17.12.22 19 Uhr Großer Saal Berliner Philharmoniker

Christian Thielemann Dirigent Camilla Nylund Sopran

Richard Wagner Parsifal: Vorspiel und Karfreitagszauber Richard Strauss Vier letzte Lieder Hans Pfitzner Drei Orchestervorspiele aus der Oper Palestrina Johann Sebastian Bach Präludium und Fuge Es-Dur BWV 552 (Orchestrierung von Arnold Schönberg)

Üppig, geradezu rauschhaft ist dieses Programm mit Christian Thielemann, Experte für das spätromantische Repertoire.

Kartenpreise von 35 bis 98 Euro

• Fr 16.12.22 20 Uhr Kammermusiksaal

Jazz at Berlin Philharmonic

Kadri Voorand Gesang und Klavier Mihkel Mälgand Bass Anna Gréta Trio: Anna Gréta Klavier und Gesang

Johan Tengholm Bass Konrad Agnas Schlagzeug

Rhoda Scott Duo: Rhoda Scott Hammondorgel Julie Saury Schlagzeug

Céline Bonacina Saxofon

Fantastische Frauen Kuratiert von Siggi Loch

Drei Jazzerinnen – und jede auf ihre Art fantastisch: die estnische Sängerin Kadri Voorand, die Isländerin Anna Gréta und die amerikanische Hammondorganistin Rhoda Scott

Kartenpreise von 15 bis 35 Euro

• Sa 17.12.22 15 Uhr So 18.12.22 11 Uhr Großer Saal

Familienkonzert

Sarah Willis Konzept und Moderation Die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker

Cello Christmas Moderatorin Sarah Willis und die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker stimmen gemeinsam auf das bevorste hende Weihnachtsfest ein.

Karteneinheitspreis 10/20 Euro (Kinder/Erwachsene)

• Di 20.12.22 20 Uhr

Kammermusiksaal

Cornelia Gartemann Violine Christoph von der Nahmer Violine Julia Gartemann Viola Solène Kermarrec Violoncello Özgür Aydın Klavier

Claude Debussy Pelléas et Mélisande (Bearbeitung für Klaviertrio von Hubert Mouton) Bedřich Smetana Klaviertrio g-Moll op. 15 Erich Wolfgang Korngold Klavierquintett E-Dur op. 15

Kammermusikalisch intim: Debussys Oper Pelléas et Mélisande ist ein Seelendrama voller Geheimnisse.

Kartenpreise von 10 bis 26 Euro

Mi 21.12.22 20 Uhr Do 22.12.22 20 Uhr

Großer Saal

Berliner Philharmoniker Santtu-Matias Rouvali Dirigent Víkingur Ólafsson Klavier

Esa-Pekka Salonen Helix John Adams

Must the devil have all the good tunes?, Konzert für Klavier und Orchester Sergej Prokofjew Symphonie Nr. 5 B-Dur op. 100

Pianist Víkingur Ólafsson gibt sein Debüt bei den Berliner Philharmonikern Kartenpreise von 25 bis 76 Euro

Do 29.12.22 20 Uhr Fr 30.12.22 20 Uhr Sa 31.12.22 17.30 Uhr Großer Saal Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent Jonas Kaufmann Tenor

Giuseppe Verdi La forza del destino: Ouvertüre und »La vita è inferno all'infelice ... Oh, tu che in seno agli angeli«, Arie des Alvaro Riccardo Zandonai Giulietta e Romeo: »Giulietta! Son io!«, Arie des Romeo Sergej Prokofjew Romeo und Julia (Auszüge) Umberto Giordano Andrea Chénier: »Un di all'azzurro«, Arie des Andrea Pietro Mascagni Cavalleria rusticana: Intermezzo und »Mamma, quel vino è generoso«, Arie des Turrido Nino Rota La strada, Orchestersuite: Nozze in campagna –»È arrivato Zampanò« und I tre suonatori e il »Matto« sul filo

Peter Tschaikowsky Capriccio italien op. 45

Festlicher und beschwingter Jahresausklang mit Tenor Jonas Kaufmann und Kirill Petrenko

Kartenpreise von 58 bis 200 Euro

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Impressum

Herausgegeben von der Berliner Philharmonie gGmbH für die Stiftung Berliner Philharmoniker

Direktorin Marketing, Kommunikation und Vertrieb: Kerstin Glasow

Leiter Redaktion: Tobias Möller (V. i. S. d. P.) Herbert-von-Karajan-Straße 1, 10785 Berlin redaktion@berliner-philharmoniker.de

Chefredakteur

Dr. Oliver Hilmes

Redaktion

Dr. Nicole Restle

Mitarbeit

Stephan Kock, Hendrikje Scholl, Bettina Wohlert

Layout & Satz

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Bildredaktion und Anzeigenleitung

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Herstellung

Bonifatius GmbH, 33100 Paderborn

Auflage

15 000

Entgelt ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.

Diese Broschüre wurde mit Energie aus 100 % Wasserkraft (oder Öko-Strom) und ohne schädlichen Industriealkohol hergestellt. Die Produktion nimmt eine Druckerei vor (Bonifa tius GmbH), die ein Qualitäts- und Umweltsystem aufgebaut hat, das alle Anforderungen der DIN EN ISO 9001 und DIN EN ISO 14001 sowie die Vorgaben des Eco-Management and Audit Scheme (EMAS) der Europäischen Union erfüllt.

Cover, Foto: Heribert Schindler
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Neu auf Vinyl: Wilhelm Furtwängler und die Berliner Philharmoniker Auf 8 LP

Die zwischen 1939 und 1945 entstandenen Rundfunkmitschnitte der Berliner Philharmoniker mit Wilhelm Furtwängler gehören zu den eindringlichsten Aufzeichnungen klassischer Musik überhaupt. Sie dokumentieren Interpretationen, deren unmittelbare Ausdrucksintensität aus dem Moment der Aufführung heraus entsteht – und in denen nicht zuletzt die existenzielle Erfahrung des Zweiten Weltkriegs nachhallt. So eindrücklich wie nirgendwo sonst vermittelt sich hier Furtwänglers Künstlerpersönlichkeit.

Erstmals erscheint nun eine Auswahl dieser Aufnahmen aus unserer Edition »The Radio Recordings 1939–1945« in einer Vinyl-Box auf acht LPs. Mit dem beiliegenden Code können Sie darüber hinaus sämtliche erhaltenen Radiomitschnitte dieser Zeit auch in Studioqualität herunterladen.

Jetzt erhältlich im Shop der Philharmonie und auf berliner-philharmoniker-recordings.com

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