Theatertreffen der Jugend 2013 – Magazin

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Ähnlich wie den Schauspieler/-innen stehen ihm scheinbar viele Möglichkeiten für die Gestaltung seines Lebens offen. Diese Vielfalt und Freiheit überfordern ihn jedoch, schwächen seine Entscheidungskraft. Planlos sucht er nach Sinn, nach dem, wofür es sich zu leben lohnt. Auf der Suche nach einem Lebensziel gerät er in einen Fleischwolf der Gefühle, berauscht sich exzessiv an der eigenen Selbstfindung und verliert sich dabei. Getrieben von einem inneren Auftrag, die Welt wieder in Ordnung zu bringen, wütet er in einem Blutrausch und vernichtet das, wofür er gekämpft hat – seine Familie und am Ende auch sich selbst. Das gesuchte Paradies gleicht bald einem Schlachthof, einem Ort der puren Fleischverwertung. Die Arbeitsweise des Ensembles unter der Leitung von Beata Anna Schmutz, die das Schauspiel mit interaktiver Performance und Bildender Kunst verbindet, findet in dieser Inszenierung einen neuen Höhepunkt. Fleischige, sinnliche und kühne Bilder können von den Zuschauern aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. So korrespondieren diese performativen Elemente mit dem komplexen Raumkonzept von Nicolas Rauch und Sophie Lichtenberg. Verstärkt wurde die Verbindung zur Malerei: Während der Aufführungen entsteht ein raumgroßes Ölgemälde, das sowohl eigenständiges Kunstwerk

ist, als auch Teil der Rauminstallation. Die Beteiligung des Künstlers Christian Patruno erweitert konsequent die theatralischen Grenzen des Projektes. Gegründet im Jahr 2005 im Haus der Jugend Heidelberg, sind die Mitglieder des Ensembles von Theater Performance Kunst RAMPIG seit 2012 als freischaffendes Künstlerkollektiv organisiert und gründeten einen gemeinnützigen Verein. Die Inszenierungen haben Werke der klassischen Literatur zur Vorlage, die mit den Mitteln der neuen Dramatik sprachliche und visuelle Motive und Zitate aus Pop- und Hochkultur kombinieren und so die Aufhebung herkömmlicher narrativer Erzählverfahren zum Ziel haben. Die Arbeitsweise des Kollektivs verbindet Performance mit zeitgenössischen Formen des Schauspiels im Kontext von Rauminstallationen. Alle Projekte zeichnen sich durch spezifische Raumlösungen und das Hinzuziehen der bildenden und visuellen Künste aus. Im Interessenzentrum steht dabei die Erforschung theatralischer Grenzen und der Grenzen der Kunstgattungen im Allgemeinen. In den bisherigen Inszenierungen wurde auch die traditionelle Grenze zwischen Publikum und dem Theatergeschehen thematisiert. Es wird die Idee eines grenzüberschreitenden Kunsterlebnisses verfolgt, an dem das Publikum autonom über die Rolle des aktiven Teilnehmers, des Kunstwerkrezipienten oder des stillen Beobachters entscheidet.

Theatertreffen der Jugend

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