Friedrichshain kocht. Portraits - Interviews - Rezepte

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Edition Berliner B端chertisch

Friedrichshain kocht Portraits | Interviews | Rezepte Jedes Reze vegane Va pt als riante


Friedrichshain kocht


Edition Berliner B端chertisch

Friedrichshain kocht Portraits | Interviews | Rezepte

Herausgegeben vom Berliner B端chertisch in Kooperation mit Suppe & Mucke mit Fotografien von Patricia Schichl


Inhalt 4 12 Das täuschend echte Antje Øklesund Bier ............................................................................................................................................................................. 16 Feuer, Wasser, Wind und Erde | ASP Forcki ...................................................................................................................................................... 18 Mediterrane Wraps ...................................................................................................................................................................................................................................................... 22 Im Land der Wurstillusion | Aufschnitt .................................................................................................................................................................. 24 Grüner Pfeffer Sushi mit Sesambohnen ................................................................................................................................................................................... 28 Senf Sushi mit Rote-Beete-Segel ............................................................................................................................................................................................................. 29 Orangencremegefüllte Waffelröllchen ........................................................................................................................................................................................ 31 Reformpädagogik mit Schnappschildkröte | August-Sander-Gartenarbeitsschule ............................... 32 Kräutersuppe aus der Schulfarm ........................................................................................................................................................................................................... 36 Film ab! | b-ware! Ladenkino ..................................................................................................................................................................................................... 38 Caldeirada – Portugiesischer Fischeintopf ............................................................................................................................................................................. 42 Von Berlin nach Budapest und zurück | Badehaus Szimpla .................................................................................................... 44 Lecsó Szimpla Badehaus ...................................................................................................................................................................................................................................... 48 Ganz die Mutter | Amrei Bauer ............................................................................................................................................................................................. 50 Knallgrüner Brennnessel Smoothie ................................................................................................................................................................................................. 54 Holundersuppe ..................................................................................................................................................................................................................................................................... 54 Pflaumen-Möhren-Wok ........................................................................................................................................................................................................................................ 56 Hier bleiben | Bayouma Haus ................................................................................................................................................................................................... 58 Arroz Con Pollo a la Cubana .......................................................................................................................................................................................................................... 62 Lust auf’s Lesen | Berliner Büchertisch .................................................................................................................................................................. 64 Raupe Nimmersatt (Mini-Muffins) ..................................................................................................................................................................................................... 68 Gold im Glas, direkt aus der Stadt | Berliner Honig ................................................................................................................................ 70 Honig-Lachs / Räuchertofu-Avocado Sandwich ........................................................................................................................................................... 74 Honigschinken mit Kartoffelstampf & Bohnen ........................................................................................................................................................... 74 Eis mit karamellisierten Honig-Walnüssen ........................................................................................................................................................................ 75 Den Kopf zur Ruhe bringen | Bodhicharya Deutschland ............................................................................................................ 76 Vorwort

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Große-Jungs-Spielwiese

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Antje Øklesund

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80 84 Alle an einem Tisch | Café Klaus Abendbrot .................................................................................................................................................. 86 Kartoffel-Kichererbsensalat ........................................................................................................................................................................................................................ 90 Bobotie Samosas .............................................................................................................................................................................................................................................................. 91 Raus aus der Leistungsgesellschaft | Chaussee der Enthusiasten ................................................................................... 92 Bauernfrühstück mit Kräuterseitlingen ................................................................................................................................................................................... 96 Schritt für Schritt Gedanken umpolen | Fortschritte ........................................................................................................................ 98 Lachs- / Austernpilz-Nudeln ........................................................................................................................................................................................................................ 102 Lotsinnen bei Unwetter | Frieda Frauenzentrum ................................................................................................................................. 104 Kartoffelgratin mit Möhrensalat ....................................................................................................................................................................................................... 108 Paläste mit bröckelnden Fliesen | Geschichtswerkstatt Stalinallee ............................................................................ 110 Exotische Käsesuppe ................................................................................................................................................................................................................................................. 114 Weltverbesserer-Ideen werden Wirklichkeit | Frauke Hehl .................................................................................................. 116 Gedünstetes Gemüse auf Reis ................................................................................................................................................................................................................... 120 Plattform für Alternativen | Heldenmarkt ....................................................................................................................................................... 122 Bolognese mit Hirse ................................................................................................................................................................................................................................................... 126 Salat mit Himbeeren & Sonnenblumenkernen ............................................................................................................................................................ 127 Heute back ich, morgen brau ich | Hops & Barley ................................................................................................................................... 128 Obatzter ......................................................................................................................................................................................................................................................................................... 132 Tomaten-Paprika-Aufstrich .......................................................................................................................................................................................................................... 133 Treberbrot ................................................................................................................................................................................................................................................................................... 133 Historische Grauzonen ausleuchten | Jugend [widerstands] museum .................................................................... 134 Berliner Kartoffelsuppe ...................................................................................................................................................................................................................................... 138 Nicht nur Kaffee! | Karuna Café Pavillon .......................................................................................................................................................... 140 Grieß mit Erdbeer-Minz-Püree .............................................................................................................................................................................................................. 144 Kunst auf den Teller packen | Kiez Cuisine ...................................................................................................................................................... 146 Tarte au citron ..................................................................................................................................................................................................................................................................... 150 Gemüse Tajine mit karamellisierten Birnen ..................................................................................................................................................................... 152 Echtleben-Wanderzirkus | Kiezsofa ............................................................................................................................................................................ 154 Sauerampfersalat mit Walnüssen & Feigen ....................................................................................................................................................................... 158 Tod als Übergang

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Hospizdienst Horizont

Rotes Thai-Curry von Harald

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160 164 Portugiesisches Reisfleisch / Sojareisfleisch ...................................................................................................................................................................... 165 Vom Leben mit Lastern | Laster und Hänger Wagenburg ......................................................................................................... 166 Sachertorte ................................................................................................................................................................................................................................................................................ 170 Mit allen Sinnen | Lebensnah ................................................................................................................................................................................................ 172 Käseknöpfle mit Gemüse & Räuchertofu ............................................................................................................................................................................... 176 Musikvideos, Trickfilme und Reportagen | Medienprojekt Berlin ............................................................................... 178 Bouletten mit Schafskäse oder Tofu ............................................................................................................................................................................................... 182 Diesseits von Eden | MenschenskinderGarten .......................................................................................................................................... 184 Pizza .................................................................................................................................................................................................................................................................................................... 188 Träumen vom urbanen Dorf | Mörchenpark .................................................................................................................................................. 190 Mörchen-Mangold-Risotto ............................................................................................................................................................................................................................ 194 Sommersalat ........................................................................................................................................................................................................................................................................... 196 Mörchen-Sandwich .................................................................................................................................................................................................................................................... 196 Kindern Heimatwurzeln geben | Thu Loan Nguyen ......................................................................................................................... 198 Bananendessert .............................................................................................................................................................................................................................................................. 202 Mit Kunst über-Brücken | Open Air Gallery ................................................................................................................................................ 204 Kalte Fenchel-Joghurt-Suppe ................................................................................................................................................................................................................... 208 Hausgemachter Joghurt-Feta-Dip ................................................................................................................................................................................................... 208 Kürbis-Pommes & Ofengemüse ............................................................................................................................................................................................................ 210 Rhabarber-Clafoutis .................................................................................................................................................................................................................................................. 211 Es geht um Menschen! | Edeltraud Pohl ................................................................................................................................................................. 212 Kürbissuppe – Rezept aus Äthiopien ............................................................................................................................................................................................. 216 Wunschkind an der Spree | Radialsystem V .................................................................................................................................................. 218 Tomaten-Burrata, Schwarzkümmel & Thaibasilikum ................................................................................................................................... 222 Kürbisbrot ............................................................................................................................................................................................................................................................................... 223 Zucchininudeln, Zitronensahne & Mandel-Minz-Pesto .............................................................................................................................. 224 Geben und nehmen statt kaufen und wegwerfen | Schenkladen Systemfehler .................................... 226 Sommergemüse ............................................................................................................................................................................................................................................................... 230 Japanische Nonsense-Kunst | Shoxxxboxxx .................................................................................................................................................. 232 Der Kuchenteig muss ganz neu gemischt werden

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Sellerieschnitzel mit Tomatenzwiebelsauce & Reis

Alfons Kujat

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236 237 Nicht den dicken weißen Mann spielen | Soned ...................................................................................................................................... 238 Hausgemachte Tagliatelle aus Griechenland .................................................................................................................................................................. 242 Machen statt meckern | Sozialhelden ..................................................................................................................................................................... 244 Premium-Burger ............................................................................................................................................................................................................................................................ 248 Gazpacho .................................................................................................................................................................................................................................................................................... 250 Joghurt-Bombe ................................................................................................................................................................................................................................................................. 250 Lass uns ’nen Vertrag abschließen | Spielwagen ..................................................................................................................................... 252 Gemüsespieße ..................................................................................................................................................................................................................................................................... 256 Spiel mit mir! | Spielwiese ........................................................................................................................................................................................................... 258 Mole-Sauce .............................................................................................................................................................................................................................................................................. 262 Von Alfalfa bis Rettich | Sprossenmanufaktur ......................................................................................................................................... 264 Tofu-Sprossengulasch mit Nudeln .................................................................................................................................................................................................. 268 Mit Wahlplakat und Wasserpistole | Hauke Stiewe ........................................................................................................................... 270 Haukes Labskaus ............................................................................................................................................................................................................................................................ 274 Gemeinschaftlich, basisdemokratisch, kunterbunt | Supamolly .................................................................................... 276 Marokkanischer Rinder- / Soja-Schmortopf .................................................................................................................................................................... 280 Petersilien-Tomaten-Salat .............................................................................................................................................................................................................................. 282 Orangen mit Rosenwasser & Datteln ......................................................................................................................................................................................... 282 Eine Kelle Aufmerksamkeit für Kiezprojekte | Suppe & Mucke ....................................................................................... 284 Süß-saure Maissuppe à la Suppe & Mucke ......................................................................................................................................................................... 288 Taler, Taler, du kannst wandern | Tauschring Friedrichshain .......................................................................................... 290 Kürbisquiche ........................................................................................................................................................................................................................................................................ 294 Auf der Bühne zu Hause | Theater Ratten 07 .............................................................................................................................................. 296 Szegediner Gulasch ................................................................................................................................................................................................................................................... 300 Dinge zum Sprechen bringen | Erich Thurner ............................................................................................................................................ 302 Berliner Sushi ..................................................................................................................................................................................................................................................................... 306 Die Bio-Szene aufmischen | Tofumanufaktur Soyrebels ........................................................................................................... 308 Kwark-Bällchen ................................................................................................................................................................................................................................................................. 312 Rührtofu ....................................................................................................................................................................................................................................................................................... 312 Miso-Suppe

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Gomoku Onigiri

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314 318 Do-it-yourself! Freiraum für Experimente | Vetomat ...................................................................................................................... 320 Bulgur-Tofu-Kohlrouladen mit Rotweinsauce ............................................................................................................................................................. 324 Dann wird’s immer irrer! | Villa Kuriosum ..................................................................................................................................................... 326 Mais Chowder .................................................................................................................................................................................................................................................................. 330 Zitronenkuchen ................................................................................................................................................................................................................................................................ 331 Gurkensalat ............................................................................................................................................................................................................................................................................ 331 Ratte am Spieß mit roter Sauce ............................................................................................................................................................................................................ 332 Links, vegan, berlinerisch | Vöner ................................................................................................................................................................................ 334 Börek mit Grünkern-Tomaten-Füllung ................................................................................................................................................................................... 338 Gemeinsam Gutes günstig | Wurzelwerk .......................................................................................................................................................... 340 Gemüse-Lasagne ........................................................................................................................................................................................................................................................... 344 Stadtnomaden mit afrikanischem Flair | Yaam ........................................................................................................................................ 346 Domoda ......................................................................................................................................................................................................................................................................................... 350 Manege frei für den Diskurs! | Zirkus Zack ..................................................................................................................................................... 352 Riz Casimir .............................................................................................................................................................................................................................................................................. 356 Das Team ......................................................................................................................................................................................................................................................................... 359 Register Rezepte thematisch ............................................................................................................................................................................................................. 362 Register Rezepte alphabetisch ....................................................................................................................................................................................................... 364 Impressum .................................................................................................................................................................................................................................................................... 366 Gegen Rassismus und Miethaie

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Ubi Kliz

Bunter Linsensalat mit Borretschblüten

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1 Ausgereifte Idee 55 Interviews 82 Rezepte 280 Fotos 1 ordentlicher Schuss Kreativit채t Kiloweise Kiez-Engagement 100 % Friedrichshain kocht


Große-Jungs-Spielwiese

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Antje Øklesund


Große-Jungs-Spielwiese

Antje Øklesund Wohnzimmer, Labor, Ausstellungsort, „Anti-Szene Bar“. Das Antje Øklesund ist experimentell, provokant und nur offen für Mitglieder. Zum illustren Kreis gehören kann man aber für einen Abend oder einen Monat – Messingausweis mit eingraviertem Namen inklusive.

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Wie und wann habt ihr euch gegründet? Thomas: Ich habe meine Abschlussarbeit über Wohnzimmer-Bars in Friedrichshain geschrieben und danach, sozusagen als Doktorprojekt (lacht), haben wir diesen Laden 2005 aufgemacht mit dem Ziel, Kunst und Kultur zu verbinden mit Konzerten. Ihr habt das Institut für Krimskrams gegründet. Was hat es damit auf sich? Thomas: Wir haben sozusagen eine Behörde selber erfunden. Viele haben Dinge zu Hause, die schön und von Bedeutung sind und die sie auch anderen gerne mal zeigen möchten. Die Frage ist nur: wie entscheidet man das, ob man das jetzt zeigen kann oder nicht. Dafür haben wir das Institut gegründet und ein Bewertungssystem entwickelt. Hajo: Das hat echt Spaß gemacht. Es gab viele verschiedene Formulare… Thomas: ...und Stempel!


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Hajo: …da gab es Faktoren wie „persönlicher Wert“, man konnte auch Nachweise und eine Geschichte mit einreichen, die wir bewertet haben. Es gab also verschiedene Faktoren für das Bewertungssystem und eine Punktevergabe und danach wurden die Objekte aufgenommen. Ein Objekt, das eingereicht wurde, das materiell grandios wertlos ist, ist ein Champagnerkorken, den man zu Silvester 89 / 90 am Brandenburger Tor hat knallen lassen. Thomas: Es geht nicht darum, ein bisschen Dekoration zu machen, sondern das Publikum mal vor eine Herausforderung zu stellen und damit auch mal Leute vor den Kopf zu stoßen. Ist das „vor den Kopf Stoßen“ euer roter Faden bei der Ästhetik? Thomas: Eher so, dass wir das Ungewöhnliche wagen. So wie wegen der Umbaumaßnahmen mitten im Barraum mit dem Presslufthammer ein riesengroßes Loch zu machen, um das dann alle herum laufen müssen, als Hinweis auf das, was passieren wird. Der ganze Laden hat etwas von einer „Große-Jungs-Spielwiese“. So soll es eigentlich auch bleiben, es ist viel größer geworden als am Anfang gedacht mittlerweile, aber letztendlich versuchen wir uns eine gewisse Unbedarftheit immer noch zu erhalten.


Wie geht ihr mit den bevorstehenden Abrissarbeiten um, und was heißt das für die Zukunft? Hajo: Das Gelände wurde an eine große Investorengruppe verkauft. Besondere gesetzliche Rahmenbedingungen und verschiedene Beschlüsse des Bezirkes machen es möglich und nötig, dass die sich mit uns zusammensetzten. So haben wir die Möglichkeit, uns mit denen ein Konzept zu überlegen, und wir haben uns viel ausgedacht. Wir haben viel intern überlegt: Inwieweit ist so eine Art von alternativer Kultur auch transformierbar? Ist es gut, in solchen Konstellationen zusammenzuarbeiten, lässt man sich nicht vielleicht mit den falschen Leuten ein? Aber letztendlich war unser Anspruch immer, eher aktiv mitzugestalten als zu sagen, „wir lassen es ganz, Friedrichshain ist tot.“. Die Gespräche laufen sehr gut, und es wird wahrscheinlich bald einen tollen Kiezkulturhof „Zum Möbelturm“ geben. Wie seid ihr eigentlich auf den Namen „Antje Øklesund“ gekommen? Hajo: Das ist eine fiktive Fabelfigur und so ist das auch mit dem Laden. Wir haben nie Werbung gemacht, weil es nie unser Interesse war, nach regulären Kriterien der Marktwirtschaft zu funktionieren. Sondern einen schönen kleinen Ort machen, den man finden muss.

Antje Øklesund → www.antjeoeklesund.de Rigaer Straße 71 – 73 10247 Berlin info@antjeoeklesund.de

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Das täuschend echte Antje Øklesund Bier Für 4 Portionen

Zutaten: 500 ml Orangensaft, frisch gepresst 100 g Zucker 6 Blatt weiße Gelatine 2 EL Zitronensaft 100 ml Schlagsahne 1 EL Vanillezucker

Orangensaft durch ein Sieb gießen. 200 ml des Saftes mit dem Zucker erhitzen (nicht kochen!). Gelatine ca. 10 Min. in kaltem Wasser einweichen. Gelatine ausdrücken und im warmen Saft auflösen. Restlichen Orangensaft und Zitronensaft unterrühren. Alles zu 2/3 auf Gläser verteilen und mind. 6–8 Std. kalt stellen. Sahne steif schlagen und Vanillezucker zugeben. Gläser aus dem Kühlschrank nehmen und mit Sahne als Schaumkrone dekorieren.

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TIPP: Gelatine mit 1 gestrichenem TL Agar Agar ersetzen. Statt der Schlagsahne kann man pflanzliche Sahne, wie Soja-, Hafer- oder Dinkelsahne nehmen.


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Lust auf’s Lesen

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Berliner BĂźchertisch


Lust auf’s Lesen

Berliner Büchertisch Viele Bücher verstauben traurig im heimischen Regal. Der Berliner Büchertisch nimmt sich ihrer an, gibt sie an Schulbibliotheken und andere Einrichtungen weiter und bestückt mit ihnen Buchverschenkregale in Berlin und Brandenburg. Zwei soziale Buchläden gibt es in Kreuzberg, seit 2014 auch einen in Friedrichshain.

65 Ihr seid erst seit einigen Monaten im Kiez: Wie wurdet ihr in der Nachbarschaft aufgenommen? Mareike: Wir wurden sehr herzlich begrüßt, sowohl von den umliegenden Nachbarn als auch von den Kunden. Die Leute vom Imbiss nebenan haben uns schon mal einen Burger und Kaffee vorbeigebracht. Wir bekommen auch schöne Buchspenden, es wird gut angenommen, dass man Bücher bei uns abgeben kann. Stef: Eine schöne Zusammenarbeit gibt es auch schon mit dem Café Pavillon, wo

der erste Buchverschenkort hier im Kiez entstanden ist. Jugendliche, die dort Sozialstunden ableisten, pflegen und betreuen das Regal, den Büchernachschub bekommen sie von uns. Mareike: Demnächst will die Gemüsegruppe Friedrichshain eine zweite Abholstation einrichten, die wird vielleicht in unserem Laden sein. Und seit kurzem holen zwei Kinder aus einer benachbarten Schule jede Woche ein Buch für ihre Schulbibliothek ab, das ist immer total niedlich.


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Ihr habt euren Buchladen über ein Crowdfunding finanziert. Wie seid ihr dazu gekommen, und wie ist es gelaufen? Mareike: In unseren Läden in Kreuzberg gab es immer wieder Nachfragen, ob wir nicht woanders einen Buchladen mit gespendeten Büchern und Leseförderung aufmachen können. Weil uns das Geld für Umzug, Miete, Bücherregale und so weiter gefehlt hat, haben wir ein Crowdfunding gestartet. Wir waren unglaublich überrascht und begeistert, wieviel Unterstützung wir von so vielen Leuten bekommen haben… Stef: ...und wie viele uns geholfen haben, unseren Traum zu verwirklichen. Auch beim Einrichten haben viele ehrenamtlich mitgemacht und Regalbretter mit ’zig Buchseiten beklebt. Es war eine anstrengende aber auch tolle Zeit, den Laden von der Planungsphase an zu begleiten, sozusagen vom ersten zarten Pflänzchen an und zu merken, wie es langsam wächst. Jetzt bekommen wir ganz viel Feedback, wie schön es geworden ist. Mareike: Es hat auch immer mal wieder was nicht geklappt und wir mussten improvisieren, aber im Endeffekt ist es dadurch immer noch besser geworden. Manchmal stehen wir im Laden und können kaum fassen, dass wir das alles geschafft haben.

Was unterscheidet euch denn von anderen Buchläden? Stef: Ich glaube, das Besondere ist, dass wir ein sehr offenes inklusives Projekt sind, bei dem sich ganz verschiedene Menschen einbringen und mitmachen können. Auch bei uns im Laden arbeiten Angestellte, Ehrenamtliche und Praktikanten mit den verschiedensten Hintergründen zusammen. Mareike: Es gibt viele Ideen von den wirklich sehr unterschiedlichen einzelnen Personen. Das zeigt uns Perspektiven aus einer anderen Sicht, dadurch sind unsere Projekte und das Sortiment extrem vielfältig. Der Büchertisch ist ja ein größeres Projekt. Was ist das Besondere an der Filiale in Friedrichshain? Stef: Wir haben ein größeres Sortiment an Kinderbüchern und fremdsprachiger Literatur. Das sind einerseits unsere persönlichen Lieblingsbereiche, andererseits passen sie aber auch gut zu diesem Stadtteil mit den vielen Familien und internationalem Publikum. Außerdem sind hier Neubücher, Postkarten und Stadtpläne mehr gefragt. Mareike: Einmal im Monat bieten wir einen Leseclub für Kinder von sechs bis vierzehn Jahren an. Die Kinder leihen sich Lesestoff aus und schreiben oder malen zuhause Rezensionen – ganz wie sie möchten. Beim


nächsten Treffen reden sie über die Bücher, die sie gelesen haben, empfehlen oder verreißen sie. Außerdem erfahren sie Einiges über die Buchwelt. Wir würden auch gern Bilderbuchkino und zweisprachige Kinderbuchlesungen machen.

sich mit Taschenlampen den Weg suchen... Es gab viel Geschrei und hat unheimlich viel Spaß gemacht. Danach haben wir noch zusammen Büchermäuse gebastelt...

Berliner Büchertisch Was war euer persönliches Highlight bisher? Stef: Die Lesung mit Marion Brasch! Darauf haben wir uns schon lange gefreut. Sie hat aus ihrem neuen Buch vorgelesen und sogar ‘nen Rucksack voll Buchspenden mitgebracht. Das war ein total schöner Abend! Mareike: Und die Grusel-Lesung in unserem Keller! Dort ist es stockdunkel und total verwinkelt, ein richtiges Labyrinth, Spinnennetze inklusive. Die Kinder mussten

→ www.buechertisch.org Wühlischstraße 40, 10245 Berlin Tel. 030 / 29 04 44 90 friedrichshain@buechertisch.org Öffnungszeiten: Mo – Sa: 12.00 – 20.00 Uhr weitere Läden: Mehringdamm 51 und Gneisenaustr. 7 a 10961 Berlin

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Raupe Nimmersatt (Mini-Muffins) Für 1 Raupe

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Zutaten: Teig: 100 g Zartbitterschokostreusel 200 g Mehl 1 Pck. Puddingpulver, Vanillegeschmack ½ Pck. Backpulver 150 g Zucker 1 Pck. Vanillezucker 200 g Margarine 3 Eier oder Eiersatz 100 ml Milch oder Sojamilch Zuckerguss: Puderzucker Zitronensaft heißes Wasser Speisefarbe, grün und rot Dekoration: 2 Schokolinsen für die Augen Lakritze für die Beine 2 Mikadostäbchen für die Fühler

Mehl, Puddingpulver und Backpulver vermischen. Zucker, Margarine, Eier / Eiersatz, Vanillezucker und Milch / Sojamilch dazugeben. Zuletzt die Schokostreusel unterrühren. Den Teig in Minimuffinförmchen und eine große Muffinform füllen und bei 160° C ca. 25 Min. backen. Puderzucker mit heißem Wasser, Zitrone und Speisefarbe mischen. Den großen Muffin mit pinkem Zuckerguss glasieren und als Raupenkopf verzieren. Kleine Muffins mit grünem Zuckerguss bestreichen. Die Raupe anrichten.


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Echtleben-Wanderzirkus

| Kiezsofa


Echtleben-Wanderzirkus

Kiezsofa Busenwunder, Rechtsanwältin und Bestatter – die lokale Talkshow „Kiezsofa“ bringt Kiezstars und ganz normale Leute auf die Couch. Die monatliche Kiezshow zum Mitmachen wandert durch die Bars der Bezirke, aber angefangen hat alles in Friedrichshain.

155 Kiezsofa, lokale Talkshow, das klingt so gemütlich. Wie funktioniert das, gibt es bei euch immer ein bestimmtes Thema? Simon: Eben nicht, das ist das Unterscheidungsmerkmal. Wichtig ist nur der lokale Bezug, das du aus dem Wedding, aus Friedrichshain, aus Kreuzberg kommst. Wir laden immer vier unterschiedliche Menschen ein, die aus dem Kiez kommen müssen, oder einen starken Bezug dazu haben müssen, dort arbeiten oder aufgewachsen sind. Die Auswahl der Gäste hört ganz streng an den Bezirksgrenzen auf, wenn du schon zwei Straßen weiter wohnst, dann laden wir dich nicht ein. Nadine: Es kommt immer ein Gast zwischen uns in die Mitte unseres Sofas und wird dann in die Mangel genommen. Das kann eine Berühmtheit sein oder ein bestimmter Beruf oder einfach jemand, der was zu erzählen hat. Wir wollen eine Plattform für grundsätzlich alle Menschen geben, weil wir davon überzeugt sind, dass jeder Mensch interessant ist. Ein Promi zieht natürlich... Trotzdem ist der, der gar nicht bekannt ist, nicht weniger interessant als der Promi. Oft ist es ganz andersrum. Jeder bekommt so ungefähr 10 Fragen, eine ganz nette, gemütliche Atmosphäre. Bei uns wird keiner durch den Kakao gezogen.


Also geht es darum, die Nachbarschaft kennenzulernen? Nadine: Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber manchmal ist es einfach so, dass man seinen direkten Nachbarn gar nicht kennt. Ich merke bei mir auch das Bedürfnis, dass man nicht verloren gehen möchte in der großen Stadt. Und sich deshalb irgendwie so ein bisschen auf seinen Kiez beschränkt. Also, wenn ich nicht hier raus muss, dann geh’ ich nicht hier raus. Dann aber nette Menschen, die einen umgeben im eigenen Kiez, kennenzulernen, das hat total viel Wert. Das gibt einem, auch wenn man in der Großstadt lebt, plötzlich ganz viel Spontanität wieder zurück. Das ist ganz schön. Simon: Wir laden die Leute auch nicht nur ein, um Unterhaltungsprogramm für die Zuschauer zu liefern, sondern die interessieren uns wirklich. Wir wollten die sowieso schon immer mal treffen. Deshalb haben wir am Anfang auch gnadenlos überzogen. Mittlerweile lernen wir auch, was zu viel Aufwand ist, was sich nicht lohnt. Wir haben auch gelernt, dass irgendwann Schluss sein muss.


Gab es schon mal einen Gast der euch total überrascht hat? Irgendetwas Kurioses? Simon: Na, Kuriositäten und Anekdoten hauen die natürlich alle raus… Es war witzig mit dem Hans Modrow, dem letzten DDR Ministerpräsidenten. So eine 85-jährige SED-Größe dann da im Crack Bellmer, so ’nem Szene-Schuppen auf dem RAW-Gelände, sitzen zu haben, das ist so absurd eigentlich. So jemand polarisiert dann natürlich auch. Euer Event ist strikt analog, ihr habt keinen You-Tube Kanal oder ähnliches. Warum ist euch das wichtig? Simon: Na, sonst ist auch gewissermaßen der Witz weg! Wenn du es dir irgendwo ansiehst, dann biste ja nicht hingekommen, dann warst du ja nicht da. Und die Leute sollen ja gerade rauskommen, die Leute sollen sich ja im Echtleben verbinden. Und das ist nur halb so interessant, wenn du dir irgendwo in Köpenick anguckst, wie das Kiez-Sofa im Wedding war! Manchmal läuft man ja so durch die Stadt und denkt sich so: Hey, was führt denn der eigentlich für ein Leben?… Nadine: Einfach fragen! Absolut! Fang an damit! Simon: Sonst bleiben doch immer alle nur in ihren kleinen Grüppchen und in ihrer eigenen Suppe.

KIEZSOFA → www.facebook.com/kiezsofa kiezsofa@gmail.com

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Sauerampfersalat mit Walnüssen & Feigen Für 4 Portionen

Zutaten: 1 Bund Sauerampfer 10 kleine Tomaten, gewürfelt 6 Feigen, gewürfelt 100 g Walnüsse

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Dressing: 6 EL Olivenöl 4 EL Balsamicocreme 6 EL Wasser 4 TL Agavendicksaft Salz, Pfeffer

Sauerampfer von Stielen befreien, große Blätter halbieren. Alle Zutaten mit Dressing vermischen, anschließend mit gehackten Walnüssen garnieren.

Tipp:

Als Ersatz für Sauerampfer kann man auch Ruccola verwenden, wie rechts auf dem Bild.


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Kindern Heimatwurzeln geben

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Thu Loan Nguyen


Kindern Heimatwurzeln geben

Thu Loan Nguyen Loan Nguyen kam vor der Wende als Vertragsarbeiterin in die DDR. Trotz schwieriger Umstände blieb sie. Heute gibt sie Vietnamesisch-Unterricht, bringt Kindern die Kultur ihrer Eltern näher und hat in Friedrichshain den Tag der Vietnamesischen Familie mit initiiert.

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Wie war Ihre erste Zeit in Deutschland? Loan: In Vietnam war ich Lehrerin an einer guten Hochschule. 1987 kam ich dann nach Deutschland. Der Vertrag als Näherin in einer Schuhfabrik in Schwedt / Oder galt für fünf Jahre. Danach wollte ich eigentlich zurückgehen, aber dann kam die Wende und alles wurde anders: Der Betrieb wurde geschlossen, ich war arbeitslos und konnte keine Arbeit finden. Wir wussten nicht, ob unsere Aufenthaltserlaubnis verlängert wird und hatten große

Angst vor der Abschiebung. Als ich nach Deutschland kam, musste ich unterschreiben, dass ich, wenn ich nach Vietnam zurückkehre und keinen Arbeitsplatz habe, keinerlei Unterstützung bekomme. Viele mussten außerdem ihr Haus verkaufen, um die Reise nach Deutschland zu bezahlen. Wenn man jetzt zurückgekehrt wäre, hätte man kein Geld und keine Wohnung, keine Arbeit gehabt. Ich habe dann zusammen mit Verwandten beschlossen, es weiter in Deutschland zu versuchen,


bin 1992 nach Berlin gezogen und wollte selbstständig Textilien verkaufen. Doch es war nicht leicht für Ausländer. Ich wurde sogar einmal von Nazis geschlagen und musste eine Woche im Krankenhaus behandelt werden. Das war sehr schlimm und ich wusste damals nicht, an wen ich mich wenden kann.

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Und wo haben Sie dann Hilfe gefunden? Loan: Später haben wir Radio multiculti gehört und dann gab es auch vietnamesische Zeitungen. Da haben wir erst erkannt: Aha, es gibt Stellen, an die wir uns wenden können. Aber da war es für mich eigentlich schon zu spät. Heute ist es viel besser. Es gibt verschiedene Anlaufstellen und Vereine. Ich arbeite seit fünf Jahren im Bayouma-Haus, helfe neben dem Vietnamesischunterricht auch meiner Kollegin bei der Sozialberatung, indem ich übersetze. Heute möchte ich, dass auch andere keine Sorgen haben und verteile Flyer, sage: „Wir können euch helfen!“ Wie alt sind die Kinder in Ihrem Kurs? Loan: Die sind zwischen 6 und 18 Jahren. Sie haben einen vietnamesischen Hintergrund, sind fast alle hier geboren und viele haben einen deutschen Elternteil. Wir haben auch den Tag der Vietnamesischen

Kultur eingeführt, ein Fest, bei dem die Vietnamesen und ihre Kinder sich treffen und an die Heimat erinnern können. Wenn das zu Hause nicht gemacht wird, haben die Kinder keine Ahnung von der Kultur von Vietnam. Und sie lernen dabei etwas über ihren Ursprung. Das ist sehr wichtig. Im Unterricht lernen sie nicht nur die Sprache, sondern auch die Kultur – und wir sprechen auch über Unterschiede im Familienleben in Vietnam und in Deutschland. Gibt es da große Unterschiede? Loan: Ja. Zum Beispiel, wenn man als Kind zur Schule losgeht, sagt man nicht einfach „Tschüss!“ sondern muss sich bei den Eltern richtig verabschieden. Aber viele Kinder sehen es anders bei ihren deutschen Freunden, und wenn sie es dann zu Hause auch so machen, sind die Eltern verärgert. Die Kinder verstehen nicht warum und die Eltern haben keine Zeit, es ihnen zu erklären. Sie müssen sehr viel arbeiten, zu viel. Die Kinder kommen dann zu mir und wir sprechen darüber. Viele Eltern sagen: „Schade, jetzt, wo mein Kind groß ist, ist es mir wie unbekannt.“ Das liegt auch an der Sprache. Wenn ich als Mutter gut Deutsch kann, hat mein Sohn auch Lust mit mir zu reden, aber wenn ich nicht so gut Deutsch kann, redet er nicht. Sein Herz ist geschlossen.


Dann sind Sie Vermittlerin zwischen den Generationen? Loan: Ja. Eine Freundin hat zu mir gesagt: „Du machst nicht nur Vietnamesischunterricht, sondern bist auch Psychologin für die Kinder“. Aber das interessiert mich. Manchmal hört man, die vietnamesische Community sei sehr „in sich geschlossen“. Wie sehen Sie das? Loan: Ja, ich denke, das trifft für viele zu, aber natürlich nicht auf alle. Viele können nur wenig Deutsch und wissen wenig über die sozialen Angebote. Ihnen fehlt dadurch der Zugang zur deutschen Gesellschaft. Wenn dann jemand ein Problem hat, ist

ihnen das sehr peinlich. In der vietnamesischen Kultur teilen wir unsere Probleme nicht mit anderen Menschen, sondern beraten uns innerhalb der Familie. Aber heute leben viele offener und die kulturellen Zentren helfen dabei.

Thu Loan Nguyen → www.bayouma-haus.de Bayouma-Haus Frankfurter Allee 110 10247 Berlin

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Bananendessert Für 4 Portionen

Zutaten: 6 – 8 reife Bananen 500 g Weizenmehl 200 g Kartoffelmehl 400 ml Wasser 2 Pck Hefe 1 l Pflanzenöl flüssiger Honig oder Agavendicksaft, nach Belieben

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Hefe, Weizen- und Kartoffelmehl in einer Schüssel miteinander vermischen. 400 ml Wasser hinzugeben und mit einem Schneebesen kräftig umrühren. Die Mischung 30 Min. an einem warmen Platz gehen lassen. Bananen schälen und in 3 – 4 cm große Stücke schneiden. Das Pflanzenöl in der Pfanne erhitzen. Die Bananenstücke einzeln in die Mischung tunken und vorsichtig in die Pfanne mit dem Pflanzenöl legen. Wenn die Bananenstücke beim Braten eine gelbliche Farbe annehmen, auf einem Teller platzieren. Zuletzt die Bananen mit einer beliebiger Menge an Honig oder Agavendicksaft übergießen.


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Eine Kelle Aufmerksamkeit f端r Kiezprojekte

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Suppe & Mucke


Eine Kelle Aufmerksamkeit für Kiezprojekte

Suppe & Mucke Einmal im Jahr kommen bei Suppe & Mucke Menschen aller Altersgruppen sowie unterschiedlichster sozialer, politischer und kultureller Herkunft zusammen. Anders als bei anderen Straßenfesten steht nicht Konsum im Vordergrund, sondern der Austausch mit Nachbarn und Kiezaktiven.

285 Wie habt ihr euch kennen gelernt und wie seid ihr auf die Idee zum Straßenfest gekommen? Jens: Angefangen hat es mit einem Freundeskreis. Mit Leuten, die etwas reißen wollten, was nach außen wirkt. Etwas, das verschiedene Projekte, soziokulturelle und politische Akteure zusammenbringt, was für die Nachbarschaft macht und Partizipation ermöglicht. René: Wir wollten etwas, was wie ein Multiplikator wirkt, etwas, womit man viele Leute zusammenbringen kann, egal, über welche Interessen oder Fähigkeiten sie verfügen. Es gab die Idee mit dem Suppenfest, die aus Frankreich 2005 nach Kreuzberg rübergeschwappt war. Das Fest gab es dann 2009, als wir anfingen, nicht mehr. Aber darauf hatten wir Lust. Jens: Die Idee begeistert auch Ältere, also Leute mit einer ganz anderen Lebenserfahrung, die nun fest zur Gruppe gehören und sich da auch wohlfühlen. Dass die Idee, einen Schmelztiegel zu schaffen, wo Menschen allen Alters mit verschiedenen Hintergründen zusammenkommen, dass das auch in der Crew funktioniert, ist großartig.


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Und wie seid ihr auf den Namen gekommen, „Suppe und Mucke“? Martin: Wir hatten eine lange Liste mit Vorschlägen, die sind wir bis zum Ende durchgegangen, ohne dass es so richtig gefunkt hätte. Am Ende hatten wir nur noch einen Namen auf der Liste: „Naja, der ist zwar relativ nüchtern. Aber er bringt das Ganze klar auf den Punkt. Suppe und Mucke.“ Da war das Gelächter groß und die Entscheidung gefallen. Was sind eure Auswahlkriterien für die Projekte, die ihr mit ins Fest einbindet? René: Am Anfang sind wir losgelaufen und haben geschaut, was es für Akteure gibt. Wir sind in Hinterhöfe rein, weil viele Sachen versteckt liegen und haben jeden angequatscht, bei dem wir dachten: „Ach, die sind irgendwie cool.“ Institutionen, die schon Aufmerksamkeit genießen, wie große Parteien, Konzerne oder Gewerkschaften, die wollen wir nicht,


die haben schon eine Möglichkeit sich zu präsentieren. Wir wollen die Kleinen. Es geht darum, ein Forum zu bilden, im Sinne des Netzwerkgedanken zu vermitteln und Informationen auszutauschen. Jens: Suppe & Mucke ist ja ein nomadisches Fest. Wir ziehen mit dem Fest durch den Bezirk, dahin, wo die Projekte sind, jedes Jahr woanders, neue Leute kennen lernen, neue Projekte einbinden. Wie viele Leute machen bei euch mit und wer trifft die Entscheidung? Martin: Die Entscheidungen treffen ca. 15 Leute basisdemokratisch im Plenum und ringsum gibt es noch 40 oder 50 Leute. Wir versuchen, uns einmal die Woche zu treffen, und wir tauschen uns auch mit den anderen Suppenfesten in Europa aus, besonders mit dem „Gran Festival della zuppa“ in Bologna und dem „La louche d‘or“ in Lille. Ihr investiert da eine Menge Zeit, was ist denn eure Motivation dafür? Martin: Also für mich ist die Erfahrung, dass wir zusammen etwas schaffen, eigentlich die schönste und größte. Dass wir sozusagen ohne Profitgedanken arbeiten können, dass man Probleme zusammen bewältigt und löst. Dass da ein Wille dabei ist, dass nicht jeder gleich aufgibt, dass neue Sachen entstehen – man verändert sich ja über die Zeit. Das ist für mich persönlich eine ganz große Erfahrung. Wir haben im ersten Jahr komplett ohne Kapital gearbeitet. Wir hatten nichts, wir wussten nicht, was passieren wird. Das hätte völlig danebengehen können und das fand ich am beeindruckendsten – am Tag des Festes auf der Straße zu stehen und zu sehen: Es läuft. Das haben wir geschafft!

Suppe & Mucke e.V. → www.suppeundmucke.de c/o RAW-Tempel e.V. Revaler Straße 99 10245 Berlin Tel. 0176 / 70 44 18 36 info@suppeundmucke.de

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Süß-saure Maissuppe à la Suppe & Mucke Für 4 Portionen

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Zutaten: 1 kg Süßkartoffeln, gewürfelt 800 g Mais 400 g Kidney Bohnen 2 Zwiebeln, gewürfelt 2 Knoblauchzehen, klein geschnitten 200 g Frischkäse oder vegane Frischkäsezubereitung ½ Limette 1 Bund Koriander 1 TL Korianderpulver 1 EL Koriander, gemahlen 2 – 3 TL Cumin 1 Chilischote 1 TL Chilipulver 750 ml Gemüsebrühe Salz, Pfeffer Speck oder Räuchertofu, in Streifen geschnitten Butter oder Margarine 3 EL Olivenöl

Mais ungekocht pürieren. Olivenöl, gemahlenen Koriander, Cumin, Knoblauch, ¼ Bund Koriander (auch die Stiele), Chilischote und Chilipulver in einen Mixer geben und alles zu einem Brei mixen. Den Brei ca. 2 – 3 Min. scharf andünsten, Kartoffeln und Zwiebeln zufügen und ca. 2 Min. mitdünsten. Mit 750 ml Gemüsebrühe ablöschen, alles zum Kochen bringen und den Mais dazugeben. Wenn die Kartoffeln weich sind, die Suppe 5 Min. abkühlen lassen und anschließend sämig pürieren. Nochmals aufkochen lassen, den Frischkäse dazugeben und unter Rühren auflösen. Die Bohnen dazugeben und weichkochen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Speck / Räuchertofu in Öl anbraten. Anschließend das Öl mit einem Tuch abtupfen. Die Maissuppe mit dem angebratenen Speck / Tofu und frischen Korianderblättern servieren.


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Impressum © 2014 Edition Berliner Büchertisch, die Künstler, Autoren und Fotografen Alle Teile dieses Buches unterliegen dem Copyright und sind urheberrechtlich als Datensammelwerk geschützt. Jede Verwendung bedarf der schriftlichen Zustimmung des Herausgebers. Verlag Edition Berliner Büchertisch, Mehringdamm 51, 10961 Berlin, www.buechertisch.org

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Fotografie Patricia Schichl, www.patriciaschichl.de sowie: Reinhard Görner (Radialsystem S. 214) und Skalli (Fischeintopf S. 43) Visuelle Konzeption & Gestaltung Appelhanz | Kommunikationsdesign, www.appelhanz.de

Interviews Anna de Meer, Christine Drechsler, Cornelia Temesvári, Felicitas Fleck, Franziska Schneider, Julia Gabel, Mareike Schüßler, Monika Fleischmann, Rebecca Haertel, Rebecca Werdehausen, René Killus, Sabine Wolf, Stefanie Mousa, Tabea Michel Korrektorat Stefanie Mousa, Tabea Michel, Viktor Augustin Dank für die Mitarbeit an Anastasia Schadt, Annette Sabeck, Cathrin Cremer, Charlotte Hansen, Danilo Vetter, Jeannette Frauenstein, Kathleen Schulz, Malena Peters Druck Druckhaus Berlin-Mitte GmbH, Wilhelm-Kabus-Str. 21 – 35, 10829 Berlin

Projektleitung Cornelia Temesvári Beratung zur Friedrichshainer Projektlandschaft René Killus, Uwe Wasserthal Kalkulation und Beratung Vertrieb Lucas Lüdemann

1. Auflage 2014 ISBN: 9783-9814716-2-5


Herausgegeben vom Berliner Büchertisch in Kooperation mit Suppe & Mucke

Gefördert von

Dank für die finanzielle Unterstützung an Canan Bayram, MdA Chrille van de Brommer Dr. Susanne Kitschun, MdA Cansel Kiziltepe, MdB Hans-Christian Ströbele, MdB Halina Wawzyniak, MdB


Friedrichshain kocht weiter


Friedrichshain kocht „Friedrichshain kocht“ blickt hinter die Kulissen eines bewegten Stadtteils und macht dabei Mut, selbst aktiv zu werden. Ein Buch zum Nachdenken, Nachkochen & Nachleben. Nicht nur für Friedrichshainer und (Wahl-) Berliner, sondern für jeden, der gern Neues entdeckt und Überraschungen liebt. www.buechertisch.org

€ 16,90 ISBN 9783-9814716-2-5


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