Mai / Juni 2022
Phil — Das Magazin der Berliner Philharmoniker
Das Magazin der Berliner Philharmoniker Mai/Juni 2022
Die reine Freude Antonello Manacorda gibt sein Debüt bei den Berliner Philharmonikern Die andere Moderne Kirill Petrenko dirigiert Meisterwerke von Komponisten der »Lost Generation« Vom Breakdance zum Barock Shootingstar Jakub Józef Orliński zu Gast im Kammermusiksaal
Seit mehr als 30 Jahren arbeiten die Deutsche Bank und die Berliner Philharmoniker in einer engen und lebendigen Partnerschaft zusammen. Gemeinsam wollen wir Musik von Weltklasse fördern und Menschen jeden Alters für Musik und Kultur begeistern. Denn Musik inspiriert, verbindet Menschen und überwindet Grenzen. db.com/kultur
Gemeinsam Großes schaffen #PositiverBeitrag
© Stephan Rabold
Foto: Stefan Hoederath
Liebes Publikum, unser Saisonschwerpunkt »Lost Generation« endet mit einem Konzert der Berliner Philharmoniker unter der Leitung ihres Chefdirigenten Kirill Petrenko, in dem Meisterwerke der »vergessenen Generation« erklingen. Isabel Herzfeld erinnert in ihrer Titelgeschichte an diese Komponisten, die von den Nationalsozialisten verfolgt, vertrieben oder getötet wurden. Antonello Manacorda, der zu den gefragtesten Dirigenten seiner Generation gehört, gibt im Mai seinen Einstand bei den Berliner Philharmonikern. Im Interview mit Arnt Cobbers spricht er darüber, warum er von der Geige ans Dirigentenpult gewechselt ist, was er von seinem Mentor Claudio Abbado gelernt hat und wie er sich auf das Debüt bei den Philharmonikern vorbereitet. Ebenfalls zum ersten Mal tritt der junge polnische Countertenor Jakub Józef Orliński bei uns auf. Marek Kalina porträtiert einen faszinierenden Musiker, dessen Leidenschaften von der Barockmusik bis zum Breakdance reichen. Doch damit nicht genug, denn es erwarten Sie auch interessante Beiträge über den 50. Geburtstag der Karajan-Akademie, ein Interview mit Madeleine Carruzzo, der ersten Frau bei den Berliner Philharmonikern, und manch anderes mehr. Und natürlich gibt es auch wieder unsere Rubrik »Wenn ich nicht Musiker wäre …«, diesmal erzählt Nikolaus Römisch, Cellist der Berliner Philharmoniker, von seiner großen Leidenschaft für das Fußballspielen. »Musik ist die gemeinsame Sprache der Menschheit«, konstatierte der amerikanische Dichter Henry Wadsworth Longfellow. Mögen wir uns in dieser Zeit mit ihren allgegenwärtigen Krisen und Kriegen, mit Not, Elend und Vertreibung an den völkerverbindenden Charakter der Tonkunst erinnern. Ich wünsche Ihnen wie immer eine anregende und unterhaltsame Lektüre und viele unvergessliche Konzerte mit den Berliner Philharmonikern. Herzlich, Ihre
Andrea Zietzschmann Intendantin der Stiftung Berliner Philharmoniker
Inhalt
• Antonello Manacorda
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Die reine Freude Wie bereitet man sich auf sein Debüt bei den Berliner Philharmonikern vor? Eine Begegnung mit dem italienischen Dirigenten Antonello Manacorda. Von Arnt Cobbers
• Kirill Petrenko
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Die andere Moderne Unser Saisonschwerpunkt »Lost Generation« endet mit einem Konzert der Berliner Philharmoniker unter der Leitung ihres Chefdirigenten. Von Isabel Herzfeld
• Jakub Józef Orliński
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Vom Breakdance zum Barock
Foto, linke Seite: (oben) www.plainpicture.com, (unten) Stephan Rabold. Rechte Seite: (oben) Michael Sharkey, (unten) shaun.lowe@gettyimages.com
Der polnische Countertenor Jakub Józef Orliński ist immer für Überraschungen gut. Von Marek Kalina
• Neue Musik
Komponieren am äußersten Rand Gerald Barry und Erkki-Sven Tüür stellen unter Beweis, wie faszinierend zeitgenössische Musik sein kann. Von Martin Demmler
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Lernen von den Profis Die Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker feiert 50. Geburtstag. Von Benedikt von Bernstorff »Wie haben Sie das geschafft?« Die philharmonische Geigerin Madeleine Carruzzo blickt auf ihr spannendes Berufsleben zurück. Von Nicole Restle Neu entdeckt Sir Simon Rattle stellt uns den Komponisten Roberto Gerhard vor. Von Frank Harders-Wuthenow Philharmonische Momente 1913 wurde Rued Langgaards Erste Symphonie uraufgeführt. Jetzt steht sie wieder auf dem Programm. Von Volker Tarnow Time to say goodbye! Sieben Mitglieder der Berliner Philharmoniker verabschieden sich in den Ruhestand. Von Nicole Restle Wenn ich nicht Musiker wäre … Der Cellist Nikolaus Römisch ist ein begeisterter Fußballer. Von Oliver Hilmes
Aktuelles Konzerte Impressum
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Freude
Die reine
Von Arnt Cobbers
Antonello Manacorda stammt aus der Schule von Claudio Abbado. Er war Konzertmeister des Gustav Mahler Jugendorchesters und Mitbegründer des Mahler Chamber Orchestra. Mittlerweile gehört er zu den gefragtesten Dirigenten seiner Generation. Im Mai gibt er sein Debüt bei den Berliner Philharmonikern. Ein Gespräch über Partituren, Taktstöcke und die Schönheit der Melancholie.
Herr Manacorda, mit welchen Gefühlen sehen Sie Ihrem Debüt bei den Berliner Philharmonikern entgegen?
Foto: www.plainpicture.com
AM Mit enormer Vorfreude! Ich empfinde es als große Ehre. Der eigentliche Grund dafür, dass ich seit 22 Jahren in Berlin lebe und mich inzwischen als Berliner fühle, ist, dass Claudio Abbado Chefdirigent der Berliner Philharmoniker war. In den frühen Neunzigerjahren war ich Konzertmeister des Gustav Mahler Jugendorchesters und habe anschließend in gleicher Position das Mahler Chamber Orchestra mitgegründet. Weil Claudio in Berlin wohnte, haben wir uns entschieden, das Büro des Orchesters hier anzusiedeln. Ein Jahr später bin ich nach Berlin gekommen und habe Deutsch gelernt. Ich kenne viele Musikerinnen und Musiker der Philharmoniker, einige sogar noch aus meiner Zeit beim Gustav Mahler Jugendorchester. Als Tutoren in den Arbeitsphasen haben sie uns das Orchesterspiel beigebracht. Wenn Sie viele Musikerinnen und Musiker kennen und das Orchester oft gehört haben – können Sie dann genau einschätzen, wie die gemeinsame Arbeit werden wird? AM Das kann man nie voraussagen, mit keinem Orchester der Welt. Es ist immer eine Spannung da. Zwei Wesen treffen sich an diesen vier Tagen – zwei Tage Proben, zwei Konzerte – und treten in einen Dialog miteinander, später dann auch mit dem Publikum. Wir sind Menschen, da weiß man nie, wie es wird. Was ich tatsächlich schon im Voraus zum Gelingen der gemeinsamen Arbeit beitragen konnte, war die Programmauswahl: Musik, die mir am Herzen liegt und die für mich zum Wichtigsten im Repertoire überhaupt zählt. Mit diesen Stücken kann ich zeigen, wer ich bin, und das ist mir sehr wichtig. Das Orchester hat mich eingeladen – ob es mich dann mögen wird, entscheidet sich in dem Moment, da die Musik erklingt. Authentizität und Ehrlichkeit spielen hierbei sicherlich eine große Rolle. Mit der Kammerakademie Potsdam haben Sie sämtliche Schubert-Symphonien aufgenommen. Ihren Einstand beim Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin gaben Sie mit Schuberts Großer C-Dur-Symphonie und jetzt debütieren Sie bei den Philharmonikern mit der Unvollendeten. Werden Sie da nicht auf die Rolle als Schubert-Spezialist festgelegt? AM Es war der Wunsch der Philharmoniker, Schubert mit mir zu machen. Ich empfinde das als Kompliment, weil es zeigt, dass meine Schubert-Inter7
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pretationen geschätzt werden. Ob man einen Komponisten mit seinem eigenen Orchester über mehrere Jahre hinweg intensiv studiert und aufnimmt oder ob man als Gastdirigent eine Symphonie in vier Tagen erarbeitet, das sind, was die Arbeitsweise betrifft, zwei ganz verschiedene Dinge. Aber es stimmt: Schubert ist einer meiner Lieblingskomponisten. Naiv gefragt: Was können Sie den Philharmonikern überhaupt Neues vermitteln bei Schuberts Unvollendeter, die die Musikerinnen und Musiker doch aus dem Effeff kennen? AM So oft spielen die Philharmoniker Schubert ja gar nicht! Sie haben die Unvollendete mit Rattle und mit Abbado aufgeführt. Und Kirill Petrenko hat in dieser Saison die C-Dur-Symphonie dirigiert. Die Antwort auf Ihre Frage ist: Ein Stück klingt jedes Mal neu. Allein durch die Art, wie ich atme, wie ich phrasiere und Details gewichte, wird es anders klingen als in den Aufführungen zuvor. Wie haben Sie die drei übrigen Stücke ausgewählt? AM Mein zweiter großer Wunsch war Mahler. Ich habe große Teile seines Werks unter Abbados Leitung mit dem Lucerne Festival Orchestra aufgeführt, ich habe, wie erwähnt, im Gustav Mahler Jugendorchester gespielt, habe das Mahler Chamber Orchestra mitbegründet – Mahler ist ein ganz wichtiger Komponist für mich. Die Rückert-Lieder, die ich oft mit Abbado erlebt habe, sind mir besonders nahe. Sie hier jetzt dirigieren zu dürfen, hat eine starke emotionale Bedeutung für mich. Mit Christian Gerhaher als Solisten ist es das Nonplusultra! Im nächsten Schritt kam dann Schönberg hinzu. Seine Zweite Kammersymphonie, 1906 begonnen, aber erst 1939 in den USA vollendet, wird selten aufgeführt. Der sehr tiefe, tragische Expressionismus des ersten Satzes trifft auf den beinahe kubistischen Neoklassizismus des zweiten. Diese Doppelgesichtigkeit wiederum stellt die Verbindung zu Mahler und Schubert her – aber auch zu Beethovens Coriolan-Ouvertüre, die das Programm eröffnet. Erst als die Werkfolge verabschiedet war, habe ich festgestellt, dass abgesehen von Schönberg jedes Stück mit einem Diminuendo endet. Das ist merkwürdig und war mir vorher nicht bewusst. Ich denke, die vier Kompositionen spiegeln, wie ich bin und was mir wichtig ist. Es gibt da viel Moll, viel Melancholisches. Es geht mir nicht um den großen explodierenden Applaus nach dem letzten Ton – es geht einfach um großartige Musik!
Warum sind Sie überhaupt von der Geige ans Dirigentenpult gewechselt? AM Ich habe das weniger als Wechsel empfunden denn als organische Entwicklung. Ich identifizierte mich mit der Rolle des Konzertmeisters, fühlte mich aber nie im eigentlichen Sinne als Geiger. Die Funktion im Orchester hat mich viel mehr interessiert als das Instrument als solches oder die Frage, wie ich die Hände bewege. Auch an der Gründung des Lucerne Festival Orchestra mit Claudio Abbado war ich ja beteiligt. Wie man einen herausragenden Klangkörper von Null auf die Beine stellt – diese Aufgabe hat mich fasziniert. Und irgendwann hatte ich das Gefühl, dass ich als spielender Musiker an Grenzen stieß. Wenn ich das Mahler Chamber Orchestra vom Konzertmeisterpult aus leitete, fühlte ich mich durch das Instrument in der Hand in meinen Ausdrucksmöglichkeiten eingeschränkt. Eines Tages wurde ich dann eingeladen, eine Tourneeoper in Italien zu dirigieren. Ich hielt die für verrückt! Als ich Simon Rattle fragte, ob ich zusagen sollte, meinte er: »Ich habe schon immer gedacht, dass du dirigieren müsstest. Probiere es einfach!« Also habe ich es versucht – und vermutlich ziemlich schlecht gemacht. Obwohl ich sofort Feuer gefangen habe, war mir gleich klar, dass ich das ganz ernsthaft würde erlernen müssen. Deshalb bin ich zu Jorma Panula zum Studium nach Helsinki gegangen. Jorma Panula spricht ja kaum über die Musik, er lehrt vor allem die Technik, die Organisation und wie man mit einem Orchester kommuniziert. Sind das nicht Dinge, die man nur in der Praxis lernt? AM Ganz ehrlich: Mit ihm spricht man so gut wie überhaupt nicht. Aber Jorma ist der größte Pädagoge, den ich je erlebt habe. Er hat fast allen Dirigenten meiner Generation und mir natürlich auch Instrumente an die Hand gegeben, mit deren Hilfe wir von uns selber lernen können. Als Dirigent ist man sein eigener Lehrer. Dirigieren zu studieren ist also sinnvoll? AM Ich finde es sehr wichtig, aber die Frage ist, bei wem? Es ist sehr schwer, eine Dirigier-Didaktik zu entwickeln. Jorma hat eine sehr erfolgreiche und sehr gute entwickelt, finde ich. Und natürlich – man braucht die Praxis. In Finnland gehört es dazu, dass man als Student wirklich mit einem Orchester arbeitet. Man kann Studenten für wenig Geld engagieren und mit ihnen proben. Es ist sehr wichtig, dass man Erfahrungen sammelt im Umgang mit Musikern. 8
Meine Jahre als Konzertmeister haben mir sehr geholfen. Aber es ist doch etwas ganz anderes, wenn man vor einem Orchester steht. Es ist unbeschreiblich schwierig, das zu lernen. Sie haben bei Kammerorchestern und kleinen Operntruppen angefangen, wurden Chefdirigent der Kammerakademie Potsdam und haben einige Jahre Het Gelders Orkest in Arnheim geleitet. Nun dirigieren Sie an den Staatsopern von Berlin, München und Wien, an Covent Garden in London und an der Met, bei der Dresdner Staatskapelle und der Tonhalle Zürich. Fühlt es sich an, als seien Sie im Olymp angekommen? AM Die Arbeit verändert sich, weil das Niveau der Musiker, mit denen ich inzwischen arbeite, extrem hoch ist. Jorma Panula hat immer gesagt: »Störe das Orchester nicht! Hilf ihm!« Das ist sein Kernsatz. So banal das klingt: Es ist extrem wichtig, dass man die Arbeit des Dirigenten als Hilfe versteht. Orchester spielen auch alleine schon ziemlich gut. Wer da vorn steht, ist nur dazu da, ein besseres gegenseitiges Verständnis, ein intensiveres Zuhören zu ermöglichen und eine gemeinsame Richtung finden zu helfen. Natürlich brauche ich Autorität, anders geht es nicht, aber nicht im despotischen Sinne. Bei weniger guten Orchestern muss man viel mehr helfen. Wenn man immer häufiger sehr gute Orchester dirigiert, wird man zusehends befreit von den technischen Schwierigkeiten des Zusammenspielens. Man darf einfach nur Musik machen! Und das ist ein großer Genuss. Haben Sie sich nicht schon lange gefragt: Wann kommt endlich der Anruf der Philharmoniker? Sie debütieren jetzt im stolzen Alter von 51 Jahren! AM Im Grunde bin ich ein junger Dirigent! Ich dirigiere ja erst seit 17 Jahren. Obwohl ich glücklich bin, dass ich die Chance bekomme, noch bessere Musik machen zu dürfen, mit noch besseren Musikern. Mein explizites Ziel war dies nie. Musik zu machen ist meine Berufung. Mit diesen Orchestern zu arbeiten, ist einfach die reine Freude. Und dann kommen Sie aus den Musikmetropolen der Welt immer wieder zurück zur Kammerakademie Potsdam! AM Sie ist nicht so bekannt wie die Berliner Philharmoniker, das stimmt. Aber als Kammerorchester gehört sie in die gleiche Liga. Die Kammerakademie ist eines der besten Kammerorchester der Welt! Das ist meine Familie nach inzwischen zehn Jahren. Wir verstehen uns fast blind.
Foto: Nikolaj Lund
Stimmt es, dass Sie zu Hause kein Instrument mehr haben? AM Ich habe eine Mandoline – aber keine Geige und kein Klavier mehr. Das Spielen mit den Händen am Instrument fehlt mir überhaupt nicht. Als Dirigent mache ich auf andere Art mit den Händen Musik. Und auch beim Musiklesen und -lernen fehlt es mir nicht; ich lese meine Partituren wie Bücher. Eine letzte Frage noch: Sie haben von Claudio Abbado Partituren bekommen und einen Dirigierstab. Werden Sie den bei den Konzerten im Mai benutzen? AM Nein, der alte Taktstock von Claudio ist in meinem Etui und wird nicht angefasst. Der wäre auch viel zu lang für mich – er ist sehr lang. Aber er kommt im Mai in die Philharmonie mit. Ich habe immer drei Taktstöcke dabei: den, den ich benutze, einen Ersatzstock, falls der eine mal bricht, und den von Claudio. Das ist eine schöne, sentimentale Erinnerung. Aber um die ganze Geschichte zu erzählen: Als ich nach Berlin kam, lief Claudios letzte Saison bei den Philharmonikern. Und einmal hat er mich zu sich eingeladen und gesagt: »Ich brauche das alles nicht mehr. Hier, diesen Stapel Partituren – Werke von Nono, Schönbergs Gurre-Lieder und anderes – willst du den nicht haben?« Und dann holte er noch einen Frack 9
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aus dem Schrank, den er mal von Giorgio Armani geschenkt bekommen hatte. »Nimm den doch mit«, sagte er. Das war absurd. Ich habe damals noch überhaupt nicht daran gedacht, jemals selbst zu dirigieren – und bin dann mit Partituren, Taktstock und Frack aus Claudios Wohnung gekommen. [lacht] Aber ich glaube, das hatte keine tiefere Bedeutung.
Konzerthinweis
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Do 05.05.22 20 Uhr Fr 06.05.22 20 Uhr
Berliner Philharmoniker Antonello Manacorda Dirigent Christian Gerhaher Bariton Ludwig van Beethoven Coriolan-Ouvertüre c-Moll op. 62 Gustav Mahler Fünf Lieder nach Gedichten von Friedrich Rückert Arnold Schönberg Kammersymphonie Nr. 2 es-Moll für kleines Orchester op. 38 Franz Schubert Symphonie Nr. 7 h-Moll D 759 »Unvollendete«
Moderne
Die andere
Zum Abschluss des Saisonschwerpunkts »Lost Generation« dirigiert Kirill Petrenko Meisterwerke von Komponisten der »vergessenen Generation«. Eine Hommage an Musikerinnen und Musiker, die von den Nationalsozialisten verfolgt, vertrieben oder getötet wurden.
Foto: Stephan Rabold
Von Isabel Herzfeld
Wer hat Angst vor der Musik des 20. Jahrhunderts? Je kleiner der zeitliche Abstand zwischen der Entstehung eines Werkes und unserer Gegenwart ist, desto eher ergreifen immer noch manche Zuhörerinnen und Zuhörer die Flucht. Und die musikgeschichtliche Entwicklung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs scheint ihnen auf den ersten Blick recht zu geben. Ausgehend von Arnold Schönbergs Methode des Komponierens »mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen« wurde der sogenannte Serialismus das vorherrschende Konzept, nach dem musikalische Parameter wie Tonhöhe, Rhythmus und Dynamik nur in einer festgelegten Reihe in einer Komposition auftauchen durften. Der Raum für Fantasie und Spontaneität schrumpfte bzw. verlagerte sich ins intellektuelle Kalkül, ins rein Gedankliche, Emotionslose. Was es allen Behauptungen zum Trotz bisher nie gegeben hatte, verwirklichte sich nun: eine »absolute« Musik, losgelöst von Traditionen, Erfahrungen und Lebensumständen ihrer potenziellen Hörerinnen und Hörer. Komponisten wie Bernd Alois Zimmermann oder Luigi Nono 11
schrieben zwar dagegen mit leidenschaftlich-ausdrucksvollen Klängen an und die Klanglichkeit eines Witold Lutosławski sowie die Politisierung der 1960er-Jahre brachten mehr Inhalt und mehr Freiheit ins Spiel (die in der »Postmoderne« wiederum als Doktrin eines »Anything goes« verkündet wurde) – doch das Band war zerschnitten.
Buntes Panorama Dass dies einmal ganz anders gewesen war, davon zeugt der philharmonische Saisonschwerpunkt »Lost Generation«. In zahlreichen Symphonie- und Kammerkonzerten entfaltete sich ein buntes Panorama lebendiger und fantasievoller Musikstücke, die die Persönlichkeit ihrer Schöpfer ebenso wie ihr Zeitkolorit kenntlich machten. Nach den Gräueln des Ersten Weltkriegs und am Vorabend einer noch weit umfassenderen Katastrophe regierte nicht Lähmung, sondern pure Lebenslust, vielleicht auch Verzweiflung und Trotz – der Wille zu Neuem jedenfalls und zum Umsturz der solches Elend verursachenden Verhältnisse. Es ging darum, Regeln zu brechen und zu überschreiten, statt neue aufzustellen, man wollte sich aller verfügbaren oder noch gar nicht erst erfundenen Stilmittel respektlos bedienen, statt sie fein säuberlich und akademisch wohlgefällig zu trennen. Es entstand eine undogmatische, erfrischend
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unsentimentale, vitale, optimistische Moderne, die auch den Alltag erfasste. Ihr Zentrum wanderte von Paris und Wien nach Berlin; auch Prag war ein wichtiger kultureller Knotenpunkt. Der Nationalsozialismus setzte all dem ein Ende, verfolgte, vertrieb und vernichtete unzählige Künstlerinnen und Künstler als »rassisch« oder politisch unliebsam, erklärte ihre Werke für »entartet« und zerstörte allein schon dadurch ihre Existenz.
Stilistische Vielfalt Die Werke dieser »Lost Generation«, unter deren Einfluss die musikalische Entwicklung womöglich anders verlaufen wäre, finden heute nur langsam den Weg in unsere Konzertprogramme zurück; vor 1933 gehörte so manches von ihnen zum Philharmoniker-Repertoire. Kirill Petrenko stellt in seinem Konzert zum Abschluss des Saisonschwerpunktes einige Werke dieser zu Unrecht vergessenen Komponisten vor. Erwin Schulhoff war wohl einer der Innovativsten und politisch wie künstlerisch Radikalsten unter ihnen. Er war einer der ersten, der den damals modischen Jazz konsequent in seinen freitonalen Stil integrierte und so ein konservatives Publikum und ebensolche Kritiker zu schockieren wusste. Schnell war er zum »Kulturbolschewisten« abgestempelt. Dabei schrieb er neben einem JazzOratorium und seiner Hot-Sonate
Alexander von Zemlinsky 1871 – 1942
auch ganz »normale« Streichquartette, Sonaten und Symphonien. Nach Aufenthalten in Dresden, Saarbrücken und Berlin kehrte er, der sich eher als glänzender Pianist denn als Komponist durchzusetzen wusste, 1923 in seine Geburtsstadt Prag zurück. Dort wandte er sich immer mehr einem tschechisch gefärbten Idiom zu und versuchte sich im »sozialistischen Realismus«; vor allem nach der deutschen Besetzung der Tschechoslowakei sah er die Sowjetunion zunehmend als Zufluchtsort. Er schrieb sieben vergleichsweise traditionelle Symphonien und vertonte das »Kommunistische Manifest«. Mit der Zweiten Symphonie von 1932 begibt er sich bereits auf diesen Weg, versieht ihren Neoklassizismus allerdings mit einem gehörigen rhythmischen Drive. Wollte man dafür eine Schublade suchen, so klingt es wie eine Mischung aus Kurt Weill und Dmitri Schostakowitsch, die Haydn parodiert. Schulhoffs Markenzeichen aber ist (bei allen et12
Leone Sinigaglia 1868 – 1944
was ironisch wirkenden Versuchen, klassisch zu werden) ein »Scherzo à la Jazz«, in dem zur Pizzicato-Begleitung der Streicher eine leicht exotisch gewundene, rhythmisch asymmetrisch gefasste Melodik ganz der Trompete und dem Saxofon gehört. Solche Brüche in stilistischer Vielgestaltigkeit sind typisch für Schulhoff, fast eine Vorwegnahme der in den 1980er-Jahren aufkommenden Polystilistik.
Ausladendes Figurenwerk Dagegen war Leone Sinigaglia der reine Romantiker. Er wurde 1868 in Turin in eine begüterte jüdische Familie hineingeboren, ihr Vermögen ermöglichte ihm gründliche Studien und ausgedehnte Europareisen. Während eines Wien-Aufenthalts freundete er sich mit Johannes Brahms an, der in ihm den Sinn für »absolute« Musik weckte. In Prag wurde er mit Antonín Dvořák bekannt – vom Meister der Slawischen
Tänze lernte er, die Volksmusik seiner piemontesischen Heimat klassisch zu bearbeiten. Mehrere Hefte erschienen bei Breitkopf & Härtel in Leipzig. Toscanini und Furtwängler setzten sich für seine piemontesischen Rhapsodien und Tänze ein, die auch in Konzerten der Berliner Philharmoniker erklangen. Die Rapsodia piemontese für Violine und Orchester beginnt mit einem harmonischen Gerüst aus Quinten und Quarten, besitzt so in Umspielung und (Fast-)Vermeidung der Terz bereits modale Anklänge, wie etwa Edvard Grieg sie pflegte. Ein schwelgerisches zweites Thema zeigt sich allerdings bester romantischer Salonkultur zugehörig. Die Rapsodia ist in temperamentvollem, ausladendem Figurenwerk bemerkenswert virtuos, vor allem im oktavgespickten Schluss. Das gilt auch für die arabeskenreiche, harmonisch reizvolle Romanze für Violine und Orchester, die der Komponist dem Andenken seines Vaters widmete.
Foto, linke Seite: (links) Interfoto / fine art images, (rechts) bpk. Rechte Seite: Lebrecht Music Arts / Bridgeman Images
Klangsinnlichkeit und Dramatik Alexander von Zemlinsky ist vielleicht nicht wirklich vergessen, seine Werke werden jedoch viel zu selten aufgeführt, als dass ihm eine gebührende Beachtung geschenkt würde. Er wurde 1871 in Wien als Sohn einer aus der Nordslowakei stammenden jüdischen Familie geboren, zeigte früh musikalische Begabung und wurde unter anderem von Robert Fuchs in Brahms‘scher Tradition ausgebildet. Er war ein versierter Pianist und ein herausragender Dirigent, der in Wien – von Gustav Mahler an die dortige Hofoper berufen –, Prag und Berlin wirkte, wo er unter anderem auch die Berliner Philharmoniker dirigierte. Als Opernkomponist steht er an Klangsinnlichkeit und Dramatik seinen Kollegen Franz Schreker und Erich Wolfgang Korngold in nichts nach. Sein Schüler Korngold hebt seine Modernität als Kompositionslehrer hervor, dessen melodisch-harmonische Freiheit sich aus absoluter Konsequenz einer Grundstimme ergebe. So ist auch die Stimmführung der Lyrischen Symphonie zu verstehen: Ihr melodischer Faden bleibt selbst in ungeheurem kontrapunktischen Reichtum immer klar, der opulente Klang stets transparent. Zemlinsky selbst nannte das monumentale, 1922 entstandene Werk sein »Lied von der Erde«, doch Anklänge an das gleichnamige Werk des Freundes Gustav Mahler erscheinen äußerst diskret. Trotz des verwandten fernöstlichen Sujets – hier auf Worte von Rabindranath Tagore – ist Zemlinskys Sprache viel chromatischer, um bis an die äußersten Grenzen tonaler Harmonik vorzustoßen.
gekehrt, trat er 1938 den Weg ins amerikanische Exil an, wo er 1942 nach längerer Krankheit, arm und vergessen starb. Der 76-jährige Sinigaglia wurde 1944 von SS-Schergen verhaftet, um in ein deutsches Lager deportiert zu werden. In diesem Moment ereilte ihn ein tödlicher Herzinfarkt. Erwin Schulhoff, durch Aufführungsverbote aller früheren Karrierechancen beraubt, erwarb die sowjetische Staatsbürgerschaft, wurde jedoch nach Bruch des »Hitler-Stalin-Pakts« nun als »Angehöriger einer feindlichen Macht« ins Lager Wülzburg gebracht, wo er an Tuberkulose starb. Die Beschäftigung mit der »Lost Generation« macht schmerzlich spürbar, welch ungeheurer kultureller Reichtum durch Diktatur und Krieg vernichtet wurde. Wir sind es diesen Komponisten schuldig, ihre Werke dem Vergessen zu entreißen.
Musikalische Vermächtnisse Als Jude wurde Zemlinsky bereits um 1900 in Wien angefeindet. Aufführungen wurden verschoben, gestört oder abgesagt. In Berlin ereilte ihn zunehmend das gleiche Schicksal. 1933 nach Wien zurück13
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Erwin Schulhoff 1894 – 1942
Konzerthinweis
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Do 09.06.22 20 Uhr Fr 10.06.22 20 Uhr Sa 11.06.22 19 Uhr
Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent Noah Bendix-Balgley Violine Lise Davidsen Sopran Christian Gerhaher Bariton Erwin Schulhoff Symphonie Nr. 2 Leone Sinigaglia Rapsodia piemontese für Violine und Orchester op. 26 Romanze für Violine und Orchester A-Dur op. 29 Alexander Zemlinsky Lyrische Symphonie op. 18
Vom
Break dance
zum Barock
Jakub Józef Orliński gilt mit seiner samtigen Falsett-Stimme als Shootingstar der Opernszene, als überragender Interpret der Musik von Purcell, Vivaldi und Händel. Ein Barock-Spezialist, der auf der Bühne sowohl mit seiner Phrasierungskunst als auch mit seinem jugendlichen Charme begeistert. Im Juni ist er im Kammermusiksaal zu Gast.
Foto: Michael Sharkey
Von Marek Kalina
Mit seinen perfekt vorgeführten »power moves« und »freezes« heimste Jakub Józef Orliński bei diversen Breakdance-Wettbewerben Preise ein. Inzwischen widmet er sich vorwiegend einer anderen Kunst: dem Gesang. »Er könnte Student sein. Model. Oder Fitnesstrainer. Denkt man aber nur, bis der attraktive Kerl den Mund aufmacht«, bekannte Bild, und der Musikkritiker Klaus Kalchschmid schwärmt von der »engelshaft überirdisch schwebenden« Stimme des polnischen Sängers, und von dessen Vortragsweise, die eine »großartige Beweglichkeit in den Koloraturen und stupende Stilsicherheit in Phrasierung und Ausdruck« beweise. Mit diesen Eigenschaften gelang es Jakub Józef Orliński in kürzester Zeit, in die Riege der besten Countertenöre der Welt vorzustoßen und sich neben Stars wie Valer Sabadus, Bejun Mehta, David Daniels, Philippe Jaroussky oder Franco Fagioli erfolgreich zu behaupten.
Hip-Hop Meditation Geboren wurde Jakub Józef Orliński 1990 in Warschau als Sohn einer Malerin und eines Grafikdesigners. Musik spielte in dieser Künstlerfamilie eine große Rolle und so spielte Orliński schon früh Klavier und sang im Kinderchor. Doch bevor er sich für eine Sängerkarriere entschied, machte er in der Hip-Hop-Szene als überragender Breakdancer von sich reden. Mit 18 Jahren entdeckte er diesen ausdrucksstarken akrobatischen Tanz für sich, er trainiert seitdem regelmäßig und ist Mitglied des Warschauer Kollektivs Skill Fanatikz Crew. Sobald er sich wegen einer Opernproduktion etwas länger in einer Stadt aufhält, sucht er den Kontakt zur lokalen Breakdance-Szene und trainiert mit: »Die HipHop-Kultur ist sehr offen und Breakdance ist für mich eine Art Meditation.« 15
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Wie hat der leidenschaftliche Breakdancer seine Liebe zur Barockmusik – und vor allem seine besonderen Qualitäten als Countertenor entdeckt? Bei dieser Frage atmet Jakub Józef Orliński tief aus und erzählt dann eine kuriose Geschichte: »Als ich noch im Kinderchor sang, changierte meine Stimme zwischen Sopran und Alt. Nach dem Stimmbruch war ich ein Bassbariton. Zusammen mit meinen Chorkollegen haben wir damals das Vokalensemble Gregorianum gegründet und uns zunächst auf die Musik des Mittelalters konzentriert. Dann kamen Renaissance-Stücke dazu und dafür brauchten wir fünf Stimmen, neben Bass, Bassbariton und Tenor noch zwei Diskant-Stimmen. Doch diese hohen Stimmen wollte keiner von uns freiwillig übernehmen, also mussten wir Lose ziehen. Seltsamerweise fiel die Entscheidung auf die beiden Jüngsten im Ensemble, auf meinen Freund Piotr und mich. Ich bin sicher, dass diese Lotterie manipuliert wurde, aber was soll’s. So haben wir beide angefangen, Countertenor-Partien zu singen, ohne zu wissen, was eine Countertenor-Stimme eigentlich ist. Erst später, als wir an einem Workshop teilgenommen hatten, sagte jemand zu uns: ›Hey, Ihr seid ja Countertenöre!‹ Da wir den Begriff noch nicht kannten, dachten wir, man wollte uns beleidigen. Aber dann wurden wir aufgeklärt und begannen, selbst zu erforschen, wie das Countertenor-Singen funktioniert.«
Warm timbrierte Stimme Das hohe männliche Stimmfach Countertenor sei nichts Exotisches, sondern eine Frage der richtigen Gesangstechnik und des Timbres, meint Jakub Józef Orliński: »Ob ein Sänger als Countertenor geeignet ist, hängt wesentlich von der Klangfarbe seiner Stimme ab, denn die lässt sich durch keine Gesangstechnik verändern.« Seine eigene Stimme bezeichnet er als »Altus«. Orliński hat eine dunkle, warm timbrierte Stimme und legt großen Wert darauf, dass sie maskulin klingt. Die Grundlage dafür sei eine ausgeglichene Mittellage, »das ist genau das, worauf ich mich von Anfang an fokussiert habe, auf eine starke Mittellage, auf die ich sehr stolz bin.«
Jakub Józef Orliński liebt den Breakdance ebenso wie die Musik.
Für seine aktuellen CD-Aufnahmen wird er gefeiert und mit Preisen ausgezeichnet, insbesondere für seine Händel-Interpretationen. »Händel ist einfach der Beste! Was er einst für seine Sänger komponiert hat, passt ideal zu meiner Stimme und zu meiner Tessitura.« Als stilistisch feinsinniger Händel-Interpret war Jakub Józef Orliński schon während seiner Gesangsausbildung in Warschau zu erleben. Mit diversen Händel-Rollen trat er auch seine Opernkarriere an, zuerst in der polnischen Heimat und später an den Theatern in Aachen, Gießen, Frankfurt, Zürich, Paris und bei den Festspielen in Glyndebourne und Avignon.
Durchbruch in kurzen Hosen
Sein Gesangsstudium absolvierte der Sänger an der Warschauer Musikuniversität. Doch der Anfang für ihn war steinig. Seine erste bittere Enttäuschung erlebte der damals 18-Jährige bereits bei der Aufnahmeprüfung, als die Jury ihn für das staatlich finanzierte Studium als ungeeignet einstufte. Diese Entscheidung wurde zwar später korrigiert, doch durfte Orliński zunächst nur ein teures, selbst finanziertes Studium antreten – eine enorme Herausforderung für ihn, zumal er damals sein Elternhaus bereits verlassen hatte. Er warb um Sponsorengelder, arbeitete nebenbei als Model für eine Bekleidungsfirma und hatte viele andere Jobs, um sich finanziell über Wasser zu halten. An der Warschauer Musikuniversität studierte Jakub Józef Orliński in der Gesangsklasse der bekannten polnischen Mezzosopranistin Anna Radziejewska. »Dass sie an mich geglaubt hat, hat mir viel bedeutet, denn meine Anfänge waren alles andere als erfolgversprechend.« Davon zeugen Tonaufnahmen, die der Sänger bei seinen ersten Semester-Prüfungen an der Warschauer Musikuniversität machte und die er selbst für miserabel hält: »Wenn ich einen schlechten Tag habe, höre ich mir diese alten Aufnahmen an und sage mir: ›Hey, Jakub, du hast inzwischen alle deine Erwartungen übertroffen, es ist alles gut.‹ Und gleich geht es mir besser.« 16
New York, New York Auf Anraten von Eytan Pessen setzte Jakub Józef Orliński 2015 seine Gesangsausbildung an der New Yorker Juilliard School fort, zwei Jahre war er dort Schüler von Edith Wiens. Auch wenn Orliński in dieser
Foto: Kamil Pionkowski
Modeln fürs Studium
Mit dem Festival in Aix-en-Provence ist eine amüsante Geschichte verbunden, die den Countertenor über Nacht zu einem Medienstar machte. Im Sommer 2017, am Tag nach der Premiere von Francesco Cavallis Oper Erismena – mit Jakub Józef Orliński in der Rolle des Prinzen Orimeno –, wurde er kurzfristig zu einem Radio-Konzert von France Musique eingeladen, die Arie »Vedrò con mio diletto« aus Vivaldis Oper Giustino vorzutragen. »Per SMS fragte ich noch die Veranstalter, ob ich mich für diesen Auftritt besonders schick anziehen sollte. Und die schrieben zurück: ›Nein, ist nicht nötig, ist ja nur ein Radio-Konzert.‹ Gut, dann bin ich eben ganz leger angezogen mit meinem Pianisten Alphonse Cemin zu diesem Radio-Konzert gefahren. Und dort stellte sich heraus, dass das Konzert unter freiem Himmel vor Publikum stattfindet und dazu gleichzeitig per Livestream in Bild und Ton auf Facebook übertragen wird. Natürlich war es zu spät, um ins Hotel zurückzufahren und sich umzuziehen. Außerdem war es an diesem Tag irrsinnig heiß, über 30 Grad im Schatten. Also traten wir beide in kurzen Hosen auf. Die Leute waren begeistert.« Im Internet ist dieser Aufritt ein Hit, über 8 Millionen Mal wurde der Mitschnitt auf YouTube angeschaut. »Ich denke, ich war ganz einfach zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort«, schmunzelt Jakub Józef Orliński. »Glück gehabt. Wobei mein Coach und Mentor Eytan Pessen immer sagt, Glück müsse man sich verdienen. So gesehen habe ich auch etwas zu diesem Glück beigetragen.«
Zeit den Internationalen Marcella-Sembrich-Gesangswettbewerb gewann und dann an zahlreichen weiteren Wettbewerben in aller Welt teilgenommen hat, hält er sie nicht für entscheidend, um seine Karriere voranzubringen. Für ihn waren Wettbewerbe stattdessen »eine gute Gelegenheit, neue Orte und viele interessante Menschen kennenzulernen.« Im November 2021 war der Sänger dann in New York an der Metropolitan Opera zu hören, in einem zeitgenössischen Stück, als Orpheus-Doppelgänger in Eurydice von Matthew Aucoin. Es war sein Debüt an dem berühmten Opernhaus, von dem er bis dato noch nicht mal zu träumen gewagt hatte. Überhaupt empfindet er seine Karriere als Geschenk. Vielleicht liegt das Geheimnis seines Erfolges gerade in dieser Unbeschwertheit, die er auch auf der Bühne ausstrahlt. Gesang ist seine große Leidenschaft. Er will ihr so lange wie möglich treu bleiben, bekennt Jakub Józef Orliński, wohl wissend, wie schnell selbst die schönsten Countertenor-Stimmen an Glanz und Kraft verlieren können. Angst davor hat er nicht: »Sollte ich spüren, dass es mit der Stimme bergab geht, werde ich sofort von der Bühne abtreten. Ich möchte nicht so ein älterer Countertenor werden, der seiner eigenen, verlorenen Stimmpracht hinterhersingt. Lieber ziehe ich mich rechtzeitig aus dem Musikgeschäft zurück, als dass mich das Musikgeschäft aussortiert.«
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Konzerthinweis
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Di 07.06.22 20 Uhr Kammermusiksaal
Jakub Józef Orliński Countertenor Michał Biel Klavier Arien und Lieder von Henry Purcell, Georg Friedrich Händel, Mieczysław Karłowicz, und Stanisław Moniuszko
Komponieren am
äußersten
Rand
Die Komponisten Gerald Barry und Erkki-Sven Tüür stammen aus Gegenden Europas, die weiter nicht voneinander entfernt sein könnten. Gemeinsam bereichern sie die Musiksprache des Kontinents. Ende Mai und Anfang Juni spielen die Berliner Philharmoniker zwei Uraufführungen. Eine Annäherung.
Foto: shaun.lowe@gettyimages.com
Von Martin Demmler
Wenn Gerald Barry vor die Tür seines Landhauses an der Westküste Irlands tritt, mit Blick auf den tosenden Atlantik und die gegenüberliegenden Aran Islands, könnte Zentraleuropa mit seinen Metropolen, Konzertsälen und Musikfestivals ferner nicht sein. Ähnlich mag es dem 1959 geborenen Erkki-Sven Tüür gehen, allerdings am anderen Ende des Kontinents. Er lebt seit seiner Geburt auf der estnischen Insel Hiiumaa, wo bis zum Zusammenbruch des Ostblocks der estnische Teil der Sowjetunion endete. Noch heute künden verlassene Ruinen einstiger Wachtürme in der Nähe seines Bauernhofes von dieser Epoche. Doch Barry und Tüür sind keineswegs Eremiten. Der eine verbringt einen großen Teil seiner Zeit in der irischen Metropole Dublin, der andere ist inzwischen als freischaffender Komponist und künstlerischer Leiter des Musikfestivals »Nyyd« (»Jetzt«) auch in Tallinn zu Hause. Die irische Atlantikküste und die einsame Ostseeinsel – das sind heute vor allem Rückzugsorte für diese beiden Komponisten, die längst zu den wichtigsten musikalischen Leitbildern ihrer Heimatländer zählen und mit ihren Werken das Konzertleben der Gegenwart, von London bis Helsinki, von Prag bis Paris, bereichern.
Beginn auf dem Harmonium Gerald Barry, 1952 in Clare Hill im irischen County Clare geboren, wuchs in einem Elternhaus auf, in dem Musik nicht die geringste Rolle spielte. »Wir hatten keinen Fernseher, kein Klavier, keinen Plattenspieler«, so Barry. »Mir blieb nur das Radio. So entdeckte ich die Musik für mich, wenn ich die Sender von Stockholm bis Hilversum auf der Frequenzskala suchte.« Als Barry dann in der 19
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Dorfkirche zufällig auf ein Harmonium stieß, stand für ihn fest, dass er sein Leben der Musik widmen wollte. Seine Begeisterung hatte durchaus auch komische Seiten. Wenn kein Abspielgerät greifbar war, nahm er die Schallplatten aus der Hülle, betrachtete sie und schnüffelte an ihnen. Nächtelang arbeitete er an Partituren, obwohl er noch gar keine Noten lesen konnte. Trotz all dieser Wissenslücken war da ein unbezwingbarer Wille, der Musik näher zu kommen: »Als ich die Musik für mich entdeckte, dachte ich zunächst, alle Musik sei wundervoll. Ich wusste nicht, dass Werke auch schlecht sein können. Erst als ich bereits 19 oder 20 Jahre alt war, begann ich zu ahnen, dass es unterschiedliche Arten von Musik gibt und dass einige davon offenbar weniger gut sind. Das war damals ein richtiger Schock für mich.« Trotz dieser Anfangsschwierigkeiten absolvierte Barry ein Musikstudium in Dublin und setzte später seine Ausbildung in Köln bei Karlheinz Stockhausen und Mauricio Kagel fort. Damit war er im Zentrum der westeuropäischen Avantgarde angekommen. Allerdings war der Einfluss seiner Lehrer auf sein Schaffen von Anfang an begrenzt. »Ich hörte damals mehr Händel oder Purcell als zeitgenössische Musik«, so Barry. »Das hat mir einfach mehr gegeben.« Über eines von Barrys frühen Ensemblewerken mit dem kryptischen Titel »_____« äußerte sein Lehrer Kagel doppeldeutig: »Gerald Barry ist stets nüchtern, aber er könnte genauso gut immer betrunken sein.«
Obsessive Eindringlichkeit Nach Abschluss seiner Studien ging Barry zurück nach Irland. Dort erhielt er die ersten größeren Kompositionsaufträge und verbuchte die ersten großen Erfolge. Mit dem Orchesterstück Chevaux-de-frise, uraufgeführt 1988 während der BBC Proms, und seiner ersten Oper The Intelligence Park, die 1990 beim Almeida Festival in London Premiere hatte, konnte er sich endgültig im Kreis der wichtigsten Komponistinnen und Komponisten Europas etablieren. Barrys musikalische Sprache zeigt keine Verwandtschaft mit den vorherrschenden Strömungen der zeitgenössischen Musik. Er fühlt sich
Musik von Gegensätzen Dass die Herkunft eines Komponisten in einer zunehmend globalisierten Welt keineswegs gleichgültig ist, zeigt sich auch bei dem Esten Erkki-Sven Tüür. Er lebt auf Hiiumaa, einer großen Insel vor der Küste Estlands. Hier wähnt man sich fern von allem Weltgetümmel und diese Einsamkeit hat sicher auch seine Art zu komponieren beeinflusst: »Die Ideen zu vielen von meinen Werken sind während langer Strandspaziergänge entstanden«, so Tüür. »Das Meer sieht immer anders aus. Allein die Oberfläche zeigt so viele Komponenten: Die Wellen, die vom Wind bewegt werden, sich kreuzen, immer wieder neu vom Licht beschienen werden, sodass sie zu glänzen beginnen. Ganz ähnlich ist es in meiner Musik. Auch dort gibt es große, lange Wellenbewegungen, aber auch sehr kurze, energische Aktionen.« In der Tat lebt Tüürs Musik von Gegensätzen. Feine, flirrende Klangflächen werden von plötzlich ausbrechenden dynamischen Ballungen und Clustern unterbrochen. Sich wiederholende und irreguläre, komplexe Rhythmen werden einander gegenübergestellt, stille Meditation trifft auf explosive Theatralik. Dabei liegen seine musikalischen Wurzeln eigentlich in der Rockmusik. Mit 17 Jahren gründete er die Rockgruppe »In spe«, in der er bis 1983 als Sänger, Flötist und Pianist mitwirkte. Am Schlagzeug saß damals Paavo Järvi, Sohn des berühmten Dirigenten Neeme Järvi und inzwischen selbst einer der gefragtesten Orchesterleiter. Bis heute verbindet Tüür und Järvi eine enge Freundschaft; viele Orchesterwerke des Komponisten hat Järvi uraufgeführt. Für seine Band erfand Tüür den sogenannten »Chamber Rock«, eine Mischung aus Barockmusik, Improvisation und Rock, der auch Eingang in viele seiner späteren Werke fand. Inspirieren ließ er sich dabei von der Minimal Music eines Steve Reich oder Philip Glass, von der Mikropolyfonie, wie György Ligeti sie entwickelte, aber auch vom gregorianischen Choral und der Arbeit mit Klangfeldern und Klangflächen.
Unverwechselbare Klangwelt Es folgte ein reguläres Musikstudium an der Musikakademie in Tallinn und bei Lepo Sumera, einem der bekanntesten Komponisten Estlands. Seinen internationalen Durchbruch als »klassischer« Komponist markierte 1989 Insula deserta (Die verlassene Insel) für Streichorchester. Das Stück, für Tüür auch eine Metapher für seine Heimatinsel Hiiumaa, wo unberührte Natur auf Spuren zivilisatorischen Verfalls trifft, zeigt eine unverwechselbare Klangwelt, die bald zu seinem Markenzeichen wird. Kompositionsaufträge aus den USA, Finnland, Frankreich und Deutschland schlossen sich an. Schon bald galt Tüür neben Arvo Pärt als be Erki Sven Tüür
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Foto: privat
keiner Schule und keinem Stil verpflichtet. Er bezieht seine Anregungen eher aus der Musik Händels und vor allem Bachs, dessen Choräle dem ausgebildeten Organisten Barry besonders nahestehen. Doch seine kompositorischen Verfahren sind hochindividuell. So hat er eine Vorliebe für kanonische Techniken, bei denen er jedoch nur die polyphonen Partien nutzt, Anfang und Ende hingegen abschneidet. Sein musikalisches Material kann er aus Quellen ganz unterschiedlicher Art entwickeln. In Chevaux-de-frise zum Beispiel, das zum 400. Jahrestag des Untergangs der Armada komponiert wurde, benutzt er die Namen spanischer Schiffe zur Gewinnung der zentralen Tonhöhen. Barrys Musik hat scharfe Kanten, sie besteht aus präzise definierten, aber völlig unvorhersehbaren musikalischen Objekten. Seine Musik klingt in ihrer diamantenen Härte, ihrem Humor und gelegentlich auch in ihrer Gewalttätigkeit einzigartig und ist nicht mit der anderer Komponistinnen und Komponisten vergleichbar. In ihrer obsessiven Eindringlichkeit hat sie auch immer etwas Verstörendes. Vor allem in seinen Arbeiten für das Musiktheater bringt Barry das Publikum oft und gern zum Lachen. So bezeichnete die Los Angeles Times seine Oper The Importance of Being Earnest als »urkomische Oper« und »das wahrscheinlich originellste Bühnenwerk nach Oscar Wilde seit Richard Strauss«. Und Barry selbst bekannte nach der Premiere: »Am Anfang war ich schockiert, als die Leute lachten. Ich wurde richtig wütend. Aber dann gewöhnte ich mich daran und zuletzt war ich sogar unglücklich, wenn sie nicht lachten oder nicht an den richtigen Stellen.« Zeitgenössisches Musiktheater muss also nicht unbedingt humorfrei daherkommen.
Immer geöffnet: unser Archiv Große Konzerterlebnisse – wann immer Sie wollen Rund 700 Konzertaufzeichnungen aus sechs Jahrzehnten vereint das Archiv der Digital Concert Hall mittlerweile – eine stetig wachsende philharmonische Schatzkammer. Hier finden Sie Werke vom Barock bis in die Gegenwart,, Kompositionen von Hans Abrahamsen bis Bernd Alois Zimmermann und Interpretationen aller Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker sowie ihrer internationalen Gäste. Dank der praktischen Suchfilter auf der Website und in den Mobil- und TV-Apps der Digital Concert Hall finden Sie schnell und einfach die Musik Ihrer Wahl. So erleben Sie die Berliner Philharmoniker wann und wo immer Sie wollen! Die Digital Concert Hall ist die Video-StreamingPlattform der Berliner Philharmoniker. Hier werden die Konzerte des Orchesters regelmäßig live übertragen und anschließend im Archiv angeboten.
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digitalconcerthall.com
#MusikfestBerlin
In cooperation with
28.8.– 19.9. 2022
Mit
Concertgebouworkest Amsterdam Klaus Mäkelä
Orchestre Révolutionnaire et Romantique / Monteverdi Choir John Eliot Gardiner
The Philadelphia Orchestra Yannik Nézet-Séguin
London Symphony Orchestra Sir Simon Rattle
The Cleveland Orchestra Franz Welser-Möst
Rotterdams Philharmonisch Orkest Lahav Shani
Orchestra e Coro dell´Accademia Nazionale di Santa Cecilia – Roma Sir Antonio Pappano
Gefördert durch
Collegium Vocale Gent Ensemble des Collegium Vocale Gent Philippe Herreweghe
und vielen anderen Medienpartner
Foto: Frances Marshall
Gerald Barry
deutendster Komponist Estlands, seine Werke, vielfach ausgezeichnet, fanden ihren Weg in alle wichtigen Konzertsäle der Welt. Um die Jahrtausendwende, spätestens mit seiner vierten Symphonie von 2002, entwickelte sich bei Tüür eine neue Art des Komponierens, ein Verfahren, das er »vektorielle Methode« nennt. Ein ganzes Werk wird dabei in einem Quellcode angelegt, einer Art »Gen«, das bei seinem Wachstum und bei seinen Mutationen verschiedene Punkte im Gewebe des Stücks miteinander verbindet. Ausgangspunkt sind dabei Zahlenfolgen, die allerdings nicht Töne, sondern Intervalle bezeichnen, die augmentiert und diminuiert werden können. Musikalische Ereignisse werden so wie mathematische Kurven konzipiert. Tüür legt allerdings großen Wert auf die Feststellung, dass er diesem System nicht sklavisch folgt, sondern die Ergebnisse des mutierten und skalierten Gens bei Bedarf frei auslegt: »Ich entledige mich dann meiner eigenen Regeln, um wieder etwas intuitiver zu komponieren – in Stil und Sprache«, so Tüür. Intuition und Konstruktion sind die entscheidenden Kennzeichen der Musik Erkki-Sven Tüürs. »Was mich wirklich interessiert, ist eine organische Entwicklung. Das mag widersprüchlich klingen, weil ich viel über Nummern, Intervalle und Kurven spreche. Aber das intuitive Element spielt in der Regel eine ebenso wichtige Rolle. Ich muss jederzeit die Möglichkeit haben, das System zu sprengen und dem Material andere Wege zu weisen.« Doch auch auf einer Insel vor der estnischen Küste ist die Welt längst keine heile mehr. Das musste auch Erkki-Sven Tüür erfahren, als vor mehreren Jahren 23
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hinter dem Zaun seines Landhauses eine gewaltige Waldfläche gerodet wurde: »Ein wunderschöner alter Baumbestand wurde abgeholzt und verschwand von einem Tag auf den anderen. Nach der Rodung hörten die Vögel plötzlich auf zu singen und verließen die Region«, so Tüür. Er jedoch ist geblieben auf seiner »verlassenen Insel« und komponiert dort weiter, Werk um Werk – am äußersten Rand Europas.
Konzerthinweise
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Do 26.05.22 20 Uhr Fr 27.05.22 20 Uhr Sa 28.05.22 19 Uhr
Berliner Philharmoniker Paavo Järvi Dirigent Emmanuel Pahud Flöte Jean Sibelius Symphonie Nr. 7 C-Dur op. 105 Erkki-Sven Tüür Konzert für Flöte und Orchester, Auftragswerk der Stiftung Berliner Philharmoniker gemeinsam mit der Tonhalle Zürich (Uraufführung) Ludwig van Beethoven Symphonie Nr. 8 F-Dur op. 93
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Do 02.06.22 20 Uhr Fr 03.06.22 20 Uhr Sa 04.06.22 19 Uhr
Berliner Philharmoniker John Storgårds Dirigent Matthew McDonald Kontrabass Carl Nielsen Helios-Ouvertüre op. 17 Gerald Barry Konzert für Kontrabass und Orchester, Auftragswerk der Stiftung Berliner Philharmoniker (Uraufführung) Anton Bruckner Symphonie Nr. 6 A-Dur
Lernen
von den Profis
»Da haut’s mi um!« Herbert von Karajan war kein Freund großer Worte, doch jetzt reagierte er geradezu euphorisch: der Maestro hatte soeben erfahren, dass die Finanzierung einer Orchester-Akademie der Berliner Philharmoniker zustande gekommen war. 50 Jahre später hat die Einrichtung, die mittlerweile Karajans Namen trägt, internationale Erfolgsgeschichte geschrieben. Ein Geburtstagsglückwunsch.
Foto: Peter Adamik
Von Benedikt von Bernstorff
Von einer »glücklichen Stunde« sprach Herbert von Karajan in einem Fernsehinterview, nachdem am 25. Juni 1972 die Orchester-Akademie des Berliner Philharmonischen Orchesters e.V. gegründet worden war. Im Sommer dieses Jahres kann der 50. Geburtstag einer mittlerweile nach ihrem Initiator benannten Einrichtung gefeiert werden, die damals einzigartig war, seither aber, vor allem im deutschsprachigen Raum, überall Schule gemacht hat und zu einem wesentlichen Identitätsmerkmal der Berliner Philharmoniker geworden ist. Zum Gründungszeitpunkt der Akademie befanden sich Karajan und das Orchester unzweifelhaft auf einem Höhepunkt ihrer Zusammenarbeit. Durch den 1963 eröffneten Scharoun-Bau hatte der Klangkörper einen weithin bewunderten eigenen Konzertsaal in der Heimatstadt erhalten und bei den seit 1967 ausgerichteten Osterfestspielen in Salzburg hatte man eine jährlich aufgesuchte auswärtige Residenz von Weltgeltung inne. Aus dieser Perspektive lässt sich die fast in der Mitte von Karajans Amtszeit erfolgte Gründung der Orchester-Akademie als eine der späten zentralen und bleibenden Innovationen der Ära bezeichnen, mit der die Weichen auch auf eine Zukunft ohne den damaligen künstlerischen Leiter umgestellt wurden. »Wer einer Gemeinschaft vorsteht und sie wirklich in sein Herz geschlossen hat«, so der Dirigent im Interview, »muss sich ja sagen: Wie geht es weiter, wenn ich nicht mehr da bin?« Tatsächlich sollten Karajans Nachfolger noch stärker als er selbst vom Erfolg der Institution profitieren. Das Nachwuchsproblem hatte den Dirigenten bereits seit den 1960er-Jahren umgetrieben. Auch die gewerkschaftliche Vertretung der deutschen Orches25
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termusiker beklagte in dieser Zeit, dass wichtige Stellen in Spitzenensembles oft jahrelang nicht adäquat besetzt werden konnten. Mit dem Hinweis auf die »katastrophale Situation des Musikernachwuchses« rechtfertigten zwei philharmonische Vorstandsmitglieder 1972 die in einem Zeitungsartikel kritisierte Nebentätigkeit von Orchestermusikern als Hochschuldozenten. Zudem kontrastierte die Reputation des Orchesters auffallend mit der Unattraktivität der Inselstadt Berlin. Seit 1961 markierte die Mauer einen gravierenden Standortnachteil, zumal nun die einstmals üppig sprudelnde Quelle von ostdeutschen Bewerbungen versiegte. In der Satzung der Institution wird daher ausdrücklich auch die Absicht verkündet, »die Ausstrahlung und Anziehungskraft der Musikstadt Berlin zu fördern und zu verstärken«. Die Grundlagen der Nachwuchsorganisation sind bis heute auf bemerkenswerte Weise nahezu unverändert geblieben – bis auf wenige Punkte, zum Beispiel wurde die Anzahl der Stipendiatinnen und Stipendiaten kontinuierlich auf aktuell 35 Studienplätze erhöht. »Außergewöhnlich begabte Musiker« sollen laut Satzung »für die Dauer von etwa drei Jahren in die Orchester-Akademie aufgenommen werden« und in dieser Zeit regelmäßig Unterricht von den Konzertmeistern und Stimmführern der verschiedenen Instrumentengruppen erhalten. Vor allem jedoch ermöglicht die Institution den Nachwuchskräften die regelmäßige Mitwirkung an philharmonischen Konzerten, bei denen sie die philharmonische Spielweise aus der Mitte des Klangs heraus erlernen sollen. Ein weiterer zentraler Aspekt der Ausbildung war und blieb die kammermusikalische Betätigung.
Im Februar 2020 spielte die Karajan-Akademie unter der Leitung von Kirill Petrenko Giacomo Puccinis Oper Suor Angelica. Die Geschichte spielt in einem Kloster und erzählt die berührende Geschichte einer jungen Nonne. Herbert von Karajan
Die Existenz der Karajan-Akademie, die inzwischen auch von der öffentlichen Hand gefördert wird, verdankt sich wesentlich dem Engagement von privaten Spendern und Wirtschaftsunternehmen. Stellvertretend seien hier nur die Hauptakteure der ersten und zweiten Stunde erwähnt. Die Idee hatte Herbert von Karajan in Gesprächen mit dem Vorstandsmitglied der Metallgesellschaft AG Dr. Walter Casper entwickelt. Beide Männer organisierten für den 25. April 1971 ein philharmonisches Kammerkonzert im Schlosshotel Kronberg, bei dem neben allerhand potenziellen Förderern auch der Vorstandssprecher der Dresdner Bank Jürgen Ponto zugegen war. Dem kulturell ungewöhnlich aufgeschlossenen Ponto gelang es, das Kreditinstitut zur Stiftung von einer Million D-Mark zu überzeugen, womit die Arbeit der Akademie für die ersten fünf Jahre abgesichert werden sollte. Im Rahmen der Berliner Feiern zum 100. Geburtstag der Dresdner Bank im September 1972 wurde das Projekt der breiten Öffentlichkeit präsentiert. Bis heute werden die privaten Förderer der Institution als Mäzene bezeichnet – was Ponto dem eher auf wirtschaftliche Nützlichkeitserwägungen anspielenden Begriff des Sponsors vorzog. Auf zwei Vorgänger folgend übernahm Hanne Fleck, die Karajan als Mitarbeiterin des SFB kennengelernt hatte, 1984 die administrative Organisation der Akademie. Ihrer Leitung sind professionelle Ausbildungsstrukturen zu verdanken, das Ausschreibungssystem wurde effizienter gestaltet und die Regelmäßigkeit des Unterrichts abgesichert. In der Amtszeit von Dr. Juliane Wandel, die 2007 zur Geschäftsführerin wurde, konnte 2012 zum 40-jährigen Bestehen ein großer Festakt veranstaltet werden, mit einem Klangkörper 26
aus ehemaligen und aktuellen Stipendiatinnen und Stipendiaten unter der Leitung von Chefdirigent Sir Simon Rattle. Nach dem Orchestermitglied und Oboisten Andreas Wittmann amtiert nun seit 2015 Peter Riegelbauer als Geschäftsführer der Akademie, er ist philharmonischer Kontrabassist und langjähriges Mitglied des Fünferrats, Orchester- und Stiftungsvorstands; ihm selbst war als einem der ersten Stipendiaten der Sprung ins »Mutterorchester« gelungen. Zu den Innovationen seiner Amtszeit gehört neben der Erhöhung der Studienplätze auch die Einführung eines Probespiel-Trainings und die Etablierung des beim Publikum beliebten »Carte-Blanche«-Formats, bei dem sich die Absolventen mit kammermusikalischem und solistischem Repertoire präsentieren können. Die weit über Berlin hinausreichende Außenwirkung hat sich, nicht zuletzt durch gemeinsame Auftritte der Akademisten in Kammerorchester-Konzerten, beträchtlich verstärkt. Voller Begeisterung übernahmen Karajans Nachfolger als Chefdirigent die musikalische Führung der Institution. Claudio Abbado, dem die Jugendförderung immer schon besonders am Herzen gelegen hatte, vermachte 2002 der zwei Jahre zuvor neu gegründeten Stiftung zur Förderung der Karajan-Akademie das Vermögen seiner eigenen Musikstiftung. Seit 2006 wird in diesem Rahmen in unregelmäßigen Abständen der Claudio-Abbado-Kompositionspreis verliehen. Während Simon Rattle mit der Akademie so ungewöhnliche Werke wie Hans Zenders Bearbeitung der Winterreise und Georg Friedrich Haas’ in vain interpretierte, realisierte Kirill Petrenko als erstes Projekt eine gefeierte szenische Produktion von Puccinis Oper Suor Angelica.
Fotos, linke Seite: Michael Trippel. Rechte Seite: Siegfried Lauterwasser
Den Erfolg der Karajan-Akademie belegen die Zahlen auf eindrucksvolle Weise: Während bis ins Todesjahr Herbert von Karajans 1989 insgesamt erst neun Akademisten und eine Akademistin Aufnahme bei seinem Orchester gefunden hatten, blicken heute von 121 Philharmonikern 43, also mehr als ein Drittel, auf eine Ausbildung in der Nachwuchsorganisation zurück. In 50 Jahren glückte zufälligerweise auch 50 Absolventen der Aufstieg ins Orchester. Von insgesamt fast 800 Absolventinnen und Absolventen hat ein hoher Prozentsatz Positionen bei anderen hervorragenden Ensembles erhalten. Das Jubiläum bietet zudem Anlass, Karajan auch als »Diversity Manager« zu würdigen, wie man heute vielleicht sagen würde, denn dank der Nachwuchsinstitution ist das Orchester, das 1972 sehr »deutsch« und ausschließlich »männlich« war, heute ungleich internationaler und »weiblicher« geworden: Die aktuell in Ausbildung befindlichen Stipendiatinnen und Stipendiaten, von denen knapp die Hälfte Frauen sind, stammen aus 18 verschiedenen Nationen. Wie sinnvoll eine solche direkt dem Klangkörper angegliederte Einrichtung ist, in der die anspruchsvolle Kunst des Orchesterspiels gelehrt und gelernt wird, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Allein in Berlin bestehen heute nicht weniger als sieben Orchester-Akademien. Seit Mai 2017 trägt die Ursprungsorganisation auch offiziell den Namen der Karajan-Akademie, unter dem sie intern schon länger geläufig war. Tatsächlich stellt sie einen der zentralen Bestandteile des großen künstlerischen und institutionellen Erbes dar, das Herbert von Karajan der Nachwelt hinterlassen hat.
Benefizkonzert: 50 Jahre Karajan-Akademie Die Einnahmen des Konzerts kommen der Nachwuchsarbeit der Karajan-Akademie zugute.
Konzerthinweis
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Sa 07.05.22 19 Uhr
Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker Nodoka Okisawa Dirigentin Kirill Petrenko Dirigent Bruno Delepelaire Violoncello Wolfgang Amadeus Mozart Symphonie Nr. 36 C-Dur KV 425 »Linzer« Nodoka Okisawa Dirigentin Donghoon Shin Nachtergebung. Konzert für Violoncello und Orchester, Auftragswerk der Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker, finanziert durch die Ernst von Siemens Musikstiftung Kirill Petrenko Dirigent Bruno Delepelaire Violoncello Ludwig van Beethoven Symphonie Nr. 5 c-Moll op. 67 Kirill Petrenko Dirigent
berliner-philharmoniker.de/ akademie/
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»Wie haben
Sie
das geschafft?«
Madeleine Carruzzo hat philharmonische Geschichte geschrieben: 1982 kam sie als erste Frau in das Orchester. Mit ihrer brillanten Technik, ihrer mitreißenden Musikalität und ihrem herzlichen Temperament war die Geigerin ein großer Gewinn für die Berliner Philharmoniker. Nun verabschiedet sie sich in den wohlverdienten Ruhestand. In unserem Interview blickt Madeleine Carruzzo auf ihr spannendes Berufsleben zurück.
Von Nicole Restle
Foto: Sebastian Hänel
Vier Jahrzehnte waren Sie Geigerin bei den Berliner Philharmonikern. Mit welchen Gefühlen sehen Sie Ihrem Abschied zum Ende der Saison entgegen? MC Es sind gemischte Gefühle. Ich bin glücklich und dankbar, dass ich 40 Jahre in diesem Orchester spielen durfte und in dieser Zeit auch gesund geblieben bin. Aber natürlich ist auch ein bisschen Wehmut dabei, weil eine wichtige Phase meines Lebens zu Ende geht. Es war eine sehr bereichernde und erfüllende Zeit. Sie kommen aus der Schweiz, aus Sion, wo es ein berühmtes Musikfestival gibt. Es wurde von dem Geiger Tibor Varga ins Leben gerufen. Wie muss man sich Ihre Kindheit in Sion vorstellen? MC Ohne Tibor Varga und dieses Festival wäre ich keine professionelle Musikerin geworden. In meiner Kindheit gab es in Sion keine Möglichkeit, Geige zu lernen. Meine Eltern, die schnell merkten, dass ich mich für Musik interessiere, schickten mich zum Gitarrenunterricht. Mein Lehrer war der Vater von Tibor Varga. Der erkannte, dass ich ein gutes Gehör habe und regte an, ich solle doch Geige lernen. So begann ich als Siebenjährige mit dem Geigenspiel. Anfangs hatte ich eine Lehrerin, die im ganzen Wallis von Stadt zu Stadt reiste, um die Kinder zu unterrichten. Als ich neun Jahre alt war, hörte Tibor Varga mich spielen und er zeigte Interesse an mir. Von dem Zeitpunkt an nahm ich zunächst als Zuhörerin, später als Teilnehmerin während des Sommers an seinem Festival teil. Schon bald wusste ich: Ich will Geigerin werden. 29
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Später haben Sie bei Tibor Varga studiert. Was haben Sie von ihm gelernt? MC Vor allem hat er mir eine sehr gute Technik beigebracht. Er hat sich viele Gedanken über das Geigenspiel gemacht, viele wunderbare Übungen selbst geschrieben und er konnte gut erklären, warum etwas auf der Geige so oder so funktioniert. Man braucht eine gute Technik, damit das Instrument klingt und damit man es 40 Jahre lang ohne Beschwerden spielen kann. Zudem war Tibor Varga sehr streng. Er brachte mir Disziplin bei und Respekt vor der Musik. Schließlich hat er auch meinen Sinn für die verschiedenen Klangfarben geschult. Ich verdanke ihm sehr, sehr viel. Jahrzehntelang waren die Berliner Philharmoniker ein reiner Männerverein. Sie waren die erste Frau des Orchesters. Auf welche Weise haben Sie erfahren, dass sich auch Frauen bewerben können? MC Als ich 20 Jahre alt war, hörte mich Peter Herrmann, ein ehemaliger Schüler von Tibor Varga und damals Geiger der Berliner Philharmoniker. Er fragte mich, ob ich bei ihnen vorspielen möchte. Ich wusste bis dahin gar nicht, dass Frauen zum Probespiel bei den Philharmonikern zugelassen waren. Von Peter Herrmann erfuhr ich, dass bereits seit 20 Jahren immer wieder Frauen zum Vorspiel eingeladen aber nicht genommen worden waren. Ich meinte damals zu ihm: »Ja, das wäre eine Möglichkeit, aber ich will erst mal studieren und dann sehen wir weiter.« Als ich dann mit dem Studium fertig war, habe ich mich tatsächlich beworben.
MC
Ich glaube, das liegt an meinem Charakter. Eine Solokarriere reizte mich nicht wirklich. Zeitgleich mit Berlin bewarb ich mich auf eine Konzertmeisterstelle im Zürcher Kammerorchester. Von dort erhielt ich aber eine Absage mit der Begründung, dass sie keine Frauen im Orchester haben möchten. Nach Berlin wurde ich eingeladen und es war für mich eine Genugtuung, dass ich dort die Stelle bekam.
Wie war Ihr Start im Orchester? Wie sind Sie aufgenommen worden? MC
Im Großen und Ganzen sehr gut. Es gab natürlich ein paar Kollegen, die prinzipiell dagegen waren, eine Frau im Orchester zu haben. Aber Gott sei Dank war mein Probespiel so überzeugend, dass sie mich aus fachlichen Gründen nicht ablehnen konnten. Ich versuchte meinen Job so gut zu machen, wie ich konnte. Ich wollte mich nicht extra als Frau herausstellen, sondern wie jeder andere im Orchester ganz normal mitspielen.
Mit welchen Erwartungen sind Sie nach Berlin zum Probespiel gereist?
Damals war Herbert von Karajan Chefdirigent der Berliner Philharmoniker. Wie hat er auf Sie reagiert?
MC
MC
Ich hatte nichts zu verlieren. Es war mein erstes Probespiel und eine große Chance. Ich hatte meine Stücke vorbereitet und ich ging in dieses Probespiel hinein, als ob ich ein Konzert spielen würde. Ich trug extra ein Kleid. Man sieht mich zwar ganz selten im Kleid, aber in diesem Fall wollte ich ein Zeichen setzen. Nach dem Vorspiel kamen die Kollegen auf mich zu, schüttelten mir die Hand und meinten: »Das ist ein historischer Moment. Sie sind die erste Frau im Orchester.« Da realisierte ich erst, dass ich angenommen war, aber ich wusste natürlich auch, dass ich noch die Probezeit bestehen musste.
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Karajan bestellte mich nach der ersten Probe zu sich und fragte: »Wie haben Sie das geschafft?« Ich meinte: »Na ja, ich habe vorgespielt.« Er war sehr freundlich, erkundigte sich, woher ich käme, bei wem ich studiert hätte. Er kannte natürlich Tibor Varga und meine Heimatstadt Sion, weil er dort einmal Flugstunden bei einem Piloten genommen hatte.
1982 waren Karajan und die Berliner Philharmoniker eine Institution. Wie nahmen Sie als damaliger Neuling dieses Orchester wahr? MC
Was mir als erstes auffiel, war diese unglaubliche Homogenität. Das Durchschnittsalter der Musiker lag damals bei 57 Jahren, es war also
Foto: Monika Rittershaus
Wenn man sehr gut Geige spielt, dann wäre ja auch eine Solistenkarriere denkbar. Warum haben Sie sich für die Orchesterlaufbahn entschieden?
ein recht altes Orchester und ich spürte, dass alle sehr miteinander verbunden waren. Zudem hatten sie schon 30 Jahre lang mit Karajan zusammengearbeitet, der das Orchester zu einer Einheit geformt hatte. Für mich war Karajan ein genialer Dirigent. Er konnte mit einer minimalen Geste Unglaubliches erzeugen und er hatte einen wunderbaren Sinn für Klang. Das war eine reine Freude für mich! War es nicht auch sehr herausfordernd? Sie mussten ja Ihren Platz finden … MC
Ich empfand das nicht als so schwierig, ich lernte schnell, mich anzupassen. Die Hauptarbeit war für mich vor allem, mir das neue Repertoire anzueignen. Damals kamen fast jede Woche zwei Programme zur Aufführung. Und wir hatten nur zwei Proben und die Generalprobe, dann folgten zwei Konzerte und dann stand schon das nächste Programm an. Wenn Karajan da war, hatten wir dazwischen auch noch Aufnahmen. Am Anfang musste ich sehr viel Neues lernen.
MC
Sie erwähnten bereits, dass der Altersdurchschnitt im Orchester sehr hoch war, als Sie zu den Philharmonikern kamen. Nach Karajan setzte mit dem neuen Chefdirigenten Claudio Abbado ein Erneuerungsprozess ein. Was änderte sich? MC
Sie haben dann später eine Familie gegründet und eine Tochter bekommen. Wie wurde das vom Orchester aufgenommen?
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Ganz wunderbar! Die Kollegen waren rührend. Ich habe nur drei Monate pausiert, mein damaliger Mann hat mich anfangs sehr unterstützt. Wir engagierten auch gleich jemanden für das Kind, damit wir beide unseren Berufen nachgehen konnten. In den ersten zwei, drei Jahren verschoben sich natürlich die Prioritäten etwas. Mit dem kleinen Baby zu Hause konnte ich zunächst nicht mehr so viel üben. Insgesamt empfand ich diese Zeit als große Bereicherung.
Claudio Abbado wollte einen leichteren Klang, vor allem in den Bässen. Außerdem achtete er stärker als Karajan, für den die große Linie wichtig war, auf Phrasierung. Er gestaltete auch seine Proben ganz anders. Karajan war sehr ökonomisch in den Proben. Er hat nur ein paar Übergänge geprobt und fast nie ein Stück komplett gespielt, selbst nicht in der Generalprobe. Abbado ließ uns dagegen immer durchspielen, dabei sagte er relativ wenig. Während des Spielens entstand dann seine Interpretation.
Die Berliner Philharmoniker im November 1983. Ganz links: Herbert von Karajan; 5. von links: Madeleine Carruzzo, die 1982 in das Orchester aufgenommen worden war.
Welchen Rat würden Sie den jungen Frauen geben, die jetzt zu den Berliner Philharmonikern kommen?
MC Unter Karajan gab es diesen dunklen, samtigen Klang. Daran hat man uns immer erkannt. Jetzt können wir diesen Klang auch abrufen, wenn der passende Dirigent kommt. Aber wir sind jetzt im Klang sehr viel variabler und flexibler geworden.
MC Eigentlich sollte es egal sein, ob man Frau oder Mann ist. Wichtig ist die Qualität des Spiels. Ich kann nur allen jungen Musikerinnen und Musikern raten, ins Orchester hineinzuhören, sich darin zu integrieren und sich die Leidenschaft fürs Spielen zu erhalten.
Wenn Sie jetzt zurückblicken, wie würden Sie Ihre eigene Entwicklung als Musikerin in diesem Orchester beschreiben?
Welche Rolle wird Musik nach dem Ausscheiden aus dem Orchester für Sie spielen?
MC Ich habe hier unendlich viel gelernt. Ich höre heute die Werke ganz anders, verstehe und kenne sie besser. Ich bin wirklich nur auf die Musik fokussiert. Sie verlassen das Orchester in einer Phase, in der die Berliner Philharmoniker mit ihrem neuen Chefdirigenten Kirill Petrenko zu neuen Ufern aufbrechen. Bedauern Sie es, gerade jetzt in den Ruhestand zu gehen? MC Ich bedaure vor allem, dass diese Anfangszeit mit Kirill Petrenko von der Corona-Pandemie überschattet wurde. Aber ja, ich hätte gerne noch ein bisschen diese Entwicklung mitgemacht. Ich bin sehr glücklich über Petrenko, weil er für mich all das mitbringt, was dieses Orchester braucht: Er hat eine musikalische Vision, geht in die Tiefe der Musik und kann mit seinen Händen, mit seiner Körpersprache alles erreichen, was er möchte. Zudem hat er eine wunderbar menschliche Art, mit dem Orchester zu arbeiten. 32
MC Musik wird immer ein Teil meines Lebens sein. Ich möchte anfangen, Klavier zu lernen. Im Gegensatz zur Geige ist das ein Instrument, auf dem ich Harmonien spielen kann. Dann werde ich öfter in der Schweiz sein, viel lesen, in Konzerte gehen und das Leben genießen.
Foto: Archiv Berliner Philharmoniker
Wie hat sich für Sie der Klang des Orchesters im Laufe der Jahre geändert?
Performativ, dramatisch, schillernd OPERA OPERA. Allegro ma non troppo im PalaisPopulaire
Vanessa Beecroft, VB74, 2014
Die Oper ist tot! Lang lebe die Oper! Vom 27. April bis zum 22. August 2022 widmet sich das PalaisPopulaire der Oper, einer ebenso umstrittenen wie heiß geliebten Kunstform – und einem elementaren Aspekt der italienischen Kultur. OPERA OPERA. Allegro ma non troppo heißt die groß angelegte Ausstellung, die vom MAXXI, dem National museum der Künste des Jahrhunderts in Rom, konzipiert ist. Mit bedeutenden Protagonist*innen der italienischen Gegenwartskunst und zahlreichen internationalen Künstler*innen ist die Schau eine Hommage auf die Oper aus der Sicht der bildenden Kunst. Eigens für diesen Anlass werden neue ortsspezifische Produktionen an drei heraus ragende Künstler*innen vergeben: Monica Bonvicini, Rosa Barba und Olaf Nicolai.
© Courtesy Fondazione MAXXI and the Artist
Die Kurator*innen des römischen Museums verwandeln mit Werken aus der Sammlung des MAXXI das ehemalige Prinzessinnenpalais Unter den Linden in ein Gesamtkunst werk – performativ, musikalisch, dramatisch, schillernd. Dabei arbeiten sie mit großen Namen wie Vanessa Beecroft, Kara Walker und William Kentridge, der im Vorfeld seiner Inszenierung von Mozarts Zauberflöte 2005 ein wunder schönes Miniaturtheater mit Zeichentrickanimationen gebaut hat. Zugleich gibt die Schau Einblicke in die unglaublich elegante und poetische italienische Gegen wartskunst. Michelangelo Pistolettos minimalistische Lichtskulptur von 1967, die fotografischen Selbstinsze nierungen in riesigen Goldrahmen, mit denen Luigi Ontani 1975 Mythen und Geschlechterbilder hinterfragte, und die lyrische Neoninstallation von Maurizio Nannucci aus den späten 1960erJahren zeigen, wie sehr Italien die Ästhe tik der Postmoderne geprägt hat. OPERA OPERA erzeugt mit Licht, Film und Soundinstallationen von Philippe Rahm und Susan Philipsz sphärische Räume, die auch durch die Vorstellungskraft der Betrachter*innen entstehen – eine vielschichtige und grenzüberschreitende Erfahrung für alle Kunst und Musikliebhaber*innen. OPERA OPERA. Allegro ma non troppo Zeitgenössische Kunst aus der Sammlung MAXXI 27. April bis 22. August 2022
Aldo Rossi, Holzmodell des Theaters Tanne © MAXXI National Museum of XXI Century Arts
PalaisPopulaire Unter den Linden 5, 10117 Berlin dbpalaispopulaire.de
• Neu entdeckt
Fluch und Gnade des Exils Von Frank Harders-Wuthenow
Roberto Gerhard gehört zu den großen Unbekannten in der Musik des 20. Jahrhunderts. Sir Simon Rattle stellt uns Mitte Mai diesen Komponisten vor, in dessen Schaffen auf faszinierende Weise Avantgarde und spanische Klänge verschmelzen. Strawinsky wird der Ausspruch zugeschrieben, ein Komponist solle immer seinen Pass bei sich tragen – will heißen, er solle stets seine musikalische Herkunft nachweisen können. Im Fall von Roberto Gerhard gehen wir bei einem Blick in die Personaldokumente allerdings erst einmal gehörig in die Irre: er kommt als Robert Gerhard i Ottenwaelder am 25. September 1896 in Valls zur Welt, einem kleinen Ort in der katalanischen Provinz Tarragona. Wie es katalanischer Brauch ist, trägt er neben dem Namen seines deutsch-schweizerischen Vaters – dem er einen Schweizer Pass verdankt – auch den Namen seiner elsässischen Mutter. Von spanischen oder gar katalanischen Wurzeln kann also keine Rede sein, dennoch macht ihn die Prägung durch Sprache und Kultur in der Kindheit zum Katalanen durch und durch. Katalanisch, Spanisch und Französisch sind die Sprachen, mit denen er aufwächst, Deutsch – die Sprache des Vaters – perfektioniert er erst später in Wien und Berlin, Englisch wird ihm in Cambridge zur Sprache des Exils. Doch zunächst führt ihn der Weg nach München ans Konservatorium – nach Abbruch einer kaufmännischen Ausbildung, die der Vater (seines Zeichens Wein-Exporteur) verlangt hatte. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs zwingt ihn nach nur wenigen Monaten nach Hause zurück. In Barcelona studiert er Klavier bei Enrique Granados und, nach dessen tragischem Tod 1916 bei der Torpedierung einer französischen Fähre durch ein deutsches U-Boot, bei dessen Nachfolger Frank Marshall. 1916 wird Gerhard Schüler auch von 34
Felip Pedrell, dem Doyen der spanischen Musikethnologie, dem Lehrer von Granados, Albéniz und de Falla. Gerhard reüssiert in einem Stil, der französisches Raffinement im Gefolge Ravels mit den musikalischen Idiomen seiner katalanischen Heimat zu amalgamieren sucht, aber er fühlt sich auf dem Holzweg. Er zieht sich zurück und betreibt Studien auf eigene Faust. Arnold Schönbergs 1911 erschienene Harmonielehre wird seine Bibel. Im Oktober 1923 schreibt er einen langen, Hilfe suchenden Brief nach Wien: Schönberg ist beeindruckt und bewegt, das Ethos des jungen Katalanen mag ihn an sein eigenes Suchen, sein eigenes Aufbegehren gegen akademische Doktrinen erinnert haben. Im Dezember 1923 wird Gerhard Schönbergs Meisterschüler. 1925 folgt er ihm nach Berlin, als Schönberg an der Akademie der Künste die Meisterklasse Busonis übernimmt.
Tradition und Avantgarde Nach seiner Rückkehr 1929 nach Barcelona wird Gerhard zu einer treibenden Kraft des katalanischen Kulturlebens. Er gründet mit seinen Freunden, dem Maler
Foto: Lebrecht Music Arts / Bridgeman Images
Joan Miró und dem Architekten Josep Lluís Sert die sezessionistische Gruppe »Amics de l’Art nou« (Freunde der Neuen Kunst), der sich auch Salvador Dalí anschließt, und bringt die führenden katalanischen Tonschöpfer in der Vereinigung der »Unabhängigen Komponisten Kataloniens« zusammen. Bei der Diskussion um die Frage, wieweit eine avantgardistische Kunst in folkloristischen Traditionen gründen dürfe, ruft Gerhard Béla Bartók als Kronzeugen auf: »Künstler sind frei, ihren Vorbildern mit jeder Art von Technik zu begegnen, wie fortschrittlich sie auch sein mag. Dieser wunderbare Vorgang der Transsubstantiation, durch den Bartóks Musik die folkloristische Kultur seines Landes absorbiert und in die musikalische Essenz moderner Kunstmusik verwandelt, ist meiner Ansicht nach die wichtigste Lektion, die katalanische Musiker von diesem ungarischen Meister lernen sollten.« Gerhard, der Schönberg-Schüler, der Bewunderer Strawinskys, liefert uns hier den wichtigsten Schlüssel zum Verständnis seines eigenen Schaffens, in dem das komplizierte Verhältnis von Tradition und Avantgarde zu immer neuen Balancen findet. Nach Erlangung des Autonomiestatus 1932 wurde Gerhard in den neu geschaffenen Musikrat berufen und er steht als einer der wichtigsten Repräsentanten der Kultur des republikanischen Kataloniens auf der schwarzen Liste der Faschisten. Als Barcelona Ende Januar 1939 an Franco fällt, flieht er mit seiner Frau nach Paris, und von dort, dank eines durch Edward Dent vermittelten Arbeitsstipendiums, ins sichere englische Exil. Erst in Cambridge hispanisiert er seinen Vornamen zu Roberto – Spuren einer möglichen deutschen Abstammung gilt es spätestens seit dem Angriff Nazi-Deutschlands auf Großbritannien im Sommer 1940 zu kaschieren. Als »blessing in disguise«, einen Segen in Verkleidung, bezeichnete Gerhard seinen Status als Exilant: das existenzialistische Auf-sich-gestellt-sein kommt seinem Drang nach intellektueller Freiheit entgegen.
Vaterfigur Schönberg In England findet Gerhard zu einem undogmatischen Serialismus, der Anwendung der Reihentechnik auf die zeitliche Organisation von Mikro- und Makrostruktur einer Komposition. Bezeichnenderweise geschieht die endgültige Hinwendung zur Vaterfigur Schönberg, die mit der Emanzipation von den musikalischen Prägungen seiner Kindheit und Jugend einhergeht, erst nach Schönbergs Tod. Gerhards Musik wird dissonanter, viriler, die Dominanz des Schlagwerks verbindet ihn mit Varèse, massive Klangballungen und ungewöhnliche Effekte, in denen sich die Erfahrungen mit elektronischer Klangmanipulation zeigen, mit dem polnischen Sonorismus. Hier spiegelt sich ein Lebensgefühl, das seine Entsprechung in der existenzialistischen Philosophie Sartres und Camus‘ hat. Mit The Plague nach Camus’ Roman La Peste gelingt Gerhard 1964, vier 35
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Jahre nach dem tragischen Tod des bewunderten Schriftstellers, eines der bedeutendsten oratorischen Werke der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Roberto Gerhard musikgeschichtlich zu positionieren ist ebenso schwer wie reizvoll, widersetzt er sich doch aufgrund seiner komplexen Biografie stereotypen Zuweisungen nationaler Eindeutigkeit. Trotz seiner herausragenden Rolle im katalanischen Musikleben in den 1930er-Jahren kam es in seiner Heimat erst lange nach dem Tod Francos zu einer Würdigung seines Schaffens. Katalanische Kollegen gingen sogar so weit, ihm seine katalanische Identität abzusprechen, nicht nur durch seine Abstammung begründet (Schweizer Pass!), sondern auch ästhetisch, weil seine Musik, wie Manuel Valls 1960 argumentierte, durch die Hinwendung zum Serialismus »wurzellos« geworden sei. In England wiederum gilt er zwar als Pionier der Neuen Musik, der enormen Einfluss auf die Nachkriegsavantgarde hatte – der englische Komponist Anthony Payne beschrieb Gerhard gar als »something of a father figure for my generation« –, dennoch ist Gerhard auch auf der Insel ein selten gespielter Outsider geblieben. Über Gerhards Identität lässt seine Musik allerdings keinen Zweifel. Bis hin zu seinen scheinbar abstrakten Tonbandkompositionen gibt es kaum ein Werk, das nicht direkt oder indirekt geprägt ist von seinem katalanischen und spanischen Erbe. Und von der Wunde, die der spanische Bürgerkrieg in ihm hinterlassen hat. Werke wie seine einzige Oper The Duenna oder sein Ballett Don Quixote gehören, obwohl – oder vielleicht auch gerade weil – im englischen Exil geschrieben, zu den absoluten Höhepunkten der spanischen Musik im 20. Jahrhundert.
Konzerthinweis
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Do 12.05.22 20 Uhr Fr 13.05.22 20 Uhr Sa 14.05.22 19 Uhr
Berliner Philharmoniker Sir Simon Rattle Dirigent Roberto Gerhard Tänze aus Don Quixote Symphonie Nr. 3 »Collages« Antonín Dvořák Scherzo capriccioso op. 66 Suite für Orchester A-Dur op. 98b »Amerikanische«
• Philharmonische Momente
Die Pastorale von den Klippen Der dänische Komponist Rued Langgaard war ein komischer Kauz, der mit seinen Mitmenschen meistens über Kreuz lag. Die Uraufführung seiner Ersten Symphonie durch die Berliner Philharmoniker am 10. April 1913 war ein philharmonischer Moment. Über ein Werk, das dringend einer Wiederentdeckung bedarf.
Von Volker Tarnow Dieses Konzert war – auch nach Meinung des Komponisten – der Höhepunkt seiner Karriere. Und zugleich der Schlusspunkt, leider. Denn Rued Langgaard war damals erst 19 Jahre alt, und es sollten 40 Jahre voller Niederlagen und Enttäuschungen folgen. Obwohl eine der originellsten Persönlichkeiten der europäischen Komponistenszene, blieb der Däne lebenslänglich ein Außenseiter, bestenfalls eine skurrile Figur, schlimmstenfalls ein bloßes Gerücht. Dass er wirklich gelebt hatte, sprach sich in Dänemark erst nach 1968 herum, als Per Nørgård ein Stück seines Vorläufers zur Diskussion stellte; er schmuggelte Langgaards Sfærernes musik anonym in einen Kompositionswettbewerb, und die Mitglieder der hochkarätig besetzten Jury erklärten den Autor zu einem interessanten Epigonen György Ligetis, dessen Atmosphères von 1961 epochalen Rang genießt. Dann lüftete Nørgård jedoch die Karten: Voilà, dieses Stück hier ist von 1916! – woraufhin Ligeti erklärte: »Meine Herren! Ich habe soeben entdeckt, dass ich ein Langgaard-Epigone bin.« 36
Langgaard selbst hätte über diese Entdeckung wohl gestaunt, war er doch der Ansicht, seine Musik werde man erst in zweitausend Jahren verstehen! Aber nein, es ging viel schneller: das Radio sendete einige seiner bislang nicht aufgeführten 16 Symphonien, es erschienen mehrere Aufnahmen von Orchesterwerken, die Oper Antikrist feierte mit 80-jähriger Verspätung ihre Bühnenpremiere, und eine erste Biografie wurde veröffentlicht. Warum Langgaard (1893–1952) zu Lebzeiten keinen Erfolg hatte? Seine erzromantische Ader war eigentlich kein Hindernis, da man im gemütlichen Dänemark alles liebte, was irgendwie vertraut klang. Das im gutbürgerlichen Kopenhagener Stadtteil Gammelholm behütet aufgewachsene Wunderkind passte ideal in dieses Milieu. Seine Begabung war phänomenal; noch in seinen letzten Lebensjahren konnte er Schumanns g-Moll-Sonate auswendig spielen, weil er sie in der Kindheit von der Mutter gehört hatte – die Partitur war ihm nie unter die Augen gekommen. Die Mutter leitete Chöre und erklärte jedem, der es nicht hören wollte, ihr Sohn sei ein Genie; der Vater schrieb ein nie aufgeführtes Klavierkonzert und Bücher für die Schublade, die Titel wie Über den Zusammenklang der Künste mit der Weltharmonie trugen. Rued sog die christlich-spirituelle Kunstatmosphäre des Elternhauses auf und kultivierte sie bis an sein Lebensende. Das vollzog sich im Abseits, in einem Kaff an der jütländischen Westküste, wo der frustrierte Sonderling als Organist untergekommen war. Er hatte nie eine staatliche Schule besucht, sondern war daheim privat unterrichtet worden, seine Studien an der Hochschule hielten sich in engen Grenzen, sodass man ihn als Autodidakten bezeichnen kann. Die elitäre Erziehung und die vollständige Konzentration auf Musik führten dazu, dass Rued Langgaard isoliert lebte, den Nimbus der Erwähltheit pflegte und seine weltlich orientierten Zeitgenossen verdammte. Schon in jungen Jahren, wird berichtet, habe er bei den wenigen Auftritten als Pianist keinen Applaus zur Kenntnis genommen, sondern dem Publikum den Rücken zugekehrt. Später nahm sein abweichendes Verhalten geradezu absurde Formen an. Langgaard schreckte vor keiner Beleidigung zurück, seine Urteile über andere Komponisten fielen denkbar schrill aus: Beethoven klinge wie eine Kuh am Klavier, Brahms rieche nach Bier und Zigarren, Nielsen sei reiner Humbug.
Illustration: Bridgeman Images
Den 28 Jahre älteren Nationalkomponisten erkor er sich zum Intimfeind und fand es noch 1948 erforderlich, Carl Nielsen, unser großer Komponist zu schreiben, ein 32 Takte langes Schmähstück für Orgel und Chor, das laut Manuskript »bis in alle Ewigkeit zu wiederholen« sei. 1945 komponierte er die Freie Klaviersonate, die Formverlauf und Spieldauer dem Pianisten anheimstellt. Auch andere, bedeutend ältere Werke weisen auf John Cage und Co. voraus, etwa die Klaviersuite Insektarium von 1917, die den Pianisten auffordert, in die Saiten des Flügels zu greifen. Oft treffen wir auf minimalistische Strukturen, wie sie erst durch Steve Reich und Philip Glass populär wurden. Die Kombination mit einem spätromantisch exaltierten Ausdrucksgestus machte diese Innovationen allerdings für Avantgardisten ungenießbar. Auf deren Anerkennung legte Langgaard ohnehin keinen Wert. »Moderne Musik ist eine Pest« – mit ihr wollte er nichts zu tun haben. In seiner 70-minütigen Ersten Symphonie, entstanden zwischen 1908 und 1911, fungiert die Musik noch nicht als göttliche Symbolsprache. Visionär und apokalyptisch geht es hier nicht zu, doch zelebriert der 19-jährige Komponist bereits emphatisch seine Liebe zu Schönheit und Harmonie. Einen Titel trug das Werk bei der Berliner Uraufführung noch nicht, Langgaard taufte es erst 1940 »Klippepastoraler«, also Klippenpastorale. Damit bezog er sich auf den Ort der Entstehung. Er hatte über 35 Jahre lang, erst mit seinen Eltern und später dann mit seiner Ehefrau, jeden Sommer auf Kullen verlebt, einer hoch in den Öresund hineinragenden, felsigen schwedischen Halbinsel. Auch einige Orte dieser Küste – Arild, Helsingborg – dienten ihm als Bezeichnung für Werke, die die Stimmung vergangener, glücklicher Zeiten aufleben ließen.
Konzerthinweis
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Do 16.06.22 20 Uhr Fr 17.06.22 20 Uhr Sa 18.06.22 19 Uhr
Berliner Philharmoniker Sakari Oramo Dirigent Janine Jansen Violine Jean Sibelius Konzert für Violine und Orchester d-Moll op. 47 Rued Langgaard Symphonie Nr. 1 »Klippenpastorale«
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Phil — Mai/Juni 2022
Die zweifellos glücklichste Erinnerung galt seiner Ersten Symphonie. Ihre Uraufführung gestaltete sich schwierig, aber der Einsatz zahlte sich aus. Damals lebten Komponisten noch nicht von Auftragswerken – sie mussten selbst tief ins Portemonnaie greifen. Wie viel die Familie Langgaard für das prestigeträchtige Berliner Konzert hinlegte, ist nicht bekannt, aber man kann es sich in etwa vorstellen; Max Reger mokierte sich 1896 in einem Brief, der Konzertagent Hermann Wolff verlange 500 Mark für die Aufführung einer Novität durch die Berliner Philharmoniker. Der Betrag dürfte 1913 nicht kleiner gewesen sein, jedenfalls ging es nur mithilfe der Unterstützung eines dänischen Tabakfabrikanten. Die frisch gekrönte dänische Königin Alexandrine immerhin übernahm die Schirmherrschaft. Rued Langgaard hatte sich vergeblich um Aufführungen in Kopenhagen und Stockholm bemüht. Als es ihm gelang, Arthur Nikisch und Max Fiedler die Handschrift zu zeigen und von beiden Dirigenten wärmste Anerkennung zu ernten, ergab sich eine ungeahnte Perspektive. Tatsächlich offerierte dann das von Fiedler geleitete Orchester am 10. April 1913 in der alten Philharmonie ein reines Langgaard-Programm: zuerst ein Orgel-Präludium, gespielt vom Komponisten, dann das Tongemälde Sfinx und schließlich die große, fünfsätzige Symphonie h-Moll. Über tausend Zuhörer spendeten begeisterten Beifall, und in der dänischen wie deutschen Presse fand der Komponist vorbehaltlose Anerkennung. Gut möglich, dass dieser philharmonische Moment zu den wenigen Augenblicken gehörte, in denen Rued Langgaard die Außenwelt nicht nur als irrelevante Kulisse wahrnahm.
Time to say Von Nicole Restle
goodbye! 38
Fotos: Sebastian Haenel
Für einige Mitglieder der Berliner Philharmoniker heißt es in dieser Saison, Abschied zu nehmen – von einem Orchester, das für alle sicherlich mehr war als nur ein reiner Arbeitsplatz. Wir stellen Ihnen die Musiker vor und lassen sie von ihren schönsten Erlebnissen und wichtigsten Erfahrungen bei den Berliner Philharmonikern erzählen.
Rüdiger Liebermann Erste Violine
Stephan Schulze Zweite Violine
Rüdiger Liebermann hatte bereits einige solistische Verpflichtungen gehabt und er überlegte, eine Solokarriere anzustreben. Doch dann bekam der Geiger, der Adolphe Mandeau, Saschko Gawriloff, Josef Gingold und Jascha Heifetz zu seinen Lehrern zählte, die Gelegenheit, bei den Berliner Philharmonikern vorzuspielen – und wurde genommen. »In dem Moment, als ich das erste Mal im Orchester saß, merkte ich, dass dieser Job zwar sehr intensiv, aber wunderbar ist. Dieses Kollektiv und seine Kreativität haben mich sofort gepackt. Jeder in diesem Orchester bringt sich ein, als ob er Solist sei.« Seine Ambitionen von vor der Zeit bei den Berliner Philharmonikern musste der Musiker nicht komplett aufgeben, er absolvierte während seiner Orchestertätigkeit zahlreiche Soloauftritte im In- und Ausland und wirkte in verschiedenen Kammermusikgruppen mit, wie dem Philharmonischen Streichsextett Berlin, den Berliner Barock Solisten und den Philharmonischen Stradivari-Solisten. »Ich hatte das Glück, mit vier Chefdirigenten auf der ganzen Welt auftreten und unsere musikalische Botschaft übermitteln zu dürfen«, erzählt Rüdiger Liebermann. »Diese Reisen haben mich sehr geprägt und mir immer viel Freude bereitet.«
»Ich habe sehr viel Glück gehabt. Ich durfte mich in meinem Beruf immer mit etwas sehr Schönem beschäftigen.« Voller Dankbarkeit blickt der Geiger Stephan Schulze auf seine fast 40 Dienstjahre bei den Berliner Philharmonikern zurück, die er als einen wichtigen und wunderbaren Teil seines Lebens bezeichnet. Der gebürtige Münchner, der als Sechsjähriger mit dem Geigenspiel begann, studierte an der Musikhochschule seiner Heimatstadt bei Otto Büchner und an der Berliner Hochschule der Künste bei Thomas Brandis. Seine erste Orchesterstelle führte ihn 1981 als Erster Geiger zum Sinfonieorchester des NDR Hamburg, ehe er zwei Jahre später zu den Berliner Philharmonikern wechselte. Neben dem Orchesterdienst engagierte sich Stephan Schulze in verschiedenen Kammermusikensembles wie dem Athenäum-Quartett, den Philharmonischen Virtuosen und den Philharmonischen Geigen. Sein Resümee: »Es war eine spannende Zeit, in der ich unter vier ganz verschiedenen Chefdirigenten herausragende Konzerte und interessante Reisen erleben konnte.«
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Amadeus Heutling Zweite Violine Ein Berliner Philharmoniker zu sein, das bedeutet für Amadeus Heutling, sich in einem stetigen künstlerischen und menschlichen Entwicklungsprozess zu befinden – vom ersten bis zum letzten Tag. »Man muss täglich an sich arbeiten, um den musikalischen Herausforderungen gerecht zu werden.« Der Musiker, der aus einer Geigerfamilie stammt und u. a. bei Dorothy Delay in Boston und bei seinem Vater Werner Heutling studiert hat, bezeichnet seine philharmonischen Kolleginnen und Kollegen als seine wichtigsten Lehrmeister. Zu den Highlights seiner 38-jährigen Berufslaufbahn, in der er sich auch als Kammermusiker und in der Educationarbeit engagiert hat, zählt Amadeus Heutling die beiden Israelreisen der Philharmoniker sowie die Osterfestspiele in Salzburg und Baden-Baden. »Das waren tolle Erfahrungen, die uns dem Alltag enthoben haben.« Auch sein Ruhestand wird voller Musik sein: Während der Corona-Pandemie hat der Geiger ein Streichquartett gegründet, außerdem will er sein Wissen als Lehrer an die jüngere Generation weitergeben. Was er sich für die Berliner Philharmoniker wünscht? »Dass sich die Mitglieder auch zukünftig ihrer Eigenverantwortung für dieses Orchester bewusst bleiben.«
Phil — Mai/Juni 2022
Ulrich Wolff Kontrabass
Peter Riegelbauer Kontrabass Peter Riegelbauer kam über ein Stipendium an der Karajan-Akademie zu den Berliner Philharmonikern. Als einer der ersten Stipendiaten der damals noch jungen Einrichtung gewann er am 8. Januar 1981 das Probespiel für eine feste Stelle im Orchester – genau an seinem 25. Geburtstag. »Die Philharmonie Berlin ist mir zur musikalischen Heimat geworden, zu einem wichtigen Teil meines Lebens«, bekennt der Kontrabassist, der 1983 mit philharmonischen Kollegen das Scharoun Ensemble Berlin ins Leben gerufen hat. Seit Beginn seiner Mitgliedschaft bei den Philharmonikern hat Peter Riegelbauer die Mitbestimmung des Orchesters in dessen Gremien an verantwortlicher Stelle mitgetragen: im Vorstand der philharmonischen Gemeinschaft, als Mitglied des Personalrats und als Mitglied des Fünferrats. 16 Jahre lang gehörte er dem Orchestervorstand an und er war maßgeblich an der Errichtung der Stiftung Berliner Philharmoniker beteiligt,
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deren Stiftungsvorstand er von Anfang an ebenfalls angehörte. 2015 übernahm er die Geschäftsführung der Karajan-Akademie, die er noch bis 2023 leiten wird. »Nach den 42 Jahren bei den Berliner Philharmonikern erwarten mich neue Aufgaben, auf die ich mich sehr freue.« Voller Dankbarkeit blickt er auf seine Zeit im Orchester zurück und wünscht sich für seine jungen Kolleginnen und Kollegen, dass sie die großartige Tradition bewahren und gleichzeitig auch dem Anspruch als »Orchester des 21. Jahrhunderts« gerecht werden.
»Das war ein wunderbarer Arbeitsplatz«, schwärmt Ulrich Wolff. Als der Kontrabassist 1978 zu den Berliner Philharmonikern kam, war er mit 22 Jahren das jüngste Mitglied des Orchesters. »Diese Anfangszeit bleibt mir rückblickend am eindrucksvollsten in Erinnerung: die wunderbaren Konzerte und Reisen mit Karajan, die Auftritte mit Leonard Bernstein und Carlos Kleiber sowie unsere allererste China-Reise 1979.« Der gebürtige Wuppertaler, der bei dem philharmonischen Kontrabassisten Rainer Zepperitz studiert und sich für die Berliner Philharmoniker auch im Fünferrat und im Personalrat engagiert hat, widmete sich neben der Orchesterarbeit mit großer Leidenschaft der Alten Musik. In zahlreichen Aufführungen der Bach’schen Passionen unter Simon Rattle in Berlin, London, New York, Luzern und Baden-Baden spielte er als Solist Viola da Gamba. Seine Kolleginnen und Kollegen hätten ihm – so Ulrich Wolff – bei den Berliner Philharmonikern »beglückende Jahre« beschert. Besonders verbunden fühlt er sich den Mitgliedern seiner Bassgruppe: »Wir sind zu einer künstlerischen und menschlichen Einheit zusammengewachsen. Das wurde mit den Jahren immer schöner.«
Fotos: Sebastian Haenel
Manfred Preis Bassklarinette
Stefan de Leval Jezierski Horn
Nie zuvor im Leben hatte Manfred Preis daran gedacht, Bassklarinette zu spielen. Doch dann war bei den Berliner Philharmonikern eine Stelle als Bassklarinettist ausgeschrieben. Da er seit seiner Kindheit davon träumte, in dieses Orchester zu kommen, sah der Musiker, ehemaliger Stipendiat der KarajanAkademie und damals Klarinettist des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin, 1982 seine Chance gekommen: Er bewarb sich und erhielt die Stelle. »Es war eine wunderbare Erfahrung und ein fortwährender Entwicklungsprozess, mit den weltbesten Künstlern aufzutreten«, meint Manfred Preis. Die Werte, die in diesem Orchester gelebt werden, habe er auch in das eigene Leben übernommen: Respekt, Toleranz, Hingabe an die Musik und ein großartiges Gemeinschaftsgefühl. »Besonders schön fand ich den herzlichen, entspannten und freundschaftlichen Umgang mit meinen Kolleginnen und Kollegen hinter und auf der Bühne, sodass ich meinen Beruf niemals als Arbeit betrachtete. Es war eine Freude!« In seinem Ruhestand will er nicht zur Ruhe kommen, sondern sein Leben im stetigen Wandel neu gestalten – ruhig, unkonventionell und voller Gelassenheit.
»Vor 44 Jahren war ich überrascht und überwältigt, dass ich von den Berliner Philharmonikern und Herbert von Karajan ausgewählt worden bin, in dieses einzigartige Orchester einzutreten und Teil dieser fantastischen Horngruppe zu werden«, erinnert sich Stefan de Leval Jezierski. Es sei ein großes Privileg gewesen, über all die Jahre mit den besten Musikerinnen und Musikern auftreten zu dürfen. Der Hornist blickt voller Dankbarkeit auf seine Zeit bei den Berliner Philharmonikern zurück. Der aus Boston stammende Stefan de Leval Jezierski studierte an der North
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Carolina School of Arts und bei Myron Bloom am Cleveland Institute of Music. Bereits während seines Studiums wirkte er bei Konzerten und Tourneen des Cleveland Orchestra mit. Bevor er 1978 als hoher Hornist zu den Berliner Philharmonikern kam, war er zwei Jahre lang Solohornist des Staatstheaters Kassel. Der Musiker gehört zu den Gründungsmitgliedern des Scharoun Ensembles Berlin. Welchen Rat würde er seinen jungen Kolleginnen und Kollegen im Orchester mit auf den Weg geben? »Genießt eure Zeit bei den Berliner Philharmonikern! Sie vergeht viel zu schnell.«
• Wenn ich nicht Musiker wäre …
Foto: privat
Von Oliver Hilmes
In dieser Rubrik stellen wir Berliner Philharmoniker und ihre außermusikalischen Leidenschaften vor. Heute: Cellist Nikolaus Römisch, der das Runde ins Eckige schießt.
Nikolaus Römisch ist ein waschechter Berliner. Er wurde in Neukölln geboren und wuchs in Lankwitz auf. Zwar hat er auch schon am Maybachufer und im Graefekiez gewohnt, doch im Südwesten der Hauptstadt fühlt er sich besonders wohl. Mit seiner Frau und den drei Töchtern lebt er mittlerweile in Lichterfelde Ost. Dort wurde 1889 der Fußballverein FC Viktoria Berlin gegründet, der heute gut 1600 Mitglieder zählt. Eines von ihnen ist Nikolaus Römisch. Der 49-Jährige spielt Fußball, seit er laufen kann. Dabei stammt er aus einem Elternhaus, in dem Sport keine große Bedeutung hatte. Seine Leidenschaft für das Kicken wurde vielmehr von selbst geweckt. »In meiner Jugend gab es nämlich noch Bolzplätze, wo sich die Nachbarskinder nach der Schule zum Spielen trafen«, sagt Nikolaus Römisch lächelnd. So fing alles an. Die Sportgemeinschaft Eichkamp-Rupenhorn e. V. wurde 1996 Nikolaus Römischs erster Fußballverein, dem er über 20 Jahre die Treue gehalten hat. Doch irgendwann wurde es immer schwieriger, genügend Mitspieler zu finden, um eine einsatzfähige Mannschaft aufzustellen. Mit den Niederlagen wuchs die Enttäuschung. Der familiäre Umzug nach Lichterfelde 43
brachte schließlich den sportlichen Wechsel zum FC Viktoria Berlin. Zu diesem Zeitpunkt war er schon lange Mitglied der Berliner Philharmoniker. Der Weg dahin führte zunächst durch eine gründliche Ausbildung bei Reinhild Oelmüller, Dietmar Schwalke, Wolfgang Boettcher und Ivan Monighetti. Von 1986 bis 1990 musizierte Nikolaus Römisch im Bundesjugendorchester, von 1990 bis 1996 im Jugendorchester der EU, anschließend engagierte ihn das Orchester der Deutschen Oper Berlin. Nach drei Jahren kam er zur Jahrtausendwende schließlich zu den Berliner Philharmonikern und wurde dadurch auch Mitglied der 12 Cellisten. »Sport ist mir als körperlicher Ausgleich sehr wichtig«, erläutert Nikolaus Römisch, »denn gerade wir Cellisten sitzen ja immer. Die Geiger können auch mal aufstehen und die meisten Bläser könnten auch im Stehen spielen. Das ist für uns nicht möglich.« Beim Fußballspielen gehe es zwar immer um einen Wettbewerb, doch gerade diese Sportart besitze auch eine große soziale Komponente. »Man muss sich in einer Mannschaft aufeinander verlassen können«, so Nikolaus Römisch. Dass er während des Trainings oder eines
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Spiels in eine ganz andere Welt eintauchen kann, in der die Musik nicht existiert, empfindet der Cellist als Bereicherung. Hat er als Berliner einen Lieblingsverein? Nikolaus Römisch schmunzelt – und schüttelt den Kopf. Weder zu Hertha noch zu Union bestehe eine emotionale Bindung. Zwar tauscht er sich hin und wieder mit Kolleginnen oder Kollegen über die Spiele der großen Mannschaften aus, doch in die Stadien geht er nicht. Dann besucht er lieber das Training seiner 13-jährigen Tochter, die ebenfalls bei Viktoria spielt. Wäre der Fußball jemals eine berufliche Alternative zur Musik gewesen? »Nein«, erwidert Nikolaus Römisch. Der Druck, der auf jungen Profispielern lastet, sei sehr groß, hinzu komme der körperliche Verschleiß. »Das wäre nichts für mich gewesen«, sagt er zum Abschluss des Gesprächs. In Kürze beginnt eine Probe von Gustav Mahlers Zweiter Symphonie unter der Leitung von Gustavo Dudamel. Und heute Abend steht das Fußballtraining auf dem Programm. »Es ist gut so, wie es gekommen ist.«
Aktuelles
Hereinspaziert! Die Berliner Philharmoniker laden zum Tag der offenen Tür in die Philharmonie Berlin ein. Am Sonntag, dem 12. Juni 2022 gibt es von 11 bis 19 Uhr ein kostenfreies Musikprogramm unter dem Motto »Sharing Music«.
Mit diesem bunten Fest beginnen die Berliner Philharmoniker die Jubiläumssaison ihres Education-Programms, das vor 20 Jahren im Juni 2002 ins Leben gerufen wurde und seither in jeder Spielzeit viele tausend Menschen erreicht hat. Die Berliner Philharmoniker bedanken sich auf diese Weise aber auch bei ihrem Publikum, das ihnen – trotz aller mit der Corona-Pandemie verbundenen Widrigkeiten – die Treue gehalten hat. Um auch den Menschen außerhalb Berlins eine Teilhabe zu ermöglichen, wird der Tag der offenen Tür zusätzlich in der Digital Concert Hall übertragen. Das Programm ist so vielfältig wie unser philharmonisches Leben, es reicht von Kammermusik und Auftritten der Vokalhelden bis zu Meisterklassen
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mit Mitgliedern der Berliner Philharmoniker und Führungen durch die Philharmonie. Und auch die berühmten 12 Cellisten sind selbstverständlich mit von der Partie. Einen Höhepunkt des Tages bildet das Abschlusskonzert der Berliner Philharmoniker im Großen Saal mit Chefdirigent Kirill Petrenko, es werden Werke von Erwin Schulhoff und Leone Sinigaglia gespielt. Spannende musikalische Projekte erwarten Sie aber auch im philharmonischen Garten und auf den Freiflächen sowie im Musikinstrumenten-Museum, mit dem wir diesen Tag der offenen Tür gemeinsam gestalten. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
Mode aus der eigenen Manufaktur
youngSTAR
Fotos, linke Seite: Monika Rittershaus. Rechte Seite: Martin Walz
STATEMENTDESIGN.DE
Festival der Berliner Philharmoniker
Einmal in der Philharmonie Berlin spielen zu können, davon träumen viele junge Musikerinnen und Musiker. Für die Teilnehmenden des youngSTAR Festivals geht dieser Wunsch nun in Erfüllung. In der Zeit vom 27. bis 30. Juni 2022 erobern Schulbands, Big Bands und Orchester von Berliner Schulen den Großen Saal und den Kammermusiksaal und präsentieren dort ihr Können. Die Schulklassen im Publikum sind dabei ausdrücklich eingeladen, die jungen Mitwirkenden auf der Bühne anzufeuern. Der besondere Clou: beim beliebten Schulklassenkonzert der Vokalhelden werden alle Grundschulkinder im Saal selbst zu Sängerinnen und Sängern.
berliner-philharmoniker.de/ youngstar-festival
MAI FASHION Berlin, Clausewitzstr. 1, 10629 Berlin, U-Bhf. Adenauerplatz Tel. 030 88 77 48 94, Mo.-Fr. 13-18 Uhr, Sa. 12-15 Uhr
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GR E AT CL SX
9. Mai 2022 19:30 Uhr Philharmonie Berlin
into the sky What Birds Sing Talk George Crumb A Haunted Landscape Augusta Read Thomas Words of the Sea Olivier Messiaen Réveil des Oiseaux Claude Vivier Orion
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PIERRE-LAURENT AIMARD Klavier HR-SINFONIEORCHESTER FRANKFURT BRAD LUBMAN Dirigent DAVID ROTHENBERG Philosoph
TICKETS: 030 / 47 99 74 74 clsx.de, eventim.de Ab 18 € / ermäßigt 9 € zzgl. Gebühren
Aktuelles
Das traditionsreiche Waldbühnenkonzert der Berliner Philharmoniker gehört seit über drei Jahrzehnten zu den Höhepunkten einer jeden philharmonischen Saison. Wo ließe es sich wohl schöner von fernen, geheimnisvollen Welten träumen, als unter freiem Sommerhimmel?
Für ihr diesjähriges Konzert in der Waldbühne haben die Berliner Philharmoniker und Kirill Petrenko ein Programm entworfen, das verführerisch schillert. Mal sehnsüchtig, mal aufbegehrend gibt sich Sergej Rachmaninows Zweites Klavierkonzert. Starpianist Daniil Trifonov ist der perfekte Interpret, um gleichermaßen die vehemente Virtuosität und die zerbrechliche Zartheit dieser Musik hörbar zu machen. Außerdem erklingen Modest Mussorgskys Bilder einer Ausstellung. Auf engstem Raum erlebt man hier Szenen von ungeheurer Wucht und Vielfalt: von einem possierlichen Küken-Ballett bis hin zur gespenstischen Hütte der Hexe Baba Yaga.
Konzerthinweis
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Sa 25.06.22 20.15 Uhr Waldbühne Berlin
Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent Daniil Trifonov Klavier Anatoli Ljadow Kikimora op. 63 Sergej Rachmaninow Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 c-Moll op. 18 Modest Mussorgsky Bilder einer Ausstellung (Orchestrierung von Maurice Ravel)
Kartenverkauf Concert Concept Veranstaltungs GmbH myticket.de/de/berlinerphilharmoniker-tickets Tel.: +49 40 23 72 400 30
Foto: Monika Rittershaus
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Kirill Petrenko und Daniil Trifonov in der Waldbühne
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DRESSCODE 20er-Jahre
Konzerte
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So 01.05.22 11 Uhr Großer Saal
Stephen Tharp Orgel Toccatissima! Orgel virtuos Werke von Johann Sebastian Bach, Carlos Seixas, Girolamo Frescobaldi, Juan Bautista Cabanilles, Guy Bovet, Henri Mulet, Joseph Jongen, Anthony Newman, Anton Heiller, Jean Guillou und Charles-Marie Widor Brillant, mitreißend, ausdrucksstark – Stephen Tharp gehört zu den besten Organisten unserer Zeit. Karteneinheitspreis 15 Euro
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Eine Klangreise durch die Philharmonie Berlin und das Musikinstrumenten-Museum Zwei Häuser voller Musik und voller klingender Schätze. Eine spannende und unterhaltsame Entdeckungstour für die ganze Familie. Für Kinder von 6 bis 10 Jahren, Dauer 90 Minuten. Start: Künstlereingang der Philharmonie Berlin (Zugang Potsdamer Straße), der Eintritt ist frei. Musikinstrumenten-Museum in Kooperation mit der Stiftung Berliner Philharmoniker
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Mo 02.05.22 20 Uhr Kammermusiksaal
vision string quartet Anton Webern Langsamer Satz für Streichquartett Maurice Ravel Streichquartett F-Dur sowie Jazz und Pop Ein Streichquartett-Abend der anderen Art: klassisch, jazzig, poppig. Nachholtermin für den 01.03.22 Karten von 10 bis 26 Euro
Mi 04.05.22 20 Uhr Kammermusiksaal Ausstellungsfoyer
Philharmonischer Diskurs Heimat
So 08.05.22 20 Uhr Kammermusiksaal
Brahms Ensemble Berlin Anna Vinnitskaya Klavier Mieczysław Weinberg Klavierquintett op. 18 Johannes Brahms Klavierquintett f-Moll op. 34
Was ist Heimat? Und ist die Heimat des einen gleichzeitig die Fremde des anderen? Eine spannende Thematik für eine interessante Diskussion
»Lost Generation«: Anna Vinnitskaya und das Brahms Ensemble Berlin erinnern an den Komponisten Mieczysław Weinberg.
Karteneinheitspreis 10 Euro
Karten von 10 bis 26 Euro
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Do 05.05.22 20 Uhr Fr 06.05.22 20 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Antonello Manacorda Dirigent Christian Gerhaher Bariton Ludwig van Beethoven Coriolan-Ouvertüre c-Moll op. 62 Gustav Mahler Fünf Lieder nach Gedichten von Friedrich Rückert Arnold Schönberg Kammersymphonie Nr. 2 es-Moll für kleines Orchester op. 38 Franz Schubert Symphonie Nr. 7 h-Moll D 759 »Unvollendete« Debüt: Antonello Manacorda, Chefdirigent der Kammerakademie Potsdam, zum ersten Mal am Pult der Berliner Philharmoniker. Karten von 31 bis 76 Euro
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Sa 07.05.22 19 Uhr Großer Saal
Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker Nodoka Okisawa Dirigentin (Mozart) Kirill Petrenko Dirigent (Shin, Beethoven) Bruno Delepelaire Violoncello Wolfgang Amadeus Mozart Symphonie Nr. 36 C-Dur KV 425 »Linzer« Donghoon Shin Konzert für Violoncello und Orchester, Auftragswerk für den ClaudioAbbado-Kompositionspreis Ludwig van Beethoven Symphonie Nr. 5 c-Moll op. 67 Die Karajan-Akademie feiert ihren 50. Geburtstag – mit einem Jubiläumskonzert unter Leitung des philharmonischen Chefdirigenten Kirill Petrenko. Karten von 31 bis 76 Euro
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Juli Zeh und Ijoma Mangold im Gespräch mit Christian Rabhansl
So 01.05.22 14 Uhr
Familienführung: Voller Klang voraus!
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Di 10.05.22 20 Uhr Kammermusiksaal
Jan Lisiecki Klavier Frédéric Chopin Etüden und Nocturnes Für den Pianisten Jan Lisiecki sind Chopins Nocturnes magische, emotionale Bilder, die es beim Spielen heraufzubeschwören gilt. Karten von 10 bis 26 Euro
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Do 12.05.22 20 Uhr Fr 13.05.22 20 Uhr Sa 14.05.22 19 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Sir Simon Rattle Dirigent Roberto Gerhard Tänze aus Don Quixote Symphonie Nr. 3 »Collages« Antonín Dvořák Scherzo capriccioso op. 66 Suite für Orchester A-Dur op. 98b »Amerikanische« Sir Simon Rattle gastiert mit Raritäten von Antonín Dvořák und einer Novität des katalanischen Komponisten Roberto Gerhard. Karten von 39 bis 98 Euro
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Fr 13.05.22 20 Uhr Kammermusiksaal
Mahler Chamber Orchestra Patricia Kopatchinskaja Konzept, Violine und musikalische Leitung Lani Tran-Duc Visuelle Gestaltung Tabea Rothfuchs, Ruth Stofer Video Markus Güdel Lichtdesign und technische Leitung Katharina Pelosi Sounddesign Les Adieux, ein szenisches Konzert Ludwig van Beethoven Symphonie Nr. 6 F-Dur op. 68 »Pastorale« sowie Werke von Robert Schumann und Dmitri Schostakowitsch Im Mittelpunkt von Patricia Kopatchinskajas Auftritt mit dem Mahler Chamber Orchestra steht Beethovens »Pastorale«, eine Hommage an die Schönheit der Natur.
Sa 21.05.22 22 Uhr Großer Saal
Late Night Mitglieder der Berliner Philharmoniker Sir Simon Rattle Dirigent Anna Prohaska Sopran Christopher Ainslie Countertenor Patrick Grahl Tenor Jan Martiník Bass Johann Sebastian Bach »Liebster Gott, wann werd ich sterben?«, Kantate BWV 8 »Ich bin vergnügt mit meinem Glücke«, Kantate BWV 84 »Herr, gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht«, Kantate BWV 105 Sir Simon Rattle ist ein großer Fan von Johann Sebastian Bach, wie er in dieser Late Night mit Kantaten des Komponisten zeigt.
Karten von 15 bis 35 Euro
Karteneinheitspreis 20 Euro
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So 15.05.22 20 Uhr Kammermusiksaal
Philharmonisches Streichquartett
»Lost Generation«: Erwin Schulhoff und Karl Amadeus Hartmann sind faszinierende Komponisten einer in Vergessenheit geratenen Generation. Karten von 10 bis 26 Euro
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So 22.05.22 16 Uhr So 29.05.22 16 Uhr Kammermusiksaal
Francis Poulenc Sinfonietta Dai Fujikura Flötenkonzert Richard Strauss Der Bürger als Edelmann, Orchestersuite op. 60
Do 26.05.22 20 Uhr Fr 27.05.22 20 Uhr Sa 28.05.22 19 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Paavo Järvi Dirigent Emmanuel Pahud Flöte Jean Sibelius Symphonie Nr. 7 C-Dur op. 105 Erkki-Sven Tüür Konzert für Flöte und Orchester, Auftragswerk der Stiftung Berliner Philharmoniker gemeinsam mit der Tonhalle Zürich (Uraufführung) Ludwig van Beethoven Symphonie Nr. 8 F-Dur op. 93 Paavo Järvi ist einer der großen Beethoven- und SibeliusInterpreten unserer Zeit.
Der Philharmonische Salon wandelt auf den musikalischen Spuren des faszinierenden Künstlerlebens von E. T. A. Hoffmann.
Do 19.05.22 20 Uhr Fr 20.05.22 20 Uhr Sa 21.05.22 19 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Sir Simon Rattle Dirigent Anna Lapkovskaja Mezzosopran
Karten von 15 bis 35 Euro
Joseph Haydn Symphonie Nr. 102 B-Dur Igor Strawinsky Strawinsky Journey, zusammengestellt von Sir Simon Rattle Lassen Sie sich überraschen: Sir Simon Rattle präsentiert in einer selbst zusammengestellten Strawinsky Journey unbekannte Facetten des Komponisten.
Nachholtermin für den 13.02.22 Karten von 15 bis 35 Euro
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Mo 30.05.22 20 Uhr Großer Saal
Jazz at Berlin Philharmonic
Karten von 31 bis 76 Euro
Data Lords
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So 29.05.22 20 Uhr Kammermusiksaal
Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker Nodoka Okisawa Dirigentin Ruofan Min Flöte
Sophisticated, expressiv und tiefgründig: Die Amerikanerin Maria Schneider ist eine Pionierin des orchestralen Jazz. Kuratiert von Siggi Loch Karten von 25 bis 66 Euro
Robert Gallinowski Sprecher Philharmonisches Streichquartett Marie-Pierre Langlamet Harfe Cordelia Höfer Klavier Götz Teutsch Programmgestaltung E. T. A. Hoffmann als Musiker – »Wer wagt, durch das Reich der Träume zu schreiten, gelangt zur Wahrheit« (E. T. A. Hoffmann)
Sie ist eine junge Dirigentin am Beginn einer internationalen Karriere: Nodoka Okisawa, Assistentin von Kirill Petrenko und Stipendiatin der KarajanAkademie.
WDR Big Band Maria Schneider Komposition, Arrangement und Leitung
Philharmonischer Salon
Erwin Schulhoff Fünf Stücke für Streichquartett Karl Amadeus Hartmann Streichquartett Nr. 1 »Carillon« Antonín Dvořák Streichquartett Nr. 13 G-Dur op. 106
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Konzerte
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Do 02.06.22 20 Uhr Fr 03.06.22 20 Uhr Sa 04.06.22 19 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker John Storgårds Dirigent Matthew McDonald Kontrabass
Musikinstrumenten-Museum in Kooperation mit der Stiftung Berliner Philharmoniker
Carl Nielsen Helios-Ouvertüre op. 17 Gerald Barry Konzert für Kontrabass und Orchester, Auftragswerk der Stiftung Berliner Philharmoniker (Uraufführung) Anton Bruckner Symphonie Nr. 6 A-Dur
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Debüt: John Storgårds, Erster Gastdirigent des BBC Philharmonic Orchestra, dirigiert Nielsen, Bruckner und eine Uraufführung. Karten von 25 bis 66 Euro
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Sa 04.06.22 10 Uhr Sa 04.06.22 11.30 Uhr So 05.06.22 10 Uhr So 05.06.22 11.30 Uhr Kammermusiksaal Ausstellungsfoyer
Mitmachkonzerte Mitglieder der Berliner Philharmoniker Philipp Bohnen Violine Micha Afkham Viola Janne Gregor Schauspiel und Tanz Mareike Jung Schauspiel und Tanz Pablo Mendizabal Bühnenbild und Ausstattung Friederike Karig Regie In den Mitmachkonzerten erleben bereits die Drei- bis Fünfjährigen Musik hautnah. Für Kinder zwischen 3 und 5 Jahren Karteneinheitspreis 6/14 Euro (Kinder/Erwachsene)
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So 05.06.22 14 Uhr
Familienführung: Voller Klang voraus! Eine Klangreise durch die Philharmonie Berlin und das Musikinstrumenten-Museum Zwei Häuser voller Musik und voller klingender Schätze. Eine spannende und unterhaltsame Entdeckungstour für die ganze Familie.
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Für Kinder von 6 bis 10 Jahren, Dauer 90 Minuten. Start: Künstlereingang Philharmonie Berlin (Zugang Potsdamer Straße), der Eintritt ist frei.
So 05.06.22 20 Uhr Großer Saal
Wiener Philharmoniker Andris Nelsons Dirigent Sofia Gubaidulina Märchenpoem für Orchester Dmitri Schostakowitsch Symphonie Nr. 9 Es-Dur op. 70 Antonín Dvořák Symphonie Nr. 6 D-Dur op. 60
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Do 09.06.22 20 Uhr Fr 10.06.22 20 Uhr Sa 11.06.22 19 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent Noah Bendix-Balgley Violine Lise Davidsen Sopran Christian Gerhaher Bariton Erwin Schulhoff Symphonie Nr. 2 Leone Sinigaglia Rapsodia piemontese für Violine und Orchester op. 26 Romanze für Violine und Orchester A-Dur op. 29 Alexander Zemlinsky Lyrische Symphonie op. 18
Besuch aus Österreich: Gastspiel der Wiener Philharmoniker unter Leitung von Andris Nelsons.
Kirill Petrenko widmet dieses Programm drei jüdischen Komponisten, die während der NSZeit antisemitischer Verfolgung ausgesetzt waren.
Karten von 56 bis 138 Euro
Karten von 39 bis 98 Euro
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Mo 06.06.22 20 Uhr Kammermusiksaal
Simon Roturier Violine Angelo de Leo Violine Micha Afkham Viola Bruno Delepelaire Violoncello Viktor Ullmann Streichquartett Nr. 3 op. 46 Erwin Schulhoff Fünf Stücke für Streichquartett Franz Schubert Streichquartett Nr. 14 d-Moll D 810 »Der Tod und das Mädchen«
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Do 16.06.22 20 Uhr Fr 17.06.22 20 Uhr Sa 18.06.22 19 Uhr Großer Saal
Berliner Philharmoniker Sakari Oramo Dirigent Janine Jansen Violine Jean Sibelius Konzert für Violine und Orchester d-Moll op. 47 Rued Langgaard Symphonie Nr. 1 »Klippenpastorale«
Komponieren im Angesicht des Todes: Mitglieder der Berliner Philharmoniker gedenken Komponisten der »Lost Generation«.
Janine Jansen vermag es, mit konzentriertem, innerlichem Spiel feinste Zwischentöne eines Werkes hörbar zu machen – ideal für das Violinkonzert von Sibelius.
Nachholtermin für den 22.03.22
Karten von 31 bis 76 Euro
Karten von 10 bis 26 Euro
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Di 07.06.22 20 Uhr Kammermusiksaal
Jakub Józef Orliński Countertenor Michał Biel Klavier Arien und Lieder von Henry Purcell, Georg Friedrich Händel, Mieczysław Karłowicz und Stanisław Moniuszko Vom Barock zur Moderne: ein abwechslungsreicher Liederabend mit Countertenor Jakub Józef Orliński. Karten von 15 bis 35 Euro
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Sa 25.06.22 20.15 Uhr Waldbühne Berlin
Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko Dirigent Daniil Trifonov Klavier Anatoli Ljadow Kikimora op. 63 Sergej Rachmaninow Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 c-Moll op. 18 Modest Mussorgsky Bilder einer Ausstellung (Orchestrierung von Maurice Ravel) Stimmungsvoller Saisonabschluss in der Waldbühne: Kirill Petrenko und Daniil Trifonov mit einem russischen Programm. Karten von 24 bis 76 Euro
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Diese Broschüre wurde mit Energie aus 100 % Wasserkraft (oder Öko-Strom) und ohne schädlichen Industriealkohol hergestellt. Die Produktion nimmt eine Druckerei vor (Boni fatius GmbH), die ein Qualitäts- und Umweltsystem aufgebaut hat, das alle Anforderungen der DIN EN ISO 9001 und DIN EN ISO 14001 sowie die Vorgaben des Eco-Management and Audit Scheme (EMAS) der Europäischen Union erfüllt.
Die Symphonien Gustav Mahlers Die Symphonien Gustav Mahlers spielen seit über einem Jahrhundert eine zentrale Rolle in den Konzerten der Berliner Philharmoniker. In jeder einzelnen von ihnen entfaltet sich eine eigene Welt. Dabei steht das Monumentale neben dem Zarten, das Spirituelle neben dem Profanen, das Tragische neben dem Humoristischen und die Verzweiflung neben der Hoffnung auf Erlösung. Die exklusive Hardcover-Edition vereint Einspielungen der neun Symphonien und des Adagios aus der Zehnten mit herausragenden Mahler-Interpreten.
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Sir Simon Rattle Symphonie Nr. 8
Daniel Harding Symphonie Nr. 1
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