Behörden Spiegel Dezember 2017

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Zusätzliche Stellen für Bundespolizei (BS/mfe) Die Sicherheitsbehörden des Bundes dürfen sich auch in dieser Legislaturperiode wohl auf zusätzliches Personal freuen. Auf dem Zolltag des Behörden Spiegel und der GdP-Zoll in Berlin kündigte der Innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, an: “Die CDU/ CSU-Fraktion will den Personalaufwuchs der Sicherheitsbehörden auch in der neuen Legislaturperiode fortsetzen. Allein die Bundespolizei soll 7.500 neue Stellen erhalten.” Und er konstatierte: “Insgesamt haben wir in der vergangenen Legislaturperiode 10.000 neue Stellen für die Sicherheitsbehörden durchgesetzt. Allein das Bundesinnenministerium hat einen personellen Aufwuchs um 25 Prozent erlebt.” (siehe auch Seite 52)

Europäische Reserve geplant (BS/mfe) Die Europäische Union will ihre eigenen Katastr ophenschutzkapazitäten ausbauen. Diese zusätzlichen “rescEU”-Ressourcen, zu denen unter anderem Löschflugzeuge und Wasserpumpen gehören, sollen ausschließlich von der EU finanziert werden. Favorisiert werden dabei eher Miet- oder Leasingmodelle als ein Erwerb. Dafür stehen bis 2020 rund 280 Millionen Euro zur Verfügung. Darüber hinaus will Brüssel künftig deutlich mehr Kosten übernehmen, wenn ein Mitgliedsstaat im Rahmen des EU-Katastrophenschutzpools einem anderen bei der Bewältigung eines Einsatzes hilft. Das Bundesinnenministerium prüft den Vorschlag derzeit noch. Scharfe Kritik kam bereits von Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU).

BlockchainHandelsplatz

(BS/ab) Die Wuppertaler Stadtwerke haben eine Blockchainbasierte Handelsplattform für Ökostrom in Betrieb genommen. Über die Plattform “Tal. Markt” könnten die Kunden ihren Strom bei lokalen Ökostromanbietern erwerben und auch einen Energiemix zusammenstellen. Dabei werde die Transaktion über die BlockchainTechnologie abgesichert, damit diese fälschungssicher bleibe.

Dadurch könne keine Kilowattstunde Solar- oder Windstrom doppelt verkauft werden. “Über unser Modell eröffnen wir Anbietern Erneuerbarer Energien die Möglichkeit, ihre Anlagen direkt beim Endkunden zu vermarkten und so kostendeckende Erlöse zu erzielen”, sagt WSW-Vorstandsvorsitzender Andreas Feicht. So würden sich die Anlagen langfristig rentieren und der Klimaschutz könne gelingen.

Mehr Sicherheit im digitalen Zeitalter Dr. Markus Söder über das bayerische LSI Seite 48

Alle Jahre wieder den Gürtel enger schnallen

Spardiktat ist eingespieltes Instrument

(BS/Lora Köstler Messaoudi) Auf europäischer Ebene wird die Handlungsunfähigkeit Deutschlands beklagt. Für Antworten auf die EU-Reformvorschläge des französischen Ministerpräsidenten Emmanuel Macron wird das Zeitfenster immer kleiner. Nur wenn der Deutsche Bundestag entsprechende Beschlüsse fasst, könnte die geschäftsführende Regierung agieren. Im Inland hat sie es etwas einfacher. Auch wenn seit Juni dieses Jahres Ruhe in der Haushaltspolitik des Bundes herrscht, kann die Regierung arbeiten. Zumindest auf Sparflamme.

So lange keine neue Regierung im Amt ist, ist die geschäftsführende Regierung für das Tagesgeschäft zuständig. Laut Grundgesetz kann diese Überganszeit theoretisch eine Wahlperiode dauern. Für die geschäftsführende Regierung gilt in dieser Zeit strikte Etatdisziplin, um den Handlungsspielraum der nächsten Regierung nicht einzuschränken. Im neuen Jahr wird deshalb unter der geschäftsführenden Regierung der Haushalt aus dem Jahr 2017 fortgeschrieben, zudem können Ermächtigungen aus früheren Haushaltsplänen herangezogen werden. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) wird dazu im Dezember eine Regelung herausgeben. Trotz aller Einschränkungen gibt es keinen finanziellen Stillstand. Laut Artikel 111 GG kann die Bundesregierung in beschränktem Umfang Ausgaben vornehmen und auch Kredite aufnehmen. Das gilt aber nur für unabwendbare Ausgaben, zu denen die Regierung per Vertrag oder Gesetz verpflichtet ist. Gesetzliche Leistungen können demnach weitergezahlt und Vorhaben, die schon begonnen wurden, auch weitergeführt werden. Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen oder Beihilfen werden ebenfalls fortgesetzt, sofern durch den Haushaltsplan des Vorjahres bereits

Kommentar

Kein Gestaltungsspielraum: Die Übergangsregierung muss in den kommenden Monaten den Gürtel deutlich enger schnallen und ihre Ausgaben auf das Nötigste beschränken. Illustration/Foto: BS/Dach; © fotomek, Fotolia.de

Beträge bewilligt wurden. Internationale Vereinbarungen laufen genauso weiter. Gehälter werden weitergezahlt, sogar Beförderungen oder Neueinstellungen sind möglich, sofern sie im Stellenplan vorgesehen sind. Nur politische Besetzungen finden nicht statt, solange es keine Regierung im Amt gibt.

Selbst Kredite sind erlaubt, wenn die Einnahmen aus Steuern und Abgaben nicht die Ausgaben decken. Bis zur Höhe eines Viertels des alten Haushaltsvolumens darf die geschäftsführende Regierung sich am Kapitalmarkt bedienen. Darüber hinaus gibt es weitere Ausnahmen. Bei unvorhersehbaren Er-

Wir brauchen ein angepasstes Steuerrecht

eignissen, die größere Ausgaben erzwingen, greift das sogenannte “Notermächtigungsrecht” des BMF (Artikel 112 GG), um zusätzliches Geld zur Verfügung zu stellen. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass die Ministerien jeden Monat ein Zwölftel ihres Ausgabenvolumens im Haushalt 2017 verwenden dür-

fen. Bei den Investitionen ist der Rahmen etwas weiter gefasst, da man das Abfließen der Mittel hier nicht so strikt planen könne. Bei den Personalausgaben erlaubte das BMF in der letzten vorläufigen Haushaltsführung 2014 hingegen nur 45 Prozent der Gesamtmittel bis einschließlich Juni.

Für Haushaltspolitiker ist die vorläufige Haushaltsführung ein “eingespieltes Instrument”, das in jedem Jahr nach der Bundestagswahl angewendet wird. Denn ein Wahltermin im September führte immer dazu, dass sich das parlamentarische Haushaltsverfahren samt Beschluss bis ins folgende Jahr hineinzog. Anders als nach der Bundestagswahl 2013 wird sich die vorläufige Haushaltsführung dieses Mal aber deutlich länger hinziehen. Zwar hat sich diese in der Vergangenheit als Sparprogramm für den Haushalt erwiesen, aber auf Dauer weitermachen sollte man deshalb damit nicht. Denn die vorläufige Haushaltsführung engt den Spielraum der geschäftsführenden Regierung enorm ein. Die geschäftsführende Regierung kann nichts im Haushalt umschichten, sie darf nichts verändern. Unter diesen Vorzeichen ist die Gestaltung von Politik nahezu ausgeschlossen. Auf Dauer macht das keinen Spaß...

Wenn auch der Zoll, der für rund 40 Prozent der Einnahmen des Bundes die Verantwortung trägt, als Finanzpolizei über weitreichendere Befugnisse als die eigentliche Polizei verfügt und eine moderne Steuerbehörde ist, bleibt es dennoch bei der Herausforderung Digitalisierung. Denn alles sind bisher technische wie organisatorische Finessen. Mittlerweile wird klar: Es muss grundsätzlicher werden. Es müssen Fragen neu gestellt werden: Wer muss für was, wann und wo besteuert werden. Google und Facebook führen vor, wie Steuervermeidung mit legalen und öffentlich einsehbaren Regeln funktioniert. Daher diskutiert die EU gerade, die Steuerregeln auch hier ans digitale Zeitalter anzupassen. Für die Internet-Giganten heißt

die Lösung: “digitale Betriebsstätte”. Es sollen dort Steuern erhoben werden können, wo Umsätze gemacht werden, und nicht nur da, wo das Unternehmen seinen Firmensitz hat. Eine gute Idee, die aber den weiteren rasanten Digitalisierungsprozess nicht wird abbilden können. Immer mehr Roboter haben die Handarbeit ersetzt. Serielle Verwaltungs- und Dienstleistungstätigkeiten werden folgen. Mit Künstlicher Intelligenz ausgestattet, bewältigen “Bots” schon heute komplexe Herausforderungen. Menschliche Arbeit wird durch Maschinen ersetzt. Steuer wird aber auf menschliche Arbeit erhoben, die Maschinen bleiben steuerfrei, obwohl sie heute den Großteil des Mehrwerts schaffen.

Bedingungsloses Grundeinkommen, Maschinensteuer, globale Vereinheitlichung der Steuersätze – alles bisher un- oder nur schwer denkbar. Doch ohne Umdenken in der Steuersystematik werden die notwendigen Einnahmen radikal wegbrechen. Das Festhalten an dem Territorialprinzip, der Zuordnung einzelner Vorgänge zu juristischen und natürlichen Personen führt nicht nur unser Steuersystem im Digitalen ad absurdum. Warum passen wir die Rechtssysteme nicht an die Digitalisierung aller Lebens- und Arbeitsbereiche an, sondern versuchen weiterhin, mit einem Schmetterlingsköcher digitale Elefanten einzufangen?

Spätestens nach den Panama- und Paradise-Papers wurde Parlament, Parteien und der Öffentlichkeit vor Augen geführt, was Finanzministerien und Steuerexperten längst klar war: Das herkömmliche Steuerrecht ist für die digitale Welt nicht gemacht. Sichere

R. Uwe Proll

S001_BS12_All_dach Nr. XII / 33. Jg / 50. Woche www.behoerdenspiegel.de Berlin und Bonn / Dezember 2017 ISSN 1437-8337 G 1805 Fakten, Hintergründe und Analysen für den Öffentlichen Dienst
Weihnachten
Erst am Anfang Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer zur Schuldentilgung Seite 8 Kunst hinter Gittern Klaus Heilmann zu seiner Arbeit als Kunsttherapeut mit Häftlingen Seite 63

Künstliche Intelligenz, Automatisierung und Blockchain sind mehr als neue Mittel zu alten Zwecken. Digitale Technologien verändern die Art, wie Probleme angegangen, Aufgaben bewältigt und Organisationen geführt werden. Die Digitalisierung dringt immer mehr in die Tiefe und auch in der öffentlichen Verwaltung werden gewohnte Strukturen und Denkweisen zunehmend infrage gestellt.

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Digitalisierung dringt durch Digitalisierung muss alle mitnehmen Mitarbeiter und Personalräte im Dilemma

Seite 5

Potenzial heben beim Planen und Bauen Lösungen und Verfahren für die öffentliche Hand Seite 23

Freiraum bieten!

Dr. Markus Richter über Cloud-Computing, KI und Blockchain Seite 30

Die Perspektive wechseln Digitalisierung und Transformation der Bundesverwaltung Seite 32

Zwei Generäle und ein Spezialist Wie drei Behörden die IT-Konsolidierung vorantreiben Seite 36

Automatisch verwalten Was kann Technologie für Staat und Bürger tun? Seite 39

Innenspiegel

Es braucht auch “Spinner”

Sicherheitsdenken vs. Experimentierfreudigkeit Seite 45

Behörden mobilisieren

Sicherheit und Komfort beim mobilen Arbeiten in der öffentlichen Verwaltung Seite 46

Moderne Verteidigung

Die Digitalisierung des Gefechtsfeldes Seite 58

Nicht neu, aber noch gut

Sonderpublikation: gebrauchte Lizenzen beschaffen (BS/gg) Trotz zahlreicher Argumente für den Einsatz von gebrauchten Softwarelizenzen haben nur wenige öffentliche Verwaltungen bislang Erfahrungen und Know-how im Umgang mit diesen. Ein neues Praxishandbuch des Behörden Spiegel soll daher Behördenmitarbeitern die Möglichkeit bieten, diesen alternativen Beschaffungsmarkt in seinen verschiedenen Facetten kennenzulernen.

Mit gebrauchter Software kann die öffentliche Hand jedoch oftmals bei der Anschaffung mehr als 50 Prozent Kosten sparen – etwa bei Betriebssystemen oder Office-Programmen. Auch vor dem Hintergrund künftiger Entwicklungen kann es ratsam sein, vor der Beschaffung neuer Lizenzen ein Angebot über gebrauchte Lizenzen einzuholen.

Denn nur selten, und meist nur für wenige Benutzer, sind neueste oder sehr aktuelle Softwarelizenzen notwendig. Hinzu kommen deutliche Einsparungen im direkten Schulungsaufwand. Zudem können auch kalkulatorische Kosten eingespart werden, zum Beispiel Zinskosten, Installationsaufwand, Kosten durch unzureichende Kompatibilitäten zwischen einzelnen Softwareversionen oder auch Effizienzverluste bei den Mitarbeitern durch die ungewohnte Bedienerführung neuer Lösungen.

Mehr Informationen hierzu liefert der 44-seitige Ratgeber “Grundsätze der Beschaffung gebrauchter Softwarelizenzen durch öffentliche Auftraggeber”. Für Interessierte steht auf der Homepage des Behörden Spiegel unter dem Menüpunkt

“Sonderpublikationen” sowohl eine Leseversion als auch eine Druckversion des Handbuchs zur Verfügung. Ein gedrucktes Exemplar kann für 3,- Euro (inkl. MwSt. und Versand) per formloser E-Mail an verlag@be hoerdenspiegel.de bestellt werden.

Impressum Der Behörden Spiegel wird verlegt von der ProPress Verlagsgesellschaft mbH. www.behoerdenspiegel.de Herausgeber und Chefredakteur R. Uwe Proll Leiter der Berliner Redaktion Jörn Fieseler Leiter der Bonner Redaktion Guido Gehrt Redaktion Adrian Bednarski, Marco Feldmann (Innere Sicherheit, Katastrophenschutz), Jörn Fieseler (Personal, Beschaffung, Vergabe), Guido Gehrt (IT, ITK-Politik, Haushalt), Michael Harbeke (Online-Redaktion), Katarina Heidrich, Lora Köstler-Messaoudi (Haushalt, Finanzen), Wim Orth (Digitale Gesellschaft), Dr. Gerd Portugall (Verteidigung, Wehrtechnik), R. Uwe Proll (Politik, Parlament), Benjamin Stiebel (IT, IT-Sicherheit), Gerd Lehmann (Sonderkorrespondent BOS) Büro Brüssel Hartmut Bühl Parlamentsredaktion Berlin Tel. 030/ 726262212, Fax 030/72626-2210 Layout Beate Dach, Cornelia Liesegang, Susan Wedemeyer Verlag Bonn Anzeigen / Redaktion / Vertrieb, Tel. 0228/97097-0, Fax 0228/ 97097-75 Verlag Berlin Redaktion Vertrieb, 10317 Berlin, Kaskelstr. 41, Tel. 030/557412-0, Fax 030/557412-57 Anzeigenleitung Helga Woll, gültige Anzeigenpreisliste Nr. 28/2017, Jahresabonnement (12 Ausgaben) 9,80 Euro (inkl. Porto und MwSt.) Bankverbindungen Sparkasse KölnBonn,

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Vorsitz Herausgeber- und Programmbeirat Dr. August Hanning, Staatssekretär a. D. Reimar Scherz, Brigadegeneral a. D. Im Falle höherer Gewalt und Störungen des Arbeitsfriedens besteht kein Anspruch auf Belieferung. Für unverlangt eingesandte Manuskripte keine Gewähr. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Zeitung und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen (auch Werbeeinschaltungen) sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Auflagenkontrolle durch

Kompaktes Wissen zum Einsatz gebrauchter Software in der öffentlichen Verwaltung vermittelt ein neuer Ratgeber des Behörden Spiegel.

Cover: BS/fishingpool media GmbH

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Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 2 Inhalt S002_BS12_All_cl
Seite 1 Foto 1: BS/HMdF, Sabrina Feige Foto 2: BS/BayStMFLH Foto 3: BS/Orth Beilagenhinweis Der Gesamtauflage liegt eine Beilage der Proseminaris GmbH bei.

Aktuelles Öffentlicher Dienst

Behörden Spiegel www.behoerdenspiegel.de Berlin und Bonn / Dezember 2017

Neue Spitze

Kompetenzaufteilung / Kampf der Lehrer / Stärkung der Jugend, erweitertes Gremium

(BS/Jörn Fieseler) Er hat die Digitalisierung zur Chefsache erklärt: der neue Bundesvorsitzende des DBB Beamtenbunds und Tarifunion, Ulrich Silberbach. Auf dem 24. Gewerkschaftstag wählten die 630 stimmberechtigen Delegierten den früheren Bundesvorsitzenden der Komba als ihr neues Oberhaupt. Doch es war knapp. Wie auch eine andere Personalentscheidung nur mit einem hauchdünnen Vorsprung entschieden wurde. Es ging jedoch nicht nur um die Wahl der neuen Bundesleitung, sondern auch um die Zukunft der Interessenorganisation und ihrer rund 1,3 Mio. Mitglieder.

Mit 52,8 Prozent setzte sich der 56-jährige Silberbach gegen seinen Kontrahenten Ernst G. Walter durch, den Bundesvorsitzenden der DPolG-Bundespolizeigewerkschaft. 40 Stimmen betrug die Differenz. 330 Stimmen bekam Silberbach, 290 fielen auf Walter. Der hatte mit rund 47 Prozent das mit Abstand höchste Ergebnis erreicht, das bislang ein unterlegener Kandidat für dieses Amt erzielte. Allerdings konnte er sich nicht komplett auf seine Hausgewerkschaft verlassen, die nicht geschlossen für den Bundespolizisten votierte.

Themenaufteilung

Silberbach hatte in seiner Kandidatur angekündigt, die Gräben zwischen Beamten und Tarifbeschäftigten innerhalb des DBB zu schließen. Beide Statusgruppen müssten wieder enger zusammenarbeiten. “Es kommt nicht auf den Status an, sondern auf die Haltung!”

Zugleich nutzte der neue Vorsitzende die Gelegenheit für einen politischen Rundumschlag: Wie nicht anders zu erwarten, erteilte er Überlegungen zur Bürgerversicherung und zum Streikrecht für Beamte eine klare Absage und plädierte für das Berufsbeamtentum mit den hergebrachten Grundsätzen.

Zugleich stellt er drei Forderungen auf: Die Einrichtung eines Ausschusses für den Öffentlichen Dienst im Deutschen Bundestag, eine Modernisierung des Personalvertretungsrechts sowie die Absenkung der 41-Stunden-Woche für Bundesbeamte. Überhaupt scheint er eine klare Vorstellung von seiner Funktion zu haben. “Die Digitalisierung ist nur ein Teilbereich eines Strukturwandels innerhalb des

Nach der Wahl: die neunköpfige Bundesleitung des DBB Beamtenbunds und Tarifunion um den Vorsitzenden Ulrich Silberbach (Mitte)

Öffentlichen Dienstes. Sie ist aber eng verknüpft mit dem anderen Teilbereich, dem demografischen Wandel”, so Silberbach. Dazu gehöre einerseits, keine Einstellungsstandards abzusenken, andererseits den Menschen die Sorgen zu nehmen und die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt zu fördern. Damit deutet er an, wo er seinen Schwerpunkt in den kommenden fünf Jahren sieht.

Zweiter Vorsitzender Beamter

Die dreiköpfige hauptamtliche Bundesleitung setzt sich zusammen aus einem Kommunalen und einem Landesbeamten und einem, der “Bund und Privatisierung kennt und erlebt hatte”, sagte Silberbach nach der Wahl. Da Silberbach Tarifbeschäftigter ist, wird der neue Zweite Vorsitzende der Fachvorstand Beamtenpolitik. Dafür hatte der Gewerkschaftstag

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extra die Satzung geändert und damit die automatische Zuordnung zum Fachvorstand Tarif aufgehoben. Neuer Zweiter Vorsitzender ist Friedhelm Schäfer, vormals Landesvorsitzender des niedersächsischen Beamtenbundes (NBB). Er setzte sich gegen seinen Kontrahenten Wolfram Kamm (Bundesvorsitzender des Verbandes der Beamten der Bundeswehr, VBB) durch. Schäfer gewann die Wahl mit 63 Prozent der Stimmen, nachdem Roland Staude, Sprecher der Landesverbünde im DBB, ihn nominiert und die Unterstützung aller Landesverbände ankündigt hatte. Schäfer selbst wolle zu Beginn einen Fokus auf die Beamtenversorgung und die Beihilfe legen. Mit Volker Geyer tritt der Nachfolger von Willi Russ als Bundesvorsitzender der DPVKom (Postgewerkschaft) nun auch die Nachfolge im Fachvorstand Tarifpolitik an. Er erhielt 93,94

Prozent (574) der Stimmen. Allerdings hatte er auch keinen Gegenkandidaten. Für Geyer beginnt im kommenden Jahr nicht nur die erste Tarifrunde mit Bund und Kommunen, er wird sich auch mit dem Tarifeinheitsgesetz weiter befassen, das weiter politisch und juristisch bekämpft werde.

Neue und alte Gesichter

Die sechs stellvertretenden Bundesvorsitzenden, die im Ehrenamt die Bundesleitung komplettieren, wurden wie folgt gewählt: Thomas Eigenthaler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft (DStG), mit 545 Stimmen, Kirsten Lühmann aus der Landesleitung der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Niedersachsen mit 529 Stimmen, Claus Weselsky, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL), mit 522 Stimmen, Astrid Hollmann,

KNAPP

Mitglied der Fachgewerkschaft

VRFF – Die Mediengewerkschaft, mit 461 Stimmen. Als neue Mitglieder wurden berufen: Maik Wagner, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Sozialversicherung (GdS), mit 483 Stimmen und Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des Verbandes Deutscher Realschullehrer (VDR), mit 336 Stimmen. Letzterer setzte sich denkbar knapp gegen Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), durch. Böhm erhielt drei Stimmen mehr.

Beratende Funktion

Neben den Wahlen mussten die Delegierten über knapp 730 Anträge entscheiden. Darunter neun Satzungsänderungen.

Während die Namensänderung von “Tarifunion” in “Tarifbeschäftigte” abgelehnt wurde, entschloss sich die absolute Mehrheit der Delegierten, die Jugend zu stärken. Künftig erhält die Jugendorganisation des DBB einen Sitz mit beratender Funktion in der Bundesleitung. “Die Jugendstrukturen müssen besser eingebunden werden”, fordert die Vorsitzende der DBB-Jugend, Karoline Herrmann Es reiche nicht mehr aus, sich zwei Mal im Jahr auszutauschen. Schließlich stelle die Jugend zehn Prozent der Mitglieder. “Wir wollen dabei sein, wir wollen beraten, niemandem was wegnehmen und wir wollen Erfahrungen machen und lernen. Was wir von Politik und Arbeitgebern fordern, müssen wir auch im eigenen Haus leben”, so Herrmann. Die Delegierten gaben ihr Recht, obwohl nicht alle damit einverstanden waren, diese Funktion in die Satzung mitaufzunehmen.

Hamburger Vergabetag 2018

25.–26. Januar, Handelskammer Hamburg

Keine Beihilfe (BS/jf) Für nicht verschreibungspflichtige Medikamente gibt es im Bund keine Beihilfe. Das Bundesverwaltungsgericht kommt in einem Urteil zu dem Schluss, dass der grundsätzliche Leistungsausschluss in der Bundesbeihilfeordnung (BBhV) nicht zu beanstanden sei.

Die Leipziger Richter betonen, dass der grundsätzliche Ausschluss der Beihilfefähigkeit im Einklang mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn stehe. Denn es seien ausreichende Vorkehrungen in der BBhV getroffen worden, durch die infolge des Beihilfeausschlusses die finanziellen Möglichkeiten des Beamten nicht erheblich überstiegen würden, etwa Härtefallregelungen.

Streitgegenstand war ein frei verfügbares Nasen- und Rachenspray.

Startschuss gefallen (BS/jf) In Berlin ist eine neue Kampagne unter dem Titel “Ausbildung – Eine Frage der Einstellung” gestartet worden. Dr. Franziska Giffey, Neuköllner Bezirksbürgermeisterin und zugleich Chefin einer großen Ausbildungsbehörde mit über 200 Nachwuchskräften, sowie der Integrationsbeauftragte des Berliner Senats, Andreas Germershausen, gaben gemeinsam den Startschuss. Ziel ist es, mit guten Beispielen für eine interkulturell geöffnete Ausbildung zu werben und damit den Anteil von neu eingestellten Azubis mit Migrationshintergrund weiter zu erhöhen. In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Anteil in etwa verdreifacht, auf zuletzt 25,1 Prozent. Die Vielfalt in der Ausbildung soll zum Normalfall in der Berliner Arbeitswelt werden. Insgesamt zehn landeseigene Betriebe und Behörden beteiligen sich an der Kampagne, darunter Polizei und Feuerwehr. Mehr zu einer zweiten Berliner Kampagne “Zeit, einfach mal Danke zu sagen” auf Seite 53.

Der Hamburger Vergabetag ist der Treffpunkt für öf fentliche Einkäufer, Vergaberechtler und -berater sowie Ver treter aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verbänden.

→ Online-Anmeldung unter www.hamburger-vergabetag.de

Veranstalter Mit Unterstützung von:

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Foto: BS/Marco Urban

“Wir brauchen einen leistungsfähigen und modernen Öffentlichen Dienst mit bestens ausgebildeten und hochmotivierten Beamten und Beschäftigten, damit Deutschland funktioniert”, sagte Ansgar Hollah, Leiter der Abteilung D “Öffentlicher Dienst” im Bundesministerium des Innern (BMI). Für ihn sind dafür zwei Hauptbereiche und drei Leitlinien von besonderer Bedeutung. Der erste Eckpfeiler sei die Erledigung der vom Parlament übertragenen Aufgaben. “Diesen Auftrag zu erfüllen, hat oberste Priorität”, das müsse das Dienst- und Tarifrecht möglichst gut unterstützen. Der zweite Hauptbereich stabilisiere nach innen, betreffe also die Arbeitsbedingungen. Diese müssten die Aufgabenerledigung erleichtern, nicht behindern.

Drei Leitlinien inklusive

Streikverbot

Von diesem Grundverständnis ausgehend ergeben sich für den Abteilungsleiter drei Leitlinien, um den Öffentlichen Dienst zu gestalten und fortzuentwickeln.

“Der Öffentliche Dienst muss da sein, gut sein und motiviert sein!”

Der Aspekt “da sein” beginne mit einer bedarfsgerechten Personalausstattung. In der vergangenen Legislatur habe der Bund rund 13.000 neue Stellen allein im Geschäftsbereich des BMI geschaffen. Zum “da sein” gehöre aber auch das Streikverbot für Beamte, speziell auch für Lehrer, denn: “Wenn der Staat den Eltern – sinnvollerweise –eine Schulpflicht für die Kinder auferlegt, dann muss er im Umkehrschluss auch dafür sorgen, dass der Unterricht immer stattfinden kann”, unterstreicht Hollah. Und letztlich umfasse diese Leitlinie auch die 41-StundenWoche bei Bundesbeamten.

Mit dem zweiten Aspekt “gut sein” meint der Abteilungsleiter einerseits Effizienz und Effektivität, andererseits die hohen Qualitätsansprüche an die Beschäftigten. Besonders die Qualität von künftigen Spitzenkräf-

Damit Deutschland funktioniert

Von der Funktionsfähigkeit des Staates bis zu rechtlichen Detailfragen

(BS/Lora Köstler-Messaoudi/Jörn Fieseler) Aus der Praxis für die Praxis: Beim dritten Kongress Zukunft Dienstrecht standen einerseits die aktuellen Handlungsfelder des Bundes für den Bereich des öffentlichen Dienstes im Mittelpunkt, andererseits die jüngsten Entwicklungen im Beamten- und Tarifrecht. Und hier insbesondere im Disziplinarrecht sowie Befristungsrecht und letztlich auch bei der Vergütung.

den könnten, bei der der Dienstherr gegen den Beamten klagt und damit die Beweislast hat. Dieses Vorgehen hält der Sozialrichter angesichts der gravierenden Folgen für sachgerecht und kritisiert zugleich die Praxis in einigen Bundesländern, den Dienstherren hier weitere Kompetenzen einzuräumen. So hätten bspw. Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern auch die Zurückstufung in den Kompetenzbereich des Dienstherrn übergeben, Baden-Württemberg die Disziplinarklage sogar vollständig abgeschafft.

gab einen Überblick über die verschiedenen Befristungsformen und die juristischen Fallstricke, die hier lauern. So wies er u. a. bei der Befristung mit sachlichem Grund auf die Problematik hin, wenn diese aufgrund einer Zweckbindung von Haushaltsmitteln erfolge. Dies stelle eine Privilegierung des Öffentlichen Dienstes gegenüber der Privatwirtschaft dar, da private Arbeitgeber sich nicht auf diesen Tatbestand berufen könnten und für den Öffentlichen Dienst somit ein zusätzlicher Befristungstatbestand geschaffen wurde. Damit stehe die EuGH-Konformität infrage. “Die Bundesagentur für Arbeit hat davon in großem Stil Gebrauch gemacht und hat vor dem Bundesarbeitsgericht Schiffbruch erlitten”, warnt Stoffels Europarechtskonform

Auch eine geschäftsführende Bundesregierung sei nicht nur reise-, sondern auch sprechfähig, so Ansgar Hollah, Leiter der Abteilung D “Öffentlicher Dienst” im BMI, mit einem Augenzwinkern zu den 200 Kongressteilnehmern.

ten zu halten bzw. zu gewinnen, sei eine zentrale Herausforderung. Hier müsse den Bewerbern deutlich gemacht werden, dass sie eine Bezahlung erhielten, die ihren Fähigkeiten und Erfahrungen entspreche. Dazu gehöre auch, dass der Bund in den letzten Jahren zahlreiche Zulagemöglichkeiten geschaffen habe und die Gehälter gegenüber der Wirtschaft stärker gestiegen seien. Allerdings müsse die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes weiter ausgebaut werden. “Wir müssen noch näher an die Bewerber heranrücken”, so Hollah, “und zielgenauere Maßnahmen zur Personalakquise durchführen” (siehe dazu auch unten links). Letztlich könne ein potenzieller Bewerber nur mit einem attraktiven Gesamtangebot überzeugt werden, das auch die eigenständigen Systeme der Krankheits- und Altersversorgung umfasse.

“Aber was nützen die bestqualifizierten Arbeitskräfte, wenn sie im kleinteiligen Arbeitsalltag

zermürbt werden?”, fragte Hollah. Es bedürfe also einer Kultur der Wertschätzung und des Respekts, bei der auf die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter vertraut und ihnen der Rücken gestärkt werde. Zur Wertschätzung gehöre aber auch die Fürsorge des Dienstherrn, welche u. a. die Bereitstellung einer frustfrei funktionierenden Ausstattung beinhalte. Der Dienstherr dürfe Beamten wie Tarifbeschäftigten keine Steine in den Weg legen. Auch nicht regulatorisch. “Deswegen müssen wir als Dienstrechtsabteilung im BMI fortwährend prüfen, ob das Dienstrecht den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird”, schloss Hollah mit Blick auf die Auswirkungen der Digitalisierung und der Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen.

Dienstvergehen ist Ausgangspunkt

Eigentlich ist das Disziplinarrecht mit der Definition der

Qualifizierte Personalgewinnung

Überhaupt noch möglich?

(BS/lkm) Der Öffentliche Dienst steht vor einem Fachkräfteproblem. In den vergangenen Jahren wurden viele Stellen gestrichen. In den nächsten 15 Jahren gehen zusätzlich rund 1,5 Millionen Beschäftigte in Rente. In vielen Punkten ist die Privatwirtschaft für gute Bewerber der attraktivere Arbeitgeber. Dennoch habe der Öffentliche Dienst viele Vorteile, die die Verwaltungen stärker bei der Anwerbung neuer Fachkräfte in den Fokus rücken sollten, rät Prof. Dr. Peter Fischer vom Lehrstuhl für Sozial-, Arbeits- Organisations-, und Wirtschaftspsychologie an der Universität Regensburg.

Neben der hohen Jobsicherheit könne der Öffentliche Dienst auch in anderen Bereichen punkten, so Fischer. So habe die heutige Generation ganz andere Prioritäten als früher. Während früher Karriere und Erfolg an erster Stelle gestanden hätten und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erst an 7. Stelle gekommen sei, habe sich dieses Verhältnis heute komplett umgedreht. Am wichtigsten sei jungen Fachkräften heute die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. An siebter Stelle erst würden Karriere und Erfolg stehen. Auch sei es für neue Mitarbeiter heutzutage besonders wichtig, glücklich zu sein und in ihrem Job etwas Sinnvolles zu tun. “Hier können Sie die Leute abholen”, rät der Psychologe. Mit einem Job beim Öffentlichen Dienst sorge man ja dafür, dass die Gesellschaft funktioniert. Es gehe nicht um Profit, sondern beispielsweise an den Universitäten um Bildung und in der Justiz um Gerechtigkeit. “Das sollte man bei der Fachkräftesuche transportieren”, so Fischer Zudem herrsche im Öffentlichen Dienst weniger ökonomischer Druck. Auch das sollte man nach außen transportieren, da

“Wir müssen die neue Generation verstehen, wir können sie nicht verändern”, rät Prof. Dr. Peter Fischer den Führungskräften im Öffentlichen Dienst. Foto: BS/lkm

es laut Fischer viele Kapitalismusgegner in der Generation Y gebe. Negativ sei bei der Verwaltung jedoch das relativ undynamische Anreizsystem. “Leute, die einen extrem guten Job machen, kann ich nicht vernünftig belohnen”, kritisiert Fischer. Auch gebe es häufig Defizite bei der Digitalisierung, relativ “mager”

ausgebaute Persönlichkeitsentwicklungsprogramme und es fehle eine Experimentierkultur. Anstelle in extremen Hierarchien und Bezahlschemata zu arbeiten, sollte die Verwaltung – da wo es möglich ist – in Projektstrukturen arbeiten. Sehr wichtig sei auch eine echte Mitarbeiterbefragung. Hier sollte man nicht, wie im Öffentlicheren Dienst üblich, starr einem Leitfaden folgen, sondern wirklich mit den Mitarbeitern ins Gespräch kommen. “Der jungen Generation ist das wichtig”, betont der Arbeitspsychologe. In solch einem Gespräch lasse sich beispielswese herausfinden, wo Mitarbeiter ihren Flow-Moment haben, also nach drei Stunden Arbeit das Gefühl haben, erst zehn Minuten seien vergangen. In solch einer Phase verschmelzen Mitarbeiter mit ihrer Tätigkeit. Diese Phasen gelte es zu erkennen und zu steigern. Zwar sei vieles von seinen Vorschlägen nicht so einfach im Öffentlichen Dienst umsetzbar, aber es gebe immer Möglichkeiten, wenn auch nur in den kleinen Dingen. “Ein Projekt ist eine veränderbare Welt, die sie schnell mal einbauen können”, rät Fischer

Foto: BS/Fieseler

Dienstvergehen und Sanktionsmaßnahmen in Bund und Ländern identisch. “Es muss ein schuldhaftes Verletzen der dienstlichen Pflicht festgestellt werden”, erläuterte Dr. Franz Werner Gansen, Vizepräsident des Sozialgerichts Koblenz, mit Blick auf den gesetzlich normierten Pflichtenkatalog (§§ 60 ff. Bundesbeamtengesetz und §§ 33 ff. Beamtenstatusgesetz). Dabei verwies er auf die besondere Problematik, wann ein außerdienstliches Vergehen relevant wird. Galt früher auch der Ehebruch als Dienstvergehen, so muss heute ein Bezug zum Amt im statusrechtlichen Sinne vorliegen: “Es muss funktional in einem Zusammenhang stehen.” Doch während der Maßnahmenkatalog einheitlich fünf Maßnahmen umfasst (Verweis, Geldbuße, Kürzung der Dienstbezüge, Zurückstufung bei der Besoldung/Versorgung sowie Entfernung aus dem Öffentlichen Dienst/Aberkennung der Pension) sind die Kompetenzen des Dienstherren in den Ländern unterschiedlich ausgeprägt. Bis 2001 war dem Dienstherrn nur die Möglichkeit gegeben, einen Verweis oder eine Geldbuße auszusprechen. Die übrigen Maßnahmen mussten im Rahmen einer Disziplinarklage erhoben werden und standen damit unter richterlichen Vorbehalt, führte Gansen aus. Unterschiedliche Kompetenzen in den Ländern Aktuell ist den meisten Dienstherrn die Befugnis eingeräumt worden, auch die Kürzung der Dienstbezüge vorzunehmen. Bei der Kürzung der Dienstbezüge und der Entfernung aus dem Amt handle es sich jedoch um statusbezogene Maßnahmen. Hier sei es folgerichtig, dass diese Maßnahmen nur über eine Disziplinarklage umgesetzt wer-

Allerdings: Ein Fall aus dem Ländle liege noch beim Bundesverfassungsgericht, das sich mit der Frage befassen müsse, ob dieses Vorgehen mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums in Einklang zu bringen sei. Bis zur Entscheidung habe Rheinland-Pfalz ähnliche Überlegungen gestoppt, berichtet Gansen

Großer Sünder Öffentlicher

Dienst Prof. Dr. Markus Stoffels, Lehrstuhlinhaber für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Unternehmensrecht an der Juristischen Fakultät der Ruprecht-

Auch bei einer befristeten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei oder nach Erreichen des Renteneintrittsalters sei die Europarechtskonformität umstritten, weil damit die Altersdiskriminierung erleichtert werde und es sich im Grunde um einen Verstoß der Befristungsrichtlinie handle. “So lange das Verfahren beim EuGH noch nicht behandelt wurde, würde ich einen anderen Befristungsgrund wählen”, rät der Experte. Dr. Rüdiger Linck, Vizepräsident des Bundesarbeitsgerichts, sprach auf dem Kongress über die aktuelle Rechtsprechung zum Arbeitsentgelt unter Berücksichtigung der Be-

Gefragter Mann: Prof. Dr. Markus Stoffels von der Juristischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg erläutert in Diskussionen mit Teilnehmerinnen die Besonderheiten des Befristungsrechts im Öffentlichen Dienst.

Foto: BS/Köstler-Messaoudi

Karls-Universität in Heidelberg, sprach auf dem Kongress über das aktuelle Befristungsrecht. Er macht hierbei deutlich, dass die Befristungsquote im Öffentlichen Dienst mit etwas mehr als zehn Prozent deutlich über der Quote in der Privatwirtschaft (8,5 Prozent) liege. Auch bei Befristungsketten sei der Öffentliche Dienst im Vergleich zur Privatwirtschaft der “größte Sünder”. Vor allem die Verträge im Wissenschaftsbereich würden viel zu den hohen Befristungsquoten im Öffentlichen Dienst beitragen. Aber auch Arbeits- und Innenministerium hätten bei den Befristungen hohe Quoten, obwohl diese, so Stoffels, für dieses Thema sensibilisiert sein müssten. Der Experte

sonderheiten des Öffentlichen Dienstes. Ein wichtiges Thema waren dabei unter anderem die Jahressonderzahlungen; hier im Speziellen der Anspruch bei mehreren Arbeitsverhältnissen sowie die Kürzung oder Pfändbarkeit der Jahressonderzahlungen. Auch Fragen bezüglich der Entgeltfortzahlungen bei einer In-vitro-Fertilisation, bei Alkoholsucht, im Krankheitsfall, hier hauptsächlichen zum Grundsatz der Einheit des Verhinderungsausfalls, und während ambulanter Kuren wurden unter Bezug auf die aktuelle Rechtslage ausführlich erläutert. Mehr zum Kongress Zukunft Dienstrecht auch auf Seite 13 in dieser Ausgabe.

Wollen sich nicht ausspielen lassen

Verdi und Marburger Bund unterzeichnen gemeinsame Vereinbarung (BS/jf) Es ist vollbracht: Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) und der Marburger Bund (MB) haben eine Vereinbarung unterzeichnet, um bisherige Möglichkeiten tarifpluraler Regelungen auch unter den Rahmenbedingungen des Tarifeinheitsgesetzes für die Zukunft zu erhalten.

Die Vereinbarung beziehen sich ausdrücklich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juli 2017 zu den von beiden Gewerkschaften eingebrachten Verfassungsbeschwerden gegen das Tarifeinheitsgesetz. Beide Gewerkschaften wollen mit der Allianz eine in allen Kollisionsfällen wirksame tarifdispositive Abrede verhindern. Kein Tarifvertrag soll durch Mehrheitsfeststellungen verdrängt werden.

“Die Tarifpluralität in Krankenhäusern ist eine Tatsache, die wir respektieren. Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen. Die Einheit gewerkschaftlichen Handelns kann nur dem freien Willen der Mitglieder entspringen”, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske. Deshalb soll der Abschluss der Verdrängungswirkung bei künftigen Verhandlungen als weitere Tarifforderung gegenüber Arbeitgebern oder ihren Verbänden fester Bestand-

teil des Tarifabschlusses werden. Der Marburger Bund steht dazu bereits in Verhandlungen mit den BG Kliniken (siehe Seite 13). Rudolf Henke, Erster Vorsitzender des MB, erklärte: “Die Vereinbarung ist der richtige Weg, um die schädlichen Wirkungen des Tarifeinheitsgesetzes auszuschließen.” Sollten die Arbeitgeber sich weigern, könne die Forderung wie eine lineare Entgelterhöhung ein zulässiges Streikziel sein.

Seite 4 Behörden Spiegel / Dezember 2017 Aktuelles Öffentlicher Dienst S004_BS12_All_dach

Digitalisierung muss alle mitnehmen

Mitarbeiter und Personalräte im Dilemma

(BS/Adrian Bednarski) “Meine Vision: Bis 2022 sollen alle Verwaltungsanliegen auf sämtlichen Ebenen der kommunalen Portale angeboten werden. Dies sind nach groben Hochrechnungen 500 Stück”, blickt Klaus Vitt, CIO des Bundes und Staatssekretär, in die Zukunft. Aber was ist mit den Mitarbeitern im Öffentlichen Dienst: Werden sie vorbereitet und mitbeteiligt?

Es brauche größere Schritte, um den Rückstand aufzuholen, betont er. Aktuell seien die OnlineAngebote der Kommunen noch nicht flächendeckend ausgebaut. Auch in anderen Staaten würde die Entwicklung weiter voranschreiten, denn die Nachfrage seitens der Bürger und Unternehmen nach neuen Angeboten steige kontinuierlich. “Deshalb müssen wir uns stetig weiterentwickeln, um Schritt zu halten”, resümiert der CIO. Aber die Digitalisierung werde einschneidende Folgen für den Arbeitsmarkt haben. Denn bereits jetzt habe nahezu jede arbeitsfähige Person einen Laptop. “Die Digitalisierung bietet Chancen, wie neue Freiheitsräume in zeitlicher und räumlicher Hinsicht”, sagt Frank Bsirske als Vorsitzender von Verdi. Aber, so fuhr er fort, dies führe zu einer höheren Arbeitsdichte. Bereits jetzt hätten die deutschen Arbeitnehmer 1,8 Milliarden Überstunden erarbeitet, wovon eine Milliarde unbezahlt sei. “Jeder Zweite sieht durch die Digitalisierung eine Mehrbelastung. Nur jeder Zehnte fühlt sich entlastet”, zeigt Bsirske auf. Dies sei auf unpassende Softwarelösungen sowie eingeschränkte Handlungsspielräume zurückzuführen. Des Weiteren würden ganze Branchen abstürzen. Verschiedene Studien dazu liefern erheblich schwankende Ergebnisse. Nach Osborn und Frey aus Oxford sind 45 bis 50 Prozent aller Arbeitsplätze gefährdet.

“Das Institut für Arbeitsmarktund Berufsforschung (IAB) hingegen sieht bis 2025 nur ei-

Frank Bsirske, Vorsitzender von Verdi, fordert eine Bezuschussung der Fortbildung. Es brauche eine neue Bildungsinitiative zur Sensibilierung. Des Weiteren möchte Verdi, dass die Personalräte stärker miteinbezogen werden. Foto: BS/Charles Yunck

nen Jobverlust von 30.000 bis 60.000”, so der Vorsitzende.

Nach anderen Studien wiederum seien bis zu zwölf Prozent der aktuellen Arbeitsplätze gefährdet. Die Ergebnisse schließen auch die öffentliche Verwaltung mit ein. Neue Beschäftigungsfelder würden entstehen, aber auch wiederum andere komplett verschwinden Bsirske forderte deshalb: “Fortbildungen müssen bezuschusst werden, eine neue Bildungsinitiative zur Sensibilisierung und digitalen Förderung muss durchgeführt werden.”

Der Forderung folgt kein Handeln

Unterstützt wird die Forderung des Gewerkschaftsvorsitzenden durch eine vor Kurzem veröffentlichte Umfrage des Bitkom. Diese zeigt erhebliche Diskre-

Klaus Vitt, CIO des Bundes sowie Staatssekretär, möchte die Digitalisierung vorantreiben. Aber durch die übergreifende Zusammenarbeit bei neuen Technologien würden die Personalräte außen vor gelassen werden. Foto: BS/Klaus Dombrowsky

panzen beim Thema Fort- und Weiterbildung: 92 Prozent der Befragten gaben an, dass ein lebenslanges Lernen bezüglich der Digitalisierung immer wichtiger werde. Aber 59 Prozent der Beschäftigten äußerten, dass ihr Arbeitgeber keine Weiterbildungen zu Digitalthemen anbiete. Wiederum sagten 39 Prozent aus, dass ihr Arbeitgeber auf neue, digitale Technologien setze, aber nicht in die notwendigen Fortbildungen seiner Mitarbeiter investiere. Auch würden sich 72 Prozent der Beschäftigten beklagen, dass während der Arbeit der Weiterbildung keine Zeit eingeräumt werde. Zwar ist die Umfrage auf die Privatwirtschaft bezogen, doch sei die Lage im Öffentlichen Dienst nicht anders. Zumindest die Tendenzen ließ sich übertragen, heißt es seitens der Gewerkschaften DBB

Beamtenbund und Tarifunion sowie Verdi.

Auch die Personalräte verlieren an Einfluss

In diesem Zusammenhang werden, bedingt durch das Online-Zugangsgesetz, neue Lösungen und Technologie ebenenübergreifend erarbeitet. Dadurch jedoch verlieren die Personalräte an Einfluss, weil sie in der Prozessstruktur nicht miteingebunden sind. Anhand von Bremen kann dies aufgezeigt werden: Der kleinste Stadtstaat hat kein eigenes Rechenzentrum mehr, sondern nutze den Anbieter Dataport. Dadurch jedoch könnten die Personalräte nicht über Lösungen und Arbeitnehmerrechte mitbestimmen, da es ein externer Anbieter ist. “Es braucht Reformen, damit die Interessensvertretung mitgenommen wird”, sagte Wolfgang Pieper, Mitglied des Verdi-Bundesvorstandes, auf einem hausinternen Digitalisierungskongress. Dies sei deshalb wichtig, weil die Lösungen zwar auf Länder- oder Bundesebene entwickelt würden, aber in den Kommunen umgesetzt werden müssen. Je nachdem brauche es deshalb einen Spielraum, um sie individuell besser implementieren zu können, so Pieper. Die Digitalisierung kommt und wird Erleichterungen mit sich bringen. Aber die Mitarbeiter und Gremien dürfen nicht außen vor gelassen werden. Es muss mit Weiterbildungen nachjustiert werden, damit qualifiziertes Personal die Digitalisierung mittragen kann.

MELDUNGEN

Raumordnungsgesetz in Kraft

(BS/ab) Das neue Raumordnungsgesetz, das vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) eingebracht wurde, greift nun. Ziel der Verordnung sei es, in Deutschland ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche und ökologische Verhältnisse zu schaffen.

Der kommissarische Bundesminister für Verkehr, Christian Schmidt, äußerte sich zu dem Gesetz positiv: “Deutschland lebt von der Vielfalt seiner Regionen.” Damit diese gestärkt würden, brauche es überall gleichwertige Lebensverhältnisse, vom ländlichen Raum über die Ballungszentren bis hin zu strukturschwachen Gebieten. Mit dem Gesetz werde vor allem der ländliche Raum gestärkt.

“Wir verbessern die Bürgerbeteiligung, schaffen mehr Transparenz und planen für den Hochwasserschutz über Ländergrenzen hinweg”, so Schmidt. Das neue Raumordnungsgesetz habe zwei Kernpunkte. Zum einen solle dem Klimawandel besser begegnet werden. Dazu werde das BMVI ermächtigt, länderübergreifende Raumordnungspläne für den Hochwasserschutz zu erstellen. Zum anderen würden die Raumordnungspläne in der Auschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) in Nord- und Ostsee besser aufgestellt sowie abgestimmt. Dafür wiederum würden die Umsetzungen der Vorgaben aus der europäischen Richtlinie zur maritimen Raumordnung konkretisiert.

Ehrung des Nationalen NKR

(BS/ab) Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) wurde von der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) mit dem Preis “Soziale Marktwirtschaft” geehrt. Der Vorsitzende des NKR, Dr. Johannes Ludewig, äußerte sich positiv dazu: “Der Nationale Normenkontrollrat sieht die Auszeichnung als Ansporn. Damit wir uns weiter mit aller Kraft dafür einzusetzen, dass Bürger, Unternehmen und Verwaltung in Deutschland von unnötiger Bürokratie entlastet werden.” Darüber hinaus gehe es um die Begrenzung gesetzlicher Folgekosten. Dafür sei es besonders wichtig, dass auch die Kosten, die für deutsche Unternehmen aus EU-Recht entstünden, transparent gemacht und wirksam eingedämmt würden. Diese würden immerhin 50 Prozent der gesamten Folgekosten aus-

machen. Die Jury begründet die Entscheidung damit, dass sie eine “vorbildliche Institution” auszeichne, die sich “erfolgreich für Bürokratieabbau und bessere Rechtssetzung” einsetze. Durch deren Arbeit seien zwölf Milliarden Euro an gesetzlichen Folgekosten für die Wirtschaft abgebaut worden. Gesetze würden damit ein Art “Preisschild” erhalten. Dies erhöhe die gesellschaftliche Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft. Insbesondere die “One-in-one-out”-Regel habe dafür Rechnung getragen, die Wirtschaft in den vergangenen Jahren zu entlasten. Der undotierte Preis wurde zum 15. Mal an Persönlichkeiten und Institutionen vergeben. Damit reiht sich der NKR in eine Reihe mit Dr. Arend Oetker, Friede Springer, Reinhard Kardinal Marx oder Prof. Werner Otto ein.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 5 Bund S05_BS12_All_cl

Den Schwung nicht ausbremsen!

62 Prozent Glasfaseranschlüsse bis 2022 (BS/Adrian Bednarski) “In den zukünftigen Koalitionsvertrag gehört das klare Bekenntnis zu einem flächendeckenden Glasfasernetz mit mindestens einem Gbit/s bis 2025”, sagt Dr. Stephan Albers, Geschäftsführer des BREKO. Ob die Gigabit-Gesellschaft bis dahin in ganz Deutschland erreicht werden kann, bleibt offen. Aber ein Bundesland prescht vor und teilt seine Erfolgsfaktoren.

“Aus Erfahrung wissen wir, dass das Angebot durchaus die Nachfrage nach sich zieht”, äußert sich Albers. Deshalb dürfe keine Angst vor der Gigabit-Gesellschaft und dem Glasfaserausbau bestehen. Deutschland verharre sonst auf dem vorletzten Platz. “Dafür braucht es Kooperation. Weder die regionalen Netzausbauer noch die Telekom alleine können die fehlenden 93 Prozent Fiber to the Border/ Home (FTTB/H) ausbauen”, resümiert der Geschäftsführer.

FTTB/FTTH-Anschlüsse

nehmen zu

Auch stellte der BREKO auf seiner Jahrestagung neue Zahlen vor: Von den acht Millionen neuen Anschlüssen hätten zwei Millionen die “weißen Flecken” abgedeckt. Vielfach sei doppelt ausgebaut worden, anstatt neue Gebiete zu erschließen. Bis 2016 wurden 1,5 Millionen FFTB/ FTTH-Anschlüsse von BREKONetzbetreibern gelegt. Im Hinblick auf die Gigabit-Gesellschaft noch zu wenig. Jedoch sollen es laut Analysen des Verbandes bis 2020 fünf Millionen sein. Auch rechnet der BREKO eher mit 28 Millionen von den netzbetreibenden deutschen Wettbewerbern angeschlossenen Haushalten bis 2025. Inwieweit die anderen zwölf Millionen abgedeckt würden, sei unklar.

Lernen vom Spitzenreiter

Schleswig-Holstein ist bundesweiter Spitzenreiter, denn 74 Prozent der Haushalte können 100 Mbit/s erhalten. 32 Prozent

MELDUNG

Breitband vs. Insel

(BS/ab) Die deutschen Inseln, wie beispielsweise die Halligen in Schleswig-Holstein, dürfen auch beim schnellen Internet nicht vergessen werden. Zuletzt investierte das Land rund 3,5 Millionen Euro in den Ausbau des Glasfasernetzes auf Föhr, Amrum und Pellworm. Entsprechende Förderbescheide überbrachte Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) Ende August.

der Haushalte seien anschlussfähig an das Glasfasernetz. “60 Prozent davon haben auch einen Anschluss gebucht. Dies zeigt: Die Nachfrage ist da”, betont Wirtschaftsminister Dr. Bernd Klaus Buchholz (FDP).

Die nächsten Etappen: Bis 2020 würden mit den laufenden Projekten 50 Prozent der Haushalte anschlussfähig sein und bis 2022 sogar 62 Prozent. “Das große ambitionierte Ziel ist eine flächendeckende FTTH-Anbindung bis 2025”, verkündet der Wirtschaftsminister.

Die Erfolgsfaktoren

Durch den Vorsprung erhofft sich das nördlichste Bundesland ein höheres Wirtschaftswachstum.

Nicht auf Abstandsregelungen fokussieren

Deutsche Automatenwirtschaft verlangt höhere Standards

(BS) Er ist der Sprecher des Vorstandes der Deutschen Automatenwirtschaft: Georg Stecker. In dieser Funktion hat er tagtäglich mit den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages und mit qualitativen Anforderungen an Spielhallen zu tun. Um einen effektiven Spielerschutz zu erreichen, plädiert Stecker im Gespräch mit dem Behörden Spiegel für einen ganzheitlichen Ansatz, an dem mehrere Akteure mitwirken. Die Fragen stellte Marco Feldmann.

Schnelles Internet sei ein bedeutender Standortfaktor für den Tourismus. Das Vorhandensein von möglichst kostenlosen Internetzugängen bilde in der heutigen Zeit eine Grundvoraussetzung für eine Urlaubsentscheidung. Des Weiteren sei es für die infrastrukturelle Anbindung wichtig, wie die Telemedizin, aber auch E-LearningAngebote erreichbar seien.

Buchholz führt den Erfolg auf unterschiedliche Faktoren zurück: Den ersten Schritt stellte die klare Zielvorgabe dar, die von den kommunalen Entscheidungsträgern bis zu den Investoren vorgegeben wurde. Aber: “Entscheidend war, dass Letztere merken, dass die Landesregierung es ernst meint”, sagt der FDPler. Er ergänzt: “Es sind nur Fördermittel freigegeben worden, wenn Glasfaser ausgebaut wurde und keinerlei Zwischentechnologie.”

Der zweite Faktor sei die Einbindung der regionalen Akteure, von den Stadtwerken bis hin zu den kleinen Mittelständlern und einzelnen Bürgern. Denn diese, so Bucholz, kennen die Bedürfnisse ihrer lokalen Ebene am besten.

Für den Überblick wurde das Breitbandkompetenzzentrum geschaffen, welches auch als dritter Erfolgsgrund gelte. Dieses mache Akteure auf potenziell lohnenswerte “weiße Flecken” aufmerksam, wodurch der Ausbau angeregt werde. Kommunikation und Informationen seien der vierte Faktor.

“Insbesondere in der schwierigen Anfangsphase eines Projektes haben wir sehr intensiv die Planungs- und Beratungsprozesse gefördert”, sagt der Minister. Die intensive Kommunikation habe zu ausgefeilten Konzepten geführt, wodurch als Nebeneffekt circa 150 Millionen Euro Fördergelder vom Bund in das Bundesland kamen. Sein Resümee: “Kein Förderantrag aus Schleswig-Holstein ist bisher abgelehnt worden.” Auch sei es förderlich gewesen, die Nachfrage zu stimulieren, indem der Industrie und den Menschen das Potenzial des Breitbands aufgezeigt worden sei.

Aber der letzte Erfolgsfaktor sei laut Buchholz einer der entscheidendsten – nämlich die Politik. Die Politik des Landes habe den Prozess angetrieben, sie stand hinter ihm und arbeitete intensiv mit den relevanten Akteuren zusammen. Der Wirtschaftsminister unterstreicht: “Wir wollen der Entwicklung und dem Trend nicht hinterherlaufen. Glasfaser ist für uns die beste Strategie.”

Behörden Spiegel: Was halten Sie vom Glücksspielstaatsvertrag?

Stecker: Das erklärte Ziel des Glücksspielstaatsvertrags ist es, das Spielangebot in Deutschland in geordnete Bahnen zu lenken. Allerdings hat die Politik die ausführenden Behörden mit diffusen, oft rein quantitativen Ausführungsbestimmungen zurückgelassen. Die Fokussierung auf die Abstandsregelung geht am Ziel vorbei und schwächt den Jugend-, Spieler- und Verbraucherschutz eher, als dass sie ihn stärkt, denn nur klare qualitative Kriterien stellen sicher, dass sich das bessere Angebot durchsetzen kann. Das erkennen mittlerweile immer mehr Akteure. Der Evaluationsbericht der hessischen Landesregierung zum Glücksspielstaatsvertrag kommt beispielsweise zu dem Ergebnis, dass die aktuellen Regelungen zu einer Verdrängung legaler Angebote zugunsten des Grau- und Schwarzmarktes führen. Wir stehen hinter den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages, aber darüber, wie wir diese erreichen, müssen wir neu denken und miteinander reden.

Behörden Spiegel: Was bedeutet denn Qualität in Spielhallen?

Stecker: Qualität bedeutet vor allem sinnvoll umgesetzten Jugend-, Spieler- und Verbraucherschutz. Unsere gut geführten Spielhallen gehen dabei über die gesetzlichen Regelungen hinaus. Das Personal ist im Umgang mit problematischem Spielverhalten geschult, es wird kein Alkohol ausgeschenkt und es gibt Sperrzeiten. Die Einhaltung der Qualitätsstandards lässt sich am besten durch eine unabhängige TÜV-Zertifizierung überprüfen. Auch fordern wir Zugangskontrollen, am besten über biometrische Systeme am Eingang oder direkt am Automaten. Auf dem Schwarzmarkt oder bei halblegalen Angeboten finden Sie das alles nicht. Wir fordern von der Politik, dass sie unsere

hohen Ansprüche zum gesetzlichen Mindeststandard erhebt, und zwar einheitlich, im ganzen Land. Wir müssen auch darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, den Berufszugang zu kontrollieren. Geschultes und aufmerksames Personal ist das A und O im Jugend-, Spieler-, und Verbraucherschutz. Das ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die wir alle angehen müssen.

Behörden Spiegel: Warum geht die Rechnung “weniger Spielhallen = weniger Spielsucht” nicht auf?

Stecker: Der Mensch hat einen natürlichen Spieltrieb, der sicher unterschiedlich ausgeprägt ist. Aber der lässt sich nicht einfach verbieten. Man schützt Spieler dann nicht dadurch, dass man das legale Angebot immer weiter verkleinert und sie in die Illegalität drängt.

Im illegalen Internet-Casino gibt es keine Mitarbeiter, die eventuell problematische Anzeichen erkennen und auf Hilfsangebote aufmerksam machen können. Dort kann man innerhalb von sehr kurzer Zeit auch sehr viel mehr Geld verlieren und in eine Schuldenspirale abrutschen. Ein sicheres Spiel braucht klare Regeln und diese müssen kontrolliert werden. Das können wir mit unseren stationären Angeboten garantieren. Das zu verbieten, ist kontraproduktiv.

Behörden Spiegel: Was ist notwendig?

Wir brauchen einen Dialog von Anbietern, Präventionseinrichtungen, Politik und Behörden. Spielerschutz funktioniert nur als ganzheitlicher Ansatz, nicht durch plumpe Verdrängung des Problems in den Schwarzmarkt. Damit ist niemandem geholfen.

Atommüll kennt keine Grenze

Deutsche beteiligen sich an Tiefenlager-Standortsuche (BS/kh) In der Schweiz läuft seit 2008 die Suche nach einem Endlagerstandort für radioaktive Abfälle. Die deutsche Öffentlichkeit kann nun zu den möglichen Standortgebieten Stellung nehmen. Die Suche, die in Form eines öffentlichen Anhörungsverfahrens (schweizerisch: Vernehmlassung) geführt wird, ermöglicht eine direkte Beteiligung. Einwendungen werden Berücksichtigung bei der Entscheidung des Schweizer Bundesrats über die Standorte der künftigen Tiefenlager finden, heißt es vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB).

Bis zum 9. März haben Bürger, die Bundesrepublik Deutschland, einzelne Bundesländer und Gemeinden Zeit, Einwendungen zu sämtlichen Dokumenten einzureichen, die in Etappe zwei der Schweizer Standortsuche erstellt wurden. Dieser “Entwurf des Ergebnisberichts zu Etappe 2: Festlegungen und Objektblätter” soll im Ergebnis festlegen, welche Standorte in der letzten Etappe 3 vertieft untersucht werden. Die Unterlagen liegen in den Bibliotheken des BMUB in Berlin und Bonn aus. Zusätzlich können sie online oder in den Landratsämtern der Landkreise eingesehen werden, die an die etwaigen Standortgebiete grenzen. Das sind Waldshut, der Schwarzwald-Baar-Kreis, Blum-

berg und Konstanz. Die Vorlagen für die Stellungnahmen, die nur schriftlich oder online erfolgen, können auf der Internetseite des Schweizer Bundesamtes für Energie abgerufen werden, das auch der Empfänger ist. Vorgeschlagen für ein Tiefenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle werden die sechs Regionen Wellenberg (südlich von Luzern), Jura-Südfuss, Südranden, Jura Ost, Nördlich Lägern und Zürich Nordost (nördlich von Zürich, nahe der deutsch-schweizerischen Grenze). Die drei letztgenannten kommen ebenfalls auch als Endlager für hochradioaktive Abfälle infrage. Nach aktuellem Stand werden sie in Etappe drei intensiv untersucht.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 6 Bund / Länder S006_BS12_All_cl
Dr. Stephan Albers, Geschäftsführer des BREKO, stellt die neusten Erkenntnisse vor und diskutiert auf dessen Jahrestagung. Foto: BS/BREKO, Henning Hattendorf
Foto: BS/ Christopher Bulle, CC BY 2.0, flickr.com
Wohin mit radioaktivem Müll in der Schweiz? Deutschland kann mitentscheiden. Georg Stecker ist Sprecher des Vorstandes des Dachverbandes “Die Deutsche Automatenwirtschaft e. V.”. Foto: BS/DAW, Urban
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Behörden Spiegel: Hessens neuer Doppelhaushalt 2018/19 kommt erstmals seit fast 50 Jahren wieder ohne neue Schulden aus. Die Opposition kritisiert jedoch, dass die Investitionsquote mit knapp acht Prozent zu niedrig sei. Warum investiert das Land nicht mehr, sondern macht stattdessen früher als verlangt keine Schulden mehr?

Dr. Schäfer: Es ist unzutreffend, dass das Land nur deshalb keine Schulden mehr aufnimmt, weil es nicht investiert. Allein im Entwurf des Landeshaushalts 2018 beläuft sich die Zuwachsrate der Investitionsausgaben auf fast 12 Prozent. Sie steigen damit im kommenden Jahr also fast dreimal so stark wie die übrigen Ausgaben des Landes. Und ab dem Jahr 2019 schreiben wir dann die Investitionen auf dem erhöhten Sockelbetrag in Höhe von rund 2,2 Milliarden Euro fort. Der Doppelhaushalt 2018/2019 zeigt damit eines ganz deutlich: Der Verzicht auf neue Schulden, die Tilgung von Altschulden und notwendige Investitionen in die Infrastruktur des Landes sind kein Widerspruch! Aktuell stehen die öffentlichen Haushalte allerdings deutschlandweit vor der Herausforderung, dass die zur Verfügung gestellten Mittel nicht in vollem Umfang abfließen. Das ist in hohem Maße der guten konjunkturellen Situation und den damit verbundenen Engpässen auf der Angebotsseite, d. h. etwa bei den Bauunternehmen, geschuldet, die sich mittlerweile in deutlich gestiegenen Preisen niederschlagen. Das Land muss also für die gleiche Leistung mehr bezahlen. Insofern springt man aus meiner Sicht etwas zu kurz, wenn pauschal vermeintlich zu geringe Investitionsausgaben beklagt werden.

MELDUNGEN

Komplette

Schuldentilgung in 200 Jahren

Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer im Interview

(BS) Dank günstiger Rahmenbedingungen kommt Hessen erstmals seit vielen Jahren wieder ohne neue Schulden aus. Wie sieht die weitere Zukunft aus? Können die Kommunen von der guten Situation im Landeshaushalt profitieren? Mit dem Behörden Spiegel sprach Hessens Finanzminister

Dr. Thomas Schäfer über den weiteren finanzpolitischen Weg des Landes, das Entschuldungsprogramm für die Kommunen und wichtige Weichenstellungen, die der Bund hier angehen sollte. Die Fragen stellte Lora Köstler-Messaoudi.

Behörden Spiegel: Hessens Schuldenabbau steht mit dem neuen Doppelhaushalt erst am Anfang. Wann wird das Land schuldenfrei sein?

Dr. Schäfer: Wir haben in Hessen im Jahr 2016 – übrigens erstmals seit dem Jahr 1969 – wieder Altschulden in Höhe von 200 Millionen Euro getilgt. Mit dem Entwurf des Doppelhaushalts 2018/2019 kommen weitere 100 Millionen Euro dazu und ab dem Jahr 2020 ist eine jährliche Tilgungsleistung in Höhe von 200 Millionen Euro vorgesehen. Zusammen macht das bis zum Jahr 2021 700 Millionen Euro und vielleicht erhöht sich diese Summe im Haushaltsvollzug 2017 noch etwas. Richtig ist aber, dass das bei einem Gesamtschuldenstand des Landes von rund 43 Milliarden Euro erst ein Anfang sein kann. Wenn wir die jetzt vorgesehene Tilgungsleistung in die Zukunft fortschreiben, würde es über 200 Jahre dauern, bis die Schulden des Landes komplett getilgt sind. Es wird also erkennbar noch sehr viel Zeit und Generationen in Anspruch nehmen, bis das Land die Altlasten aus der Vergangenheit vollständig abgebaut hat. Das darf jedoch nicht als Plädoyer dafür verstanden werden, die Hände in den Schoß zu legen und nichts zu tun. Im Gegenteil: Derzeit profitieren die öffentlichen Haushalte von einem historisch niedrigen Zinsniveau

und einem lang anhaltenden Wirtschaftsaufschwung. Es wäre also mehr als grob fahrlässig, diese günstigen Rahmenbedingungen nicht zum Abbau von Altschulden zu nutzen, um damit nicht zuletzt eine wirksame Vorsorge für künftig wieder schlechtere Zeiten zu treffen.

Behörden Spiegel: In Hessen läuft das Entschuldungsprogramm “Hessenkasse” an. Der Hessische Landkreistag kritisiert, dass das dieses weitgehend auf kommunalen Mitteln aufbaue. So soll der Landesanteil in Höhe von 200 Mio. Euro überwiegend aus kommunalen Mitteln bestritten werden und sich bei genauer Betrachtung auf rund 61 Mio. Euro reduzieren. Verlangt das Land also von den Kommunen, sich am eigenen Schopf aus der Verschuldung zu ziehen?

Einbußen in Millionenhöhe wegen Personalmangel

(BS/lkm) In Baden-Württemberg fehlen in der Finanzverwaltung rund 500 Konzernprüfer, Betriebsprüfer und Steuerfahnder. Der Landeschef des Beamtenbundes Baden-Württemberg, Kai Rosenberger schätzt die daraus resultierenden Einbußen auf jährlich rund 350 Millionen Euro.

Bei einer Nichtbesetzung von zehn Stellen bei den Konzernprüfern würden 100 Millionen Euro im Jahr verloren gehen, so Rosenberger gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Was die Anzahl der Finanzbeamten betreffe, sei Baden-Württemberg Schusslicht im Bundesvergleich.

Um wieder mehr Personal für die Finanzverwaltung zu gewinnen, müsse der Beamtenstatus attraktiver gestaltet werden. Ein sicherer Arbeitsplatz reiche nicht mehr aus. Gebaut werden solle vielmehr auf flexible Arbeitszeiten, Teilzeit-Möglichkeiten sowie Telearbeitsplätze.

Bundesrechnungshof: Weniger Transparenz durch EPSAS

(BS/lkm) In einer aktuellen Unterrichtung des Bundesrechnungshofes spricht sich dieser deutlich gegen die Einführung der European Public Sector Accounting Standards (EPSAS) aus. Mit ihnen sollen zukünftig die europaweit geltenden Rechnungslegungsstandards öffentlicher Einheiten definiert werden.

Die EPSAS würden den Mitgliedstaaten wegen ihrer engen Anlehnung an die IPSAS zusätzliche Wahl- und Gestaltungsmöglichkeiten sowie Ermessensspielräume eröffnen.

Das Ergebnis wäre unter EPSAS damit weniger Transparenz und geringere Vergleichbarkeit der öffentlichen Haushalte.

Mit der Einführung von EPSAS würde zudem ein bedeutendes Aufgabenfeld für externe Beratungs- und insbesondere für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften geschaffen werden.

Dadurch entstehe eine zu große Abhängigkeit von privaten Dritten.

Darüber hinaus hält der Bundesrechnungshof die von der EU-Kommission mit der verbindlichen Einführung von

Europäischer Finanzminister gefordert

(BS/lkm) Die EU-Kommission hat am 06. Dezember in Brüssel ihre Pläne für einen tiefgreifenden Umbau der Wirtschaftsund Währungsunion vorgelegt. Demnach will sie einen europäischen Finanzminister. Der neue Finanzminister soll gleich mehrere Posten besetzen. So soll er auch Vizepräsident der Kommission und EurogruppenChef sein. Er würde dann den neu zu schaffenden Europäischen Währungsfonds (EWF) überwachen und vom Europa-

parlament kontrolliert. Der Vorschlag, den Posten eines europäischen Finanzministers zu schaffen, wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach ins Gespräch gebracht und hatte kontroverse Debatten ausgelöst.

In den Brüsseler Vorschlägen heiß es ferner, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) in einen Europäischen Währungsfonds (EWF) umgewandelt werden soll. Aufgabe des ESM ist es, überschuldete Mitgliedstaaten der Eurozone

Dr. Schäfer: Das Land bietet den Kommunen mit der Hessenkasse an, ihre Kassenkredite zum Juli 2018 komplett aus ihren Kassenbüchern herauszunehmen. Statistisch sind dies bis zu sechs Milliarden Euro. Das Land organisiert mit der Hessenkasse die Tilgung dieser Kredite.

An der Finanzierung der Hessenkasse beteiligen sich alle staatlichen Ebenen mit angemessenen Beiträgen – dies betrifft im Wesentlichen frei werdende Mittel der Kommunen und des Landes aus der Finanzierung des “Fonds Deutsche Einheit” in Höhe von rund 100 Millionen Euro im Jahr, Mittel des Bundes als Teil der zwischen Bund und Ländern vereinbarten Entlastung der Kommunen zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in Höhe von 60 Millionen Euro im Jahr sowie einen Eigenbeitrag der teilnehmenden Kommunen mit 25 Euro pro Einwohner und Jahr. Ich denke, diese Zahlen zeigen sehr deutlich, dass die Hessenkasse ein faires Angebot des Landes an die kommunale Ebene darstellt, das die Kommunen nicht überlastet. Diese Rückmeldung bekommen wir auch aus den vielen individuellen Gesprächen, die wir derzeit mit unseren Kommunen zur Hessenkasse führen. Es handelt sich um 100 Prozent kommunale Schulden, zu deren Tilgung wir auch Landesgeld in die Hand nehmen. Wir helfen mit der Hessenkasse

ohnehin nicht nur den Kommunen, die eine hohe Kassenkreditverschuldung aufweisen. Für finanz- oder strukturschwache Kommunen, die es trotz knapper Ressourcen dauerhaft schaffen, Kassenkredite – wenn überhaupt – nur unterjährig zur Liquiditätssicherungeinzusetzen,legt die Landesregierung zusätzlich zum Entschuldungsprogramm ein Investitionsprogramm mit einem Gesamtvolumen von mindestens 510 Millionen Euro auf. Dieses Investitionsprogramm wird zu einem ganz überwiegenden Anteil aus originären Landesmitteln finanziert.

Ein isolierter Blick auf die Hessenkasse darf den Blick auf das große Ganze dabei nicht verstellen – denn sie ist letztlich ein Baustein für die Gesamtstrategie des Landes zur Kommunalfinanzierung in Hessen: Ein bedarfsorientierter kommunaler Finanzausgleich mit einem stetig steigenden Volumen von mittlerweile rund fünf Milliarden Euro im Jahr, Investitionsprogramme zur Verbesserung der Infrastruktur und der Schulen sowie Entschuldungsprogramme wie der kommunale Schutzschirm und die Hessenkasse sind als Gesamtpaket bundesweit einmalig. Mit diesen Maßnahmen hat die Landesregierung viele Initiativen ergriffen, um die Kommunalfinanzen nachhaltig zu verbessern. Um Ihre Frage also bildlich zu beantworten: Wir zwingen die Kommunen nicht dazu, sich am eigenen

Schopf aus der Verschuldung zu ziehen, sondern greifen ihnen mit einer Vielzahl von Maßnahmen nachhaltig unter die Arme.

Behörden Spiegel: Der finanzielle Spielraum des Bundes beträgt in der neuen Legislaturperiode rund 30 Milliarden Euro. Wo sollte eine neue Bundesregierung hier Ihrer Meinung nach die Schwerpunkte bei den Ausgaben setzen und wo Bürger, Länder und Kommunen entlasten?

Dr. Schäfer: Gestatten sie mir zunächst den Hinweis, dass es sich bei der genannten Summe um erwartete und nicht um tatsächliche finanzielle Spielräume handelt. Niemand kann mit Bestimmtheit sagen, ob die positiven Begleitumstände für die öffentlichen Haushalte auch in den kommenden Jahren anhalten werden. Ich warne daher davor, dass Fell des Bären zu verteilen, bevor er erlegt ist.

Zu Ihrer Frage: Die Mehrzahl der im neuen Bundestag vertretenen Parteien hat im Bundestagswahlkampf steuerliche Entlastungen versprochen. Ich bin der Meinung, dass wir in diesem Punkt bei den Menschen in Deutschland im Wort stehen, wobei wir über die konkrete Ausgestaltung einer Steuerreform und die damit verbundenen Steuerausfälle sicherlich noch diskutieren müssen.

Auf der Ausgabenseite wäre es aus meiner Sicht sinnvoll, wenn der Bund in den Bereichen Digitalisierung, Bildung und Forschung zusätzliche Schwerpunkte setzen würde. Zudem brauchen wir auch in Zukunft eine angemessene und dauerhafte Beteiligung des Bundes an den finanziellen Lasten von Ländern und Kommunen, die mit einer erfolgreichen Integration der hier lebenden Flüchtlinge verbunden sind.

Was kostet wo wieviel

Kosten- und Leistungsvergleich der Berliner Verwaltung (BS/lkm) Was kostet die Strafverfolgung und Gefahrenabwehr je Straftat die Berliner Verwaltung? Was kostet ein Hafttag im Geschlossenen Vollzug? Antworten auf diese und viele weiteren Fragen gibt die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen in einem aktuellen Kosten- und Leistungsvergleich. Damit sollen nicht nur die Kosten gegenüber den Bürgern transparent gemacht werden. Auch der Vergleich der Länder untereinander soll damit ermöglicht werden.

EPSAS verfolgten Ziele – unter anderem erhöhte Transparenz und verbesserte Vergleichbarkeit der Daten – für realistisch nicht erreichbar und das Projekt angesichts der unterschiedlichen Verwaltungs- und Kontrollstrukturen in den Mitgliedstaaten auch für nicht umsetzbar.

Die Rechnungsprüfer fordern daher die Bundesregierung auf, auf europäischer Ebene ihr politisches Gewicht einzubringen und die verbindliche Einführung von EPSAS in Deutschland verhindern.

durch Kredite und Bürgschaften zu unterstützen.

Ziel der Reformvorschläge aus Brüssel ist es, die Eurozone und die gesamte EU gegen künftige Finanzkrisen widerstandsfähiger zu machen. Die Vorschläge müssen von den EU-Staaten und dem Europarlament genehmigt werden. FDP-Chef Christian Lindner kritisierte die Brüsseler Pläne aus “Nikolauspaket”, das zu einer Umverteilungs- und Schuldenunion führe.

“Damit ist eine gute Grundlage gelegt, um für die Bürgerinnen und Bürger Transparenz über die Dienstleistungen ihrer Verwaltung zu schaffen. Diese Transparenz möchte ich künftig auch mit Blick auf Berlins Leistungsfähigkeit im Vergleich zu anderen Bundesländern und Großstädten herstellen. Ein Benchmark-System, wie wir es übrigens bereits bei den landeseigenen Unternehmen und einigen Verwaltungen wie der Finanzverwaltung anwenden, wird uns künftig helfen, die Leistungen der Berliner Verwaltung im Bundesvergleich besser bewerten zu können” kommentierte Berlins Finanzsenator Dr. Matthias Kollatz-Ahnen die Zahlen.

Die Dienstleistungen mit den höchsten Verwaltungskostenanteilen sind demnach der Unterricht in den Grundschulen (ohne die Kosten für die Bewirt-

schaftung der Gebäude und Grundstücke in den Bezirken) mit 8,3 Prozent, die Verfolgung und Verhütung von Straftaten (8,2 Prozent) und die Sicherung des öffentlichen Personen- und Nahverkehrs (6,9 Prozent).

Wie der Kostenvergleich zeigt, kostete der Unterricht pro Schulplatz in einer Grundschule in Berlin im vergangenen Jahr 6.178 Euro. Wobei die Kostenunterschiede in den Bezirken zum Teil beträchtlich sind. So kostete ein Grundschulplatz in Neukölln 7.199 Euro, während im Bezirk Pankow nur 5.387 Euro anfielen. Die Personalverwaltung einer Dienstkraft in der Berliner Verwaltung kostete 2016 im Mittel 1.496 Euro pro Jahr (+7,4 Prozent). Spitzenreiter war hier von den Bezirken Berlin Tempelhof-Schöneberg mit 1.890 Euro pro Jahr. Am besten gewirtschaftet hat den Zahlen zufolge Steglitz-Zehlen-

dorf mit 974 Euro pro Jahr. Für die Strafverfolgung und Gefahrenabwehr je Straftat fielen 2016 rund 1.351 Euro an. Der Schutz einer Veranstaltung oder Versammlung schlug mit 10.900 Euro zu Buche. In beiden Fällen war hier im Vergleich zum Vorjahr ein leichtes Plus von etwas mehr als einem Prozent zu verzeichnen. Ein Hafttag im Geschlossenen Vollzug verursachte bei der Verwaltung kosten in Höhe von 98 Euro (+ 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr).

Leistungen für Asylbewerber steigen am deutlichsten Für die öffentliche Beleuchtung an Straßen und Plätzen fallen im Land Berlin Verwaltungskosten in Höhe von 36.236.477 8 (+ 11 Prozent). Am deutlichsten stiegen jedoch die Kosten für die Fallbearbeitung für Leistungen gemäß §1 Asylbewerberleistungsgesetz a. 2016 betrugen diese 537 Euro je Fall. Im Vorjahr waren es hingegen nur 199 Euro (+170 Prozent).

Zu den hier aufgeführten Kosten gehören die Gewährung von Taschengeld und Bekleidung an Abschiebehäftlinge sowie die vor- und nachbereitenden Tätigkeiten der Dienststelle, Leistungen an Opfer von Menschenhandel, an unbegleitete minderjährige Asylsuchende sowie an anspruchsberechtigte Kinder, deren sorgeberechtigter Elternteil beim Landesamt für Gesundheit und Soziales im Leistungsbezug steht.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 8 Finanzen S008_BS12_All_swm
Ein Tag im Geschlossenen Vollzug kostet die Berliner Verwaltung 98 Euro. Hier im Bild der Strafvollzug in Berlin-Hohenschönhausen. Foto: BS/Jochen Sievert/www.pixelio.de Dr. Thomas Schäfer (CDU) ist seit 2010 Finanzminister von Hessen. Foto: BS/HMdF,Sabrina Feige

Die Wirtschaft entfesseln

NRW streicht Tariftreue- und Vergabegesetz zusammen

(BS/Jörn Fieseler) “Wir wollen Tariftreue, Verbraucher- und Umweltschutz für Adressaten nachvollziehbar und anwenderorientiert gestalten”, sagte der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie Prof. Dr. Andreas Pinkwart bei der Vorstellung des “Entfesselungspaktes

I”, mit dem auch das Tariftreue- und Vergabegesetz des Landes deutlich verschlankt werden soll. Das Vorhaben löst nicht nur Begeisterung aus.

Die Tariftreue und der Mindestlohn würden nicht infrage gestellt, bekräftigt Pinkwart Stattdessen würde das Tariftreue­ und Vergabegesetz (TVgG NRW) von komplizierten Nachweispflichten befreit. So sehe das Gesetz vor, die Regelungen auf die Prüfung der Angebote abzustimmen. Bereits in dieser Phase haben öffentliche Auftraggeber das Recht, die Einhaltung der Regeln zu prüfen und Bieter auszuschließen. Andererseits sollen Sanktionsmöglichkeiten für den öffentlichen Auftraggeber erhalten bleiben. Überschneidungen mit den nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) zuständigen Behörden zur Prüfung des Mindestlohns sollen beseitigt werden. Unangetastet bleibe die Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns und zur Tariftreue für sämtliche Nachunternehmen des beauftragten

Unternehmens.

Ursprünglich sollte eine Prüfbehörde auf Landesebene eingerichtet werden, die bei begründetem Verdacht die Missachtung von ILO­Kernarbeitsnormen durch Auftragnehmer offenlegt und verfolgt. Da das Recht zur Überprüfung von Tariftreue und der Mindestlohn jedoch Bestandteil des Vertragswerks zwischen Auftraggeber und Bieter seien und damit während der Vertragslaufzeit sichergestellt, könne die Prüfbehörde entfallen. Des Weiteren sollen mit dem Gesetz die Schwellenwerte des bisherigen Tariftreue­ und Vergabegesetzes mit dem allgemeinen Vergaberecht harmonisiert werden, um einheitliche Mindestschwellenwerte zu schaf­

In NRW sollen Ketten gesprengt und die Wirtschaft von bürokratischen Auflagen befreit werden. Auch in der öffentlichen Beschaffung. Nicht jeder ist damit einverstanden.

Foto: BS/Lichtkunst73, pixelio.de

fen. Auch sollen zusätzliche Verpflichtungserklärungen entfallen.

Richtige Richtung

Ebenso ersatzlos gestrichen werden die Regelungen zur Berücksichtigung des Umweltschutzes und der Energieeffizienz, der Beachtung von Mindestanforderungen der Internationalen Arbeitsorganisation an die Arbeitsbedingungen, zur Frauenförderung, Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und aufgrund der Normen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO). Der Auftraggeber könne sie durch das umfassende Leistungsbestimmungsrecht im Einzelfall berücksichtigen und effektiv ge­

stalten. “Wir wollen den Unternehmen Steine aus dem Rucksack nehmen”, ergänzt Henning Rehbaum von der CDU. Dazu gehöre auch das Vergabegesetz mit seinen vielen Dokumentationspflichten, die zwar gut gemeint seien, aber nicht wirken würden.

Die Landesvereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein­Westfalen e. V. (unternehmer nrw), die Industrie­und Handelskammern NRW, der Verband Freier Berufe im Lande Nordrhein­Westfalen e. V. (VFB NW) und die Dachorganisation des Handwerks in NordrheinWestfalen (Handwerk.NRW) begrüßen die geplante Änderung des TVgG NRW.

So ist bspw. für den VFB NW die Zurückführung des Gesetzes auf wenige Regelungen ein erster, aber umso wichtigerer Schritt in die richtige Richtung. Allerdings bedauere der Verband, dass das Gesetz nicht vollständig abgeschafft wurde.

Falsche Richtung

sei ein Rückschritt auf Kosten von Menschen und Rechten sowie des Umwelt­ und des Klimaschutzes, zitiert er einen Bericht des Evangelischen Kirchenkreises Dortmund. Zugleich kritisierte Sundermann das parlamentarische Vorgehen. Am 18. Dezember soll eine Anhörung stattfinden, “Sechs Tage vor Weihnachten, eine Mammutanhörung mit 30, 40, 50, 60 Sachverständigen.” Denn insgesamt sollen 16 Regelwerke, 13 Gesetze und drei Rechtsverordnungen mit dem Entfesselungspakt I verschlankt oder sogar abgeschafft werden. Sozial-ökologischer Rollback Für Bündnis 90/Die Grünen im Düsseldorfer Landtag ist die Sache klar: “Die neue Landesregierung will die Errungenschaften im Bereich der öffentlichen Beschaffung des Landes zunichtemachen”, heißt es in einem Entschließungsantrag, den die Fraktion im Parlament zur ersten Lesung des Gesetzespaktes eingebracht hatte. Anstatt das TVgG­NRW zu minimalisieren, sollte das Gesetz erhalten und fortgeführt werden. Der Grünen ­ Landtagsabgeordnete Horst Becker bezeichnet das Gesetz als “schädlichen Unsinn”. “Der Hinweis, man könne freiwillig sozial­ökologisch beschaffen, reicht definitiv nicht aus, um die Standards zu halten”, so die Argumentation der Grünen. Stattdessen solle der Landtag die Landesregierung auffordern, das Gesetz nicht zu reduzieren sondern sämtliche Aspekte zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Die E-Rechnung kommt

So stellen Sie noch rechtzeitig auf E- Re chnung um

Illustration: BS

MELDUNG

Rund sechs Prozent mehr

(BS/jf) Die EU­Kommission will ab dem 1. Januar 2018 die Schwellenwerte anheben.

Künftig sollen Bauaufträge ab einer Summe von 5,548 Mio.

Euro europaweit veröffentlicht werden statt der bisher geltenden Grenze von 5,225 Mio. Euro. Dies bedeutet einen Anstieg von rund sechs Prozent.

Ähnlich groß fällt die Steigerungsrate auch bei den ande­

ren Auftragsarten aus: Für Liefer­ und Dienstleistungen nach der VgV liegt der neue Schwellenwert bei 221.000 Euro (statt 209.000 Euro). Für entsprechende Aufträge im Sektorenbereich bei 443.000 Euro (statt 418.000 Euro). Für Oberste und obere Bundesbehörden gelten dann 144.000 Euro als Richtwert (statt 135.000 Euro).

Beratung für Bewerter und Bieter

Ausschreibungen · Submissionen

Die E-Rechnung bietet eine große Chance für die Verwaltung. Durch einheitliche und medienbruchfreie Rechnungsbearbeitung werden Abläufe beschleunigt und Kosten gesenkt.

Mit dem zentralen Rechnungseingang Bund (ZRE) wird die Schnittstelle zwischen Behörden und Lieferanten einheitlich gestaltet. Die Transformation der internen Rechnungsbearbeitung ist Aufgabe jeder einzelnen Behörde, für die diese Fragen zu klären sind:

• Was ist der ZRE und welche Vorteile bietet er?

• Wie kann meine Behörde an den ZRE angeschlossen werden?

• Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden, um E-Rechnungen über den ZRE zu empfangen?

• Wie wird der digitale Workflow zur Rechnungsprüfung abgebildet?

• Wie werden die elektronischen Rechnungsunterlagen aufbewahrt und zugänglich gemacht?

• Wie werden Papierrechnungen unterhalb der Bagatellgrenzen behandelt?

Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.fuehrungskrae fte- forum.de

“Das Ziel ist, die Ausgaben und Vergaben der öffentlichen Hand an Standards zu binden, und zwar nicht nur an die tariflichen Standrads, sondern auch an soziale, ökologische und humanitäre. Das sei wichtig, damit die öffentliche Hand in diesem Bereich Vorreiter bleibe. Es sei auch wichtig, weil der Bürger wissen will, was mit seinem Geld passiert, das die öffentliche Hand ausgibt. Er will eben nicht, dass mit diesem Geld Kinderarbeit in der Dritten Welt finanziert wird”, so der Sozialdemokrat Frank Sundermann. Das Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 9 Beschaffung / Vergaberecht S009_BS12_All_dach
Praxisseminar am 25. Januar 2018 in Berlin
Zu diesen und anderen Fragen werden im Rahmen des Seminars die aktuellen Rahmenbedingungen beleuchtet und mögliche Lösungsansätze, auch für ein schrittweises Vorgehen, vorgestellt.

► Entscheidungen zum Vergaberecht Nützliches Werk

► E-MAIL

Zugang unbewiesen

Ausdruck ohne Wert

In der Leistungsbeschreibung für die Gestellung eines Gerüsts hat der Auftraggeber vergessen, in einer Position Angaben über Dauer und Größe zu machen. Die Bieter haben dies bemerkt und nachgefragt. Der Auftraggeber reichte daraufhin die fehlende Zahl per E-Mail nach. Drei von vier Bietern haben mit dieser Zahl kalkuliert. Ein Vierter wartete vergebens auf Antwort und setzte eine Schätzung an der fraglichen Stelle in sein Angebot ein. Die war zu hoch, sodass er dadurch nicht den günstigsten Preis bieten konnte. Er beanstandet dieses nationale Verfahren nach thüringischem Landesrecht. Die Vergabekammer gibt der Beanstandung statt. Der Auftraggeber konnte nicht nachweisen, dass die E-Mail alle Bieter erreicht hat. Der Ausdruck der E-Mail mit dem Abgangsvermerk “Gesendet am… um ... Uhr” kann als Anscheinsbeweis für den Eingang nicht dienen. Er belegt lediglich die Absendung. Ebenso wenig lässt sich dieser Rückschluss daraus ziehen, dass die E-Mail drei andere Bieter offenbar erreicht hat. Aufgrund des Übertragungsweges einer E-Mail bedarf es für den Nachweis des Einganges einer Rückbestätigung durch den Empfänger. Eine solche hatte der Auftraggeber nicht angefordert. So leidet das Verfahren an einem schweren Mangel, denn die Bieter hatten nicht unter den gleichen Voraussetzungen kalkuliert. Das Verfahren musste in den Stand vor Versendung der Unterlagen zurückversetzt werden.

VK Thüringen (Beschl. v. 14.07.2017, Az: 250-4002-5969/2017-N-007-EIC)

► ÖKO-LANDBAU

Auch Bauern betroffen Vergabevorschriften beachten Vergaberechtliche Regeln haben einen weiten Wirkungskreis. Das musste eine Ö ko- Landbau-Erzeugergemeinschaft in Sachsen-Anhalt lernen, die für die Errichtung eines neuen Getreidelagers EU-Subventionen zur Marktstrukturverbesserung landwirtschaftlicher Erzeugnisse erhalten hatte. Nach Prüfung der Baumaßnahmen vor Ort und deren Abrechnung forderte der Zuwendungsgeber einen erheblichen Teil der Mittel zurück. An vielen Stellen bemängelte er Verstöße gegen die dem Bewilligungsbescheid zugrunde gelegten Vergabevorschriften. So seien für eine Reihe von Aufträgen nicht die erforderlichen mindestens drei Angebote eingeholt worden. Für andere Aufträge lagen zwar wohl drei Angebote vor, die entweder auf unterschiedlichen Leistungsverzeichnissen beruhten oder gar zeitlich mehrere Jahre auseinanderlagen. Die Subventionskürzung wurde vom Verwaltungsgericht bestätigt. Es genüge nicht, pauschal vorzutragen, es habe für die jeweiligen Aufträge keine anderen Bieter am Markt gegeben. Die Vergabeakte lasse nämlich nicht erkennen, dass der Zuwendungsempfänger den Markt daraufhin überhaupt erkundet hatte. Zudem habe er es unterlassen, die Auflage anzufechten, wenn die

Mindestzahl von drei Bietern nicht habe erreicht werden können. Merke also: Auch der bäuerliche Betrieb muss sich mit dem Vergaberecht befassen, und vor allem: Er muss seine Erwägungen beim Abweichen von Vorschriften vorab genehmigen lassen und vollständig dokumentieren.

VG Magdeburg (Urt. v. 19.06.2017, Az: 3 A 211/16)

► FINALES ANGEBOT Aufklären erlaubt Änderungen nicht mehr möglich

Die Generalplanung für den Neubau einer Theaterwerkstatt ist ein recht komplexes Unterfangen. Entsprechend anspruchsvoll waren die Vergabeunterlagen, die der Auftraggeber für die Teilnehmer dieses Verhandlungsverfahrens erstellt hatte. Letztlich wuchs ihm die Komplexität seiner eigenen Vergabe über den Kopf. Denn wohl erst aus dem finalen Angebot eines der vier Bieter erkannte er, dass seine Kostentabellen nicht geeignet sind, vergleichbare Angebote zu erhalten. Insbesondere zeigte die Preiskalkulation der beiden Erstplatzierten systematische Unterschiede, die es auszuräumen galt. Dafür bat der Auftraggeber den führenden Bieter um eine Aufklärung dergestalt, dass er seine Preise in einer anderen – den anderen Angeboten vergleichbaren Systematik – darstellen möge. Dieser Bieter wiederum erkannte bei der Umrechnung, dass er eine Kostenposition vergessen hatte, die er in die neue Systematik wieder integriert hat. Dadurch hat sich sein Endpreis verändert. Der Bieter wurde zu Recht aus dem Wettbewerb ausgeschlossen. Das geänderte Angebot kann nicht gewertet werden, befindet die Vergabekammer. Denn der Auftraggeber war ausdrücklich nicht in eine neue Verhandlungsrunde eingetreten, sondern hatte nur eine Aufklärung begehrt. Dementsprechend hatte der Bieter seine Antwort auch einfach gefaxt, was für ein neues Angebot ebenfalls formwidrig gewesen wäre. Eine Preisänderung war daher unzulässig. Dieser neue Preis zeigte aber auch, dass das ursprüngliche finale Angebot nicht alle geforderten Preise enthielt. Also war auch dieses nicht wertbar.

VK Lüneburg (Beschl. v. 05.09.2017, Az.: VgK-26/2017)

► NEBENANGEBOTE

Umdeuten hilft nicht Hauptangebote nicht kombinierbar Für ein Bauvorhaben hatte der Auftraggeber Nebenangebote nicht zugelassen. Alleiniges Wertungskriterium sollte der Preis sein. Ein Bieter legte jedoch ein Angebot vor, dem 18 unterschriebene Beiblätter hinzugefügt waren, die das Angebot jeweils in einer einzelnen Position abänderten. Auf dem Formblatt 213 erklärte der Bieter, es handele sich um 18 Nebenangebote. Betitelt hatte er diese Beiblätter jedoch als “Alternativangebote”. Der Auftraggeber versuchte daher herauszufinden, ob diejenigen “Alternativangebote”, welche die Vorgaben des LV unverändert erfüllen, nicht auch als

zusätzliche Hauptangebote gewertet werden könnten. Nach entsprechendem Aufklärungsgespräch wertere er insgesamt drei dieser Angebote als Hauptangebote. Er rechnete nun einen neuen Wertungspreis aus, in dem er die jeweiligen Positionen, die diese Beiblätter veränderten, entsprechend im ersten Hauptangebot ersetzte. Diese Kombination hatte den niedrigsten Wertungspreis. Auf Betreiben des Zweitplatzierten stellt die Vergabekammer fest, dass eine solche Kombination nicht möglich sei. Wenn es sich um Haupt- und nicht um Nebenangebote handelt, so ist jedes Hauptangebot nur so zu verstehen, dass jedes Beiblatt ein eigenes Hauptangebot mit jeweils genau einer Abweichung darstellt. Insofern könne dann auch immer nur eine Abweichung bezuschlagt werden, nicht aber die Kombination mehrerer Hauptangebote. Hier findet also die Umdeutung von Neben- in Hauptangebote ihre Grenzen. VK Baden-Württemberg (Beschl. v. 24.07.2017, Az: 1 VK 23/17)

► ZUVERLÄSSIGKEIT

Markierungsfehler

Verkehrssicherungspflicht beachten!

Man kennt das von Autobahnbaustellen: Fehlerhafte oder gar völlig aufgelöste Straßenmarkierungen sind für den Autofahrer ein Ärgernis. Sie sind aber auch gefährlich und der Straßenbauträger steht in der Haftung, wenn sie ursächlich für einen Unfall sind. Kein Wunder also, dass die Straßenbaubehörden Aufträge nur an Unternehmen vergeben wollen, von denen sie erwarten, dass sie nicht nur technisch in der Lage sind, solche Markierungen anzubringen, sondern dies auch regelgerecht tun. Streit darüber gab es in der Vergangenheit schon mehrfach in Unterschwellenverfahren vor der Vergabekammer Sachsen-Anhalt. Sie sieht die Erfahrung eines Auftraggebers, dass ein bestimmtes Unternehmen in der Vergangenheit nicht regelkonforme Straßenmarkierungen aufgebracht hat, grundsätzlich als geeignet an, zunächst von einer negativen Prognose für künftige Aufträge auszugehen. Sie betont aber auch, dass eine frühere Schlechtleistung kein Freibrief ist, Bieter nach nur oberflächlicher Eignungsprüfung sogleich auszuschließen. Sie verlangt, eine dokumentierte Abwägung zwischen den vom Bieter vorgetragenen positiven Eignungsfaktoren (Präqualifikation, Referenzen, auch: Umstrukturierungen zur Leistungsverbesserung) und der eigenen negativen Erfahrung vorzunehmen. Ohne diese Gesamtbetrachtung fehlt es an der notwendigen Tatsachengrundlage für die negative Prognose.

VK Sachsen-Anhalt (Beschl. v. 28.07.2016, Az.: 3 VK LSA 20/16 u. v. 02.05.2017, Az.: 3 VK LSA 11/17)

Zusammenfassung der Entscheidungen: RA und FA für Vergaberecht Dr. Rainer Noch, München und Unkel/Rh. (Oppler Büchner PartGmbB)

jeden Monat im Behörden Spiegel ◄

2.541 Seiten, die auf keinem (Vergabe-)Schreibtisch fehlen sollten (BS/Volker Romeike*) In vierter Auflage ist der Kompaktkommentar Vergaberecht, herausgegeben von Dr. Klaus Willenbruch und Kristina Wieddekind, im Werner Verlag, Köln, erschienen.

Die Neuauflage des “Willenbruch/Wieddekind” bietet eine umfassende rechtliche, insbesondere aber praxisfundierte Darstellung und Erläuterung sämtlicher Neuregelungen aus der Vergaberechtsreform bis hin zur Unterschwellenvergabeordnung (UVgO).

Die Herausgeber tragen der inhaltlichen, aber ihrer Einschätzung nach vornehmlich tiefgreifenden strukturellen Änderungen im Vergaberecht dadurch Rechnung, dass sie von der vielfach begrüßten “LosStruktur” in ihrer Neuauflage nunmehr zur traditionellen Kommentar-Struktur zurückkehren. In insgesamt 17 Kapiteln wird das Vergaberecht von GWB über VgV und VOB/A EU, UVgO und Landesvergabegesetze bin hin zu Kommentierungen zu Korruption umfassend behandelt.

Mit der Wahl des Autorenteams ist den Herausgebern eine besondere Einbindung aller an

Vergabeverfahren Beteiligten gelungen. Das 26-köpfige Team setzt sich zusammen aus Vertretern von Vergabekammern und -senaten, anerkannten Vergaberechtsanwälten und –besonders hervorzuheben – im öffentlichen Markt tätigen Beschaffungspraktikern. Hierbei wurde konsequent darauf ge-

achtet, dass dieselben rechtlichen Gegenstände in der Hand eines Bearbeiters verbleiben, um Widersprüche zu vermeiden.

Der “Willenbruch/Wieddekind” ist ein für alle mit Rechtsfragen des Vergaberechts Befassten, aber insbesondere auch für den Praktiker aus größeren Vergabestellen oder Beratungseinrichtungen nützliches Werk, das eine praxisorientierte Ausgewogenheit zwischen detaillierter rechtlicher Kommentierung und anwenderfreundlicher Vermittlung darstellt. Es wäre den Herausgebern zu wünschen, dass ihre im Vorwort geäußerte Erwartung richtig ist: Die Einbeziehung der VOB/A-Regelungen in die neue VergaberechtsStruktur wird in einem zweiten Schritt bald folgen.

*Volker Romeike ist Geschäftsführer der Auftragsberatungsstelle Schleswig-Holstein (ABST SH) e. V.

Drei Mal vor der Vergabekammer

Bonn und Falck streiten über Rettungsdienstleistungen

(BS/jf) Wo greift die Bereichsausnahme bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gemäß § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB im Rettungsdienst? An dieser Frage scheiden sich die Geister, aktuell in Bonn. Der Europäische Gerichtshof wird für Klarheit sorgen müssen. Wann das passiert, steht aber noch nicht fest.

Eigentlich ist der Wortlaut des Gesetzestextes klar: Das GWB ist nicht anzuwenden auf Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und unter eine von neun möglichen Referenznummern des “Common Procurement Vocabulary” mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen. In diesem Kontext handelt es sich bei gemeinnützigen Organisationen um Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind. Soweit so gut, doch bei der Vergabe von Rettungsdienstleistungen kommt es immer wieder zu Nachprüfungsverfahren durch die dänische FalckUnternehmensgruppe. Denn die Patientenbeförderung mit Krankenwagen ist ausdrücklich nicht Bestandteil der Ausnahmeregelung, wird aber vielerorts mit dem Einsatz im Rettungsdienst zusammengefasst und soll dann ohne europaweite Ausschreibung vergeben werden – meist an die etablierten Hilfsorganisationen. Für das Unternehmen ist das Prozedere fasst schon Routine. Inzwischen sind etwa 2.500 Mitarbeiter an über 60 Standorten in Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, NRW, Hessen, Brandenburg und Sachsen im Unternehmen beschäftigt. Zuletzt übernahm das Unternehmen einen Teil des Rettungsdienstes in Köln. Nach einer europaweiten Ausschreibung werden bei einer Feuer- und Rettungswache zwei Jahre lang (mit einjähriger Verlängerungsoption) ein Notarzteinsatzfahrzeug und vier Rettungswagen betrieben. Doch auch hier erst, nachdem das Unternehmen vor die Vergabekammer zog.

In Bonn beschloss der Stadtrat ebenfalls, die bisherigen Hilfsorganisationen mit der Aufgabenerledigung ab Januar 2018 neu zu betrauen und sich auf § 107 GWB zu berufen. Falck ging zur Vergabekammer und bekam

Recht. Das Verfahren wurde gestoppt, die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zum Fall Solingen soll abgewartet werden. Auch hier hatte das Unternehmen geklagt und war den Weg durch alle Instanzen gegangen.

Rat nicht befolgt DiezuständigeVergabekammer Rheinland trug der Stadt auf, interimsweise den Rettungsdienst auszuschreiben und auch dem Unternehmen die Beteiligung am Verfahren zu ermöglichen. Der Stadtrat entschied sich dagegen für eine erneute Vergabe als Bereichsausnahme. Obwohl

sich nach Medieninformationen die Mitarbeiter aus der Verwaltung klar gegen dieses Vorgehen ausgesprochen hatten. Folglich landete das Verfahren zum zweiten Mal vor der Vergabekammer. Jetzt hat die Stadt ein Interimsverfahren mit Ausschreibung gestartet, doch auch damit ist der Konzern nicht zufrieden und zog zum dritten Mal vor die Vergabekammer. Falck rügte eine fehlende EU-Bekanntmachung, eine rechtswidrige Fristsetzung sowie wettbewerbswidrige Absprachen der Stadt mit den Hilfsorganisationen. Wann das Verfahren nun entschieden wird, steht noch nicht fest.

qanuun-aktuell

Einsicht und Weitsicht von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune

Kürzlich habe ich vor einer Gruppe osteuropäischer Verwaltungsführungskräfte die Korruptionspräventionsmaßnahmen in Deutschland vorgestellt. Sie stießen auf reges Interesse, aber die Frage nach den gesellschaftlichen Ursachen für Korruption interessierte die Teilnehmer nicht weniger. In der Diskussion wurde schnell klar, dass in ihrem Heimatland die geringen Gehälter der staatlichen Bediensteten, das ebenso geringe Ansehen der staatlichen Organe, die allgemein große Skepsis gegenüber dem Staat und eine lange Korruptionspraxis seit Generationen Ursachen für die dortige Situation waren. Man war sich sicher, dass das in Deutschland viel besser sei.

Ich konnte nur denken, ja, aber wie lange noch? Das Berufsbeamtentum wurde in regelmäßigen Abständen immer wieder einmal kritisch hinterfragt. Brauchen wir so viele Polizisten? Warum müssen Lehrer verbeamtet sein? Seitdem die terroristische Bedrohung der Inneren Sicherheit in Deutschland und Europa ein stärkeres Gewicht gegeben hat, werden diese Fragen sel-

Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e. V. In jeder Ausgabe des Behörden Spiegel kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention.

Foto: BS/www.qanuun.org

tener gestellt. Allerdings zeigt die aktuelle Berichterstattung über die Schwierigkeiten zur Rekrutierung kompetenter und qualifizierter Anwärter für die Berliner Polizei, dass die Probleme nicht kleiner werden. Die demografische Entwicklung erschwert die Bestenauslese in allen Branchen. Das angemessene und sichere Gehalt ist ein Argument, um junge Menschen für den Staatsdienst zu interessieren. Die gesellschaftliche Wertschätzung und politische Anerkennung sowie Unterstützung ihrer Arbeit ist nicht weniger wichtig. Und insoweit sind alle gefordert. Ihnen ein frohes Fest und alles Gute für 2018!

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 10 Beschaffung / Vergaberecht S010_BS12_All_cl
Dr. Klaus Willenbruch, Kristina Wieddekind (Hrsg.): Vergaberecht Kompaktkommentar, Werner Verlag, 4. Auflage, 2017, 189,00 Euro

Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung

Referat 01 Büro des Ministers und des Staatssekretärs, Presse Dr. Spreen -5430

Minister Dr. Bernd Althusmann

Foto: BS/www.berndalthusmann.de

Stabsstelle Beauftragte für Investitions- und Planungsbeschleunigung sowie Bürgerbeteiligung

Almuth Witthaus -5622

Referat-Gruppe Z

Zentrale Dienste

Carmen Schwabl -5459

Referat Z 1

Personal, Organisation

Carmen Schwabl -5459

Referat Z 2

Haushalt, EU-Finanzkontrolle

Torsten Eule -5449

Referat Z 3

Kabinett, Landtag, Bundesrat, Ministerkonferenzen

Roland Irek -5425

Referat Z 4

Innerer Dienst Udo Ernst -5403

Referat Z 5

Digitalisierung, Strategische Planung und Koordinierung, EU-Angelegenheiten

Uta Kreutzenbeck -5610

Referat Z 6

Zentrale Vergabestelle, Informationstechnik

Dr. Andrea Lindecke -5446

Abteilung 1 Wirtschaftsordnung und Arbeitsmarkt Ute Stahlmann -5744

Referat 11 Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik Dr. Petra Drews -5718

Referat 12 Arbeits- und Tarifrecht, Finanzdienstleistungen

Andreas Kohlmeier -5702

Referat 13 Arbeits- und Beschäftigungsförderung, Berufliche Qualifizierung

Bernd Nothnick -5730

Referat 14 NBank und EU-Bescheinigungsbehörde

Susanne Meine -5600

Referat 15 Wettbewerbs- und Energiekartellrecht Landeskartellbehörde

Heike Zinram -8412

Referat 16

Öffentliches Auftragswesen, Preisrecht, Vergabekammer

Katrin Steffens -8414

Referat 17 Wirtschaftsrecht, EU-Beihilferecht, Justiziariat

Gabriele Recker -8409

Staatssekretär Dr. Berend Lindner

Stefan Muhle (ab 9. Januar 2018) -5434

Abteilung 2 Mittelstand Ralf Borchers -5531

Referat 20 Mittelstand, Handwerk Joachim Braun -5522

Referat 21 Kammern, Dienstleistungen, Handel, Gewerbe, Freie Berufe Dr. Roddewig -5612

Referat 22 Kommunikationsdienstleistungen

Norman Ranke -5528

Referat 23 Tourismus, Kreativwirtschaft

May-Britt Pürschel -5541

Referat 25 Außenwirtschaft, Ansiedlung, Marketing

Ralf Pospich -5583

Gleichstellungsbeauftragte Petra Paschke 5418

HPR – Vorsitzender Reinhard Gebbeken 5419

PR – Vorsitzender Wilfried Kahle 5423

Schwerbehindertenvertretung Peter Dörbaum 5489 Beauftragter für den Datenschutz

Mittelstandsbeauftragter

Joachim Braun -5522

Abteilung 3 Industrie und Maritime Wirtschaft Ingelore Hering -5634

Referat 30 Industrie- und Technologiepolitik Hartmut Schaper -5644

Referat 31

Rohstoffe, Energiebelange der Wirtschaft, Industrielle Großprojekte

Norbert Conrad -5657

Referat 32

Automotive, Luftfahrt, Leichtbau Almuth Witthaus -5622

Referat 33 Ernährung und Life Sciences, Chemie, Konsumgüter, Eich- und Materialprüfwesen

Dr. Stephanie Pohl -5647

Referat 34 Häfen, Schifffahrt, Schiffbau Uwe Jacob -5618

Referat 35 Regionale Wirtschaftsstrukturpolitik, Investitionsförderung, Unternehmenssanierung und EFRE-Koordinierung

Eberhard Franz -8400

Abteilung 4 Verkehr Dr. Christoph Wilk -7851

Referat 40 Verkehrspolitik, Mobilität, Logistik

Hans-Peter Wyderka -7850

Referat 41 Bundesfernstraßenbau, Grundsatzangelegenheiten Bundesauftragsverwaltung

Hans-Peter Wagner -7865

Referat 42 Landesstraßen, Kommunale Straßenbauförderung, Straßenverkehrsmanagement und -betrieb

Peter Saborowski -7874

Referat 43 Straßenverkehrsrecht, Straßenrecht, Güterkraftverkehr, Verkehrssicherheit

Helga Worlitzsch -7824

Referat 44 Schiene, Öffentlicher Personennahverkehr

Richard Eckermann -7831

Referat 45 Luftverkehr

Eric Oehlmann -7826

Hausanschrift

Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung

Friedrichswall 1

30159 Hannover

Telefon: 0511 / 120-0 oder 0511 / 120-Nebenstellennummer

Telefax: 0511 / 120-5770

E-Mail: info@mw.niedersachsen.de

Internet: www.mw.niedersachsen.de

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Grafik: Behörden Spiegel-Gruppe Quelle: MW Niedersachsen Stand: November 2017 Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 11 Personelles

Der türkisch besetzte Nordteil umfasst rund 36 Prozent der Insel. Die Republik Zypern vertritt in Deutschland Botschafter Andreas Hadjichrysanthou. Seit April dieses Jahres ist der 59-Jährige in Berlin und seit über 25 Jahren im auswärtigen Dienst Nikosias. Er war u. a. in Brüssel, London, New York, von 2007–2011 als Botschafter bei den Vereinten Nationen in Genf, kehrt ins zypriotische Auswärtige Amt zurück und kümmert sich, bevor er bei uns akkreditiert wird, insbesondere um die geopolitische Spaltung seiner Heimat.

“So wie die Deutschen hart daran gearbeitet haben, ihre fast fünfzig Jahre währende Teilung zu überwinden, tun dies seit 43 Jahren auch griechische wie türkische Zyprer”, betont Hadjichrysanthou. “Doch diese wird bis heute von der Türkei durch die illegale Stationierung von 43.000 schwer bewaffneten Truppen aufrechterhalten.” Alle Bemühungen um eine Wiedervereinigung, wie zuletzt bei der UN-Zypern-Konferenz im schweizerischen Crans Montana im Juli diesen Jahres, gehen ins Leere.

Wandel durch Annäherung

“Die Türkei beharrt auf einem militärischen Interventionsrecht in Zypern, das alle fünfzehn Jahre geprüft wird, und dauerhaft stationierten Soldaten. Der von der UN gesetzte Rahmen territorialer Anpassungen, die griechisch-zyprischen Anliegen zu berücksichtigen, verweigert sie. Ferner besteht sie zu Unrecht auf freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr für ihre Staatsangehörigen in einem wiedervereinigten Zypern und dass alle EU-Verträge entsprechend geändert und von den Parlamenten der EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Trotz alledem bleibt ein unabhängiger, geeinter und souveräner Staat auf der Grundlage der Resolution des UN-Sicherheitsrates unser Ziel.” “Wandel durch Annäherung” nannte das einst Egon Bahr in seiner Tutzinger Rede 1963. Tempora mutantur – und wir ändern uns mit ihnen... Die deutsch-zypriotischen Beziehungen brauchen dagegen nicht groß gewandelt werden. Sie sind auf allen Ebenen seit über sechs Jahrzehnten eng und vertrauensvoll. Berlin und Nikosia stehen für ein starkes Europa. “Um effizient und gemeinsam aktuelle Herausforderungen zu bewältigen, auch in Bezug auf Migration, Terrorismus und Fremdenfeindlichkeit, müssen wir überlegen, wie wir die EU stärken können. In den verschiedenen Gremien des EURates vertreten unsere Länder in vielen politischen, ökonomischen und ökologischen Fragen ähnliche oder identische Positionen. Wir gehören der Eurozone an und sind an der laufenden Debatte, die Eurozone als Teil einer größeren Vereinbarung für eine Union festzulegen, in der alle Mitgliedsstaaten ohne Diskriminierung oder Ausgrenzung ihren Platz finden, sehr interessiert.”

Seefahrt und Tourismus

“Im Bereich des bilateralen Handels gibt es Raum für Ver-

ExEquatuREn

Ein geeintes Zypern bleibt unser Ziel

Ein Gespräch mit dem zyprischen Botschafter Andreas Hadjichrysanthou in Berlin

(BS/ps) Als der Himmel noch auf Erden, diese eine Scheibe und die Welt so in Ordnung, residieren die hellenischen Götter auf dem Olymp. Dort ist es angenehm kühl, überall fließen Milch, Honig und Retsina. Die Herrschaften genießen die unverbaute Aussicht und widmen sich dem Liebeshändel, Meuchel-, Gift- und Lustmorden – eher weniger der schnöden Welt unten. Auch die Horen (“Stunden”), drei göttliche Pförtnerinnen am olympischen Tor, zuständig für die Jahreszeiten und eigentlich auch für ein geregeltes Leben in und um die Ägäis, sind mit ihren Gedanken gern woanders. So verliert das Trio im Laufe der Zeit seinen Job hienieden, z. B. auf Zypern, aus den Augen. Die im östlichen Mittelmeer gelegene wunderschöne Insel gefällt schon seit der Bronzezeit den üblichen Eroberern zum Besetzen gut. Sie wird römisch, byzantinisch, fränkisch, im 19. Jahrhundert britisch, 1960 unabhängig und nach der türkischen Invasion 1974 faktisch zweigeteilt.

die exquisiten Bodenmosaiken der römischen Villen in Paphos, die Szenen aus der Mythologie darstellen und zu den besterhaltenen im östlichen Mittelmeer gehören, oder die beeindruckenden, mit dorischen Säulen geschmückten Felsengräber der Könige. Darüber hinaus gibt es auch die vielen byzantinischen Fresken und Malereien in unseren Kirchen, von denen zehn als UNESCO-Weltkulturerbe gelten. Dies zu fördern, ist auch eine der Hauptaufgaben der Botschaft.”

Zumal heuer das 100. Todesjahr des Pioniers der zypriotischen Archäologie, Max Ohnefalsch-Richter ist. Eine große Anzahl seiner Funde zeigt das archäologische Institut der Humboldt-Universität derzeit im Neuen Museum Berlin (Museumsinsel). Das trifft sich eigentlich ganz gut. Botschafter Andreas Hadjichrysanthou hat dann nämlich zufällig Geburtstag. Die meisten davon hat er als Diplomat begangen.

Seit acht Monaten in Deutschland im Amt: der zypriotische Botschafter Andreas Hadjichrysanthou

Botschafters Rezept

Afelia – Schweinefleisch mit Koriander (für 4 Personen)

Zutaten: 2 kg Schweinefleisch (aus der Schulter oder dem Bauchlappen), in Würfel geschnitten, Salz und Pfeffer, Getrocknete und zerstoßene Koriandersamen, 1 Tasse trockener Rotwein, 3/4 Tasse Olivenöl, 2 Lorbeerblätter

Zubereitung: Aus 1/3 des Olivenöls, der Hälfte des Rotweins, Salz, Pfeffer und den Koriandersamen eine Marinade herstellen und das in Würfel geschnittene Schweinefleisch darin marinieren. Das restliche Olivenöl in einer Pfanne erhit-

besserungen. Der Gesamtwert betrug im Jahr 2015 407 Millionen Euro, mit einem Überschuss von 346 Millionen Euro zugunsten Deutschlands. Aber wir glauben, dass die derzeit bescheidenen deutschen Importe in naher Zukunft steigen. Fortschritte dürften auch noch im Tourismus, einem wichtigen Sektor unserer Wirtschaft, möglich sein. Tatsächlich liegt Deutschland 2016 mit rund 124.000 Besuchern nach dem Vereinigten Königreich (1,2 Millionen), Russland (782.000), Griechenland (160.000) und Israel (148.000) an fünfter Stelle. Zufriedenstellend ist die Kooperation unserer Länder in der Schifffahrt. Es sei darauf hingewiesen, dass Zypern die zehntgrößte Handelsflotte der Welt und die drittgrößte innerhalb der EU besitzt, mit einem der größten Seeschifffahrts- und

(BS/jf) Folgende Exequaturen sind Diplomaten in Deutschland erteilt worden:

Pannabha Chandraramya, Generalkonsulin des Königreichs Thailand, Ivan Bulić, Generalkonsol von Kroatien, Prof. Dr. Dietger Niederwieser, Honorarkonsul der Italienischen Republik, Christian Freiherr von Stetten, Honorargeneralkonsul der Republik Malediven, Vasco Gerhard Szymanski; Honorarkonsul der Portugiesischen Republik.

zen, das Fleisch aus der Marinade nehmen und abtropfen lassen. Dabei die Marinade zurückbehalten. Das Fleisch im heißen Öl anbraten. Die Lorbeerblätter dazugeben und mitbraten, bis sie knusprig und goldbraun sind. Das überschüssige Öl aus der Pfanne entfernen. Marinade und restlichen Rotwein dazugeben. Die Pfanne abdecken und das Fleisch so lange kochen lassen, bis es zart ist. Nach Bedarf etwas Wasser dazugeben. Mit Bulgur (parboiled Weizen) oder Kartoffeln und einer Sauce aus Wein und Koriander servieren.

Schiffsmanagementzentren überhaupt.”

Bis vor wenigen Jahren stand das Eiland, nur halb so groß wie Sachsen, mit gut einer Million Einwohnern vor allem wegen seiner lockeren Fiskalpolitik, laxen Bankenaufsicht und miesen Finanzpraktiken in den Schlagzeilen und letztlich in einer schweren Wirtschaftsund Finanzkrise. Doch das ist zum Glück – Geschichte. “Das Staatsdefizit, das jahrelang zwischen fünf bis sechs Prozent des BIP lag, ist vollständig behoben. 2017 wird es im vierten Jahr in Folge einen ausgeglichenen Staatshaushalt mit einem Primär-Überschuss (Einnahmen übersteigen die Ausgaben) geben.”

Chancen und Perspektiven “Dies ermöglicht es uns, die Steuern stabil zu halten sowie erhebliche Steuererleichterungen und Anreize zur Förderung der Wirtschaftstätigkeit zu gewähren. Die Körperschaftssteuer beträgt 12,5 Prozent und die 2011 eingeführte Arbeitssteuer ist seit diesem Jahr abgeschafft was die Einstellung neuer Mitarbeiter erleichtert. Ebenso wurde eine Steuer auf das Eigentumsvermögen abgeschafft und die Gebühren für Eigentumsübertragung um 50 Prozent gesenkt, was dem Immobiliensektor Auftrieb verleiht.

Darüber hinaus haben wir einen permanenten Steuerabzug für jedes neue Kapital, das in ein zypriotisches Unternehmen investiert wird, auf der Grundlage eines fiktiven Zinssatzes und eine zusätzlichen Steuervergünstigung für Start-ups und innovative Unternehmen eingeführt. Das östliche Mittelmeer ist eine Region mit Chancen und Perspektiven, nicht zuletzt im Energiesektor. Die Kapital- und Liquiditätskennzahlen haben sich verbessert und liegen über dem EU-Durchschnitt, unser

Fotos: BS/Dombrowsky

BIP bei circa drei Prozent und die Bankenaufsicht nun bei der EZB. Alle Schlüsselsektoren der Wirtschaft tragen nun zum Wachstum bei. Wir arbeiten jetzt an einer großen Justizreform, einschließlich einer erheblichen Investition in die E-Justiz und der Einrichtung eines neuen Fachgerichts hierfür ab 2018.

All das prägt auch das Bild der Insel positiv, was, als 2013 dort die Wirtschaftskrise ausbrach, nicht immer schmeichelhaft war.”

Zypern und Deutschland im Vergleich

“Als ich im vergangenen April Botschafter wurde, war mein erster Eindruck, dass Zypern, anders als Länder wie Frankreich, kein sehr signifikantes und historisch gewachsenes Image in Deutschland hat. Es gilt eher als ein fantastisches Ziel für Strandurlaube, Wassersport, Tauchen, Windsurfen und Segeln. Darüber hinaus möchten wir auch, dass unsere Besucher unsere atemberaubenden Bergpfade, die einzigartige Vegetation, die kulinarischen Traditionen und die zyprische Kultur entdecken. Zum Beispiel die archäologischen Schätze, wie

Ist ihm bei seiner jetzigen Stage das “typisch Deutsche” schon aufgefallen? “Da ich vor vielen Jahren Soziologie an der Universität Straßburg studiert habe, hatte ich die Gelegenheit, die Größe und die auf dem Denken beruhende Gründlichkeit der deutschen Philosophie kennenzulernen und ebenso ihren unschätzbaren Beitrag, im Bemühen der Menschheit die scheinbar unergründlichen Muster unserer Welt zu verstehen und dem Leben und der Welt Sinn zu geben. Es sei daran erinnert, dass Max Weber, ein Deutscher, als einer der Gründerväter der Soziologie gilt. Aus diesen Gründen würde ich sagen, dass typisch deutsch für mich die Größe und Bedeutung des Denkens der deutschen Philosophen und ihr Beitrag zum besseren Verständnis der komplexen und verwirrenden Natur der Menschheit ist.”

Einmal in die Vergangenheit reisen Letzte Frage – möchte er einmal mit jemand tauschen? “In Deutschland gibt es so viele wichtige und interessante Persönlichkeiten, sei es in Politik, Wissenschaft, Kultur oder Wirtschaft, mit denen ich mich für einen Tag austauschen möchte. Wenn ich aber die Möglichkeit hätte, rechtzeitig zurückzureisen, wünschte ich, ich könnte einen Tausch mit dem ersten historisch verbürgten Deutschen haben, der nach Zypern gereist ist, und das war der kaiserliche Kanzler Conrad von Hildesheim, der 1196 im Auftrag von Kaiser Heinrich VI. nach Zypern ging, um König Amalrich von Zypern dahingehend zu beeinflussen, Isabella von Jerusalem zu heiraten und die Krone von Jerusalem anzunehmen (und er tat es). Es wäre interessant und aufregend gewesen, aus erster Hand seine Eindrücke vom mittelalterlichen Zypern zu hören.”

Präsente Geschichte: Im Büro des Botschafters finden sich mehrere Kunstgegenstände aus der Vergangenheit: eine antike Vase (links) und der Kopf eines Jünglings als Replik einer Bronzestatue aus dem 2. Jahrhundert nach Christus.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 12 Diplomaten Spiegel S012_BS12_All_cl

Nicht ohne Eingliederungsmanagement

Krankheitsbedingte Kündigungen in der Verwaltung

(BS/Lora Köstler-Messaoudi) Seit 2004 sind Arbeitgeber verpflichtet, länger erkrankten Beschäftigten ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (kurz: BEM) anzubieten. Für den Rechtsexperten und Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Christoph Tillmanns, ist das BEM Fluch wie auch Segen für die Personalpraxis. Er erläuterte in Bonn auf dem Kongress “Zukunft Dienstrecht” den rund 200 Fachteilnehmern die aktuelle Rechtsprechung in diesem Bereich, sowie die Anforderungen und Stolpersteine bei der Durchführung eines gesetzkonformen BEM.

Gesetzlich verankert ist das BEM in § 84 Absatz 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Ein Arbeitgeber hat demnach allen Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein BEM anzubieten. Der Arbeitgeber muss damit klären, “wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann”. Damit der Mitarbeiter nicht wegen dem häufigsten

Kündigungsgrund – Krankheit – entlassen werden muss.

Element krankheitsbedingter

Kündigung

In der Praxis bringt das BEM Arbeitgebern einige Vorteile. So können damit die Arbeitsunfähigkeitszeiten reduziert, Mitarbeiter effizient eingesetzt oder auch die Erfolgsaussichten einer krankheitsbedingten

Kündigung beurteilt werden.

Auf der anderen Seite ist das

BEM inzwischen jedoch auch

Gegenstand zahlreicher (vor allem arbeits-) gerichtlicher

Entscheidungen geworden.

“Ein ordnungsgemäßes BEM ist wichtig”, mahnt Tillmanns

Zwar sei das BEM nur ein Element der krankheitsbedingten

Kündigung, es werde aber immer wichtiger.

Verzichtet ein Arbeitgeber vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung auf ein BEM, liegt bei ihm die Beweislast, dass auch bei Durchführung eines BEM das Arbeitsverhältnis nicht hätte erhalten werden können. Ein Arbeitgeber ist in einer solchen Situation einem großen Risiko ausgesetzt, einen nachfolgenden Kündigungsschutzprozess zu verlieren. Bei einem unterlassenen BEM liegt beim Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast, dass ein BEM deswegen entbehrlich war, weil es wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Arbeitsnehmers unter keinen Umständen ein positives Ergebnis hatte bringen können. “Der Arbeitgeber darf sich nicht darauf beschränken,

Augenschule für gesundes Sehen

Tagsüber in der Informationsflut versunken und abends müde Augen?

(BS/ Christiane Stütz) Schöne neue Welt per Mausklick, solange unsere Augen als Leistungsträger funktionieren, was aber, wenn die Sehleistung nachlässt, ist das der Preis der Digitalisierung?

Inzwischen sind 60 bis 70 Prozent aller Erwachsenen auf Sehhilfen angewiesen und wir können uns alle ausmalen, wie es bei den nachfolgenden Generationen aussehen wird. Dabei ist es so einfach, die Herausforderung der digitalen Welt im Hinblick auf unsere Augen anzunehmen und durch entsprechende Aufmerksamkeit den hohen und einseitigen Belastungen entgegenzuwirken. Immer mehr Kurzsichtigkeit

Christiane Stütz arbeitet selbstständig als Dozentin, Trainerin und Coach und ist Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für SchnellLesen. Foto: BS/privat

um das Blatt auf Entfernung zu halten und Lesen wird immer anstrengender.

pauschal vorzutragen, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten, bzw. es gebe keine geeigneten freien Arbeitsplätze”, erläutert Tillmanns. Stattdessen müsse der Arbeitgeber für alle Arbeitsplätze in seinem Unternehmen belegen, dass ein Einsatz nicht möglich sei. “Das sind Anforderungen sie so gut wie nicht zu erfüllen sind”, so Tillmanns. Besser sei es daher, in jedem Fall schon vorher ein BEM durchzuführen.

Startschuss: Einladung

Wichtig für die ordnungsgemäße Einleitung eines BEM ist u. a. der Inhalt des Einladungsschreibens. Es muss den Zweck des BEM, einen Hinweis auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendenden Daten, eine Darstellung des Ablaufes des BEM sowie einen Hinweis auf die Möglichkeit, den Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung auszuschließen, enthalten. In der Fachliteratur werde laut Tillmanns zudem auch angenommen, dass das Einladungsschreiben einen Hinweis auf die Kündigungsmöglichkeit bei Nichtzustimmung enthalten soll. Verweigert der Beschäftigte die Zustimmung, darf das Verfahren nicht begonnen werden. Das BEM-Verfahren ist dann zunächst beendet. Spätestens ein Jahr später muss der Arbeit-

geber nochmals den Versuch unternehmen, ein BEM einzuleiten. Erklärt der Betroffene, er wolle kein BEM und auch keine spätere Nachfrage, besteht für den Arbeitgeber keine Pflicht, ein BEM in bestimmten Zeiträumen erneut anzubieten.

Offener Suchprozess

Dem Bundesarbeitsgericht zufolge ist ein BEM ein umfassender, ergebnisoffener Suchprozess. Das Verfahren entspricht den gesetzlichen Anforderungen, wenn es die beteiligten Stellen, Ämter und Personen einbezieht, keine vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Anpassungs- oder Änderungsmöglichkeit ausschließt und die von den Teilnehmern eingebrachten Vorschläge sachlich erörtert werden. Zum betrieblichen Eingliederungsmanagement nicht gehören betriebsärtzliche Untersuchungen und damit mit ihnen verbundene Begutachtungen. “Auch das Zustimmungsverfahren beim Integrationsamt ist kein BEM”, betont Tillmanns. Der Ablauf des betrieblichen Eingliederungsmanagements habe ferner nach konkreten Schritten zu erfolgen. Hier empfahl Tillmanns die Handlungsempfehlungen zum betrieblichen Eingliederungsmanagement (5. Aufl. 2015) des Landschaftsverbandes Rheinland LVR – Integrationsamt.

Wenn Arbeitsstress krank macht

Überbelastung ist ein schleichender Prozess (BS/ Dr. Tobias Freyer*) Starker Zeitdruck, fehlende Anerkennung, hohe Anforderungen und eine mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben: Es gibt gravierende Belastungsfaktoren, denen sich Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst heute ausgesetzt sehen. Kommen Konflikte mit Vorgesetzten und Kollegen hinzu oder fehlt das stützende private Umfeld, kann arbeitsbedingter Stress zu ernsthaften psychischen Problemen führen.

Zu Beginn sind es häufig unspezifische Beschwerden, die von den Betroffenen als wenig dramatisch wahrgenommen werden. Dazu gehören etwa Symptome wie Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, Reizbarkeit oder Schlaflosigkeit.

Langfristig erzeugen diese Stresssymptome aber einen zunehmenden Leidensdruck und können die Lebensführung maßgeblich beeinträchtigen. Eine zynische Haltung gegenüber dem eigenen Beruf bis hin zur vollständigen Distanzierung von der Arbeit können die Folge sein. Die Leistungsfähigkeit nimmt ab, man spricht von einem Burnout – ein schleichender Prozess. Bei entsprechender Veranlagung können sich aus diesem Zustand jedoch unter-

schiedliche körperliche und psychische Folgeerkrankungen entwickeln.

Nachhaltig gesund Wer in Phasen der Entlastung nicht mehr regeneriert, sollte sich schnellstmöglich professionelle Hilfe suchen. Der erste Schritt in eine effektive und rasch wirksame Therapie ist eine gründliche Diagnostik. Dies schließt auch die Behandlung von körperlichen Begleiterkrankungen und, wenn nötig, die Gabe von Medikamenten ein. Entscheidend dabei ist, dass der Therapieerfolg auch dann anhält, wenn die Patienten zurück im Alltag sind. Wir wissen, dass sich Rückfälle nach einer erfolgreichen Behandlung durch eine intensive und spezifische Psychotherapie sowie den Einbe-

Da das ursprüngliche Sehverhalten heute auf den Kopf gestellt wird und unsere Augen sich im Bildschirmdauermodus befinden, ist es kein Wunder, dass die Myopie (Kurzsichtigkeit) immer mehr Menschen einholt. Auch unser Freizeitverhalten gleicht dieses Fehlverhalten nicht aus, sondern verstärkt es eher noch. Gerade in Ländern mit hohem Bildungsstandard ist der Anstieg besonders hoch. Die Folgen sind Ermüdungserscheinungen, trockene, gestresste Augen und Kopfschmerzen. Die Augen sind heute unser wichtigstes Sinnesorgan, Teil unseres Körpers und Teil unseres Stoffwechselprozesses. Sind z. B. unsere Augenmuskeln verspannt, wird dieser Prozess blockiert, was unwillkürlich zur Verschlechterung der Sehleistung führt.

Alterssichtigkeit ebenfalls auf dem Vormarsch Auch die Presbyopie (Alterssichtigkeit) ist weiter auf dem Vormarsch, medizinisch lässt die Elastizität der Augenlinse nach, der Ziliarmuskel erschlafft und Ablagerungen auf der Linse verschlechtern die Sehleistung. Der Arm reicht nicht mehr aus,

Was aber kann dagegen getan werden? Können wir unsere Augen trainieren, wie unsere Muskeln im Rücken oder in unseren Beinen? Die Antwort ist: Ja und der Aufwand ist sogar deutlich geringer. Augenmuskeltraining ist kein Krafttraining, sondern ein Lockerungstraining zur Stärkung der Feinbeweglichkeit der Augenmuskeln, was in der Folge zur Optimierung der Sehschärfe führt.

Ganzheitliches Gesundheitsförderungsprogramm

Der Urvater des Augentrainings, Dr. William Bates (18601931) sagte dazu: “Jede Anstrengung überträgt sich auf die Augenmuskeln und fördert die Fehlsichtigkeit, jede Störung der Harmonie zeigt sich in Form eines Brechungsfehlers im Auge.”

Fehlhaltungen beim Sitzen, visuelle Anspannung beim Lernen, flache Atmung und falscher Umgang mit Licht und Dunkelheit wirken sich immer unmittelbar auf unsere Sehleistung aus. Augenschule ist daher heute ein ganzheitliches Gesundheitsförderungsprogramm, das vorhandene und ungenutzte Sehpotenziale stärkt, statt seine Schwächen mit Sehhilfen

Einigung erzielt

auszugleichen. Im Ergebnis sind neue visuelle Erfahrungen möglich, die sich positiv auf das gesamte Wohlbefinden auswirken. Die Augen fit zu machen für die digitale Welt ist daher unerlässlich, denn sie sind Kontaktorgane, sie verbinden die Innenwelt mit der Außenwelt und leisten einen ganz besonderen Beitrag für unsere Gesundheit und unser Leben.

Seminar zum Thema

Bringen Sie Ihre Augen wieder zum Strahlen und erleben Sie im Seminar: Augenschule für Bildschirmarbeit, eine Kombination aus erlebnisorientiertem Augentraining, Aktivierungs- und Regenerationsübungen, Förderung des visuellen Gedächtnisses und der Bedeutung von Licht und Farben für Ihre Augen. Das Seminar wird speziell für die Leserinnen und Leser des Behörden Spiegel am 22.03.2018 in Hamburg und am 25.10.2018 in Bonn angeboten. Durch den Seminarbesuch erhalten Sie einen ganz neuen Blick auf Ihre Augen und viele praktische Übungen für Ihren Bildschirmalltag. Das Seminar ist sowohl zur Prävention als auch zur Verbesserung von Fehlsichtigkeiten geeignet, ausgenommen sind nur Teilnehmer mit akuten Augenerkrankungen. Das Seminar ersetzt nicht die augenärztliche Untersuchung.

Weitere Informationen unter: www.fuehrungskraefte ­ forum. de, Suchwort “Augen”

Tarifeinheitsgesetz kommt nicht zur Anwendung (BS/ab) Die Verhandlungskommissionen der BG Kliniken (Klinikverbund der gesetzlichen Unfallversicherung) und des Marburger Bundes (MB) haben in ihren Tarifverhandlungen einen Durchbruch erzielt. Außerdem haben beide beschlossen, dass die Rechtsfolgen aus der sogenannten Kollisionsnorm des Tarifeinheitsgesetzes nicht eintreten.

Die Tarifeinigung sieht vor, dass die Ärztegehälter konstant steigen. Rückwirkend zum 1. Juli 2017 um 2,54 Prozent und um 2,85 Prozent am 1. Juli 2018. Die Mindestlaufzeit ist auf den 30. September 2019 datiert.

zug des sozialen und beruflichen Umfeldes drastisch reduzieren lassen. In unserer Klinik bieten wir daher ergänzend zur Individualtherapie auch spezielle auf arbeitsbezogene Belastungen zugeschnittene Gruppenkonzepte an.

Weiterführende Informationen zum Thema Burnout erhalten Betroffene auf der Homepage der Parkklinik Wiesbaden Schlangenbad unter www.parklinik ­ schlangenbad.de/burn out­folgeerkrankungen. Unverbindliche Beratungsgespräche können per E­Mail an info@park klinik­schlangenbad.de vereinbart werden.

* Dr. Tobias Freyer ist Ärztlicher Direktor der Parkklinik Wiesbaden Schlangenbad.

Auch haben die Tarifvertragsparteien vereinbart: Mit Zustimmung der Ärzte ist eine Arbeitnehmerüberlassung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz auch über die Dauer von 18 Monaten hinaus bis zu einer Höchstüberlassungsdauer von 60 Monaten möglich. Des Weiteren steigt die Arbeitnehmerbeteiligung an den Umlagebeträgen für die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung um bis zu vier Prozent. Durch die Vereinbarung zum Tarifeinheitsgesetz (siehe Seite vier) werde sichergestellt, dass sowohl der Marburger Bund als

MELDUNG

Alarm!

(BS/jf) Seit 2004 hat sich die Zahl der Gewerbeärzte in Deutschland halbiert, von 133 auf 74 im Jahr 2015. Aufgrund altersbedingter Abgänge dürfte die Zahl sogar noch geringer sein, fürchtet der BTB, die Fachgewerkschaft Technik und Naturwissenschaft im Öffentlichen Dienst. Die Personalvertreter fürchten, dass bald das Licht des arbeits-

auch Verdi weiterhin eigenständige, anwendbare Tarifverträge mit den BG Kliniken schließen können, so die Verhandlungsführer. Die BG Kliniken wiederum verpflichten sich, dass in Tarifverträgen mit Verdi wirkungsgleiche Regelungen getroffen werden. Diese sollen dem Marburger Bund dann mitgeteilt werden.

Zusätzlich verzichten die Verhandlungspartner auf einen Antrag zur Feststellung der gewerkschaftlichen Mehrheit im Betrieb. Die volle Gültigkeit erlange die Abmachungen zwischen BG Kliniken und Marburger Bund, sobald mit Verdi gleichlautende Vereinbarungen getroffen würden.

“Mit dem Abschluss gehören die BG Kliniken weiterhin zu den Top-Arbeitgebern im Krankenhausbereich in Deutsch-

land und werden damit ihrem Führungsanspruch gerecht”, so Ingo Thon, Verhandlungsführer der BG Kliniken. Er fährt fort: “Wichtig für unsere vielfältigen Kooperationen ist die Vereinbarung über eine Ausweitung der Höchstüberlassungsdauer nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz.”

Auch MB-Verhandlungsführer Rolf Lübke äußert sich positiv: “Mit der heutigen Grundsatzeinigung ist es gelungen, einen für alle Seiten praktikablen Weg zum Umgang mit dem Tarifeinheitsgesetz zu finden.” Dieser würde die verfassungsmäßigen Rechte der Mitglieder in den BG Kliniken bewahren. Die zweistufige Entgeltsteigerung trage zusätzlich zur Attraktivität des neuen Tarifvertrages bei.

medizinischen Fachverstandes erlischt. Denn: “Die Ausbildung zum Facharzt für Arbeitsmedizin dauert 60 Monate und wird nur von einigen wenigen Lehrstühlen angeboten”, erläutert der stellvertretende BTB-Bundesvorsitzende Christof Weier. Zudem könne die Qualifikation der staatlichen Gewerbeärzte nicht durch andere Fachkräfte kompensiert werden.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 13 Gesundheit / Gesundes Büro S013_BS12_All_dach
Bei einer krankheitsbedingten Kündigung sollen Arbeitgeber auf jeden Fall vorher ein BEM durchführen, um sich später nicht einem hohen Risiko vor Gericht auszusetzten, rät Christoph Tillmanns, Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg. Foto: BS/lkm

Immobilien der ö entlichen Hand

(BS/kh) Der Bund ist Eigentümer großer Flächen und tausender Gebäude. Bei letzteren dominiert die Büronutzung. Aber auch die einzelnen Länder haben zahlreiche Grundstücke im Portfolio.

Grundstücksflächen im Besitz des Bundes

4.000

4.000 Gesamt 71.000

Sonstige (z. B. Garagen, Bunker u. Ä.)

1.812.000 m2 166.000 m2 98.000 m2 48.000 m2 Freizeit, Bildung, Kultur 21.000 m2 Unterkunft 11.000 m2 Gastronomie, Beherbung 7.000 m2 Ver- und Entsorgungsanlagen 1.000 m2

Quelle: BS/Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), Statistisches Bundesamt

der

300.000

Nicht-Wohngebäude

Quelle: BS/Schätzungen des DstGB

51.873

1.543.241 Wohngebäude 15.000

Wohnungen Wohnungen im Jahr 2004

Quelle: BS/GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V.

Wohnungen im Jahr 2017

Quelle: BS/Kommunalbefragung 2015 des BBSR

Illustration: BS/Liesegang unter Verwendung von ©faber14, fotolia.com; ©opka, fotolia.com; ©rudi1976, fotolia.com Alle Gra ken und bildlichen Darstellungen unterliegen dem Copyright. Nachdruck oder andere Vervielfältigungen nur mit Genehmigung des Behörden Spiegel.

Quelle: BS/Eigene Recherche

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 14 Zahlen & Fakten S014_BS12_All_cl
Grundstücksflächen im Besitz
Gebäudeanzahl im Besitz des Bundes Länder
PB SHHESL Exemplarische Übersicht: im HE SL BY 20 200. 0 00 000 4 4000. 0 00 000 60 600. 0 00 000 80 800. 0 0000 1. 1 00 000. 0 00 000 200.000 400.000 600.000 800.000 1.000.000 SH NRW BR BB RhP 24 193 TH 2.713 21.480 BW NI SH 244.340 3.860 240.480 247.000 2.000 245.000 34.302 2.916 31.386 308.983 2.168 306.815 1.030 896 135 41.938 13.155 28.783 4.030 3.470 560 28.871 373.523 42.760 950.000 Grundstücks ächen gesamt Grundstücks ächen bebaut Grundstücks ächen unbebaut Grundstücks in ha Gebäudeanzahl im Besitz der Kommunen Kommunen und Wohnungsgesellschaften als gemeinsame Eigentümer Verwaltungs-, Dienst-, Funktionsgebäude Dienstleistung, Lager, Verkauf Garagen, Tiefgaragenstellplätze Werkstatt, Produktion, Industrie Bürofläche Gesamtfläche: 2.164.000 m2 en eGrrundstücksfläch run c rundstücksfläc hl imBesitzdesBun iB it dB unbebaute Fläche 414.000 ha Gesamtfläche 474.000 ha Im Vergleich: Gesamtfläche von Deutschland 35.758.000 ha bebaute Fläche 60.000 ha 48.000
Angemietete Raumflächen des Bundes
rund 2.500.000 Gebäude für gewerbliche und ähnliche Nutzung

Kommune

Behörden Spiegel

Zugunsten der Selbstverwaltung

Karlsruher Richter entscheiden über Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt

(BS/Jörn Fieseler) Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat entschieden: Zwar hat das Land Sachsen-Anhalt ein rechtmäßiges Gesetz erlassen, mit dem es die Kinderbetreuung von den Gemeinden auf die Landkreise übertragen hat. Gleichzeitig stärkt es aber die grundgesetzlich garantierte kommunale Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 GG. Das Urteil stößt allerorts auf Zustimmung. Allerdings fällt die Interpretation doch unterschiedlich aus.

Ursprünglich hatte das Land Sachsen-Anhalt im Rahmen des Kinderförderungsgesetzes die Verantwortung für die Planung von Kinderbetreuungseinrichtungen im Jahr 2013 auf die Landkreise übertragen. Diese sollten nicht nur als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Bereitstellung von Plätzen in Tageseinrichtungen übernehmen, sondern auch Qualitätsstandards einführen und die Finanzierung übernehmen. Anlass des Gesetzes war die Befürchtung, dass die Gemeinden sowohl als Verpflichtete des Betreuungsanspruchs als auch als Anbieter von Betreuungsplätzen in einen Interessenkonflikt geraten könnten. Vor dem Landesverfassungsgericht hatten infolge dessen 50 Städte und Gemeinden dagegen geklagt. Weitestgehend ohne Erfolg. Lediglich bei der Frage der Finanzierung gaben die Richter in Dessau-Roßlau den Klägern Recht. Daraufhin entschlossen sich acht Gemeinden, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.

Bundesweite Bedeutung

Die Richter vom Zweiten Senat unter Vorsitz von Gerichtspräsident Prof. Dr. Andreas Voßkuhle sahen sich veranlasst, sich nach den Urteilen zu den Optionskommunen und zur sächsischen Schulnetzplanung im Oktober und November 2014 nun zum dritten Mal nach über 30 Jahren Pause mit der kommunalen Selbstverwaltung zu beschäftigten. Und sie stärkten sie, wie es der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages (DLT), Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, kommentiert: “Das Urteil ist ein Meilenstein. Denn es hat der kommunalen Ebene insgesamt ein

Klagerecht eröffnet, wenn das Schutzniveau der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie von Gemeinden und Landkreisen nach den Landesverfassungen hinter dem des Grundgesetzes zurückbleibt.” Darin liege der eigentliche Fortschritt, auf den lange gewartet worden sei. Damit komme der Entscheidung eine bundesweite Bedeutung zu, so Henneke weiter.

Mehr Rechtsschutz

Das Landesrecht darf keine Regelungen enthalten, die mit Art. 28 Abs. 2 GG nicht vereinbar sind. Unabhängig davon, ob es ein einfaches Landesgesetz ist oder die Landesverfassung selbst. Denn wenn die landesverfassungsrechtlichen Gewährleistungen hinter der Garantie aus dem Grundgesetz zurückblieben, verstieße ein mit dieser Garantie unvereinbares

Landesgesetz zwar nicht gegen die Landesverfassung, das Landesverfassungsgericht könne einen Vorstoß aber auch nicht festfeststellen. An der Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz ändere es indes nichts, so die Argumentation des achtköpfigen Senats in Randnummer 49. Deshalb könne dann auch nicht der Grundsatz der Subsidiarität der Kommunalverfassungsbeschwerde zur Anwendung kommen.

Bislang sei für derartige Fragestellungen nach der Befassung des jeweiligen Landesverfassungsgerichts Schluss gewesen. Jetzt steht Kommunen der Weg nach Karlsruhe offen, wenn einerseits der landesverfassungsrechtliche Rechtschutz hinter dem bundesverfassungsrechtlichen zurückbleibe. Und andererseits “die landesverfassungsrechtliche Garantie der

stärkt die kommunale Selbstverwaltung.

kommunalen Selbstverwaltung hinsichtlich ihres materiellen Gewährleistungsgehalts nicht den grundgesetzlichen Gewährleistungsumfang erreicht”, heißt es in der Urteilsbegründung. Dies sei in Sachsen-Anhalt der Fall. Denn die dortige Verfassung unterscheide nicht nach Gemeinden und Landkreisen, sondern beinhalte nur das Wort Kommunen. Sie kenne kein verfassungsrechtliches Aufgabenprinzip zugunsten der Gemeinden. “Dem Dualismus des Selbstverwaltungsrechts von Kreis und Gemeinde hat das Bundesverfassungsgericht eindeutig eine Absage erteilt”, frohlockt deshalb der Deutsche Städte- und Gemeindebund. In der Sache hat das Gericht im Rahmen der Kinderbetreuung die Zuständigkeit der Landkreise bestätigt, resümiert Henne-

KnApp Kommunale Mitsprache!

ke. Auch Voßkuhle führte aus, dass der Landesgesetzgeber die bei den Gemeinden liegende Zuständigkeit grundsätzlich auf die Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der örtlichen Jugendhilfe übertragen dürfe.

Gemeinwohlorientierung

Ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung sei dann gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber dies aus Gründen des Gemeinwohls vornehme. “Zielsetzungen wie die Verwaltungsvereinfachung oder die Konzentration von Zuständigkeiten scheiden als Rechtfertigung hingegen aus. Gründe der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit rechtfertigen eine Hochzonung erst, wenn ein Belassen der Aufgabe bei den Gemeinden zu einem unverhältnismäßigen Kostenanstieg führen würde”, so der vierte Leitsatz des Urteils. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass hinreichende sachliche Gründe vorlägen, die einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung rechtfertigten. Die Übertragung der Leistungsverpflichtung zur Stärkung der staatlichen Jugendämter, eine kontinuierliche Qualitätsentwicklung sowie die Zusammenführung der haftungsbewehrten Gewährleistungspflicht zur Bereitstellung eines Kinderbetreuungsplatzes mit der Verpflichtung zur Erfüllung des Anspruchs auf Kinderbetreuung seien legitime Zwecke. Zudem sei der Eingriff auch verhältnismäßig, da den Gemeinden u. a. das Recht zur Mikroplanung bliebe, sie auch in Zukunft in die Bedarfsplanung einzubeziehen seien und sie Kindertageseinrichtungen in eigener Trägerschaft einrichten, finanzieren und betreiben könnten.

(BS/ab) Die Fraktion Die Linke fordert die Einsetzung eines Ausschusses für kommunale Angelegenheiten. Die Begründung: “Der Ausschuss soll eine höhere Qualität der Gesetze gewährleisten.” Denn die Städte, Gemeinden sowie Landkreise müssten circa 80 Prozent der gesetzlichen Normen ausführen. Aber die Gesetzesvorlagen würden von dem Anhörungsrecht der Geschäftsordnung des Bundestages häufig nicht erfasst. Dadurch kämen die Kommunen, ihre Spitzenverbände nicht genügen zu Wort. Ein solcher Ausschuss würde die Würdigung und die Wertschätzung gegenüber den Verwaltungsmitarbeitern und Kommunalpolitikern ausdrücken. Denn es sammle keine andere Ebene so viele Erfahrungen bei dem Gesetzesvollzug wie die kommunalen Träger. Dadurch könnten sie etwaige Auswirkungen vorab selbst bewerten.

nicht kommunalisieren (BS/mfe) Originäre Polizeiaufgaben dürfen keinesfalls auf die Kommunen übertragen werden. Schließlich sei die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in erster Linie Aufgabe von Bund und Ländern, meint der Deutsche Städtetag (DST). Gleichwohl müssten von den Verantwortlichen aller staatlichen Ebenen gemeinsame Sicherheitskonzepte und Handlungsstrategien weiterentwickelt und die Videoüberwachung des öffentlichen Raumes maßvoll ausgeweitet werden. Darüber hinaus plädiert der DST dafür, die Rechtsgrundlagen zur Abwehr von Ordnungswidrigkeiten in den einzelnen Polizeigesetzen zu erweitern. Dazu gehöre etwa die Ermächtigung für Gemeinden, Verordnungen gegen den übermäßigen Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit zu erlassen.

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Die Waagschalen Justitias neigen sich zugunsten der Kommunen. Karlsruhe Foto: BS/©Joerg Hackemann, Fotolia.com
www.behoerdenspiegel.de
Berlin und Bonn / Dezember 2017
Risiken und Katastrophen in Deutschland 11. Bürgermeisterkongress 16. – 17. April 2018 Bad Neuenahr-Ahrweiler www.buergermeisterkongress.de Bernd Ka sper, pixelio.de; Lichtkunst.73, pixelio.de; panimia, pixabay.com; M.Großmann, pixelio.de Eine Veranstaltung des
Beratend: Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe

Die Gewährleistung gesellschaftlicher Partizipation in Form eines nachbarschaftlichen Miteinanders steht auf der Agenda jeder stadtplanerischen Tätigkeit, die die Augen nicht vor aktuellen Entwicklungen verschließt. Urbanität ist mehr und mehr von Divergenz geprägt; Vielfalt und Stadtentwicklung gehören als Begriffe zusammen, so der Verbandsvorsitzende des Bundesverbands für Wohnen und Stadtentwicklung e.V. (vhw) und Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, Dr. Peter Kurz (SPD). Zukunftsfähige Handlungsweisen innerhalb der Stadtplanung müssen somit einerseits dem Wunsch nach Homogenität, nachgehen und andererseits Antagonismen zulassen, wenn nicht gar fördern. Die theoretische Diskussion über globale Demokratie wird auf kommunaler Ebene zur praxisorientierten Frage nach lokaler Demokratie. Kurz wirft jungen Flüchtlingen in Mannheim eine Weigerung jeglicher Integration vor; die Stimmung sei bedrohlich.

Tradition und liberale Ordnung

Städte sind Kulisse und Austragungsort sozialer und ökologischer Fragen. Phänomene wie das der Gentrifizierung spalten die Stadtgemeinschaft auf einer monetären und ideologischen

Ebene. Das globale Kapital habe die Städte als sichere Anlage entdeckt, stellt der Soziologe Prof. Dr. Heinz Bude fest. Steigende Mietpreise führen zu einer gesamtstädtischen Spaltung in sogenannte “bessere und schlechtere” Wohngegenden, in denen selbst eine schleichende Homogenisierung stattfinde.

Dadurch entstehe ein “neuer Klassenkampf” in Stadtgebieten, der sich auf einem emotionalen Level abspiele. Zunehmende Polarisierung könne die Folge sein, so der Gesellschaftstheoretiker. Um einer gesellschaftlichen Spaltung vorzubeugen,

Globale Entwicklungen lokal meistern

Zunehmende Vielfalt der Gesellschaft stellt Stadtplanung vor Herausforderungen

(BS/Katarina Heidrich) Städte und Gemeinden müssen im Kleinen darauf reagieren, was im Großen auf globaler Ebene geschieht. Sie stehen vor der Aufgabe, Entwicklungen der zunehmenden Migrationsbewegungen in der Stadtentwicklung und -planung zu berücksichtigen. Das Stadtbild ändert sich und Konzepte, wie mit der wachsenden Vielfalt künftig umzugehen ist, sind unausweichlich. Doch während sich beim “Ob” alle einig sind, wird über das “Wie” gestritten. Um Polarisierung zu verhindern, sind Stadtplanung und Quartiersmanagement gefragt.

müsse moderne Stadtplanung in der Basis auf “Strukturen langer Dauer” setzen, was Bude mit dem Bewahren von Traditionen und Ritualen gleichsetzt. In den Quartieren müsse man sich, als kleinster gemeinsamer Nenner, nach Traditionen ziviler Höflichkeit richten und Max Webers Feststellung beherzigen, dass Stadt der Ort der unvollständigen Integration ist.

Einen anderen beziehungsweise tiefergehenden Ansatz liefert der Professor für Psychologie und Philosophie an der Tel Aviv University, Prof. Dr. Carlo Strenger, im Rahmen des diesjährigen Verbandstags des vhw unter dem Titel “Mit Vielfalt umgehen! – Eine Herausforderung für lokale Demokratie und Stadtentwicklung”. Wie auch Bude sieht Strenger die Stadtplanung in der Pflicht, zunehmende Vielfalt zu akzeptieren und gleichzeitig eine allgemeine Ordnung herzustellen. Im Gegensatz zum Bewahren von Traditionen schlägt er aber den Diskurs als Regulierungs- und Koordinierungsinstrument vor.

Die Frage nach dem Gemeinwohl werde gerade in der Kommunalpolitik drängend. Hier werde ein generelles Unbehagen der Bevölkerung, wie es wachsende Vielfalt mit sich bringe, am sichtbarsten. Gleichzeitig gebe es aber auf städtepolitischer Ebene auch die größten Möglichkeiten, dem Gefühl des Ordnungsverlustes etwas entgegenzusetzen. Die Kommunalpolitik und damit auch die Stadtplanung müsse eine liberale Ordnung als Leitbild verfolgen und unter diesem di-

vergierende Positionen aushalten, so der Psychologe Strenger Nötig dafür sei die Abkehr von der Akzeptanz der politischen Korrektheit als Dogma, hin zu einem Gegenprogramm, das er die “Sprache der zivilisierten Verachtung” nennt. Eine solche solle, fern der persönlichen Ebene, auf dem Toleranz-Prinzip der Aufklärung fußen, gleichzeitig aber nicht in eine rein relativistische Betrachtungsweise münden. Hierfür sei das Schaffen eines gemeinsamen Kommunikationsraumes vonnöten, denn lokale Demokratie lebe vom Diskurs und von konstruktiver Kritik aller Beteiligten.

Vielheitsplan statt

Integration

Bevor allerdings konkrete MaßnahmenundKonzepteentwickelt werden könnten, die die gesellschaftliche Vielfalt stadtplanerisch berücksichtigten, sollte ein Bewusstsein für Begrifflichkeiten und deren Verwendung

Viele Köche würzen den Brei

geschaffen werden, fordert der freie Autor und Migrationsforscher, Dipl.-Psych. Dr. phil. Mark Terkessidis. Der Terminus der Integration impliziere eine Lösung, eine endgültige, abgeschlossene Aufgabe. Dabei würde nicht berücksichtigt, dass die Gesellschaft langfristig eine vielfältige bleibe. Moderne Stadtentwicklung brauche daher nicht einen Integrations- sondern einen “Vielheitsplan”, der direkte Partizipation ermögliche und alle Betroffenen miteinbeziehe. Ein solcher Plan müsse mit einer ernsthaften Bestandsaufnahme des Raumes beginnen, um Energien und Kapazitäten, die sich gerade aus der neuen Vielfalt ergeben, zu berücksichtigen. Im nächsten Schritt sollen bereits gemachte Erfahrungen in den Regelbetrieb aufgenommen werden, denn Stadtplanung sei ein Lernprozess. Als solcher müsse das ihm zugrundeliegende Ordnungssystem auch anpassbar bleiben und sich stetig weiter-

Sperrklausel bei Kommunalwahlen verfassungswidrig (BS/kh) Der Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen hat die 2,5-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen für verfassungswidrig erklärt. Sie verstoße gegen den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit bei Wahlen zu Gemeinderäten und Kreistagen, urteilten die Richter. Während kleine Parteien und Wählerbündnisse die Entscheidung als Erfolg feiern, sprechen sich große Parteien sowie die kommunalen Spitzenverbände gegen das Urteil aus.

Gegen die im Jahr 2016 von SPD, CDU und Grünen im Landtag von NRW beschlossene und in der Landesverfassung verankerte Sperrklausel bei Kommunalwahlen hatten Die Linke, Piratenpartei, ÖDP, Tierschutzpartei, “Die Partei”, Freie Bürger-Initiative/Freie Wähler, Pro NRW und NPD beim Verfassungsgerichtshof des Landes Klagen eingereicht. Die Richter gaben ihnen nun Recht, dass eine Ungleichbehandlung von Parteien und Wählergemeinschaften nicht gerechtfertigt sei. Die Wahlrechtsgleichheit müsse jeder Wählerstimme den gleichen Erfolgswert zusichern und könne nur im Falle eines zwingenden Grundes eingeschränkt werden.

Funktionsfähigkeit gefährdet

Bis 1999 gab es schon einmal eine Sperrklausel bei Kommunalwahlen in NRW, die sogar in Höhe von fünf Prozent lag. Das Gericht kippte diese, mit dem Argument, der Gesetzgeber habe ihre Erforderlichkeit nicht ausreichend begründet. Auch das aktuelle Urteil wird damit begründet, dass die gesetzgeberische Prognose der verstärkten Zersplitterung in den Parlamenten weder vollständig noch nachvollziehbar sei. Ein empirischer Nachweis konnte trotz diverser Rechtsgutachten nicht erbracht werden. Aus Sicht von SPD, CDU,

Mit der Demokratie verhält es sich wie mit dem Kochen: Ob der Brei am Ende schmeckt, hängt nicht von der Anzahl der Köche ab, sondern von der Qualität der Zutaten und Utensilien. Foto: BS/Rosmarie Voegtli, CC BY 2.0, flickr.com

Grünen sowie den kommunalen Spitzenverbänden ist die Mehrheits- und Koalitionsbildung seit der Abschaffung der FünfProzent-Hürde erschwert; eine Tendenz, die sich ihrer Meinung nach nun fortsetzen wird. Die Hauptgeschäftsführer des Städtetages Nordrhein-Westfalen, des Landkreistages NordrheinWestfalen und des Städte- und Gemeindebundes NordrheinWestfalen, Helmut Dedy, Dr. Martin Klein und Dr. Bernd Jürgen Schneider, nahmen das Urteil mit Bedauern zur Kenntnis und erklären: “Diese Entwicklung sehen die Kommunen mit Sorge, denn sie beeinträchtigt nach unserer Auffassung die Funktionsfähigkeit der Räte”. Die kleinen Parteien sowie zahlreiche Wählerbündnisse und Vereine zeigen sich dagegen

erfreut über die Entscheidung. Der gemeinnützige Mehr Demokratie e. V. bewertet das Urteil als Erfolg und betont: “Dass “Kleinst- oder Splitterparteien” wie alle Fraktionen in Räten und Kreistagen Einfluss als “Mehrheitsbeschaffer oder -verhinderer” haben können, ist Folge des Wählerwillens und kein Argument für eine Sperrklausel.” Eine solche dürfe kein Mittel zur Verhinderung unliebsamer Koalitionen in den Räten sein.

Gelebte Demokratie

So begründet auch das Verfassungsgericht selbst seine Entscheidung. Eine durch das vermehrte Aufkommen kleiner Parteien und Wählervereinigungen bedingte bloße Erschwerung der Meinungsbildung dürfe nicht mit einer Funkti-

entwickeln. Terkessidis betont: “Ich glaube, wir müssen mehr Experimente machen.”

Mit Vielfalt praktisch umgehen

Die zunehmende gesellschaftliche Vielfalt wird in der aktuellen Diskussion oft lediglich auf kulturelle Unterschiede und damit auf verschiedene Herkunftsländer der Bewohner bezogen. Außen vor bleiben dabei aber Divergenzen, die aus finanziellen Ungleichheiten, ideellen Weltanschauungen, Lebensformen oder schlicht persönlichen Neigungen entspringen. Auch diese Verschiedenartigkeiten werden vom Begriff der Vielfalt impliziert, aber seltener öffentlich thematisiert. Ähnlich verhalte es sich mit Auseinandersetzungen, die dieser Vielfalt entspringen, so der Vorstand des Planerladens e. V. Dortmund, Prof. Dr. Reiner Staubach. “Konflikte werden häufig ethnisiert”, der Grund werde im Herkunftsland gesucht. Daraus leitet er die Anforderung der kulturellen Öffnung ab, auch im Öffentlichen Dienst seien Öffnungsprozesse noch zu bearbeiten. Zu diesem Entgegenkommen gehöre auch, dass das Quartiersmanagement selbst interkulturell aufgestellt sein sollte.

Die Abteilungsleiterin Quartiersentwicklung der degewo AG berlin, Cordula Fay, betont den Unterschied zwischen einem nachbarschaftlichen Miteinan-

der und einem Nebeneinander. Es müsse nicht Harmonie herrschen im Quartier, gegenseitiger Respekt reiche schon. Dafür sollten Projekte angeboten werden, allerdings ohne die Interkulturalität dieser zu sehr hervorzuheben. Denn Beispiele aus Berlin zeigten, dass trotz sozialem Willen Unwillen bei der Bevölkerung hervorgerufen wurde, als allgemein ausgerichtete Unterstützungen für die gesamte Nachbarschaft ausschließlich der Flüchtlingsunterstützung zuflossen. Die Stadtplanung müsse die Gesamtheit der Quartiere fördern und so einen Mehrwert für den Stadtteil schaffen. Einzelfallförderung, wie durch Integrations-Lotsen, sei davon aber nicht ausgeschlossen und habe auch Auswirkungen auf das Miteinander im Quartier, so Fay Auf die zusätzliche Kooperation mit Migranten und das Fördern ihrer Selbstorganisation setzt der Amtsleiter Arbeitsförderung, Statistik und Integration der Stadt Offenbach am Main, Dr. Matthias Schulze-Böing. Das Quartiersmanagement, das als Mittler diene, solle gemeinsame Arbeitsaufträge koordinieren, denn zivilgesellschaftliche Organisationen der Migranten seien “sinnvolle Partner”. Auch müssten die Initiativen “im Quartier bleiben” und bereitgestellte Ressourcen dahin zurückfließen. Viele kleine Initiativen einer experimentierfreudigen Stadtplanung seien sinnvoll und auch mit wenig Geld umzusetzen. Dabei brauche es “ein bisschen unternehmerischen Spirit” auch im Quartiersmanagement, das einen Mix aus Verwaltung und Unternehmen darstellen könnte, schließt der gleichzeitige Geschäftsführer der MainArbeit, dem kommunalen Jobcenter von Offenbach.

Neu im Präsidium

Zwei neu gewählte Mitglieder im Deutschen Städtetag (BS/kh) Der Deutsche Städtetag, der die Interessen der Städte gegenüber Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat und EU wahrnimmt, hat in seinem Präsidium zwei neue Mitglieder. Der Hauptausschuss wählte die Oberbürgermeisterin von Köln, Henriette Reker (parteilos), und den Oberbürgermeister von Kiel, Dr. Ulf Kämpfer (SPD), in das 39-köpfige Gremium.

onsunfähigkeit des Parlaments gleichgesetzt und dadurch demokratische Grundrechte beschnitten werden. “Das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit ergibt sich aus der Bedeutung, die der Freiheit der Parteigründung und dem Mehrparteienprinzip für die freiheitliche Demokratie zukommt, und aus dem vom Grundgesetz gewollten freien und offenen Prozess der Meinungs- und Willensbildung des Volkes”, heißt es im Urteil.

Weitere Sperrklauseln

Mit dem Urteil folgten die Richter aus NRW der Argumentation des Bundesverfassungsgerichts. Dieses gab 2008 einer Klage der schleswig-holsteinischen Grünen und Linken statt und erklärte die Fünf-ProzentHürde bei Kommunalwahlen für verfassungswidrig, da sie die Chancengleichheit kleinerer Parteien verletze. Aus demselben Grund hatte das Gericht auch 2014 die Drei-ProzentSperrklausel bei Europawahlen als verfassungswidrig eingestuft. In Berlin und Hamburg gibt es weiterhin jeweils eine Drei-Prozent-Hürde bei den Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen/ Bezirksversammlungen. In der Stadt Bremen existiert eine Fünf-Prozent-Hürde für die Wahlen zur Stadtbürgerschaft.

Reker, die 2015 das Amt an der Spitze der viertgrößten Stadt der Bundesrepublik antrat, ist die erste weibliche Oberbürgermeisterin Kölns. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und einem Referendariat am Landgericht Münster arbeitete sie als Justiziarin beim Landesverband der Innungskrankenkassen. 1996 erhielt sie ihre Zulassung als Rechtsanwältin beim Landgericht Münster und begann 2000 ihre politische Karriere als Beigeordnete für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz der Stadt Gelsenkirchen. 2010 zog es sie schließlich als Beigeordnete für Soziales, Integration und Umwelt weiter südlich nach Köln, wo sie seit dem 22. Oktober 2015 als Oberbürgermeisterin tätig ist.

Kämpfer ist der 19. Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und Philosophie in Göttingen und Galway/ Irland legte er 1998 die Erste Juristische Staatsprüfung ab und arbeitete in der Folge als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten

Dr. Michael Bürsch (SPD). Nach einem Forschungsaufenthalt als Promotionsstipendiat von 2000 bis 2001 an der Columbia University in New York promovierte er im Juni 2003 an der Humboldt-Universität zu Berlin und legte ein Jahr später die Zweite Juristische Staatsprüfung ab. Ab Juli 2004 war der

Die zwei neugewählten Präsidiumsmitglieder des Deutschen Städtetags: Henriette Reker (links) und Dr. Ulf Kämpfer (rechts).

Fotos: BS/Stadt Köln; BS/Landeshauptstadt Kiel, Marco Knopp)

Sozialdemokrat als Mitarbeiter im schleswig-holsteinischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium tätig, um 2005 in das schleswig-holsteinische Ministerium für Justiz, Arbeit und Europa zu wechseln. Von 2008 bis 2012 arbeitete Kämpfer als Familien-, Zivil- und Bereitschaftsrichter sowie Mediator am Amtsgericht Kiel. Bis April 2014 hatte er das Amt des Staatssekretärs und Amtschefs des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein inne, in dessen Folge er am 24. April 2014 sein Amt als Kieler Oberbürgermeister antrat. Ab dem 1. Januar 2018 wird der Oberbürgermeister von Münster, Markus Lewe, den kommunalen Spitzenverband als neuer Präsident anführen und damit die bisherige Präsidentin und Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen am Rhein, Dr. Eva Lohse, ablösen.

Seite 16 Behörden Spiegel / Dezember 2017 Kommunalpolitik S016_BS12_All_dach
Grundzug der Stadtentwicklung: Global denken, lokal handeln! Foto: BS/La Laetti, CC BY 2.0, flickr.com

Ein Eis allein ist kein Erlebnis mehr

Steigerung der Attraktivität der Innenstädte

(BS/ab) Viele Städte und Gemeinden haben das Problem, dass die Kaufkraft ihrer Innenstädte schwindet.

Bedingt durch die Entwicklung des ländlichen Raumes braucht es insbesondere dort Ankerpunkte, um die Herausforderung zu meistern. Verkaufsoffene Sonntage, Erlebnisgefühl und neue Konzepte können Lösungen sein, wie sich am Beispiel Berlin-Brandenburg zeigt.

“Die starken Pendlerbewegungen beeinflussen das Kaufverhalten der Einwohner. Weg von ihrer Heimatstadt, dahin, wo sie arbeiten”, sagt Karl Ludwig Böttcher, Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds. Es brauche eine Attraktivitätssteigerung – auch als Pendant zum Onlinehandel. “Wir wollen nicht, dass Geschäfte rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche geöffnet haben”, fährt er fort. Aber die verkaufsoffenen Sonntage würden die Attraktivität der Innenstädte steigern und den Fokus wieder auf eben diese verlagern. Jedoch seien die verkaufsoffenen Sonntage ungleichmäßig verteilt, wodurch Brandenburg einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Berlin erhalte. Dieses habe zehn Regelungen für offene Sonn- und Feiertage, Brandenburg hingegen nur fünf. Zusätzlich kämen die regionalspezifischen Feiertage dazu. So resümiert Böttcher: “Berlin ist ungebremst.” Somit brauche es eine gemeinsame Wirtschaftsförderung für Berlin-Brandenburg.

Ambiente: neue Konzepte mit Wohlfühlfaktor

“Die Einzelhandelskonzepte der 90er-Jahre waren richtig, passen heutzutage aber nicht mehr”, sagt auch der Bürgermeister der Stadt Luckau in der Niederlausitz, Gerald Lehmann Einflussfaktoren für Innenstädte seien deren Gestaltung, das Ambiente und vor allem der Erlebnischarakter. “Die Leute möchten dort hingehen, wo sie sich wohlfühlen”, so der Bürgermeister. Vielerorts herrscheNachholbedarf. Die Gebäude,

Auch kleine Städte und Kommunen können die Kaufkraft wieder zu sich ziehen. Es gibt Stellschrauben, die betätigt werden können.

Grünflächen und die Lebendigkeit müssten gesteigert werden. Mögliche Maßnahmen seien Umbauten wie bei der ehemalige JVA in Luckau, welche nun einen Kinderspielplatz sowie Wohnungen beherberge. Aber auch Veranstaltungen wie eine Altstadtnacht oder das “US-CarClassic”-Treffen auf Schloss Diedersdorf in Großbeeren zögen die Leute in die Innenstädte. André Stahl, Bürgermeister der Stadt Bernau, sagte gegenüber dem Behörden Spiegel, dass die Lage einer Stadt entscheiden sei. Auch deshalb fokussiere sich seine Stadt auf ein stark zentriertes Handelswesen, um die Frequenz in der Innenstadt zu erhöhen.

“Aber ein Problem stellen die Anfahrtswege da”, erläutert Lehmann für Luckau. Obwohl es bereits kurze Anfahrtswege zu den Geschäften seien, wollen die potenziellen Kunden am liebsten direkt vor dem Geschäft parken. “Dies ist jedoch insbesondere bei engen Altstädten mehr als problematisch”, resümierte

Stärkt die Gemeinden und Kommunen!

Klare Forderungen an die zukünftige Bundesregierung

(BS/Adrian Bednarski) “Wenn wir ein Land wollen, in dem die Menschen gut und gerne leben, dann gibt es einen leichten Weg: Stärkt die Kommunen”, fordert Ingbert Liebig, Staatssekretär und ehemaliger Bundesvorsitzender der KPV der CDU/CSU auf der diesjährigen KPV-Sitzung in Braunschweig. Flüchtlinge, Finanzen sowie Glasfaserausbau stehen bei den Kommunen auf der Agenda: Fragwürdig bleibt jedoch, inwiefern die Kommunen notwendige zusätzliche Finanzmittel erhalten.

der Bürgermeister bei einer Veranstaltung der Allianz für Handel und Innenstädte. Genauso schränke der Denkmalschutz vieler Gebäude den Handlungsspielraum ein.

Der Mensch im Mittelpunkt Auch begleitetes Einkaufen für ältere Menschen und die Einbeziehung der Bürger bei Sanierungen von öffentlichen Plätzen, können zum Wohlfühlort mit dazugehören. Ein entscheidender Punkt, der nicht vergessen werden dürfte, seien der Service und die Beratung. Läden erhöhen die Kundenbindung und deshalb solle sich der stationäre Handel wieder auf seine Kernkompetenz, nämlich die Beratung, besinnen und dies entsprechend kommunizieren. So fordert der Luckauer Bürgermeister: “Der Einzelhandel in einer Stadt muss miteinander kooperieren. Denn es geht um den Standort an sich. Wir konnten dadurch Gutscheine einführen, die bei 60 Händlern einlösbar sind”.

Senioren helfen Senioren

Besuchsdienst “Die Grünen Damen und Herren” in Hamm (BS/Birk Grüling*) Vielen älteren Menschen in Deutschland geht es gut – dieses erfreuliche Fazit zog eine Studie des Instituts für Demoskopie in Allensbach. Ein aktives Leben mit sozialen Kontakten und sinnvollen Aufgaben bestimmt die Zufriedenheit der modernen Senioren. Diese Erkenntnis bietet großes Potenzial für ein solidarisches Miteinander in Kommunen, wie das Beispiel “Die Grünen Damen und Herren” in Hamm zeigt.

Die meisten der 130 extra geschulten Ehrenamtlichen sind selbst im Ruhestand. Sie besuchen ältere Menschen, die niemanden mehr zum Reden haben und zunehmend auf Unterstützung im Alltag angewiesen sind.

Die Arbeit der Ehrenamtlichen ist ein gutes Beispiel dafür, wie ältere Menschen die Gesellschaft bereichern und dazu beitragen können, mit dem demografischen Wandel umzugehen.

Potenziale der alternden Gesellschaft besser nutzen

“Einsamkeit im Alter ist ein großes, leider oft unterschätztes Risiko für die körperliche und psychische Gesundheit”, betont Christian Kipper, Geschäftsführer der Deutschen Fernsehlotterie. Der Lösungsansatz: “Das beste Mittel dagegen ist Teilhabe”. Die Deutsche Fernsehlotterie unterstützt das Projekt mit 26.000 Euro und

Mit dem Besucherdienst “Senioren helfen Senioren” werden hilfsbedürftige Rentnerinnen und Rentner von aktiven Ruheständlern unterstützt. Foto: BS/ Deutsche Fernsehlotterie

möchten wir das solidarische Miteinander stärken”, erläutert

Kipper

Ein Modell, bei dem alle gewinnen

Dass von dem Engagement nicht nur die hilfebedürftigen

Menschen profitieren, zeigt die Freundschaft der “Grünen Da-

Nach aktuellen Steuerschätzungen bis zum Jahr 2022 könnten die Gemeinden und Städte bis zu 26 Milliarden Euro mehr erhalten. Statt der ursprünglich kalkulierten 105 Milliarden Euro im Jahr 2022 könnte die Summe auf 131 Milliarden Euro ansteigen. “Die Kommunen haben gezeigt, dass sie mit den Konjunkturpaketen und den Geldern des Bundes umgehen können und somit die Wirtschaftskrise überwunden haben”, sagt der Staatssekretär. Deshalb dürften ihnen keine Finanzmittel genommen werden, denn sie würden dringend benötigt. Unterstützung strukturschwacher Kommunen Gleichzeitig sieht die KPV die Schuldenbremse, die ab 2020 in den Bundesländern greift, als “richtigen Schritt in eine generationsgerechte Finanzverantwortung”. Aber dies dürfe nicht zulasten der Kommunen und Länder geschehen. “Strukturschwache Kommunen müssen unterstützt werden, vor allem jene mit hoher Arbeitslosigkeit”, fordert Liebig. Er fährt fort: “Sinnvoll wäre es, den Anteil an der Umsatzsteuer an den Sozialausgaben zu orientieren und zu erhöhen.” Zusätzlich brauche der Bund Kontrollinstrumente, damit für die Gemeinden bestimmte Gelder auch ankämen. In Bezug auf Flüchtlinge möchte die KPV eine dauerhafte und nachhaltige Reduzierung des Zustroms auf 200.000 Menschen im Jahr. In diesem Zusammenhang sei es angebracht, den Familiennachzug

Ingbert Liebig, Staatssekretär und ehemaliger Bundesvorsitzender der KPV der CDU/CSU, fordert eine Stärkung der Gemeinden und Städte in finanzieller Hinsicht.

Foto: BS/© Bernhardt Link

weiterhin auszusetzen, da die Zahl der Schutzberechtigten steige. Damit grundsätzlich Unterbringung, Integration und Versorgung gewährleistet werden könnten, solle der Bund über 2018 hinaus Finanzmittel bereitstellen. Diese sollten vollständig und dauerhaft entlasten. Auch die Integrationskostenentlastung, die von 2016 bis 2018 zwei Milliarden Euro betrage, solle weiterhin fortgeführt werden. Bezüglich der Finanzen dürfe zudem die Absenkung der Gewerbesteuerumlage für die westlichen Bundesländer nicht verhindert werden. Denn diese hätten finanzielle Lasten übernommen, die sie zu 40 Prozent auf ihre Gemeinden hätten abwälzen können. Mit dem Auslaufen des zweiten Solidarpaktes 2019 solle somit auch die

Umlageerhöhung auslaufen. Zeitgleich spricht sich der Beschluss der KPV dafür aus, dass alle verursachten sowie zukünftigen Belastungen der Kommunen durch die Sozialausgaben erstattet würden. Denn die Mehrkosten seien, durch die Ausweitung der übernommenen Leistungen von Kommunen, gestiegen. Als weitere Entlastung sollten zudem die Kassenkredite (Altschulden) bei der Schuldenbremse der Bundesländer berücksichtigt werden. Dadurch könne eine ausgleichende Finanzierung der Haushalte besser erreicht werden. Auch im Breitbandausbau fühlen sich die Kommunen zum Teil in Stich gelassen. “Dabei sind Glasfasernetze die Trinkwasserleitungen von morgen”, heißt es in einem Beschluss. Deshalb solle insbesondere der ländliche Raum gefördert werden. “Durch den Verkauf der Mobilfunkfrequenzen – vor allem Frequenzen des ehemaligen DVB-T – hat der Bund fünf Milliarden Euro eingenommen”, resümiert Thomas Jarzombek, Mitglied des Deutschen Bundestages. So fuhr er fort: “Davon werden 4,5 Milliarden Euro in den Breitbandausbau reinvestiert. 90 Prozent hiervon werden sogar für den Glasfaserausbau genutzt.” Aktuell seien davon drei Milliarden Euro bereits in Fördervorhaben geflossen. Womit vor allem der ländliche Raum erschlossen werde. Aber, so räumte Jarzombek ein, Glasfaser sei sinnvoll, aber im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit könne es nicht überall angeboten werden.

Beteiligten reinen Wein einschenken!

Informieren – konsultieren – mitbestimmen (BS/Monika B. Arzberger*) Politik, Verwaltungen und Vorhabenträger müssen heute regelmäßig mit den Forderungen nach mehr Bürgerbeteiligung umgehen. Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt ist dabei zentral und doch nicht einfach zu beantworten. Orientierung gibt der Begriff der Beteiligungsintensität, denn nicht immer müssen alle beteiligt werden.

auch zahlreiche weitere Projekte, die das generationsübergreifende Miteinander auf dem Land und in der Stadt fördern. “Zusammenhalt und Engagement sind sehr wichtig für unsere Gesellschaft. Als Soziallotterie

me” Margarete Rose und ihrer “Klientin” Eva-Maria Drefke Seit zwei Jahren treffen sich die Frauen einmal pro Woche. Für Rose sind die regelmäßigen Besuche längst eine sinnstiftende

Aufgabe für ihren eigenen Ruhestand geworden. “Ich merke, dass die Gespräche und gemeinsamen Stunden älteren Menschen ungemein helfen. Auch

für mich ist es ein gutes Gefühl, gebraucht zu werden”, sagt sie. Inzwischen ist die pensionierte Zahnarzthelferin drei bis vier Tage pro Woche als Grüne Dame unterwegs. Welche “Wunder” ihre regelmäßigen Besuche bewirken, zeigt sich bei Drefke Nach 40 Berufsjahren als Krankenschwester ist ihr Rücken beschädigt, viele Jahre saß sie im Rollstuhl. Die Grüne Dame ermutigte sie zu einer Therapie. Dass Drefke heute wieder mit Rollator mobil ist, verdankt sie auch ihrer neuen Freundin.

*Birk Grüling arbeitet für die Agentur „Mann beißt Hund“ und schreibt als Autor über Bildung und Gesellschaft.

“Wir sind nur gekommen, weil wir dachten, wir können hier noch was entscheiden!”: Mit diesen Worten verabschiedeten sich enttäuschte Bürgerinnen und Bürger in einer oberbayerischen Stadt aus einer Beteiligungsveranstaltung. Was war geschehen? Über zwei Jahre hinweg wurde in der Kommune die Verbesserung der Qualität des innerstädtischen Flusslaufs diskutiert. Themen wie Hochwasserschutz, Natur- und Biotopschutz wurden ebenso beraten wie eine hochwertige Naherholung. Machbarkeitsstudien wurden in Auftrag gegeben, Ortsbegehungen durchgeführt und Partner gesucht. Am Ende stand ein Projekt, das alle Anliegen bündelt. Der Weg von der anfänglichen Defizitbeschreibung hin zur Projektentwicklung wurde begleitet von öffentlichen Diskussionen im Stadtrat, Presseartikeln und Informationsveranstaltungen.

Alles verlief ruhig. Wie sich herausstellte, weckte erst eine pointierte Presseberichterstattung die Aufmerksamkeit der Bürgerschaft und den Protest der direkten Anlieger. Denn alle Ziele waren gut und erstrebenswert, aber: Wo sollen die Leute ihre Fahrräder und Autos parken? Wo werden die Menschen ihren Müll entsorgen? Wer verhindert nächtelange Partys in lauen Sommernächten?

“Niemand hat uns gefragt”, so der Unmut der Nachbarn des

Projektgebiets. Der Ruf nach einem Beteiligungsverfahren wurde laut. Dieses Beispiel steht exemplarisch für viele Beteiligungsverfahren, egal ob es um den Bau von Windkraftanlagen, die Verlegung von Stromtrassen oder die Errichtung von Gewerbegebieten geht. Die gewohnten Verwaltungs- und Informationswege werden von der Öffentlichkeit nicht mehr als ausreichend wahrgenommen. Somit stellt die Entscheidung, wann und wie Bürgerinnen und Bürger in Fragen der räumlichen Planung, der Entwicklung oder Umsetzung von öffentlichen Projekten einbezogen werden sollen, die Verantwortlichen regelmäßig vor große Herausforderungen.

Ringen um Lösung Leider werden bei der Entscheidung zwei wichtigste Fragen vergessen, die nach dem “Wer?” und die nach dem “Wozu?”. Beteiligung ist mehr als begleitende Öffentlichkeitsarbeit und Informationspolitik! Besser lässt sie sich als ein gegenseitiges Arbeitsverhältnis zwischen Verfahrensträgern und Betroffenen beschreiben, in dem gemeinsam um eine gute Lösung gerungen wird. Dieses Arbeitsverhältnis kennt verschiedene Beteiligungsintensitäten: Die Basis bildet die Stufe des Informierens. Damit lassen sich viele Menschen erreichen, von denen man erwarten darf, dass diese sich informieren wollen. Die Intensität steigt auf der

Ebene der Konsultation, in der es darum geht, die Anliegen zu hören. Auf der Seite der Beteiligten kommt es dabei darauf an, Verständnisfragen zu stellen und sich einzubringen. Komplexe Beteiligungsveranstaltungen verlangt die Stufe der Mitbestimmung, denn nur, wenn Mitwirkung ermöglicht wird, können ernsthaft eigene Ideen eingebracht werden.

Missverständnisse beseitigen Die Öffentlichkeit erwartet bei Beteiligung in der Regel Mitbestimmung. Eine frühzeitige und transparente Erläuterung, in der deutlich wird, wer sich wann zu welchem Zeitpunkt und in welcher Intensität beteiligen kann, löst dieses Missverständnis auf. Die Einbeziehung von Projektleitern für die erfolgreiche technische Abwicklung ist heute Standard. Warum nicht auch Profis mit der Betreuung von Beteiligungsstrategien beauftragen? § 4b BauGB § 2 BImSchG (9.Änd.), § 43g EnWG oder § 29 NABEG geben dafür den Rahmen. Die Bürgerinnen und Bürger im Beispiel sind dann doch geblieben. An diesem Tag wurde zwar nicht mehr über das “Ob” entschieden, aber das “Wie” des Projekts konnte noch wesentlich gestaltet werden.

*Monika B. Arzberger ist Geschäftsführerin der koiné GmbH, Agentur für Bürgerdialog und Konfliktklärung, in Freising.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 17 Kommunalpolitik S017_BS12_All_dach
Foto: BS/Thomas Kohler, cc by 2.0, flickr.com
Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 18 Personelles S018_BS12_All_cl
Seite 19 Behörden Spiegel / Dezember 2017 Personelles S019_BS12_All_cl

Ein sehr beliebtes Finanzierungsmodell ist die Gründung einer Anstalt öffentlichen Rechts (AöR). Ziel der Kommune ist es, über die AöR etwaige Darlehen aus dem Haushalt zu nehmen.

Die Gründung einer AöR ist aber nicht das Allheilmittel, um trotz Schuldenbremse und Haushaltszwängen investieren zu können und gleichzeitig das Vergaberecht nicht beachten zu müssen. Wählt die Kommune den Weg über die AöR, um die Darlehen nicht selbst aufnehmen zu müssen, muss die AöR ihrerseits die Leistungen ausschreiben.

Bei der AöR-Gründung ist das Beihilferecht zu beachten Gründet die Kommune eine AöR, übernimmt sie für diese die unbeschränkte Gewährträgerhaftung. Das heißt, dass die Kommune wie ein Bürge für

Investieren trotz Schuldenbremse

Finanzierungsmodelle für die öffentliche Hand

(BS/Dr. Ute Jasper/Dr. Christopher Marx) Für Kommunen ist es so schwierig wie nie, ihr Geld sinnvoll zu investieren. Städte, Landkreise und Gemeinden stehen in einem komplexen Spannungsfeld: Schuldenbremse, Haushaltszwänge und Maastricht-Kriterien sind zu beachten. Eine Neuverschuldung über Darlehen ist nicht gewünscht. Die Kommune hat in dieser Situation mehr Handlungsmöglichkeiten, als gemeinhin angenommen. Entweder gibt sie ihr Geld nur tröpfchenweise aus, flickt Schlaglöcher dürftig, lässt Brücken verfallen und repariert Schulen nur, wenn dringend nötig. Oder sie nutzt Investitions- und Finanzierungsmodelle, um ihre Handlungsspielraum deutlich zu erweitern.

die Verpflichtungen der AöR einsteht. Grundsätzlich ist die Gewährträgerhaftung geeignet, den Wettbewerb zu verfälschen. Denn durch die Gewährträgerhaftung erhält die AöR kommunalkreditähnliche Konditionen. Das heißt, dass die von der AöR aufgenommenen Darlehen (fast) so günstig sind wie die von der Kommune aufgenommenen Darlehen. Allerdings führt eine Kommune die von der AöR aufgenommenen Darlehen oft nicht im Haushalt auf. Die Kommune

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muss daher darauf achten, dass es sich bei der Übernahme der Gewährträgerhaftung nicht um eine unzulässige Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV handelt. Nach dem EuGH bestehen für eine unzulässige Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV insgesamt vier Voraussetzungen:

1. eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel,

2. die Maßnahme ist geeignet, den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen,

3. ein begünstigtes Unternehmen erhält durch die Maßnahme einen Vorteil und

4. die Maßnahme muss den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen.

Die Kommune kann das Risiko einer Beihilfe am besten lösen, indem die AöR keiner wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. In diesem Fall ist die Kommune kein begünstigtes Unternehmen im beihilferechtlichen Sinn. Dies setzt voraus, dass die AöR als “verlängerter Arm” der Kommune bei der Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben tätig wird. Dabei ist allein die konkrete Art der Aufgaben der AöR entscheidend. Die AöR wird

beispielsweise regelmäßig nicht wirtschaftlich tätig, wenn sie allein im Bereich der Daseinsvorsorge handelt.

Für eine hoheitliche Tätigkeit darf sich eine Kommune einer eigens gegründeten AöR bedienen. Aus beihilferechtlicher Sicht macht es keinen Unterschied, ob die Kommune selbst Darlehen aufnimmt oder die kommunale AöR Darlehen aufnimmt, für die die Kommune als Gewährträger einsteht. AöR ist inhouse-fähig und ausschreibungspflichtig Neben dem Beihilferecht muss die Kommune auch die vergaberechtlichen Vorgaben berücksichtigen. Eine beihilferechtlich zulässige Anstalt öffentlichen Rechts ist in vielen Fällen zwar inhouse-fähig, al-

Dr. Ute Jasper ist Partnerin der Rechtsanwaltskanzlei

Heuking Kühn Lüer Woijtek und dort Leiterin der Praxisgruppe Öffentlicher Sektor und Vergabe. Dr. Christopher Marx ist Salaried Partner bei

Heuking Kühn Lüer Wojtek.

Fotos: BS/Heuking Kühn Lüer Wojtek

lerdings auch ausschreibungspflichtig. Die Kommune darf ihre inhouse-fähige AöR direkt mit der Sanierung von Schulen sowie der Reparatur von Straßen oder Brücken beauftragen. Die AöR ist nach § 108 Abs. 1 GWB inhouse-fähig, wenn die Kom-

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mune ihre AöR wie eine eigene Dienststelle kontrolliert. Außerdem muss die AöR zu wenigstens 80 Prozent allein für die Kommune zur Erfüllung deren hoheitlicher Aufgaben tätig werden und an der AöR dürfen keine Privaten beteiligt sein.

Die Kehrseite ist jedoch, dass die AöR selbst ebenfalls ausschreibungspflichtig ist. Die inhouse-fähige Anstalt öffentlichen Rechts ist nach § 99 Nr. 2 GWB ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts, weil sie im Allgemeininteresse tätig ist.

Ausblick Immer mehr Kommunen sind gezwungen, kreative Investitions- und Finanzierungsmodelle zu entwickeln oder bestehende Modelle auf ihre Ziele und Rahmenbedingungen zu übernehmen. Die Anstalt öffentlichen Rechts ist nur eines von vielen Modellen. In dem Seminar des Behörden Spiegel am 19.01.2018 werden Ihnen verschiedene Lösungen, Verfahren und Modelle anhand konkreter Projekte vorgestellt.

Die öffentliche Hand braucht Investitions- und Finanzierungsmodelle, um Handlungsspielräume für eine bessere Infrastruktur zu schaffen. Deshalb stellen die beiden Autoren, zusammen mit weiteren hochkarätigen Gastreferenten, in einem Seminar am 19. Januar 2018 in Düsseldorf Lösungen, Verfahren, Modelle, Projekte vor, die bereits erfolgreich umgesetzt wurden und die Kommunen – angepasst an ihre Ziele und Rahmenbedingungen – übernehmen können.

Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.fuehrungskraefteforum.de

Vollstreckung im öffentlich-rechtlichen Bereich

Die Kommunen, nicht die Inkassounternehmen sind hier gefragt (BS/Berthold Weiß*) Mit Interesse habe ich den Artikel “Der Handlungsdruck wird größer” über die Vollstreckungsmöglichkeiten in Bezug auf öffentlich-rechtliche Forderungen gelesen (November-Ausgabe des Behörden Spiegel, Seite 21). Diverse Aussagen, die hier über das Verhältnis zwischen einer Vollstreckung durch die öffentliche Hand und Inkassounternehmen getroffen wurden, können nicht unkommentiert bleiben.

Zweifelsohne hat eine Vollstreckung auf Grundlage der bestehenden Vollstreckungsgesetze mehr Möglichkeiten zur Realisierung einer offenen Forderung als jedes Inkassounternehmen. Wir befinden uns hier im Bereich der staatlichen Eingriffsverwaltung, bei der es nach dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes für staatliche Maßnahmen einer Ermächtigungsgrundlage bedarf. Fest steht auch, dass der Gesetzgeber die Übertragung von Vollstreckungsmaßnehmen aus dem hoheitlichen Bereich in den privaten nicht vorgesehen hat. Daher kann nur der Öffentliche Dienst hoheitliche Amtshandlungen vornehmen. Privaten Inkassounternehmen bleibt daher nur die Möglichkeit einer einfachen Aufforderung gegenüber einem säumigen Schuldner.

Dies unabhängig einer Betrachtung der Problematik des Datenschutzes!

Bezüglich der Aufstellung des Öffentlichen Dienstes im Forderungsmanagement muss ich der Präsidentin des Bundesverbands Deutscher InkassoUnternehmen (BDIU), Kirsten Pedd, grundsätzlich in allen Belangen Recht geben. Wir haben

hier tatsächlich ein Ressourcenund damit einhergehend auch ein stetig wachsendes Expertenproblem. Durch die Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen ist es überwiegend im Personalbereich zu Einsparungen gekommen. Eine gute und erfolgreiche Sachbearbeitung hängt immer von der Qualifizierung des Mitarbeiters ab. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um Tätigkeiten im Bereich der Eingriffsverwaltung handelt. Rückständige Forderungen können nur dann effizient eingezogen werden, wenn dies durch qualifiziertes Personal geschieht. Qualität leidet unter Personaleinsparungen

Hier sind die Kommunen gefragt. Diese müssen dafür sorgen, dass im Bereich Forderungsmanagement/Zwangsvollstreckung genügend und ausreichend ausgebildetes Personal zur Verfügung steht.

Leider habe ich im Rahmen meiner Tätigkeit als Dozent an der Kommunalakademie Rheinland-Pfalz e. V. festgestellt, dass gerade bei den Kassen, und hier insbesondere in der Vollstreckung (!), im Bereich des Per-

sonals erhebliche Einsparungen vorgenommen wurden. Hierunter leidet nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität der durchzuführenden Vollstreckungsmaßnahmen.

Keine Zwangsmaßnahmen

durch Inkassodienste

Auch jahrelange Erfahrungen im Bereich der öffentlich-rechtlichen Zwangsvollstreckung der Stadt Koblenz haben mir die Erkenntnis gebracht, dass nur der rechtlich einwandfreie und schnelle Zugriff auf den säumigen Bürger zum Erfolg führt.

Die Vollstreckung aufgrund unanfechtbarer Verwaltungsakte ist auf jeden Fall schneller und effizienter, da hier nicht nur eine Zahlungsaufforderung ergeht, sondern direkt gehandelt werden kann. Nur eine Vollstreckungsstelle, die für die Realisierung aller öffentlich-rechtlichen Forderungen zuständig ist, kann erfolgreich arbeiten. Voraussetzung hierfür ist die optimale fachlich-personelle Ausstattung!

Für mich ist es nicht vorstellbar, dass Kommunen Inkassounternehmen beauftragen, ohne die eigenen effizienteren

Möglichkeiten einer Zwangsvollstreckung auszuschöpfen, zumal Inkassodienste, wie schon mehrfach erwähnt, keine Zwangsmaßnahmen durchführen dürfen. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist darüber hinaus zu beachten, dass für die Bereiche Steuern und Abgaben (Steuergeheimnis) und Soziales (Sozialgeheimnis) die Übertragung auf Inkassounternehmen als unzulässig angesehen wird. Durch eine effektiv durchgeführte Vollstreckung wird jede Kommune ihre tatsächlichen Einnahmen verbessern und darüber hinaus auch ein Signal an den Bürger senden, dass Zahlungsverweigerungen unmittelbare Konsequenzen nach sich ziehen und letztlich die Zahlungsmoral steigt.

Aus meiner Sicht bleibt festzuhalten, dass Inkassounternehmen in der öffentlich-rechtlichen Vollstreckung keinen Platz haben und die Kommunen gehalten sind, ihre Personalressourcen zu überprüfen.

*Berthold Weiß ist Leiter der Stadtkasse Koblenz und Dozent an der Kommunalakademie Rheinland-Pfalz e. V.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 20 Kommunales Haushalt / Personelles S020_BS12_All_cl

Behörden Spiegel: Herr Trieb, Behörden sind für alle Autohersteller eine wichtige Zielgruppe. Wie sind Sie bei Daimler für diese besondere Art von Kundschaft aufgestellt?

Trieb: Wir haben einen eigenen Bereich, der sich ausschließlich mit Behörden, Diplomaten und Sonderfahrzeugen beschäftigt. In unserem Bereich arbeiten wir spartenübergreifend, d. h. wir bieten unseren Kunden Pkws, Transporter und Lkws aus einer Hand. Neben dem Direktgeschäft, welches in Berlin betreut wird, sind wir mit einer Mannschaft aus Sonderfahrzeugverkäufern bundesweit unterwegs. So sind wir optimal aufgestellt, um die Bedürfnisse der Kommunen und der kommunalen Betriebe zu befriedigen. Zusätzlich verfügen wir über eine weitere deutschlandweit agierende Verkäufergruppe, die auf die Belange der Landesbehörden spezialisiert ist.

Behörden Spiegel: Sie sprechen von Sonderfahrzeugen. Sind diese Fahrzeuge deswegen besonders, weil sie an Behörden geliefert werden oder weil sie bautechnisch anders sind als die Fahrzeuge, die Sie sonst verkaufen?

Trieb: Die Fahrzeuge sind deswegen besonders, weil sie sich von Standardfahrzeugen aus dem gewerblichen oder privaten Bereich unterscheiden. Gemeint sind hier Fahrzeuge mit Sonderkonfigurationen wie Signalanlagen und speziellen Aufoder Ausbauten, beispielsweise für die Polizei, die Feuerwehr

Technologien und Mobilitätskonzepte

Kersten Trieb über aktuelle Entwicklungen und Neuerungen im Jahr 2018

(BS) “Wir setzen auf Koexistenz verschiedener Technologien”, betont Kersten Trieb, Mitglied der Geschäftsleitung VAN Mercedes-Benz Vertrieb Deutschland und Leiter Verkauf Behörden, Diplomaten, Direktkunden, Sonderfahrzeuge bei der Daimler AG. Er erläutert die Möglichkeiten der Digitalisierung von Fahrzeugdaten für den Kundenservice, gibt Einblicke in Neuentwicklungen bei der Antriebstechnik und Modellpalette und beschreibt die jüngsten Aktivitäten seines Unternehmens im Bereich autonomes Fahren. Die Fragen stellte R. Uwe Proll.

oder den Winterdienst. Für das Fahren und Betreiben ist teilweise auch eine besondere Ausbildung notwendig.

Behörden Spiegel: Sonderfahrzeuge, wie beispielsweise Polizeiwagen, verfügen über immer mehr digitale Ausstattung. Wie sieht es mit der Konnektivität bei Ihren Fahrzeugen aus?

Trieb: Konnektivität ist natürlich auch in Behördenfahrzeugen ein Thema mit stark wachsender Bedeutung. Digitale Technik steckt in all unseren Fahrzeugen, wie beispielsweise Sensoren, die Flüssigkeitsstände oder den Zustand von Verschleißteilen messen. Sie können aber auch melden, wenn das Fahrzeug nicht verschlossen ist. Es gibt die verschiedensten Dienste und Möglichkeiten. So bieten wir in der E-Klasse die Möglichkeit für die Polizei, die eigene Einsatz-Technik mit der des Fahrzeuges zu koppeln. Aber auch im Bereich der Lkws nimmt die intelligente Vernetzung der Fahrzeuge mit ihrem Umfeld ständig weiter zu. Mit Mercedes-Benz Uptime beispielsweise können wir Standzeiten weiter reduzieren – dank der Vernetzung von Fahrzeug, Mercedes-Benz-Service und

Transportunternehmen des Kunden. Uptime überprüft vollautomatisch und kontinuierlich den Status der Fahrzeugsysteme, die mit Sensoren ausgestattet sind. Wenn sich ein Reparatur- oder Wartungsbedarf ergibt, meldet sie der Lkw automatisch an den Server des MercedesBenz-Service. Dort werden die Daten automatisch analysiert und sollte sich der Wartungsverdacht bestätigen, wird das dem Kunden direkt zusammen mit konkreten Handlungsempfehlungen mitgeteilt. Bei besonders dringenden Fällen kontaktieren wir den Kunden telefonisch und unterstützen ihn bei der Vereinbarung eines Werkstatttermins

Die Aufsicht ohne Aufsicht

Das vergessene Organ Gesellschafterversammlung

(BS/Ass. jur. Lars Scheider*) Wenn man die Anzahl der Public Corporate Governance Kodizies (PCGKs) der Anzahl der rund 13.000 Kommunen / Gebietskörperschaften gegenüberstellt, ist die Anzahl der PCGKs noch immer als relativ überschaubar zu bewerten. Dabei wurde in den letzten zehn Jahren von der Forschung und Wissenschaft über den PCGK hinaus eine Vielzahl von weiteren Instrumenten entwickelt bzw. die Entwicklung eingefordert. Insofern stellt sich bei kritischer Betrachtung die Frage, warum der PCGK offensichtlich noch teilweise ins Leere läuft. Völlig zu Recht liegt der Schwerpunkt bei dem Thema guter Unternehmensführung zunächst einmal bei dem Organ Geschäftsführung. Eine gute, hoch motivierte Geschäftsführung ist für die gute Unternehmensführung und -kontrolle, und somit auch für die Beteiligungssteuerung, das ganz entscheidende Instrument.

Wobei gerade in letzter Zeit, zumindest in der Öffentlichkeit, der Fokus zu Recht auf das Organ Aufsichtsrat gerichtet wurde (z. B. auf den VWAufsichtsrat). Dabei werden die Vertreter der öffentlichen Hand in den Aufsichtsräten mit sehr unterschiedlichen, oftmals auch schwierigen rechtlichen Anforderungen konfrontiert.

Beispielsweise kann die Doppelfunktion als Vertreter der Stadt bzw. des Kreises und als Mitglied des Aufsichtsrats einer Beteiligungsgesellschaft der entsprechenden Gebietskörperschaft zu Interessenkonflikten führen. Aus praktischer Sicht kann die strategische (politische) Rolle des Aufsichtsrats jedoch durchaus von Vorteil sein, da das Unternehmen von Kenntnissen und Erfahrungen der Aufsichtsratsmitglieder profitiert, zumal häufig die Aufsichtsräte der kommunalen Unternehmen mit den wesentlichen kommunalpolitischen Akteuren besetzt sind. Beteiligungsmanagement als fachlicher Berater

Bei alledem darf jedoch die herausragende Bedeutung des Organs Gesellschafterversammlung nicht aus dem Blick verloren werden. So ist die Gesellschafterversammlung als das gesellschaftsrechtlich höchste Organ zum Beispiel im Rahmen des Jahresabschlusses für die Entlastung der Geschäftsführung und des Aufsichtsrats verantwortlich. In den Aufgabenverteilungsplänen der deutschen Kommunen / Gebietskörper-

schaften ist diese Anteilseigner-Funktion regelmäßig dem Beteiligungsmanagement zugeordnet. Das Beteiligungsmanagement ist der fachliche Berater der politischen Gremien, aber auch der Verwaltungsspitze. Es ist der Ansprechpartner in allen Fragen der Steuerung der Beteiligungen.

Enormes Potenzial

Das Beteiligungsmanagement schlägt Änderungen des Steuerungssystems vor und ist somit für die Anwendung und Umsetzung von PCG-Instrumenten von entscheidender Bedeutung. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass das Beteiligungsmanagement in Deutschland häufig weder personell noch materiell den steigenden Anforderungen auch nur ansatzweise entspricht. Der Vergleich zu klassischen Verwaltungsbereichen wie zum Beispiel den

Die Instrumente des Beteiligungsmanagements sind Gegenstand zweier Seminare des Behörden Spiegel. Darin erläutert der Autor am 24./25. April 2018 die Grundlagen der Instrumente, die in einem weiteren Seminar am 23./24. Oktober 2018 vertieft werden. Beide Seminare finden in Berlin statt. Mehr unter: www.fuehrungskraefte-forum.de, Suchwort “Beteiligungsmanagement”

Haushaltsabteilungen zeigt, dass obwohl bundesweit in den Gebietskörperschaften schon weiter über 50 Prozent der Daseinsvorsorgeleistungen für den Bürger nicht mehr durch die sog. Kernverwaltung, sondern in privatisierter Form (meist GmbHs) erbracht werden. Aber das Beteiligungsmanagement entspricht nicht ansatzweise der personellen Stärke der Haushaltsabteilungen. Dabei hat insbesondere im Bereich der Beteiligungsverwaltung das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Interessen und Auffassungen ein nicht unerhebliches Potenzial für Konflikte. Die Professionalisierung der Beteiligungsverwaltung hat Auswirkungen innerhalb und außerhalb der Verwaltungsorganisation. Ohne ein professionell, personell und materiell gut aufgestelltes Beteiligungsmanagement wird es auch für die Zukunft nicht gelingen, die PCG-Instrumente in der Verwaltungspraxis in die Umsetzung zu bringen. Wie wichtig eine gute PCG ist, wurde auch jüngst durch eine Vielzahl von Vorgängen in den Medien (wie zum Beispiel bzgl. des neuen Flughafens Berlin/ Brandenburg) für den Bürger überdeutlich.

*Ass. jur. Lars Scheider verantwortet als Abteilungsleiter Beteiligungsmanagement der Stadtkämmerei der Stadt Frankfurt am Main alle Grundsatzfragen der Beteiligungssteuerung der rund 500 städtischen Beteiligungsgesellschaften.

“Durch die stetige Analyse der Fahrzeugdaten in Echtzeit durch Uptime können Pannen und weitere ungeplante Reparaturen vermieden werden.”

– nehmen ihm also den organisatorischen Stress. Uptime bietet natürlich gerade bei Fahrzeugen im Polizeieinsatz, aber auch im Kommunalbereich einen großen Kundenvorteil – überall dort, wo es auf eine ständige Funktionsbereitschaft und -sicherheit ankommt. Durch die stetige Analyse der Fahrzeugdaten in Echtzeit durch Uptime können Pannen und weitere ungeplante Reparaturen vermieden und planmäßige Werkstattaufenthalte weiter optimiert werden.

Behörden Spiegel: Sie arbeiten bei Mercedes-Benz momentan mit den verschiedensten Motorentechnologien. Neben dem herkömmlichen Verbrennungsmotor haben Sie Elektroantriebe, Brennstoffzellen, Antriebe mit Gas und hybride Antriebsformen. In welche Richtung werden sich die Antriebe in Zukunft bewegen?

Trieb: Ganz egal, über welche Form von Antrieb wir reden, für unsere Kunden ist immer die individuelle Mobilität der wichtigste Aspekt. Das ist dementsprechend auch der wichtigste Faktor bei der Entwicklung und dem Angebot zukünftiger Antriebsformen. Ein kommunales Fahrzeug hat beispielsweise ganz andere Anforderungen an die Reichweite als ein Überlandbus. Aus diesem Grund setzen wir auf die Koexistenz verschiedener Technologien. Wenn man sich beispielsweise das Thema Elektromotoren anschaut, dann sind für Kunden nicht nur die Fahrzeuge interessant, sondern auch die Frage nach verfügbarer Ladeinfrastruktur. Deshalb beschäftigen wir uns intensiv mit Fragen der Elektromobilität und bieten vermehrt nicht nur Fahrzeuge an, sondern schaffen rund um das Fahrzeug auch gewissermaßen ein Ökosystem, das den Kunden individuelle Lösungen für seine spezifischen Bedürfnisse offeriert, z. B. eine Beratung zum Thema Ladeinfrastruktur oder in Fragen des Flottenmanagements.

“Im Bereich alternative Antriebe ist für Behörden und Kommunen der Econic besonders interessant.”

so geschult, dass sie das auch können?

Behörden Spiegel: Was bedeutet das für Ihre Modellpalette?

Trieb: Zum einen werden die herkömmlichen Verbrennungsmotoren immer weiter entwickelt und zum anderen auch die Hybride und Elektrofahrzeuge. Unsere Palette wird immer größer und individueller. Im Pkw-Bereich haben wir unter der Marke EQ alle Elektrofahrzeuge sowie die dazugehörigen Produkte und Dienstleistungen

gebündelt. Im Bereich Nutzfahrzeuge haben wir beispielsweise vor Kurzem in Berlin den eVito vorgestellt, der im zweiten Halbjahr 2018 als Serienfahrzeug erscheinen wird, gefolgt vom batterieelektrisch angetriebenen Sprinter im Jahr 2019. Mit dem Logistik-Dienstleister Hermes wurde im Frühjahr eine strategische Partnerschaft vereinbart, welche unter anderem vorsieht, bis 2020 1.500 Elektrofahrzeuge zu liefern. Auch bei den Lkws haben wir gerade die ersten Elektrofahrzeuge im Schwerlastbereich vorgestellt. In einem nächsten Schritt starten wir in Kürze mit der Erprobung und arbeiten dabei mit ausgewählten Kunden zusammen, um die Fahrzeuge so zu entwickeln, dass direkt ein Alltagsbezug da ist und praktische Gesichtspunkte in die frühen Phasen der Entwicklung mit einfließen können. Im Bereich alternative Antriebe ist für Behörden und Kommunen der Econic besonders interessant. Das ist ein Niederflurfahrzeug, das neben hoher Funktionalität im täglichen Einsatz auch viele Aspekte berücksichtigt, die dem Fahrer und den Insassen das Leben erleichtern. Zum einen sind die Fahrzeuge vom Einstieg her sehr niedrig, sodass man nicht hineinklettern muss. Und zum zweiten steht der Econic für ein hohes Sicherheitsniveau mit umfangreicher Sicherheitstechnik, die gerade im teils unübersichtlichen Stadtverkehr wichtig ist. Das “High Visibility Fahrerhaus” mit tiefgezogener Panoramascheibe und bodentiefer Verglasung der Beifahrertür ermöglicht dem Fahrer ein breites Sichtfenster. Zudem kann der Econic mit dem Abbiege-Assistenten ausgerüstet werden, der Fußgänger und Fahrradfahrer erkennt und den Fahrer optisch sowie akustisch warnt. Diese Fahrzeuge bieten wir neben dem Standard-Dieselmotor auch mit Gasantrieb an. Somit kann ein Entsorgungsfahrzeug besonders umweltfreundlich in der Stadt unterwegs sein. Bei Daimler arbeiten wir kontinuierlich und in allen Bereichen an Verbesserungen in der Fahrzeugtechnik, um das technisch Machbare auch für unsere Kunden umzusetzen –zum Vorteil der Umwelt und der Effizienz.

Behörden Spiegel: Bei Mobilitätskonzepten hat ja jeder Kunde seine ganz eigenen, individuellen Vorstellungen und Bedürfnisse. Haben Sie für solche Konzeptfragen speziell ausgebildete Leute im Konzern oder sind Ihre normalen Vertriebsmitarbeiter

Trieb: Wir haben bei MercedesBenz für jede einzelne Sparte ein entsprechendes Angebot an Mobilitätsservices. Lkw-Kunden bieten wir mit CharterWay seit 25 Jahren umfassende Mobilitätsdienstleistungen, immer auf die individuellen Kundenbedürfnisse zugeschnitten. Im letzten Jahr haben wir die Mercedes-Benz Vans Mobility GmbH für die Mobilitätsdienste im Van-Segment gegründet, die vor Kurzem ihren Mietservice Mercedes-Benz Van Rental gestartet hat. Im Pkw-Bereich sieht das ganz ähnlich aus: Hier bieten wir Mercedes-Benz Rent oder unser flexibles Carsharing car2go an. Auch im normalen, kleingewerblichen Bereich gibt es viele Kunden, die ihre Fahrzeuge saisonal ganz unterschiedlich nutzen und dementsprechend unterschiedliche Bedarfe haben. Je nach Anspruch ist es für den Kunden wichtig, dass er nicht eine bestimmte Fahrzeuganzahl für sein Gewerbe braucht, sondern insgesamt mobil durch das Jahr kommt, egal was gerade ansteht.

Behörden Spiegel: Ein weiteres großes Zukunftsthema ist das autonome Fahren. Ist das heute schon eine konkrete Materie, mit der sich die Behördenkunden befassen?

Trieb: Das Thema autonomes Fahren und die dazugehörige Entwicklung haben inzwischen einen beachtlichen Stand erreicht. In dem Bereich gibt es allerdings einen ganzen Strauß an gesellschaftlichen und juristischen Fragestellungen, die angegangen und beantwortet werden müssen. Hier werden aktuell ja viele Schritte unternommen. Und ich sage bewusst autonom, denn in unseren aktuellen Fahrzeugen ist schon sehr viel Technik drin, die dem Fahrer die Arbeit erleichtert. Natürlich bedienen wir das Auto noch selber, aber es ist eben auch heute schon dank zahlreicher Fahrerassistenzsysteme ein teilautomatisiertes Fahren möglich. Das automatisierte Fahren ist auch im Lkw-Bereich ein Thema. Um zukünftig noch besser Staus und Unfälle insbesondere auf der Autobahn vermeiden zu können, arbeiten wir gerade an Systemen wie dem Highway Pilot Connect. Das haben wir umfassend mit einem vollvernetzten Konvoi aus drei Fahrzeugen getestet und bei einer öffentlichkeitswirksamen Präsentationsfahrt von Stuttgart nach Rotterdam demonstriert. Dabei sind die Lkws in sogenannten Platoons unterwegs, mit einem angemessenen Abstand und einer angepassten Geschwindigkeit, um optimal von A nach B zu kommen. Bei solchen Systemtests sieht man, was technisch heutzutage schon möglich ist in Sachen automatisiertes Fahren.

Behörden Spiegel: Wenn wir in die unmittelbar bevorstehende Zukunft schauen, auf welche Produkte können sich Ihre Kunden im kommenden Jahr freuen?

Trieb: Wir werden auch nächstes Jahr eine Vielzahl an Produktneuerungen aus allen Sparten auf den Markt bringen. Für unsere Kunden aus dem Bereich Behörden- und Sonderfahrzeuge ist sicher die Markteinführung des neuen Sprinter im ersten Halbjahr 2018 eines der Highlights. Das Fahrzeug wird sich durch eine deutlich erweiterte Variantenvielfalt und umfassende neue Fahrassistenzsystemen und Konnektivitätsdienste noch präziser an individuelle Transport- und Branchenbedürfnisse anpassen lassen.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 21 Stadtwerke / Kommunale Infrastruktur S021_BS12_All_cl
Im intensiven Gespräch: Kersten Trieb (rechts) und R. Uwe Proll (links) Foto: BS/Daimler AG
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Bundeskongress Öffentliche Infrastruktur

Esist nicht einfach, dem Teufelskreis zu entrinnen, den der sachsen-anhaltinische Minister für Landesentwicklung und Verkehr, Thomas Webel, skizzierte. Durch den demografischen Wandel müssten die Kosten zur Finanzierung von Infrastrukturen auf immer weniger Schultern verteilt werden. Es werde teurer und damit unattraktiver, was die Landflucht weiter befördere (siehe nächste Seite).

Rückgrat Schienenverkehr

Um dieser Entwicklung zu begegnen, die Zukunft der Infrastruktur zu sichern und auszubauen sowie die gleichwertigen Lebensverhältnisse in Deutschland oder auch zwischen Berlin und Brandenburg zu sichern, bedürfe es eines integrierten konzeptionellen Grundgerüsts, unterstrich Kathrin Schneider, Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg. Dieses Grundgerüst bestehe aus drei aufeinander abgestimmten bzw. vernetzten Strategien. In Brandenburg seien das der Landesentwicklungsplan, eine Mobilitätsstrategie 2030 und eine Strategie Stadtentwicklung und Wohnen. Die Infrastruktur basiere auf einigen großen Verkehrslinien. Und der Lage Berlins. Hier komme insbesondere dem Schienenpersonennahverkehr (SPNV) eine besondere Rolle zu. “Ein großartiges System, das bisher funktioniert. Dadurch konzentriert sich der Verkehr auf die Umsteigeoptionen”, sagt die Ministerin. Ein Beispiel: Vom

Das geplante Milliarden-Paket soll in die bestehenden Förderprogramme integriert werden. “Aber es ist notwendig, dass die Gelder frei verfügbar sind”, sagt der Wuppertaler Oberbürgermeister Andreas Mucke. Er fuhr fort, dass die Förderungsanfragen bürokratisch aufwendig seien und Kommunen teilweise an ihre Grenzen brächten. Denn: “Einige Programme erfordern, dass die Kommunen vorschießen, was sich diese nicht leisten können.” Im Hinblick auf drohende Fahrverbote für Dieselfahrzeuge seien auf dem Dieselgipfel keine eindeutigen Lösungen geschaffen worden. Dr. Ludger Giesberts, Leiter der deutschen Praxisgruppe Litigation & Regulatory von DLA Piper, prognostizierte, es würden keine eindeutigen Fahrverbote folgen, sondern es würden Ergänzungen zur Luftreinhaltung entschieden. Inwieweit die Kommunen diese Ergänzungen umsetzen könnten, bleibe fragwürdig, so der Jurist. Denn es gehe dabei um Standardisierungen, die vom Bundesgesetzgeber vorgegeben werden müssten. Als Gründe für die Prognose gegen die Fahrverbote sagte Giesberts:

“Rechtlich ist das Thema heikel und schwammig. Denn die Maßnahmen müssen in einem Verhältnis stehen und ein Fahrverbot könnte bereits unverhältnismäßig sein.”

Innenstadtchaos: der unabdingbare Wirtschaftsverkehr

Demgegenüber mache der Individualverkehr bei dem täglichen Wirtschaftsverkehr bis zu 33 Prozent der Luftbelastung aus, äußert sich Dr. Wulf-Holger

Die Zukunft gestalten

Vernetzt, strategisch und sorgfältig planen, mehr kooperieren

(BS/Jörn Fieseler) Wachsende Städte auf der einen Seite, sinkende Einwohnerzahlen im Ländlichen Raum auf der andern Seite. In beiden Fällen gilt es, passende Antworten zu finden: Auf die technologischen Entwicklungen, um Infrastrukturvorhaben termin- und kostengerecht fertigzustellen, um die Mobilität der Menschen allerorts zu gewährleisten und letztlich die Gleichwertigkeit der Lebensräume sicherzustellen. Der 12. Bundeskongress Öffentliche Infrastruktur bot Raum für Analysen, Diskussionen und Lösungsideen. Es muss mehr miteinander vernetzt werden, sogar durch Drahtseile.

Bonns Oberbürgermeister. Vor allem in Schulen, denn Bonn ist eine wachsende Stadt. 30.000 Einwohnern kommen im Jahr hinzu.

Ein volles Dutzend: zum zwölften Mal insgesamt und zum sechsten Mal in Berlin fanden auf dem Bundeskongress Öffentliche Infrastruktur rund 150 Interessierte aus unterschiedlichen Kreisen zusammen, um über die Zukunft der kommunalen Infrastruktur und insbesondere über die Mobilität, aber auch über die Gestaltung von attraktiven Innenstädten, Infrastrukturgesellschaften und die neuesten Änderungen des Bauvertragsrechts zu sprechen. Den ersten Einblick lieferte der Bonner Oberbürgermeister Ashok Sridharan (links).

brandenburgischen Ludwigsfelde zum Potsdamer Platz in Berlin dauert die Fahrt mit dem Regionalexpress 20 Minuten. Bleibt die Fahrt zum Bahnhof und zum eigentlichen Zielort. Dieselbe Fahrt mit dem Auto dauert 45 Minuten bei rund 30 Kilometern. Gleichzeitig ist die Mobilitätswende zu berücksichtigen. Die verschiedenen Verkehrsarten müssen miteinander ver-

netzt und gemeinsam gedacht werden. Im Großen wie im Kleinen. Denn die Planungsphase ist das entscheidende Zeitfenster. Hier werden die Grundsteine gelegt. Wenn an dieser Stelle Fehler entstehen, summieren sich diese am Ende und sind nur ressourcenintensiv zu beseitigen. Kooperationen und der ehrliche Dialog auf Augenhöhe zwischen allen Beteiligten ist die

eine Grundvoraussetzung, eine sorgfältige Planung die andere, um zu verhindern, dass Projekte zu Zeit- und Kostenfressern mutieren.

Investitionsstau bleibt Den rund 150 Teilnehmern aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft bot der Kongress daher Raum, um branchenübergreifend Finan-

Eine Milliarde ist zu wenig …

... und eine Verkehrswende dauert Jahrzehnte

zierungsmodelle, Organisationsfragen und Betriebsvarianten zu diskutieren.

Dabei wurde deutlich: Der Investitionsstau wird sich nie ganz beseitigen lassen, ihn zu reduzieren sollte aber möglich sein. Allein in der Bundesstadt Bonn würden in diesem Jahr über 500 Mio. Euro für Infrastrukturvorhaben verausgabt, betonte Ashok Sridharan,

In die Lüfte Bonn ist von der Fläche aber begrenzt. Wie alle Städte. Es gilt also auch hier, neue Verkehrskonzepte zu entwickeln. “Seilbahnen sind eine sinnvolle Ergänzung des Öffentlichen Personennahverkehrs”, so Sridharan. Wenn sie mit der vorhandenen Infrastruktur verknüpft werden. Auch in Wuppertal wird über diese Form der Fortbewegung diskutiert. Oberbürgermeister Andreas Mucke spricht von der Schwebebahn 2.0. Bei allein 20.000 Studierenden und 2.000 Schülern stoße das Busliniennetz in Wuppertal an seine Kapazitätsgrenzen. Selbst eine höhere Taktung reiche nicht aus, um der Lage Herr zu werden. Zudem könne die Seilbahn eine echte Alternative in der Verkehrswende werden: Sie sei umweltfreundlich, senke die Lärm- und Schadstoffbelastung und sei im Vergleich zum Straßenbau kostengünstig und schnell zu realisieren.

J ETZT V o RMERKE n!

Bundeskongress Öffentliche Infrastruktur

Der nächste Kongress findet am 4. Dezember 2018 erneut in Berlin statt. www.oeffentliche-infra struktur.de/

(BS/Adrian Bednarski) Ernüchterung stellte sich ein beim Publikum auf dem 12. Kongress Öffentliche Infrastruktur des Behörden Spiegel – aber es blieb auch Raum für Zukunftsvisionen. Eine Milliarde Euro soll für die Verkehrswende kommen, hieß es auf dem Dieselgipfel. Eine Milliarde Euro sind circa 1.300 Elektrogelenkbusse – unter der Prämisse, dass ein Bus 750.000 Euro kostet. Laut Kraftfahrt-Bundesamt verkehrten 2016 circa 78.300 Dieselbusse auf deutschen Straßen – also ein Tropfen auf den heißen Stein? Auch andere offene Baustellen wurden konstruktiv diskutiert.

Arndt aus dem Bereich Mobilität und Raum der TU Berlin. “Seit dem Jahr 2000 bleibt die Masse der Güter, die durch Deutschland bewegt werden, gleich. Demgegenüber hat die Entfernung sowie deren Frequenz sich verändert”, äußert sich der Wissenschaftler. Dies sei besonders durch E-Commerce bedingt. Die verkehrlichen Auswirkungen des Online-Handels erläuterte er an anhand einer Untersuchung: “Fünf Prozent mehr Online-Einzelhandel generiert bis zu 8.000 zusätzliche LkwFahrten. Besonders 24-Tonnen

Lkws beanspruchen die Straßen wie 10.000 Pkws mit je 1,4 Tonnen.” Die Abnutzung durch Erschütterung und durch den Körperschall der großen Fahrzeuge sei enorm. Seiner Meinung nach müssten die Kommunen den Wirtschaftsverkehr in die örtliche Planung mit einschließen, um unnötige belastende Stand- und Fahrtzeiten zu vermeiden. Als Beispiel nannte er den Bau des Potsdamer Platzes in Berlin. Hierbei habe das Unternehmen baulog in einer Öffentlich Privaten Partnerschaft (ÖPP) mit der Stadt zusammen die Anlieferer koordiniert. “Zum einen wurde das Projekt schneller als geplant fertig und zum anderen haben sich die Zusatzkosten innerhalb von drei Monaten harmonisiert”, so

Arndt. Eine andere Alternative seien Fahrräder. Nach neusten Studien könnten 15 Prozent des Wirtschaftsverkehrs über diese abgewickelt werden. Gleichwohl sei der Pkw-Verkehr für Elektrofahrzeuge prädestiniert, da er 58 Prozent der Belastung ausmache.

E-Autos: Alternative und der ökologische Fußabdruck Der Preis, die Reichweite und der ökologische Fußabdruck gelten als kritische Aspekte der EMobilität. “Ein Elektroauto wird dadurch “schlecht”, weil die Batterieherstellung und die Batterie selbst sehr viel Strom benötigen”, sagt Prof. Sven Strube. Durch de-

ren Herstellung mit Kohle-Strom würden ihnen höhere Emissionswerte angerechnet, so der am Institut für Verkehrsmanagement der Ostfalia-Hochschule Braunschweig, Wolfenbüttel tätige Professor. Damit sei deren ökologischer Fußabdruck größer als mit Öko-Strom. Preise und Reichweite würden sich im Laufe der Zeit entwickeln. Um die Entwicklung der E-Mobilität und den Klimaschutz voranzutreiben, fordere Dr. Dr. Reinhard Löser vom Bundesverband für E-Mobilität e. V. eine Quote: “Ab 2030 sollten nur noch Elektroautos auf deutschen Straßen fahren.” Indes brauchen E-Elektroau-

tos Strom zum Fahren. Die Stadt Berlin hat deshalb in den letzten Jahren über 100 E-Ladesäulen aufgestellt. “Das eigentliche Problem besteht beim Blockieren der Ladesäulen, obwohl die Autos geladen sind”, kommentiert Hermann Blümel von der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. Es sei hilfreich, elf Kilowatt-Autos zu entwickeln, die mehr und schneller aufnehmen könnten, damit die Bewohner ihre Autos schneller von den Säulen nehmen. “Dies ist weitaus wichtiger, als weitere Ladesäulen in der Stadt aufzustellen”, sagt Blümel. Ein weiteres Ladesäulenproblem bestehe in der hohen Ladelast bei den E-Autos, merkte Dr. Fabian Sösemann an. Der Bereichsleiter für Energieversorgung von der GP Joule GmbH rechnet vor: “Wenn 20 Autos mit je elf Kilowatt laden, dann sind das 220 Kilowatt die Stunde. Dies ist ein höherer Verbrauch als in einem normalen Bürogebäude”. Zudem äußerte er sich positiv zu der Gewinnung von Wasserstoff als Stromträger, damit dieser auch bei Überschuss erhalten bleibe (mehr zum Thema Seite 26).

Seilbahnen: die lautlose Alternative?

Stehen die Bürger den E-Autos noch skeptisch gegenüber und

lassen die E-Busse auf sich warten, bliebe noch als Alternative die Seilbahn. “In Wuppertal wird die zukünftige Bahn die Südschule, den Uni-Campus und das Zentrum miteinander verbinden. Dabei ist sie schnell und bequem”, so der OB Mucke. Auch Giesberts ist der Meinung, dass aufgrund der geringen Lärmbelästigung rechtlich gegen Seilbahnen wenig hervorgebracht werden könnte. Zudem würde die Seilbahn weniger Fläche beanspruchen als viele herkömmlichen Verkehrsmittel, sie brauche nur die notwendige Höhe, ergänzt Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer. Nichtsdestotrotz braucht es die Bürger mit im Boot. “Eine schwache Kommunikation, bei der die Bedenken der Bevölkerung nicht mitgenommen werden, kann Projekte scheitern lassen”, mahnt Reinhard Fitz, Bereichsleiter Internationale Geschäfte der Doppelmayr Seilbahnen GmbH. Im amerikanischen Portland würde die Seilbahn für die Überwindung der Höhenunterschiede genutzt. “Studenten sowie Krankentransporte finden über die Seilbahn ihren Weg”, sagt Fitz. Trotz einiger Widerstände sei das Projekt umgesetzt worden. Die Bewohner seien über jene, die Bahn fahren, nicht erfreut, ihre Grundstücke seien wiederum im Wert gestiegen. resümiert er. Aber die Kosten für eine Seilbahn würden enorm variieren. Je nach Seilbahnsystem könnte es zwischen acht und 20 Millionen Euro pro Kilometer kosten.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 22 S022_BS12_All_cl
Fotos: BS/Dombrowsky Barbara Ettinger-Brinckmann, Reinhard Fitz, Dr. Ludger Giesberts, Holger Schilp, Andreas Mucke und Matthias Wohltmann diskutieren über E-Mobilität, Fahrverbote und die Seilbahn-Alternative (v.l.n.r.).

Gerade ländliche Regionen in Ostdeutschland, in denen Industriebrachen von der einstigen Aktivität zeugen, sind stark vom Phänomen der Verstädterung betroffen. Die Anziehungskraft der Ballungsräume steigt besonders bei jungen Menschen; sei es aufgrund kultureller Möglichkeiten, besserer Anbindungen oder Aussichten auf Studien- und Arbeitsplätze. Um dieser Tendenz entgegenzuwirken und die Provinz wieder attraktiver zu machen, müsse ein Hauptaugenmerk auf den Ausbau und die Weiterentwicklung kommunaler Infrastruktur gelegt werden, fordert der Minister für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt, Thomas Webel, im Rahmen des Bundeskongresses Öffentliche Infrastruktur 2017. Auch der Geburtenrückgang trage dazu bei, dass ländliche Regionen “aussterben”. Die Kosten für die notwendige Infrastruktur werden allerdings mit abnehmender Bevölkerungszahl auf die wenigen Verbliebenden umverteilt, “es entsteht ein Teufelskreis”, so der Landesminister.

Konzepte zur

Daseinsvorsorge

“Wir müssen ein gutes Umfeld für junge Menschen schaffen”, betont Webel, damit diese entweder gar nicht erst in die Großstädte fortzögen oder wieder zurückkehrt. Neben dem Angebot an Arbeitsplätzen und der Versorgung mit Dingen des täglichen Bedarfs spiele vor allem der einheitliche Zugang zu verkehrstechnischer sowie digitaler Infrastruktur eine bedeutende Rolle. Maßnahmen, um

Zukunft der kommunalen Infrastruktur

Verstädterung und demografischer Wandel sind Herausforderungen für Kommunen

(BS/Katharina Heidrich) Daseinsvorsorge sichern und gleichwertige Lebensverhältnisse herstellen: Das sind die dringlichen Aufgaben, die auf der politischen Agenda weit oben stehen. Eine funktionierende kommunale Infrastruktur ist hierfür ein wichtiger Beitrag. Der Trend zur “Landflucht” und der demografische Wandel erschweren diesen, machen ihn aber gleichzeitig notwendig. Es gibt verschiedene Ideen, wie die Maßnahmen zum Ausbau kommunaler Infrastruktur aussehen könnten.

Sachsen-Anhalts Minister für Landesentwicklung und Verkehr, Thomas Webel, spricht sich für den Ausbau kommunaler Infrastrukturen aus. Die Zukunft der kommunalen Infrastruktur war Gegenstand der Abschlussdiskussion mit Prof. Dr. Ralf Leinemann, Boz˘ica Niermann und Christian Haase sowie Bran-

die Lebensqualität in ländlichen Räumen zu gewährleisten, seien weitere Förderungen des kommunalen Straßenbaus sowie der Unterlass, den Öffentlichen Personennahverkehr weiter auszudünnen. Der Aufbau von großstädtischer Infrastruktur solle nicht länger auf Kosten der Dörfer und Kleinstädte gehen. Aber nicht nur für die Jugend sei es wichtig, die Attraktivität der ländlichen Räume zu steigern, sondern eben auch für die zunehmende Zahl der älteren

Besser bauen

Menschen. Dies stelle künftig besondere Anforderungen an Vorkehrungen der Barrierefreiheit und durch den erhöhten Pflegebedarf an die Ausbildung von Fachkräften. Die Förderung der Pflegeausbildung komme gleichzeitig wieder den daran interessierten jungen Menschen in der Region zugute. Um neue Ideen zur Gestaltung des demografischen Wandels zu entwickeln, hat Sachsen-Anhalt eine Demografie-Allianz gegründet. Der Wandel sei “nicht als Be-

Großprojekte wirtschaftlich und termingerecht realisieren (BS/stb) Bedarfsgerecht, kostengünstig und im Zeitplan fertig: Das wünscht sich jeder Vorhabenträger für sein Bauprojekt. Doch je größer die Aufgabe ist, desto größer fallen auch die Unwägbarkeiten aus und desto mehr Raum für Hemmnisse gibt es. Von der gesetzlichen Regulierung über die Finanzierungmodelle bis hin zur konkreten Projektsteuerung werden viele Stellschrauben zur Optimierung diskutiert.

Bei der Realisierung von Großprojekten im öffentlichen Sektor können Prozesse noch so gut geplant sein, letztlich entscheidet sich viel über den menschlichen Faktor. Der Projektmanager spiele naturgemäß eine wichtige Rolle, er könne aber ein Projekt nicht alleine stemmen, erklärte Dr. Barbara Buhr, Rechtsanwältin für den öffentlichen Sektor bei der KMG Rechtsanwaltsgesellschaft.

“Die Auswahl des ganzen Projektteams trägt maßgeblich zum Erfolg bei – und zwar über die gesamte Laufzeit hinweg.”

Buhr empfahl, ein interdisziplinäres, festes Kernteam einzusetzen, das von Anfang an seine Expertise einbringe und den Wissenstransfer von einer Projektphase in die nächste garantiere.

Strukturierungsphase

entscheidend

Wichtig sei vor allem die Strukturierungsphase. Hier würden die Grundlagen für eine realistische Zeitplanung, Kostentransparenz und Qualitätssicherung gelegt. Das setze eine genaue Analyse des Bedarfs, der Stakeholder und der Risiken voraus, sagte Buhr. Der Blick sollte dabei möglichst unvoreingenommen sein, damit keine relevanten Interessengruppen oder Hindernisse übersehen werden. Eine Gewichtung erfolge, so Buhr, erst im zweiten Schritt.

Eine umfassende Berücksichtigung aller Interessen sei zwar nicht möglich, es müsse aber eine bewusste Steuerung geben. Die Weichen für die Akzeptanz von Großprojekten in der Öffentlichkeit würden schon in der Strukturierungsphase gestellt, betonte die Rechtsan-

Termine einhalten, Kosten begrenzen, Qualität sichern: Die Grundlagen dafür werden in der Strukturierungsphase von Großprojekten gelegt, betonte Rechtsanwältin Dr. Barbara Buhr.

wältin. “Es sollte Wert auf eine angemessene Kommunikationskultur gelegt werden. Man ist vor allem gut beraten, Kosten frühzeitig transparent zu machen, um Verständnis vonseiten der Bürger zu bekommen.”

Falscher Akzent Viel diskutiert wurde auf dem Kongress über das Modell Öffentlich Private Partnerschaft (ÖPP) im Bereich Infrastrukturen, gerade im Zusammenhang mit der von der Bundesregierung geplanten Bundesfernstraßengesellschaft, die künftig die Bundesautobahnen betreiben soll. “Die politische und öffentliche Diskussion hatte einen falschen Akzent”, kritisierte Dr. Heiko Stiepelmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Die Frage nach der Rechtsform sei überbetont worden. “Über die Organisationsstruktur und den nötigen Change-Prozess hat sich die Politik kaum Gedanken gemacht.”

Dr. Martin Meurers, Leiter des Referats Finanzpolitik, konjunkturpolitische Orientierung im Bundeswirtschaftsministerium, lenkte die Aufmerksamkeit auf die erhofften Vorteile: “Infrastrukturgesellschaften bieten die Chance, bestehende Investitionsbedarfe entschlossen anzugehen und Erwägungen zur Wirtschaftlichkeit von Anfang an einzubinden.”

Projekte gemeinsam beschleunigen Angesichts der bestehenden Herausforderungen im Zusammenhang mit steigenden Bedarfen, Digitalisierung und Energiewende müssten Projekte unbedingt schneller und flexibler geplant, genehmigt und umgesetzt werden können. “Öffentliche Player allein sind mit der Komplexität vielleicht überfordert”, so Meurer. In Infrastrukturgesellschaften könnten Kompetenzen von Bund und Ländern konzentriert und mit Expertise aus dem privatem Sektor gebündelt werden.

drohung, sondern auch als Herausforderung” zu sehen, hebt der Minister hervor. Investitionsrückstau verhindert Maßnahmen

Die Zukunft der kommunalen Infrastruktur ist gleichzeitig eine Frage des Personals, stellt der kommunalpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Christian Haase, fest. Weitreichende Planungsprozesse werden immer schwieriger, da ein zunehmender Personalabbau

stattfinde. Fachkräfte werden aber besonders dringend benötigt, um eine Ansiedlungspolitik im ländlichen Raum für das produzierende Gewerbe voranzutreiben. Die kommunale Selbstverwaltung und notwendige Investitionen dürften nicht ausschließlich vom Bund und dessen Entscheidungen abhängig sein, fordert das Mitglied des Bundestags. Für langfristige Planungssicherheit spricht sich auch die Ministerin für Infrastruktur- und Landesplanung

des Landes Brandenburg, Kathrin Schneider, aus und nennt Konjunkturprogramme in diesem Bereich “unsinnig”. Attraktivitätssteigerung sei eine große Herausforderung, doch sollten dafür Potenziale, die schon da seien, genutzt werden. Der öffentliche Nahverkehr sei auszubauen und es brauche kulturelle und Bildungsinfrastrukturen, die an zentralen Orten gebündelt würden. Die Bereiche altersgerechtes Wohnen und bezahlbarer Wohnraum, die ebenfalls einen Beitrag zur Daseinsvorsorge leisten, beleuchtete der Rechtsanwalt und Partner der Leinemann & Partner Rechtsanwälte mbB, Prof. Dr. Ralf Leinemann, von der juristischen Seite. Die Vergaberechtsreform wirke sich beim Bauen nicht aus. Ohne ein Vergabeverfahren mit EUweiten Ausschreibungen gehe es aber nicht, so der Anwalt. Dabei seien allerdings kleine Handlungseinheiten vonnöten, da diese weniger Risiko für die Vorfinanzierung bedeuteten, wendete die Prokuristin der Offenbacher Projektentwicklungsgesellschaft mbH (OPG), Božica Niermann, ein. Des Weiteren stelle sich ebenso die Frage, ob sich die Tendenz zur Verstädterung nicht bald von selbst löse und es die Leute wieder aufs Land ziehe, führte die Geschäftsbevollmächtigte der OPG aus. Durch die Digitalisierung entwickelten sich neue und kleinere Produktionslinien. Entwicklungen wie der 3D-Drucker könnten dazu beitragen, die Abhängigkeit von Geschäften und großstädtischer Infrastruktur zumindest zu verringern.

Potenzial heben beim Planen und Bauen

Lösungen und Verfahren für die öffentliche Hand (BS/lkm) Viele Kommunen kennen das Problem: Eine Straße wird gebaut und kurze Zeit später schon wieder von einem Versorgungsunternehmen aufgemacht, um bspw. Rohre oder Glasfaser zu verlegen. Bei Großbauprojekten erweisen sich nicht selten am Anfang gemachte Planungsfehler als große Kostentreiber. Wie unnötige Doppelarbeit vermieden werden kann, und die Planung von Bauprojekten effizienter gestaltet werden kann, war Thema verschiedener Diskussionen auf dem 12. Bundeskongress Öffentliche Infrastruktur.

In Berlin – und seit Kurzem auch in Köln – gibt es beispielsweise zur Unterstützung der behördlichen Koordinierungsaufgabe ein GIS-basiertes E-Government-Tool, den Baustellenatlas. Er ermöglicht die unkomplizierte Eintragung und damit Koordinierung von aktuellen und geplanten Baumaßnahmen auf einer einzigen übersichtlichen Karte. Laut Jürgen Besler, Geschäftsführer der infrest – Infrastruktur eStrasse GmbH, gibt es für weitere Städte und Gemeinden schon Gespräche, dort ebenfalls den Baustellenatlas einzuführen.

Bislang nahmen Genehmigungsprozesse für Bautätigkeiten im öffentlichen Straßenraum erhebliche Ressourcen in Anspruch. Der Abgleich von mittel- und langfristigen Planungen mit aktuellen und abgeschlossenen Tätigkeiten, mit angemeldeten Veranstaltungen, Genehmigungsfristen und Aufgrabeverboten ist komplex. Der Baustellenatlas will diese vielen Schritte auf einen einzigen und umfassenden Überblick reduzieren. Die Baustellenkoordination über den Baustellenatlas verhindert zudem redundante Aufgrabungen, unnötige Bauverzögerungen und störende Verkehrsbehinderungen.

Aktuell wird, so Besler, zudem eine App entwickelt und in Berlin getestet, mit der Bürger mit ihren Handy Fotos von Baustellen machen können und darüber Informationen und Ansprechpartner zu der Baustelle erhalten.

“Baustellen sind ein positives Zeichen zum Erhalt und Ausbau der Infrastruktur. Auf der anderen Seite sind sie vielen Menschen aber auch oft im Weg. Hier

ist die transparente Information der Öffentlichkeit wichtig, um Akzeptanz zu schaffen”, rät der Infrastrukturexperte.

Bauen 4.0

Eine weitere Möglichkeit, Bauen und Planen der öffentlichen Hand effizienter zu gestalten, ist Building Information Modeling (BIM). Hierbei werden alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst. Zu jedem Bauteil werden beim BIM alle relevanten Informationen in der gleichen Nutzeroberfläche erfasst. Zusätzliche Excel-Tabellen entfallen dadurch. Das Bauwerk kann als virtuelles Modell geometrisch visualisiert werden. “In einem Satz ausgedrückt, ist BIM die konsequente 3D-Plaung im Datenverbund”, erklärte Bernhard Bergjan, Geschäftsführer der agn architekten ingenieure generalplaner, das Verfahren. BIM sei eine Planungsmethode, die aber auch gut in der Sanierung

funktioniere, wie der Ingenieur anhand mehrerer Praxisbeispiele aufzeigte. Zur Einführung von BIM hat die Bundesregierung bereits einige Maßnahmen in die Wege geleitet, wie Dr. Wolfgang Eckart, Ministerialrat a. D. und Berater des BMVI in Fragen des Digitalen Bauens, erläuterte. Man habe hier mittlerweile 25 Pilotprojekte. Auch gebe es beim DIN eigens einen Arbeitsausschuss BIM. Wilhelmina Katzschmann, Vizepräsidentin der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz und Mitglied des Arbeitskreises Digitalisierung der Bundesingenieurkammer, machte in diesem Zusammenhang auf das Problem aufmerksam, dass das Thema aktuell in Rheinland-Pfalz auf drei Ministerien verteilt sei. “Wir brauchen ein Bauministerium”, forderte die Ingenieurin. Wenn zudem der Druck, BIM in der öffentlichen Verwaltung anzuwenden, nicht von oben komme, seien es spätestens die technischen Hersteller, die dann von unten Druck ausüben und Ausschreibungen mit BIM fordern werden. Es führe kein Weg an BIM vorbei. “Man kann nicht mehr wie früher einen Heizkörper vor Ort maßgenau anpassen, dafür sind die Personalkosten viel zu hoch. Mit BIM kann das passgenau in den Werkshallen hergestellt werden”, so Katzschmann. Wesentlicher Bestandteil des BIM sind die Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA). Worauf bei diesen zu achten ist, erläuterte Joerg Obergfell, Leiter des Bereichs Infrastructure Consulting bei Arup (siehe auch Behörden Spiegel, November 2017, Seite 26).

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 23 Kongress Öffentliche Infrastruktur S023_BS12_All_cl
Zeigte die Vorteile des Baustellenatlas für Verwaltungen auf: infrestGeschäftsführer Jürgen Besler. denburgs Ministerin Kathrin Schneider (v.l.n.r.) Fotos: BS/Dombrowsky

LCM steht für Lean Construction Management. Schlankes Bauen also. Das klingt nach optimierten Industrie-Prozessen, und tatsächlich hat die LeanPhilosophie ihren Ursprung in der Automobilindustrie, genauer gesagt im Erfolgsmodell des Toyota-Produktionssystems.

Das heißt: Prozesse perfektionieren, Mehrwert maximieren, Verschwendung eliminieren, standardisiert vorgehen. Diese Lean-Prinzipien hat Drees & Sommer bereits vor mehr als zehn Jahren so angepasst, dass sie auch für Bauprozesse und Bauprojekte funktionieren.

Kollaborative Prozesse und Konzeption

Aus ihrer langjährigen Erfahrung mit LCM wissen die Drees&-Sommer-Experten: Die Methode lässt sich auf jegliche Form von Bauvorhaben anwenden, ob auf große oder kleinere Bauvorhaben, bei Hochbauten, auf Infrastrukturprojekte und unabhängig davon, ob der Auftraggeber ein Wirtschaftsunternehmen oder eine Kommune ist. Denn stabile, sichere Projekte, die so ablaufen, wie geplant –diesen Wunsch teilen alle Bauherren.

Im Lean Construction Management kommt der ganzheitlichen

Projektplanung mit allen Be-

Lean Construction Management

Die Kür, die neue Möglichkeiten öffnet

(BS/Dirk Jannausch) Während Building Information Modeling, kurz BIM, für öffentliche Bauprojekte in Deutschland demnächst Pflicht wird, trauen sich an die vermeintliche Kür Lean Construction erst wenige öffentliche Auftraggeber heran. Dabei können Bauprojekte mit dieser ManagementMethode schneller, effizienter und stabiler umgesetzt werden.

rungsfrei abläuft. Auch bei klassischen Infrastruktur-Projekten wie beim Bau von Straßen oder Brücken, wo es darum geht, viele Beteiligte zu koordinieren und eine möglichst kurze Störung der Bürger zu erzielen, bietet sich LCM an.

teiligten ein besonderer Stellenwert zu. Ihr Ziel ist es, die Kommunikation zwischen den einzelnen Gewerken, besonders aber auch zwischen den Planern und Ingenieuren mit den Handwerkern vor Ort frühzeitig in Gang zu bringen. Das erfolgt im Rahmen einer Gesamtprozessanalyse, bei der die einzelnen Prozessschritte der Ausführung kollaborativ erarbeitet und abgestimmt werden. Auf dieser Basis erfolgt die Prozessplanung, die für eine belastbare Ablaufund Terminplanung sorgt. Die

Konzeption des Ablaufs anhand von Meilensteinen erfolgt ebenfalls kollaborativ. Den Prozessen werden Zeit- und Ressourcenbedarfe zugeordnet und der Gesamtablauf durch Taktung der Gewerke in ein Optimum gebracht. Stabilitätskriterien stellen sicher, dass rechtzeitig die relevanten Informationen, Pläne, Dokumente und Materialen zur Ausführung der Prozesse vorhanden sind.

Am Ende dieser Planung ist klar festgelegt, wann welche Mitarbeiter, Maschinen und Baumaterialien zu welchem Zeitpunkt an welchem Ort benötigt werden. Die einzelnen Gewerke arbeiten Hand in Hand. Dennoch ist das System flexibel genug, um auch Unvorhergesehenes abzufedern, denn die grundle-

Klassenbester im Fach Sauberkeit

Wirtschaftsschule Scheibner setzt auf Fußmatten im Mietservice von CWS-boco (BS/Jennifer Preuninger*) Konsequente Berufsorientierung – so lautet das Kernkonzept der Privaten Wirtschaftsschule Scheibner. Und das schon seit mehr als 50 Jahren. Neben den klassischen Schulfächern stehen in Dachau wirtschaftsbezogene Disziplinen auf dem Stundenplan. Viele Absolventen besuchen im Anschluss Fachoberschulen und beginnen ein Studium. Wer sich für eine kaufmännische Ausbildung entscheidet, kann diese als Scheibner-Absolvent dank des Wirtschaftsschwerpunkts der Schule um ein volles Jahr verkürzen. Vor allem den Praxisbezug schätzen die Schüler: Der Unterricht findet in Übungsunternehmen, intensiver Projektarbeit und freiwilligen Schwerpunktgruppen statt. Rund 280 Schüler besuchen derzeit die Einrichtung, an der sie von 25 Lehrern unterrichtet werden.

Täglich gehen in der Wirtschaftsschule mehr als 600 Füße ein und aus. Der große Zuspruch freut nicht nur Geschäftsführerin Karin Schnell. “Schüler, Lehrer und Besucher sind die Quelle der positiven Atmosphäre in der Schule”, ist Schnell überzeugt. Doch bringen die Gäste nicht nur Leben in das Gebäude. Gerade in der kalten Jahreszeit wird auch das nasse Schmud-

Mehr Sicherheit

Die Schule bezieht bunte FormMatten von CWS. Sie wurden von der Schule entsprechend ihres Farbkonzeptes in Auftrag gegeben. Ein frisches Orange und Grün in einem individuellen Design heißen die Besucher der Schule willkommen. Die Matten leiten den Besucher durch den Eingangsbereich und hin zu den Zimmern von Sekretariat,

würden. Das senkt den Reinigungsaufwand und schont die Natursteinböden im Eingangsbereich sowie die Holzstufen der Treppenhäuser. So kann auch der Wert der Immobile erhalten werden. Ein Quadratmeter einer CWS-Schmutzfangmatte mit einem Flor aus High-Twist-Nylon nimmt bis zu 4,8 Liter Schmutz und Nässe auf. Der Gummiboden hält den Schmutz fest und die Feuchtigkeit verdunstet.

Die Matten sichern außerdem den Tritt der Kinder. Das Risiko auszurutschen ist mit Schmutzfangmatten sehr gering.

Kinder mögen Stoff

Auch in den Waschräumen setzt die Schule auf CWS und die Stoffhandtuchrolle. Früher wurden ausschließlich Faltpapierspender eingesetzt, aber die Schule war des Mülls und der Unordnung überdrüssig.

gende Planung des Bauprojekts wird regelmäßig von allen Projektbeteiligten besprochen und gegebenenfalls angepasst.

Pull-Planung als Basis

Die Baustelle selbst wird mit einer Planungstafel mit Steckkarten gesteuert. In dieser sogenannten Pull-Planung ist auf einen Blick ersichtlich, welches Gewerk mit seinen Arbeiten wo steht und was für die nächsten vier Wochen auf Tagesbasis geplant ist. Die Tafel fungiert so einerseits als Steuerungsinstrument für Bauleitung und Fach-

bauleitung und andererseits als visuelles Frühwarnsystem. Darüber hinaus stärkt die Tafel die Motivation. Alle diese Maßnahmen führen in Summe zu Zeit- und Kosteneinsparungen von bis zu 30 Prozent. Die Anwendungsmöglichkeiten von LCM für die öffentliche Hand sind nicht nur auf das Bauen beschränkt. Wenn etwa aufgrund von Neu-Strukturierungen Ämter zusammengelegt oder neu besetzt werden, sorgen Prozessberater mit Lean-Knowhow dafür, dass ein solches Projekt schnell, sicher und stö-

Fazit: Für öffentliche Auftraggeber gibt es keinen Grund, auf die Kür zu verzichten. Gerade in Kombination mit der baldigen BIM-Pflicht bringt LCM den Bauherren wesentliche Vorteile insbesondere bei komplexen Infrastrukturprojekten. So lässt sich beispielsweise der Arbeitsfortschritt auf der Baustelle auch im BIM-System nachverfolgen. Die LCM-Experten von Drees & Sommer haben bereits viele LCM-Projekte umgesetzt und begleiten aktuell unter anderem die Sanierung des Deutschen Museums in München sowie die Modernisierung der S-BahnStation Altona in Hamburg.

Rhein-Pfalz-Kreis bekommt echte Glasfaser

Deutsche Glasfaser verstärkt Engagement in Rheinland-Pfalz

(BS) Zehn Wochen hat die Nachfragebündelung in Heuchelheim und Großniedesheim im Rhein-Pfalz-Kreis gedauert – jetzt ist es amtlich: Die ersten Gebiete in Rheinland-Pfalz sind über die 40-Prozent-Quote der Vertragsabschlüsse gekommen. Für die Bürger beider Gemeinden ist somit der Weg frei in die Zukunft der Breitbandversorgung – mit echter kupferfreier Glasfaser.

In Heuchelheim schlossen 41 Prozent, in Großniedesheim 42 Prozent der Haushalte einen Vertrag mit Deutsche Glasfaser. “Wir freuen uns, dass uns mit diesen beiden Orten der Einstieg in das Bundesland Rheinland-Pfalz gelungen ist”, sagt Mirko Tanjsek, Projektleiter der Unternehmensgruppe Deutsche Glasfaser. “Großniedesheim ist fit for future”, freut sich Bürgermeister Michael Walther, während sein Amtskollege, Frank Klingel aus Heuchelheim, hinzufügt: “Ich bin sehr

stolz auf unsere Bürger – sie haben die Notwendigkeit dieser neuen Infrastruktur erkannt.”

Jetzt geht es in die detaillierte Vorbereitung für den Ausbau in Heuchelheim und Großniedesheim. Jeder, der einen Vertrag eingereicht hat, wird über die weiteren Schritte informiert und zur Besprechung des Hausanschlusses direkt kontaktiert. “In den nächsten Wochen werden wir festlegen, wo der PoP aufgestellt und wie der Tiefbau ablaufen wird”, erläutert Tanjsek weiter. Der PoP – Point of

Presence – ist die Hauptverteilstation des Netzes. Von hier aus werden die einzelnen Glasfasern direkt in die Haushalte verlegt. Das Aufstellen des PoP ist das erste sichtbare Zeichen des Ausbaus. Anschließend beginnt das Generalunternehmen mit dem Tiefbau.

Die Autorin Katharina Birkner ist Koordinatorin Marketing & Kommunikation der Deutsche Glasfaser GmbH. Mehr unter: www.deutscheglasfaser.de

Der nationalen Kunst den Boden bereitet

In Museen weltweit unterstützen nora Böden Ausstellungskonzepte zur Landeskultur (BS/Doris Janik*) Die Cité du Vin in Bordeaux, das Mogao Grottoes Digital Exhibition Centre in China, das Erartra Museum für moderne Kunst im russischen St. Petersburg und das Deutsche Fußballmuseum in Dortmund – obwohl auf verschiedenen Kontinenten beheimatet und mit ganz unterschiedlichen Konzepten, haben die Museen etwas gemeinsam: Sie bringen den Besuchern in außergewöhnlich konzipierten Ausstellungen jeweils einen Aspekt der nationalen Landeskultur nahe. Eine weitere Gemeinsamkeit ist der Boden – die Museumsgäste laufen über Kautschuk-Beläge von nora systems.

delwetter im wahrsten Sinne des Wortes mit hineingetragen. Ein Umstand, der die Reinigungskräfte der Schule bis zum Umzug in das Postschulgebäude 2009 regelmäßig in Atem hielt. “Wir hatten damals zwar auch schon Fußmatten im Einsatz”, erinnert sich Schnell an die Zeit im alten Gebäude, “diese mussten wir jedoch selbst waschen lassen.” Die Matten mussten extra in die Reinigung gefahren werden. Abhilfe schaffte schließlich der Leasingservice von CWS-boco. Seit rund vier Jahren mietet die Schule ihre Matten beim Hygienespezialisten mit den drei roten Buchstaben. Karin Schnell schätzt dabei vor allem den integrierten Service: “Dass die Matten regelmäßig abgeholt, gewaschen und wieder angeliefert werden, bedeutet eine echte Erleichterung. Beim Turnus kann die Schule flexibel zwischen ein-, zwei- und vierwöchentlich wählen.

Geschäfts- und Schulleitung. Darüber hinaus transportieren sie die freundliche Stimmung der Schule, die die Besucher so schon beim Betreten wahrnehmen. Das Gebäude beheimatete vor rund hundert Jahren noch das Kurheim eines Moorbades.

“Man kann schon sagen, dass unsere Schule hier im Landkreis einzigartig ist. Das spiegelt sich hier auch in den Räumen wider”, so Geschäftsführerin Schnell

Der Variantenreichtum und die Farbvielfalt der CWS-Matten haben Karin Schnell und Schulleiter

Mathias Aricak überzeugt. Jetzt kommt alle zwei Wochen ein Fahrer und tauscht die Matten aus. Im Winter verkürzt sich der Turnus wegen der nassen Witterung.

Die Matten sind eine effiziente Schmutzbarriere. Sie nehmen zirka 70 Prozent an Schmutz, Staub und Feuchtigkeit auf, die sonst in das Gebäude und in die Klassenzimmer getragen

Die Kinder greifen ebenso lieber zum hygienischen Baumwollstoff, dessen Haptik sie von zuhause gewöhnt sind. Gerade in Erkältungszeiten ist es wichtig, dass die Schüler die HygieneAusstattung gerne nutzen. Zudem trägt eine gute Optik dazu bei, dass Händehygiene ernster genommen wird. Einen Geheimtipp für stets aufgeräumte WCAnlagen hat die Geschäftsführerin jedoch nicht: “Die Ordnung schwankt. Wenn es regnet, halten sich die Kinder lieber drinnen auf und frequentieren auch die Waschräume länger. Ich glaube aber schon, dass eine gute, ansprechende Ausstattung dazu beiträgt, dass die Kinder sich angemessener verhalten. Das Müllproblem konnten wir durch die Stoffhandtuchspender gut lösen.”

Weitere Informationen unter: www.cws-boco.de

*Jennifer Preuninger leitet das CWS-Produktmanagement bei CWS-boco Deutschland.

Der Grund: Die Böden “Made in Weinheim” verbinden vielfältige Designoptionen mit hoher Funktionalität. Sie können dezent und unaufdringlich im Hintergrund bleiben oder aber zu einem zentralen Gestaltungselement des Ausstellungskonzepts werden. Die Kautschukböden verbleiben Jahrzehnte in den Objekten und bewahren trotz der täglichen Besucherströme eine einwandfreie Optik. Wie die Böden von nora systems die Museumskonzepte zur nationalen Landesidentität unterstützen?

Ein Überblick in vier Beispielen: Weinkultur wird zum interkulturellen Erlebnis

Der Bodenbelag in der Cité du Vin sollte zum einen das Ambiente unterstreichen und zum anderen höchste funktionale Ansprüche erfüllen: Er musste robust, umweltgerecht und ergonomisch sein und den Gehschall reduzieren. Noraplan uni überzeugte nicht nur durch das dezent-unaufdringliche Design.

Trotz der hellen Farben sind die Böden aufgrund ihrer extrem dichten Oberfläche besonders widerstandsfähig und somit für das hohe Besucheraufkommen bestens gerüstet.

Reise in die buddhistische Kunstgeschichte

An drei riesige Sanddünen erinnert das Mogao Grottoes Digital Exhibition Centre in der

chinesischen Wüstenregion Dunhuang. Die Höhlen mit ihren berühmten Wandmalereien gehören seit 1986 zum UNESCO-Welterbe. Der Planer des Digital Exhibitbition Centre, der bekannte chinesische Architekt Cui Kai, entschied sich beim Boden des Ausstellungszentrums für norament luxor in Hellbraun. Die Farbe und die feine Granulatstruktur erinnern an Wüstensand und greifen die Atmosphäre der Höhlen auf.

Ein Haus als modernes Gesamtkunstwerk

“Erarta” ist das größte Museum für moderne Kunst in Russland.

Ein außergewöhnliches Gestaltungskonzept durchzieht das ganze Gebäude. In den beigen nora Kautschuk-Belag sind als Intarsie dunkelbraune Äste eingearbeitet. Im Eingangsbereich

bildet noraplan uni in Dunkelrot einen reizvollen Kontrast zu den kunstvoll verzierten KrokodilExponaten.

Ein “Ballfahrtsort” für Fans des runden Leders Im Deutschen Fußballmuseum dreht sich alles um den Lieblingssport der Deutschen. Wesentlicher Teil des Raumkonzepts sind auch hier die Kautschuk-Bodenbeläge von nora systems: In verschiedenen kräftigen Farben und mit eingearbeiteten, dynamisch geschwungenen Intarsien sind sie attraktiver Blickfang in allen Ausstellungsbereichen.

Weitere Impressionen unter: www.nora.com

*Doris Janik ist Pressreferentin bei nora systems.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 24 Kommunale Infrastruktur S024_BS12_All_cl
Dirk Jannausch ist Leiter des LCM-Expertencenters bei Drees & Sommer. Foto: BS/Drees & Sommer Schmutzfangmatten senken die Reinigungskosten und unterstreichen das Ambiente des Gebäudes. Foto: BS/© CWS-boco Im Cité du Vin galt es, das Ambiente zu unterstreichen und höchste funktionale Anforderung an den Bodenbelag zu erfüllen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Foto: BS/Photos Anaka, La Cité du Vin, XTU Architects, Isabelle Rozenbaum

Im Jahr 2016 waren nach dem Kraftfahrt-Bundesamt 78.345 Busse zugelassen, davon waren nur 458 elektrisch betrieben oder eine Hybridform. Obwohl E-Busse als Alternative zu den Dieselfahrzeugen gelten, sind wenige auf den deutschen Straßen unterwegs. Im Kölner ÖPNV könne beispielsweise die Nachfrage nicht nur durch E-Busse bedient werden, obwohl diese gleichzeitig angekauft würden. Der Grund:

“Köln ist eine wachsende Stadt, wir erwarten in den nächsten Jahren einen Zuwachs, sodass wir die zwei Millionen Grenze erreichen”, äußert sich Harald Kraus, Betriebsratsvorsitzender der Kölner Verkehrsbetriebe.

Erst Pilotprojekt, nun die Fortsetzung

Hannover hat seit April 2016 die ersten E-Busse als Pilotprojekt eingeführt, um Erfahrungen zu sammeln. Die Hannoverschen Verkehrsbetriebe Üstra möchten nun weitere E-Busse ankaufen. “Mittelfristig sieht die Üstra je nach Förderungsmöglichkeit und verkehrspolitischer Lage die Beschaffung von E-Bussen vor. Im Schnitt sollen dies zehn bis zwölf Busse pro Jahr sein”, sagt Udo Iwannek, Leiter der Pressestelle der Üstra, dem Behörden Spiegel. Bis 2024 sei es geplant, die Innenstadtlinien auf Elektrobusse umzustellen.

“Aber es existieren erste grobe Planungen und Vorbereitungen, bis 2030 alle Stadtbuslinien elektrisch fahren zu lassen”, zeigt Iwannek das langfristige Ziel auf. Dies umfasse circa 138 Busse. Jedoch werde erst die Zukunft abgewartet, denn die Technik und die Anforderungen entwickeln sich weiter.

Die Landeshauptstadt von Hessen prescht in der Beziehung schneller voran. Oberbürgermeister Sven Gerich (SPD) möchte die Stadt bis 2022 mit 221 E-Bussen ausstatten, um alle Buslinien abzudecken. Aber aktuell seien die E-Busse noch nicht serienreif. Erst nächstes Jahr komme der erste Prototyp. Entscheidend sei es, den Betriebshof technisch dahingehend umzubauen, dass er die vollständige Flotte der E-Busse laden könne. Hinzu komme eine Neuorganisierung der Taktungen der Busse. Denn deren Batterie reiche nur für 300 Kilometer und dementsprechend müssten sie öfter laden. Aber um diese Umstellung zu erreichen, würden 15 neue Mitarbeiter ausreichen. Die Ladeprozesse seien in Hannover optimiert worden, denn die Aufladung erfolge durch das Mitbenutzen des Stadtbahnnetzes. “Die Ladetechnik ist so ausgelegt, dass wir durchschnittlich in vier bis sechs Minuten

MELDUNG

Radelst du schon?

(BS/ab) Der Radverkehr in Deutschland bleibt ungebrochen: 77 Prozent der Deutschen nutzen das Fahrrad, ein Drittel davon sogar regelmäßig. Die Berliner Umweltsenatorin Regine Günther äußert sich auf der Fahrr adkom munalkonferenz über die zukünftigen Herausforderungen: “Wir wollen den Verkehr in den Städten umwelt- und klimafreundlich organisieren. Dazu gehört auch der Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur. Unser Ziel ist ein lückenloses und sicheres Radverkehrsnetz, das gut an den ÖPNV angebunden ist.”

Auch die elektrobetriebenen

Zweiräder würden einen wichtigen Baustein der zukünftigen Mobilität in der Region BerlinBrandenburg darstellen. Aber

Die Krux mit den Elektrobussen

Großstadtprobleme bei der E-Mobilität

(BS/Adrian Bednarski) Fahrverbote drohen in Deutschlands Städten, denn die Stickoxid- und Feinstaubbelastungen sind zu hoch. Auf dem zweiten Dieselgipfel wurde sich darauf geeinigt, eine Milliarde Euro bereitzustellen, um das Problem zu lösen. Schrittweise führen einige Städte langsam E-Busse ein. Manche möchten die ganze Flotte darauf umstellen. Andere wiederum können die Nachfrage ohne Dieselbusse nicht bedienen. Klimafreundliches Fahren scheint noch ein weit entferntes Ziel zu sein.

Ladetechnik, Schulungen, Tests sowie Anpassungen an die Betriebsprozesse. Jedoch äußerte er sich nach den Tests positiv: Die Verfügbarkeit bezogen auf den Elektroantrieb liege bei rund 86 Prozent und in den letzten vier bis fünf Monaten sogar bei nahezu 100 Prozent. “Anfangsprobleme wie der Ausfall von einzelnen Batteriepaketen oder des E-Motors wurden ausgemerzt.”

Daneben sieht der Betriebsratvorsitzende Kraus jedoch ein weiteres Problem: “Es besteht die Gefahr eines Paradigmenwechsels.

nicht alleine mit E-Bussen gestillt werden.

die E-Busse am Endpunkt vollständig nachladen können”, so Iwannek von der Üstra. Er räumte aber ein, dass es zu Beginn des Testbetriebes vereinzelt Kommunikationsprobleme zwischen E-Bus und Ladetechnik gegeben habe. Diese Probleme seien zusammen mit den beiden Herstellern behoben worden. “Aktuell funktioniert das Zusammenspiel zwischen E-Bus und Ladetechnik sehr gut”, resümiert Iwannek.

Förderung und Kostenpunkt

“Die ESWE Verkehrsgesellschaft in Wiesbaden befindet sich aktuell in vorbereitenden Ausschreibungsprozessen und Gesprächen”, sagt deren Pressesprecher Holger Elze. In den momentanen Kalkulationen würde demnach ein E-Bus zwischen 250.000 Euro und 300.000 Euro mehr als ein herkömmlicher Bus kosten. “Aber konkrete Zahlen für die E-Busse existieren noch nicht, da ESWE Verkehr sich derzeit im Ausschreibungsverfahren befindet”, betonte er.

Was hingegen feststeht: Das Land Hessen will die E-Busse fördern. Es sei geplant, dass ein prozentualer Anteil an der Differenz, die sich zwischen dem herkömmlichen und dem elektrischen Bus ergebe, übernommen werde. Die Summen der Förderbeträge stünden zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht fest. Insgesamt sei geplant, für die gesamte Beschaffung der 220 Elektrobusse vom Land Hessen und vom Bund eine Förderung zu erhalten. Hierzu würden aktuell Gespräche mit dem Land und dem Bund über die möglichen Förderverfahren geführt, so Elze. Die E-Busse der Üstra kosten im Vergleich circa 750.000 Eu-

ro das Stück. Der Preis werde maßgeblich von der Ladetechnik und der Art der Batterien beeinflusst. “Die Üstra verwendet Busse mit Schnellladebatterien”, so Iwannek. Zudem fördere

das Bundesumweltministerium die Busse bis zu 50 Prozent. Zukunftstechnik

“Ein System-Anlauf mit neuen Technologien kann niemals

störungsfrei laufen”, merkt er weiter an. Es gebe zahlreiche Abstimmungs- und Konfigurationsarbeiten mit dem Fahrzeughersteller, dem Hersteller der

In dem Augenblick, wo die autonom fahrenden Busse praxisreif sind, stirbt eine ganzer Beruf weg.” Um dieser Zukunftsvision der Digitalisierung des Verkehrswesens entgegenzuwirken sei lebenslanges Lernen und entsprechende weiter Qualifizierungen notwendig (siehe dazu auch Seite 5 in dieser Ausgabe).

Aber fragwürdig bleibt, wann die Städte dann ihre Elektrobusse auf autonom fahrende Busse umstellen, wenn schon der aktuelle Austausch schleppend vorangeht.

viele Menschen trauten sich nicht an diese sogenannten Pedelecs heran. Deshalb durften mehrere Menschen die elektrischen Räder in einer Praxisstudie austesten. Beim Projekt “EBikePendeln” haben 33 Unternehmen, Einrichtungen sowie Behörden für einen achtwöchigen Zeitraum jeweils ein Pedelec erhalten. Im gesamten Testzeitraum haben 324 Teilnehmer die Fahrräder ausprobiert. Insgesamt seien dadurch 150.000 Kilometer, 25.500 Kilometer pro Woche sowie 6.600 protokollierte Wege zusammengekommen.

Das Resultat: Bei nahezu 60 Prozent der Probanden habe das Pedelec das Auto ersetzt. In einem Entfernungsbereich bis circa 15 Kilometern sei das Elektrorad attraktiver gewesen.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 25 Emissionsarme Fahrzeuge S025_BS12_All_cl
Es grünt so grün, wenn E-Busse durch Deutschland fahren? Hannover sowie Wiesbaden offenbaren Zukunftspläne für die Generation “E-Bus” und zeigen
Foto links: BS/danielhak, CC BY 2.0, flickr.com; Foto rechts: BS/Sascha Böhnke, pixelio.de
Probleme, aber auch die Realität auf. Die alten Busse und der Diesel sollen zwar bald ausgedient haben, aber die Nachfrage des ÖPNV kann, wie in Köln,

Die neue Verheißung: E-Fuels

Vor- und Nachteile der diskutierten Alternative (BS/ab) E-Fuels sind auf der Basis von erneuerbarem Strom hergestellte gasförmige und flüssige Kraftstoffe. Dazu zählen Wasserstoff, Methan sowie synthetische Dieselkraftstoffe inklusive Kerosin. Während sie es ermöglichen könnten, fossile Brennstoffe in den Ruhestand zu schicken, offenbaren sie auch Nachteile. Sind die Vorschusslorbeeren gerechtfertigt?.

Nach einer neuveröffentlichten Studie der Deutschen Energieagentur (Dena) sowie der Ludwig Bölkow Systemtechnik (LBST) sind E-Fuels notwendig, um die EU-Klimaschutzziele beim Verkehrssektor zu erreichen. Auch wenn die EU bis zum Jahr 2050 einen stark batterieelektrifizierten Verkehr habe, würden mehr als 70 Prozent des Energiebedarfes von E-Fuels abgedeckt werden. Denn es werde ein hohes Wachstum von Straßenschwerlast, Schifffahrts- sowie Luftverkehr erwartet und damit ein zusätzlicher Energiebedarf. Dies könne eine dreimal so hohe Stromproduktion nach sich ziehen. Dafür wiederum brauche es einen Ausbau der Stromerzeuger von Erneuerbaren Energien. Aber um die Klimaschutzziele für den Verkehrssektor bis 2030 zu erreichen, müsste der Ausbau der E-FuelsKapazitäten bereits heute erfolgen. Insgesamt sollen dadurch die Kosten für E-Fuels sinken. Aktuell lägen diese bei 4,50 Euro pro Liter, das angepeilte Zielkostenniveau hingegen bei circa einem Euro pro Liter.

Schlagabtausch der Argumente

In der Studie äußern sich die Dena sowie die LBST positiv zu E-Fuels wie Wasserstoff: “Sie verfügen über eine hohe Energiedichte, lassen sich über lange Distanzen kostengünstig transportieren sowie stationär speichern.” Jedoch merkt Prof. Sven Strube vom Institut für

Verkehrsmanagement der Ostfalia-Hochschule Braunschweig, Wolfenbüttel an: “Wasserstoff als zukünftiger Energieträger verliert zwei Drittel des Stroms bei dem Umwandlungsverfahren.” Dementsprechend sei es nur bedingt geeignet. Indes äußert sich gleichfalls das Umweltbundesamt (UBA) kritisch zu den synthetisch hergestellten Kraftstoffen. Denn es könne nicht genügend Strom erzeugt werden, um die erforderliche Menge an E-Fuels zu produzieren. Für sechs Millionen Pkws brauche es 70 bis 80 Terawattstunden klimaneutralen Stroms pro Jahr, um die Autos mit den synthetischen Stoffen zu versorgen. Aber Deutschland stelle derzeit ungefähr 190 Terawattstunden Strom aus Erneuerbaren Energien her. Mit diesen

Mengen könnten nur jene Verkehrsträger abgedeckt werden, die nicht elektrifiziert werden könnten wie der Luft- und Seeverkehr.

Die Lösung der Autoren: Es könnte Energie aus Regionen, die für Sonne- und Windproduktion prädestiniert seien, importiert werden, um das Defizit auszugleichen. Dafür wiederum könnten die Kraftstoff- sowie Erdgasinfrastrukturen genutzt werden, um den Transport zu ermöglichen. Aber auch dazu bezieht das UBA kritisch Stellung. Der Strom aus Erneuerbaren Energien solle in solchen Ländern dafür genutzt werden, um nicht-erneuerbaren Strom schrittweise auch dort zu ersetzen. Denn damit sei die CO2-Minderung aus globaler Perspektive effektiver.

Nichts als heiße Luft?

Kritik am Sofortprogramm für saubere Luft (BS/Katarina Heidrich) Die Bundesregierung hat gemeinsam mit Vertretern aus 30 Kommunen mit besonderer Luftbelastung beim Dieselgipfel Schritte zur Luftverbesserung beraten. Dabei wurden Sofortmaßnahmen vorgeschlagen und die Finanzierung eines Sofortprogramms zur Verhinderung von Fahrverboten beschlossen. Kommunalverbände und Umweltorganisationen kritisieren die Ergebnisse.

Kanzlerin Angela Merkel hat nach dem Treffen im Kanzleramt das Ziel von Bund, Ländern und Kommunen benannt: Fahrverbote zu vermeiden. Sie lobte die intensive Diskussion und das engagierte Gespräch, bemerkte aber, dass “die Zeit drängt”. Angekündigt wurde ein Sofortprogramm, das den Kommunen helfen soll, Maßnahmen zur Verbesserung der Luftreinhaltung umzusetzen. Die Förderprogramme, die bereits bestehen, sollen dafür finanziell aufgestockt und geändert werden, da sie schon von der EU genehmigt sind.

Das “Sofortprogramm Saubere Luft 2017–2020” umfasst eine vereinbarte Summe von einer Milliarde Euro, die den Kommunen schnellstmöglich zur Verfügung stehen soll, damit diese ihre Projekte umsetzen können. Beim nächsten Treffen dieser Art sollen neben den Kommunalvertretern auch die Automobilhersteller teilnehmen. Im Gesamtansatz des Sofortprogramms seien auch jene Mittel enthalten, die die Autoindustrie in Aussicht gestellt habe.

Dieselbusse nachrüsten

Fossile Brennstoffe dienen langsam aus. In diese Bresche schlagen nun verschiedene Alternativen wie E-Fuels, wozu auch Wasserstoff gehört. Jedoch Eignen sich jedoch diese neuen synthetischen Energieträger?

Die Städte selbst präsentierten schon im Vorfeld des Gipfels mögliche kommunale Sofortmaßnahmen für eine bessere Luftqualität, sollten sie durch einen Kommunalfonds unterstützt werden. Zu den geförderten Maßnahmen gehören nun die Umstellung auf ElektroBusse oder E-Taxen in Verbindung mit dem Ausbau der jeweiligen Ladeinfrastruktur. Digitale Technologien sollen zudem vermehrt zur Förderung der Verkehrsführung, von Parkplätzen und für eine effiziente Logistik zur Bewältigung des zunehmenden Lieferverkehrs genutzt werden. Mit Techniken der Abgasminderung soll eine gezielte Nachrüstung von Dieselbussen erfolgen. Schließlich werden der Fahrrad- und Fußgängerverkehr sowie der Öffentliche Personennahverkehr unterstützt. Mit der Umsetzung der Maßnahmen kann grundsätzlich sofort begonnen werden. Kritik gab es allerdings seitens der Kommunen und Kommunalen Spitzenverbände besonders dafür, dass die Automobilindustrie nicht ausreichend zur Verantwortung gezogen werde und die Mittel vor allem in die langfristige Digitalisierung von Verkehrssystemen flössen. Das Problem

sei aber in vielen Städten ganz akut. “Deshalb ist die Automobilindustrie gefordert, die Diesel-Fahrzeuge sauberer zu machen. Aufgrund der Messwerte wird sich dann zeigen, ob über die von den Herstellern zugesagten Software-Updates auch eine Hardware-Nachrüstung erforderlich wird”, so die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse (CDU) aus Ludwigshafen. Zudem sei die Frage, ob die Städte die nötigen Fördergelder tatsächlich unbürokratisch erhalten könnten und ob das Abverlangen einer finanziellen Eigenbeteiligung durch die Kommunen das Anlaufen der Maßnahmen nicht verzögere. “Vieles wird erst mittelfristig wirken können und die Mittel für Digitalisierung von 400 Millionen Euro sind erst ab 2018 vorgesehen”, beklagt Lohse Auch der kommunalpolitische Sprecher der CDU/CSUBundestagsfraktion, Christian Haase, begrüßt die Zusicherung der Fördersumme und stellt gleichzeitig fest, dass “angesichts der Dimension der Aufgabe aber heute schon klar ist, dass dafür wesentlich mehr Geld in die Hand genommen werden muss.”

“Tropfen auf den heißen Stein”

Ähnliche Kritik äußert auch der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch. Seiner Ansicht

nach sei das Programm lediglich eins für digitale Verkehrsinfrastruktur, um den “Verkehrsfluss flüssiger zu machen” und eine “Nachrüstförderung für vielleicht 10.000 Busse, was nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Die Maßnahmen, die tatsächlich jetzt geeinigt wären, die packt man nicht an, um der Autoindustrie nicht wehzutun”, empört sich Resch. Die Anträge könnten zwar schon jetzt gestellt werden, aber ausgezahlt werde vieles erst im nächsten Jahr; die tatsächlichen Auswirkungen auf die Luftqualität lägen noch weiter in der Zukunft. Dass die Zeit aber drängt – was bei allen Beteiligten Konsens ist – zeigt sich auf juristischer Seite. Am 22. Februar 2018 wird vom Bundesverwaltungsgericht ein Urteil erwartet, ob Fahrverbote für Dieselfahrzeuge noch vermieden werden können. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte sie als unvermeidbar erklärt, da spätestens zum 1. Januar 2018 die Stickstoffdioxidbelastung in den Städten unter die 40 Mikrogramm-Grenze sinken müsste. Hinzu kommt, dass die EU-Kommission Deutschland angesichts der jahrelangen Überschreitung der Schadstoffgrenzwerte in der Luft von 90 deutschen Städten, Gemeinden und Kreisen mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof droht. Die endgültige Entscheidung stand bis Redaktionsschluss noch nicht fest.

Elektromobilität für Kommunen

Carsharing und Ladeinfrastruktur aus einer Hand

(BS/Florian Fröhlich*) Die MAINGAU Energie aus Obertshausen und das junge Unternehmen mobileeee aus Frankfurt am Main haben im September 2017 eine enge Kooperation vereinbart. Diese Zusammenarbeit erleichtert es kommunalen Betrieben zukünftig wesentlich, Elektromobilitätsprojekte umzusetzen. Dabei steht die MAINGAU Energie für den Part der Ladesäuleninfrastruktur, während mobileeee sich auf die Realisierung der entsprechenden Carsharing-Lösungen konzentriert.

Kommunen erhalten nun gebündelte Kompetenz für kompakte Lösungen aus einer Hand zur Umsetzung ihrer elektromobilen Gesamtkonzepte. Dazu gehören insbesondere die Schaffung regionaler Carsharing-Angebote mit Elektrofahrzeugen, verbunden mit einem dichten Netz öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur und deren Versorgung mit Ökostrom. Zielgruppen sind Kommunen, Unternehmen und Projektentwickler in der Immobilienbranche ebenso wie Unternehmer, die von schnell

umsetzbaren Gesamtlösungen profitieren möchten.

“Der Vorteil für uns als Infrastrukturlieferanten mit einem Car-Sharing-Anbieter eng zusammenzuarbeiten, liegt ganz klar darin, dass in dieser Kombination der Weg zu einer echten E-Mobilitäts-Nutzung bereitet wird”, erläutert Richard Schmitz, Geschäftsführer der MAINGAU Energie. Und er ergänzt: “Weil nur das praktische Erleben von Elektrofahrzeugen die Hürden ganz wesentlich senken und den gewünschten Wandel hin zu E-Mobilität herbeiführen

wird.” Dem Argument, dass EAutos heute in der Anschaffung noch zu teuer seien, begegnet der Geschäftsführer des Startups mobileeee, Michael Lindhof, ganz einfach: “Unser Ziel ist es, Kommunen schnell in die Lage zu versetzen, zur Infrastruktur auch das E-Auto zu stellen, bei dem der Kunde für die Nutzung und eben nicht für die Anschaffung bezahlt.”

*Florian Fröhlich ist Manager Marketing und Sales der mobileeee Betriebsgesellschaft mbH & Co. KG.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 26 Emissionsarme Fahrzeuge S026_BS12_All_swm
BS/Frank Wiedemeyer, CC BY 2.0, flickr.com Das Sofortprogramm Saubere Luft 2017–2020 steht in der Kritik, nichts als heiße Luft zu verbreiten. Foto: BS/Jan Hetebrij, CC BY 2.0, flickr.com

Autonome Fahrzeuge hätten durchaus das Potenzial, einen Beitrag zur Verbesserung unserer Mobilität und Lebensqualität zu leisten, heißt es in dem zehnseitigen Dokument. Aber: Ungebändigt würde sich eher eine zerstörerische Wirkung entfalten. Der SiebenPunkte-Katalog soll deshalb als Handreichung für Bund, Länder und Kommunen sowie Verwaltung verstanden werden, “mit dem die Vorteile des autonomen Fahrens realisiert und die Nachteile weitestgehend vermieden werden können”. Am Ende soll eine attraktive, energie- und ressourceneffiziente, umweltschonende, wirtschaftliche, gesunde sowie soziale und menschengerechte Mobilität stehen.

ÖPNV effizient und

nutzerorientiert

Rückgrat für einen linien- und schienennetzgebundenen öffentlichen Verkehr seien die Züge und U-Bahnen im Fern-, Regional- und Nahverkehr. Dabei erscheine im Regionalverkehr ein Ausbau der Hauptachsen des SPNV durch höhere Taktdichten sinnvoll. Parallel solle eine Überprüfung aller Investitionen in den SPNV abseits der Hochleistungsstrecken erfolgen und damit eine Reduzierung auf solche einhergehen, die sich in den nächsten etwa 15 Jahren (innerhalb der Übergangsphase zur einer umfassenden autonomen Mobilität auf der Straße) amortisierten, raten die Vertreter des Netzwerkes. Weitere liniengebundene Angebote, insbesondere im heutigen Regionalbusverkehr, würden aus Nutzersicht langfristig weniger attraktiv im Vergleich zu neuen autonomen Angeboten erscheinen. Zudem müsse im Busverkehr für autonome Busshuttle, wie Minibusse, eine zeitliche und streckenmäßige Flexibilisierung der Linienbindung nachfrageorientiert erfolgen.

Zudem sprechen sich die Autoren des Maßnahmenkatalogs “Auswirkungen von Selbstfahrenden Autos” dafür aus, zwischen privatwirtschaftlichen und rein nutzerfinanzierten Angebote sowie mit öffentlichen Mitteln finanzierten bzw. cofinanzierten Angeboten im ÖPNV klar zu differenzieren. In diesem Rahmen müsse zwischen einem definierten Grundangebot im Rahmen der Daseinsvorsorge und einem wirtschaftlich eigenständigen Verkehrsangebot unterschieden werden. Dies erfordere in der Umsetzung eine konsequente Anwendung des Prinzips der Eigenwirtschaftlichkeit vor der Gemeinwirtschaftlichkeit.

Darüber hinaus gehöre zu einer umfassenden Integration verschiedener Angebotsformen eines liniengebundenen und flexiblen öffentlichen Verkehrs auf Straße und Schiene eine radikale Anpassung/Vereinfachung und Liberalisierung der derzeitigen Preissysteme. Insbesondere im Regional- und Nahverkehr. Dazu müssten vor allem die Tarifzonen auch im liniengebundenen Verkehr abgeschafft werden, um die Integration von sogenanntem RideSelling (kommerzielle, geteilte Verkehre) zu ermöglichen. Stattdessen müsse über digitale Vertriebssysteme eine umfassende Einführung entfernungsabhängiger Nutzungsentgelte/Tarife erfolgen.

Stadt und Verkehrsplanung

neu ausrichten

Das neue Verkehrskonzept von ÖPNV und autonom fahrenden Fahrzeugen erfordere zudem, die Flächennutzungen und den Flächenverbrauch durch die verschiedenen Verkehrsmittel zu ändern. Ziel sei es, die Aufenthaltsqualität zu steigern und gleichzeitig Platz für Fuß- und

Langfristig Lebensqualität sichern

Umfassender Maßnahmenkatalog für autonomes Fahren publiziert

(BS/Jörn Fieseler) “Das Autonome Fahren nimmt zunehmend Gestalt an, fraglich ist nur noch, wann konkret welche Stufe der Automatisation erreicht wird”, ist sich Michael Schramek, Vorsitzender des Netzwerkes intelligente Mobilität e. V. (NiMo) sicher. Doch nicht nur das: “Ohne rasche und konsequente Anpassung der staatlichen Regularien sowie der Verkehrsinfrastruktur wird das autonome Fahrzeug die meisten anderen Verkehrsmittel innerhalb weniger Jahre verdrängen.” Deshalb habe das Netzwerk einen Maßnahmenkatalog vorgelegt, damit es nicht zu einer Verdrängung insbesondere der menschen- und umweltgerechten Nahmobilität zu Fuß und mit dem Fahrrad sowie nicht zur ausufernden Zersiedelung im Umland der größeren Städte komme.

Radverkehr zu schaffen. Dafür solle, soweit möglich, kein ruhender Verkehr an Aufenthaltsorten zugelassen werden. Auch für autonome Fahrzeuge sollen Abstellflächen und Parkplätze soweit wie möglich außerhalb von verkehrlich hochfrequentierten Stadtteilen/Bereichen liegen. Dabei sei klar, dass dies mit einer umfassenden Umwidmung von Flächen bestehender Straßen und Parkflächen einhergehe. “Hierfür bedarf es einer grundsätzlichen Neuausrichtung und Anpassung der Prämissen und Ziele der Stadt- und Verkehrsplanung. Dies beinhaltet insbesondere eine Ausweitung von autoreduzierten Wohnquartieren und Innenstädten bei gleichzeitiger Förderung alternativer, nachhaltiger Verkehrsmittel”, ist in dem zehnseitigen Dokument zu lesen. Parallel müsse ein nachfrageorientiertes, zeitlich und lokal differenziertes Parkgebührensystem eingeführt und die Zonen für Anwohnerparken ausgeweitet werden. Des Weiteren sieht der Verein die Notwendigkeit einerseits, Fahrspuren für Autos, Busse sowie für Fahrräder und andererseits Wege für Fußgänger auf den Hauptverkehrsstraßen zu trennen. Und: Innerorts solle parallel eine einheitliche Regelgeschwindigkeit von 30 km/h für alle Verkehrsmittel gelten. Ausnahmen davon gebe es nur für Hauptverkehrsstraßen, sofern dort eine Trennung der Verkehrsmittel erfolge.

Multimodal oder intermodal, aber digital

Für den Nutzer werde der Gebrauch der verschiedenen Verkehrsmittel erleichtert, indem diese multimodal oder intermodal vernetzt würden. Ersteres meint die Nutzung verschiedener Verkehrsmittel situationsabhängig je nach Fahrtzweck, Ziel oder weiterer externer Rahmenbedingungen (z. B. Wetter). Intermodal werden verschiedene Verkehrsmittel auf einem Weg miteinander kombiniert.

Für beide Varianten müssten Information, Buchung und Abrechnung “aus einer Hand” möglich werden. Und natürlich das Carsharing als Voraussetzung ausgebaut werden. Vor allem im ländlichen Raum gebe es bei diesem Punkt noch deutliches Verbesserungspotenzial. “Hier sollten Carsharing wie der ÖPNV als Teil der Daseinsvorsorge bewertet werden. Solange nicht mindestens ein CarsharingFahrzeug auf 1.000 Einwohner kommt, ggf. differenziert nach Qualität des ÖPNV, sollten Kommunen diese Leistung ausschreiben oder über eigene Betriebe ein entsprechendes Angebot sicherstellen, nach dem Prinzip Eigenwirtschaftlichkeit vor Gemeinwirtschaftlichkeit”, so die Forderung aus dem Katalog. All dies gehe nur, wenn eigenständige, digital basierte Dienstleitungsangebote im Sinne von Mobility as a Service (MaaS) geschaffen würden. Straßennutzungsgebühr für alle, Vorteile für E-Autos Wie die Menschen dazu bewegen, diese neuen Angebote und nachhaltigere Fahrzeuge zu nutzen? Indem finanzielle Anreize gesetzt werden. In Form einer nutzungsabhängigen Straßengebühr, die abhängig von der

Fahrzeugklasse, typbezogenem Schadstoffausstoß, Uhrzeit und gewählter Strecke variiert. Auch die Anzahl der Insassen und die Entfernung sollten darin einfließen, schlägt das Netzwerk intelligente Mobilität vor, damit Kurz- und Alleinfahrten vermieden würden. Dazu gehöre auch, die Kfz-Steuer nur noch an der Fahrzeugklasse zu orientieren. Zudem solle die Straßenbenutzungsgebühr schrittweise eingeführt und so ausgestaltet werden, dass sie bei Elektrofahrzeugen den Wegfall der Mineralölsteuer kompensiere bzw. bei Verbrennerfahrzeugen durch die doppelte Bepreisung der Fahrzeugnutzung (Mineralölsteuer und Straßenbenutzungsgebühr) eine zusätzliche

Motivation zum Umstieg auf E-Fahrzeuge unterstütze. Außerdem könne so die kontraproduktive Besteuerung des Eigenstroms vermieden werden. Gegen die Bequemlichkeit Mit Blick auf die Gesundheit solle zudem ein Förderprogramm für Fahrräder und Pedelecs aufgelegt werden. Auch, damit der Einzelne der Bequemlichkeitsfalle entgehe. Doch dazu müssten auch die Radschnellwege als Zubringer in die Stadtzentren sowie als Verbindung zwischen Städten und/oder Stadtteilen weiter ausgebaut werden. Hier sehen die Initiatoren des Maßnahmenkataloges nicht nur den Bund in der Pflicht, sondern auch die

Kommunen. Diese seien zu verpflichten, jährlich zweckgebunden einen festgesetzten Betrag pro Einwohner für den Bau innerstädtischer Radwege in ihren Haushalten einzuplanen.

Technologische Anforderungen

Die Bundesregierung wird aufgefordert, für das autonome Fahren abgestimmte Kommunikationsstandards zu entwickeln. Diese Kommunikationsstandards sollen sicherstellen, dass ein sicherer Datenaustausch in den Bereichen Car2Car (alle Verkehrsmittel) und Car2x (u. a. Fußgänger, Radfahrer, sonstige Verkehrsinfrastruktur wie z. B. Ampeln, Leitplanken/-pfosten und auch Parkplätze) ermöglicht

wird. Ferner ist es aus Sicht von NiMo erforderlich, in das Gesetz zum hochautomatisierten Fahren konkrete und realistische Vorwarnzeiten für die Übergabe der Fahrzeugführung vom Fahrzeug an den menschlichen Fahrer aufzunehmen. Die Vorwarnzeiten müssten so lang sein wie nach wissenschaftlichen Erkenntnissen erforderlich, um nach einer längeren Phase anderweitiger Beschäftigung konzentriert und reaktionsfähig fahren zu können.

Der komplette Maßnahmenkatalog ist online unter: www.nimo. eu zu finden.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 27 Emissionsarme Fahrzeuge S027_BS12_All_dach
Foto: BS/NiMo e.V.

Kommentar

Mehr Konzentration und Kooperation wagen

Jürgen Roters, Oberbürgermeister von Köln a.D.

Moderne Sicherheitstechnik im Event-Bereich

Schutz von Besuchern zunehmend im Fokus (BS/Matthias Kreuz*) Die Sicherheit auf Großveranstaltungen, Konzerten und Events steht stärker im Fokus von Behörden und Veranstaltern als jemals zuvor. Auch verschieben sich die Themenschwerpunkte innerhalb der Event-Sicherheit.

Das Schutzgut “Innere Sicherheit” genießt bei der Bevölkerung eine besonders hohe Priorität. Wer sich bei den Bürgern umhört, der kann sich ein Bild vom Umfang der Verunsicherung machen, den die hohen und zum Teil steigenden Fallzahlen bei Delikten wie Wohnungseinbruch, Diebstahl und Körperverletzungen hervorrufen. Hinzu kommt eine latente Angst vor terroristischen Attentaten und Anschlägen. Gefordert wird deshalb ein stärkeres Tätigwerden und Einschreiten von Polizei, Sicherheits- und Ordnungsbehörden.

Dies ist jedoch nicht so einfach möglich, weil gerade diese Sicherheitskräfte die Grenze der Belastbarkeit erreicht oder gar überschritten haben. Ohne eigentliche Atempause eilen die Einsatzhundertschaften von einem Großeinsatz zum anderen. Staats- und Verfassungsschutz können ihrem Auftrag zur Überwachung von über 700 terroristischen Gefährdern nur noch rudimentär nachkommen; ausreichende Zeit für gründliche kriminalpolizeiliche Ermittlungen bleibt selten.

Allein die Münchner Polizei schiebt einen Berg von über einer halben Million Überstunden vor sich her. Bei Bund und Ländern ist es nicht anders. Die Entscheidung von Bund und Ländern, die Polizeistellen deutlich aufzustocken, ist deshalb richtig und notwendig. 12.000 neue Stellen beim Bund und –um dieses Beispiel zu nennen – 2.300 zusätzliche Stellen in Nordrhein-Westfalen zeichnen den Weg der nächsten Jahre vor. Doch diese Mehrstellen werden zunächst einmal nur die vorhandenen Personaldefizite,

etwa auch bei der Bekämpfung der Cyber-Kriminalität, abmildern. Die große Wende werden sie nicht bringen, zumal einige Jahre vergehen, bis die neuen Kräfte effektiv eingesetzt werden können. Notwendig ist es deshalb, darüber nachzudenken, wie vorhandene und in den nächsten Jahren zuwachsende Personalressourcen zielgerichteter und effizienter eingesetzt werden können. Konzentration, Kooperation und Arbeitsteilung sind dabei die Schlüsselbegriffe. Seit dem Sicherheitspaket eins sind dem Bundeskriminalamt fast Jahr für Jahr mehr bundesstaatliche Befugnisse übertragen worden. Dies gibt die Gelegenheit, einen deutlichen Schritt zur Konzentration der Landeskriminalämter zu machen und ihre Zahl um mindestens die Hälfte zu reduzieren. Das erleichtert nicht nur den Informations- und Datenaustausch, sondern schafft auch personelle Freiräume. Gleiche Überlegungen sind auch für die Ämter für Verfassungsschutz anwendbar.

In der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Ordnungsbehörde liegen weitere Effizienzpotenziale. Nicht in allen Städten und Gemeinden funktioniert die Abstimmung und Zusammenarbeit beider Seiten reibungslos. Dort, wo – um ein häufiges Beispiel zu nennen – ruhestörender Lärm in körperliche Auseinandersetzung umzukippen droht, muss es ein Einverständnis geben, dass diese Einsatzlagen von den kommunalen Ordnungskräften bewältigt werden sollten. Entsprechende Befugnisse sind ihnen einzuräumen; ihre Einsatzmittel sind auszuweiten. Zur Entlastung der Polizei müssen privaten Sicherheitsdiensten mehr Aufgaben übertragen werden. Das staatliche Gewaltmonopol bleibt unange-

tastet; es kann jedoch ergänzt und begleitet werden von zertifizierten und kompetent handelnden Sicherheitsdiensten.

Ohne Einschränkung der Sicherheitsstandards können vielfältige Aufgaben des Objektschutzes privaten Trägern überantwortet werden.

Eine auf Dauer nicht zu akzeptierende Belastung für Polizei und Ordnungsbehörden stellt die Gewährleistung der Sicherheit bei Fußballspielen dar. Jede zweite Einsatzstunde der nordrhein-westfälischen Bereitschaftspolizei ist den Fußball-Ligen geschuldet. Teilweise reichen die Einsätze bis in die vierte Liga. Unverkennbar haben die Vereine der Bundesliga in den letzten Jahren ihre privaten Sicherheitsanstrengungen ausgeweitet. Das Zusammenwirken mit Polizei und Ordnungsbehörden ist deutlich besser geworden. Dennoch reichen die Anstrengungen in den jeweiligen Fußballstadien und deren unmittelbarem Umfeld, etwa bei den Einlasskontrollen nicht aus.

Durch ihre Fanbeauftragten und Fanorganisationen haben die Vereine einen recht guten Überblick über die Szene von Krawallmachern, Randalierern und Schlägern. Sie wissen, wann und wie diese Gruppen an- und abreisen. Sie kennen die Personen mit Stadionverbot und die, die einer besonderen Beobachtung bedürfen. Hier können private Wach- und Sicherheitsdienste ansetzen durch Präsenz an beliebten Treffpunkten, um mögliche Straftäter zu oberservieren und zu identifizieren. Ebenfalls möglich wäre die Begleitung von gewaltbereiten Gruppen in Zügen und Bahnen, um schnell polizeiliches Eingreifen zu erleichtern.

Beim Fußball können private Sicherheitsdienste die Polizei nicht ersetzen. Sie können ihr die Arbeit aber erleichtern und frühzeitig präventiv und gewaltverhindernd wirken.

Kommunen vor Herausforderungen

Rückzug der Polizei aus der Fläche erfordert neue Lösungen (BS/mfe) In immer mehr Bundesländern werden Polizeidienststellen in bevölkerungsarmen Gegenden komplett geschlossen oder zumindest mit eingeschränkten Dienstzeiten versehen. Das hat für die betroffenen Gemeinden zum Teil erhebliche Folgen.

Die dortigen Verantwortlichen müssen sich eventuell sogar Gedanken über eine Rekommunalisierung von Sicherheits- und Ordnungsaufgaben machen.

Hinzu kämen generell neue Aufgaben wie zum Beispiel der Schutz von Flüchtlingsunterkünften, die Absicherung von Veranstaltungen und Fußballspielen, der Schutz des Öffentlichen Personennahverkehrs oder der Schutz Kritischer Infrastrukturen, meint Dr. Harald Olschok, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft (BDSW).

Ressortwechsel gewünscht

Um all diese Herausforderungen bewältigen zu können, brauche es zwingend auch private Sicherheitsdienste. Sie seien mittlerweile auch Bestandteil der Sicherheitsarchitektur.

Das habe sogar die Innenministerkonferenz (IMK) bereits festgestellt. Diese Feststellung reiche aber nicht aus. Der Beitrag der privaten Sicherheitsdienste für die Innere Sicherheit könne nicht auf Grundlage des Gewer-

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft (BDSW), Dr. Harald Olschok, plädiert dafür, dass die Zuständigkeit für private Sicherheitsdienste mittelfristig von den Wirtschafts- auf die Innenbehörden übergeht. Foto: BS/Feldmann

berechts, von Normen oder gar von Verbandsleitlinien geregelt werden. Gerade unter vergaberechtlichen Gesichtspunkten seien zumindest für den Schutz von Flüchtlingsunterkünften, des Öffentlichen Personenverkehrs und von Veranstaltungen spezialgesetzliche Regelungen wie in der Luftsicherheit oder im Atomgesetz notwendig. Deshalb äußerte Olschok im Rahmen eines Führungskräfte-

Wurden vor einigen Jahren mögliche Versäumnisse noch zuerst bei Organisatoren, Veranstaltern und Behörden gesucht, wird heute verstärkt auch eine mögliche Sicherheitsgefährdung von außen berücksichtigt. Denn so sollte man bei allem Engagement um eine Verbesserung der Sicherheit bedenken, dass etwa Weihnachtsmärkte oder Volksfeste einen wichtigen kulturellen Bestandteil der Gemeinschaft und des sozialen Miteinanders darstellen. Dies wollen die Menschen auch weiterhin möglichst unbeschwert erleben – ohne dabei mit massiven Sicherheitsmaßnahmen konfrontiert zu werden. Jeder Event benötigt ein spezifisches – von Fachplanern erstelltes – Sicherheitskonzept, das als Genehmigungsgrundlage von Behörden gefordert wird. Da rin sind alle Sicherheitsrisiken benannt und deren Behebung beschrieben. Dem Veranstalter obliegt es, diese Sicherheitsauflagen umzusetzen. Da es in Deutschland kein einheitliches Veranstaltungsrecht gibt – nur Bayern und Thüringen haben einen Sicherheitsrahmen für Events – ist die Bewertung von Sicherheitsrisiken sehr individuell. Die an die Kommunen und Veranstalter gestellten Aufgaben sind hoch und die Geschwindigkeit, mit der sich die Anforderungen rund um Veranstaltungen

entwickeln, stellt alle Beteiligten vor enorme Herausforderungen. Offensichtliche Risiken wie Brandschutz, Beleuchtung, Besucher, Ort oder Wetter sind objektiv bewertbar. Das Besucherverhalten in Extremsituationen, das Erkennen auch von außen kommender Gefahren oder das örtliche Krisenmanagement jedoch sind schwer einzuschätzen. Hier besteht großer Handlungsbedarf. Und hier beginnt die Risikobewertung durch die Behörden, die schließlich eine Event-Genehmigung erteilen oder ablehnen.

Kommunen als Veranstaltungsort wollen ein möglichst hohes Maß an Sicherheit, dem gegenüber stehen der Aufwand und die Kosten für den Veranstalter. Da kaum standardisierte oder speziell für Events entwickelte Sicherheitstechnik verfügbar ist, beschränkt sich derzeit fast alles auf Manpower. Die Qualifizierung und Verfügbarkeit von Event-Sicherheitspersonal ist allerdings kostenintensiv und begrenzt. Technische Systeme wie etwa netzunabhängige Beleuchtung, Lautsprecher, Sprechfunk, Notruf, Videodokumentation oder Fluchtwegbeschilderung sollten hingegen zur notwendigen Basis in der EventSicherheit gehören.

Damit sind Veranstalter zunehmend in der Pflicht, hochwertige Sicherheit in Form einer techni-

MOVETOS war auch Aussteller auf der diesjährigen “Kommunale” in Nürnberg. Foto: BS/MOVETOS

schen Sicherheitsinfrastruktur zu bieten. Die Event-Technik hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt, die moderne EventSicherheitstechnik wird mit gleichem Tempo folgen. An festen Versammlungsstätten sind technische Sicherheitssysteme vorgeschrieben, doch jetzt gilt es, diese Technik auch mobil zu machen und für den temporären Einsatz, etwa bei Volksfesten, Märkten oder Open-Air-Events, anzupassen. Mit einem Angebot an hochmoderner mobiler Event-Sicherheitstechnik ist MOVETOS als spezialisierter Partner für Kommunen, Veranstalter, EventSicherheitsfachplaner sowie Event-Sicherheitsdienste in diesem Segment tätig.

*Matthias Kreuz ist Technischer Leiter bei MOVETOS.

Durchblick im Lösungs-Labyrinth

Behördliche Arbeitgeber müssen Mitarbeiter vor Gefahren bewahren (BS/Michael Schenkelberg*) Behörden und öffentliche Einrichtungen müssen ihre Mitarbeiter effizient vor Gefahrensituationen schützen. Bei der Auswahl der geeigneten Maßnahmen fühlen sich jedoch viele Sicherheitsverantwortliche allein gelassen. Die deutsche Norm VDE 0827 bietet wertvolle Orientierung.

Behörden und öffentliche Einrichtungen sehen sich dieser Tage mit neuen Sicherheitsanforderungen konfrontiert. Sowohl die steigende Gewaltbereitschaft der eigenen Kunden und Besucher als auch die Bedrohung durch terroristische Angriffe oder Amoktaten zwingen die Verantwortlichen zum Handeln.

Forums des Behörden Spiegel in Köln einen perspektivischen Änderungswunsch. “Langfristig sollte die Zuständigkeit für private Sicherheitsdienste von den Wirtschafts- auf die Innenbehörden übertragen werden.”

Regelanfragen ab 2019

Den jüngsten Reformen des aktuell noch federführenden Bundeswirtschaftsministeriums im Bereich der Gewerbeordnung sowie der Bewachungsverordnung widmete sich Olschoks BDSW-Kollege Andreas Paulick Er erläuterte, dass ab dem 1. Januar 2019 für Bewachungsunternehmer und alle Mitarbeiter, die in Flüchtlingseinrichtungen und bei zugangsgeschützten Großveranstaltungen im Einsatz seien, Regelanfragen bei den Verfassungsschutzbehörden vorgenommen würden.

Und Dr. Isabel Langenbach, Rechtsanwältin bei Heuking Kühn Lüer Wojtek, schließlich ging der Frage nach, wie qualitätsvolle private Sicherheitsdienstleistungen beschafft werden können.

Hintergrund: In Deutschland muss jeder Arbeitgeber für jeden angebotenen Arbeitsplatz eine individuelle Gefährdungsanalyse anfertigen. Im Rahmen dieser Untersuchung gilt es auch, die Mitarbeiter zu subjektiv empfundenen Bedrohungsszenarien zu befragen. Stellt sich dabei heraus, dass es im Joballtag zu Situationen kommen kann, in denen die Kollegen Angst um ihre Unversehrtheit haben müssen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Doch wie diese im Detail aussehen können, wissen viele Führungskräfte nicht. Das ist nicht verwunderlich, fehlt es den Verantwortlichen schlicht und ergreifend am notwendigen technischen Know-how. Reflexhaft wird dann nach jedem Strohhalm gegriffen, der ein Plus an Sicherheit verspricht.

Aber Vorsicht: Wer nach dieser Logik vorgeht, droht mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.

Denn Bedrohungslagen und Risikoszenarien sind je nach Umfeld höchst individuell und mit einer Großzahl an spezifischen Variablen versehen. Das Gute: Mit der deutschen Norm 0827 steht ein ausführliches Regelwerk zur Verfügung, das im Lösungs-Labyrinth Orientierung schafft. Dargestellt werden darin unter anderem technische Systeme, die sich in individuellen Gefahrenfällen dazu eignen, Hil-

Rettet im Notfall Leben: Die “SAVEME”-App von Schneider Intercom. Foto: BS/Schneider Intercom

fe herbeizurufen, Amokalarme auszulösen und Handlungsanweisungen zu übertragen. Als besonders sinnvoll haben sich in diesem Zusammenhang Notfall- und Gefahren-Reaktionssysteme (NGRS) auf Intercom-Basis herausgestellt. Sie bestehen in aller Regel aus einer individuell festgelegten Anzahl von fest integrierten Sprechstellen und ermöglichen durch eine ständige Sprechverbindung den direkten Austausch zwischen Leitstelle und der meldenden Person. Ein Riesenvorteil, ermöglicht dies doch eine genaue Evaluierung der aktuellen Gefahrensituation sowie die Durchführung perfekt passender Maßnahmen. Fehlalarme gehören auf dieser Weise der Vergangenheit an. Doch nicht immer muss es bei der Norm um einrichtungstechnische oder bauliche Lösungen gehen muss. Inzwischen sind für den Einsatz in Behörden oder in Einrichtungen wie Bürgerbüros auch hochverfügbare NotfallApps verfügbar. Ein gutes Beispiel ist die “SAVE-ME”-App des

Sicherheits- und Kommunikationsspezialisten Schneider Intercom aus Erkrath. Die Applikation ist hochverfügbar, erfüllt jegliche professionelle Sicherheitsanforderungen und kann so Mitarbeiter in Notlagen hocheffizient unterstützen. Skeptikern sei versichert: Die Norm 0827 erlaubt ausdrücklich den Einsatz derartiger innovativer mobiler Systeme. Wichtig zu wissen: Die Norm ist darauf ausgerichtet, die organisatorischen Prozesse innerhalb einer Organisation bestmöglich zu unterstützen. Wer die darin formulierten Prozesse einhält und sich intensiv mit seiner eigenen Gefährdungslage auseinandersetzt, wird automatisch zu der erforderlichen individuellen Sicherheitslösung geführt. Dabei beschreibt die Norm ganz konkret die geforderten Features der eingesetzten Systeme und legt eine gemeinsame Grundlage für die Zusammenarbeit der bei der Einrichtung beteiligten Gewerke.

Neu – und von zentraler Bedeutung – ist dabei die Position des technischen Risikomanagers, der innerhalb einer Organisation die Risikoanalyse und Risikobewertung vornimmt. Einfach gesagt, beantwortet er die Frage: “Was benötigen wir in unserer Situation eigentlich?” und bestimmt, welcher Sicherheitsgrad umgesetzt wird. Er ist quasi die Schnittstelle, die ein Unternehmen mit zielführender Technik verbindet. Der technische Risikomanager bringt also stets genau die Lösungen ins Konzept ein, die die individuellen Risiken beherrschbar machen.

*Michael Schenkelberg ist Vertriebs- und Marketingleiter bei der Schneider Intercom GmbH.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 28 Kommunale Ordnung S028_BS12_All_cl

Digitaler Staat

Reibung vermeiden

Einheitlicher Datenschutz für übergreifende Datenverarbeitung

(BS/Benjamin Stiebel) Die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) erfordert eine umfängliche Überarbeitung der Datenschutzgesetze der Länder. Im Zuge der bereits angelaufenen Novellierungsprozesse könnten uneinheitliche Regelungen zur behörden- und länderübergreifenden Datenverarbeitung harmonisiert werden. Eine Abstimmung der Gesetzesentwürfe ist aber bisher nicht erfolgt.

Die DSGVO gilt ab Mai 2018 unmittelbar. Auf nationaler Ebene hat die Bundesregierung mit dem neuen Bundesdatenschutzgesetz (BDSG-neu) die notwendigen Anpassungen vorgenommen. Auch auf Landesebene besteht Novellierungsbedarf. Neben den Landesdatenschutzgesetzen (LDSG) müssen auch Fachgesetze überholt werden, soweit der Anwendungsbereich der DSGVO betroffen ist oder datenschutzrechtliche Begriffe auftauchen. Da die DSGVO unmittelbar gilt und Vorrang vor nationalem Recht hat, wird es in Zukunft keine datenschutzrechtliche Vollregelung mehr geben. Dort, wo der Landesgesetzgeber keine Regelungskompetenz mehr hat, sind bisherige Regelungen ersatzlos zu streichen. Die LDSG werden genau wie das BSDGneu den Charakter eines Anhanges zur EU-Verordnung haben und sie in Teilen ergänzen oder präzisieren.

Die DSGVO enthält Öffnungsklauseln, die als Handlungsaufträge bzw. -optionen für die Mitgliedsstaaten vorgesehen sind. In Deutschland liegen diese in der Kompetenz der Länder, soweit deren öffentliche Stellen betroffen sind. So obliegt es den Landesgesetzgebern, eine allgemeine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen zu schaffen. Für Pflichten des Verantwortlichen im Sinne der DSGVO, Betroffenenrechte sowie Rechte und Pflichten der Landesbeauftragten für den Datenschutz (LfD) sind Präzisierungen möglich. Grundsätzlich sind die Spielräume aber eng gesteckt. Die Sicherstellung eines unionsweit einheitlichen Rechtsrahmens ist schließlich zentrales Ziel der DSGVO.

Um die öffentliche Verwaltung effizienter aufzustellen und E-Government voranzutreiben, muss Datenaustausch auch länderübergreifend funktionieren. Harmonisierte Datenschutzregeln könnten ein reibungsloses Ineinandergreifen vereinfachen. BS / ©sdecoret, Fotolia.com

Die Novellierung der Datenschutzgesetze ist in allen Ländern bereits auf den Weg gebracht worden. Aus Bayern, Brandenburg, MecklenburgVorpommern und Sachsen liegen öffentliche Gesetzesentwürfe vor. In Sachsen-Anhalt wird schrittweise vorgegangen: Zunächst erfolgt nur die notwendige Herauslösung des LfD aus der Landtagsverwaltung. Ein Entwurf für weitere Anpassungen soll dort erst im dritten Quartal 2018 eingebracht werden. Bis zum Inkrafttreten müsste das alte Landesrecht DSGVOkonform ausgelegt werden. In der Übergangsphase könnte Rechtsunsicherheit die Folge sein. In allen anderen Ländern wird ein Inkrafttreten bis Mai 2018 angestrebt.

Einheit oder Vielfalt?

Dahingehend scheint zwar eine gewisse Eile geboten. Allerdings bietet die zwangsläufige Überarbeitung aller landesrechtlichen Bestimmungen zum Da-

tenschutz in der öffentlichen Verwaltung auch die Chance, für Rechtssicherheit und Vereinfachung zu sorgen. “Differenzierende Formulierungen in den einzelnen Landesdatenschutzgesetzen fördern nur die Komplexität und erhöhen das Risiko, dass dadurch die Umsetzungen nicht rechtskonform durch die Anwender vorgenommen werden können”, sagt Dr. Kai-Uwe Loser, Vorstandsmitglied im Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD). Auch die Interaktion mit den Bürgern werde so unnötig kompliziert. Bei ihnen sei ebenfalls wenig Verständnis für Unterschiede in den einzelnen Ländern gegeben, so Loser Aus den zuständigen Ministerien der Länder heißt es, dass die Innenministerkonferenz sich frühzeitig in Form eines Koordinierungsauftrages engagiert habe, um einheitliche Grundsätze zu legen. Schon seit 2015 hätten sich die Datenschutzreferenten regelmäßig getroffen und sich in

länderübergreifenden Arbeitsgruppen über Einzelthemen intensiv ausgetauscht. Auch mit der Datenschutzkonferenz habe man in Kontakt gestanden. Gesetzgebungsstände würden zwischen den Ländern ausgetauscht. Eine Abstimmung der Entwürfe finde aber nicht statt, wie ein Sprecher des Thüringer Innenministeriums mitteilt. Aus dem Bayerischen Staatministerium des Innern heißt es, eine “über das europäische Recht hinausgehende Rechtsvereinheitlichung der Landesdatenschutzgesetze” sei kein vorrangiges Anliegen. Spielräume wolle man nutzen, um bewährte Regelungsstrukturen im Interesse der Effizienz behördlichen Handelns zu bewahren. Besondere Relevanz hat die Novellierung der Landesdatenschutzgesetze für Regeln zum behördenübergreifenden Austausch von Daten und für gemeinsame Verfahren. Ein vom IT-Dienstleister Dataport in Auftrag gegebenes juristisches

KNApp

Gutachten empfiehlt, die bisher überaus heterogenen Vorgaben für Datenübermittlung und gemeinsame Datenbestände jetzt zu vereinheitlichen. Alleingänge bei der Anpassung der Datenschutzgesetze in den Ländern könnten “in der Praxis vor allem für länderübergreifende

Projekte zu erheblichem Mehraufwand führen und gewollte Synergieeffekte verhindern”, heißt es im Gutachten. Konkret wird vorgeschlagen, einheitlich einen Erlaubnistatbestand in die Landesdatenschutzgesetze aufzunehmen, der den innerbehördlichen Austausch von personenbezogenen Daten regelt, um das im Zusammenhang mit E-Government geforderte OnceOnly-Prinzip auf eine rechtssichere Basis zu stellen.

Gemeinsame Verfahren

“Eine effiziente und hochdigitalisierte Verwaltung benötigt einen einheitlichen Datenschutz”, sagt Dr. Johann Bizer, Vorstandsvorsitzender bei Dataport. “Das gilt im Besonderen auch für den länderübergreifenden Einsatz von gemeinsamen Verfahren. Es wäre absurd, einerseits über die Notwendigkeit einer raschen Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung zu sprechen und andererseits die einmalige Chance verstreichen zu lassen, die Verfahrensregeln für die Verarbeitung und Übermittlung von Daten zu vereinheitlichen.” Ein Formulierungsvorschlag für eine Klausel, die den Einsatz gemeinsamer Verfahren zukünftig regeln könnte, erklärt Bizer, sei zunächst an die Dataport-Trägerländer vermittelt worden.

Mehr zur Umsetzung der DSGVO in Behörden auf den Seiten 49 und 50.

EU: zentrales digitales Zugangstor (BS/lkm) Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben sich auf ein zentrales digitales Zugangstor geeinigt, um Verwaltungsverfahren wie bspw. die Beantragung von Geburtsurkunden, Unternehmensgründungen oder Fahrzeuganmeldungen in Zukunft online für Bürger aus ihrem Heimatland und allen EU-Partnerstaaten zugänglich zu machen. Insgesamt sollen 13 wichtige Verwaltungsverfahren in allen Ländern online zugänglich gemacht werden. Zusätzlich wird das Once-Only-Prinzip angewandt, wichtige Daten müssen also nur einmal von nationalen Behörden erfasst werden. Anschließend kann der Bürger dann einen Antrag stellen, damit diese Daten für andere Behörden in der EU zugänglich gemacht werden könne.

Zuschlag für Basisdienst E-Akte erteilt (BS/gg) Im Vergabeverfahren “Beschaffung des Basisdienstes E-Akte/DMS für die Bundesverwaltung” hat die Fabasoft Deutschland GmbH vom Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern den Zuschlag erhalten.

Der Auftragsumfang wird Lizenzen für zumindest 6.000 Nutzer in fünf Pilotbehörden sowie Werk- und Dienstleistungen für die Nachnutzung des E-Akte-Basisdienstes bei diesen Behörden enthalten. Der Bund hat die Option, weitere Werk- und Dienstleistungen sowie Lizenzen – bis hin zu einer Bundeslizenz – für die Ausstattung der Bundesverwaltung mit einem einheitlichen E-Akte Basisdienst abzurufen.

Der Basisdienst E-Akte-Bund wird zentral beim Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) installiert, konfiguriert und betrieben.

4. Zukunftskongress Bayern

Die digitale Verwaltung in Staat und Kommunen – heute und morgen – für Bürger und Wirtschaft

Der Zukunftskongress Bayern wird auch im kommenden Jahr wieder die aktuelle Entwicklung der Digitalisierung von Staat und Kommunen diskutieren. Der traditionelle Blick in andere Bundesländer, aber auch nach Österreich und in die Schweiz wird die Diskussionen öffnen und um zusätzliche Impulse bereichern. Ziel der Veranstaltung ist es, einerseits eine Standortbestimmung vorzunehmen und über das bislang Erreichte zu informieren. Ebenso wichtig ist es jedoch, angesichts der Dynamik der digitalen Transformation, Konzepte, Strategien und Lösungen für die Weiterentwicklung des digitalen Staates und der digitalen Verwaltung zu entwer fen. Daher wird es ein zentrales Element des Kongresses sein, intensiv, visionär und kontrovers über die richtigen Weichenstellungen für das digitale Bayern der Zukunft zu diskutieren.

Melden Sie sich unter www.zukunftskongress.bayern an und diskutieren Sie mit!

www.zukunftskongress.bayern [#zkonbayern]

www.behoerdenspiegel.de
Behörden Spiegel
Berlin und Bonn / Dezember 2017
Eine Veranstaltung
Fo to s: © alphaspirit, Fo to lia.com; Domb ro wsky
1. Februar 2018, Haus der Bayerischen Wirtschaft, München
des

Behörden Spiegel: Sie sind der IT-Chef einer großen Bundesoberbehörde. Bei denen in der Regel vermutet wird, dass alles genau nach Vorschrift abläuft. Aber Sie haben ein IT-Labor eingerichtet. Das hört sich nach experimentieren an.

Richter: Die IT verändert das komplette Gefüge in jeder Behörde. Deswegen ist es wichtig, sie in das Herz der Behörde zu holen. Über das IT-Labor gelingt es uns, in einer sehr agilen Umgebung, den wechselnden Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Wir haben gemischte Team zusammengestellt, die Lösungen erarbeiten.

Behörden Spiegel: Sie setzen für sich wiederholende Verwaltungsakte bereits ComputerRoboter ein. Wie umfänglich ist deren Einsatz und welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

Richter: Wir haben insgesamt 22 Robot-Systeme bei uns in unterschiedlichen Anwendungsbereichen im Einsatz. Ein Hauptfokus liegt hierbei auf der Postbearbeitung. Wir könnten die eingehende elektronische Post nicht mehr händisch bearbeiten, weil sie dermaßen angestiegen ist. Sie müssen sich das folgendermaßen vorstellen: Auf einem Bildschirm sehen Sie, wie sich die Maus von alleine bewegt und die Postsortierung übernimmt. Dabei ist nicht einmal zwingend, dass die digitalisierten Briefe Aktenzeichen tragen.

Behörden Spiegel: Dies klingt für mich als Vorstufe zur Künstlichen Intelligenz (KI).

Richter: KI kommt im BAMF zum Beispiel bei der Postverteilung zum Einsatz. Die KI erkennt den Sinninhalt von Texten. Wodurch sie unabhängig von den Aktenzeichen in den Briefen ist. Anschließend kann der zuständige Mitarbeiter damit weiterarbeiten.

Behörden Spiegel: Und was folgt nach der Postverteilung?

Richter: Ein anderes Anwendungsgebiet ist bei uns der Sicherheitsbereich. Unsere Mitarbeiter sind angehalten, wenn in einem Fall bestimmte sicherheitsrelevante Kriterien zutreffen, dies den zuständigen Stellen zu melden. Das wollen wir künftig mit Mustererkennung und einem dahinter lernenden System umsetzen. Ich bin froh, dass wir dann erste Erfolge sichtbar machen konnten. Denn Sicherheit spielt bei uns eine große Rolle. Wir haben vor Kurzem auch eine Kooperationsvereinbarung mit der Bundesagentur für Arbeit und deren IT abgeschlossen. Weitere Behörden und Unternehmen nehmen wir auch ins Boot. Dadurch können wir neue Technologien gemeinsam erschließen.

Behörden Spiegel: Braucht es vor dem Hintergrund dann noch Asylentscheider?

Richter: Ja. Denn unsere Aufgabe ist es, durch Automatisierung sowie durch Informationsbereitstellung die Ressourcen der öffentlichen Verwaltung zu fokussieren. Die Vorarbeit soll nach Möglichkeiten automatisiert werden, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich dann zum Beispiel ganz dem Entscheidungsspielraum widmen können. Klar ist, dass solche Systeme nie das menschliche Handeln ersetzen können. Es geht lediglich darum, in Zei-

Freiraum bieten!

Richter über Cloud-Computing, KI und Blockchain

(BS) Dr. Markus Richter, Abteilungsleiter für Infrastruktur und IT im BAMF, spricht über das IT-Lab, udas kreative IT-Lösungsmöglichkeiten fördern soll. Auch zukünftige Projekte und nationale sowie internationale Kooperationen standen im Fokus. Die Fragen stellte Chefredakteur Uwe R. Proll.

ten knapper Ressourcen möglichst gute Unterstützung anzubieten.

Behörden Spiegel: Einen anderen Trend stellt die Blockchain dar. Viele liebäugeln damit, aber kann sie zur Migrationsbewältigung dienen?

Richter: Ja, auf jeden Fall. Denn wir haben eine föderale Struktur in Deutschland und der Austausch zwischen den verschiedenen Ebenen ist essentiell für unser Zusammenarbeiten. Dafür ist die Blockchain sehr gut geeignet. Der Vorteil ist nämlich, dass wir durch sie die Daten grundsätzlich da lassen können, wo sie sind, ob bei der Bundesagentur für Arbeit, beim BAMF oder bei anderen Behörden. Aber wir können über die Blockchain diese Daten sichtbar machen. Es braucht keine redundante Datenhaltung. Auch können wir durch sogenannte Smart Contracts quasi per Knopfdruck eine Datenübermittlung anstoßen.

Behörden Spiegel: Aber wie schaut es in dem Zusammenhang mit dem Datenschutz aus?

Richter: Der wird sogar leichter und umfassend gewährleistet. Wir können punktgenau steuern, wer welche Informationen erhalten und sehen darf. Zudem glaube ich, dass wir eine föderale Bundes-Blockchain brauchen. Wir sind gerade dabei, eine beim BAMF zu etablieren. Das Ziel ist es, bis zum Herbst 2018 diese neue erste Ausbaustufe produktiv umzusetzen. Gleichzeitig sind wir bereits mit anderen Behörden diesbezüglich im Gespräch. Denn wenn wir das machen, dann sollten wir das gleich mehrkanalfähig entwickeln, damit es auch für andere Anwendungsmöglichkeiten benutzt werden kann. Es muss nicht jede Behörde ihre eigene Infrastruktur in dieser Form aufbauen. Denn das wäre kontraproduktiv.

Behörden Spiegel: Dies bedeutet ein hohes Maß an Zusammenarbeit. Inwiefern wurde das Silo-Denken aufgebrochen?

Richter: In der Flüchtlingssituation haben wir gemeinsam mit dem Bundesverwaltungsamt und dem Bundeskriminalamt innerhalb weniger Wochen eine Online-Plattform zusammen mit dem Ausländerzentralregister etabliert. Über alle Ebenen hinweg wurden biometrische Daten ausgetauscht und tausende von Behörden profitieren davon. Diese Leistung ist eine Blaupause. Sie zeigt, dass solche Lösungen nicht mehr singulär in den Behörden gedacht werden dürfen. Denn die Lösungen, die die IT heute bereithält, ermöglichen es, dass wir Architekturen für sehr viele Anwendungsfälle gleichzeitig nutzen können. Es ist völlig unerheblich, ob über eine BlockchainPlattform Meldedaten, Sicherheitsdaten oder auch Asyldaten laufen. Viele Behörden denken in die gleiche Richtung und die Vernetzung nimmt zu. Aber wir müssen noch sehr vieles leisten, um das auch ins Bewusstsein zu rufen.

Behörden Spiegel: Und inwieweit ist vernetztes Arbeiten innerhalb des BAMF wichtig?

“Die Blockchain ist für die Zusammenarbeit geeignet.”

Richter: Im BAMF existieren Fach- und IT-Bereiche. Beides muss eng ineinandergreifen, sodass keine tatsächliche Unterscheidung mehr zu treffen ist. Dazu sind Methoden wie Scrum sehr gut geeignet, bei denen gemischte Teams aufgebaut werden. Aber das verändert radikal die Arbeitsweise in Behörden. Früher waren hierarchische Zuständigkeiten vorzufinden. Durch solche Methoden entsteht ein produktorientiertes Ende-zu-Ende-Arbeiten in zuständigen Teams. Diese treffen

eigenverantwortliche Entscheidungen. Als Vorgesetzter muss ich wiederum meinen Mitarbeitern diesen Freiraum bieten.

Behörden Spiegel: Bei der ganzen Datenmenge, die sie verwalten müssen, wie stehen sie zu der Cloud als Gewährleistung für die Datenverfügbarkeit?

Richter: Sie ist eindeutig unabdingbar. Deswegen haben wir bei uns im Portfolio auch die Cloud mit aufgenommen. Aber der Blickwinkel bei der Nutzung

(BS/ab) “Alle zwei Wochen wird eine Software produziert, die wir austesten”, sagt Andreas Fulde, Scrum-Master des IT-Labs vom Bamf. Die Scrum-Methode ist ein Vorgehensmodell des Projekt- und Produktmanagements, welches oft zur agilen Softwareentwicklung genutzt wird. Tägliche Meetings seien Standard, um Aufgaben abzuklären, aufzuteilen sowie den Fortschritt zu beurteilen. Angesetzt werden diese immer zu “krummen” Uhrzeiten wie 9.13 Uhr statt 9.15 Uhr.

“Interessanterweise zeigt sich als Effekt eine hohe Pünktlichkeit der Mitarbeiter”, freut sich der Scrum-Master. Zudem ist das Team krossfunktional: Also alle notwendigen Rollen, die es zur Entwicklung eines Produktes benötigt, sind im Team vertreten. Somit entsteht alles in einer internen Schmiede. “Direkt nach dem kurzen Entwicklungsprozess wird die Software von den Nutzern getestet, um sie mithilfe des Feedbacks sie anschließend zu optimieren”, beschreibt Fulde den Entwicklungsprozess abschließend.

Wer ist BerD?

BerD (Berufsbezogene Deutschsprachförderung) steht für ein Projekt, in dem die

der Cloud ist oft zu eng. Viele sind der Meinung, dass ausschließlich eine Private Cloud, die selbst betrieben wird, dem Datenschutz Rechnung tragen könne.

Behörden Spiegel: Und Ihre Meinung?

Richter: Ich bin anderer Auffassung. Die Technologie ist heute so weit, dass wir auch die Public Cloud in dem Portfolio mitdenken müssen. Dort ist die beste Expertise vorhanden, um auch die Sicherheitsstandards permanent weiterzuentwickeln. Ich werbe dafür, dass wir den Horizont erweitern und uns der Zukunft stellen sollten. Es wird so viele Veränderungen im Bereich Cloud Computing geben, dass wir in dem Portfolio auch die Public Cloud mit realisieren müssen.

Behörden Spiegel: Wie stellen sie sich die Cloud-Lösung vor?

Richter: Wir arbeiten ganz eng und erfolgreich mit dem Informations Technik Zentrum Bund (ITZBund) zusammen. Ich bin überzeugt, dass es un-

jobspezifischen Sprachkurse für Zugewanderte koordiniert und abgerechnet werden. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) stellt den Antrag, aber das BAMF hat die notwendigen Daten über Vorkurse und andere Zertifizierungen. Dies ist sehr kommunikationslastig, zeitintensiv und papiervernichtend. Die Lösung: Die BA erhält nur jene Daten, die sie benötigt, um den Aufbausprachkurs zu bewilligen. Gleichzeitig findet ein zweckgebundener Datenschutz statt. Anfangs sollen erst einmal die Zulassungsverfahren zu den Kursen elektronisch abgewickelt werden. Wobei der Fokus darauf liegt, den gesamten Sprachkursprozess zu digitalisieren: von der Organisation bis hin zur Abrechnung.

Krimiserien lassen grüßen

Auch werden Technologien angewendet, die einen Hauch von Krimiserien-Feeling in die deutschen Behörden tragen: TraLitA ist eine Namenstranslationssoftware, um die arabischen Namen in die deutsche Schrift zu übertragen. Im darauffolgenden Schritt können Rückschlüsse auf das Herkunftsland der Person gezogen werden. Mithilfe der biometrischen Gesichtserkennung soll die Mehrfachan-

sere gemeinsame Aufgabe als Behörden ist, ein bestmögliches Portfolio den Bundesbehörden anzubieten, damit sie ihre künftigen Aufgaben bewältigen können. Und dazu gehört eine hybride Infrastruktur. Es kann in der heutigen Zeit nicht mehr sein, dass wir für jede Behörde am besten noch eine eigene Cloud bauen, das wäre kontraproduktiv und würde die Komplexität unnötig erhöhen. Daher ist der Ansatz des ITZBund in der Konsolidierung vollkommen richtig.

Behörden Spiegel: Jetzt kommt noch ein anderes Thema. Was macht ein IT-Leiter einer Deutschen Bundesbehörde im indischen Preiswertparadies für Softwareentwicklung?

Richter: Es gelingt uns kaum noch, qualifizierte High-SkillMitarbeiter im IT-Bereich zu gewinnen. Indien hat sich erheblich weiterentwickelt. Heute sitzen dort IT-Experten, die kreativ an Lösungen mitarbeiten und sie aktiv einbringen. Bei Offstore-Projekten ist es heute unerlässlich, einen persönlichen Kontakt zu den Experten im Ausland herzustellen. Das erleichtert die Zusammenarbeit und den Erfolg in gemischten Teams erheblich. Unser Ziel ist es also, über diese Kooperation passgenau einzelne Skills zu gewinnen, die uns in ganz bestimmten Situationen helfen können.

meldung der Vergangenheit angehören. Da von jedem Neuzugewanderten bei der Anmeldung Bilder entstehen, können diese bei einer erneuten Anmeldung miteinander abgeglichen werden. “Die Trefferquote ist sehr hoch, da diese Software für schlechte Bild- und Lichtverhältnisse ausgelegt ist”, äußert sich Julian Detzel, der IT-Grundstratege. Dadurch würden falsche Identitäten aufgespürt.

Des Weiteren wird eine Software eingesetzt, die die Sprachbiometrie überprüft. Anhand der Aussprache und der Betonung kann erkannt werden, woher der Sprecher stammt. Dafür wurden verschiedene Dialekte des Arabischen in das Programm eingelesen. “Es braucht nur eine ruhige Umgebung, zwei Minuten Zeit und der Sprecher muss flüssig sprechen”, sagt Detzel.

Die Maßnahmen sind notwendig, weil 60 Prozent der Antragsteller keine Papiere bei sich tragen. “Die Ergebnisse unserer Analysen sind nicht bindend. Sie dienen dem Asylentscheider als Indizien, um ein Urteil zu fällen”, betont der IT-Grundstratege. Aber das Resultat der Digitalisierung des BAMF ist: Die Entscheidung über einen Asylantrag fällt innerhalb von drei Monaten.

Jung, dynamisch, digital

Start-up-Szene wird Kongress zusätzlich beleben

(BS/har) Der Fachkongress “Digitaler Staat”, der am 20. und 21. März 2018 in Berlin stattfinden wird, bietet auch der jungen Unternehmerszene ein Podium. So werden Start-ups ihre smarten Anwendungen, Produkte und Ideen im kreativen Umfeld des KOSMOS-Centers, dem größten Berliner Premierenkino, präsentieren und einige auch in eigenen “Pitches” kurz und kompakt vorstellen.

Bei einem solchen Pitch geht es vor allem darum, sich und sein Produkt kundenorientiert anzupreisen und den besonderen Mehrwert aufzuzeigen. Vielfältige Lösungsansätze, von denen Behörden und Bürger im Arbeitsalltag bzw. in der gemeinsamen Kommunikation profitieren können, sollen die Essenz der dargebotenen Pitches bilden. Womit beschäftigen sich Start-ups?

Die software- bzw. webbasierten Dienstleistungen, welche die Jungunternehmer mit ihren Teams entwickelt haben, sind bunt gemischt. Eines eint sie jedoch bei all ihrer Vielfalt: Sie möchten Smartness in den Mittelpunkt unserer Umwelt bringen. Das große “E”, welches

unter Digitalisierungsexperten als Symbol für den Fortschritt gilt, ist Platzhalter einer globalen Bewegung, die die Welt in Daten bemisst.

Wer wird erwartet?

“E-Health”, “E-Finance”, “ELearning” und “E-Government” prägen den Digitalen Staat und auch die Start-ups, welche beim Fachkongress des Behörden Spiegel die Teilnehmer von den Einsatzmöglichkeiten von Big Data überzeugen möchten – so-

fern hier noch Überzeugungsarbeit zu leisten ist.

Dabei ist zum Beispiel die Softwareschmiede “stadt.land.netz”, welche ein Programm für die Verbesserung der kommunalen Infrastruktur entwickelt hat. Das Jungunternehmen “Cognigy”

steht hingegen ganz im Zeichen

Künstlicher Intelligenz (KI) und entwickelt KI-Programme wie Bots, welche Verwaltungsabläufe effizienter gestalten. Wer mit sensiblen Daten operiert, muss etwas für den Schutz seiner Ser-

ver tun. Zu diesem Zweck hat das Start-up “Crashtest Security” ein Tool entwickelt, welches das Risiko von Hacking und Datenklau reduziert.

Kaum ein Berufs- bzw. Anwendungsfeld, das heute nicht an den Zug der Digitalisierung angekoppelt wird: Im Sektor Finanzen hat sich das Start-up “Loanboxx” auf den Geld- und Kapitalmarkt spezialisiert; hingegen ist “mDoc” bestrebt, die Kommunikation zwischen Arzt und Patient softwarebasiert zu verbessern. Die Anamnese erfolgt per Skype einfach über das Netz.

Weitere Informationen zu den teilnehmenden Start-ups sind auf der Kongress-Homepage von Digitaler Staat unter www.digita ler-staat.org abrufbar.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 30 Digitaler Staat S030_BS12_All_cl
Dr. Markus Richter, Abteilungsleiter für Infrastruktur und IT im BAMF im Behörden Spiegel-Interview über Cloud-Computing, KI und Blockchain. Foto: BS/Tobi Giessen
“Ich werbe dafür, dass wir den Horizont erweitern.”
update
Unkonventionelle Wege und neue Projekte aus der IT-Schmiede

Save the date: 20.-21. März 2018 KOSMOS, Berlin

Der Digitalisierungskongress für Staat und öffentliche Verwaltung wird im März 2018 in Berlin stattfinden. Automatisch und intelligent – Herausforderungen für die Vernetzung: Automatisierung, ChatBot, KI, Blockchain, OZG, Once Only sind Themen des Kongresses. Mit dem Partnerland Norwegen wird der Kongress internationale Lösungen zur Digitalisierung von Staat und öffentlicher Verwaltung aufzeigen. Impulse werden durch die neue Legislaturperiode und die Digitale Agenda 2017–2021 gesetzt. Erstmals findet der Kongress im größten Premierenkino Berlins statt, dem KOSMOS. Vorhang auf!

FIRST DRAFT

08:30 Uhr: Eröffnung Kongress R. Uwe Proll, Chefredakteur und Herausgeber Behörden Spiegel

08:35 Uhr: Die neue Digitale Agenda 2017–2021

N.N., Digitalisierungsminister / CIO

08:55 Uhr: Innova tion organisieren

Jürgen Fritsche, Leiter Geschäftsbereich Public Sector, msg systems

09:15 Uhr: E-Government made in Norway

Paul Chaffey Staatssekretär Norwegisches Ministerium für öffentliche Verwaltung und Modernisierung

09:35 Uhr: Partner-Vortra g

N.N., Bechtle GmbH

09:55 Uhr: Kaffeepause

10:15 Uhr: Herausforderung Portalverbund – Anmerkungen aus der Wissenschaft Jörn von Lucke, Institutsleiter des Open Government Institute

10:35 Uhr: Once-Only: der neue Portalverbund von Europa, Bund, Ländern und Kommunen

Moderation: Matthias Kammer, Vorsitzender Nationales E-Government Kompetenzzentrum

Prof. Dr. Jörn von Lucke, Direktor des Lehrstuhls für Verwaltungs- und Wirtschaftsinformatik, Zeppelin Universität Friedric hshafen

Klaus Vitt, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik

Hartmut Beuß, CIO der Landesregierung Nordrhein-Westfalen

Dorothea Störr-Ritter, Landrätin des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald, Mitglied des Nationalen Normenkontrollrates

11:15 Uhr: Schaffung einer Kohärenz der innova tiven Ansätze im digitalen Dänemark

Lars Frelle-Petersen, Stellvertretender Staatssekretär Finanzministerium Dänemark

11:30 Uhr: Kaffeepause

12:00 Uhr: Forenblock 1 E-Government Fachprogramm Digitaler Datenschutz

E-Government 1: E-Rechnung – enormes Einsparpotenzial für Unternehmen und Verwaltung

E-Government 2: Prozessoptimierung – Grundlage einer erfolgreichen Digitalisierung

E-Government 3: E-Government made in Norway

E-Government 4: IT-Sic herheit in der Verwaltung 4.0 –zentraler Vertrauensbaustein im digitalen Zeitalter

E-Government 5: Digitalisierung ohne Innovation – ist das sinnvoll? (in Kooperation mit msg systems)

13:30 Uhr: Mittagspause

(in Kooperation mit der Initiative D 21)

Moderation: Prof. Dr. Wilfried Bernhardt, Universität Leipzig

12:00 Uhr: Europäische Datenschutzgrundverordnung: Umsetzungsstand in der Verwaltung

12:30 Uhr: Informationelle Selbstbestimmung

13:00 Uhr: Privacy by Design und Privacy by Default –wie werden sich die neuen Vorgaben der DSGVO in der Praxis auswirken?

14:30 Uhr: Forenblock 2 E-Government Fachprogramm Digitaler Datenschutz

E-Government 6: Modernisierung der HKR-Verfahren bei Bund, Ländern und Kommunen

E-Government 7: E-Akte – Eingangstor in den medienbruchfreien Verwaltungsprozess

E-Government 8: Open Data / Open Government

E-Government 9: Online-Marktplätze für die Kommunalfinanzierung

E-Government 10: Implementierung von Cloud-Strukturen in der öffentlichen Verwaltung

16:00 Uhr: Kaffeepause

14:30 Uhr: Arbeitnehmerdatenschutz

15:00 Uhr: Die Bedeutung der eIDAS-Verordnung für Behörden Impuls und Moderation: N.N., Fraunhofer Fokus

16:30 Uhr: Digitale Plattformen im Spannungsfeld zwischen Effizienz und Datenschutz

Prof. Dr. Louisa Specht, Lehrstuhl für Europäisches und Internationales Daten- und Informationsrecht an der Universität Passau

16:50 Uhr: Staat als Plattform für digitale Ökosysteme

Prof. Dr. Peter Parycek, Leitung des Kompetenzzentrums Öffentliche IT (ÖFIT)

17:10 Uhr: Die Digitalisierung meiner Stadt – Kommunikation, Kollaboration, Partizipation

Moderation: Guido Kahlen, Stadtdirektor Köln a. D.

Gunter Czisch, Oberbürgermeister der Stadt Ulm

Jochen Partsch, Oberbürgermeister der Stadt Darmstadt

Dr. Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister der Stadt Kiel

Manfred Schur, Landrat des Landkreises Cochem-Zell

18:15 Uhr: Start-up-Pitch

Moderation: Verena Hubertz, Geschäftsführerin Kitchen Stories

08:30 Uhr: Eröffnung Ausstellung

08:45 Uhr: Den digitalen Staat bewusst gestalten - Rechts- und Verwaltungsvereinfachung als Grundbedingung einer erfolgreichen Digitalisierung

Dr. Johannes Ludewig, Vorsitzender des Nationalen Normenkontrollrates (NKR)

09:05 Uhr: ChatBot – auf dem We g zum vollautomatisierten Verwaltungsakt

Impuls und Moderation: Dr. Matthias Flügge, Leiter Geschäftsbereich Digital Public Services, Fraunhofer Fokus

Dr. Markus Richter, Abteilungsleiter für Infrastruktur und IT, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Dr. Martin Deeg, Leiter des IT-Systemhauses Bundesagentur für Arbeit

Roland Jabkowski, Co-CIO Hessisches Ministerium der Finanzen

Dr. Kay Ruge, Beigeordneter, Deutscher Landkreistag

09:50 Uhr: Digitale Justiz – e-justice

Prof. Dr. Winfried Bausback, Bayerischer Staatsminister der Justiz

10:10 Uhr: Partner-Vortra g N.N.

10:30 Uhr: Die Digitale Agenda der Bundesagentur für Arbeit

Dr. Markus Schmitz, CIO Bundesagentur für Arbeit

10:45 Uhr: Kaffeepause

11:15 Uhr: Forenblock 3 E-Government Fachprogramm Arbeit & Personal 4.0

E-Government 11: Future of work

E-Government 12: Digitalisierung Bund – Konsolidier ung, Prozesse und Dienstleistungen

E-Government 13: Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs mit der Justiz –aktueller Sachstand und zukünftige Entwicklung

E-Government 14: Trends der Software Entwicklung

E-Government 15: KI + Bots in der öffentlichen Verwaltung (in Kooperation mit der publicplan GmbH)

12:45 Uhr: Mittagspause

11:15 Uhr: Qualifizierung und Recht auf digitale Weiterbildung

11:35 Uhr: Flexibles und mobiles Arbeiten

13:45 Uhr: Forenblock 4 E-Government Fachprogramm Arbeit & Personal 4.0

E-Government 16: Blockchain – Zukunftstechnologie für den öffentlichen Sektor

E-Government 17: Automatisierte und algorithmisierte Staatlichkeit – die neuen „Tools of Government“

E-Government 18: Das Servicekonto – was kann und soll es leisten?

E-Government 19: Wissensmanagement: Social Intranet in der Verwaltung

E-Government 20: Bessere Haushaltssteuerung durch den Einsatz von IT

15:15 Uhr: Kaffeepause

13:45 Uhr: Nachhaltiges Wissensmanagement durch of fene Wissensressourcen

14:15 Uhr: Interne Mitarbeiterkommunikation im digitalen Zeitalter

14:45 Uhr: Organisation der Arbeit im digitalen Zeitalter

15:30 Uhr: Arbeit – Beschäftigung – Bildung in der Verwaltung 4.0: Was müssen wir tun, damit die Transformation gelingt?

Prof. Dr. Manfred Becker, Lehrstuhl für Personalwirtschaft und Business Governance an der Universität Halle-Wittenberg

16:00 Uhr: Upskilling, Grundeinkommen und Society 5.0

Dr. Ralph Bürk (Impuls), Präsident Führungsakademie Baden-Württemberg

Generalmajor Michael Vetter, Stellvertretender Inspekteur und Chef des Stabes Kommando Cyber- und Informationsraum

Prof. Dr. Hilmar Schneider, Vorsitzender der Geschäftsführung, Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit GmbH (IZA)

Ulrich Silberbach, Bundesvorsitzender dbb beamtenbund und tarifunion*

16:45 Uhr: Vorstellung des neuen Tr endreports Digitaler Staat

17:00 Uhr: Ende des Kongresses

*angefragt

Eine Ve ranstaltung de s

Themenpartner:

S031_BS12_All_dach
Partnerland 2018: Norwegen egen e
We i tere In fo rm ationen www.digitaler-staat.org www.face b ook.com/digitalerstaat twitter #digistaat
PROGRAMM 20. März PROGRAMM 21. März

F inanzkrise, Migration, Terroranschläge oder Bürgerkriege stellen die Beschäftigten über Nacht vor Aufgaben, die sie mit bewährtem, routinemäßigem Abarbeiten nicht lösen können. Globalisierung und Europäisierung erhöhen zunehmend die Anforderungen. Zudem werden in jeder Legislaturperiode über 500 Gesetze verabschiedet, deren Normen selbst immer komplexer werden, weil der Anspruch auf Einzelfallgerechtigkeit zunimmt. Das führt wiederum zu enormen Vollzugsaufwänden mit hohen Fachkräfteanforderungen. Hinzu kommt die Digitalisierung, die Gesellschaft, Wirtschaft und Verwaltung grundlegend verändert. Neue Aufgaben und Arbeitsabläufe, aber auch der Mangel an Fachkräften stellen die Behörden und ihre Beschäftigten vor neue Herausforderungen.

Lösungsansatz

Die Verwaltung braucht einen Perspektivwechsel. Sie muss sich neu orientieren, wenn sie ihren Aufgaben auch in Zukunft gerecht werden will. Hier zeigt sich, dass die Digitalisierung vor allem als Chance zu begreifen ist, um sich von einfachen, regelbasierten sowie redundanten Aufgaben zu entlasten und so Raum für neue, oft komplexere zu finden. Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Vielmehr ist immer zu bewerten, welchen spürbaren Nutzen sie bringen kann. Das gilt für Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft in gleicher Weise, wo sich immer mehr digitale Geschäftsmodelle und neue Formen der Interaktion etablieren. Auf diese dynamischen Veränderungen kann der Staat nicht statisch reagieren. Er muss neue Handlungsmuster entwickeln, weil er sonst seine Steuerungskraft verliert. Und so überrascht es nicht, dass alle Parteien in den Sondierungsgesprächen der Digitalisierung ihre Aufmerksamkeit schenken. Der Rückstand bei Breitbandausbau, digitaler Wirtschaft oder Online-Behör-

Die Perspektive wechseln

Digitalisierung und Transformation der Bundesverwaltung

(BS/Beate Lohmann) Die deutsche Verwaltung genießt in der Bevölkerung und international ein hohes Maß an Vertrauen. Sie gilt als zuverlässig, integer und kompetent. Eine strikte Umsetzung des Rechtsstaatsprinzips, Strukturprinzipien wie eine klare Verantwortungsteilung im Föderalismus und kommunale Selbstverwaltung haben eine gewaltenteilende Funktion, die Machtmissbrauch und übermäßige Zentralisierung verhindern soll.

Sach- und bürgernahe Entscheidungen sollen bei gleichzeitigem Wettbewerb um die besten Lösungsansätze sichergestellt werden. Auch die am Gemeinwohl orientierte Arbeit im Öffentlichen Dienst ist dank ihrer Vielfalt und hohen Gestaltungspotenziale sowie dem Maß an Verantwortung weiterhin attraktiv. Dennoch erzeugen stetig zunehmende, teilweise unerwartete und disruptive Ereignisse Veränderungsdruck.

dendiensten muss aufgeholt werden, wenn Deutschland als Hochtechnologieland nicht länger den Anschluss verlieren will. Durch gemeinsame leistungsstarke, passgenaue IT-Infrastrukturen, die nur durch Skaleneffekte wirtschaftlich und finanzierbar werden, durch Automatisierung und vernetztes Arbeiten lassen sich für Bürger, Unternehmen sowie die Verwaltung selbst direkte Nutzeneffekte erzeugen. Im Fokus müssen dabei die konkreten Bedarfe von Bürgern und Unternehmen stehen. Die Sicht auf Lebensund Unternehmenslagen kann alle Beteiligten entlasten, wenn die betroffenen Ämter vernetzt zusammenarbeiten und bspw. Daten nur einmal übermittelt und entsprechend der erteilten Berechtigung von allen zuständigen Stellen genutzt werden können. Bürger und Unternehmen sollen sich nur einmal bei der Verwaltung an einer Stelle melden, die sich dann um die Anliegen umfassend kümmert und Leistungen anbietet (“OnceOnly-Prinzip”). Intelligente Software und automatisierte Prozesse können zudem den schon bestehenden Fachkräftemangel zumindest teilweise ausgleichen. In den nächsten zehn Jahren wird jeder vierte Mitarbeiter den Öffentlichen Dienst altersbedingt verlassen. Die Wirtschaft steht vor einem ähnlichen Problem, sodass es zu einem verschärften Wettbewerb kommen kann. Was ist zu tun?

a) Ganzheitliche Strategie und politische Verankerung: Die Digitalisierung der Verwaltung

Entwurf beschlossen

Bremisches E-Government-Gesetz

(BS/gg) Der Senat der Freien Hansestadt Bremen hat Ende November einen Entwurf für ein Bremisches E-Government Gesetz beschlossen.

Zentrale Punkte des Gesetzentwurfs sehen u. a. vor, die Verwendung von E-Rechnungsverfahren für Unternehmen nach einer Übergangsphase vorzuschreiben, wie dies in Italien oder Dänemark heute schon der Fall ist. Mit der Einführung der E-Rechnung sollen effizientere Arbeitsabläufe bei der Verwaltung und Unternehmen ermöglicht werden, die auf beiden Seiten Kosten und Zeit sparen, Portokosten entfallen komplett.

E-Akte bis 2022

Bis zum 1. Januar 2022 soll zudem die E-Akte flächendeckend eingeführt sein. Bereits von der Verwaltung an vielen Stellen begonnene Projekte zur Umstellung auf elektronische Prozesse sollen bis zu diesem Zeitpunkt erfolgreich abgeschlossen sein.

Bei allen E-Government-Verfahren soll die Barrierefreiheit schrittweise umgesetzt werden. Derzeit ist noch nicht alle verwendete Software komplett barrierefrei. Das Ziel der Barrierefreiheit soll laut des Gesetzentwurfs zukünftig bei der Planung, Entwicklung, Ausschreibung und Beschaffung berücksichtigt werden. Der Senat wird durch das E-Government-Gesetz verpflichtet, jährlich einen Bericht über die erzielten Fortschritte vorzulegen. In diesem Punkt geht das Bremer Gesetz

über das 2013 beschlossene EGovernment-Gesetz des Bundes hinaus. Alle Bremer Behörden sollen zudem zusätzlich zu den existierenden elektronischen Kommunikationswegen eine verschlüsselte Kommunikationsmöglichkeit anbieten, damit die Nutzer sicher sein können, dass ihre Kommunikation mit den Behörden vollständig vertraulich ist. Dieser sichere Kanal soll möglichst viele verschiedene Standards unterstützen, wie etwa PGP (Pretty Good Privacy) oder das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP), das insbesondere von Anwälten und Notaren genutzt wird.

15 Millionen Euro jährlich

“Der flächendeckende Einsatz elektronischer Abläufe im Verwaltungshandeln ist eine Daueraufgabe. Wir wollen die Digitalisierung beschleunigen und haben dafür im Haushalt 2018/2019 pro Jahr 15 Millionen Euro Verstärkungsmittel eingeplant. Gut investiertes Geld, denn diese Investitionen zahlen sich aus: durch besseren Service und effizientere Arbeitsabläufe”, kommentierte die Bürgermeisterin und Finanzsenatorin Karoline Linnert die Verabschiedung des Gesetzentwurfes.

Ministerialdirektorin Beate Lohmann ist seit 2010 Leiterin der Abteilung O (Verwaltungsmodernisierung; Verwaltungsorganisation) im Bundesministerium des Innern (BMI). Foto: BS/privat

erfordert ein von allen Beteiligten getragenes Zielbild und die Ausarbeitung einer grundlegenden Strategie, wie dieses Zielbild erreicht werden soll. Aktuelle Trends und Veränderungen im Umfeld müssen dabei berücksichtigt und ggf. aufgegriffen werden. Dabei lehrt die Erfahrung, dass es einer expliziten politischen Entscheidung für die Verwaltungsdigitalisierung und der notwendigen Ressourcen bedarf.

Von gleicher Bedeutung sind die kontinuierliche Abstimmung von Bund, Ländern und Kommunen im IT-Planungsrat, die Verabredung eines koordinierten Vorgehens zur Umsetzung des gemeinsamen Zielbildes sowie eine gut organisierte Programmsteuerung, die zukünftig operativ durch die Föderale IT-Kooperation (FITKO) unterstützt wird.

b) Digitalisierung von Verwaltungsleistungen aus Bürger- und Unternehmenssicht: Der neuralgische Punkt in der Digitalisierungspolitik ist der Nutzen für Bürger und Unternehmen. Nur wenn es gelingt, das Online-Angebot der öffentlichen Verwaltung attraktiver zu gestalten, werden Bürger und

Unternehmen ihre Verwaltungsanliegen künftig online erledigen. Schon heute gibt es gute digitale Lösungen für unterschiedliche Anliegen, jedoch nicht flächendeckend. Ein erster Schritt zur Behebung dieser Defizite war, dass sich die Regierungschefs im Rahmen der Neuverhandlungen zum Bund-Länder-Finanzausgleich auf das Onlinezugangsgesetz (OZG) verständigt haben, das seit dem 14. August 2017 in Kraft ist. Bis zum Jahr 2022 müssen Bund, Länder und Kommunen alle geeigneten Verwaltungsdienstleistungen über einen Portalverbund digital anbieten. Der Portalverbund stellt sicher, dass Nutzer über alle Verwaltungsportale von Bund und Ländern einen barriereund medienbruchfreien Zugang zu allen elektronischen Verwaltungsleistungen erhalten. Jetzt müssen die Portale im künftigen Verbund mit Leben gefüllt werden. Gute digitale Angebote sollten flächendeckend angeboten werden.

c) Prozessoptimierung, Automatisierung und Konsolidierung: Geschäftsprozesse neu zu gestalten, ist ein wesentlicher Schlüssel der Digitalisierung. Ein höherer Automatisierungsgrad in internen Prozessen, der Abbau von Redundanzen (z. B. x-fache Pflege der gleichen Daten) und vernetztes Arbeiten über gemeinsam genutzte Infrastrukturen erlauben eine effek-

tive Bearbeitung der Anliegen von Bürgern und Unternehmen. Professionelle Unterstützung bei Querschnittsaufgaben leisten Expertenpools und Dienstleistungszentren (DLZ/Shared Services).

Wesentliche Grundlage ist die E-Akte, die alle Bundesbehörden – möglichst einheitlich – bis 2020 einführen müssen. Vernetztes Arbeiten benötigt neben Standards zur Gewährleistung von Interoperabilität eine konsolidierte Registerlandschaft, um Daten finden und abrufen zu können. Die Datensicherheit kann heute durch eine geeignete IT-Architektur mit strengen Zugangsberechtigungen hergestellt werden. So kann die Verwaltung selbst die sonst vom Bürger oder Unternehmen beizubringenden Nachweise einholen. Über einen “Openby-Design-Ansatz” sollten Bürgern und Unternehmen zudem einfache Sachstandsabfragen (Tracking) und der Zugang zu offenen Daten (Open Data) ermöglicht werden.

d) Personalentwicklung: Die Digitalisierung kann nur gelingen, wenn Beschäftigte und insbesondere Führungskräfte für neue Aufgaben und Arbeitsweisen gewonnen werden. Sie müssen Funktion und Wirkung der Digitalisierung kennen, ihre Chancen wahrnehmen und über die funktionsgerechten Kompetenzen verfügen. Allein durch die Digitalisierung verändern sich die Anforderungsprofile der Beschäftigten immer schneller und umfassender. Nur wer sich kontinuierlich weiterbildet, wird auch künftig seinen

Recruiting-Praxis 2017

LaDaDi und Kreis Gütersloh tauschen sich aus

Aufgaben gerecht. Lebenslanges Lernen muss daher Wirklichkeit werden. Für eine passgenaue Personalentwicklung ist es unumgänglich, die zukünftigen Aufgaben in einer digitalisierten Behörde zu kennen, die Anforderungen zu beschreiben sowie mit den derzeitigen Kompetenzen der Beschäftigten abzugleichen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen immer mehr Projekte und Veränderungsprozesse managen. Zuständigkeitsdenken muss durch kooperatives, lösungsorientiertes Zusammenspielen ergänzt werden. Kommunikation- und Netzwerkfähigkeiten sowie transparentes Handeln müssen akzeptiert und eingefordert werden, vor allem von Führungskräften. Sie sind die Botschafter der digitalen Verwaltung. Unterstützung erhalten sie durch Führungsinstrumente wie das Kompetenz-fokussierte Berichtswesen. Dabei geht es nicht mehr nur um vermehrte fachliche Kompetenzen, sondern auch neue Werte, Normen und Handlungsmuster, die benötigt werden, um mit den anstehenden Veränderungen umgehen zu können.

Fazit

Bei der Digitalisierung der Verwaltung geht es nicht einfach um den Einsatz von Software. Vielmehr sind personelle, organisatorische und vor allem strategische Anstrengungen gefragt, damit die Digitalisierung gelingt und die Verwaltung besser auf neue Entwicklungen reagieren kann. Das muss mit einer strategischen Planung beginnen, die alle relevanten Bereiche einbindet. Vor allem sind auch die Beschäftigten einzubinden, allein schon um die Ausgangslage in den Behörden ausreichend zu berücksichtigen und weil sie auch in Zukunft das Kapital der Verwaltung verkörpern. Insofern sind die aufgezeigten Aufgaben nicht Kür, sondern Pflicht, wenn Digitalisierung zu einer erfolgreichen Transformation der Verwaltung führen soll.

(BS) Der Landkreis Darmstadt-Dieburg (ca. 300.000 Einwohner, 23 Kommunen) ist einer der größten Arbeitgeber der Region. Im Kreis Gütersloh leben aktuell über 360.000 Einwohner in 13 Gemeinden. Die Einwohnerzahl hier wie dort wächst und mit ihnen das Personal der Verwaltungen. LaDaDi, wie der Landkreis von seinen Bewohnern genannt wird, stellte im vergangenen Jahr rund 200 Mitarbeiter ein, im Kreis Gütersloh kam es zu rund 125 Neueinstellungen. Wie werben die beiden Kreise um neues Personal und wie ist der Auswahl- und Einstiegsprozess? Bettina Mehner, Referentin Personalmarketing des Landkreises Darmstadt-Dieburg, im Gespräch mit Steffen Buch, Personalleiter des Kreises Gütersloh.

Buch: Frau Mehner, unsere Rahmenbedingungen für Personalrekrutierung zeigen Gemeinsamkeiten: Beide Kreise sind im ländlichen Raum verankert, beide Kreise sind flächenstark und stehen mit traditionellen ortsansässigen Großindustrien im Wettbewerb um die “besten Köpfe”. Das sind nicht die leichtesten Voraussetzungen. Sie bauen gerade ein eigenes Karriereportal auf. Was hat es damit auf sich?

Mehner: Derzeit laufen noch die Vorbereitungen. Voraussichtlich 2018 werden wir aber mit dem Karriereportal online gehen können. Von Beginn der Planungen an hat sich unsere Kreisverwaltung dabei bewusst von einer Hochglanz-Version verabschiedet.

Oberstes Ziel ist es, die Landkreisverwaltung mit ihren vielen Facetten authentisch darzustellen.

Potenzielle Bewerber sollen sich zum einen über den Arbeitgeber Landkreis DarmstadtDieburg informieren können, zum anderen aber auch einen Eindruck davon erhalten, wie es ist, bei uns zu arbeiten. Es geht also einerseits um Informationen und andererseits um eine emotionale Ansprache.

Um als Arbeitgeber authentisch zu wirken, müssen wir allerdings zuerst wissen, wer wir sind. Wer sind unsere Mitarbeiter? Was schätzen sie an uns als Arbeitgeber? Wie ist unser Image bei den eigenen Mitarbeitern? Zunächst soll es daher eine Mitarbeiter-Befragung geben, um speziell dies herauszufinden. Ich fände es auch klasse, wenn sich dann Mitarbeiter mit eigenen Statements in unserem Karriereportal äußern würden. Denn die Mitarbeiter geben am authentischsten wieder, wie es ist, bei der Kreisverwaltung zu

Strategie im Kreis

Gütersloh: “Online zu den Wunschkandidaten.”

Steffen Buch

Foto: BS/Kreis Gütersloh

arbeiten. Damit wollen wir nicht nur die Mitarbeiterbindung erhöhen, sondern wir wenden uns gleichzeitig auf eine offene, sympathische und hoffentlich gewinnende Weise an künftige Mitarbeiter.

Mehner: Herr Buch, der Kreis

Gütersloh hat eine Online-Recruiting-Strategie. Wie funktioniert diese?

Buch: Wir haben uns bereits vergangenes Jahr bewusst für weitere Online-Kanäle entschieden, denn Printmedien sind bei

“Es geht um Information und Emotion: Das geplante Karriereportal soll die Kreisverwaltung authentisch darstellen.”

Foto: BS/Landkreis Darmstadt-Dieburg

vielen Kandidaten längst nicht mehr erste Wahl. Am deutlichsten ist dies bei der jungen Generation zu beobachten.

Die aktuelle Auswertung unserer Azubi-Bewerbungen 2018 hat das eindeutig bestätigt: Von den 440 eingegangenen Bewerbungen kamen nur 29 über Zeitungsanzeigen, alle anderen ausnahmslos über Online-Plattformen wie Interamt, Facebook, unser Internet etc. Insofern werden wir unsere Stellenangebote künftig fast ausschließlich online posten, und das über mehrere Kanäle. Einerseits werden wir XING zur Rekrutierung nutzen. Andererseits haben wir gute Erfahrungen bei der Suche nach Ingenieuren mit der Online-Stellenbörse StepStone gemacht, Verwaltungskräfte wiederum suchen wir über Interamt. Um uns hier noch besser und damit zukunftsfähig aufzustellen, relaunchen wir derzeit unseren Internet-Auftritt und werden für den Kreis eine eigene FacebookSeite eröffnen. Zudem achten wir darauf, dass wir u. a. bei der Bewertungsplattform kununu gute Bewertungen haben. Meine Überzeugung: Mit OnlineKanälen klappt es auch mit den Wunschkandidaten.

Seite 32 Behörden Spiegel / Dezember 2017 Organisation & Management S032_BS12_All_dach

e-nrw 2017

Diesen Ansatz verfolgt auch der Bürgermeister der Stadt Neuss, Reiner Breuer, der direkt in der Eröffnungsrede eine abgestimmte (Digitalisierungs-) Strategie forderte. Diese sei erforderlich, um besser in der Lage zu sein, weitere Überzeugungsarbeit bei Politik, Mitarbeitern und den Bürgern zu leisten. Vor diesem Hintergrund begrüßte der Bürgermeister, dass der Kongress, der erstmals in Neuss standfand, eine so große Kommunikationsplattform biete.

“Diskutieren sie, transformieren sie”, appellierte er an die Teilnehmer.

120.000 Mitarbeiter mitnehmen

Der Bedeutung von Kommunikation im Zuge des digitalen Wandels der öffentlichen Verwaltung ist man sich auch beim Land bewusst. “Wir müssen bei der Digitalisierung der Verwaltung die Mitarbeiter mitnehmen und dabei die Chancen in den Vordergrund stellen”, erklärte daher auch Dr. Erich Köster, Ständiger Vertreter des CIO der Landesregierung NRW, und unterstrich damit die logische Verbindung von digitaler und mentaler Transformation. Angesichts von zwölf Ressorts, ca. 700 Ämtern und Behörden und insgesamt rund 120.000 Mitarbeitern in der Landesverwaltung des größten Bundeslandes ist dies eine Mammutaufgabe. Vor diesem Hintergrund, so Köster, dessen CIO-Stabsstelle unter der neuen CDU-FDP-Landesregierung vom Innenministerium

Miteinander reden und gemeinsam tun

Der digitale Wandel der Verwaltung braucht ein “Wir-Gefühl”

(BS/Guido Gehrt) Die digitale und mentale Transformation der öffentlichen Verwaltung in Nordrhein-Westfalen stand in diesem Jahr im Zentrum des Kongresses e-nrw, den der Behörden Spiegel unter der fachlichen Leitung von Wilfried Kruse, Geschäftsführender Gesellschafter IVM2 und ehemaliger Beigeordneter der Stadt Düsseldorf, vor rund 530 Teilnehmern in der Stadthalle in Neuss veranstaltete. Der Kongress machte erneut deutlich, dass Digitalisierung mehr ist als eine rein technologische Transformation. Diese liefert zwar gewissermaßen das erforderliche Instrumentarium, doch der digitale Wandel wird darüber hinaus die Organisation und Arbeitsweise in den Behörden nachhaltig verändern – mitunter auch verändern müssen, um die Chancen und Möglichkeiten einer digitalen Verwaltung adäquat ausschöpfen zu können. Der Weg dorthin, auch das zeigte sich auf e-nrw, braucht insbesondere zweierlei: Kommunikation und Kooperation.

schiedeten E-Government-Gesetzes des Landes (EGovG NRW) berichtete Köster, dass sich derzeit 22 sogenannte Grundlagenprojekte in der Planungsphase befänden, deren Umsetzung im kommenden Jahr beginnen solle. Mit dem Beginn des Produktivbetriebs der E-Akte rechnet er frühestens 2019.

Momentan, das ließen Kösters Ausführungen erkennen, ist man im Düsseldorfer Ministerium noch dabei, sich in der neuen Landesregierung zu sortieren: “Zuständigkeiten sind noch nicht abschließend geklärt.” Es sollen jedoch “neue Strukturen entstehen”, die den Blick auf die Digitalisierung auch deutlich über die Umsetzung des EGovG NRW hinaus weiten und zukünftig eine noch intensivere Zusammenarbeit mit Bürgern und Unternehmen ermöglichen sollen.

Fotos: BS/Giessen

als eigene Abteilung ins Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie verlagert wurde, sei es wichtig, sowohl die interne Kommunikation zu stärken als auch die Zusammenarbeit über die Grenzen der einzelnen Fachbereiche hinweg zu verbessern. Dieses sei eine große Herausforderung

Open Data

Katalysator der Demokratie

(BS/wim) Das Konzept der offenen Daten ist und bleibt der wichtigste Baustein für direkte Mitgestaltung der Bevölkerung im öffentlichen Leben. Für Claus Arndt, den Leiter der Stabsstelle E-Government bei der Stadt Moers, wird durch die Einbindung der Bürger “der Demokratiegedanke im Volk durch Transparenz und Vertrauensbildung gestärkt.”

Ein Beispiel für eine aktive Mitgestaltung ist der GovBot, den zwei Teams zusammen entwickelt haben, die sich auf einem Hackathon des Landes NRW kennengelernt haben. Ein weiteres Zukunftsprojekt ist das offene Ratsinformationssystem

“Politik bei uns”, welches aktuell für die Städte Köln, Bochum und Moers verfügbar ist. Durch eine Standortsuche kann man nach kommunalen Aktivitäten suchen und soll so transparent informiert und gleichzeitig zur aktiven Teilnahme am politischen Diskurs eingeladen werden.

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat den sogenannten mFUND

Digitaler Föderalismus

eingerichtet, der mit insgesamt 150 Millionen Euro die Entwicklung digitaler Geschäftsideen unterstützt, die auf Mobilitäts-, Verkehrs oder Geodaten basieren. Aus diesem Fonds wird beispielsweise die Entwicklung einer App gefördert, die von den Partnerunternehmen esri, con terra und Geocom stammt und die eine Verkehrslenkung in Echtzeit realisieren soll, wie Marc Kleemann, Delivery Manager bei con terra, erklärt: “Dabei fließen offene Daten aus Parkhäusern und Straßensperrungen ein, aber auch ganz neue Aspekte, wie zum Beispiel die Auslastung von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge.”

mit viel Elan und hoher

und man müsse sich darüber im Klaren sein, dass es ein weiter Weg sei, hierfür die organisatorischen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Zusammenarbeit LandKommunen weiter stärken

Auch die Kooperation mit den Kommunen müsse zukünf-

tig weiter intensiviert werden, um insbesondere die kleineren Kommunen in die Lage zu versetzen, die Komplexität der Digitalisierung zu bewältigen. Ein hervorragendes Beispiel hierfür sei die aktuelle Zusammenarbeit beim Servicekonto.NRW. Zudem gebe es auf der kommunalen Ebene oftmals einen weitaus

größeren Pragmatismus, insbesondere, wenn es um den Kontakt zu Bürgern und Unternehmen gehe. Daher sei es wichtig, die Erfahrungen der Kommunen auch bei der Entstehung des Portalverbundes entsprechend einzubinden.

Mit Blick auf die Umsetzung des im vergangenen Jahr verab-

Intensiv kommuniziert wurde auf dem Kongress übrigens nicht nur in der Fachforen und während den Pausen in der begleitenden Ausstellung, sondern auch auf Twitter, wo sich unter dem Hashtag #enrw2017 zahlreiche Einträge finden.

J ETZT VORMERKEN !

e-nrw 2018

Der nächste Kongress findet am 8. November 2018 erneut in der Stadthalle in Neuss statt. www.e-nrw.info

Mehr Qualität – mehr Zusammenarbeit

Föderale IT-Kooperation braucht positive Zusammenarbeitskultur (BS/gg) “Die FITKO kommt…endlich” Mit diesen Worten begann Roland Jabkowski, Co-CIO der hessischen Landesregierung im Finanzministerium des Landes, seine Rede auf e-nrw. Zurecht, denn seit der ersten Idee zur Föderalen IT-Kooperation (FITKO) sind in der Zwischenzeit fünf Jahre vergangenen. Und bis die neue Einrichtung in Frankfurt/Main mit aktuell vier Mitarbeitern – nach Anpassung des IT-Staatsvertrages – in finaler Form mit 40 Mitarbeitern ihre Arbeit aufnehmen wird, dürfte, so schätzt auch Jabkowski, das Jahr 2019 bereits begonnen haben. Ob dann eine neue Qualität der verwaltungsebenenübergreifenden Zusammenarbeit Einzug halte, hänge jedoch nicht alleine von FITKO ab.

gen von offener und ehrlicher Kommunikation und gegenseitigem Vertrauen. Nur mit einem starken, strategisch-politisch agierenden IT-Planungsrat, der FITKO als schlagkräftiger Umsetzungsorganisation, einem ordentlichen Digitalisierungsbudget und der Kooperation aller Ebenen könne der Digitalisierungsstau in Deutschland überwunden werden.

ServiceKonto.NRW ist

bundesweite Blaupause

Kim Bastian Warmbrunn, Prognos AG, präsentierte auf e-nrw Ergebnisse des aktuellen “Trendreports Digitaler Staat”. Die Studie kann unter www. digitaler-staat.org kostenfrei heruntergeladen werden.

ki gab einen Einblick in die FITKO und seine Erwartungen an die Entwicklung der föderalen IT-Kooperation.

Die FITKO könne und werde Ideen entwickeln, ein Katalysator sein, Methodenkompetenz bereitstellen und auch die Kompetenz aufbauen, um Partnerschaften zu managen, so Jabkowski. “Mit der FITKO wird der organisatorische und rechtliche Rahmen gesetzt, in dem Kooperationen einfacher umgesetzt werden können”, so der CoCIO weiter. Voraussetzung für eine erfolgreiche, ebenenübergreifende Zusammenarbeit sei aber vor allem die Bereitschaft aller Beteiligten, sich darauf einzulassen. Neben der FITKO brauche man daher eine positive Zusammenarbeitskultur, getra-

Die föderale IT-Kooperation wurde auch im Rahmen eines Fachforums diskutiert. Mit den neuen Qualitätsanforderungen an Inhalte, Strukturen, Komponenten und Zeitplanungen für den notwendigen Portalverbund nach Verabschiedung des Online-Zugangsgesetzes des Bundes (OZG) setzte sich Dr. Michael Neubauer, Geschäftsführer des KDVZ Citkomm, pointiert auseinander. Er zeigte anhand von Beispielen und “Metaphern” auf, wie sich die Digitalisierung und die elektronischen Prozesse, Infrastrukturen, Hard- und Software in den letzten 20 Jahren gravierend verändert und entwickelt haben. Für die Zukunft der elektronischen Services warb er eindringlich für einfache Lösungen, die in sinnvollerweise gebildeten Stufen realisierbar sein sollten. Das

aktuelle NRW-Konzept und den Weg des ServiceKonto.NRW als Basis in gemeinsamer Trägerschaft von Land und kommunalen IT-Dienstleistern sieht er als bundesweite Blaupause für die digitale Zukunft. Sirko Hunnius von der ]init[ AG machte die Herausforderungen deutlich, die mit dem neuen OZG verbunden sind: Alle Verwaltungsverfahren von Bund, Ländern und Kommunen innerhalb von fünf Jahren elektronisch anzubieten, sei eine riesige Aufgabe, die als solche noch nicht wirklich erkannt sei: Mehrere Tausend Verfahren, z. B. auch im sog. LeiKa-Katalog schon er-

Mut haben, anfangen!

fasst, müssten komplett umgebaut werden. Hierzu müssten Prioritäten im föderalen Staatsgefüge gebildet und gemeinsam abgearbeitet werden.

Kommunale Mitgestaltungschancen nahm Dr. Christian Lantwin von Cassini in den Focus. Er skizzierte zu den digitalen Pfaden der Zukunft ein “Digitales Utopia” und verdeutlichte, dass wirkliche Innovationen, auch mit Bezug auf E-Government, stets bottom-up erfolgten, da die Kommunen stets nah am Bürger und an den Anforderungen der Unternehmen am Standort seien und so die eigentlichen Treiber neuer Ideen.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 33 S033_BS12_All_cl
Hessens Co-CIO Roland Jabkows- Dr. Erich Köster, Ständiger Vertreter des CIO der Landesregierung NRW, machte vor über 500 Teilnehmern auf dem Kongress e-nrw deutlich, dass das Land die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung Kooperationsbereitschaft vorantreiben will. Das war der Appell von Theodoros Moutsokapas von Cassini Consulting, der gemeinsam mit dem Fachlichen Leiter des Kongresses, Wilfried Kruse, den Teilnehmern verschiedene Highlights aus den Diskussionen in den Fachforen vorstellte.

Umdenken für mehr Effizienz

Wewer: Datenschutz am Nutzen ausrichten (BS/wim) Der digitale Datenschutz in Deutschland ist oftmals eher eine Last für Bürger und Behörden, statt den Schutz und die Hilfe zu bieten, für die er grundsätzlich gedacht ist. Darum forderte Dr. Göttrick Wewer, Staatssekretär a. D., ein Umdenken, das sich von normierten Datenschutzvorschriften entfernt und stattdessen den Weg für einen Umgang mit Datenschutz freimacht, der sich mit der faktischen Realität auseinandersetzt: “Die Menschen haben schon lange gegen einen umfassenden Datenschutz abgestimmt, sonst würden sie nicht massenhaft bei Facebook und anderen Sozialen Medien alles von sich preisgeben.”

Natürlich brauche es weiterhin datenschutzrechtliche Grundanker im Gesetz, nützliche Konzepte wie das Once-OnlyPrinzip sollten aber prinzipiell wichtiger sein als übermäßige Bedenken. Als positives Beispiel sieht Wewer das Nachbarland Dänemark: “Dort gibt es eine produktive und effiziente behördliche Zusammenarbeit statt ständiger Verifizierungsverpflichtungen durch den Nutzer.” Daher forderte der ehemalige Staatssekretär eine mentale Transformation, wie es für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) schon im Zuge der Flüchtlingskrise notwendig wurde. Für die Arbeit mit einer Sprachsoftware zur Erkennung der Dialektregion der Flüchtlinge gab es dort anfangs Probleme mit dem Datenschutz. “Da wurden Leute geschützt, die die Sachbearbeiter bewusst anlügen.” Der Staat müsse sich entscheiden, ob er ein funktionierendes E-Government will, oder ob Datenschutz und die damit verbundene Bürokratie wichtiger seien als effiziente Prozesse.

Datenschutzregeln fernab jeder Realität

Zusätzlich bemängelte Wewer, dass Datenschutz in Deutschland immer noch Ländersache ist und der Föderalismus in dieser Sache 16 eigenständige Systeme mit sich bringt. Die Einzelprüfung jedes Vorgangs durch alle Bundesländer sei somit nicht nur extrem ineffizient und teuer, sondern auch nicht mehr zeitgemäß. Für einen praktikablen Umgang mit dem behördlichen Datenschutz sollten die politischen Vorgaben vereinheitlicht werden und gleichzeitig Vorschriften abgeschafft werden, für die sich sowieso niemand interessiere. Statt einem unzeitgemäßen Datenverarbeitungsverbot sieht der ehemalige Staatssekretär die Zukunft daher darin, den Austausch von Daten für al-

le Behörden zu erlauben und dann selektiv negative Aspekte zu verbieten, die im Alltag zutage treten. Diese Reihenfolge sieht er als praktikabler an als die bisher übliche Praxis. Gleichzeitig erteilte Wewer auch der informierten Zustimmung als Hürde für die Datenfreigabe eine Absage, da das Internet der Dinge heute schon ohne dieses Prinzip funktioniere. Um den Bürger vor Datenmissbrauch zu schützen, solle der Staat stattdessen harte Strafen im Gesetz verankern, um gerade auch die großen Internetkonzerne von ihren Praktiken abzuhalten.

Malware bleibt fast ein ganzes Jahr

Neben den Problemen mit dem Datenschutz stellen die vielen Bedrohungsszenarien der ständig wachsenden Online-Kriminalität die öffentliche Verwaltung vor große Herausforderungen. In einer immer komplexeren digitalen Welt muss laut Dietmar Repges, Director Sales beim IT-Sicherheitsdienstleister Panda Security, eine moderne IT-Infrastruktur

Fluch und Segen

Steuerungs- und Strukturvorgaben für die öffentliche Verwaltung (BS/lkm) Die Digitalisierung in Wirtschaft und Verwaltung in Deutschland entwickelt sich unterschiedlich schnell. Das wird zunehmend zum Problem. Immer lauter werden daher die Forderungen, diesen Negativtrend durch stärkere Steuerungs- und Strukturvorgaben zu stoppen. Ein Fachforum hinterfragte den Sinn und die Notwendigkeit solcher Vorgaben für kommunale IT-Dienstleiser und ihre Partner.

die Grundlage für eine effiziente und sichere öffentliche Verwaltung bilden: “Immer mehr Prozesse wandern in den digitalen Raum. E-Payment, De-Mail und die Digitalisierung der Beschaffungsprozesse sind nur einige Themen, die aktuell von Bedeutung für die Digitalisierung des Öffentlichen Dienstes sind.”

Gleichzeitig werden aber auch die Bedrohungen immer größer und komplexer. Die Systeme müssen gegen Angriffe auf Netzwerke, Server und Endpoints und gleichzeitig gegen direkte Manipulationen durch Mail-Anhänge und USB-Sticks geschützt sein. Für Repges bedingen mehr Risiken und neue Technologien eine höhere Investitionsnotwendigkeit, um sich als Behörde vor Angriffen zu schützen. Einen besonderen Risikofaktor sieht der IT-Sicherheitsmann darin, dass die Erkennungslücke bei Infektionen immer größer wird und inzwischen bei durchschnittlich 256 Tagen liegt. Die anschließende Systembereinigung dauert zusätzlich durchschnittlich 82 Tage und führt dazu, dass Eindringlinge im Regelfall ein ganzes Jahr Zeit haben. “Wenn man dazu noch sieht, dass zwei bis acht Prozent aller Rechner in einem Unternehmen mit Malware infiziert sind, zeigt sich der dringende Handlungsbedarf bei der Prävention.” Repges Firma Panda Security bietet zu diesem Zweck eine neue Art von Malware-Entdeckungstechnik mit dem Namen EDR – Endpoint Detection and Response. Laut dem Panda-Mitarbeiter bietet sie eine bessere Analyse von Endpoints, basierend auf Verhalten, Machine Learning und Threat Hunting. Im Unterschied zu anderen Sicherheitslösungen verspricht Panda, dass ausschließlich voll vertrauenswürdige Prozesse ausgeführt werden und die Erkennungslücke durch eine Analyse eliminiert wird, die nahezu in Echtzeit vonstattengeht.

Chancen managen

Digitalisierung und Demografie

(BS/Prof. Dr. Frank Hogrebe*) Ganzheitliche Ansätze für durchgängig medienbruchfreie Prozesse in der Verwaltung 4.0 standen im Zentrum eines Fachforums. Tanja Krings, Leiterin der Fachgruppe Digitale Transformationsprozesse der Gesellschaft für Wissensmanagement, zeigte, wie wichtig Wissensmanagement für Kommunen im Kontext von Digitalisierung und Demographie ist.

Beate van Kempen, Leiterin des Produktmanagements Verbundlösungen beim IT-Dienstleiser des Landschaftsverbands Rheinland, LVR-InfoKom, berichtete über innovative Wege aus ihrer Verwaltungspraxis, so etwa von “Livetickern” aus der Geschäftsführersitzung. Sie machte gleichwohl auch deutlich, dass derartige “Liveticker”Nachrichten auch der Nachbereitung und Erläuterung bedürften. Im Ergebnis sei der persönliche Kontakt nach wie vor extrem wichtig – besonders in Zeiten der Digitalisierung und vor dem Hintergrund der vielfältigen technischen Möglichkeiten.

Reiner Breuer, Bürgermeister der Stadt Neuss, stellte in einem leidenschaftlichen Vortrag die Notwendigkeit der Einbeziehung und Beteiligung der Mitarbeiter besonders heraus. Digitalisierung sei ein “Change Management Prozess von der Spitze aus”, so Breuer. Sie bedeute Veränderung, die ohne

Einbeziehung der “Mannschaft”

nicht erfolgreich sein werde.

Dieser Prozess biete eine große Chance, insbesondere mit Blick auf die großen Herausforderungen der demografischen Entwicklung – mit bis zu 50 Prozent

Prof. Andreas Engel, IT-Leiter der Stadt Köln, machte dabei deutlich, dass das E-Government-Gesetz (EGovG) hier eine sehr positive Wirkung in der Verwaltungs-IT entfaltet habe. Es habe viel in Bewegung gebracht, sowohl bei den kommunalen ITDienstleistern wie auch in den Kommunen. Er warnte jedoch vor zu knappen Fristen, beispielweise im EGovG NRW. Die Zeitvorgaben seien meist unrealistisch und wenig zielführend. Sie würden nur dazu verleiten, mit Blick auf Erfolgsmeldungen die Anforderungen herunterzuschrauben, nur um Ziele zu erreichen. Kritik am Portalverbund: kontraproduktiv Deutlich kritisierte Prof. Engel auch den Portalverbund. Diese Vorgabe seitens des Bundes sei kontraproduktiv. Die Fixierung auf die Idee des Portalverbundes führe dazu, dass die Kräfte und knappen Ressourcen nicht auf die Digitalisierung der Verwaltungsdienste konzentriert werden könnten. Viel drängendere Probleme, wie die Entwicklung und Einführung von OnlineDiensten in der Verwaltung,

würden dagegen sträflich vernachlässigt werden. “Das Suchen und Finden von Verwaltungsdiensten scheint mir nicht das Hauptproblem der Nutzer zu sein, wenn Google verfügbar ist”, so Engel.

Länder haben Spielraum bei der E-Rechnung

Eine weiteres Beispiel, bei dem die Auslegung und Anwendung der Vorgaben, Verfahren eher verkompliziert, anstatt sie zu vereinfachen, sprach Ivo Moszynski, Fachberater bei Datev Business Solutions, an – die EU-Richtlinie 2014/55/EU. Sie verpflichtet die öffentliche Verwaltung, elektronische Rechnungen zu empfangen und zu verarbeiten.

Der Bund ging bei der Umsetzung der Richtlinie im E-Rechnungsgesetz jedoch über die Regeln der EU-Richtlinie hinaus. Verbindlich für die Bundesländer sind aber nur die Vorgaben der EU-Richtlinie. “Jedes Land kann sich jetzt aussuchen, wie es die Regelung umsetzt. Wir sind damit weit von der ursprünglich angestrebten Harmonisierung entfernt”, so Moszynski. “Für Bürger mag das zwar kein

großes Problem sein, aber für Unternehmen, die in mehreren Bundesländern aktiv sind, ist das ein großes Problem.” Wie es um die IT-Steuerung in der kommunalen Praxis steht, beleuchtete die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen (gpaNRW). Die Prüfungen in mehreren Städten und Gemeinden ergaben unter anderem, dass auf der Ebene der Verwaltungsführung IT oft nur formal verantwortet wird und Leistungsanforderungen an Auftragnehmer nicht immer definiert wurden. Ferner war die Transparenz bei den Ressourceneinsätzen und den erstreben Effekten unzureichend. In den Verwaltungen herrschte zudem die verbreitete Grundhaltung, dass mit der Auslagerung der IT-Bereitstellung auch die Verantwortung abgegeben werde. “Anforderungsgerechte, hinreichend sichere und sparsame IT ist ohne strategische IT-Steuerung kaum denkbar” betonte Michael Kuzniarek, Abteilungsleiter der gpaNRW. Die Verantwortung und die Verwaltungsführung für die strategische IT-Steuerung könne dabei nicht delegiert werden.

Besonderer Schutz für Bürgerportale

Ein ständiger Wettlauf gegen die Innovationskraft der Cyber-Kriminellen (BS/wim) Auf dem Weg zu digitalen Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung müssen weiter rechtliche Grundlagen zu Sicherheit und Datenschutz geschaffen werden, um den Behörden eine sinnvolle Umsetzung von derartigen Projekten zu ermöglichen. Dr. Bodo Karnbach, Vorsitzender der Geschäftsführung der IT-Kooperation Rheinland, sieht bei den Bürgern den klaren Wunsch nach digitalen Behördendiensten. Um einzelne Kommunen zu entlasten, wirbt er daher für die Einrichtung von Zweckverbünden: “Dabei kann man optimal Synergieeffekte mit einer lokalen Verankerung verbinden, die Vertrauen für die Bürger schafft.”

Dazu bieten diese Zweckverbünde laut Kernbach einen Nährboden für produktive Zusammenarbeit und eine hohe Interoperabilität durch gemeinsam entwickelte Standards. Dabei ist das Vertrauen in die kommunale Verwaltung hoch, ein Umstand, der Sicherheit und Datenschutz extrem relevant für diese Projekte macht: “Wir müssen auf die Daten extrem gut aufpassen, denn das digitale Verbrechen wird mit Diensten wie “Crime as a Service” problemlos einkaufbar und zusätzlich immer kundenorientierter.” Aus diesem Grund sieht

er massive Investitionen in die IT-Sicherheit der Behörden als unumgänglich an, um diesen Sicherheits-Wettlauf nicht zu verlieren.

In eine ähnliche Kerbe schlägt auch Frank Barthel vom IT-Sicherheitsdienstleister Fortinet. Seine Firma bietet Lösungen, um die öffentliche Verwaltung für die Zukunft aufzustellen und Bürgerportale und weitere öffentliche Angebote zu schützen: “Diese Portale sind besonders gefährdet, da dort Dateien hochgeladen werden können, welche potenziell mit Malware infiziert sein können.” Da bei solchen

Phänomenen die traditionelle reaktive Abwehr mit Virenscannern und Firewalls oft zu langsam ist, empfiehlt Barthel die Praxis des Monitorings, bei der ein Auftreten von verschiedenen Kombinationen von Ereignissen zum Aufspüren von verdächtigen Aktivitäten führt. Durch eine sogenannte Sandbox können dazu auch in E-Mails und auf USB-Sticks Programme virtuell geöffnet werden, um zu sehen, was die Anhänge tun. Führen diese in der Simulation Malware aus, wird diese in Mails direkt geblockt, um Schaden abzuhalten.

ServiceKonto.NRW

des Personals, welches in den nächsten zehn Jahren in Pension bzw. in Rente gehen werde.

Alexander Dörner, Ceyoniq Technology GmbH, spannte den Bogen zwischen Verwaltungsprozessen und der E-Akte. Dabei stellte er heraus, dass Rechtssicherheit die zentrale Komponente bei der Einführung der E-Akte und eines Dokumentenmanagement-Systems (DMS) sei – besonders mit Blick auf das ersetzende Scannen im Kontext der Langzeitarchivierung.

Die kluge Kombination von EAkte und E-Rechnung stand im Zentrum der Ausführungen von Thomas Berndtgen, MACH AG. Prozessmanagement- und -analyse stünden dabei immer mehr im Fokus der Kommunen. Ein guter Startpunkt sei daher die Bedarfsanalyse vor Ort mit einer Klassifikation der relevanten Prozesse.

*Prof. Dr. Frank Hogrebe, IVM², moderierte ein Fachforum zum Thema E-Prozesse.

Ein Traum wurde Wirklichkeit (BS/Wilfried Kruse*) In einem Fachforum stand das seit September in Betrieb genommene, gemeinsam von Land und Kommunen getragene ServiceKonto.NRW im Mittelpunkt.

Prof. Dr. Andreas Engel, ITLeiter der Stadt Köln und Geschäftsführer des KDN, sowie Dr. Thomas List, Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie, gaben einen umfassenden Einblick in die Funktion und Integration dieses neuen Authentifizierungsdienstes im Hintergrund für die “Online-Welt” der Zukunft.

Prof. Engel hatte das Thema bereits auf e-nrw 2015 als seinen “Traum” einer einfachen und komfortablen Authentifizierung und Identifizierung in der digitalen Welt skizziert, der nun mit der Freischaltung Wirklichkeit geworden ist. Sie warben intensiv dafür, das Konto, dass auch für Unternehmensservices mit einer 2. Stufe weiterentwickelt werden soll, nun mit möglichst vielen OnlineDiensten der Städte, Verwaltungen des Landes, der IT-Dienst-

leister zu füllen, damit es seinen Nutzwert für die Bürger im Jahr 2018 auch voll entfalten kann.

Dr. Stephan Klein, Geschäftsführer Governikus, Bremen, klärte insbesondere über die aktuell auf EU-Ebene laufenden Notifizierungsverfahren zu elektronischen Signaturen auf, auch mit Blick auf die eIDAS-Verordnung der EU. Erster akkreditierter Dienst mit höchstem Vertrauensniveau ist der deutsche Neue Personalausweis. Andere EU-Staaten ziehen jetzt, teils mit Signaturen auf geringerem Niveau, nach, wie z. B. Dänemark, wo ein Koppelmodell mit der Kreditwirtschaft angepeilt wird. Das ServiceKonto.NRW reiht sich nach seinen Ausführungen mit seinen Funktionalitäten und unterschiedlich möglichen Vertrauensniveaus in die schon vorhandenen Signaturlösungen ein, machen sie aber nicht

überflüssig. Kerstin Pliquett, Geschäftsführerin Citkomm services GmbH, stellte das “citkoPortal” des kommunalen ITDienstleisters aus Hemer vor, das im Frontend nachgefragte Bürgerdienste komfortabel und nutzerfreundlich bündelt und bereits im Sinne des nun gestarteten ServiceKonto.NRW mit seinen Funktionen als ein Pilot zukünftiger medienbruchfreier, elektronischer Prozesse bezeichnet werden kann. Sie wies darauf hin, dass es noch viel zu wenig durchgängige Prozesse und DMS gebe, in die auch entsprechend investiert werden müsste. Sie sieht die Digitalisierung zunehmen auch in der Politik “angekommen”.

*Wilfried Kruse, Fachlicher Leiter des Kongresses, moderierte das Fachforum zum Thema ServiceKonto.NRW.

Seite 34 Behörden Spiegel / Dezember 2017 e-nrw S034_BS12_All_dach
Dr. Göttrick Wewer, Staatssekretär a. D., fordert ein grundsätzliches Umdenken beim Thema Datenschutz, wenn das E-Government in Deutschland ordentlich funktionieren soll. Foto: BS/Giessen Digitalisierung sei Führungsaufgabe, so der Neusser Bürgermeister Reiner Breuer. Foto: BS/Giessen

Es braucht mehr

Qualität der E-Services muss besser werden (BS/Beate van Kempen*) Peter Klinger, Lehrbeauftragter der Fernuniversität Hagen, erwartet mehr als “Ermöglichungsgesetze” aktueller Machart von den Gesetzgebern. Der Druck und Anspruch an neue Qualitäten müsse sich deutlich in den Gesetzen widerspiegeln.

Dabei liegen mittlerweile beeindruckende Zahlen bzgl. E-Services vor. Klinger brachte einige Beispiele: 15 Millionen hoheitliche Dokumente wurden bisher über Behördennetze transportiert; 14,2 Millionen Abrufe im Meldeportal – 2017 werden ca. 17 Millionen Abrufe erwartet – und nicht zuletzt 372.000 Schwerlasttransportanträge wurden 2015 digital verarbeitet. Auf der anderen Seite seien nach wie vor nur geringe EService-Anwendungsszenarien für Bürger und Unternehmen vorhanden. Zudem sei die benötigte Infrastruktur wie bspw. Lesegeräte in den Unternehmen und Haushalten nur zu fünf Prozent im Einsatz. Das Fazit von Klinger war deutlich: “Die aktuellen Gesetze bilden lediglich eine Grundlage – für qualitativ hochwertige E-Services braucht es deutlich mehr!”

IT.NRW-Präsident Hans-Josef Fischer zeigte neue Möglichkeiten im Bereich der Statistiken auf. In Zukunft sollte es möglich sein, tagesaktuelle Werte bereitzustellen und nicht, wie aktuell noch praktiziert, im Statistischen Jahrbuch – einem Papierwerk (!) – Werte von vor zwei Jahren zu publizieren. Als IT-Dienstleister der Landesbehörden sieht Fischer darüber hinaus die Notwendigkeit, neue E-Services und Dienste selbst einzusetzen, zu testen und anzuwenden. Nur mit diesem Ausspruch des “eating your own dogfood” könnten eigene Erkenntnisse in die Beratung der Kunden wirksam einbezogen werden.

Besonders die Themen “EPayment und E-Rechnung” erfordern von den Kommunen neue Strukturen und Prozesse. Auf “e-nrw” widmete sich das von Prof. Dr. Frank Hogrebe, Geschäftsführer IVM2, moderierte Fachforum III: E-Payment und E-Rechnung – praxisorientierte Lösungen für das Land und die Kommunen in NRW – daher ausführlich diesen Themen. Neben Referenten aus Politik und Wirtschaft wurde das Fachforum auch durch Vertreter der Sparkassen NRW und der GiroSolution gestaltet.

Unter dem Thema “E-Government-Lösungen der Sparkassen-Finanzgruppe für die Kommunen in NRW” stellte Dr. Markus Hild, Geschäftsführer GiroSolution GmbH, Lösungen vor, die Sparkassen für Kommunen zur Bewältigung der digitalen Herausforderungen vorhalten. Wie die erfolgreiche Zusammenarbeit bei der Umsetzung von gesetzlichen Vorschriften in der Praxis erfolgen kann, wurde in den Vorträgen von Heinz-Peter Heggen, Sparkasse Krefeld, und Jonas Fischer, KRZ Niederrhein, dargestellt.

GiroSolution – zentraler Lösungsanbieter für Kommunen

Die Zahl der Kommunen, die ihren Bürgern Online-Services über ein Bürgerportal anbieten, nimmt stetig zu. GiroSolution bietet, als zentraler Zahlungsdienstleister der Sparkassen-Finanzgruppe für E-Government, zusammen mit den Sparkassen in NRW den Kommunen über die Bezahlplattform GiroCheckout die gängigen elektronischen Bezahlverfahren (z. B. paydirekt oder giropay) zur Integration in die Bürgerportale an. Im Vortrag hervorgehoben wurden die

Auf notwendige Voraussetzungen für die digitale Transformation ging Eckart Hagenloch von der BOC Group in seinem Vortrag ein. Demnach brauchen zu digitalisierende Prozesse valide Mengengerüste, gut strukturierte Beschreibungen inkl. Rollendefinitionen sowie fixierte Verantwortlichkeiten und Kompetenzen. Liege eine gewisse Prozessreife in Form von Sollprozessen vor, so könnten diese Beschreibungen wichtige Erkenntnisse dazu liefern, ob sich eine Digitalisierung überhaupt lohne. ThomasWalschvonSopraSteria wagte einen Blick in die Zukunft, in der selbstlernende Systeme Entscheidungshilfen für die Bewältigung der aktuell vorhandenen digitalen Herausforderungen liefern. Mithilfe intelligenter Systeme könne der ständig wachsenden Informationsflut begegnet werden. Denn mehr als 80 Prozent der vorhandenen Informationen lägen unstrukturiert vor. Damit vorhandener Papierüberflutung nicht digitale Überflutung folge, gelte es, vorhandene Muster in Daten zu erkennen und strukturierte Abläufe daraus zu generieren. Zukünftige “smarte Maschinen” könnten dabei insbesondere massenhaft anfallende Routinearbeiten wirksam elektronisch unterstützen.

*Beate van Kempen ist Leiterin Produktmanagement Verbundlösungen bei LVR-InfoKom, dem IT-Dienstleister des Landschaftsverbands Rheinland. Sie moderierte auf “e-nrw” ein Fachforum zum Thema “E-Services”.

Mehr Mut und neue Methoden

Wie Verwaltungsmodernisierung doch noch gelingen kann

(BS/lkm) Die öffentliche Verwaltung scheint bei der Digitalisierung nicht aus dem Knick zu kommen. In Nordrhein-Westfalen spricht man seit rund 15 Jahren über die Verwaltungsmodernisierung. Dennoch hat sich hier – im Vergleich zur Wirtschaft – wenig getan. Braucht es neue Ideen und veränderte Ansätze oder einfach mal den Mut, hier mehr zu wagen? Auf der Kongressmesse e-nrw wurden deutliche Worte für die ganze Misere der verschleppten Verwaltungsmodernisierung gefunden. Aber auch konstruktive Vorschläge und neue Ideen kamen zu Wort

“Die Digitalisierung der Verwaltung ist mehr, als von der Website ein PDF runterzuladen. Das konnte man schon 1990”, kritisierte Dominic Multerer. Der 26-jährige versteht sich selbst als Marketing-Querdenker, Macher und Digital Native. Er sprach auf der Kongressmesse für die mps public solutions gmbh. Die Entwicklung der Digitalisierung gehe in rasanten Schritten voran. “Die Kommune kann sich davor nicht sperren”, mahnte Multerer. In seinen Augen sei man noch lange nicht bei der Kommune 4.0 angekommen. “Die gibt es nicht!” Vielmehr stehe der Industrie 4.0 maximal eine Kommune 2.0 gegenüber. Kommunen, die im Wettbewerb zueinander um neue Bürger und damit Einkommenssteuerzahler stünden, würden heutzutage eher in eine neue Stadthalle als in die Digitalisierung investieren, um sich als Standort attraktiv zu machen. Das sei ein völlig falscher Ansatz. Als weiteres Beispiel führte der Koblenzer die Friedhöfe an. In vielen Städten würden diese noch mit Karteikarten geführt. “Wir wollen einen digitalen Personalausweis, aber schaffen noch nicht mal die Friedhöfe.”

Mehr Mut nötig

Digitalisierung sei nichts Böses, sie sei eine Chance, betonte Multerer. Wenn die Wirtschaft das hinbekomme, warum schaffe es dann nicht auch die Verwaltung? In Banken funktioniere beispielweise schon das Videoidentverfahren. Auch in der Verwaltung werde dieses Verfahren früher oder später

Dominic Multerer, Marketing- und Management-Querdenker, ging mit der Verwaltung hart ins Gericht. Man müsse mehr Mut

Einzug erhalten. “Wenn Sie nicht daran glauben, gehen Sie besser in Rente!”, forderte er seine Zuhörer auf. Man sollte in der Verwaltung den Mut haben, die Digitalisierung konsequent anzugehen. “Der, der langsam läuft ist immer noch schneller als der, der stehen bleibt”, so Multerer.

Vergleiche hinken

Nicht ganz so harsch ins Gericht mit der Verwaltung wollte Elisabeth Slapio, Geschäftsführerin der IHK zu Köln und dort Federführerin für das E-Government, gehen. Man dürfe hier nicht pauschal Behörden-Bashing betreiben. Bei Vergleichen zwischen Wirtschaft und Verwaltung müsse man fair bleiben. Das sei, als würde man Äpfel mit Birnen vergleichen. Auch Vergleiche mit dem digitalen Vorrei-

Partner der Kommunen

Elisabeth Slapio, Geschäftsführe-

E-Government

und

terland Estland würden hinken. Dort habe man Projekte auf der grünen Wiese beginnen können, während man in Deutschland alles an bestehende Strukturen anpassen müsse.

Weg vom klassischen

Wasserfall-Prinzip

Slapio sieht Hindernisse für die Digitalisierung der Verwaltung in den zu knapp vorhandenen Finanz- und Personalressourcen. Zudem dürfe man in der Verwaltung bei der Digitalisierung nicht mehr nach dem Wasserfallmodell vorgehen.

Dieses lineare (nicht iterative) Vorgehensmodell sei in aufeinander folgenden Projektphasen organisiert. Dabei gingen die Phasenergebnisse wie bei einem Wasserfall immer als bindende Vorgaben für die nächsttiefere Phase ein. “Man kann so nicht

Sparkassen stellen ihre Lösungen für das kommunale Umfeld vor (BS/Marc Börstinghaus/Rainer Pietsch*) Durch die zusätzlichen Vorgaben des E-Government-Gesetzes NRW werden Kommunen dazu angehalten, ihre Prozesse digitaler und nutzerfreundlicher zu gestalten. Gleichzeitig nimmt die veränderte Erwartungshaltung der Bürger sowie die zunehmende Digitalisierung starken Einfluss auf die Anforderungen, die eine Kommune ihren Bürgern gegenüber zu erfüllen hat. Das behördenspezifische Sparkassenportfolio hilft, diese neuen Herausforderungen zu meistern.

mehr arbeiten, die Zeit dafür haben wir nicht. Wir brauchen den Test beim Kunden”, betonte Slapio. Man müsse versuchen, den Wasserfall “zu lüften”. Marktund Produktentwicklung sowie Analyse müssten gleichzeitig erfolgen.

Kulturwandel wagen

Um erfolgreich die Digitalisierung anzugehen, dürfe die Verwaltung auch einen Kulturwandel nicht scheuen. Um Innovationen zu beschleunigen, müssten etablierte Unternehmen eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit jenseits der klassischen Hierarchien etablieren. Denken in Projekten und eine starke Vernetzung aller Mitarbeiter seien wichtig. Die Unternehmenskultur müsse auf Versuch und Irrtum ausgerichtet werden – nach dem Motto: Fehler dienen dem Erkenntnisgewinn, wenn sie denn frühzeitig genug erkannt werden. “Das gilt auch für die Kommunen”, so Slapio. Kommunen sollten zudem auch mehr Kooperationen wagen, rät die E-Governmentexpertin. Auch Unternehmen müssten bei digitalen Produkten oft eigene Kompetenzen mit denen externer Partner bündeln, um Neues entstehen zu lassen. Die Organisation müsse in die Lage versetzt werden, sowohl technisch, zum Beispiel über IT-Schnittstellen, als auch rechtlich schnell und unkompliziert solche Kooperationen einzugehen und sie bei Bedarf auch wieder aufzulösen. Besonders wichtig seien hier auch Kontakte zu innovativen Gründern.

wesentlichen Vorteile für Kommunen durch das Bereitstellen eines Online-Services zur Abwicklung von Behördengängen inklusive fallabschließender Online-Bezahlmöglichkeiten: mehr Komfort und Service für Bürger, Vereinfachung von Verwaltungsprozessen sowie Umsetzung von Gesetzesvorgaben für Kommunen. Neben dem E-Payment wird auch die elektronische Rechnung zunehmend mehr Einfluss auf das tägliche Handeln der Kommunen nehmen. Durch die kürzlich veröffentlichte Richtlinie zur E-Rechnung sind Kommunen verpflichtet, bis April 2020 elektronische Rechnungen empfangen und verarbeiten

zu können. Vorgestellt wurde die Lösung “S-Rechnungs-Service”, ein neues Angebot der GiroSolution, das in Zusammenarbeit mit den Sparkassen aufgebaut wird, um Kommunen die Umstellung auf elektronische Rechnungen zu erleichtern.

Durch den Einsatz von elektronischen Rechnungen ergeben sich für Kommunen neben hohen Kosteneinsparungspotenzialen beim Rechnungseingang und -ausgang weitere Vorteile, wie z. B. eine Verschlankung von Verwaltungsprozessen, Reduktionen von Fehlern bei der Erfassung und Verarbeitung von Rechnungen und damit verbundene Zeiteinsparungen. Gleichzeitig kommen

Kommunen auf dem Weg zur digitalen Kommune einen großen Schritt voran und setzen die Gesetzesvorgaben um.

Sparkassen-Konto als finanzielle Drehscheibe in NRW

Zu Beginn seines Vortrages stellte Heinz-Peter Heggen, Leiter Medialer Service bei der Sparkasse Krefeld, fest, dass das Bezahlen aus Sicht des Kunden bzw. des Bürgers ein Teil eines Prozesses sei. Dieser Prozess müsse so einfach wie möglich gestaltet werden. Die Lösungen der Sparkassen, wie z. B. paydirekt und giropay über das virtuelle Terminal “GiroCheckout”, würden diesen Ansprüchen gerecht. Ergänzend verwies Heg-

gen auf die vielfältigen Dienstleistungen der Sparkassen rund um die Kontoführung der Kommunen bei den Sparkassen. Als Beispiele nannte er den elektronischen Datenaustausch zur Reduzierung der Aufwände der “Offene-Posten”-Buchhaltung, die Bereitstellung von individualisierter ZahlungsverkehrsSoftware bzw. Terminals zur Kartenakzeptanz in den Bürgerbüros. Der Geschäftsführer des Kommunalen Rechenzentrums am Niederrhein (KRZN), Jonas Fischer, stellte den Teilnehmern im Fachforum zum Abschluss einen konkreten Praxisfall vor: Auch wenn die “Ortskenntnisprüfung für Taxifahrer” mengenmäßig eine eher untergeordnete Rolle bei den Kommunen spielt, konnte das Zielbild und das Prinzip des zukünftigen, medienbruchfreien Prozesses praxisorientiert vorgestellt werden. Die Liquidität der Zahlung wird bei allen Zahlverfahren dem Konto der Kommune bei der Sparkasse gutgeschrieben.

Verlässlicher Partner

für E-Government

Die enge Bindung zwischen kommunalen Institutionen und Sparkassen ermöglicht es, Lösungen bedürfnisorientiert zu entwickeln und anzubieten. Dadurch stehen die Sparkassen in NRW ihren Kommunen in diesen Themen als kompetenter Servicepartner zur Seite, der durch

seine regionale Nähe zusätzlich punkten kann. Auch in diesem Jahr fand der Sparkassenstand regen Zulauf. Viele Besucher aus den kommunalen Verwaltungen suchten das persönliche Gespräch am Stand, um sich über Produkte und Dienstleistungen der Sparkassen-Finanzgruppe auszutauschen und sich mit den angebotenen Lösungen vertraut zu machen.

Auch in Zukunft ein wichtiger Partner der Kommunen Die Sparkassen planen aktuell, den Identitätsdienst YES, eine Art Ausweis im Internet über die Online-Banking-Zugangsdaten, einzuführen. Auch hier bieten sich Möglichkeiten für die Kommunen, den Bürgern einen einfachen und sicheren Weg für den Zugang zu Dienstleistungen zu ermöglichen.

Gemeinsam stark: Die Herausforderungen, die der digitale Wandel und neue Gesetzesvorschriften mit sich bringen, lassen sich mit einem starken Partner an Ihrer Seite leichter meistern. Deswegen stehen die bewährten Berater Ihrer Sparkasse vor Ort jederzeit bei allen Fragen rund um das Girokonto und weiteren behördenspezifischen Lösungen gerne zur Verfügung. Unterstützt werden die Sparkassen dabei von Experten aus der Sparkassen-Finanzgruppe, die mit ihrem spezifischen Wissen Lösungen für die kommunalen Anwender entwickeln – federführend durch die GiroSolution.

*Marc Börstinghaus arbeitet für den Sparkassenverband Westfalen-Lippe, Rainer Pietsch für den Rheinischen Sparkassenund Giroverband.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 35 e-nrw S035_BS12_All_cl
haben und Digitalisierung endlich wagen. Die Sparkasse war auf e-nrw nicht nur in einem Fachforum, sondern auch in der begleitenden Ausstellung und im Plenum vertreten. Fotos: BS/Giessen rin Fachfrau für bei der IHK zu Köln, gab den Verwaltungen konkrete Tipps auf dem Weg zur Digitalisierung an die Hand. Fotos: BS/Giessen

Einen kleinen politischen Einblick in den Stand der IT-Konsolidierung des Bundes gab Dr. Reinhard Brandl (CSU). Der Bundestagsabgeordnete hat als Mitglied des Haushaltsauschusses das Gesamtprojekt von Beginn an begleitet. In den letzten zwei Jahren sei man durch gute Zusammenarbeit von Regierung und Parlament deutlich vorangekommen, so Brandl. Ein positives Zeichen sei, dass vonseiten der Kunden in der Bundesverwaltung nicht mehr gefragt würde, ob die Konsolidierung überhaupt nötig sei. “Ich werde jetzt danach gefragt, wann Schritte erfolgen und wie genau sie umgesetzt werden sollen”, berichtete Brandl. Der Haushalt für 2018 stehe, allerdings schaffe die Verzögerung bei der Regierungsbildung derzeit eine gewisse Unsicherheit.

“Im März 2018 wird jedenfalls der nächste Fortschrittsbericht der Bundesregierung erwartet. Auf dessen Basis wird über neue Finanzmittel entschieden”, so der Bundestagsabgeordnete. Bisher würde die IT-Konsolidierung eine Milliarde Euro kosten und sei das größte Konsolidierungsprojekt der Bundesrepublik.

ITZBund: zwei Pilotprojekte

konsolidiert

“Wir haben eine langjährige Erfahrung darin, den sicheren Betrieb zu gewährleisten”, sagte Dr. Alfred Kranstedt, Direktor des ITZBund. Auch wenn der IT-Dienstleister erst 2016 aus seinen Vorgängern entstanden sei, so habe es seitdem zwei Pilotprojekte bei der Migration von IT gegeben – die Bundeszentrale für Politische Bildung sowie das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie. Als nächstes werde die IT der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung konsolidiert, welche eine große Herausforderung darstelle, da die

Wie schon zwei Jahre zuvor bei der ersten Ausgabe präsentierte msg zentrale Ergebnisse des Studienbands 2017 “IT-Konsolidierung und Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung” auf einem Politischen Abend des Behörden Spiegel. Der analoge Kernaufbau der Studien erlaubt Vergleiche und gibt Hinweise darauf, an welchen Punkten Fortschritte gemacht wurden und wo sich Sichtweisen verändert haben.

Während die Studie von 2015 sich insgesamt aber mehr auf die Ebene der Rechenzentren fokussiert hat, rückt bei der diesjährigen Ausgabe die Digitalisierung in den Mittelpunkt. Damit werde auch dem Fortschreiten der IT-Konsolidierung Rechnung getragen und der Blick stärker nach vorne gerichtet. Denn die Zusammenführung und Konzentration der IT-Systeme sei letztlich Grundlage für eine erfolgreiche Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung.

Alte und neue Sorgen

In einem zentralen Kapitel der Studie werden Herausforderungen auf Grundlage einer Befragung von Fachbehörden in Bund, Ländern und Großstädten - d. h. den Bedarfsträgern und Kunden der DLZ - identifiziert. Zu den größten fachlichen Herausforderungen gehören wie auch schon 2015 die elektronische Archivierung sowie Aktenführung und die Umsetzung von sich rasch wandelnden politischen Entscheidungen. Auf technischer Seite standen vor allem IT-Sicherheit und Datenschutz im Fokus. In Ländern

Zwei Generäle und ein Spezialist

Wie drei Behörden die IT-Konsolidierung vorantreiben

(BS/ab/stb) Das ITZBund sowie die BWI gelten als die beiden Generalunternehmen der IT-Konsolidierung des Bundes. Das Auswärtige Amt hingegen ist für die Auslands-IT zuständig und bringt dieses Wissen mit ein. Aus dieser Mischung ergibt sich die Chance auf eine fruchtbare Zusammenarbeit, um die Digitalisierung in den Behörden fest zu verankern.

IT-Dienstleister

Server und ihre Informationen zum Teil an schwer zugänglichen Orten liegen würden, so der ITZBund-Direktor. “Aber wir kennen die Strukturen der Behörde und betreten kein völliges Neuland”, betonte Kranstedt Bezüglich des notwendigen Personals bei den geplanten Projekten sei er sich bewusst, dass es schwierig sei, dieses zu akquirieren. Jedoch, so der Direktor, sei bei der Suche nach qualifizierten jungen Mitarb eitern die bundesweite Aufstellung des ITZBund von Vorteil –insbesondere dort, wo die Wirtschaft nicht suchen würde.

BWI – der wirtschaftsnahe Konsolidierer

Die BWI GmbH ist nach dem Ende des zehnjährigen ÖPP-Projektes Herkules, dem seinerzeit größten in Europa, seit Ende Dezember 2016 als hundertpro-

zentige Gesellschaft des Bundes für die nicht-militärische IT-Infrastruktur der Bundeswehr verantwortlich. “Diese Erfahrungen, das Wissen und die Strukturen kann der Bund jetzt für sich nutzen”, sagte Ulrich Meister, Vorsitzender der Geschäftsführung der BWI. Gewissermaßen als Pilotprojekt diente in diesem Jahr die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS),

anhand derer Abläufe etabliert werden konnten. “Wir möchten nicht warten, bis die IT-Konsolidierung in anderen Behörden ansteht, sondern proaktiv handeln”, äußerte sich Meister zu den Zielen der BWI. Demnach würden 2018 acht Behörden dienstleistungstechnisch von der BWI betreut werden. 2020 sollen es 20 Behörden sein. Der Geschäftsführer betonte: “Eine rechtzeitige

IT-Konsolidierung ist wichtig, denn durch sichere Abläufe und sichere IT-Strukturen kann eine größere Stabilität erreicht werden.” Mit Blick auf die Personalgewinnung verspricht sich die BWI Vorteile dadurch, dass sie keine Behörden sondern ein U nt ernehmen ist. “In der IT-Industrie liegt das Durchschnittsalter bei 42 Jahren, wir liegen mit 45 Jahren knapp darüber. Aber wir nehmen Kurs darauf”, äußerte sich Meister optimistisch.

gungsbreite als auch -tiefe vollbringen kann. Wo keine ausreichende Infrastruktur verfügbar ist, können wir diese unabhängig von anderen IT-Dienstleistern schaffen.” Das Auswärtige Amt könne Georedundanz anbieten und plane ab 2019 digitale Ausweichsitze. Diese würden die Handlungsfähigkeit der Regierung im Notfall sichern. “Hierfür sind unsere Kenntnisse in der Krisenfrüherkennung sehr weit fortgeschritten. Die teilen wir sehr gerne mit anderen Dienstleistern”, betonte Egyedy. Das Auswärtige Amt könne eine gute Ergänzung zu den beiden Generalunternehmen darstellen, weil es technologisch entweder sehr weit vorne oder thematisch sehr tief in der Materie sei. Der Grund für den anderen Weg, den das Ministerium genommen hat: “Wir mussten keine Deadlines einhalten, wir mussten nichts anbieten, sondern nur überprüfen, was wir anbieten können und welchen Bedarf es gibt”, resümierte der stellvertretende Leiter der IT-Gruppe.

Einer für alle und alle für ein Ziel

“Georedundanz sichert die Handlungsfähigkeit der Regierung.”

Der Spezialist: Das Auswärtige Amt

Dr. Reinhard Brandl informierte über den aktuellen Stand und nächste Schritte bei der IT-Konsolidierung des Bundes.

Die Ausrichtung möge zwar im Ausland liegen, aber das Auswärtige Amt sei in krisensicherer IT geschult, so Sven Egyedy. Der stellvertretende Leiter der IT-Gruppe und Chief Technology Officer (CTO) fuhr fort: “Wir haben eine Personalstruktur, die sowohl die komplette Ferti-

Vom IT-Betreiber zum innovativen Dienstleister

Kundenorientierung und Personalmarketing als Erfolgsfaktoren

(BS/stb) Die Konsolidierung in den IT-Landschaften der öffentlichen Verwaltung soll die Erfüllung der staatlichen Aufgaben wirtschaftlicher und stabiler gestalten helfen. Sie ist Fundament für die Digitalisierung in der Tiefe und für wirksames E-Government. Mit der Konsolidierung von Rechenzentren und Diensten ist es aber nicht getan. Die IT-Dienstleistungszentren (DLZ) müssen sich noch stärker zu serviceorientierten Innovationstreibern entwickeln. Diese und weitere Erfolgsfaktoren für die Zukunft nennt eine aktuelle Studie von msg zur Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung..

Trotz eines straffen Programms bot der Politische Abend genügend Raum für Austausch unter den rund 100 Teilnehmern. Fotos: BS/Dombrowsky

und Großstädten werden häufig fehlende finanzielle Ressourcen als Top-Herausforderung genannt. Die DLZ übernähmen zunehmend den Betrieb der Netze – vor allem auf Ebene der Kommunen und Länder sei die Konsolidierung hier schon weit fortgeschritten, wie Werner Achtert Geschäftsbereichsleiter Public Sector Business Consulting bei msg, erklärte. “Die Entwicklung von Fachanwendungen wollen viele Behörden aber nicht abgeben, weil sie das fachliche Know-how behalten wollen.” Der Nachteil sei eine Zersplitterung, durch die Potenzial für Effizienzgewinne verspielt werde. Für die nächsten zwei Jahre werde von

Behördenseite eher eine Verlagerung von Basisanwendungen sowie Beratungsleistungen an DLZ geplant, berichtete Achtert Ähnlich wie in der Wirtschaft gebe es zwei zentrale Motive für die Auslagerung: einerseits höhere Sicherheit und Verfügbarkeit, andererseits damit einhergehend die Möglichkeit, sich auf die eigenen Kernaufgaben konzentrieren zu können.

Erstmals wurde für die diesjährige Studie auch eine Befragung von Vertretern der öffentlichen Verwaltung durchgeführt. Sie teilten ihre Ansichten darüber mit, welche Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung geschaffen werden

sollten. “Die behördenübergreifende Zusammenarbeit wird oft vermisst”, sagte Jürgen Fritsche, Leiter der Branche Public Sector bei msg Die Befragten forderten eine technische Vernetzung von Fachverfahren und Registern sowie eine Verbesserung des ressort- und länderübergreifenden Informationsaustausches zwischen den Behörden. Eine Steigerung des Automatisierungsgrades von Verwaltungsprozessen werde für notwendig erachtet, berichtete Fritsche. So ließen sich Laufzeiten und Kosten senken. Insgesamt fehle den Befragten zufolge ein Unterbau für das Programm- und Projektmanagement, um die Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben übergreifend koordinieren zu können.

Der Kunde im Fokus Den Teilnehmern der Abendveranstaltung wurden Thesen präsentiert, die Anstoß für Diskussionen über die nötigen Weichenstellungen für den Fortgang der Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung waren.

Betont wurde unter anderem die Notwendigkeit einer klaren Orientierung der DLZ an den Bedarfsträgern. “Die Dienstleistungszentren müssen stärker von der Kundenperspektive her

Forderte ein intensives Personalmarketing bei IT-Dienstleistern und in der öffentlichen Verwaltung: Jürgen Fritsche, Leiter der Branche Public Sector bei msg.

denken und Service und Qualität sicherstellen”, forderte Fritsche. Das umfasse Transparenz bei der Leistungserbringung und den Kosten, Verbesserung bei der Reaktionsgeschwindigkeit und einen direkten, kundenorientierten Service.

Ein weiteres grundsätzliches

Problem, das nicht nur die DLZ, sondern die öffentliche Verwaltung ingesamt betreffe, die Schwierigkeit, Personal mit ITExpertise zu gewinnen – nicht zuletzt, weil in der heutigen Ausbildung von Verwaltungspersonal E-Government keine Rolle spiele, wie Fritsche kritisierte. Um dem Fehlen von IT-Fachkräften begegnen zu können,

Sven Egyedy

“Die Dienstleister treffen sich alle sechs bis acht Wochen, um sich über Projekte und mögliche Zusammenarbeit auszutauschen”, erklärte Meister. Kranstedt ergänzte: “Die Leistungen müssen organisiert und in einem gemeinsamen Katalog festgehalten werden. Die Arbeit braucht eine fachliche Unterteilung.”

Insbesondere der Service stehe im Vordergrund: Unabhängig, ob Leistungsanfragen an das ITZBund, die BWI oder das Auswärtige Amt gingen, diese müssten an den entsprechenden Dienstleister weitergebracht werden. So soll ein schlüssiges Gesamtportfolio von Produkten und Dienstleistungen für die Bundesverwaltung entstehen.

brauche es ein durchdachtes und umfassendes Personalmarketing, so Fritsche. Arbeitsbedingungen sollten attraktiv gestaltet und das Image der Verwaltung verbessert werden. “Die Wirtschaft stellt sich geradezu auf den Kopf, um gute Kräfte zu gewinnen. Die Verwaltung und die Dienstleistungszentren bemühen sich noch zu wenig”, sagte Fritsche, wies aber auch auf positive Ausnahmen wie die Bundeswehr hin. Auf besondere Chancen für die Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung wies msg-Vorstandsmitglied Dr. Stephan Fronhoff hin, wenn die IT-Dienstleister sich aus ihrer zentralen Funktion heraus als Innovationstreiber aufstellen könnten. In dem Zusammenhang brachte er das Konzept von Innovation Labs ins Spiel. In kreativem Umfeld könnten neue Ideen abteilungs- oder gar institutionenübergreifend entwickelt werden. Technologien zur Automatisierung und Datenanalyse auf Basis Künstlicher Intelligenz könnten dort in freier und dynamischer Atmosphäre anwendungsorientiert erprobt. werden. In der Wirtschaft habe man damit bereits gute Erfahrungen sammeln können.

DLZ-Studie

Der vollständige Studienband 2017 “IT-Konsolidierung und Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung” von msg kann hier werden: https://www.msg.group/publicsector/studie

Seite 36 Behörden Spiegel / Dezember 2017 IT-Konsolidierung S036_BS12_All_dach
“Wir möchten bei der IT-Konsolidierung proaktiv handeln.”
Ulrich Meister
Die Vertreter der des Bundes stellten ihr Angebot vor: (v.l.n.r.) Dr. Alfred Kranstedt (ITZBund), Sven Egyedy (Auswärtiges Amt), Ulrich Meister (BWI). Fotos: BS/Dombrowsky

K O mpetenzzentrum Ö FF entl I che I t (ÖFI t )

Monatliche Themenseite in Kooperation mit:

Dezember 2017

beim Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme

Digitale Souveränität – nur Kooperation führt zum Ziel

Digitale Souveränität ist die Summe aller Fähigkeiten und Möglichkeiten von Individuen und Institutionen, ihre Rolle(n) in der digitalen Welt selbstständig, selbstbestimmt und sicher ausüben zu können.

Praktischer betrachtet gehören dazu beispielsweise Datensouveränität, effiziente IT-Nutzung, Informationssicherheit oder auch Informationsfreiheit – und natürlich die Beherrschung digitaler Kerntechnologien als Voraussetzung, um die Digitalisierung der Gesellschaft mitzugestalten und faire Chancen in einer digitalen Welt zu haben.

Viele Teile ergeben erst das große Ganze

Die digitale Souveränität umfasst technische Kenntnisse und Handlungswissen, ist aber ebenso auf regulative, edukative, technische und organisatorische Unterstützung angewiesen. Die gesellschaftlichen Gruppen, die sich mit Ihr beschäftigen, wie Wirtschaftsverbände, Bildungsorganisationen oder Forschungsinstitute, betrachten oft nur einen Ausschnitt, wodurch ihnen Chancen, Möglichkeiten und synergetische Lösungsansätze, aber auch Regulierungsund gesellschaftlicher Handlungsbedarf entgehen können. Datensouveränität umfasst die Entscheidungskompetenz und die faktische Mög-

lichkeit, Daten selbstbestimmt, rechtskonform und sicher anderen verfügbar zu machen oder diesen zu verweigern. Das erfordert Wissen darüber, welche Daten wozu notwendig sind oder benutzt werden können und welche Rechte und Pflichten für die Erhebung, Speicherung, Übermittlung, Verarbeitung und Weitergabe bestehen. Ebenso ist angesichts des umfassenden Datensammelinteresses vieler Akteure eine klare, zeitgemäße Regulierung dieser Datenverarbeitung erforderlich. Mit der 2018 in Kraft tretenden europäischen

Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) wird in der EU erstmals ein einheitlicher Rechtsrahmen für die Verarbeitung personenbezogener Daten existieren. Da heute bereits Vorschulkinder “digital unterwegs” sind, muss die entsprechende Bildung ebenso früh einsetzen, zudem sollte das Bewusstsein für den Schutz personenbezogener Daten von Kindern und Jugendlichen gestärkt werden. Mit Informations- und Kommunikationssicherheit müssen sich sowohl Privatpersonen als auch Organisationen

auseinandersetzen, insbesondere wenn personenbezogene Daten gespeichert, übermittelt oder verarbeitet werden. Ein weiterer Themenkomplex in diesem Zusammenhang ist die Kryptografie. Während für den direkten Austausch sensibler Daten – beispielsweise mit Banken – standardisierte Transportverschlüsselung genutzt wird, ist ein nutzerfreundlicher Versand vertraulicher E-Mails aus verschiedenen Gründen nach wie vor nur innerhalb von Anwendungsinseln möglich. Informationsfreiheit und -verfügbarkeit stellen eine weitere Facette der digitalen Souveränität dar: Um sich umfassend und sachlich informieren zu können, müssen vielfältige, aktuelle Daten – beispielsweise auch von öffentlichen Einrichtungen – zur Verfügung gestellt werden. Dies erfordert Aufwand von den Bereitstellern, tangiert aber auch die Ausbildung und die Ausstattung der Nutzer. Zur Informationsfreiheit gehören ebenso Fähigkeiten und Möglichkeiten, sich in der digitalen Welt angemessen zu artikulieren, wozu wiederum die öffentliche Hand, z. B. durch Bildungsangebote und Online-Beteiligungsplattformen, beitragen muss.

Schlüsselrolle der digitalen Bildung

Alle Aspekte der IT-Nutzung, von der effizienten Techniknutzung bis zur Medienkompetenz, sollten unmittelbare Inhalte der öffentlich gesteuerten Bildung sein und das Gelernte durch den Gebrauch bei anderen Bildungsinhalten vertieft werden. Ob jeder Schüler auch programmieren können muss, ist umstritten, gewisse technische Logiken, Konzepte und Architekturen sind für ein digitales Grundverständnis

allerdings hilfreich. IT-Produzenten und -Dienstleister stellen einen wesentlichen Faktor für digitale Souveränität dar, wenn ihre Angebote nutzer- und konfigurationsfreundlich sind und sichere Abläufe unterstützen. Dazu sind auch Sicherheitsupdates unerlässlich, obgleich gerade diese aufgrund der stetig zunehmenden Zahl mobiler Endgeräte und von Geräten im Internet der Dinge zu einer Herausforderung werden.

Europa braucht mehr Einheitlichkeit Europäische IT-Produzenten und -Dienstleister – oft kleine und mittelständische Unternehmen – sehen sich nicht nur etablierten Anbietern mit großen Heimatmärkten gegenüber, sondern nach wie vor auch unterschiedlichen individualstaatlichen Regeln im europäischen Wirtschaftsraum, die den Markterfolg behindern. Neben der weiteren Vereinheitlichung können auch die Förderung von Forschungs- und Standardisierungsvorhaben und die Beschaffung interoperabler, auf offenen Standards basierender Produkte die Situation positiv beeinflussen. Gerade wegen der schnellen technischen Entwicklung ist ein intensiver Austausch zur Gestaltung der Digitalisierung und der Umsetzung gesellschaftlicher Werte in der globalen digitalen Welt zwischen Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik, zwischen Nutzern, Anbietern und Rahmengebern erforderlich.

Mehr dazu können Sie in der neuen ÖFITPublikation “Digitale Souveränität” lesen. Diese finden Sie zum Download unter www.oeffentliche-it.de/publikationen

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 37 ÖFIT S037_BS12_All_cl
Einzelpersonen, Unternehmen und öffentliche Verwaltung, IT-Anbieter und das Gemeinwesen sind gleichermaßen betroffen.
Digitale Souveränität ist zu komplex und vielschichtig, um sie im Alleingang zu erreichen. Foto: BS/bonoflex, pixabay.com

Behörden Spiegel: Herr Präsident, wir reden immer mehr über “digitale Märkte”. Was sind die kartellrechtlichen Herausforderungen gegenüber den “analogen Märkten”?

Mundt: Es gibt sowohl juristisch als auch ökonomisch eine ganze Reihe von neuen Fragen.

In der digitalen Welt finden wir Kriterien vor, beispielsweise für Marktmacht, die es so in der Offlinewelt nicht gibt. Die Beurteilung von Fällen muss deshalb in diesem Bereich oft anderen Parametern folgen. Da müssen wir Kartellrechtler uns von der alten Vorstellung lösen, dass es auf einem Markt stets mehrere Unternehmen gibt, die sich durch ihre natürliche Konkurrenz und den Wettbewerb untereinander gegenseitig in Schach halten.

Ordnungspolitischer Grundgedanke ist es, dass der Konkurrenzkampf dafür sorgt, dass die wirtschaftliche und auch die politische Macht einzelner Unternehmen nicht zu groß werden. Das funktioniert in der von Monopolen und Oligopolen geprägten Onlinewelt so nicht mehr.

Einzelne Plattformen wachsen aufgrund von Netzwerkeffekten rasend schnell und verdrängen ihre Wettbewerber. Später kann dann noch allenfalls ein etabliertes von einem innovativeren Unternehmen abgelöst werden und das Spiel beginnt von vorne. Die Welt der Plattformen ist dabei durchaus effizient und bringt viele Vorteile für die Nutzer. Wir alle nutzen ja ständig kostenfreie Angebote wie E-Mail-Accounts oder freien Zugang zu Presseberichten im Internet, die aufgrund der

Der Wettbewerb der Zukunft

Bundeskartellamt kämpft für fairen Markt – auch in der digitalen Welt

(BS) Seit gut einem Jahrzehnt entwickelt sich die globale Wirtschaft massiv in Richtung der digitalen Zukunft. Unternehmen wie Facebook oder Google beherrschen heute mit ihrer Macht die Märkte und können dabei scheinbar oft agieren, wie es ihnen gefällt. Im Interview mit dem Behörden Spiegel zeigt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts in Bonn, wie die Wettbewerbshüter mit den neuen digitalen Herausforderungen umgehen und dass auch die Big Player der New Economy sich an geltendes Recht halten müssen. Das Gespräch führten R. Uwe Proll und Wim Orth.

gesammelten Daten auch noch sehr gut auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten sind. Wettbewerblich hat das alles aber natürlich auch eine Kehrseite.

Die Daten, die die Unternehmen sammeln, können Voraussetzung dafür sein, dass ich auf dem Markt überhaupt bestehen kann. Newcomer haben es dann schwer. Auch besteht die Gefahr, dass Plattformen, die zunächst nur als Vermittler aktiv sind, selektiv die Geschäftsmodelle anderer Firmen übernehmen. Man sieht unschwer, dass die digitalen Märkte nach anderen Kriterien als eine Bäckerei funktionieren. Es gelten digitale Gesetze und die sind anders als in der Offlinewelt.

Behörden Spiegel: Wenn man Ihre Aufgaben nur auf die Wettbewerbskontrolle reduziert: Welche Rolle spielen die realen Märkte gegenüber den digitalen?

Mundt: Das kann man nicht mehr scharf trennen. Die gesamte Wirtschaft ist oder wird digital. Die großen Internetplattformen machen es vor, aber auch alle anderen Wirtschaftszweige digitalisieren sich. Ob das die Vermittlung von Hotelzimmern oder die Bestellung von Autos ist.

Andreas Mundt, seit 2009 Präsident des Bundeskartellamts, scheut sich mit seiner Behörde nicht vor Auseinandersetzungen mit den großen IT-Unternehmen wie Facebook oder Google.

Foto: BS/Bundeskartellamt

“In der digitalen Welt finden wir Kriterien vor, die es so in der Offlinewelt nicht gibt.”

Das ist ein Querschnittsthema, das jede Abteilung in unserer Behörde betrifft. Unsere Abteilungen sind nach Branchenzuständigkeiten aufgeteilt wie Bau, Lebensmittel oder Gesundheit. Die Abteilungen sind wie die einzelnen Branchen unterschiedlich stark von der Digitalisierung betroffen, aber alle müssen sich damit auseinandersetzen.

Besonders intensiv beschäftigt sich die sechste Beschlussabteilung mit diesen Themen, die schwerpunktmäßig mit den großen Plattformen wie Google, Amazon, Facebook, Apple und anderen befasst ist. Aber auch die Abteilung für Tourismus

und Gastgewerbe muss sich mit den Buchungsportalen Booking oder HRS beschäftigen. Da stellen sich am Ende ähnliche Fragen. Der digitale Markt ist grundsätzlich ein Thema für das ganze Haus, und alle müssen sich damit auseinandersetzen.

Behörden Spiegel: Einige Rechtsbereiche sind durch digitale Entwicklungen an ihre Grenzen gestoßen. Unser Völkerrecht erfasst zum Beispiel nicht mehr alle Prozesse, die heute digital ablaufen. Reichen die rechtlichen Instrumentarien für die Betrachtung im digitalen Bereich noch aus, oder brauchen wir ein digitales Völkerrecht?

Mundt: Meines Erachtens mangelt es oft an einer konsequenten Übertragung der bestehenden Regeln aus der Offline- in die Onlinewelt, denn da gibt es fast immer Parallelen. Um ein Beispiel zu geben: Beleidigung oder Mobbing wird in der Offlinewelt geahndet. In der Onlinewelt wird das Recht dagegen oft nicht mit der gleichen Konsequenz durchgesetzt, vielleicht auch, weil der Rechtsbruch über die Massenmedien häufiger vorkommt und die Verfolgung schwieriger ist. Aber es ist nicht so, dass die rechtlichen Vorschriften nicht passen. Wir haben uns stattdessen in der Onlinewelt an ein bisschen “Wilder Westen” gewöhnt. Bezogen auf das Wettbewerbsrecht wenden wir die Vorschriften auch auf die Prozesse in der Onlinewelt an. Da das Wettbewerbsrecht ein atmendes Recht ist, das sehr flexibel Sachverhalte erfasst, können wir viele digitale Fälle auch problemlos mit dem bestehenden Wettbewerbsrecht lösen. Wettbewerbsrecht ist so ausgerichtet, dass man ökonomische Veränderungen nachvollziehen kann. Zusätzlich konnten wir erreichen, dass die Praxis, die wir schon eine Weile umsetzen, mit der letzten Novelle des Kartellgesetzes ihren Weg in das Gesetz gefunden hat.

Behörden Spiegel: Können Sie da ein Beispiel geben?

Mundt: Mit der jüngsten Novelle des Kartellrechts wurden neue Parameter für die Beurteilung von Marktmacht, wie zum Beispiel Netzwerkeffekte, die es bei allen digitalen Plattformen gibt, ins Gesetz aufgenommen. Facebook ist so attraktiv für viele Menschen, weil sie dort auch ihre Freunde vorfinden. So ziehen sich die Nutzer dieses Sozialen Netzwerkes gegenseitig an. Das sind sogenannte direkte Netzwerkeffekte, die es in dieser ausgeprägten Form in der realen Welt nicht gibt. Im Grunde entwickelt sich dort eine Art Schneeballsystem, das dazu führt, dass sich die Plattformen zu Monopolen auswachsen. In der wettbewerbsrechtlichen Bewertung eines Unternehmens sind Netzwerkeffekte daher einer der entscheidenden Parameter.

Außerdem spielt die Sammlung von Daten eine wichtige Rolle. Mithilfe der Daten lernen die Plattformen die Präferenzen der Nutzer besser kennen und können dadurch ihren Service und ihre Qualität stark verbessern. Das trägt wiederum zum Wachstum dieser Plattformen bei. Newcomer, ohne Zugang zu den Daten, haben es noch schwerer, wirksame Konkurrenz aufzubauen. Solche und weitere internetspezifische Aspekte stehen jetzt auch im Gesetz. Das erleichtert uns die konkrete Anwendung in der Praxis.

Behörden Spiegel: Sie haben im vergangenen Jahr einen Think Tank eingerichtet. Welche Aufgaben hat er und wie erfolgreich war das Projekt?

Mundt: Der Think Tank Internetplattformen hatte mehrere Aufgaben: Analyse der wissenschaftlichen Grundlagen und der vorhandenen Erkenntnisse, Erarbeitung von theoretischen Grundlagen, Vorschlägen für

die Gesetzgebung sowie eines eigenen Ansatzes für die praktische Anwendung und schließlich die Anwendung unserer Konzepte in konkreten Fällen. Das hat sehr gut funktioniert.

Behörden Spiegel: Sie wenden in vielen Fällen kein rein deutsches, sondern europäisches Wettbewerbsrecht an. Wie funktioniert das und inwieweit sind die beiden Gesetzeswelten deckungsgleich?

Mundt: Das trifft jedenfalls für die Kartell- und Missbrauchsfälle zu, in der Fusionskontrolle wenden wir deutsches Recht an. Im Bereich der Kartell- und Missbrauchsfälle ist das Recht zu großen Teilen deckungsgleich, aber nicht identisch. Im Wettbewerbsrecht gibt es die eigentümliche Situation, dass alle Wettbewerbsbehörden der 28 EU-Länder und die EU-Kommission einheitliches Recht anwenden. Das geht zurück auf eine Verordnung aus dem Jahr 2003, nach der europäisches Recht dann anwendbar ist, wenn eine Wettbewerbsbeschränkung gemeinschaftsweite Bedeutung hat. Das ist häufig der Fall. Es kommt dabei nämlich nicht auf den Standort der Handelnden an, sondern auf die wirtschaftliche Auswirkung. Ein Kartell in BadenWürttemberg kann daher eine aus gesamteuropäischer Sicht bedeutende Wirkung entfalten, weil die Region wirtschaftlich so potent ist. Im Rahmen des europäischen Netzwerkes der Wettbewerbsbehörden sind wir europaweit mit allen Schwesterbehörden vernetzt und arbeiten sehr eng mit den anderen Ländern zusammen. Ziel ist es auch, in ähnlichen Fällen zu vergleichbaren Ergebnissen zu kommen.

Behörden Spiegel: Wenn Sie bei den Digitalmärkten hauptsächlich EU­Recht umsetzen, müssten dann nicht Bestandteile aus dem deutschen GWB in das EU-Recht einfließen?

Mundt: Das EU-Recht ist sehr flexibel und nicht so präzise wie das deutsche Recht. So kann manches, was im deutschen Recht normiert ist, auch für das europäische Recht fruchtbar gemacht werden. In sehr vielen Fällen können wir daher neben dem europäischen Recht auch das deutsche Recht anwenden.

Behörden Spiegel: Also können Sie das deutsche Recht auch im europäischen Kontext anwenden?

Mundt: Das geht problemlos. Bei der Fusionskontrolle wenden wir ohnehin ausschließlich deutsches Recht an. Vieles von dem, was heute im Hinblick auf die digitale Wirtschaft im GWB verankert ist, ist ja das Resultat einer veränderten Praxis, ich sagte schon wie flexibel das Kartellrecht ist. Vieles aus unserer Gesetzesnovelle finden sie heute schon in der Praxis der Europäischen Kommission wieder.

Behörden Spiegel: Das Bundeskartellamt nimmt also besonders im Digitalbereich eine Vorreiterrolle ein?

Mundt: Wir haben die Fälle sehr früh aufgegriffen und viele Ressourcen in die Arbeit gesteckt. Da sind wir aber bei Weitem nicht die Einzigen. Mit unseren französischen Kollegen haben wir zum Beispiel ein gemeinsames Papier zur Behandlung von Big Data im Wettbewerbsrecht aufgesetzt. Da ist viel intellektueller Aufwand von beiden Seiten betrieben worden. Wir sind nicht alleine, aber wir versuchen stets aktiv, mit der Entwicklung Schritt zu halten.

Seite 38 Behörden Spiegel / Dezember 2017 Informationstechnologie S038_BS12_All_dach

Algorithmen können bereits heute mit erstaunlicher Sicherheit Schlüsse aus scheinbar unzusammenhängenden Daten über Personen ziehen.

Kumulierte Daten aus Sozialen Netzwerken, Einkaufsportalen und anderen Quellen können private Interessen, Gesundheit, Kreditwürdigkeit, sogar politische Meinung, Religion oder Sexualität verraten.

Auf dieser Basis können theoretisch automatisiert Entscheidungen getroffen werden über Vertragskonditionen, Leistungsbezüge und vieles mehr. Eine derartige Erhebung und Nutzung von Informationen in Politik und Verwaltung ist im demokratischen Rechtsstaat undenkbar. Jedoch dürfen Risiken nicht ignoriert werden, die sich aus den neuen Möglichkeiten ergeben. Die Politik hat Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Technologien zum Wohle der Gesellschaft eingesetzt werden. Das gilt insbesondere auch für die Nutzung im Kontext der öffentlichen Verwaltung.

“Hinter Technologien stehen immer bestimmte Akteure mit ihren eigenen Motiven”, mahnte Prof. Klaus Lenk. Der emeritierte Professor für Verwaltungswissenschaft an der Universität Oldenburg forderte daher, statt der Technologien stärker die

Automatisch verwalten

Was kann Technologie für Staat und Bürger tun?

(BS/stb) Effizienz steigern, Bürokratie abbauen, bessere Entscheidungen treffen – neuen Technologien zur Big-Data-Analyse und Automatisierung wird viel Potenzial für die öffentliche Verwaltung nachgesagt. Grundlage sind leistungsfähige Algorithmen, die sich womöglich bald durch Künstliche Intelligenz (KI) selbst weiter optimieren. Doch nicht alle sehen der Digitalisierung so optimistisch entgegen. Es steht zu befürchten, dass ein leichtfertiger Umgang mit den Möglichkeiten zu ungewollten Ergebnissen führt.

Aufgaben und Ziele von Politik und Verwaltung in den Fokus zu nehmen. “Wir müssen mehr und bewusster gestalten, als dass wir die Dinge über uns hereinbrechen lassen”, so Lenk. Dem schloss sich auch Dr. Christian Djeffal an: “Die Frage lautet: Wie können wir ein positives Leitbild, eine Vision für den Einsatz von Technologien entwickeln?” Djeffal beschäftigt sich am Humboldt Institut für Internet & Gesellschaft mit normativen Leitlinien für den Einsatz von KI in der öffentlichen Verwaltung. Während er einerseits rechtliche Grenzen durch Datenschutz, IT­SicherheitsGesetzgebung und Beamtenrecht identifiziert, sieht er aber auch potenzielle Gründe für den Einsatz von neuen Technologien. Basierend auf dem Prinzip der Good Governance könne sich womöglich ein “Recht auf algorithmische Entscheidung” ableiten, wenn automatisierte Prozesse nachweislich besse­

“Auch ein guter Algorithmus kann sozial falsch verwendet werden, wenn es an klaren Leitlinien für den Einsatz fehlt”, merkte Dr. Christian Djeffal an. Foto: BS/Robin Kater, Fraunhofer

re Entscheidungen treffen als Menschen. Dahinter verbirgt sich eine pragmatische Herangehens­

Die Register Factory

Bundesverwaltungsamt treibt Registeroptimierung voran (BS/Stefan Salz) Mit einem erweiterten Bausatz zur Erstellung digitaler Register, der Register Factory 1.8, optimiert das Bundesverwaltungsamt (BVA) seine Registersysteme. Die neue Version der Register Factory, verlässliche Grundlage von Großprojekten wie der Digitalisierung des Asylverfahrens, bietet gleich mehrere Vorteile gegenüber der bisherigen Version.

Die Register Factory enthält zahlreiche Bausteine zum effizienten Aufbau und Betrieb von Verwaltungsregistern. Die neue Version 1.8 ermöglicht, Datenquellen der öffentlichen Verwaltung noch schneller und effizienter zu bauen und zu führen. Sie bringt viele Verbesserungen aus der bisherigen Praxis zusammen: Ein komplett überarbeiteter Styleguide für die Benutzeroberflächen bietet aktuelles Design und hohe Nutzerzufriedenheit, ein Binärdatenservice bündelt die Verarbeitung von Fingerabdrücken und Lichtbildern und eine neue Beispielanwendung illustriert den Einsatz der Register Factory – nur drei Beispiele aus der Vielzahl der Änderungen.

BVA­Präsident Christoph Verenkotte ist überzeugt, “dass mit der Register­Factory 1.8 eine weitere Möglichkeit geschaffen wird, die Registerlandschaft in Deutschland technologisch einen großen Schritt voranzubringen, sie zukunftssicher zu gestalten und mit dem Erfahrungsschatz des BVA die Digitalisierung der Verwaltung auch insgesamt zu forcieren”.

2015 wurde mit den IsyFactStandards eine ergänzende Open Source Software Factory geschaffen, die alle Funktionalitäten zur Erstellung von allgemeinen Informationssystemen enthält (ausgezeichnet mit dem 2. Platz in der Kategorie “Agilste IT­Architektur 2015” beim 14. eGovernment­Wettbewerb). Die Register Factory steht Behörden über Nutzungsvereinbarungen kostenfrei zur Verfügung, wovon bereits eine Vielzahl von Bundes­ und Landesbehörden Gebrauch gemacht hat.

Auf Basis der Register Factory hat das BVA mittlerweile eine weitestgehend digitalisierte ITInfrastruktur geschaffen, die den sicheren und unmittelbaren Datenaustausch zwischen 14.000 öffentlichen Stellen mit mehr als 150.000 Nutzern von Bundes­ bis kommunaler Ebene ermöglicht. Zudem gewähr­

Stefan Salz ist Referatsgruppenleiter IT-Fachverfahren beim Bundesverwaltungsamt. Foto: BS/BVA

leistet sie auch bei wachsenden Datenmengen Stabilität und Performanz. Dies konnte unter anderem beim Asylverfahren unter Beweis gestellt werden, das mit dem eGovernmentPreis für das “Beste Infrastrukturprojekt 2017” ausgezeichnet wurde. Mit dem Ausländerzentralregister (AZR) führt das BVA bereits heute eines der größten automatisierten Verwaltungsregister in Deutschland, in dem rund 26 Millionen personenbezogene Datensätze gespeichert sind und jederzeit von berechtigten Behörden abgerufen werden können. Auch die VisaWarndatei, das nationale Waffenregister und das Staatsangehörigkeitsregister werden vom BVA nach modernsten Standards geführt. Als zentraler Einstiegspunkt für alle IT­Verfahren im Bereich der Öffentlichen Sicherheit dient seit 2009 das Registerportal des BVA. Nutzer haben über gesicherte Netze – je nach Berechtigung – umfassenden Zugriff auf die hinterlegten Daten. Allein im Bereich AZR erfolgen 54 Millionen Zugriffe pro Jahr. Die behördliche Registerverwaltung kämpft mit dem Vorurteil, bisher zu unbeweglich und fehleranfällig zu sein, was sich beispielsweise in der Kritik am AZR als Kerndatensystem des Asylverfahrens äußert. Ein detaillierter Blick auf die bestehenden Probleme zeigt hier jedoch, dass eine klare Trennung zwischen der technischen Umsetzung und der fachlichen Verwendung eines Registers getroffen werden muss.

So liegt die Datenhoheit auf­

weise, die vielleicht den gesunden Mittelweg zwischen Leichtgläubigkeit und Schwarzmalerei darstellt. Die Nutzung

von Technologien sollte vorab formulierten Zielen dienen und nur dann erfolgen, wenn diese so am besten zu erreichen sind. Das erfordert Voraussicht, klare Vorstellungen und Evidenz als Entscheidungsgrundlagen. “Es handelt sich hier um normale gesellschaftliche Entwicklungen, die wir natürlich forschend begleiten müssen”, sagte Prof. Peter Parycek auf einem Kongress zum Thema, den das von ihm geleitete Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) Ende November in Berlin veranstaltet hat.

Daten sind die Grundlage Parycek zeigte, wie Data Analytics Politik und Verwaltung unterstützen können. Grundlage sind Datenquellen, die zunächst identifiziert und bewertet werden müssen. “Die wenigsten öffentlichen Stellen haben derzeit eine Übersicht über interne und externe Datenquellen und wie sie genutzt werden

können und dürfen”, erklärte Parycek. Neben den eigentlichen Analyse­Tools brauche es vor allem Plattformen, die Daten aus verschiedenen Quellen verwalten und nutzbar machen können. Als Anwendungsfelder präsentiert der ÖFIT­Leiter auf der einen Seite automatisierte und perspektivisch autonome Entscheidungsfindung. Ziel ist hier eine wirkungsbasierte Verwaltung. Auf der anderen Seite stehen Modellrechnungen auf Grundlage großer Datenmengen, die gute Vorhersagen darüber erlauben könnten, wie sich konkrete politische Maßnahmen in bestimmten Domänen auswirken würden. Damit könnte eine evidenzbasierte Politikgestaltung unterstützt werden.

Letztlich dreht sich die Debatte genau um diese beiden Begriffe: Evidenz und Wirkung. Der Einsatz neuer Technologien muss die erwünschte Wirkung im Hinblick auf die Erfüllung konkreter Ziele entfalten. Ob sie das kann, ist vorab anhand konkreter Evidenz zu beurteilen und auch während der Nutzung langfristig zu überprüfen. “Technologien fallen nicht einfach vom Himmel”, sagte Parycek. “Es muss natürlich eine politische Debatte darüber stattfinden, welche Technologien wir wie einsetzen wollen.”

Mehr Tempo bei Digitalisierung

Vitako-Gutachten fordert “Standardisierungsfabrik”

(BS/gg) Die Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland geht zu langsam voran. Von diesem allgemeinen Befund ausgehend, hat Vitako nun – unter Bezugnahme auf das aktuelle Gutachten des Nationalen Normenkontrollrates (NKR) – in einem eigenen Gutachten unter der Überschrift “Durchbrüche für ein digitales Deutschland” fünf Bausteine für ein beschleunigtes und wirkungsvolles Digitalisierungsprogramm für die nächsten vier Jahre vorgeschlagen.

seiten der datenerfassenden Stellen, die folglich die Verantwortung für die Datenquali tät tragen. Das Bundesministerium des Innern und das BVA bieten hier durch Leitfäden und IT­Systeme, die auf schlechte Datenqualität hinweisen, Unterstützung an. Die Register Factory bietet zusätzlich Werkzeuge und Schnittstellen wie eine Datenqualitätsinstanz und automatisierte Rückmeldeverfahren, um die Datenqualität signifikant zu erhöhen. Änderungen an Daten der Bundesländer und Kommunen können nach den aktuellen gesetzlichen Vorgaben jedoch nur diese durchführen. Ähnliches gilt bei der Umsetzung von Änderungswünschen an den Registerlösungen wie beispielsweise weiteren Datenfeldern. Diese Wünsche können vom BVA zwar in den politischen Prozess eingebracht werden, Vorgaben dieser Art müssen aber letztendlich vom Gesetzgeber festgelegt werden.

Neue Anforderungen, die aus zukünftigen Großprojekten entstehen, werden in den kommenden Versionen der Register Factory mit technologischen Neuerungen bedient: Der Verwendung von nichtrelationalen NoSQL­Datenbanken wie Cassandra, dem Einsatz von Container­Lösungen wie Docker und der Verlagerung der Umsetzung grafischer Oberflächen auf den Client wie mit Angular 2.

Die Erfahrungen zeigen, dass eine Registerlandschaft nur durch gute fachliche und technische Architekturen wie die Register Factory effizienter und nutzbringender werden kann. Das BVA bietet mit der Register Factory der öffentlichen Hand ein erprobtes Werkzeug für das Vorantreiben der Digitalisierung aller Registerprozesse.

Der NKR hatte in seinem Gutachten die starke Zersplitterung von Verwaltungsregistern in Deutschland und deren schlechten Zustand sowie die mehrfache Erhebung von gleichen oder ähnlichen Daten kritisiert und eine Modernisierung der Registerlandschaft gefordert (s. Behörden Spiegel, November 2017, Seite 29). Dabei ließ man ausdrücklich offen, ob hierfür eine zentrale Infrastruktur geschaffen werden oder die Dezentralität der Register beibehalten werden müsse. Diesen Aspekt greift das von Dr. Markus Klimmer und Senator a. D. Wolfgang Branoner für Vitako erstellte Gutachten auf und gibt zu bedenken, dass die Umsetzung ähnlicher Zentralregister in Österreich und Dänemark 14 bzw. sieben Jahre gedauert hätte. Zudem sei die Aussicht auf eine neue “Über­Behörde” nicht überzeugend und die Gefahr eines neuerlichen Milliardengrabs zu groß.

Rapid Prototyping

“Für Vitako hängt das zögerliche Tempo bei der Digitalisierung mit anderen Faktoren zusammen”, erklärte VitakoGeschäftsführer Dr. Ralf Resch. So käme das von Vitako beauftragte Gutachten zu ganz anderen Schlüssen. “Wir müssen dringend die Geschwindigkeit bei der Digitalisierung erhöhen und hierfür macht unser Gutachten fünf konkrete Vor­

MELDUNG

schläge”, so Resch. So wäre es ein wichtiger und erkennbarer Meilenstein, wenn wichtige Ereignisse wie das Kindergeld oder eine Gewerbeanmeldung endlich vollautomatisiert vonstattengingen.

Bürger und Unternehmen würden wahrnehmbare Veränderungen erwarten, die im öffentlichen Sektor nur allzu oft ausblieben. Das Gutachten spricht hier von “Rapid Prototyping”. Demzufolge soll nach Abschluss eines Modellprojekts unmittelbar ein weiteres beginnen und so die Schlägzahl deutlich erhöht werden.

Um die Kommunikation der Register zu gewährleisten, bedürfe es darüber hinaus standardisierter Schnittstellen für den Datenaustausch. In diesem Zusammenhang sei die Arbeit der dafür zuständigen “Koordinierungsstelle für ITStandards” (KoSIT) in Bremen erprobt und funktioniere. Was die Skalierungsfähigkeit und Bearbeitungsgeschwindigkeit anbelange, gleiche diese jedoch eher einer “Standardisierungsmanufaktur”. Für eine beschleunigte Digitalisierung benötige man jedoch eine “Standardisierungsfabrik”.

Zudem müsse ein GovernanceGremium im IT­Planungsrat die Anforderungen und Priorisierungen bestimmen können. Unter Umständen sei sogar ein Outsourcen der “Fließbandarbeit” sinnvoll und überlegenswert.

Digital-Offensive gewünscht

(BS/gg) Nach einer aktuellen Bitkom­Studie fordern 85 Prozent der Unternehmen hierzulande, dass Digitalisierung ein Top­Thema für die Politik werden muss. Zugleich befürchten 53 Prozent, dass der Politik immer noch das Verständnis für die Digitalisierung

fehlt. Dies sei besonders dort kritisch, wo die Politik ganz unmittelbar und operativ in der Verantwortung ist: bei der umfassenden Digitalisierung von Ämtern und Behörden. Sie gehört für 97 Prozent der Befragten ganz oben auf eine neue Digital­Agenda. Dicht dahinter

Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen – insbesondere was die Schriftform und das persönliche Erscheinen auf Behörden anbelange – hält das Vitako­Gutachten für nicht mehr zeitgemäß. Ganz im Gegenteil, diese behinderten sogar die Digitalisierung von Leistungsprozessen der Verwaltung. Gerade das Verwaltungsverfahrensgesetz sei “ein Hort” überkommener Regelungen. Daher müsse ein einheitlicher Rechtsrahmen für alle Verwaltungen in Bund, Ländern und Kommunen geschaffen werden, der Automatisierung als Regelfall begreife.

Vorrang der digitalen Verwaltung

Die digitale Verwaltung müsse Vorrang haben. Diese Erkenntnis sei mittlerweile auch in der Politik angekommen und bedürfe nun dringend der konkreten Umsetzung. Die Verfasser des Vitako­Gutachtens geben am Ende ihrer Ausführungen den Kommunen noch einen Ratschlag für die Umsetzung der Digitalisierung vor Ort: “Wenn eine schnell getaktete, ergebnisorientierte und zu raschen Veränderungen führende Vorgehensweise gewählt wird, dann erfordert dies eine verbindliche kommunale Sprechfähigkeit für digitale Themen. Nennen wir es der Einfachheit halber kommunaler “Chief Digital Officer” (CDO).”

folgt der Wunsch nach einer Stärkung der Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Fragen der digitalen Bildung (95 Prozent). Beinahe ebenso viele wünschen sich 92 Prozent für die Digitalisierung eine zentrale, koordinierende Stelle in der Bundesregierung.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 39 Informationstechnologie S039_BS12_All_dach
FOKUS

IT-Konsolidierung

Wesentliche Erfolgsfaktoren des Projektmanagements

(BS/Carsten Krinke/Roland Stahl*) Die IT-Konsolidierung Bund mit ihren Handlungssträngen Betriebs-/Dienste-/Beschaffungskonsolidierung ist eines der umfangreichsten Großprojekte in der Bundesverwaltung. Primäres Ziel ist es, die Informationssicherheit sowie die Hoheit und Kontrollfähigkeit über die eigene IT dauerhaft zu erhalten.

Weitere Ziele sind: innovative technologische Trends aufgreifen zu können; einen leistungsfähigen, wirtschaftlichen, stabilen sowie zukunftsfähigen Betrieb sicherzustellen und zugleich ein attraktiver Arbeitgeber für IT­Fachpersonal zu bleiben. Die Betriebskonsolidierung sieht die Übertragung des IT­Betriebs von 1.200 Betriebsstätten auf wenige ITDienstleister vor. IT­Dienste wie auch die Beschaffung sollen konsolidiert werden. Dazu müssen “alte Zöpfe abgeschnitten” bzw. Gewohnheiten aufgegeben werden.

Damit die IT­Konsolidierung in den Ressorts gelingt, sind wichtige Erfolgsfaktoren zu beachten, zum Beispiel die Einbeziehung der Ressorts beim Anforderungsmanagement, Planungstransparenz, Methodenunterstützung, Kollaboration und Akzeptanzmanagement. Wertvolle Anregungen geben die S­O­S­Methode für Großprojekte und der Praxisleitfaden für das Projektmanagement.

Capgemini hat sich an diesen Erfolgsfaktoren bei der Unter­

stützung der IT­Konsolidierung im Bundesministerium des Innern orientiert. Zwischen 2016 bis 2017 wurden Konzepte durch die Teilprojekte für die IT­Konsolidierung erstellt, in die sowohl die Anforderungen der Ressorts als auch der nachgeordneten Bereiche eingeflossen sind. Vor dem Hintergrund, dass gemäß einer Studie 46 Prozent aller IT­Vorhaben die Anforderungen der Auftraggeber nicht erfüllen, ist diese Abstimmung äußerst wichtig für den Erfolg von IT­Projekten. Dabei helfen eine gute Vernetzung im Ressort, ein effizientes Projektmanagement und eine strukturierte Kollaborationsplattform.

Planungstransparenz

Templates mit allen relevanten Meilensteinen erleichtern den Planungsprozess.

Meilensteinplanungen

Die Gesamtprojektplanung setzt auf den Meilensteinplanungen der Ressorts und Behörden auf. Zentral bereitgestellte und beschriebene Templates stellen sicher, dass die Behörden ihre Konsolidierungsaktivitäten standardisiert planen, vorbereiten, durchführen und steuern können. Auch mit Blick auf die knappen Ressourcen ist Planungssicherheit wichtig. Positiver Nebeneffekt: Die Behörde kann dem Ressort für dessen Steuerungsaufgaben die notwendigen Informationen liefern.

Von KI bis Gigabit-Netz

Umsetzung des Masterplans Bayern Digital II (BS/gg) Zur Umsetzung des Masterplans Bayern Digital II hat die Staatsregierung weitere Maßnahmen auf den Weg gebracht.

IT als Treiber der Verwaltungsmodernisierung: Der Newsletter E-Government, Informationstechnologie und Politik des Behörden Spiegel

Anmeldung: www.behoerdenspiegel.de newsletter@behoerdenspiegel.de

Die Planungstransparenz ist entscheidend für die beteiligten Ressorts und die nachgeordneten Bereiche. Das BMI hat beispielsweise als ein Unterstützungsinstrument einen Behördenleitfaden erstellt, der die Aufgaben der Behörden insbesondere zur Vorbereitung und Durchführung des Überführungsprojektes auf einem Zeitstrahl darstellt und inhaltlich beschreibt. Die betroffenen Behörden können sich zielgerichtet und fokussiert auf die ITKonsolidierung vorbereiten und ihre eigenen Projekte planen. Vorgegebene Projekt­

Social Intranet des Bundes

Für die zahlreichen Konzepte zur Vorbereitung auf die IT­Konsolidierung arbeitet das BMI an einer strukturierten Bereitstellung dieser Dokumente. Die Adressaten können z. B. mithilfe einer Dokumentenlandkarte und dem Behördenleitfaden die für sie relevanten Dokumente schneller identifizieren. Als Pilotgruppe im Social Intranet des Bundes soll Experten und Entscheidern zudem ein schneller Zugriff auf relevante Informationen und deren Kommentierung ermöglicht werden.

Akzeptanzmanagement

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist das Akzeptanzmanagement. Dazu zählen der regelmäßige Austausch mit allen relevanten

Beteiligten und der Dialog darüber, welche Änderungen sowohl in Arbeitsabläufen als auch in Verträgen durch die Nutzung eines zentralen IT­Dienstleisters notwendig sind.

Es geht u. a. um das Verständnis für standardisierte Prozesse und die Abkehr von ungesteuerten Ad­hoc­Anfragen an lokales IT­Personal. Das erfordert auf beiden Seiten ein Umdenken und die Formalisierung der (vertraglichen) Zusammenarbeit auf Basis von definierten Service Levels. Dieser Kulturwandel muss aktiv durch geeignete Maßnahmen begleitet werden.

Fazit

Wenn die zuvor genannten Erfolgsfaktoren beachtet werden, “dann wird es uns gelingen, aus einer gemeinsamen Vision des Jahres 2015 eine tragfähige Lösung zu entwickeln. Es bedarf jedoch weiterhin der kontinuierlichen Mitwirkung und Unterstützung aller Beteiligten, um die hoch gesteckten Ziele bis zum Jahr 2025 zu verwirklichen.” (Klaus Vitt, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern und IT­Beauftragter der Bundesregierung)

*Die Autoren sind für die Capgemini Deutschland GmbH tätig. Carsten Krinke ist erfahrener Berater im Public Sector, vor allem in den Rahmenverträgen des Bundes aktiv.

Roland Stahl ist Teamleiter bei Business Technology und Programm-Manager für die Rahmenverträge des Bundes.

Für die beiden Digitalisierungsprogramme der Staatsregierung

Bayern Digital I und II stehen für die Jahre 2015 bis 2022 insgesamt 5,5 Milliarden Euro zur Verfügung.

Drei Milliarden Euro und 2.000 neue Stellen

Allein der im Juni 2017 verabschiedete Masterplan “Bayern Digital II” umfasst ein Volumen von drei Milliarden Euro und 2.000 neue Stellen. Bereits im Nachtragshaushalt 2018 sieht die Staatsregierung in einem ersten Schritt Investitionen von über einer Milliarde Euro und 460 neue Stellen vor.

Zum aktuellen Masterplan zählt u. a. eine “Zukunftsinitiative künstliche Intelligenz”, welche die Aktivitäten von Wirtschaft und Wissenschaft bündeln soll. Zu den Schwerpunkten gehören dabei die Themenbereiche autonome Mobilität und Big Data. Das Landesinstitut fortiss soll zu einem KI­Zentrum ausgebaut werden. Neue Themenplattformen am “Zentrum Digitalisierung.Bayern” sollen sich zum Beispiel mit den Themen “Smart City” und der Digitalisierung auf dem Bau befassen.

Aufbau eines flächendeckenden Gigabit-Netzes

Mit Blick auf eine leistungsfähige Breitbandinfrastruktur sollen in ganz Bayern bis 2025 Gigabit­Bandbreiten ermöglicht werden. Hierfür stehen 1,5 Milliarden Euro bis Ende 2018 bereit, bis 2022 ist eine weitere Milliarde Euro eingeplant. Das bayerische Breitbandprogramm

läuft bereits auf Hochtouren. Mittlerweile nutzen 97 Prozent aller bayerischen Gemeinden das Breitband­Förderprogramm. Über 2.000 Förderbescheide wurden bislang schon übergeben, 690 Millionen Euro Fördermittel an insgesamt 1.644 Kommunen ausgezahlt. Im Zuge der Umsetzung des Masterplans sollen hier weitere Schwerpunkte gesetzt werden. Sonderförderung der Fläche durch “Höfebonus”

Mit der seit Juli laufenden Sonderförderung “Höfebonus” soll eine noch höhere Flächendeckung erreicht werden. So werden insbesondere Gemeinden mit vielen Streusiedlungen unterstützt. Mit einer Gigabit­Pilotförderung will Bayern in den flächendeckenden Gigabit-Ausbau in den Gebieten einsteigen, die bereits mit mind. 30 Mbit/s versorgt sind. Insbesondere Gewerbegebiete sollen einen direkten Glasfaseranschluss erhalten. Eine Genehmigung durch die EU­Kommission wird noch 2017 angestrebt.

Nachdem die EU­Kommission die Vectoring­Technologie auch für geförderte Breitbandnetze in Bayern genehmigt hat, sollen zudem rund 650.000 Haushalte von höheren Bandbreiten von bis zu 100 Mbit/s profitieren.

“Das Gigabit-Netz für ein digitales Bayern” ist auch Thema eines Fachforums auf dem 4. Zukunftskongress Bayern, den der Behörden Spiegel am 1. Februar 2018 in München veranstaltet. Weitere Informationen unter www.zukunftskongress.bayern

Seite 40 Behörden Spiegel / Dezember 2017 Informationstechnologie S040_BS12_All_dach

Dieostwestfälischen Dienstleister, beide ebenfalls in der Rechtsform eines kommunalen Zweckverbandes, führen ihre Technikbereiche in Lemgo zusammen, um so weitere erhebliche Synergien für ihre Mitgliedskommunen zu heben und gleichsam die weiterhin bestehenden Organisationen GKD Paderborn und krz Lemgo wirtschaftlich, technisch und organisatorisch auf die zukünftigen Herausforderungen an kommunale IT-Dienstleister landes- wie bundesweit vorzubereiten. Es wird daher zum 1. Januar 2018 der gemeinsame Zweckverband “Ostwestfalen-LippeIT” gebildet, der innerhalb eines “Übergangsbetriebes” (Umsetzungsprojekt) sukzessive die bisherigen Aufgaben des technischen Betriebes der beiden ihn tragenden Verbände übernimmt. Der “Vollbetrieb” des Zweckverbandes soll planmäßig ab dem 1. Januar 2020 realisiert werden. Die hierfür erforderlichen Zustimmungen aller 51 Verbandsmitglieder beider Häuser liegen vollständig vor. Rechtliche Grundlage für die Gründung des neuen Unternehmens bildeten die Beschlüsse der jeweiligen Verbandsversammlungen vom krz Lemgo und der GKD Paderborn, die am 5. bzw. 13. Juli 2017 einstimmig und ohne Enthaltungen der Zusammenarbeit zustimmten. Der neue Zweckverband positioniert sich als Anbieter von Betriebsleistungen ausschließlich für seine beiden “Mutter”Zweckverbände GKD Paderborn und krz Lemgo. Durch die klare Fokussierung auf die jeweiligen Kernkompetenzen (Betrieb im gemeinsamen Rechenzentrum, Anwendungsbetreuung weiterhin in den jeweiligen Zweckverbänden) wird die jeweilige Organisation dauerhaft in ihrer Aufgabenerfüllung gestärkt.

Anlass und Vorprojekt

Anlass für die Kooperationsüberlegungen war, dass die GKD Paderborn Alternativen zu einem notwendigen RZ-Neubau in Paderborn suchte. Das bisherige Rechenzentrum im Technischen Rathaus in der Pontanusstraße muss in naher Zeit aufgegeben werden. Gleichzeitig waren dabei höhere Anforderungen an Verfügbarkeit (zweites RZ) und IT-Sicherheit (ISO-27001) Zertifizierung auf Basis von ITGrundschutz) zwingend zu berücksichtigen.

Die GKD Paderborn und das krz Lemgo leben seit mehr als 15 Jahren eine umfangreiche Zusammenarbeit in dedizierten Anwendungsbereichen: Die GKD Paderborn betreibt in ihrem heutigen RZ die Anwendung AKDN-sozial für alle Trägerkommunen beider Häuser. Das krz Lemgo stellt das Personalabrechnungsverfahren LOGA zur Verfügung und druckt in seinem Druckzentrum u. a. Abgabenbescheide und Personalabrechnungen für die GKD Paderborn. In einem einjährigen, intensiven Vorprojekt wurde durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beider Häuser und mit fachkundiger externer Unterstützung ein Grobkonzept erstellt, mit dem insbesondere die Machbarkeit, die Wirtschaftlichkeit als auch die sicherheitstechnischen Anforderungen überprüft und abgestimmt wurden.

Ausgangssituation

Kommunale IT-Dienstleister sind schon lange keine Monopolanbieter mehr. Während früher eine reine Umlagefinanzierung sowie ein faktischer Anschlussund Benutzungszwang sichere Finanzierungssäulen waren, stehen heute kommunale ITDienstleister unter erheblichem Wettbewerbsdruck und sind bzgl. der Finanzierung auf einen freiwilligen Leistungsbezug

OWL-IT startet 2018

Zusammenarbeit der kommunalen IT-Dienstleister in Lemgo und Paderborn

(BS/Lars Hoppmann/Roland Neils) Die Gemeinschaft für Kommunikationstechnik, Informations- und Datenverarbeitung Paderborn (GKD Paderborn) und das Kommunale Rechenzentrum Minden-Ravensberg/Lippe (krz Lemgo) “rechnen” künftig gemeinsam. Ab dem kommenden Jahr wird daher im technischen Bereich zusammengearbeitet. Dafür wird eigens ein gemeinsames Tochterunternehmen, der Zweckverband “Ostwestfalen-LippeIT” gegründet.

der Träger ausgerichtet. Das krz Lemgo hat mit der 2007 überarbeiteten Satzung eine Vorreiterrolle in seiner marktwirtschaftlichen Ausrichtung übernommen. Die GKD Paderborn hat bereits im Jahr 2000 im Rahmen ihrer detaillierten Leistungs- und Kostenrechnung auf eine verursachergerechte Abrechnung umgestellt.

Die Komplexität des RZ-Betriebes, die zunehmende Frage nach Betriebsstabilität und die deutlich steigende Nachfrage nach personellen Dienstleistungen der betreuten Verwaltungen aufgrund der Auswirkungen des demografischen Wandels ergeben einen spürbaren Druck zur Konsolidierung. In Fortführung der langjährigen und erfolgreichen Kooperation zwischen GKD Paderborn und krz Lemgo sind die Bemühungen um die Konsolidierung der kommunalen IT in OWL wieder intensiviert worden. Ergebnisoffen standen alle Formen der öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit wie “Fusion”, “Bildung neuer Unternehmen ( z. B. Zweckverband der Zweckverbände)”, “Kooperationsmodelle” in der allgemeinen Diskussion.

In NRW gibt es acht kommunale IT-Dienstleister, die mehr als einen Kreis oder eine kreisfreie Stadt betreuen. Die Konzentration in größere Einheiten ist seit Langem in der Diskussion, aber erst seit ca. fünf Jahren auch in der praktischen Umsetzung. Neben dem zu gründenden Zweckverband “Ostwestfalen-Lippe-IT” sind Veränderungen eingetreten bei der ITK Rheinland (Beitritt der Stadt Mönchengladbach), beim KRZN in Kamp-Lintfort (Stadt Bottrop) sowie beim Zusammenschluss der Zweckverbände in Hemer (KDVZ Citkomm) und Siegen (KDZ Westfalen-Süd) zum gemeinsamen Zweckverband “Südwestfalen-IT”. Auch hier bleiben beide Zweckverbände bestehen und sind die beiden einzigen Verbandsmitglieder der neuen Körperschaft.

Technische Voraussetzungen Das krz in Lemgo verfügt über sichere und erweiterbare Rechenzentrumskapazitäten an zwei Standorten. Hier sind zwei Rechenzentren ständig in Betrieb und übernehmen im Falle eines Falles die Last des anderen. Durch den redundanten Betrieb ist gewährleistet, dass die Services der Kommunen für ihre Bürgerinnen und Bürger, z. B. in den Einwohnermeldeund Straßenverkehrsämtern, nahezu “unterbrechungsfrei” zur Verfügung stehen.

Auch die technische und wirtschaftliche Machbarkeit einer “Netzkopplung zwischen Paderborn und Lemgo”, die eine zwingende Voraussetzung für einen gemeinsamen RZ-Betrieb in Lemgo darstellt, ist gegeben. Mit ihr wird ein hohes Maß an Ausfallsicherheit durch zwei komplett voneinander getrennte Trassenführungen zwischen Lemgo und Paderborn erreicht; separate Glasfaserkabel ermöglichen eine sehr performante Verbindung ohne Drosselung der Bandbreite.

IT-Sicherheit

Das krz Lemgo ist seit 2007 nach ISO 27001 auf der Basis von IT-Grundschutz zertifiziert und war damals das erste kommunale Rechenzentrum, das diesen richtungsweisenden

Lars Hoppmann wurde Ende November zum stellvertretenden Geschäftsführer beim Kommunalen Rechenzentrum MindenRavensberg/Lippe bestellt.

Roland Neils ist stellvertretender Geschäftsführer bei der Gemeinschaft für Kommunikationstechnik, Informations- und Datenverarbeitung Paderborn.

Fotos: krz Lemgo / GKD Paderborn

Schritt unternommen hat. Es handelt sich hierbei um einen sogenannten “Full-Scope-Ansatz”, d. h. der Informationsverbund erstreckt sich über das vollständige Unternehmen. Das strategische Ziel der GKD Paderborn ist die Unterbringung ihrer Anwendungen/Services in einer zertifizierten RZ-Umgebung. Im ersten Schritt wird grundsätzlich eine gleiche und in Teilbereichen eine bessere Leistung und eine erhöhte IT-Sicherheit (RZ-Betrieb nach ISO 27001 auf Basis IT-Grundschutz) bei wesentlich geringeren Kosten erwartet.

Zwei Standorte in OWL werden beibehalten

Die für moderne kommunale IT-Dienstleister zwingend notwendige Kundennähe soll durch die vollumfängliche Beibehaltung der beiden Zweckverbandsorganisationen aufrechterhalten werden. Die in beiden Organisationen seit Jahrzehnten entwickelten Kundenbeziehungen sind Basis und Garant für eine weitere erfolgreiche Aufgabenerledigung und müssen daher dauerhaft bestehen bleiben. So verbleibt die Ausgestaltung der Kundenbeziehungen (Preise, Verträge, Umlagen etc.) beim jeweiligen Mitglied. Der Standort Paderborn bleibt als Netzwerkknoten sowie für die Systembetreuung per Fernwartung der IT-Systeme in Lemgo erhalten. Der Entfall eines physischen Rechenzentrums in Paderborn bedeutet für die im Bereich des RZ-Betriebes tätigen Mitarbeiter/-innen somit nicht den Wegfall ihres Arbeitsplatzes. Es besteht eine Arbeitsplatzund Standortgarantie, da nahezu sämtliche Tätigkeiten per Remotezugriff aus Paderborn im gemeinsamen Rechenzentrum in Lemgo ausführbar sind. Auch für die Eigentümer bedeutet dies eine Beibehaltung ihres Status. Die Kontrolle und alle weiteren Steuerungsmöglichkeiten der Mitglieder gegenüber ihrem Zweckverband bleiben bestehen und sichern damit die regionalen Einflussmöglichkeiten. Schlüsselfaktoren für den Erfolg der Kooperation sind das Engagement und die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie aller Führungskräfte. Daher wurden die Beschäftigten von GKD Paderborn und krz Lemgo von Beginn an vollumfänglich in den Prozess eingebunden. Beide Personalräte haben bereits vor den offiziellen politischen Entscheidungen im Mitbestimmungsverfahren ihre Zustimmung zu diesem Zusammenschluss gegeben. Ein

wichtiger Aspekt dabei war der politische und beschlossene Wille, allen betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Arbeitsplatzund Standortgarantie zu gewähren. Kosten und Synergien

Durch die Zusammenlegung des technischen Betriebs sowie der Zusammenführung des jeweiligen Personals ergeben sich Einsparpotenziale und Skaleneffekte. Allein durch den Zusammenschluss der beiden “technischen” Betriebe nach Abschluss des Umsetzungsprojektes kann von einer deutlichen Gesamteinsparung von mehr als einer Million Euro pro Jahr ausgegangen werden.

Musterverfahren/-services

Für die detaillierte Ausgestaltung der Zusammenführung der technischen Betriebe (Migrationsanalyse) wurden fünf beispielhafte Fachverfahren ausgewählt, die zum einen aufgrund erforderlicher Basisdienste (Active Directory, Terminalserverlösung CITRIX etc.) und zum anderen wegen unterschiedlicher Systemanforderungen (Datenbanken, Netzbandbreiten etc.) als Muster für nahezu alle weiteren Verfahren und Services herangezogen werden können.

Aufgrund der mit diesen Musterverfahren/-services gewonnenen Informationen wird gewährleistet, dass beidseitig tiefe Kenntnisse über die jeweilige IT-Infrastruktur von krz

MELDUNG

Lemgo und GKD Paderborn aufgebaut, die Paderborner Mitarbeiter/-innen an die in Lemgo etablierten und BSI-zertifizierten Prozesse und Abläufe herangeführt und alle Möglichkeiten für einen optimalen Aufbau des gemeinsamen technischen IT-Betriebs untersucht, Vorgehensweisen der Umsetzung gemeinsam erarbeitet und etabliert werden. Wichtig ist nochmals die Feststellung, dass die Administration der Fachanwendungen und die Kundenbetreuung weiterhin vollumfänglich von jedem Partner in eigener Verantwortung gegenüber seinen Mitgliedern und Kunden durchgeführt werden.

Nutzen für Kooperationspartner, Eigentümer und Kunden

Die Möglichkeiten der Optimierung der im gemeinsamen Rechenzentrum angebotenen und vor allem den zukünftigen Anforderungen gerecht werdenden Funktionalitäten sind insbesondere folgende:

• weiterer gemeinsamer Ausbau des Service Desks nach ITILVorgaben, • Ausbau der Erreichbarkeit der Kundenbetreuung,

• Ausbau der Erreichbarkeit der Systembetreuung durch Bündelung der in beiden Häusern vorhandenen und mit hoher Fachkompetenz ausgestatteten Administratoren/-innen,

• Gewährleistung eines 24/7Betriebs insb. von Webanwendungen (Anpassungen an die Anforderungen der Bürger/innen, aber auch von Sicherheitskräften wie Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz etc.).

Konsolidierung der Hardware und Software-Landschaft Bildung gemeinsamer Kompetenz-Teams (z. B. Datenban-

Neuer Vitako-Vorstand gewählt

(BS/gg) Auf der Vitako-Mitgliederversammlung in Leipzig wurde für die kommenden drei Jahre ein neuer Vorstand gewählt. Vorstandsvorsitzender bleibt Peter Kühne (Lecos GmbH), auch die beiden Stellvertreter

Reinhold Harnisch (krz) und William Schmitt (KIVBF) wurden in ihren Ämtern bestätigt. Weiterhin im Vitako-Vorstand sind ebenfalls Dr. Johann Bizer (Dataport), Prof. Dr. Andreas Engel (Stadt Köln und KDN)

ken, Netze, Server etc.), um noch tiefergehendes Know-how aufzubauen und damit Vertretungsmöglichkeiten zu optimieren.

Perspektivisch ist eine Vielzahl weiterer Optionen denkbar, die den Service für Eigentümerkommunen und Kunden verbessern:

• Homogenisierung oder Konsolidierung von Fachverfahren,

• gemeinsame E-GovernmentDienstleistungen, • Erweiterungen des Produktportfolios,

• gemeinsame Dienstleistungsmodelle für Kommunen.

Interkommunale Zusammenarbeit in OWL

Beide Zweckverbände werden dann gemeinsam eine der größten kommunalen IT-Infrastrukturen in NRW betreiben. Hierdurch können in der Region Ostwestfalen-Lippe Verwaltungsleistungen sicherer, wirtschaftlicher und kostengünstiger erbracht werden.

Nicht nur der Leistungsaustausch zwischen den kommunalen IT-Dienstleistern in OWL wird durch das gemeinsame Rechenzentrum verbessert. Die Nutzung der gleichen ITInfrastruktur in gemeinsamen Rechenzentren ermöglicht es auch Verwaltungen, kreis- bzw. verbandsübergreifend deutlich besser zusammenzuarbeiten. Stellvertretungen, wie z. B. im Standesamtsbereich, Erledigung von Melde- und Zulassungsangelegenheiten in Verwaltungen außerhalb des Wohnsitzes etc., werden durch eine gemeinsame IT optimierter ermöglicht. Beide Mitglieder sind offen für eine Erweiterung der Zusammenarbeit mit weiteren IT-Dienstleistern in OWL, Westfalen bzw. NRW.

Der gemeinsame Zweckverband “OWL-IT” ist eine hervorragende technische Basis, um alle in dem Projekt “Modellregion OWL” anfallenden Digitalisierungsvorhaben der Kommunen nach innen als auch nach außen zu den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch der Wirtschaft, Bildung, Forschung, Medien, Zivilgesellschaft und auch anderen Verwaltungseinheiten umzusetzen.

sowie Bernd Landgraf (ITEBO GmbH).

Einziger Neuzugang ist Rudolf Schleyer, der Alexander Schroth (ebenfalls AKDB) ablöst, der sich bald in den Ruhestand verabschiedet.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 41 Informationstechnologie S041_BS12_All_dach

Governikus Jahrestagung

Diesjähriger Kongress verzeichnet Besucherrekord (BS/Petra Waldmüller-Schantz*) Rund 350 Teilnehmer besuchten am 7. und 8. November die diesjährige Governikus Jahrestagung im Berliner dbb forum und konnten sich über aktuelle Themen rund um die Digitalisierung von Verwaltung und Justiz informieren.

Bundes-CIO und Staatssekretär im Bundesinnenministerium Klaus Vitt verdeutlichte in seiner Keynote, welche Herausforderungen in der Verwaltungsdigitalisierung dringend gelöst werden müssen. Die Potenziale der Digitalisierung seien in der föderalen Struktur nur in enger und guter Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen hervorzubringen. Die Vernetzung von Verwaltungssystemen sei dabei unumgänglich, um künftig entsprechende

Dienstleistungen für Bürger und Unternehmen anbieten zu können. Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes mithilfe einer gemeinsamen Digitalisierungsplattform aller Verwaltungsebenen sei nur ein Beispiel, wie der Rückstand von E-Government im internationalen Vergleich aufgeholt werden könne.

Während der beiden Kongresstage wurde in mehreren Podiumsdiskussionen und Interviews deutlich, wie wichtig vor allem IT-Konsolidierung, die intelligente Vernetzung von Systemen sowie der Einsatz von Basisdiensten und Webservices sind.

“Nach der Wahl ist vor dem neuen Regierungsprogramm”, lautete der Titel der Podiumsrunde, die mit den Gästen Bundes-CIO Klaus Vitt, Franz-Reinhard Habbel, DStGB, dem ehemaligen Staatssekretär und SachsenCIO Prof. Dr. Wilfried Bernhardt sowie Malte Spitz, Netzpolitiker von B90/Die Grünen, relativ schnell auf das diesjährige Gutachten des Normenkontrollrates zu sprechen kam. Das Gutachten mit dem Titel “Mehr Leistung für Bürger und Unternehmen: Verwaltung digitalisieren. Register modernisieren.” berge enorme Potenziale, wobei die Vernetzung der über 200 vorhandenen Register in Deutschland dringend angegangen werden müsse. Bei den im Gutachten genannten Einsparpotenzialen von jährlich acht Milliarden Euro für Verwaltung, Bürger und Unternehmen bei einmaligen Investitionen von geschätzt 2,5 Milliarden Euro pro Jahr wäre der Aufwand nach noch nicht einmal einem halben Jahr amortisiert. Da stellt sich in der Tat die Frage: Was spricht

dagegen? Prof. Dr. Wilfried Bernhardt und Franz-Reinhardt Habbel plädierten nicht nur an diesem Punkt in der regen Diskussion dafür, “man soll einfach mal machen”. Auch Klaus Vitt sah die Modernisierung der Registerlandschaft als wichtigen Punkt. Dabei gehe es vor allem um die intelligente Vernetzung der Registerlandschaft. Die technischen Voraussetzungen, diese Vernetzung vorzunehmen, sind vorhanden, wie z. B. die OSCI-/XTA-Infrastrukturen. Die IT-Konsolidierung des Bundes, das E-Rechnungsprojekt des IT-Planungsrates, neue Herausforderungen rund um die eIDAS-Verordnung sowie im E-Justice-Bereich, die EUDatenschutzgrundverordnung waren weitere Themen, die im Rahmen der Veranstaltung diskutiert und besprochen wurden. Die Entwicklungen rund um elektronische Identitäten und Servicekonten spielten dabei eine genauso wichtige Rolle wie Signaturen/Siegel & Co. Parallel zu den Podiumsrunden informierten Governikus-Partner über gemeinsame Best-PracticeAnsätze und Lösungen sowohl in der Begleitausstellung als auch in Vorträgen. In Open-Space-Workshops standen Governikus-Experten für die Themenwünsche der Teilnehmer zur Verfügung. Vor allem das Thema “besonderes Behördenpostfach”, das gemäß aktueller Gesetzeslage im elektronischen Rechtsverkehr ab 1. Januar 2018 zum Tragen kommt, beschäftigt derzeit viele Verwaltungsmitarbeiter. In

einem 90-minütigen Workshop wurden Fragen beantwortet und Möglichkeiten zur Umsetzung auf Basis vorhandener Komponenten, beispielsweise aus den Anwendungen des IT-Planungsrates Governikus und Governikus MultiMessenger, aufgezeigt. Auch Themen rund um den Portalverbund sowie die Notwendigkeit zur Serviceorientierung standen bei den Workshops im Mittelpunkt.

Als Aussteller und Sponsoren waren die Governikus-Partner Administration Intelligence, Bechtle, bol Systemhaus, Ceyoniq, codia Software, Computacenter, Deutsche Post, Fabasoft, Form-Solutions, inoovo, Kodak alaris, Lava, Materna, Microsoft, NetApp, Optimal Systems, PDVSysteme, Red Hat, rubicon, sitepark, Software AG und WMD Group auf der Governikus Jahrestagung vertreten. Die Partner präsentierten ihre Lösungen in Kombination mit GovernikusKomponenten.

“Wir freuen uns, dass es uns gelungen ist, derart viele Teilnehmer und Partner zusammenzubringen. Nur gemeinsam ist es möglich, die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen”, so Dr. Stephan Klein, Geschäftsführer der Governikus GmbH & Co. KG. Präsentationen und Impressionen zur Governikus Jahrestagung 2017 finden sich unter www.jahrestagung.governikus. de.

*Petra Waldmüller-Schantz ist bei der Governikus GmbH & Co. KG aus Bremen tätig.

“Making Digital Work”

Computacenters Antwort auf die digitale Transformation

(BS/Dr. Carsten Jürgens*) Der Geschäftsbereich “Public” bei Computacenter legt vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung in deutschen Ämtern, Behörden und öffentlichen Institutionen ein rasantes Wachstum vor. Grund genug für den IT-Dienstleister, sein Vertriebsteam für öffentliche Auftraggeber breiter aufzustellen und das Sales-Management deutlich auszubauen.

Sei es mit Apps, über die Bürger bestimmte Services in Anspruch nehmen können, mobilen Endgeräten, mit denen Mitarbeiter ortsunabhängig arbeiten können, oder CloudPlattformen zur effektiven Zusammenarbeit mit Kollegen und Partnern: Deutsche Behörden und öffentliche Institutionen setzen derzeit auf eine massive Digitalisierungsinitiative und stellen sich zeitgemäß und effizient im digitalen Zeitalter auf. Die passenden Lösungen für die digitale Transformation der deutschen Verwaltung fasst Computacenter mit “Making Digital Work” zusammen.

Drei neue Markennamen

Darunter fallen drei neue Markennamen: “Digital Me. IT designed for people” vereint alle Services für den digitalen Arbeitsplatz. Denn gerade um mit Unternehmen als attraktivem Arbeitgeber konkurrieren zu können, um produktiver arbeiten und sich agil auf sich verändernde Anforderungen einstellen zu können, sind digitale Werkzeuge für die Mitarbeiter das A und O. Mit “Digital Me” stellt Computacenter jeden einzelnen Mitarbeiter ins Zentrum der digitalen Transformation der gesamten Organisation. Entsprechend seines Workstyle und seinen Bedürfnissen entwickelt der IT-Dienstleister digitale Identitäten und stattet sie mit Plattformen, CollaborationTools, Informationen und Selbständigkeit aus, um ihre Leistung und ihre Zufriedenheit zu erhöhen.

Sichere Cloud-Technologie für die Digitalisierung

Die Cloud-Lösungen und hybriden IT-Landschaften, auf deren Basis digitale Services schnell, skalierbar und kostengünstig zur Verfügung stehen, fasst Computacenter unter dem neuen Markennamen “Digital Power. Cloud accelerating business” zusammen. Damit wird der Digitalisierung, den neuen Anforderungen an zentrale Datacenter-Infrastrukturen und Arbeitsweisen Rechnung getragen. Der Tendenz zur

IKT-Beschaffertage 2018

14. – 15. März 2018, München

Die Beschaffung von Leistungen aus dem Bereich der Infor mationsund Kommunikationstechnologie (IKT) stellt regelmäßig besondere Anforderungen sowohl an die Vergabestellen, als auch an die potentiellen Bieter. Die Vergabever fahren müssen den hohen Anforderungen an die zu beschaffenden Produkte gerecht werden. Eine sorgfältige Vorbereitung und Durchführung ist daher für einen wirtschaftlichen Vergabewettbewerb unerlässlich. Diesen und weiteren Themen widmen sich die IKT-Beschaffertage – wir freuen uns auf eine spannende Tagung gemeinsam mit Ihnen.

www.ikt-beschaffertage.de

Veranstalter: Fachliche Leitung:

Konsolidierung von IT-Infrastrukturen stellt das Unternehmen hier ein umfassendes Angebot gegenüber. Dabei spannt der IT-Dienstleister über alle angebotenen Lösungskonzepte sein ganzheitliches SecurityNetz, das sich insbesondere an den hohen Sicherheitsanforderungen im Behördenumfeld orientiert und unter dem Markennamen “Digital Trust. Mastering business security” zusammengefasst wird. Denn gerade wenn es um Auftraggeber wie Bundesämter, Länder und Kommunen, Polizei oder Bundeswehr geht, müssen deren ITInfrastrukturen zuverlässig vor Cyber-Angriffen und Ausfällen geschützt werden. “Dadurch steigt nicht nur insgesamt der Bedarf an digitalen Lösungen seitens öffentlicher Auftraggeber. Die Herausforderungen der zahlreichen Digitalprojekte nehmen derzeit auch deutlich zu, was wir beispielsweise an den wachsenden Ausschreibungsvolumina feststellen”, erklärt Patrick Pensel, Direktor Geschäftsfeldentwicklung Öffentliche Auftraggeber bei Computacenter. “Diesen wachsenden Bedarf beantworten wir mit einer neuen Beraterstruktur in unserem PublicBereich – und treiben damit aktiv die Digitalisierung der deutschen Verwaltung voran.”

Vertriebsmanagement

ausgebaut

Direktor Öffentliche Auftraggeber und Mitglied der Geschäftsleitung ist Manfred Lieske, der damit verantwortlich für das gesamte Geschäftsfeld ist.

Die neue Rolle des Direktors Geschäftsfeldentwicklung hat Patrick Pensel übernommen.

Dr. Carsten Jürgens, der diese Funktion ehemals erfüllte, verantwortet jetzt mit seinem Vertriebsteam das Datacenter-, Security- und Netzwerk-Geschäft für Bundesbehörden. Sein Pendant für Länder und Kommunen ist Torsten Bartsch Um alle Themen, die sich rund um die Anwender und deren Bedarf an IT-Unterstützung drehen, kümmert sich Regional Sales Manager Anne Eyb mit

Themen 2018 u.a.:

» Beschaffung von CloudLeistungen

» Beschaffung eines 12MWRechenzentrums

» Beschaffung einer ERP-Lösung im wettbewerblichen Dialog

ihrem bundesweit aufgestellten Team.

Gleichzeitig hat Computacenter zwei der drei Units, aus denen das Public-Team besteht, aufgeteilt und so deren Schlagkraft erhöht: Die Unit Bund, die ausschließlich mit den deutschen Bundesbehörden zusammenarbeitet, besteht ab sofort aus den zwei Abteilungen Zivile Bundesverwaltung, geleitet vom bisherigen Direktor Marco Zwanzig, und Innere und Äußere Sicherheit, deren Leitung Direktor Thomas Bartsch übernimmt.

Computacenter: “Mit dem erweiterten Vertriebsteam und dem umfassenden Portfolio reagieren wir auf die Herausforderungen der öffentlichen Auftraggeber angesichts der zunehmenden Digitalisierung.” Foto: BS/Computacenter

Die Unit Länder und Kommunen wird geografisch aufgeteilt: Das Team, das die öffentlichen Auftraggeber in Norddeutschland bedient, wird von Direktor Christian Bressem geleitet. Direktor Lars Neumann verantwortet die Leitung des neuen Teams Länder und Kommunen Süd.

Für die Kunden Bundesagentur für Arbeit und Deutsche Rente ist nach wie vor Direktor Michael Dorn zuständig. Weitere Informationen sind unter www.computacenter.de abrufbar.

*Dr. Carsten Jürgens ist Unit Director Core IT Bund beim Unternehmen Computacenter.

» Ver handlungs- und Nachprüfungsverfahren

» Eignungsprüfung und Ausschluss

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 42 Informationstechnologie S042_BS12_All_cl
Bei der Digitalisierung der Verwaltung ist oftmals auch Kreativität gefordert, um innovative Lösungsansätze in der Praxis zu implementieren. Foto: BS/Governikus Manfred Lieske, Direktor Öffentliche Auftraggeber und Mitglied der Geschäftsleitung bei

Digitale Verwaltung per E-Akte

Sechs Erfolgsfaktoren für die Einführung (BS/Jörg Scholz*) Software auswählen, installieren und fertig? So leicht lassen sich Lösungen zur elektronischen Aktenführung in der öffentlichen Verwaltung leider nicht implementieren. Mit der elektronischen Akte (E-Akte) bearbeiten die Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung Vorgänge sicher, schnell und bürgernah. Doch in der Umsetzung stellen komplexe IT- und Prozesslandschaften hohe Anforderungen.

Eine reibungslose Einführung erfordert ein strukturiertes und ganzheitliches Vorgehen. Diese sechs Faktoren sollten Behörden dabei beachten:

1. Bekanntes nutzen, Mobilität ermöglichen

Für durchgängig digitale Geschäftsprozesse sollte die E-Akte so weit wie möglich in alle genutzten Anwendungen mit den gewohnten Nutzeroberflächen integriert werden. Für noch mehr Flexibilität und Effizienz sorgt die Bereitstellung sicher gemanagter mobiler Endgeräte und Apps. So können Teammitglieder und Führungskräfte jederzeit und von jedem Ort mit der E-Akte arbeiten.

2. Fachverfahren einheitlich integrieren

Von der E-Akte ist eine hohe Anzahl sehr unterschiedlicher Fachverfahren betroffen. Um Chaos von vorneherein zu vermeiden, sollte das System in den verschiedenen Ressorts mit einheitlichen Standards und Integrationstechnologien eingeführt werden. Das stellt eine medienbruchfreie Bearbeitung und die langfristige Release-Fähigkeit der Systeme sicher.

3. Anwendungsakzeptanz schaffen

Damit eine so umfassende Änderung der Arbeitsroutine ange-

nommen wird, ist es unabdingbar, alle Beteiligten rechtzeitig zu informieren und einzubinden. Basis für die Akzeptanz ist dabei immer, dass die neuen Prozesse so einfach wie möglich funktionieren und die E-Akte deutliche Verbesserungen in der Verwaltungsarbeit bewirkt.

4. Flächendeckend implementieren

Um Potenziale einer digitalen Verwaltung wirklich auszuschöpfen, muss behörden- bzw. bereichsübergreifend gedacht werden. Obwohl einzelne Abteilungen voneinander abweichende Anforderungen an das neue Werkzeug haben können, sollte sichergestellt werden, dass die Zusammenarbeit trotzdem möglich ist. Dafür werden individuelle Anpassungen am Lösungsstandard idealerweise strukturiert und innerhalb klar definierter Grenzen realisiert.

5. Verfügbarkeit garantieren

Die E-Akte muss wie eine Papierakte rund um die Uhr verfügbar sein. Systemausfälle, Nutzungseinschränkungen oder Datenverlust sind für die tägliche Arbeit absolut inakzeptabel – eine hochverfügbare und performante IT-Architektur ist unverzichtbar.

Effizienz im Namen des Herrn

Digitalisierung kirchlicher Organisationen (BS/Benedikt Leder*) Prozessabläufe rund um das Rechnungswesen sind in den meist dezentral organisierten Kirchenverwaltungen häufig noch gewachsene Gebilde mit einer Vielzahl von individuellen Arbeitsschritten. Wie Kirchengemeinden von durchgängig digitalen Prozessen profitieren können, zeigt das Beispiel Hildesheim.

Mit dem Bistum Hildesheim stellt eines der flächengrößten Bistümer Deutschlands derzeit das Gemeinderechnungswesen auf eine einheitliche Lösung um. Auf deren Basis übernehmen der GemeindeService Finanzen (GSF) des Bistums und der zuständige Verwaltungsbeauftragte zentrale Aufgaben. Sie unterstützen und entlasten damit die 119 Kirchengemeinden und die 310 Mandanten des Bistums.

Zu den Aufgaben, die der GSF zunehmend zentral erledigt, gehören das Rechnungswesen, die Anlagenbuchführung, die Kosten- und Leistungsrechnung sowie der Zahlungsverkehr. Darüber hinaus kümmert er sich um übergeordnete Belange, wie etwa das Berichtswesen, die Buchführung der offenen Posten und das Mahnwesen.

Zum Einsatz kommen dafür speziell auf kirchliche Belange zugeschnittene DATEV-Programme in Kombination mit einer Cloud-Lösung für die Belegerfassung in den einzelnen Einrichtungen. Der technische Betrieb der Software findet im Rahmen des Application Service Providings (ASP) im Rechenzentrum der DATEV in Nürnberg statt. Aus dem browserbasierten System DATEV Unternehmen online erhalten die GSF-Mitarbeiter die Datenbasis für ihre Tätigkeiten. Darin erfassen die dezentralen Einrichtungen der Gemeinden, die weiterhin für die Rechnungseingangsprüfung zuständig sind, ihre Belege, indem sie sie in die Online-Belegverwaltung im DATEV-Rechenzentrum hochladen.

Auch ihre Kassenbücher führen die angeschlossenen Ein-

6. Datenschutz und IT-Sicherheit verankern

Die in den elektronischen Akten gespeicherten Daten sind sensibel – und benötigen deshalb höchsten Datenschutz und -sicherheit. Dienstleistende ITUnternehmen, die Behörden bei der Einführung unterstützen, müssen geeignete organisatorische und technische Maßnahmen (z. B. Rechte- und Rollenkonzepte) implementieren sowie alle relevanten gesetzlichen Vorschriften des Datenschutzes kennen und deren Einhaltung sicherstellen.

*Jörg Scholz ist Vice President Public & Health Solution Consulting bei T-Systems International

Blick in die E-Akte-Praxis

Warum haben Sie die E-Akte eingeführt?

Ortseifen: Die elektronische Aktenführung leistet einen wichtigen Beitrag zur fortlaufenden Verwaltungsmodernisierung bei der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden. Gemeinsam mit unserem Generalunternehmer T-Systems haben wir dabei sukzessive eine sogenannte serviceorientierte Architektur umgesetzt, mit der die zahlreichen Fachverfahren in einer Kommunalverwaltung über intelligente Schnittstellen mit einem möglichst hohen Automationsgrad integriert werden. Im Gesamten geht es insbesondere darum, E-Government mit begleitenden notwendigen organisatorischen Veränderungen sowie einem proaktiven Changemanagement möglichst nachhaltig, aber auch mit Fingerspitzengefühl umzusetzen.

Wer nutzt die Lösung?

Ortseifen: Mittlerweile arbeiten täglich zahlreiche Anwender aus verschiedenen Ämtern der Stadtverwaltung Wiesbaden (u. a. Sozial- und Finanzbereich) mit der elektronischen Aktenführung. Weitere adaptive Lösungen – wie eine mobile E-Akte-App, ein stadtweites Vorlagenmanagementtool, der geplante Einsatz eines DigiPens sowie der Aufbau einer E-Akte-Infra-

struktur als Cloud-Lösung – komplementieren die Systemarchitektur sinnvoll.

Welche Vorteile können Sie sehen?

Ortseifen: Bei einer Kommunalverwaltung mit mehr als 240 Fachverfahren ist es strategisch zwingend notwendig, organisationsübergreifend in der Verwaltung mit möglichst standardisierten Lösungen – wie einem einheitlichen Dokumentenmanagementsystem – zu arbeiten. Die Landeshauptstadt Wiesbaden stellt dabei insbesondere stadtweit rechtskonforme und revisionssichere Dokumentenflüsse und -aufbewahrungen sicher und modernisiert schrittweise organisatorische Geschäftsprozesse.

Über die praktischen Erfahrungen mit der E-Akte vor Ort berichtet Dr. Thomas Ortseifen, IT-Management der Landeshauptstadt Wiesbaden.

Foto: BS/Landeshauptstadt Wiesbaden

richtungen im DATEV-System online. Der GSF aggregiert diese Daten und konsolidiert monatlich beziehungsweise jährlich die benötigten Abschlüsse. Für die Angestellten bedeuten die neuen Prozesse und die neue Software nicht nur eine Erleichterung der täglichen Arbeit, sondern auch eine deutlich verbesserte Zusammenarbeit untereinander. Das Einführungsprojekt startete 2016 mit einer ersten Phase für einen überschaubaren Anwenderkreis. Im Rahmen mehrerer Projektschritte werden nun sukzessive immer mehr Einrichtungen eingebunden. Die flächendeckende Einführung im Gesamtbistum wird bis 2020 abgeschlossen sein.

Der Entscheidung für die Lösung ging ein ausführlicher und umfangreicher Auswahlprozess voraus. Maßgeblich war dabei unter anderem, dass die DATEV die Kernkompetenz im Rechnungswesen besitzt und die hohen Anforderungen in Sachen Datenschutz und Datensicherheit erfüllt. Ihre Spezialisten können inzwischen eine Reihe erfolgreicher Projekte im kirchlichen Umfeld vorweisen. Charakteristisch ist dabei, dass vorhandene Technologien und Produkte im Rahmen eines ausführlichen CustomisingProzesses an die individuellen Vorgaben und Wünsche angepasst wurden. Dabei hat der Dienstleister nicht nur die Bedürfnisse großer Verwaltungen im Blick, sondern bedient gezielt auch die “Kleinen” mit passenden Lösungen.

*Benedikt Leder ist für die DATEV eG tätig.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 43 Informationstechnologie S043_BS12_All_dach

Initiative D21 präsentiert die Zahl des Monats

„Digitale was?“

Online-Angebote der Verwaltung vielfach unbekannt (BS/Roland Dathe*) Wir befinden uns im Jahre 2017 n. Chr. Alle Bereiche unseres Lebens sind von der Digitalisierung durchdrungen... alle Bereiche? Nein – die unbeugsamen Institutionen hören nicht auf, dem digitalen Eindringling Widerstand zu leisten.

So würde die Einleitung zur digitalen Verwaltung in Deutschland lauten, wenn sie ein Asterix-Comic wäre. Dabei sind die Zeichen der Zeit längst erkannt – vor der Bundestagswahl gaben alle Parteien an, hier deutlich mehr investieren zu wollen. Und eine Modernisierung könnte für die Bürgerinnen und Bürger viele Vorteile und Erleichterungen mitbringen. Zwar gibt es bereits verschiedene Online-Angebote, doch von einem flächendeckenden Angebot sind wir aktuell noch weit entfernt.

So überrascht es auch nicht, dass sich diese vielfach noch gar nicht herumgesprochen zu haben scheinen – noch immer mangelt es vor allem an der Bekanntheit. Nicht Skepsis oder andere Barrieren sind die Hauptgründe, warum so viele Bürgerinnen und Bürger keine digitalen Angebote wahrnehmen, sondern schlichtweg Unkenntnis. Bei der Befragung für den eGovernment MONITOR

2017 gaben ganze 48 Prozent an, dass ihnen derartige Online-Angebote gar nicht bekannt seien.

Immerhin: Im Gegensatz zum Vorjahr ist die Bekanntheit um neun Prozent gestiegen, zufriedenstellend ist sie aber nach wie vor nicht. Zwar scheinen die ergriffenen Maßnahmen langsam Wirkung zu zeigen, es bleibt aber Aufgabe von Politik und Behörden, die Bevölkerung beim digitalen Wandel mitzunehmen

41% 

Fast die Hälfte der Bevölkerung hat noch nie etwas von digitalen Verwaltungsangeboten gehört.

und zu überzeugen. Denn Bekanntheit heißt noch nicht, dass die Bürgerinnen und Bürger die digitalen Angebote auch in Anspruch nehmen. Die Vorteile der Online-Nutzung wie z. B. Vermeidung von Behördengängen und eine schnellere Bearbeitung müssen aufgezeigt werden.

Wohlbekannte Barrieren bleiben bestehen

Auch die Notwendigkeit zusätzlicher Hardware, z. B. die Anschaffung eines Kartenlesegeräts, stört 48 Prozent der Deutschen und hält sie von der Online-Nutzung ab. Dies ist sicherlich auch einer der Gründe, warum die eID-Funktion des deutschen Personalausweises sehr selten bis gar nicht von Bürgerinnen und Bürgern genutzt wird. Im Vergleich zu letztem Jahr nahmen die Bedenken hier sogar um acht Prozentpunkte zu. Nahezu die gleiche Prozentzahl, nämlich 47 Prozent der Befragten, bemängelt, dass eine vollständige Abwicklung der Angebote im Internet oft nicht möglich sei. Dies sowie generell

undurchschaubare Strukturen der Angebote wirken sich negativ auf die Nutzung aus. Fakt ist, die seit langer Zeit wohlbekannten Hürden bleiben bestehen. Online-Behördendienste müssten in Zukunft grundlegend aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger gedacht, konzipiert und zugeschnitten werden, um eine Nutzung zu stimulieren. Die Menschen haben klare Ideen und Vorstellungen, wie sie sich eine moderne Behörde vorstellen. Eine Nutzung von Online-Diensten muss für sie mit einem direkten Mehrwert verknüpft sein und neben einer deutlichen Zeitersparnis steht auch eine Minimierung der Gebühren im Fokus. Dies könnte einen prekären Erfolgsfaktor bei der Entwicklung neuer OnlineDienste darstellen und sollte von Verantwortlichen unbedingt mit bedacht werden. So gelingt es dann hoffentlich auch, die letzten gallischen Dörfer mitzunehmen.

*Roland Dathe ist Pressereferent bei der Initiative D21.

Bremer E-Rechnung kommt 2018

Weitere Implementierung erfolgt sukzessive (BS/ab) Die Freie Hansestadt Bremen werde den Bundestermin für die Einführung der E-Rechnung bis Ende 2018 einhalten, erklärte Rainer Heldt, Leiter der dortigen Stabsstelle für Haushaltsreformen auf der Governikus Jahrestagung in Berlin (mehr zu dem Kongress auf Seite 42).

Grundlage für die Einführung der E-Rechnung ist die Umsetzung einer EU-Richtlinie. “Parallel zum europäischen Prozess entstand in Deutschland die XRechnung”, erläuterte Anna Dopatka von der Koordinierungsstelle für IT-Standards aus Bremen den Entwicklungsprozess. Laut Dopatka werde die XRechnung alle geforderten Standards einhalten und alle wichtigen Informationen abfragen. “Durch den Beschluss des IT-Planungsrats ist XRechnung maßgeblich für die Umsetzung der Europäischen Richtlinie in der Verwaltung. Aber dies heißt nicht, dass es keine weiteren E-Rechnungsformate geben kann”, betonte die Koordinatorin. “Weberfassung und viele andere Dinge müssen einheitlich und unkompliziert sein. Die Mehrfachregistrierung darf nicht kommen”, forderte Stabsstellenleiter Heldt. Seiner Ansicht nach braucht es einen bundesweiten gemeinsamen Webservice – wie das Servicekonto. Dadurch könnten E-Rechnungen bundesweit verschickt werden, ohne dass der Rechnungssteller bei mehreren Rechnungsplattformen angemeldet sein müsse. Ein strittiger Aspekt, der auch in Bremen intensiv diskutiert wurde, ist die Bagatellgren-

Dem Bürger ganz nah

Brüssel und die digitale europäische Zusammenarbeit

(BS/ab) “Deutschland ist nicht mit Estland zu vergleichen. Unsere Vergleichspartner sind Spanien oder Frankreich. Aber auch ihnen gegenüber machen wir im Hinblick auf Digitalisierung und IT-Konsolidierung keine gute Figur”, resümierte Peter Batt, IT-Direktor im Bundesinnenministerium, auf der Herbsttagung des Nationalen E-Government Kompetenzzentrums e. V. (NEGZ). Der Mensch stehe im Fokus, um die Interoperabilität zu verbessern und sich damit selbst nach vorne zu treiben.

Batt gab zu bedenken: “Wir haben eine Verwaltung, in der Menschen sitzen, die sich und ihre Verwaltung nicht verändern möchten. Obwohl sie die neuen Technologien positiv bewerten”. Als Grund gelte die Angst vor der Wegrationalisierung des eigenen Arbeitsplatzes. Jedoch könne dies auch als Chance begriffen werden, wandte Prof. Dr. Maria A. Wimmer ein. Die Professorin und Leiterin der Forschungsgruppe Verwaltungsinformatik/EGovernment der Universität Koblenz-Landau fuhr fort: “Das Durchschnittsalter in den Verwaltungen ist dermaßen hoch, dass ohne Digitalisierung die Pensionierungswelle nicht aufgefangen werden kann.” Die Menschen trügen somit entscheidend dazu bei, inwiefern die Zusammenarbeit und die technische Verschmelzung der europäischen Staaten in Zukunft fort- und umgesetzt werden könne.

Interoperabilität als Zukunftsvision

Unter Interoperabilität wird die Zusammenarbeit zwischen Systemen, Technologien oder Organisationen verstanden. Im Zusammenhang mit der Digitalisierung könnten gemeinsame Plattformen entstehen, durch die grenzüberschreitend agiert werden kann. Aber es reiche nicht, nur die Plattformen zu schaffen. “Interoperabilität muss ganzheitlich gedacht wer-

den”, so Wimmer. Es gehe um Interaktionsprozesse, die bei dem Individuum beginnen und selbstständig laufen müssen. Die Professorin betonte: “Serviceorientiertes und prozessorientiertes Denken und Handeln ist wichtig. Wir müssen die Rahmenbedingungen für den Datenaustausch schaffen.”

Dazu gehöre auch, die Semantik wie die notwendigen Fachbegriffe anzugleichen. Daneben brauche es einen sicheren Datentransport und eine von allen Staaten anerkannte europäische Infrastruktur zur Personenidentifikation. Bei der Entwicklung für Portalverbunde zum Zwecke der E-Rechnung oder zum Studentenaustausch müssten sich alle Länder beteiligen. Die Regierungen seien dabei in der Pflicht, die Digitalisierung zu steuern und zu organisieren. Sinnvoll sei es, Wimmer, dass

Wissensdatenbanken angelegt würden, auf denen Servicekataloge, relevante Lösungen sowie Standardisierungen publik gemacht würden.

Was tut Brüssel?

“Brüssel versucht, Hilfestellung zu leisten”, sagt Dr. Carl-Christian Buhr, stellv. Kabinettschef im Kabinett von EUKommissarin Marija Gabriel für digitale Wirtschaft und Gesellschaft. Es werde versucht, den Austausch zu organisieren und Ideen zu verbreiten. “Interessanterweise tauschen sich manche Staaten nicht von selbst aus, so helfen wir nach”, sagt Buhr. Des Weiteren sei geplant, dass die Programme für den Ausbau der digitalen Infrastruktur ab 2021 mehr Gelder erhalten. Denn die IT-Erneuerungen kämen nicht aus dem IT-Haushalt, sondern von jenen Programmen.

Das Gemeinwohl in der digitalen Welt

Internet Governance Forum diskutiert gesellschaftliche Zukunftsideen (BS/wim) Nicht nur das Privatleben, sondern auch der öffentliche Raum müssen für das digitale Zeitalter neu definiert werden. Das war das Fazit von Peter Batt, Abteilungsleiter IT beim Bundesministerium des Innern (BMI), beim 9. Internet Governance Forum Deutschland (IGFD), welches Mitte November in Berlin stattfand.

Das Forum hatte zum Ziel, in der Diskussion über die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung nicht mehr nur über das private Individuum zu sprechen, sondern einen größeren Fokus auf allgemeine Gesellschaftsthemen zu legen. Batt forderte, dass das Internet als Infrastruktur vom Staat geschützt werden müsse, da es durch seine “hohe Wichtigkeit für die Gesellschaft zentral für das Gemeinwesen” sei. Aus diesem Grunde müsse auch auf jeden Fall die Netzneutralität beibehalten werden und der Staat solle sich zusätzlich bei der Regulierung des Netzes dezent verhalten und keinerlei Zensur ausüben oder diese durch Dritte erlauben.

aktives Miteinander im Netz:

“Das Internet ist kein Schaufenster, wo Menschen Inhalte nur ansehen.” Stattdessen könne und solle sich die Bevölkerung in die digitale Gesellschaft mit einbringen und über Inhalte mitdiskutieren. Als Beispiel nannte Busse dabei das hauseigene Projekt Wikipedia, welches von der aktiven Partizipation seiner Mitglieder lebe und sich zusätzlich auch das Thema Transparenz groß auf die Fahne geschrieben habe.

zu veröffentlicht Google im Zuge einer eigenen Transparenzkampagne zweimal jährlich einen Unternehmensbericht und hat einen Beirat zum sogenannten “Recht auf Vergessenwerden” eingerichtet.

ze für E-Rechnungen. Offiziell soll es eine Bagatellgrenze bis 100 Euro geben. Jedoch werde diese 2020 bis 2022 evaluiert. “Wahrscheinlich setzen wir sie dann auf null runter”, vermutete Heldt.

Europäische Integration nach Implementierung hierzulande

Im Hinblick auf die Zukunft der E-Rechnung bleibt noch die Europäische Standardisierung. Auf internationaler Ebene existierte das Projekt Pan-European Public Procurement OnLine (PEPPOL). Dieses sollte grenzüberschreitende elektronische Standards bei den öffentlichen Vergabeverfahren innerhalb der EU ermöglichen, indem es eine Infrastruktur dafür aufbaute. Nach seinem Ablauf wurde es

2012 unter dem Namen OpenPEPPOL von einem belgischen Unternehmen fortgesetzt. Obwohl Deutschland am Projekt beteiligt war, ist es aktuell nicht an diese Infrastruktur angeschlossen.

“Dies kann aber noch kommen, wenn die XRechnung deutschlandweit implementiert ist”, erklärte Dopatka gegenüber dem Behörden Spiegel. Dann könnten sich die einzelnen Verwaltungen anmelden und seien europaweit erreichbar. “OpenPEPPOL übernimmt die Funktion eines Postunternehmens”, erläuterte die Koordinatorin. Damit würden auch die Kommunen und Städte ein einheitliches “elektronisches Postfach” für ihre eingehenden Rechnungen erhalten.

Neben diesen Grundforderungen aus dem BMI gab es noch weitere Impulse aus Wissenschaft und Wirtschaft. So plädierte Ricarda Busse von der Wikimedia Foundation für ein

MELDUNG

In eine ähnliche Kerbe schlug auch Sabine Frank von Google, die den Kern aller Dienste des Unternehmens auf den Informationsaustausch zwischen Menschen im Internet definierte. Für die Internetplattform gelte es dabei immer, eine Balance zwischen gesellschaftlichen Werten wie Meinungsfreiheit und Hausregeln innerhalb der eigenen Dienste zu schaffen, die auf geltendem Recht basierten. Da-

Startschuss für “digital@bw”

(BS/gg) Mit dem Startschuss der Digitalisierungsstrategie “digital@bw” erfolgt nun in BadenWürttemberg die Umsetzung von 67 Leuchtturmprojekten.

265 Millionen Euro will das Land in den nächsten zwei Jahren für die Digitalisierung ausgeben –bis 2021 insgesamt eine Milliarde Euro.

So soll im Zuge der Digitalisierung u. a. 2018 eine digitale Bildungsplattform starten, die einen Beitrag dazu leisten soll,

alle Generationen auf die digitale Zukunft vorzubereiten.

Im Bereich der Mobilität sollen Projekte u. a. Verkehrsdaten dazu nutzen, Staus und Gefahren zu reduzieren und das autonome Fahren im Öffentlichen Personennahverkehr zu erproben.

Um die Digitalisierung in den Behörden voranzutreiben, sollen Mitarbeiter in der Landesund Kommunalverwaltung fortgebildet und innovative Projekte in der Fläche vorangebracht wer-

Das von den Vereinten Nationen sanktionierte Internet Governance Forum Deutschland versteht sich als gesamtgesellschaftlichen Think Tank zu allen Themen, die mit der digitalen Gesellschaft zu tun haben. Durch eine “Multi-Stakeholder”Philosophie mit Mitgliedern aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft sollen alle Gesellschaftsgruppen gleichwertig in der Diskussion um eine bessere Zukunft für alle vertreten sein. Neben dem jährlichen nationalen IGFD gibt es auch eine internationale Veranstaltung. Wenn es nach den deutschen Organisatoren geht, soll diese im Jahr 2019 nach Berlin kommen.

den. So soll beispielsweise ein Zentrum für E-Government bei den kommunalen Rechenzentren aufgebaut werden.

Die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie “digital@bw” wird auch eines der Topthemen des Kongresses “Baden-Württemberg 4.0” sein, den der Behörden Spiegel in Kooperation mit der Stabsstelle Digitalisierung am 3. Juli 2018 in Stuttgart veranstaltet.

Seite 44 Behörden Spiegel / Dezember 2017 Informationstechnologie S044_BS12_All_dach
Peter Batt, Dr. Ralf Resch, Dr. Carl-Christian Buhr, Prof. Dr. Helmut Krcmar, Dirk Stocksmeier, Prof. Dr. Maria A. Wimmer und Prof. Dr. Peter Parycek (v.l.n.r.) diskutieren die Vernetzung in Europa und welche Entwicklung sie nehmen wird. Foto: BS/Bednarski Sören Bergner (Bundesministerium des Innern), Martin Rebs (Schütze Consulting AG), Dr. Stephan Klein (Governikus/Moderator), Anna Dopatka (KoSIT) und Rainer Heldt (Freie Hansestadt Bremen) (v. l.) diskutierten im dbb Forum in Berlin über die XRechnung. Foto: BS/Governikus

Es braucht auch “Spinner”

Sicherheitsdenken vs. Experimentierfreudigkeit

(BS/ab) Start-up-Mentalität: Mit hoher Geschwindigkeit werden neue und ungewohnte Denkansätze produziert. Die Wirtschaft profitiert davon, weshalb sollte es nicht auch in der öffentlichen Verwaltung funktionieren? Innovative Mitarbeiter gibt es zur Genüge, aber offenbar genauso viele Hemmnisse, um dieses Potenzial effektiv einzubinden.

Berührungsängste spielen dabei eine eher untergeordnete Rolle, denn mehr als die Hälfte der Behördenmitarbeiter und sogar 76 Prozent der Start-ups räumen einer Kooperation einen hohen bis sehr hohen Stellenwert ein. Dies ergab eine Umfrage des Instituts für den öffentlichen Sektor e. V. zur Zusammenarbeit von Start-ups und mit der öffentlichen Verwaltung.

Jedoch spiegelt die Praxis dieses grundsätzliche Interesse bislang nicht wider. So gaben 70 Prozent der befragten Behörden sowie mehr als die Hälfte der Start-ups an, bisher noch keinerlei Geschäftsbeziehungen miteinander eingegangen zu sein.

Die Ursachen hierfür wurden beim Treffen der Projektgruppe “Digitale Innovation in der öffentlichen Verwaltung” in Berlin deutlich. Noch stehen Hemmnisse, etwa Mentalitätsunterschiede, der Kooperation im Weg. So trifft die “Null-Fehler-Mentalität” der Behörden auf das bei Start-ups gängige Prinzip des “Trial-and-Error”.

Diese grundlegend unterschiedlichen Ansätze erzeugen bei den Start-ups ein hohes Maß an Skepsis insbesondere hinsichtlich der Handlungsschnelligkeit ihrer potenziellen Partner in der öffentlichen Verwaltung. So stellen die langwierigen Entscheidungsprozesse und Reaktionszeiten der Behörden für fast 90 Prozent der jungen Unternehmen ein mittelgroßes bis großes Hindernis für eine Zusammenarbeit dar.

“Die Bürgermeister und Stadtkämmerer sind aufgeschlossen und innovationsfreudig”, beschrieb Friedrich von Jagow vom Start-up-Unternehmen CommneX, seine Erfahrungen. Aber es ergäben sich andere Probleme, etwa mit Blick auf die technische Ausstattung. “Dann arbeitet die Stadt noch mit dem Internet Explorer 6, der von unserer Plattform nicht unterstützt wird”, so sein Beispiel. Hier brauche es Modernisierung. Zudem müsse die öffentliche Verwaltung sich am Markt besser präsentieren, denn sie habe ein enormes Marktpotenzial. “Behörden müssen die Probleme und den Bedarf offenlegen, dann kann darauf reagiert werden”, so von Jagow.

Zertifizierung könnte Vertrauen in Start-ups erhöhen

“Die Seriosität der Jungunternehmen spielt eine gewichtige Rolle”, erklärte Dr. Ferdinand Schuster, Geschäftsführer des Instituts für den öffentlichen Sektor e. V. Es brauche Zertifizierungen, um das Vertrauen der Behörden in die Startup-Unternehmen zu erhöhen. 82 Prozent würden darin ein entscheidendes Kooperationshemmnis sehen. Zusätzlich seien Start-up-Verzeichnisse sinnvoll, damit Kommunen und Städte einen Überblick über die Gründerszene erhielten. So könne ein Netzwerk entstehen und der Austausch miteinander intensiviert werden. Hierdurch würden dann Prozesse angestoßen, die in konkrete Umsetzun-

gen münden würden. Grundlegend sei jedoch zunächst, dass beide Parteien aufeinander zugehen.

Öffnen für Innovationen

“Die Behörden müssen sich insgesamt für Innovationen öffnen und eleganter damit umgehen”, forderte Giso Schütz, ehemaliger Vizepräsident des Bundesverwaltungsamtes und Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Verwaltung (AWV). Er sei überrascht gewesen, wie kreativ sich seine Mitarbeiter im Rahmen von Workshops engagiert hätten, um Lösungen für verschiedene Herausforderungen zu finden. Diese hätte zuvor zumeist geschwiegen, da sie nicht involviert gewesen seien oder ihre Ideen keinen entsprechenden Anklang gefunden hätten. Sein Appell: “Es braucht auch “Spinner”, die mit ihren Ideen ankommen. Diese können die Basis für potenzielle Lösungen sein”. Es zeige sich, dass auch behördenintern durchaus Start-up-Mentalität bestehe, die gefördert werden könne. Hierbei sei insbesondere die Rückendeckung der Vorgesetzten wichtig, um kreativ arbeiten zu können. Es brauche “Straffreiheit für Ideen”, damit die entsprechenden Innovationen in der Verwaltung Einzug halten könnten. Geschäftsführer Schuster schlug in diesem Zusammenhang die Schaffung eigener Experimentierräume in den Behörden vor, in denen die Arbeitsweise agiler sein könnte und die mehr Freiräume für Innovationen ließen.

Auf der sicheren Seite

Rechtskonforme Messenger-Nutzung im Verwaltungsalltag möglich (BS) Weltweit kommunizieren 1,8 Milliarden Menschen über Messenger-Dienste. Die Hälfte davon nutzt die Apps nicht nur privat, sondern auch beruflich. Trotz mannigfaltiger Datenschutzbedenken ist WhatsApp unumstrittener Marktführer, hat allein in Deutschland 40 Millionen Nutzer. Immer mehr von ihnen setzen die App für die berufliche Kommunikation ein – die Datenschutzrisiken völlig ignorierend. Dabei gibt es sichere Alternativen. Über das Potenzial der Lösung SIMSme Business für den Einsatz in der öffentlichen Verwaltung sprach der Behörden Spiegel mit Marco Hauprich, Senior Vice President Digital Labs der Deutschen Post. Die Fragen stellte Guido Gehrt.

Behörden Spiegel: Herr Hauprich, warum bedarf es noch eines weiteren Messenger-Dienstes speziell für den geschäftlichen Einsatz?

Hauprich: Weil die verfügbaren Messenger-Dienste nahezu ausschließlich für den privaten Gebrauch geeignet und auch vorgesehen sind. WhatsApp beispielsweise schließt in seinen AGB die gewerbliche Nutzung explizit aus. Trotzdem nutzen sehr viele Menschen ihre privaten Messenger-Accounts auch für berufliche Zwecke. Das ist schon keine juristische Grauzone mehr, das verstößt schlicht gegen geltendes Recht. Denn WhatsApp ist für Unternehmen und Verwaltungen illegal. SIMSme Business ist dagegen ganz und gar für die Verwendung im Job vorgesehen. Insofern stoßen wir in einen gerade entstehenden Markt.

Behörden Spiegel: Was macht den Dienst für die öffentliche Verwaltung attraktiv?

Hauprich: Unsere App wurde stringent auf die Erfüllung der vielfältigen datenschutzrechtlichen Vorschriften hin entwickelt. Wir halten die Anforderungen des Bundesdatenschutzgesetzes, der EU-Datenschutzgrundverordnung und des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik genau ein. Dazu gehören stan-

dardmäßig die Ende-zu-EndeVerschlüsselung, die codierte Übertragung von Nutzerdaten und ein Zero-Knowledge-Ansatz. Will heißen, wir speichern nichts, was wir nicht unbedingt für ein funktionierendes System brauchen. Und ganz besonders wichtig für die öffentliche Hand: Alle unsere Server stehen auf deutschem Boden. Das verhindert nicht zuletzt einen Zugriff auf vorhandene Daten durch ausländische Nachrichtendienste.

Behörden Spiegel: Bringen Messenger so große Effizienzgewinne, dass sich dieser Aufwand lohnt?

Hauprich: Aber ja. Sie machen Kommunikation schneller, effizienter und bequemer. Messenger leisten viel mehr als nur die kurze Verabredung für die Kantine. Inhalte der letzten Führungskreissitzung, Arbeitsaufträge an Mitarbeiter im Außen-

dienst und auch schon mal eine Datei mit Bürgerbeschwerden – alles landet sofort beim richtigen Ansprechpartner, lange EMails mit CC- und BCC-Ketten entfallen. McKinsey hat ausgerechnet, dass ein konsequenter Messenger-Einsatz ein Produktivitätsplus von 30 Prozent bringt. Und was der Wirtschaft recht ist, kann der Verwaltung nur billig sein. Das auch vor dem Hintergrund der aktuellen Haushaltssituation der meisten öffentlichen Kassen.

Behörden Spiegel: Welche Funktionen bietet SIMSme Business den Verwaltungen?

Hauprich: Zunächst einmal natürlich die Standards: Übermittlung von Text-, Audio- und Videonachrichten, Standorten oder Kontaktdaten in Echtzeit. Präsentationen, Aktenstücke oder Sprachkommentare zu einzelnen Vorgängen lassen sich problemlos an Kollegen und Vorgesetzte versenden. Aber damit sind die Features nicht am Ende. Administratoren haben mit dem Management-Cockpit ein einfaches und intuitives Werkzeug zur Nutzer- und Lizenzverwaltung vom Desktop-Rechner aus. Außerdem lassen sich Push-Kanäle einrichten. Zusätzlich gibt es eine automatische Löschfunktion für Nachrichten und die Möglichkeit von Anpassungen im Bereich der Moderatorenfunktionen bei Gruppenchats.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 45 Informationstechnologie S045_BS12_All_cl
Marco Hauprich ist Senior Vice President Digital Labs bei der Deutschen Post AG. Foto: BS/Deutsche Post AG

Behörden mobilisieren

Sicherheit und Komfort beim mobilen Arbeiten in der öffentlichen Verwaltung

(BS/stb) Bei der Digitalisierung des Staates setzt sich der Servicegedanke durch. Verwaltungsangebote sollen zeitgemäß digital, mobil und nutzerfreundlich funktionieren, z. B. über den Portalverbund, der als One-Stop-Shop für alle Lebenslagen etabliert werden soll. Neben diesen öffentlich wahrnehmbaren Schnittstellen zwischen Verwaltung und Bürger muss die Digitalisierung aber auch innerhalb der Behörden, in den Arbeitsabläufen der Mitarbeiter ankommen und fortschreiten, wenn Effizienzgewinne erzielt werden sollen. Auch hier müssen Anwendungen und Prozesse zeitgemäß und nutzerfreundlich sein, um angenommen zu werden. Zunehmende Bedeutung haben in diesem Zusammenhang mobile Endgeräte, die ein flexibles Arbeiten ermöglichen.

Eine Herausforderung stellt hier der erhöhte Sicherheitsbedarf im Umfeld der öffentlichen Verwaltung dar. Bei Lösungen für das mobile Arbeiten müssen Sicherheit und Komfort miteinander einhergehen, damit sie tatsächlich genutzt werden.

Systeme für Mobile Device Management (MDM) spielen dabei eine entscheidende Rolle. Sie dienen der zentralen Verwaltung mobiler Endgeräte in einer Organisation. Um Risiken zu minimieren, die sich aus der Verwendung von Geräten ergeben, die eigentlich für private Verbraucher gedacht sind, werden über das MDM Sicherheitsrichtlinien etabliert und die Einhaltung überprüft. Sichergestellt wird so die Nutzung anforderungskonformer BetriebssystemVersionen oder hinreichender Zugriffsbeschränkungen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat in diesem Jahr einen Mindeststandard für MDM-Systeme veröffentlicht, der bindend für den Einsatz in Stellen des Bundes ist.

Konsolidierung von MDM

In der Praxis sind insbesondere die IT-Dienstleistungszentren für die öffentliche Verwaltung gefragt, alltagstaugliche und sichere Konzepte umzusetzen. Im Zuge der IT-Konsolidierung wird das ITZBund für immer mehr Bundesbehörden zum entscheidenden Partner. Der Direktor des Full-Service-Providers Dr.

Alfred Kranstedt versichert:

“Das ITZBund ist auf den zukünftig stark zunehmenden Bedarf an Lösungen für das mobile Arbeiten vorbereitet und kann seinen Kunden entsprechend ihrer Anforderungen und ihres Schutzbedarfes Dienste und Anwendungen, vor allem Apps, mobil bereitstellen.”

Ermöglicht wird grundsätzlich die Nutzung der klassischen Dienste E-Mail, Kontakte, Terminkalender und Web. Weitere Anwendungen können bei Bedarf bereitgestellt werden. Dokumente können bis zur Einstufung VS-NfD (Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch) mobil bearbeitet werden. Auch die parallele Nutzung von Geräten für private und dienstliche Zwecke kann zum Teil realisiert werden.

Wie eine Sprecherin des ITZBund mitteilt, sei dabei keine Kommunikation zwischen den Bereichen möglich. Derzeit würden Migrationsprojekte durchgeführt, um die Verwaltung mo-

biler Endgeräte von Kunden auf möglichst wenige BSI-konforme MDMs zu bündeln.

Mobil in Land und Kommune

Der IT-Dienstleister für die Landesverwaltung NordrheinWestfalen IT.NRW bietet Anwendern die Nutzung von E-Mail, Kalender und Kontakten über iOS-, BlackBerry und Android-Geräte an. Darüber hinaus kann per Filebrowser auf Dateien zugegriffen werden. In vielen Fällen ist auch Zugriff auf die Behörden-Intranets möglich. Eine Bearbeitung vertraulicher Dokumente ist hingegen nicht vorgesehen. Außerdem werden in der nordrhein-westfälischen Landesverwaltung ausschließlich dienstliche Geräte eingesetzt. “Eine Trennung zwischen dienstlichen und privaten Bereichen ist technisch machbar, wird aber zurzeit organisatorisch nicht gewollt”, teilt eine Sprecherin von IT.NRW mit.

Die Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern

Botnetz zerschlagen

Erfolg gegen cyber-kriminelles Netzwerk (BS/stb) Ein weltweit agierendes Botnetz, mit dem die Schadsoftware Andromeda verbreitet worden war, ist in Zusammenarbeit von Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden sowie weiterer Institutionen aus insgesamt 27 Staaten lahmgelegt worden. In Deutschland waren die Staatsanwaltschaft Verden (Aller) sowie die Zentrale Kriminalinspektion (ZKI) Lüneburg an Ermittlungen und der Abschaltung beteiligt.

(AKDB) bietet Kunden Lösungen für das mobile Arbeiten über die 100-prozentige Tochtergesellschaft LivingData an. Die parallele Nutzung für private und dienstliche Zwecke wird mit einem Container-Konzept realisiert. Ein MDM verwaltet den Container – einen geschützten Bereich für dienstliche Anwendungen – der private Bereich unterliegt der Kontrolle des Nutzers.

“Auf Daten innerhalb des Containers kann nicht von außen durch andere Apps zugegriffen werden. Beispielsweise kann WhatsApp nicht auf die Kontakte innerhalb des Containers zugreifen und diese extrahieren”, erklärt Steffen Kleinmann, Geschäftsführer von LivingData. Angeboten wird auch eine umfangreiche Cloud-Speicherlösung im AKDB-Rechenzentrum, mit der vertrauliche Daten über mobile Endgeräte ausgetauscht werden können. Beliebt bei Kunden sei der Versand mittels Download-Link, so Kleinmann Für Sicherheit sorgen hier Passwort-Abfrage, Ablaufdatum und Download-Bestätigung. Der Vergleich mit komfortablen Filehosting-Diensten für den Privatgebrauch wie WeTransfer liegt nahe.

Die Schadsoftware Andromeda späht PCs aus und lädt auf Grundlage dieser Erkenntnisse einen auf Daten des Betroffenen abgestimmten Banking-Trojaner nach. In den letzten Jahren seien mehrere Millionen PC-Systeme weltweit infiziert worden, heißt es in der gemeinsamen Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Verden und der ZKI Lüneburg. Andromeda wird unter anderem über E-Mails mit schadhaften Links verbreitet. Grundlage für die massenhafte Verteilung waren Botnetz-Infrastrukturen. Das sind Netzwerke aus Endnutzer-Geräten, die ohne Wissen der Besitzer durch CyberKriminelle infiziert wurden und ferngesteuert werden können. Eine solche Infrastruktur, bekannt unter dem Namen Avalanche, war bereits Ende 2016 zerschlagen worden.

Gegen das nun abgeschaltete Botnetz habe das FBI seit 2015 ermittelt und weitere Behörden einbezogen, teilen die deutschen Behörden mit. In Europa koordinierte die Justizbehörde Eurojust die Zusammenarbeit. Ende November sei ein Tatverdächtiger in Weißrussland durch weißrussische Strafverfolgungsbehörden festgenom-

men und verfahrensrelevante Datensysteme und Speichermedien seien beschlagnahmt worden. Die sieben zur Verbreitung der Andromeda-Schadsoftware verwendeten Steuerserver aus sechs verschiedenen Ländern seien ebenfalls beschlagnahmt oder abgeschaltet worden.

BSI weitet Maßnahmen aus Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) war 2016 an der Zerschlagung von Avalanche beteiligt gewesen und hatte unter anderem in Zusammenarbeit mit den Telekommunikationsprovidern die weltweiten Nutzer, deren Systeme Teil des Botnetzes waren, gewarnt und zur Durchführung von Bereinigungsmaßnahmen aufgefordert. Mit Stand November 2017 seien aber immer noch fast 40 Prozent der deutschen und rund 55 Prozent der weltweit betroffenen Systeme nicht bereinigt worden, wie das BSI meldet.

Das für die Avalanche-Zerschlagung aufgesetzte System sei nun verlängert und ausgebaut worden. Es umfasst nun auch das erst kürzlich abgeschaltete Botnetz. Betroffene werden über Ihre Internetprovider benachrichtigt.

VPN: wichtiger Baustein für mobile Sicherheit

Datenverbindungen über WLAN und Mobilfunk vor Kompromittierung schützen (BS/Jürgen Hönig*) Auch im Öffentlichen Dienst arbeiten inzwischen viele Mitarbeiter nicht mehr nur in festen Büroräumen. Dank heutiger Technik ist das kein Problem, da WLAN und Mobilfunk eine Anbindung der Endgeräte an das Behördennetz ermöglichen. Damit hierbei die Datensicherheit nicht zu kurz kommt, ist neben Schutzmaßnahmen für den Endpunkt selbst allerdings auch eine abgesicherte Netzverbindung per Virtual Private Network (VPN) notwendig.

seite lässt, konzentrieren sich die Prüfungen zur Zulassung von VPNs auf zwei große Themenbereiche. Zum einen müssen

bereiche. Zum einen müssen die Schlüssel zuverlässig

auch Fachverfahren werden im

Mobilität ist heute auch für Behörden ein großes Thema – Mitarbeiter müssen unterwegs auf Datenbestände in der Institution zurückgreifen können und auch Fachverfahren werden im Rahmen der Zentralisierung aus extern angebundenen Büros mit Daten versorgt. Für diesen “kommunalen Cyber-Raum” gilt es, die richtige Balance zwischen Zugang und Schutz zu finden. Die Endgeräte selbst müssen gegen Cyber-Angriffe gesichert werden und die Informationen benötigen während der Übertragung Schutz. Dafür kommen VPNs zum Einsatz, die alle Daten zwischen Sender und Empfänger in einem verschlüsselten, hochsicheren Tunnel auf Basis bewährter und ausgereifter Technologie absichern. Durch die Wahl der für das jeweilige Einsatzfeld richtigen Lösung ist selbst die Übertragung hochsensibler Daten durch das Internet absolut sicher.

Zugelassene Produkte für VS-NfD nötig Bereits Informationen der Vertraulichkeitsstufe VS-NfD dürfen nicht über handelsübliche VPN-Lösungen ungesichert durch öffentliche Netze übertragen werden. Hierfür muss eine der wenigen durch das BSI zugelassenen VPN-Lösungen zum Einsatz kommen. Die NCP engineering GmbH aus Nürnberg bietet mit der NCP Secure VPN GovNet Box und dem NCP Secure GovNet Server für VSNfD eine derartige Lösung an. Der Zulassung, die nur vom BSI ausgesprochen werden kann, gehen intensive Prüfungen voraus. Wenn man die technischen Details weitgehend bei-

BSI für VSNfD zugelassen: die hardwarebasierte VPN-Lösung

GovNet Box von NCP.

Foto: BS/NCP

geschützt und sicher verwahrt sein. Dies wird in der Regel über Hardware-Security-Module wie eine Smartcard erreicht.

Zum anderen darf die Verschlüsselung der Daten nicht mit vertretbarem Aufwand aufhebbar sein. Aktuell bedeutet das meist eine Verschlüsselung mit AES (Advanced Encryption Standard) auf Basis von elliptischen Kurven sowie den Einsatz eines sicheren Pseudozufallszahlengenerators (Pseudo Random Number Generator –PRNG).

Im weiteren Verlauf ist es wichtig, dass der Anwender die zugelassene Lösung optimal an seine spezifische Umgebung anpasst und dass beispielsweise alle relevanten Betriebssysteme und Versionen unterstützt werden.

In der Praxis sind das im Behördenumfeld vor allem WindowsVersionen bis Windows 10. Be-

triebssysteme mobiler Geräte wie iOS und Android können abhängig von der BYOD-Richtlinie innerhalb der Behörde eine weitere Anforderung sein.

linie innerhalb der Behörde eine weitere Anforderung sein. Ein aktuelles Produkt sollte

cure VPN GovNCP bringt

gewohnten

Ein aktuelles Produkt sollte in jedem Fall eine Zwei-Faktor-Authentisierung über Smartcard und PIN ermöglichen. Die Secure VPN GovNet Box von NCP bringt hierfür eigene Hardware auf der Client-Seite mit. Durch das externe Gerät können die Benutzer ihre gewohnten Rechner und Anwendungen weiterverwenden, die Arbeitsoberfläche auf dem Endgerät verändert sich nicht.

Gesamtlösung und Sicherheitsstrategie betrachten

Bei mobilen Endgeräten im Behördenumfeld ist es besonders wichtig, Produkte auszuwählen, die in das bestehende Sicherheitskonzept passen und alle Anforderungen des Gesetzgebers erfüllen. Vor der Auswahl müssen zahlreiche Informationen erfasst, Prozesse analysiert und auf deren Basis ein Anforderungsprofil formuliert werden.

IT-Sicherheit sollte als eine ganzheitliche Aufgabe gesehen werden. Awareness und die Unterstützung des Personals sind hierbei ebenso wichtig für eine sichere IT-Infrastruktur wie weitere technische Schutzmaßnahmen.

*Jürgen Hönig ist Chief Marketing Officer bei der NCP engineering GmbH.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 46 Mobile Security S046_BS12_All_cl
Beim mobilen Arbeiten in Behörden treffen Erwartungen an Komfort auf hohe Sicherheitsanforderungen. Foto: BS/©Fotowerk, Fotolia.com

Bei Instant Payments handelt es sich um Echtzeitzahlungen, die in Sekundenschnelle ausgeführt werden. Anders als klassische Überweisungen sollen sie jederzeit, auch nachts oder an Feiertagen, ausgeführt werden können. Ein StandardSchema für die Schnellüberweisungen ist nun durch das European Payment Council (EPC) veröffentlicht worden. Bei Instant Payments handelt es sich nicht um einen selbstständigen Dienst. Vielmehr ist es ein beschleunigtes Verfahren im Einheitlichen Euro-Zahlungsraum (Single Euro Payments Area, SEPA). Vorgesehen ist die Nutzung für Online-Zahlungen, Zahlungen an der Kasse und von Person zu Person. Mit entsprechenden Schnittstellen zwischen Banken und Händler-Apps könnten Angebote für das mobile Bezahlen per Smartphone entwickelt werden.

Umkämpfter Markt

In Deutschland wollen über 400 Banken dem Verfahren beitreten. Neben der UniCredit Bank und der Deutschen Kredit Bank sind das vor allem Institute der Sparkassen-Finanzgruppe. Ab Mitte 2018 werden diese ihren Kunden Instant Payments auf verschiedenen Kanälen im Mobile- und Online-Banking anbieten, wie ein Sprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands mitteilt. Instant Payments werde damit fast 50 Millionen Girokonten zugänglich gemacht. Eine solide Grundlage für eine Durchsetzung am Markt. Die wird auch nötig sein, weil der Wettbewerb im Bereich Online-Zahlungsdienste von Konkurrenten wie PayPal, Apple Pay oder Wirecard dominiert wird. In Deutschland werden sich Zahlungsdienste auf Instant-Payments-Basis außerdem neben Paydirekt positionieren müssen. Das Online-Bezahlver-

Ein alltägliches Szenario –ein Mitarbeiter lädt Daten von seinem Arbeitscomputer auf einen USB-Stick herunter, vielleicht als Back-up oder um von zu Hause aus zu arbeiten oder um die neueste Präsentation dabeizuhaben. Der Mitarbeiter verlässt das Büro und auf dem Heimweg rutscht der USB-Stick aus der Tasche. Die Daten auf dem Stick sind nicht verschlüsselt und somit für jedermann zugänglich, der das gefundene Laufwerk an einem Computer öffnet. Im besten Fall ist der Verlust eines USB-Sticks einfach ärgerlich. Verliert man mit dem USB-Stick jedoch vertrauliche oder personenbezogene Daten, ist die Geschichte eine andere.

Am 25. Mai 2018 wird das derzeitige Bundesdatenschutzgesetz von 1995 vollständig durch die EU-Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) ersetzt.

Die EU-DSGVO zielt darauf ab, den Schutz personenbezogener Daten für EU-Bürger zu stärken und die Datenschutzgesetzgebung innerhalb der EU zu vereinheitlichen und zukunftssicher zu machen. Dies bedeutet, dass Behörden zusätzliche Maßnahmen ergreifen müssen, um jegliche Art von Datenlecks sowie Verlust und Diebstahl von personenbezogenen Daten zu vermeiden. Die Geldbußen für das Bekanntwerden personenbezogener Daten wie Name, Geburtsdatum, Bankverbindung oder Kreditkartendaten können sich bei Unternehmen auf bis zu vier Prozent des weltweiten Umsatzes einer Organisation oder 20 Millionen Euro (je nachdem, was höher ist) belaufen. Darüber hinaus müssen im Fall einer Datenschutzverletzung, die personenbezogene Daten betrifft, sowohl die betroffenen

Schneller zahlen

Instant Payments sollen den Zahlungsverkehr modernisieren

(BS/stb) Schnell, unkompliziert, mobil: Mit Instant Payments wollen Banken in Europa den Zahlungsverkehr beschleunigen und der Konkurrenz durch Online-Zahlungsdienste begegnen. Ein einheitlicher europäischer Rechtsrahmen dafür gilt seit November 2017. Nun müssen Banken und Händler Anwendungen und Schnittstellen entwickeln.

fahren deutscher Banken und Sparkassen wird seit 2015 als optionale Erweiterung für Girokonten angeboten. Das Potenzial von Instant Payments erschöpft sich aber nicht im Privatkundenbereich. Das Verfahren sieht vor, dass Zahlungen nicht nur innerhalb von zehn Sekunden verbucht und bestätigt werden, sondern Empfänger auch sofort über den gutgeschriebenen Betrag verfügen können. Das verspricht nicht nur im E-Commerce, sondern gerade auch im B2B-Bereich Sicherheit und Beschleunigung. Auch die öffentliche Verwaltung könnte profitieren. “Instant Payments sind von hohem Interesse für den Staat”, betont Hans-Rainer van den Berg, Geschäftsführer der van den Berg AG und Vorsitzender des Arbeitskreises Digitaler Zahlungsverkehr beim Bitkom. “Sie ermöglichen reibungslosen und sicheren Zahlungsverkehr und können Abläufe beim E-Government vereinfachen.” Tatsächlich ist es im Sinne eines medienbruchfreien Nutzererlebnisses erforderlich, dass Bürgerdienste nicht nur online und mobil genutzt, sondern dabei anfallende Gebühren auch direkt über dasselbe Endgerät gezahlt werden können.

Mobil und sicher Zuletzt kam der Arbeitskreis Digitaler Zahlungsverkehr zu einem Round Table zusammen, um sich über die aktuelle Situation und mögliche Stolpersteine bei der Einführung von Instant

SEPA Instant Payments sollen auch Grundlage für moderne mobile Zahldienste werden. Technische Lösungen für den sicheren und komfortablen Datenaustausch zwischen Bank, Kunde und Händler werden bereits entwickelt.

Payments auszutauschen. Diskutiert wurde vor allem über den Anwendungsfall Zahlen am Point of Sale (POS), d. h. vor Ort an der Kasse. Hier versprechen große Transaktionsaufkommen und – verglichen mit dem Online-Handel – eine überschaubarere Konkurrenzsituation das größte Potenzial für eine schnelle Marktdurchdringung. Die Teilnehmer tauschten sich darüber aus, wie die Zahlungsabwicklung über entsprechende Schnittstellen zwischen Banken, Händlern und Kunden bzw. zwischen Shopping-App und Banking-App gestaltet werden kann. Vor Ort wird der Datenaustausch zwischen Kasse und Smartphone per QR-Code oder NFC abgewickelt. Erörtert wurden auch Fragen der Sicherheit, die grundsätzlich für alle Einsatzszenarien von Instant Payments von Bedeutung sind. Um einer Manipulation bei

der Übertragung von Zahlinformationen vorzubeugen, wurde der Vorschlag gemacht, mit elektronischen Zertifikaten auf Basis einer Public Key Infrastructure zu arbeiten. Dabei würden zu übertragene Daten digital signiert und ggf. verschlüsselt, um die Authentizität und Integrität eines übermittelten Datenpakets zweifelsfrei feststellen

MELDUNG

zu können. Voraussetzung wäre dafür eine vertrauenswürdige zentrale Stelle, die entsprechende Zertifikate zum Beispiel für einen Händler herausgibt. Dafür kommt GS1 (Global Standards One) infrage, eine nicht profitorientierte Organisation, die mit dem Handel bereits an einem Standard-Schema für Instant Payments am POS in Deutschland arbeitet. Für das mobile Zahlen sieht die erneuerte EU-Zahlungsdienste-Richtlinie (Payment Services Directive 2, PSD2) mit Wirkung zum 13. Januar 2018 vor, dass alle Zahlungsdienstleister eine starke Kundenauthentifizierung verlangen. Es müssen also mindestens zwei Elemente aus den Bereichen Wissen (z. B. Passwort), Besitz (z. B. Chipkarte) und Sein (z. B. Fingerabdruck) abgefragt werden. Näheres regelt ein Regulierungsstandard (Regulatory Technical Standard, RTS), über dessen Text die EU-Kommission noch final zu entscheiden hat.

Banking-Apps mit Sicherheitslücken

(BS/stb) Apps für das OnlineBanking auf mobilen Endgeräten weisen Sicherheitsprobleme auf. Angreifer könnten Schutzvorkehrungen umgehen und Daten manipulieren. Das haben Medienberichten zufolge Wissenschaftler der Universität Erlangen-Nürnberg herausgefunden. Den Forschern soll es gelungen sein, 31 Apps sowohl

Verschlüsselte USB-Sticks

von privaten als auch von öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten zu hacken. Möglich seien die unerlaubte Ausführung der Anwendungen sowie das ändern der IBAN und Versenden von TANs auf beliebige Geräte. Entsprechend wäre es Angreifern prinzipiell möglich, Geld von Bankkunden unbemerkt auf andere Konten umzuleiten.

Ein kleines und wichtiges Teil im EU-DSGVO-Puzzle (BS/Christoph Bader*) USB-Sticks sind sowohl privat als auch beruflich treue Begleiter. Werden jedoch vertrauliche, sensible oder personenbezogene Daten auf ihnen gespeichert, können sie sich im Verlustfall schnell zum Sicherheitsrisiko entwickeln. Dem kann durch den Einsatz von verschlüsselten USB-Sticks wirksam begegnet werden.

Personen als auch eine Aufsichtsbehörde benachrichtigt werden.

Dies bedeutet, dass eine Datenschutzverletzung – neben den direkten Kosten wie Geldbußen, Anwaltskosten etc. – auch automatisch indirekte Kosten wie negative Werbung, Verlust von Kunden- oder Bürgervertrauen und letzten Endes Umsatz nach sich ziehen wird.

Daher sollten Organisationen jetzt ihre internen IT-Prozesse und -Regeln überprüfen und entsprechend anpassen.

Studie zeigt unachtsamen

Umgang mit USB-Sticks

Eines der am meisten vernachlässigten Risiken besteht in nicht verschlüsselten USBSticks. Vielfach wird angenommen, dass die Verwendung von USB-Sticks durch den zunehmenden Einsatz von CloudTechnologie entfällt. Aber eine kürzlich durchgeführte Umfrage zur Verwendung von USBSticks in Unternehmen hat gezeigt, dass beispielsweise etwa 95 Prozent der Teilnehmer mindestens einen USB-Stick für berufliche Zwecke verwenden (im Rahmen der Studie wurden 188 Kunden von Kingston befragt). Von den Teilnehmern an der Studie berichteten alarmierende 72 Prozent, dass an ihrem Arbeitsplatz bereits ein oder mehrere Laufwerke verschwanden. 39 Prozent davon waren verloren gegangen, vier Prozent gestohlen gemeldet und in 57 Prozent der Fälle ist unklar, was

mit dem Laufwerk passiert ist. Ein weiteres beunruhigendes Ergebnis lautet, dass mehr als die Hälfte der befragten Mitarbeiter (58 Prozent) angab, dass sie sowohl persönliche als auch berufliche Daten auf denselben USB-Sticks speichern. In etwa einem Viertel der Organisationen speichern des Weiteren die Befragten sensible Daten auf USB-Sticks. 80 Prozent (!) davon verwendeten keine hardwareverschlüsselten USBSticks zur Speicherung dieser Daten. Die Schlussfolgerung, dass Unachtsamkeit von Mitarbeitern beim Umgang mit USBSticks ein erhebliches Risiko für Organisationen darstellt, ist daher durchaus legitim.

Offensichtlich und zurecht nehmen Netzwerk- oder CyberSecurity in IT-Abteilungen eine sehr hohe Priorität ein – Hacking- oder Ransomware-Attacken sind hier die relevanten Stichworte. Aber in einer zunehmend mobilen Welt, in der Mitarbeiter häufig von zu Hause oder in BYOD-Umgebungen arbeiten, sollten Organisationen Sicherheitsbedenken, die mit “data on the go” einhergehen, genauso ernst nehmen.

Sicherheit für mobile Daten

Um in Bezug auf mobile Daten EU-DSGVO-Konformität zu gewährleisten, empfehlen wir, dass Organisationen die folgenden fünf Schritte in Erwägung ziehen: Zunächst ist von zentraler Bedeutung, dass Organisationen die neue EU-

DSGVO und ihre Implikationen verstehen. Zweitens müssen sie beurteilen, welche personenbezogenen und sensiblen Daten die Organisation verarbeitet, wer Zugang zu ihnen hat und welche Daten die Organisation “verlassen”. Sobald dies durchgearbeitet wurde, sollten im nächsten Schritt eine Strategie sowie Richtlinien zum Umgang mit diesen Daten (wer erhält in Zukunft Zugang zu welchen Daten und auf welchem Medium) entwickelt werden. Im nächsten Schritt wird dann die eingesetzte Technik definiert. Und hier kommen verschlüsselte USBSticks zum Tragen. Die EU-DSGVO schreibt nicht im Detail vor, welche Technologie für den Schutz personenbezogener Daten verwendet werden muss. Deren Verschlüsselung wird jedoch mehrfach explizit als eine Option in der DSGVO erwähnt. Daher sind verschlüsselte USB-Sticks eine sinnvolle und kostengünstige Option zum Schutz von “data on the go”.

Schließlich müssen Organisationen nachfolgend sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter die neue Gesetzgebung und ihre Implikationen kennen, dass Datenschutzrichtlinien eingehalten werden und dass dabei die entsprechende Technologie Verwendung findet. Hier sollte aber auch erwähnt werden, dass dies nicht nur für Daten gilt, die Sie aus rechtlichen Gründen schützen müssen, sondern auch für sensible Da-

Es zeichnet sich jedoch bereits ab, dass nicht für jede einzelne Transaktion eine Authentifizierung mit zwei Faktoren erfolgen muss – damit würde man die Digitalisierung und Mobilisierung des Zahlungsverkehrs zu sehr bremsen. Bei Bezahl-Apps wird voraussichtlich eine Bagatellgrenze von 30 Euro gelten. Für größere Summe müssen trotzdem Lösungen gefunden werden, die mobiles Zahlen nicht nur sicher, sondern auch komfortabel machen.

Mit Instant Payments wird in Europa eine notwendige Modernisierung des Zahlungsverkehrs umgesetzt. Die starke Konkurrenz internationaler Anbieter von Zahlungsdiensten stellt jedoch eine Hürde für eine erfolgreiche Umsetzung dar. Während der Handel durchaus Potenzial für unabhängige DrittanbieterLösungen im Online-Zahlungsverkehr sieht, scheinen bei Banken noch Vorbehalte gegen Instant Payments zu bestehen –so jedenfalls das Stimmungsbild beim Round Table des Bitkoms. Für die Kreditwirtschaft geht es um viel. Einerseits steht ein erleichtertes mobiles Zahlen dem Kerngeschäft mit Bankkarten entgegen. Andererseits müssen die Banken eine massentaugliche Alternative bieten, um nicht endgültig gegen PayPal und andere Anbieter zu verlieren.

Bisher sei kein Fall bekannt, in dem es Kriminellen gelungen wäre, derartige Angriffe durchzuführen, erklärt ein Sprecher des Unternehmens Promon, das IT-Sicherheitsdienstleister für die Banking-Apps vieler Kreditinstitute ist. Der Anbieter stehe mit den IT-Sicherheitsforschern in Kontakt und arbeite an Lösungen.

ten, die sie aus geschäftlicher Sicht schützen möchten.

Datenschutz durch technische Lösungen sicherstellen

Um sicherzustellen, dass Behörden EU-DSGVO-konform handeln, bietet Kingston Technology kostengünstige verschlüsselte USB-Sticks und verschlüsselte USB-Sticks mit Tastatur an. Mit der kürzlich erworbenen IronKey-Produktlinie stehen Zertifizierungslösungen für Organisationen bereit, die höchste Verschlüsselung und Sicherheit benötigen. Außerdem bietet Kingstons Software-Partner

DataLocker die ManagementPlattformen SafeConsole und Enterprise Management Services (EMS) an, mit denen sowohl verschlüsselte Kingston- als auch IronKey-USB-Sticks zentral verwaltet werden können.

Durch den Einsatz dieser Software-Lösungen können ITAdministratoren einfach Compliance-Anforderungen erfüllen und Mitarbeitern der Organisation gleichzeitig einen besseren Service bieten. Zu den Funktionen der Management-Software gehören das Festlegen von Passwortanforderungen, sicheres Passwort-Reset, die Konfiguration von Benutzerrichtlinien, die Fernlöschung eines USB-Laufwerks und vieles mehr.

Wie bereits erwähnt, ist die Verschlüsselung personenbezogener Daten ein dem Stand der Technik entsprechendes Verfahren, um Datensicherheit zu gewährleisten. Der USB-Stick

führt dabei die Verschlüsselung automatisch im Hintergrund aus. Seine Benutzung ist denkbar einfach, da Benutzer lediglich aufgefordert werden ein Passwort einzugeben. Technisches Wissen ist nicht erforderlich. Dies macht die Benutzung dieser Lösung so einfach, was von entscheidender Bedeutung ist, da unnötig komplexe Lösungen das Risiko erhöhen, dass Mitarbeiter sie nicht nutzen. Organisationen investieren stark in den Datenschutz innerhalb ihres Netzwerks. Aber die Datennutzung außerhalb der Organisation ist gleichermaßen wichtig. Aufgrund der neuen Verordnung und ihrer möglichen Auswirkungen auf die Organisationssfinanzen werden die Themen “Sicherheit” und “Datenschutz” zunehmend für Führungskräfte aller Abteilungen wichtig. Derzeit ist die Verschlüsselung personenbezogener und anderer sensibler Daten eher ein Thema für ITAbteilungen. Die potenziellen Geldbußen und Auswirkungen auf die Reputation einer Organisation werden jedoch zu einer Sensibilisierung für das Thema in vielen anderen Organisationsbereichen sorgen.

Durch die Investition in 256- Bit-AES-Hardware-verschlüsselte USB-Sticks können Behörden einen kleinen, aber wichtigen Punkt von ihrer DSGVO-To-do-Liste abhaken. Für einige Behörden mag dies etwas ungewohntes Territorium sein. Kingston kann Behörden bei der Erfüllung ihrer DSGVO-Anforderungen unterstützen und bei einem reibungslosen Übergang von einem Datenschutzgesetz zu einem anderen helfen.

*Christoph Bader ist für die Kingston Technology GmbH tätig.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 47 Mobile Security S047_BS12_All_dach
Foto: Hamza Butt, cc by 2.0, flickr.com

Der Freistaat Bayern reagiert auf die verschärfte Sicherheitslage und hat als erstes Bundesland ein Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) gegründet. Nach einstimmiger Verabschiedung im Bayerischen Landtag ist das Gründungsgesetz für das LSI am 1. Dezember 2017 in Kraft getreten.

Das LSI setzt die vor mehr als zehn Jahren begonnene CyberSicherheitsstrategie des Freistaats konsequent fort. Dank gemeinsamer Abwehrmechanismen des Bayern-CERT und der Rechenzentren des Freistaats konnten Angriffe auf die Systeme der Staatsverwaltung bisher erfolgreich abgewehrt werden. So werden die momentan ständig laufenden SpamWellen am zentralen E-MailGateway des Freistaats Bayern durch umfangreiche Schutzmechanismen wirksam gefiltert. Das Nachladen von Schadcode nach Anklicken von Links, die in den Spam-Mails enthalten waren, wurde bisher durch starke Schutzmechanismen vollständig abgewehrt.

Schutz der Behörden-IT

Kernaufgabe des LSI ist der Schutz der staatlichen Infrastruktur, des BayernServers und des BayernNetzes. Der BayernServer speichert mit sechs Petabyte enorme Datenmengen. Diese sind teils hochsensibel, zum Beispiel aus den Bereichen der Steuer, des Gesundheitswesens und der Justiz. Diese Daten gilt es zu schützen. Bürger und Unternehmen müssen darauf

Trend micro Security-Tipp

Mehr Sicherheit im digitalen Zeitalter

Das neue Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in Bayern

(BS/Dr. Markus Söder) Sicherheit in allen Lebensbereichen hat für die Menschen in Bayern höchste Priorität – auch in einer Zukunft, in der sich ein wachsender Teil des Lebens im digitalen Raum bewegt. Angriffe aus dem Internet auf Unternehmen und Privatbürger nehmen rasant zu. Der Digitalverband Bitkom schätzt den Schaden aus Spionage, Sabotage oder Datendiebstahl für die deutsche Wirtschaft auf inzwischen 55 Milliarden Euro jährlich. Auch Kommunen und das Netz des Freistaats Bayern, das bayerische Behördennetz, werden zunehmend attackiert. Die Angriffe werden immer professioneller, ausgereifter und trickreicher.

vertrauen können, dass ihre Daten bei uns sicher sind. Das LSI wird in enger Abstimmung mit allen Beteiligten die bestehenden Sicherheitsmechanismen konsequent weiter ausbauen.

Das BayernNetz ist als Behördennetz des Freistaats mit gut

2.200 angeschlossenen Standorten die zentrale Infrastruktur der staatlichen und kommunalen Verwaltung. Angeschlossen sind alle Staatsbehörden, Landratsämter und mehr als die Hälfte der Kommunen.

Bereits seit vielen Jahren werden die Daten im Behördennetz verschlüsselt. Aktuell werden neue Verschlüsselungskomponenten ausgerollt, die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zugelassen sind. Die Daten-Schlüssel werden vom Freistaat Bayern selbst erstellt – ein zusätzliches Plus an Sicherheit, da so nachrichtendienstlich motivierte Zugriffe noch wirkungsvoller verhindert werden können. Der Freistaat ist somit bei der Verschlüsselung seiner IT-Netze nicht mehr von internationalen Unternehmen abhängig. Am LSI wird ein Lagezentrum eingerichtet, das die Sicherheit der IT-

Dr. Markus Söder ist Bayerischer Staatsminister der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat.

Foto: BS/BayStMFLH

Netze laufend überwacht und die Ad-hoc-Maßnahmen des LSI koordiniert und steuert. Die Erkenntnisse werden in einen Warn- und Informationsdienst (CERT) für die Staatsbehörden, Kommunen und Bürger eingespeist. In konkreten Sicherheitsvorfällen wird sich eine “ITFeuerwehr” um Kommunen und Behörden schnell und professionell kümmern.

LSI als Kooperations- und Ansprechpartner Cyber-Angriffe entwickeln sich schnell und stetig weiter. Um dieser Entwicklung Stand zu halten, wird am LSI ein Innovationszentrum eingerichtet. Hier werden Risikoszenarien analysiert, digitale Manöver durch-

Deutsche Städte im Netz

Kolumne

udo Schneider, Security evangelist bei Trend micro

Auf der Liste der entwickelten Länder nimmt Deutschland einen Spitzenplatz ein, auch was die Internetzugänge betrifft. Dabei gilt es jedoch zu bedenken, dass ein solcher Zugang immer in beide Richtungen funktioniert und demzufolge auch den Zugriff von außen ermöglicht. Eine aktuelle Studie von Trend Micro hat ergeben: Angefangen bei Servern über offene Router, Webcams und vieles mehr, lassen sich verschiedenste Geräte hinter Internetzugängen auf-

Foto: BS/Trend Micro

finden – häufig sogar komplett ungeschützt. Natürlich gibt es eine technische Komponente, bei der ein Betreiber für die Sicherheit der angebundenen Komponenten sorgen sollte. Ein

anderer, oft vernachlässigter Aspekt ist das Bewusstsein für den eigenen Verantwortungsbereich. Während eine Flurkarte oft nur einen Handgriff entfernt ist, ist das Wissen um die eigene “Internetkarte” oft schlichtweg nicht existent. In Zeiten der fortschreitenden Digitalisierung ist es jedoch wichtig, hierüber ein fundiertes Wissen bereitzuhalten – auch, um evtl. beratend oder steuernd eingreifen zu können.

geführt und neue Techniken für den Einsatz in der öffentlichen Verwaltung erprobt. In enger Zusammenarbeit mit Hochschulen und der ITSicherheitsbranche wird das LSI Schu tzmech anismen weiterentwickeln und Empfehlungen für die öffentliche Verwaltung und Kommunen aussprechen. Neben modernsten Sicherheitstechnologien sensibilisieren wir unsere rund 350.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit

Schulungsmaßnahmen für das Thema IT-Sicherheit. Hierzu wurde ein Online-Kurs erarbeitet und steht über die Plattform BayLern bereit. Der Kurs ist ein Baustein eines umfangreichen Beratungsangebotes für die öffentliche Verwaltung, Kommunen und Bürger. Weitere Angebote sind in enger Kooperation mit den in der Fläche vorhandenen BayernLabs geplant. Der Themenkomplex IT-Sicherheit wird in Zusammenarbeit mit dem LSI zu einem Standardangebot der BayernLabs werden und so Information und Sensibilisierung zu den Gefahren im Netz in der Fläche Bayerns anbieten. Mit starken Allianzen wird das

LSI national und international einen Beitrag leisten, das allgemeine IT-Sicherheitsniveau im Freistaat anzuheben. Dazu wird das LSI auf Augenhöhe mit dem BSI zusammenarbeiten und im intensiven Austausch seine Erfahrungen einbringen. Mit dem Inkrafttreten des LSIGesetzes am 1. Dezember 2017 wurde die Basis für das neue Landesamt geschaffen. Der bisherige Bayern-CERT wurde bereits während der Gründungsphase personell verstärkt und bildet den fachlichen Kern des LSI. Das LSI startet mit einer Stärke von rund 30 Mitarbeitern und wird bis 2020 auf circa 200 IT-Experten wachsen. Der Standort des LSI ist Nürnberg, mit Außenstellen in Würzburg und Bad Neustadt a. d. Saale. Die Aufgaben des Bayern-CERT werden am LSI nahtlos fortgeführt und entsprechend demPersonalaufwuchs weiter ausgebaut. So wächst das LSI zur neuen IT-Sicherheitshochburg heran und wird Bayern im digitalen Zeitalter stärken und noch sicherer machen.

BSI-Standards mit DocSetMinder

Modernisierter IT-Grundschutz – Ready for Audit (BS/Krzysztof Paschke*) Der GSTool-Nachfolger DocSetMinder unterstützt eine optimale Umsetzung und Zertifizierung von BSI-Standards der 200-Reihe in der öffentlichen Verwaltung.

DocSetMinder setzt konsequent alle Anforderungen und die Methodik des modernisierten IT-Grundschutzes von der Planung, Umsetzung bis hin zum Audit um. Die Modulstruktur und Softwarefunktionen stellen einen Benutzerleitfaden für eine effiziente “Step-by-Step”-Umsetzung des Sicherheitsprozesses gemäß der BSI-Standards 200-2 und 200-3 dar. In der Übergangsphase vom BSI-Standard 100-2 zum 200-2 ist ein Parallelbetrieb der beiden Standards möglich. In dieser Phase können sowohl die GS-Kataloge und das GSKompendium als auch die beiden Schichtenmodelle (100-2 und 200-2) verwendet werden. Besonders detailtreu sind die Hinweise zur Bereitstellung der Referenzdokumente für die Zertifizierung nach ISO 27001 auf Basis des IT-Grundschutzes implementiert. Die Ausgabe der Referenzdokumente A0-A6 erfolgt wahlweise in Form von MSOffice-Word-Dokumenten oder als Reports. In Kombination mit den Modulen “EU-DS-GVO” und

“Notfallmanagement” ist DocSetMinder eine Komplettlösung für Informationssicherheit und den Datenschutz einer Behörde. Der Funktionsumfang der Software macht den Einsatz weiterer Tools oder Office-Anwendungen für die Dokumentation und Zertifizierung überflüssig. Die Lösung ist einfach zu implementieren, intuitiv bedienbar und kann in Behörden jeder Größe eingesetzt werden. Für die un-

mittelbaren Bundes-, Landesund Kommunalverwaltungen in Deutschland fallen für das Modul “IT-Grundschutz” keinerlei Lizenzkosten an. DocSetMinder bietet somit eine hervorragende Grundlage, um die Behörden sicher und “Ready for Audit” zu machen.

*Krzysztof Paschke ist Geschäftsführer der GRC Partner GmbH.

PITS 2018

Der Fachkongress Deutschlands für IT- und Cybersicherheit bei Staat und Verwaltung

Sicherheit und Risiko Sicherheit und Risiko

Strategien für eine erfolgreiche Digitalisierung

Strategien für eine erfolgreiche Digitalisierung

FOLGENDE THEMEN SIND GEPLAN T:

• Keine Chance dem Blackout –Resilienz Kritischer Infrastrukturen

• Das Internet der (unsicheren) Dinge (IoT)

• IT-Sicherheitsgesetz 2. 0

Technologie-Partner: 10.–11 . September 2018, Hotel Adlon, 10117 Berlin

• Quantum Computing

• Die neue europäische Datenschutzgrundverordnung

• Digitalisierung, aber richtig!

• Cybersicherheits-Strategien

• Forensik im Cyberraum

• Endpoint-Protection

• Ransomware – und immer noch kein Ende!

• IT-Sicherheit: Trends, Innovationen, Lösungen

• Alles in die Cloud – aber ohne Risiko!

• Schutz öf fentlicher Infrastrukturen und Netze

• Mobile Security

• Darknet: Terrorismus in der digitalen Welt

• Die sichere Landesbehörde

• Wirtschaftsspionage

• IT-Security made in Germany

• Cybercrime

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 48 IT-Sicherheit S048_BS12_All_cl
Fo to © Ja ku b Jirsak, Fo to lia.com Eine Veranstaltung des Themenpartner Security-Partner
Sicherheit“
„Mobile

Behörden Spiegel: Herr Dr. Eßer, welche aktuellen Entwicklungen beobachten Sie bei Bedrohungen im Netz?

Eßer: Organisationen werden immer stärker verwundbar, weil die Digitalisierung kontinuierlich fortschreitet, aber der Aufbau von notwendigen Sicherheitsmaßnahmen mit diesem Tempo nicht Schritt halten kann. Gleichzeitig werden die Angreifer immer professioneller. Der “Spaß-Hacker”, den man vor einigen Jahren noch antreffen konnte, wurde inzwischen durch Personen oder organisierte Gruppen abgelöst, die CyberKriminalität hauptberuflich betreiben.

Aber auch fremde Nachrichtendienste nutzen immer stärker die Potenziale des Mediums Cyber für Aktivitäten der Spionage und Sabotage. Die Fallzahlen der klassischen Wirtschaftsspionagen, d. h. ohne den Einsatz von Angriffen über das Internet, liegen heute weit unter den Fallzahlen der Cyber-Spionage, oft “Advanced Persistent Threat” genannt.

Aktuell rücken die Themen Cyber War und gezielte Destabilisierung von Gesellschaften durch Desinformationskampagnen in Sozialen Medien immer stärker ins Bewusstsein. In diesem Sinne stehen Angreifer verstärkt im Fokus, die über nahezu unbegrenztes Budget und herausragende Expertise verfügen. Die politische Bewertung solcher Angriffe, insbesondere auf öffentliche Organisationen, ist äußerst schwierig.

Behörden Spiegel: Wie können Behörden und andere Organisationen sich bestmöglich schützen?

Eßer: Die kurze Antwort lautet: Sie sollten sich Partner suchen, die die entsprechende Expertise mitbringen. Die Abwehr von Cyber-Angriffen ist immer ein Wettrennen zwischen Angreifern und den Verteidigern in den IT-Sicherheitsabteilungen der Organisationen. Dieses Wettrennen kann nur der gewinnen, der die notwendige Spezialex-

Sicherheit auslagern

Zentralisierung als Gewinn für die IT-Sicherheit

(BS) Als Dienstleister der Bundeswehr für die nicht-militärische Informationstechnik betreut die BWI GmbH bereits über 1.000 Liegenschaften im Bundesgebiet. Im Zuge der IT-Konsolidierung werden in den nächsten Jahren weitere Bundesbehörden auf die Dienstleistungen der InhouseGesellschaft des Bundes zurückgreifen. Über Herausforderungen und Chancen für die IT-Sicherheit sprach der Behörden Spiegel mit Dr. Bernd Eßer, CISO der BWI.

pertise im Thema in ausreichender Menge an Bord hat – und auch dort halten kann. Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die notwendige Geschwindigkeit im Aufbau und der Umsetzung von Gegenmaßnahmen. Hier können spezialisierte Partner Skaleneffekte nutzen, aber auch die sehr seltene Ressource des Cyber Security-Experten in der notwendigen Anzahl aufbauen und halten.

Behörden Spiegel: Die BWI betreibt die administrative IT der Bundeswehr. Ist die Bundeswehr-IT anderen Gefahren ausgesetzt als die IT anderer Organisationen?

Eßer: Viele der Gefahren sind sehr ähnlich zu denen anderer Organisationen. Allerdings muss sich die Bundeswehr stärker mit fremdstaatlichen Aktivitäten auseinandersetzen, die militärische Informationsgewinnung betreiben möchten oder aber nach Sabotagemöglichkeiten suchen. Wie viele andere Organisationen hat die Bundeswehr sowohl klassische Bürokommunikationsnetze als auch produktionsnahe Netze, was im Fall der Bundeswehr dann die sogenannte grüne IT ist. In solchen Umgebungen besteht immer die latente Gefahr, dass ein Angreifer sich bspw. über Phishing-E-Mails zunächst Zugang zu den Arbeitsplatzbereichen verschafft und dann Zugang zu anderen Netzen erlangt. Daher ist eine saubere Trennung dieser Netze und professionelles Zugriffsmanagement nötig. In der Praxis besteht die Schwierigkeit darin, trotz aller Abschottung arbeitsfähig zu bleiben.

Behörden Spiegel: Wie verteilen sich IT-sicherheitsrelevante

“Viele Gefahren sind sehr ähnlich zu denen anderer Organisationen. Allerdings muss sich die Bundeswehr stärker mit fremdstaatlichen Aktivitäten auseinandersetzen.”

Aufgaben und Verantwortlichkeiten zwischen der BWI als ITDienstleister und der Bundeswehr als Kunden? Welche Rolle kommt Ihnen dabei als CISO der BWI zu?

Eßer: Derzeit teilen sich BWI und Bundeswehr bestimmte Aufgaben und können auf dieser Basis in vielen Fällen ein Vieraugen-Prinzip umsetzen und sich bei der Bewältigung neuer Herausforderungen gegenseitig unterstützen. Wesentlich hierfür sind sehr ähnliche Strukturen der Organisation der IT-Sicherheit und der genutzten Vorgehensweisen. Beide betreiben für die jeweiligen Verantwortungsbereiche ein eigenes CERT, die aber permanent Informationen untereinander austauschen und zu einem gemeinsamen Lagebild zusammenführen. Das funktioniert sehr gut. Über die Aufgaben für die Bundeswehr hinaus, ist die BWI eines der IT-Dienstleistungszentren des Bundes und wird in Zukunft auch die IT anderer Ressorts und Bundesbehörden im Outsourcing betreiben. Hierfür bauen wir gerade ein modernes Security Operations Center (SOC) auf – ein zentrales IT-Si-

Vom Unterstützer zum Überwacher

Die neue Rolle des Datenschutzbeauftragten (BS/stb) Wenn ab Mai 2018 die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Wirkung tritt, müssen öffentliche Stellen Maßnahmen getroffen haben, um den neuen Anforderungen entsprechend zu arbeiten. Dazu sind erhebliche Anpassungen auf organisatorischer Ebene erforderlich. Das betrifft in erster Linie eine Neuausrichtung von Aufgaben und Kompetenzen des Datenschutzbeauftragten (DSB).

Seine Kernaufgabe besteht nach DSGVO in der Überwachung der Einhaltung der datenschutzrechtlich relevanten Vorschriften. Daraus ergibt sich eine deutlich höhere Verantwortung verglichen mit bisherigem Recht, nach dem der DSB nur eine unterstützende Funktion hatte. Letztendlich haftet der Datenschutzbeauftragte für seine Überwachungstätigkeit und muss diese schon deshalb transparent dokumentieren. Die Überwachungs-, aber auch eine Beratungs- und Unterstützungsfunktion hat der DSB gegenüber dem Verantwortlichen im Sinne der DSGVO. Diesem obliegt die Pflicht, für die Einhaltung der “Grundsätze der Verarbeitung“ personenbezogener Daten zu sorgen. Die Verarbeitungsgrundsätze umfassen Anforderungen wie Zweckbindung, Datenminimierung und zeitliche Begrenzung der Speicherung.

Darüber hinaus muss die Rechtmäßigkeit jeder Verarbeitung von personenbezogenen Daten nachgewiesen werden können. Diese liegt vor, wenn die Datenverarbeitung für die Erfüllung eines Vertrages erforderlich ist – so bei der Per-

Um seinen Überwachungspflichten nachzukommen, muss der Datenschutzbeauftragte alle relevanten Verfahren zur Datenverarbeitung genau im Blick haben.

Foto: BS/Pascal, flickr.com

sonalverwaltung, die für die Durchführung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. Auch der Schutz lebenswichtiger Interessen und die Ausübung öffentlicher Gewalt können eine Verarbeitung rechtfertigen. Liegt keine der Bedingungen vor, muss eine Einwilligung der betroffenen Person nachgewiesen werden können.

Die Überwachung der Einhaltung der Verarbeitungsgrundsätze und der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung bedeutet in der täglichen Praxis des DSB vor al-

cherheitszentrum, in dem alle Systeme und Datenverkehre im Zuständigkeitsbereich der BWI permanent durch Cyber Security-Experten überwacht werden. Dies wird es uns erlauben, neueste Technologien und Methoden einzusetzen und dadurch ein hohes Sicherheitsniveau zu erreichen. Durch diese Zentralisierung können wir Erkenntnisse zu neuen Bedrohungen, die wir bei einem unserer Outsourcing-Kunden gewinnen, sofort allen anderen Kunden zur Verfügung stellen. Gleiches gilt für neue Werkzeuge zur Detektion von Cyber-Angriffen.

Behörden Spiegel: Die BWI ist als Full-Service-Provider Partner für die IT-Konsolidierung des Bundes. Wie passen Konsolidierung und hohe Anforderungen an die Sicherheit aus ihrer Sicht zusammen?

Eßer: In der Praxis stellt die Konsolidierung sogar eine gute Gelegenheit für die Verbesserung der IT-Sicherheit dar. Die BWI wird ihren Kunden Werkzeuge zur Verfügung stellen können, die die Erstellung und Fortschreibung von IT-Sicherheitskonzepten unterstützen. Solche Werkzeuge sind üblicherweise für einzelne Behörden zu kostspielig.

Im Zuge der Konsolidierung wird die BWI auch die Sicherheitsprozesse implementieren, die in der Zusammenarbeit mit der Bundeswehr in den letzten zehn Jahren optimiert wurden. Hierzu zählt neben automatisierten Vulnerability Scans unter anderem auch ein hochautomatisiertes Security Patch Management.

Behörden Spiegel: Machen die Erfahrungen bei der Zentralisierung und dem Betrieb der Bundeswehr-IT die BWI zum Wunschpartner für Behörden?

Eßer: Das müssen Sie in erster Linie die Behörden fragen. Aber eine Befragung unter Bundesbehörden hat gezeigt, dass mehrere Behörden mit hohen Anforderungen an die IT-Sicherheit die BWI als Konsolidierungspartner für eine interessante Option halten.

Behörden Spiegel: Welche Impulse für die IT-Sicherheit sollten aus Ihrer Sicht von der

nächsten Bundesregierung ausgehen?

Eßer: Eines der wichtigsten Projekte ist die IT-Konsolidierung. Für diese steht der Plan und der muss konsequent umgesetzt werden.

Darüber hinaus sollte weiter der Informationsaustausch zu Fragen der IT- und Cyber-Sicherheit zwischen Wirtschaft, Politik, Bildung und Forschung gefördert werden. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik leistet da viel. Aber es gibt auch noch Hemmnisse der Beteiligten abzubauen. Als Beispiel seien hier wettbewerbsrechtliche Bedenken genannt.

Schließlich muss personell mehr aus dem Vollen geschöpft werden können. Es gibt zu wenig Begeisterung für Informatik-Studiengänge – die Entwicklung hält einfach nicht mit dem Bedarf an Fachkräften und Experten Schritt. Die Politik muss Wege finden, damit der Pool, aus dem geschöpft werden kann, so groß wie möglich wird.

Behörden Spiegel: Wie begegnet denn die BWI dem Mangel vor allem an Fachkräften für ITSicherheit?

Eßer: Die BWI ist hier auf einem guten und erfolgreichen Weg. Wir planen, u. a. für unser SOC in den nächsten Jahren etwa 100 Experten einzustellen. Man muss dabei die Anforderungen realistisch fassen. Natürlich könnten wir keine 100 “Zwölfender” finden, die schon das komplette notwendige Wissen mitbringen. Wir bieten daher Bachelor-Absolventen ein duales Studium an, in dem sie die nötige Expertise neben der Arbeit sowie einen Master-Abschluss erwerben können.

Automatisierung der Informationssicherheit

WannaCry und seine Nachfolger erfordern mehr Tempo (BS/Olaf Janßen*) Für eine wirksame Bekämpfung von Cyber Crime-Attacken wie WannaCry und Petya muss das IT-Sicherheitsmanagement in der öffentlichen Verwaltung künftig deutlich schneller reagieren können. Ein Grund: Ransomware wie WannaCry ist in der Lage, wie ein Wurm andere Rechner im gleichen Netz zu infizieren. Um dem zu begegnen, gewinnt das Thema Security Automation massiv an Bedeutung.

Die Angriffe von Hackern und Spionen werden zahlreicher und immer komplexer. Im Vorfeld der Bundestagswahlen im September gab es täglich tausende Angriffsversuche auf die Netze von Bundesregierung und Bundestagsabgeordneten. Diese Attacken sowie die auf den Bundestag 2015 zeigen, dass ein Angriff deutlich länger dauert.

lem eins: viel Schreibarbeit. Um den Pflichten nachzukommen, ist eine gute und genaue Dokumentation vonnöten. Tipps für die Umsetzung gab Rechtsanwalt Gerrit Huesmann beim Seminar der Cyber Akademie zur EU-Datenschutzgrundverordnung in Berlin, bei dem rund 20 Teilnehmer aus dem öffentlichen Sektor sich über die Neuregelungen informierten.

Grundlage für die Prüfungstätigkeiten des DSB sollte ein umfängliches Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten sein. Darin wird jedes relevante Verfahren beschrieben: Welche Arten von Daten werden erhoben? Welche internen oder externen Empfänger von Daten gibt es? Wer kann die Daten einsehen? Welche Rechtfertigungsgründe liegen für die Verarbeitung vor? “Häufig besteht die erste Schwierigkeit schon darin, zu ermitteln, wie viele relevante Verfahren es überhaupt in einer Organisation gibt”, erzählt Huesmann, der selbst als extern bestellter DSB tätig ist.

Die Cyber Akademie bietet regelmäßig Seminare zu verschiedenen Datenschutz-Themen an. (www.cyber-akademie.de)

Zudem schlagen die Angreifer in verschiedenen Phasen sowie an mehreren Stellen zu. Dazu kommt, dass durch die zunehmend digitale Arbeit der Verwaltung die Attacken schwerer zurückzuverfolgen sind.

Die Reaktionszeit ist dadurch gravierend kürzer, will man eine Ausbreitung verhindern. Diese Risiken wirksam und nachhaltig einzudämmen, erfordert einen Sicherheitsapparat mit enormen Ressourcen. Diese sind knapp und in Zukunft wird es eher noch schwerer, Stellen mit passenden Spezialisten zu besetzen.

Automatisierung als Antwort auf Ressourcenmangel

Das bedeutet: Die öffentliche Verwaltung muss alternative Lösungen finden. Eine ist, das IT-Sicherheitsmanagement stärker zu automatisieren – beispielsweise über regelbasierte Prozeduren. Security Automation adressiert dabei folgende Handlungsfelder:

• Prävention, etwa über automatisiert vorgenommene Sicherheitseinstellungen auf ITSystemen, in Anwendungen und in Netzwerken,

• Detektion von Anomalien, die auf mögliche Angriffe hindeuten, sowie von tatsächlichen Angriffen,

• automatisierte Bewertung als erste Indikation vor der manuellen (menschlichen) Bewertung – schematisch und standardisiert sowie

• Reaktion zur Wiederherstellung von sicheren Systemen und zum Beheben von Schäden oder eine automatisierte Reaktion auf Angriffe (Intrusion-Response-System) oder die Beseitigung von Malware. Zu jedem dieser Handlungsfelder gehört eine ganze Reihe technischer und organisatorischer Einzelmaßnahmen. Security Automation kann viele dieser Maßnahmen beschleunigen oder signifikant verbessern im Hinblick auf Qualität und Verlässlichkeit.

Der Einstieg beginnt für jede Organisation bei den Basics: Auf die Liste der wirksamen Maßnahmen gehören sogenannte IT-Health-Checks. Hier wird der Ist-Stand von sicherheitsrelevanten Systemeinstellungen mit dem für die Verwaltung festgelegten Soll-Zustand abgeglichen. Zu den fortgeschrittenen Ansätzen zählt der Einsatz einer sogenannten Threat Intelligence. Hier sucht ein System nicht blind, sondern gezielt nach bestimmten Auffälligkeiten und reduziert so das Risiko von Fehlalarmen, nicht aber die Zahl der entdeckten echten Angriffe.

Durch Machine Learning lassen sich eigenständig Muster in großen Datenmengen erkennen

und analysieren. Künstliche Intelligenz wie Watson von IBM sucht zudem in Millionen von Blogs, Online-Foren und Whitepapers nach dem Wissen, das die Sicherheitsexperten in der Verwaltungs-IT brauchen, um Bedrohungen wirksam zu begegnen.

Die Bedingungen müssen passen Security Automation bietet damit ein immenses Potenzial für Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung – wenn die Bedingungen stimmen. Dazu gehört eine hohe Awareness für das Thema Sicherheit. Diese ist in diesem Jahr bei den Entscheidern deutlich ausgeprägter, zeigt die Potenzialanalyse Digital Security von Sopra Steria Consulting. Zudem sollte es eine Ablauforganisation für das Thema IT-Sicherheit geben und Security als Führungsinformation integriert werden – als eine Art Lagebild für Verwaltungsmanager, um Ressourcen besser zu steuern.

Sämtliche Maßnahmen werden in Summe zwar immer noch keine hundertprozentige Sicherheit vor neuen Angriffsszenarien bieten. Das vorhandene gute Sicherheitsniveau in der öffentlichen Verwaltung lässt sich damit allerdings langfristig halten und der Aufwand für die Cyber-Abwehr begrenzen oder sogar senken.

*Olaf Janßen ist Experte für Informationssicherheit bei Sopra Steria Consulting.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 49 IT-Sicherheit S049_BS12_All_cl
Dr. Bernd Eßer ist Chief Information Security Officer (CISO) bei der BWI GmbH. Foto: BS/BWI GmbH

Klar ist, dass Cyber-Angriffe möglich sind, die zur Gefährdung der Versorgung der Bevölkerung führen, Volkswirtschaften ins Wanken bringen oder die öffentliche Verwaltung lahmlegen können. In diesem Jahr hat es eine teils hitzig geführte politische Debatte darüber gegeben, inwieweit der Staat sich rüsten sollte, um im Ernstfall auf technischer Ebene aktiv Gegenmaßnahmen ergreifen oder gar Gegenschläge durchführen zu können.

Dabei handelt es sich aber nur um einen Aspekt in einer komplexen Gemengelage. Das Stoppen eines laufenden Angriffs durch aktive Gegenwehr und als Ultima Ratio der sogenannte “Hack Back” – also das gezielte Abschalten eines Servers, von dem ein Angriff ausgeht – sollen als Stufen vier und fünf ermöglicht werden, in einem Stufenplan, den das Bundeministerium des Innern (BMI) vorsieht. Mit notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen und Fragen der Kompetenzverteilung dafür setzt sich das Ministerium derzeit auseinander.

Angriffe auf Kritische Infrastrukturen seien in der Realität bereits erfolgreich, man müsse im Krisenfall reagieren können,

Über das von der DSGVO vorgesehene Recht der Betroffenen auf Löschung wird intensiv diskutiert. Fällt die Rechtfertigung für eine Verarbeitung personenbezogener Daten weg, müssen die entsprechenden Daten restlos und nicht wiederherstellbar gelöscht werden. Das kann nur entsprechende Software leisten, die Datenspeicher mehrfach überschreibt. Streng genommen müssen aber auch Back-Ups bereinigt werden, die Kopien der Daten enthalten. Organisatorisch und technisch ist das eine große Herausforderung, wenn man bedenkt, dass im Sinne der IT-Sicherheit das Vorhalten mehrerer auch länger zurückliegender Back-Up-Stände erforderlich ist. Außerdem sehen Sicherungs- und Wiederherstellungssysteme normalerweise keine Veränderung von Back-Ups vor. An solchen Knackpunkten wird deutlich, was bei der Erneuerung des Datenschutzregimes allgemein der Fall ist. Es müssen jetzt Maßnahmen ergriffen werden, ohne Wissen darüber, wie die Gerichte das Unionsrecht zukünftig auslegen werden. “Die Rechtsprechung hatte noch keine Gelegenheit, ihre Beurteilungen abzugeben”, sagte Prof. Wilfried Bernhardt, Staatsekretär a. D., auf dem Kommunalen Datenschutztag des Behörden Spiegel in Berlin. “Ein bisschen Spekulation und Unsicherheit werden sich zunächst nicht vermeiden lassen.”

“Unter-ein-Prozent-Szenario”

Der Cyber-Gegenschlag ist die ultima ratio im Krisenfall (BS/stb) Cyber-Sicherheit ist eine staatliche Herausforderung, der nur mit einem Gesamtpaket begegnet werden kann. Grundlage sind Prävention und Detektion – die Sicherung der IT-Systeme gegen und die Erkennung von Angriffen. Durch Analyse der allgemeinen Lage im Cyber-Raum und die Aufklärung konkreter Vorfälle wird Expertise dafür aufgebaut und die strafrechtliche Verfolgung ermöglicht. Aktive Gegenwehr auf technischer Ebene soll zukünftig in schweren Krisen die Reaktionsfähigkeit des Staates sicherstellen.

sagte Andreas Könen, Leiter des Stabes IT- und Cyber-Sicherheit, sichere Informationstechnik im BMI. Bei einem Parlamentarischen Frühstück des Behörden Spiegel in Berlin stellte er klar: “Es geht dabei fast nie darum, zurückzuschlagen. Es geht darum, Handlungsfähigkeit zu erhalten.” Das gezielte Abschalten eines Angreifer-Systems sei ein “Unter-ein-ProzentSzenario”, das zum Tragen käme, wenn ein laufender Angriff schwere, existenzbedrohende Folgen habe und alle anderen zu Gebote stehenden Mittel erschöpft seien.

Auf die Frage, wie in so einer Krisensituation zwischen Zivilschutzfall und Landesverteidigungsfall unterschieden werden soll, antwortete Könen, dass bei solchen Szenarien normalerweise von einer hybriden Bedro-

hung mit militärischer Relevanz ausgegangen werde. “Maßgeblich ist letztlich die politische Bewertung, die die gesamte Lage über Vorfälle im Cyber-Raum hinaus berücksichtigen muss.”

Vorbeugen und Erkennen

Die wichtigsten und permanent wirksamen Mittel sind laut BMIStufenplan die Prävention (Stufe eins) und die Detektion (Stufe zwei). Hier sei Deutschland bereits sehr weit gekommen, betonte Könen. Gemeint sind hier vor allem politische Maßnahmen im Zuge der Cyber-Sicherheitsstrategie für Deutschland wie die Einführung von Mindeststandards und Meldepflichten für Betreiber Kritischer Infrastrukturen. Schon auf der Stufe Detektion sind bereits aktive Abwehrmaßnahmen möglich. Telekommunikationsprovider dürfen bei

Störungen Datenverkehre analysieren und identifizierte Verursacher blockieren. Die dritte Stufe betrifft die Aufklärung von Angriffen. Von staatlicher Seite sind hier die Sicherheitsbehörden gefragt, die permanent die Lage im Cyber-Raum beobachten und bei erheblichen Vorfällen Ermittlungen anstellen. Bei der juristischen Aufklärung von CyberKriminalität seien die Behörden schon gut aufgestellt, sagte der Bundestagsabgeordnete Dr. Reinhard Brandl (CSU). Davon sei die Aufklärung von professionellen Angriffen aber zu trennen. Hier gleiche die Ermittlungsarbeit der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Analysen von Codefragmenten und Angriffsabläufen ließen zwar Rückschlüsse auf bestimmte Hackergruppen und

Kommunen unter Druck

deren Herkunft zu. “Aus rechtsstaatlicher Sicht sind diese Hinweise jedoch oftmals sehr dünn”, räumte Brandl ein.

“Professionelle Angriffe lassen sich in der Regel nicht eindeutig zuordnen”, pflichtete auch Thomas Hemker, Security Strategist bei Symantec, bei. Dies mache reaktives Handeln so schwierig. Hemker sprach zwei unterschiedliche Typen von Bedrohungen an. Einerseits sei nach wie vor viel massenhaft verteilte Malware im Einsatz. Es bestehe dabei eine große Gefahr für Kollateralschäden, weil in Haushalten, Unternehmen, öffentlicher Verwaltung und Kritischen Infrastrukturen weitgehend dieselbe Basis-IT mit denselben Schwachstellen vorliege. Andererseits werde mittlerweile oftmals Software als Einstiegstor genutzt, die auf Systemen der

Der Weg zum neuen Datenschutzrecht ist steinig (BS/stb) Die Übergangsfrist bis zur Wirkung der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) endet in wenigen Monaten. Um den Anforderungen gerecht zu werden, müssen auch öffentliche Stellen auf kommunaler Ebene organisatorische und technische Maßnahmen treffen. Das erfordert nicht unerhebliche Ressourcen. Unsicherheiten darüber, wie einige Regelungen konkret umzusetzen sind, kommen erschwerend hinzu.

Diese Unsicherheit trifft besonders die kommunalen Behörden. Sie decken einen großen Teil der staatlichen Verwaltungsaufgaben ab, die Verarbeitung personenbezogener Daten erfordern. Die Rechtmäßigkeit einer Verarbeitung kann durch die Einwilligung der Betroffenen gegeben sein. Für Kommunen sei die Einwilligung jedoch ein zweischneidiges Schwert, warnt Dr. Ariane Berger, Referentin im Deutschen Landkreistag. Einerseits sei jederzeit ein Widerruf möglich. Andererseits dürfte die Freiwilligkeit der Einwilligung nicht in Zweifel stehen. Im Verhältnis zwischen Staat und Bürger ziehe das eine besondere Nachweispflicht nach sich.

Rechtmäßig ist eine Verarbeitung laut DSGVO auch dann, wenn sie für die Ausübung von Aufgaben im öffentlichen Interesse liegt oder in der Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt. Die Mitgliedsstaaten können hier noch Präzisierungen vornehmen. Für öffentliche Stellen der Länder und Kommunen werden die jeweiligen Landesgesetzgeber voraussichtlich allgemeine Rechtsgrundlagen schaffen.

“Die Anforderungen an die Ausgestaltung sind jedoch sehr

Dr. Ariane Berger (Deutscher Landkreistag): “Die neuen Anforderungen werden nur einzuhalten sein, wenn Behördenleitungen für organisatorische und technische Maßnahmen Geld in die Hand nehmen.” Foto: BS/Stiebel

hoch. Generalklauseln, die die Schutzziele des Unionsrechts unterwandern, werden nicht möglich sein”, sagte Berger Ungeachtet der noch ausstehenden Präzisierungen ist schon jetzt klar, dass der Aufwand für den Datenschutz größer wird und vor allem in der Anpassungsphase insbesondere kleine Behörden überfordern könnte. Zwar gibt es Bagatellgrenzen für kleine Organisationen in Bezug auf einige Verpflichtungen. Diese gelten aber nicht, wenn Datenverarbeitungen erfolgen, aus denen sich Risiken für den Eintritt von Schäden bei Betrof-

Netzwerke stärken

Einzellösungen nicht mehr zeitgemäß

(BS/mfe) Die Kriminalität wird internationaler, digitaler, vernetzter und phänomenübergreifender. Darauf müssen sich die Polizeien und die übrigen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) einstellen. Es brauche ein intelligentes, schlagkräftiges Netzwerk aus Bundes- und Landesakteuren sowie ein einheitliches Datenhaus der deutschen Polizeien.

Das meint der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch. Des Weiteren komme es auf bundesweite Standards sowie eine länderübergreifende Koordination an. Auf der BKA-Herbsttagung in Ingelheim forderte Münch: “Die Polizei muss sich als flexibler und schlagkräftiger Verbund aufstellen. Anstatt der bisher vorherrschenden Einzellösungen müssen wir unsere Zusammenarbeit auf bedarfsorientierten und anpassungsfähigen Kooperationsplattformen organisieren.” Hinsichtlich des angesproche-

Fordert ein einheitliches Datenhaus der Polizeien: BKAPräsident Holger Münch Foto:BS/Dombrowsky

nen Datenhauses der deutschen Polizeibehörden hieß es aus dem BKA, dass dieses alle relevanten Informationen der Polizeien des Bundes und der Länder enthalten werde und die Verantwortung für die Daten beim jeweiligen Besitzer verbleibe. In der

Bundesoberbehörde, die über mehrere Dienstsitze in der Bundesrepublik verfügt, sei ein Vorprojekt installiert worden, das bis Mitte kommenden Jahres die Strukturen für das eigentliche Programm aufbauen solle. Damit sei sichergestellt, dass alle polizeilichen Informationssysteme permanent verfügbar seien. Wie im aktuellen polizeilichen Informationsverbund sollen die Polizeien des Bundes und der Länder Zugriff erhalten. Verbundrelevante Daten sollen für alle sichtbar sein, Daten ohne Verbundrelevanz nicht.

fenen ergeben. Das sei auf jeden Fall gegeben, wenn massenhaft Datensätze oder besonders sensible Daten verarbeitet würden, so Berger Ein wesentlicher Aufwandsfaktor wird sich aus der Dokumentation über die Verarbeitungen und über datenschutzrelevante Maßnahmen ergeben. Zentral ist das Verarbeitungsverzeichnis, das in erster Linie ein internes Kontrollinstrument sei, wie Berger erklärt. “Die Funktion des Ve r arbeitungsverzeichnisses besteht darin, die Dokumentation so vorzunehmen, dass davon ausgehend alle Folgepflichten

erfüllt werden können.” Das Verzeichnis ist Nachweis über die Einhaltung der Verarbeitungsgrundsätze, Grundlage für die Überwachung durch den Datenschutzbeauftragten und es ermöglicht die Erfüllung von Auskunftspflichten gegenüber Betroffenen.

Technische Erfordernisse

Die Sicherheit personenbezogener Daten vor Diebstahl, Manipulation und Missbrauch muss nicht nur organisatorisch, sondern auch technisch sichergestellt werden. Der Datenschutz hat hier eindeutige Schnittmengen mit der IT-Sicherheit, obwohl das eine das andere nicht ersetzen kann. “Der Unterschied liegt in der Perspektive”, sagte Eva Schlehahn vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein. IT-Sicherheit diene dem Schutz von Organisationen vor Angriffen auf ihre Systeme und vor Datenkompromittierung. Datenschutz diene dem Schutz von Betroffenen und habe eindeutigen Grundrechtsbezug, so Schlehahn. “IT-Sicherheit ist eine notwendige Voraussetzung, um Datenschutz zu gewährleisten.” Britta Neß, Rechtsanwältin

Opfer regulär vorhanden sei. Kriminelle Hacker nutzten einerseits Administrator-Tools wie die Power Shell unter Windows oder, wie im Falle des NotPetyaAngriffes im Sommer dieses Jahres, eine weit verbreitete Abrechnungssoftware. Cyber-Sicherheit sei eine gesamtstaatliche Aufgabe, machte Hemker klar und betonte insbesondere die Wichtigkeit eines Austausches zwischen Staat und Wirtschaft. Öffentliche und private CERT-Verbünde und Zusammenschlüsse in der Industrie spielten eine erhebliche Rolle für die Bündelung von Expertise und sollten sich noch stärker miteinander verzahnen. Besonders hob Hemker Non-ProfitPlattformen wie MISP (Malware Information Sharing Platform) hervor: “Indicators of Compromise lassen sich damit automatisiert austauschen und in Organisationen anwenden.”

Im Bereich Informationsaustausch und Aufklärung greife aber letztlich auch der gesamtstaatliche Ansatz noch zu kurz. “Wir brauchen eine globale Sicht auf die Dinge”, so Hemker “Sonst können wir am Ende nur ermitteln, wenn Angriffe innerhalb Deutschlands erfolgen.”

der Kanzlei Büsing, Müffelmann & Theye, erklärte die Anforderungen an die Technikgestaltung: “Jedes Systems zur Datenverarbeitung muss von Anfang an so gestaltet werden, dass der Datenschutz eingehalten werden kann – das ist Privacy by Design.” Das System soll außerdem von vornherein nur Daten erheben, die für den konkreten Zweck notwendig sind (Privacy by Default). Für die Umsetzung ist zwar der Verantwortliche im Sinne der DSGVO, also die Behördenleitung, zuständig. “Sinn der Sache ist aber letztlich, dass auch auf die Softwarehersteller eingewirkt wird, zum Beispiel indem diese Anforderungen in Ausschreibungen aufgenommen werden”, erläuterte Neß So, wie die Überwachungsaufgaben Expertise beim Datenschutzbeauftragten voraussetzen, wird auch für die Umsetzung der technischen Erfordernisse spezielles Know-how erforderlich sein. “Eine halbe Stelle wird für all diese Aufgaben in der Regel nicht mehr ausreichen. Es wird ein Team gebraucht, in dem juristische, personelle, organisatorische und technische Kompetenzen zusammenkommen”, sagte Berger. In sehr kleinen öffentlichen Stellen mit sehr wenig Mitarbeitern sei die Erfüllung aller datenschutzrechtlichen Pflichten nur durch Software möglich, die die notwendigen Prozesse unterstütze. “So oder so kommen große Kosten auf die Kommunen zu.”

Cyber Security Bilanz 2017: Hacker nutzen Eintagsfliegen-Taktik von Jan Lindner, Geschäftsführer Panda Security

Das Jahr 2017 neigt sich dem Ende zu und die IT-Experten ziehen Bilanz. Was sind die wichtigsten Entwicklungen in der IT-Sicherheitsbranche?

Neben der noch immer weiter steigenden Anzahl an neuen Malware-Bedrohungen pro Tag haben unsere Malware-Experten in den PandaLabs 2017 vor allem einen Trend herausgefiltert: Jedes einzelne registrierte neue Schadprogramm infiziert immer weniger einzelne Geräte. Durch diese “Minimal- bzw. Eintagsfliegen-Taktik” verringern die Cyber-Kriminellen das Erkennungsrisiko erheblich und sind damit gefährlicher als je zuvor.

Mit wenigen Ausnahmen –wie WannaCry oder HackCCleaner – ändern sich die meisten Malware-Dateien also mit jeder einzelnen Infektion, sodass jedes einzelne Schadprogramm eine äußerst begrenzte Verbreitung hat. Die Folge: Traditionelle, Blacklistbasierte IT-Sicherheitssoftware, die nur bekannte Bedrohungen erkennt und blockiert, ist gegen moderne MalwareDateien in der Regel machtlos. Denn wenn 99 Prozent aller Schädlinge nur ein einziges Mal auftauchen, sind Signatur-Dateien zur Abwehr von Cyber-Attacken zu 99 Prozent sinnlos.

Für 2018 appellieren die PandaLabs Experten daher daran, dass es für IT-Verantwortliche höchste Zeit ist, ihre bisherigen Cyber-Abwehrmaßnahmen zu überdenken. Dabei sollte ein fundiertes Wissen über die Angriffe, das beispielsweise mithilfe einer guten IT-Forensik ermöglicht wird, die Basis für eine effektive Abwehr-Strategie sein. Machine-Learning-Tools und die Untersuchungen durch Threat Hunting Teams sind in Zukunft ebenfalls unerlässlich, um Cyber-Angriffe erfolgreich abzuwehren.

Ihr Jan Lindner

Seite 50 Behörden Spiegel / Dezember 2017 IT-Sicherheit S050_BS12_All_swm

Sicherheit & Verteidigung

Wohin führt der Weg?

Zukunftsfähigkeit der polizeilichen Einheitsausbildung fraglich

(BS/Marco Feldmann) Die deutschen Polizeien stehen vor einer folgenreichen Richtungsentscheidung. Setzen sie weiter auf die gemeinsame Ausbildung aller Polizeianwärter, wie es in nahezu allen Bundesländern bisher noch der Fall ist? Oder trennen sie schutz- und kriminalpolizeiliche Ausbildung, wie es Berlin in einem gewissen Maße tut? Und: Wie wird mit fachfremden Experten umgegangen, die Interesse an einer Arbeit bei der Polizei zeigen?

Eine definitive Festlegung steht zwar noch aus. Aber die Zeit drängt. Das haben auch einige politisch Verantwortliche erkannt. So meint etwa Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD): “Wir müssen die Kriminalpolizei für IT-Experten und andere Quereinsteiger öffnen.”

Außerdem betont er: “Der Ansatz der länderübergreifenden kriminalpolizeilichen Ausbildung ist der richtige.”

Sein baden-württembergischer Amtskollege Thomas Strobl (CDU) sagt sogar voraus: “Die Kriminalpolizei und die gesamte Organisation der Polizei stehen in den kommenden Jahren vor einer Mammutaufgabe.” Deshalb sei es besonders wichtig, die Kriminalpolizei der Kriminalitätsentwicklung anzupassen, weil in den letzten Jahren Straftaten im und aus dem digitalen Raum besonders in den Fokus gerückt seien. Die Stuttgarter Landesregierung habe auf diese Entwicklung bereits reagiert und im Rahmen von Sonderlaufbahnen einen Direkteinstieg bei Cyber- und Wirtschaftskriminalisten ermöglicht. Solche “Maßnahmen zur Gewinnung der besten Köpfe und heißbegehrter Spezialisten” sollten auch weiter gefördert werden.

Stuttgart prüft Reform

Zur Wahrheit gehört jedoch ebenfalls: Diese Mitarbeiter, bei denen es sich unter anderem um Informatiker oder Betriebswirte mit mindestens drei Jahren Berufserfahrung handeln kann, sind keine regulären Polizeibeamten. Vielmehr existiert auch bei der Polizei im Ländle weiterhin eine Einheitsausbildung. Erst nach deren Abschluss fällt die Entscheidung, ob der Beamte eine schutz- oder eine krimi-

nalpolizeiliche Verwendung antritt. Im Innenministerium gibt es derzeit aber Überlegungen, ob das Studium an der Hochschule der Polizei – nach einer gemeinsamen Anfangsphase – künftig nicht zweigeteilt stattfinden soll.

Berlin setzt auf Trennung Vorbild dafür dürfte das Land Berlin sein. Dort würden die Anwärter für den gehobenen Polizeivollzugsdienst getrennt nach den Laufbahnzweigen Schutz- und Kriminalpolizei eingestellt, erläutert Klaus Zuch, Abteilungsleiter für öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Senatsinnenverwaltung. Des Weiteren berichtet er, dass alle Anwärter am Anfang des Bachelor-Studiums verschiedene Fächer im gleichen Umfang hörten. Erst im weiteren Verlaufe der Ausbildung erfolge dann eine Spezialisierung nach Laufbahnzweig. Die Dekanin des Fachbereichs Polizei und Sicherheitsmanagement der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, Prof. Dr. Sabrina Schönrock, fügt hinzu: “Die Trennung erfolgt nach dem zweiten Semester. Dann werden für angehende Schutzpolizisten und -polizistinnen sogenannte S-Klassen und für künftige Kriminalbeamte und -beamtinnen sogenannte K-Klassen gebildet.” Deren Mitglieder würden zwar auch in höheren Semestern noch teilweise gemeinsame Module belegen. Eine Durchmi-

Fachhochschulstudium sowie einheitliche Standards für das Studium und die Fortbildung von Kriminalisten in Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen forderten, halten Gewerk-

In der künftigen Polizeiausbildung gibt es verschiedene Möglichkeiten: die bisher verbreitete Einheitsausbildung oder eine frühzeitigere Spezialisierung. Foto: BS/©JiSign, Fotolia.com

schung der Klassen finde dann allerdings nicht mehr statt. Darüber hinaus hätten die einzelnen Anwärter auch jeweils individuell auf ihren angestrebten Laufbahnzweig zugeschnittene Lehrveranstaltungen zu besuchen. Für Mitglieder von K-Klassen seien das etwa Vorlesungen zu Themen wie Gewalt- und Gewinnkriminalität oder CyberDelikten.

Angehörige der S-Klassen wiederum würden separat unter anderem in den Bereichen Verkehrsrecht und -lehre, Veranstaltungs- und Versammlungslagen geschult. Schönrock ist überzeugt: “Die Trennung wird von den Studierenden sehr gut angenommen.”

Dissens zwischen

Gewerkschaften

Bei den Polizeigewerkschaften ist dieser Ansatz hingegen umstritten. Während mehrere Vorsitzende ostdeutscher Landesverbände des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) kürzlich einen Direkteinstieg zur Kriminalpolizei nach dem

schaft der Polizei (GdP) und Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) eine eigenständige Ausbildung für nicht erforderlich. So meint der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow: “Eine spezialisierte Ausbildung der Kriminalpolizei ist nicht notwendig, um eine qualifizierte und effektive kriminalpolizeiliche Bearbeitung von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zu gewährleisten.” Der DPolG-Bundesvorsitzende Rainer Wendt ergänzt: “Einsatzbewältigung, Kriminalitätsbekämpfung und Verkehrsunfallbekämpfung sind drei gleichwertige Schwerpunkte polizeilicher Arbeit. Es macht wenig Sinn, jungen Anwärtern einen Einblick in jeweils andere Arbeitsschwerpunkte vorzuenthalten.” Der BDK-Bundesvorsitzende André Schulz hält dagegen: “Die Polizei tut sich keinen Gefallen, wenn sie die verschiedenen Berufsbilder innerhalb der Organisation Polizei nicht entsprechend berücksichtigt oder gar krampfhaft verleugnet.” Abhilfe bei der

21 . Europäischer Polizeikongress

Überwindung dieser Gegensätze könnte eine Länderarbeitsgruppe (LAG) im Rahmen der Sicherheitskooperation zwischen Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen schaffen. Ihre Mitglieder sollen die Bedarfe und Möglichkeiten einer länderübergreifenden Aus- und Fortbildung von Kriminalpolizisten identifizieren. Anforderungen haben sich verändert

Ihr Leiter, Brandenburgs Landeskriminaldirektor Michael Scharf, sagt: “Die Lage um uns herum hat sich angesichts von Cyber-Kriminalität und transnationaler Organisierter Kriminalität massiv verändert. Die polizeiliche Ausbildung hat damit aber nicht Schritt gehalten.”

Das könne aber nicht mehr hingenommen werden. Schließlich werde sich die Arbeit der Sicherheitsbehörden künftig von einer bisher retrospektiven Verdachtsaufklärung “hin zu einer prospektiven Blickrichtung zur Einschätzung konkreter Gefährdungslagen beziehungsweise zur Risikoeinschätzung” verändern. Deshalb fordert Scharf: “Auch die Einstellungsbehörden müssen ihre Anforderungen verändern. In Zukunft braucht nicht mehr jeder Kriminalist das komplette polizeiliche Grundlagenwissen.” Ob es aber tatsächlich zu einer länderübergreifenden Aus- und Fortbildung von Kriminalbeamten kommt, ist noch offen. Ein erster Schritt ist getan: Die Innenminister des Verbundes haben die LAG-Mitglieder gebeten, die Möglichkeiten einer kriminalpolizeilichen Ausbildung hinsichtlich ihrer Machbarkeit und Folgen zu prüfen.

KNAPP App ist wettbewerbswidrig

(BS/mfe) Die kostenlose Smartphone-Applikation “DWD WarnWetter-App” des Deutschen Wetterdienstes ist wettbewerbsrechtlich unzulässig. Das entschied das Landgericht Bonn. Bemängelt wurde von den Richtern, dass in der Anwendung nicht nur Informationen über amtliche Warnungen, sondern auch allgemeine Informationen über das Wetter angeboten würden. Zudem sei sie wettbewerbswidrig, weil der Deutsche Wetterdienst für sie eigentlich eine Vergütung verlangen müsse. Für diese Einstufung sei es auch unerheblich, dass die App der Bundesoberbehörde kostenfrei angeboten werde. Denn: Mit dem Angebot dieser Anwendung fördere der Deutsche Wetterdienst sein eigenes Unternehmen, steigere seine Bekanntheit und letztlich auch seine Marktmacht.

Austausch verbessern (BS/mfe/rup) Die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) müssen ihre Erkenntnisse effektiver miteinander teilen. Das verlangt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Dafür müsse aber keineswegs die Sicherheitsarchitektur hierzulande auf den Kopf gestellt werden, unterstrich er auf dem Münchner Polizeitag des Behörden Spiegel und der Gewerkschaft der Polizei. Vielmehr gelte: “Bevor wir uns über neue Zuständigkeiten unterhalten, sollten zunächst alle Behörden ihre gesetzesmäßigen Aufgaben erfüllen können.” Außerdem verlangte Herrmann mit Blick auf Hackerattacken auf Kritische Infrastrukturen (KRITIS): “Bei der Cyber-Sicherheit müssen wir einiges neu ordnen.” In einer solchen Situation “muss alles aus einem Guss sein, einer muss das Sagen haben”, so der Ressortchef.

6.-7. Februar 2018 | Berlin Congress Center

Sicherheit besser vernetzen Information – Prävention – Repression

S051_BS12_All_cl
Behörden Spiegel www.behoerdenspiegel.de Berlin und Bonn
Dezember
/
2017
www.europaeischer-polizeikongress.de
Steven Wilson Leiter des European Cybercrime Centre Europäisches Polizeiamt (EUROPOL) Dr. Hans-Georg Maaßen Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (Quelle: Bundesamt für Verfassungsschutz)

Und bei der Proliferationsunterbindung darf das Zollkriminalamt präventiv Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen durchführen.

Angesichts dieser Aufgabenund Kompetenzfülle, die in der Bevölkerung jedoch kaum bekannt ist, verwundert es nicht, dass der Präsident des Zollkriminalamtes (ZKA), Norbert Drude, meint: “Der Zoll ist ein integraler Bestandteil der Sicherheitsarchitektur in Deutschland.”

Hier will auch der Vorsitzende des Zollbereichs in der Gewerkschaft der Polizei (GdPZoll), Frank Buckenhofer, nicht grundsätzlich widersprechen.

Er betonte auf dem Zolltag des Behörden Spiegel und seiner Organisation, der GdP-Zoll, in Berlin: “Der Zoll leistet einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Organisierter Kriminalität, Terrorfinanzierung und Geldwäsche. Zudem konstatierte er vor rund 60 Teilnehmern:

“Der Zoll ist die größte Drogenbekämpfungsbehörde Deutschlands.”

Zoll nimmt nimmt zahlreiche

Steuern ein

Und Drude ergänzte mit Blick auf die rund 39.000 Beschäftigten des Zolls: “Wir sind eine moderne Bundesverwaltung mit einer enormen Dynamik.” Zudem erläuterte der ZKA-Chef, dessen Behörde organisatorisch zwar inzwischen eine Direktion der Generalzolldirektion mit Sitz in Bonn bildet, funktional jedoch weiterhin selbständig ist: “Der Zoll nimmt jedes Jahr rund 130 Milliarden Euro ein.” Das seien rund 40 Prozent des Gesamtvolumens des Bundeshaushalts. Haupteinnahmequelle seien dabei die Verbrauchssteuern, wie zum Beispiel die Stromsteuer. Ein wichtiges Element der Zollverwaltung sind laut Drude die bei den einzelnen, bundesweit

Zusätzlich spottete er, dass “Wir mit Gottes Hilfe” schon bald herausfinden würden, wie viele seiner “Löwen” die Europäische Union schon erreicht hätten oder noch erreichen würden. Ende 2016 warnte der italienische Nachrichtendienst, dass der gefährliche kosovoalbanische Daesh-Anführer Lavdrim Muhaxheri mit bis zu 400 Kämpfern nach Italien vorgedrungen sei, um in der Europäischen Union größere Anschläge zu begehen.

Zu diesem Zeitpunkt hatten wir in Deutschland bereits sieben vollendete islamistische Attentate zu verzeichnen: Hannover (zwei), Essen, Würzburg, Reutlingen, Ansbach und Berlin, sowie mindestens fünf weitere durch rechtzeitige Zugriffe verhindert: Attendorn/Berlin, Köln, Leipzig, Essen und nochmals Berlin. Fast alle Attentäter, die in Deutschland ihre Anschläge verübten oder vorbereiteten, waren “Flüchtlinge”, zumeist aus Syrien, aber auch aus Tunesien, Marokko, Algerien oder Afghanistan. Manche Attentäter hatten mehrere Identitäten, nur wenige waren Deutsche mit Migrationshintergrund. Einige hatten Asylanträge in mehreren Ländern gestellt.

Terrororganisationen verfügen

über Blanko-Dokumente

Das gleiche Bild, mit noch bestürzenderem Ergebnis, ergibt ein Blick auf die Attentäter, die im übrigen Europa ihre Anschläge verübten oder es versuchten, insbesondere in Frankreich, dem Vereinigten Königreich oder Belgien.

Seit Jahren ist bekannt, dass zig Tausende Blanko-Ausweise und -Pässe in die Hände islamistischer Terrororganisationen fielen – vor allem aus

Zoll mehr ins Blickfeld rücken

Zolltag: Behörde verfügt über äußerst weitreichende

Befugnisse

(BS/Marco Feldmann) Ohne die Mitarbeiter der Zollverwaltung kann der Schutz der Bevölkerung vor Kriminalität und Terror hierzulande nicht gewährleistet werden. Denn sie haben gegenüber ihren Kollegen von den Polizeien mehrere Vorteile. Zum einen besitzen sie eine große Fülle an Rechten, da sie sowohl strafprozessuale Kompetenzen als auch solche der Abgabenordnung ausüben. Zum anderen können sie deutlich früher tätig werden als Polizisten. So darf der Zoll bereits tätig werden, wenn eine latente Gefahr besteht. Der Polizei hingegen ist ein Eingreifen erst bei Vorliegen einer konkreten Gefahr gestattet. Des Weiteren dürfen Zöllner verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen und auch ansonsten nehmen sie materialrechtlich zahlreiche polizeiliche Aufgaben wahr. Darüber hinaus setzen sie Einfuhrverbote durch und gehen gegen Schwarzarbeit vor. Im Bereich der Ausfuhrkontrolle stehen den Beamten sogar nachrichtendienstliche Kompetenzen zu.

43 Hauptzollämtern angesiedelten Kontrolleinheiten, deren Kräfte auf allen Verkehrswegen unterwegs seien. Sie bildeten im Kampf gegen den Schmuggel von Betäubungsmitteln oder Zigaretten sowie bei der Überwa-

Sieht die Zollverwaltung als einen zentralen Baustein der Sicherheitsarchitektur hierzulande: Norbert Drude, Präsident des Zollkriminalamtes und Direktionspräsident in der Generalzolldirektion.

tor Hans-Joachim KensbockRieso. Er forderte: “Bei Zigaretten und Medikamenten muss es eine lückenlose Lieferkette geben.” Zudem warnte er: “Der Terrorismus finanziert sich auch aus dem Zigarettenschmuggel.”

Foto: BS/ZKA

Der Vorsitzende der GdPZoll, Frank Buckenhofer, kritisierte, dass es innerhalb des deutschen Zolls an effektiven Melde- und Befehlswegen mangele. Dies erschwere die Kriminalitätsbekämpfung erheblich, so der Gewerkschafter.

chung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs ein “weit verzweigtes Sicherheitsnetz”. Außerdem kooperierten sie hervorragend mit den Kollegen der Bundes- und Landespolizei, unter anderem in 17 gemeinsamen Finanzermittlungsgruppen.

Aber auch mit zahlreichen anderen Behörden arbeite der Zoll vertrauensvoll im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum zusammen. Ungeachtet der

Tatsache, dass er keine originäre Zuständigkeit im Anti-TerrorKampf habe, sei der Zoll dennoch Teil des Informationspools und in sämtlichen polizeilichen Gremien vertreten. Gleichwohl mahnte Drude, dessen Behörde im Bereich der Proliferationsunterbindung auch mit dem Generalbundesanwalt kooperiert, mit Blick in die Zukunft eine noch engere Zusammenarbeit der Zollverwaltung mit den übrigen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) an. Hier stünden derzeit aber oftmals noch das Steuer- und das Sozialgeheimnis im Wege. Grundsätzlich gelte angesichts von 120 Millionen sichergestellten illegalen Zigaretten zudem: “Wir brauchen einen schlagkräftigen Zollfahndungsdienst.”

erhebliche Probleme, kritisierte Buckenhofer. Des Weiteren seien die Vollzugsdienste des Zolls auf zahlreiche Direktionen der Generalzolldirektion, die ihren Sitz in Bonn hat, verteilt, was zu einem hohen Abstimmungsbedarf untereinander führe und die rasche Vornahme exekutiver Maßnahmen teilweise erschwere.

Außerdem bemängelte der Gewerkschafter, dass die Kontrolleinheiten des Zolls nicht Tag und Nacht unterwegs seien und die Polizei keine festen Ansprechpartner in der Zollverwaltung habe. Dies sei untragbar und erschwere sowohl die Kriminalitätsbekämpfung als auch die Kooperation mit anderen BOS.

Insgesamt zeigte sich Buckenhofer aufgrund dieser zahlreichen organisatorischen Defizite alarmiert, als er konstatierte: “Die Zollverwaltung wird ihrem gesetzlichen Auftrag gerade einmal so gerecht.”

für den Bund von entscheidender Bedeutung.” Das gelte zum Beispiel für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (OK), die immer professioneller, konspirativer und perfider werde und so insbesondere das Zollkriminalamt vor neue Herausforderungen stelle.

Zoll soll gestärkt werden

Einem speziellen OK-Zweig sagte Mayer ganz besonders den Kampf an: “Wir müssen konsequent gegen den illegalen Zigarettenhandel vorgehen.”

Schließlich werde jeder vierte bis fünfte Glimmstängel hierzulande nicht versteuert.

Foto: BS/GdP

Rasches exekutives Handeln

nahezu unmöglich

Hier gebe es aufgrund untauglicher Melde- und Befehlswege und der fehlenden ZKA-Weisungsbefugnis gegenüber den Kontrolleinheiten allerdings

Austausch verbessern

Ebenfalls einen besseren Austausch des Zolls mit anderen Sicherheitsbehörden verlange der Innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer. Zugleich betonte der CSU-Politiker auf der gemeinsamen Veranstaltung von Behörden Spiegel und GdP-Zoll aber auch: “Der Zoll spielt eine unverzichtbare und maßgebliche Rolle in der Sicherheitsarchitektur Deutschlands und ist

Im Hinblick auf das Vorgehen gegen Terrorfinanzierung und Geldwäsche zeigte er sich überzeugt, dass die “Financial Intelligence Unit”, die mittlerweile nicht mehr beim Bundeskriminalamt, sondern bei der Generalzolldirektion angesiedelt ist, dazu beitragen werde, in diesen beiden Deliktbereichen effektiv gegen die Täter vorzugehen. Dennoch machte der Christsoziale auch klar, dass sich seine Fraktion in dieser Legislaturperiode dafür einsetzen werde, die Zollverwaltung im Allgemeinen und das Zollkriminalamt im Besonderen personell zu verstärken. Die Gewerkschaft der Polizei fordert in diesem Zusammenhang 6.000 neue Stellen. Ebenfalls dem verbotenen Handel mit Glimmstängeln widmete sich der ehemalige Polizeidirek-

Tausende ausreisepflichtige Asylbewerber abgetaucht

Wie viele davon sind terroristische “U-Boote auf Schleichfahrt”?

(BS/Uwe Kranz) Schon im Mai 2015 warnte der libysche Regierungsberater Abdul Basit Haroun, dass Daesh-Kämpfer an Bord von Flüchtlingsschiffen in die Europäische Union geschmuggelt würden. Als der offizielle Daesh-Sprecher Abu Mohammad al-Adnani im DABIQ-Magazin lästerte, dass gerade mal 60 Kämpfer in Europa nötig gewesen seien, um die Massenmorde durch Anschläge in Paris, Brüssel, London und Berlin zu begehen, fing das deutsche Terrorjahr gerade erst an.

dem “syrakischen” Reich des Daesh. Aber schon Jahre zuvor auch aus anderen Staaten. Ein leichtes Spiel für terroristische Gewalttäter, sich mit falschen Identitäten auszustatten. Zudem reisten circa 80 Prozent der Flüchtlinge ohne Papiere in die Europäische Union, insbesondere nach Deutschland, wo die fehlenden Identitätspapiere ein tatsächliches Abschiebehindernis darstellen und als Folge die unmittelbare Duldung ausgesprochen wird. Grund genug, sich auch die “Untergrundszene” der Flüchtlingsströme genauer anzusehen, in der sich potenzielle Terroristen verbergen beziehungsweise darin abtauchen:

Im Vereinigten Königreich teilte der Chief Inspector der Grenzund Immigrationsbehörde mit, dass fast 56.000 Flüchtlinge, die zur Ausreise aufgefordert worden waren, vom Radar britischer Behörden verschwunden seien. Darunter waren auch 700 gerade entlassene Strafgefangene. Zuvor war aus einem internen Bericht des Innenministeriums zitiert worden, dass die Zahl abgetauchter Flüchtlinge sogar zwischen 150.000 und 250.000 liege. Über 1.900 französische Staatsbürger hatten in den vergangenen Jahren beim Daesh als sogenannte foreign terrorist fighters gekämpft, davon sind offiziell bislang erst 302 zurückgekehrt. Aktuell müssen in Frankreich über 15.000 Dschi-

Uwe Kranz, Terrorexperte des Behörden Spiegel, kritisiert, dass Flüchtlinge in Europa weiterhin mangelhaft erfasst und registriert werden.

Foto: BS/Dombrowsky

hadisten überwacht werden, rund 4.000 gelten als Top-Gefährder. “Le Jungle”, das illegale Flüchtlingscamp in Calais, das im vergangenen Jahr mit einem riesigen Polizeiaufgebot geschlossen worden war, erwacht wieder. Derzeit sollen sich wieder etwa 1.000 illegale Migranten dort aufhalten, über deren Identität niemand Aussagen machen kann. Aus dem nach einer Auseinandersetzung zwischen Afghanen und Kurden im April niedergebrannten Flüchtlingslager Grande-Synthe bei Dünkirchen wurde berichtet, dass über 1.000 Migranten nach dem Feuer spurlos verschwunden seien.

Gründe für Verschwinden unklar

Selbst finnische Behörden, die seit Januar 2015 insgesamt nur ca. 40.600 Asylbewerber erfassen mussten, meldeten im Juli, dass seit Januar von 18.000 abgelehnten Asylbewerbern über 5.000 spurlos verschwunden seien.

2016 kamen insgesamt 63.000

unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) in die Europäische Union, die Hälfte davon aus Syrien und Afghanistan. Nach Auswertung unionsweiter Dateien und Analysen warnte die europäische Polizeiagentur Europol bereits im Februar 2016, dass mindestens 10.000 UMF auf dem Weg nach Europa spurlos verschwunden seien. Bis heute weiß niemand, warum sie verschwunden sind, ob sie in ihre Heimat zurückkehrten, Opfer von Menschenoder Organhändlern wurden, als “Schläfer” gezielt entsandt wurden und untertauchten oder ob es sich schlicht nur um das in der gesamten Europäischen Union anzutreffende bürokratische Migrations-Chaos handelt.

Maßnahmen blieben aus

In Deutschland musste die Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage Anfang 2016 hin eingestehen, dass von den etwa 1,1 Millionen Flüchtlingen des Jahres 2015 mindestens 130.000 Asylbewerber, und damit 13 Prozent, “verschwunden” seien. Viele Flüchtlinge seien zudem in andere europäische Staaten weitergezogen oder in den Untergrund gegangen. Leider erleichterten unterbliebene,

Und Prof. Dr. Arndt Sinn, Inhaber des Lehrstuhls für deutsches und europäisches Straf- und Strafprozessrecht, internationales Strafrecht sowie Strafrechtsvergleichung an der Universität Osnabrück, konstatierte: “Die Organisierte Kriminalität ist eine Wirtschaftsmacht geworden.” Laut Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung aus dem vergangenen Jahr erwirtschafte sie jährlich circa 870 Milliarden US-Dollar. Allein 461 Milliarden davon entfielen auf Produktpiraterie. Durch diesen illegalen Handel drohten zahlreiche Gefahren, so Sinn. Dazu gehörten unter anderem mögliche Gesundheitsschäden, Steuerrückgänge sowie die Infiltration der legalen Wirtschaft durch Geldwäsche, warnte der Professor, der sich für einen neuen periodischen Sicherheitsbericht aussprach.

eigentlich zwingend erforderliche Identifizierungsmaßnahmen das Abtauchen.

Seit Kurzem berichteten Medien, dass immer noch etwa 30.000 Flüchtlinge vermutlich in den Untergrund abgetaucht seien, eine Zahl, die das Bundesinnenministerium bestätigte und wie folgt kommentierte:

“Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Ausländerzentralregister registrierte Ausreisepflichtige im Einzelfall möglicherweise bereits ausgereist oder untergetaucht sind, ohne dass die Ausländerbehörde hiervon schon Kenntnis beziehungsweise den Sachverhalt an das Ausländerzentralregister gemeldet hat.”

Serie

TERRORZIELE (TEIL 16)

Ganz sicher ist die Mehrheit aber nicht ausgereist: Das PEW Research Center wertete im August Eurostat-Daten für 2015 und 2016 aus, um die Gesamtheit der Problematik zu erhellen. Danach wurden bis Ende 2016 in der Europäischen Union, in Norwegen und in der Schweiz 2.205.000 Asylbewerber registriert. 54 Prozent warten noch immer auf eine Erstentscheidung, 40 Prozent haben ihre Anerkennungsbescheide oder die Gewährung von subsidiärem Schutz erhalten. Nur drei Prozent sind in ihre Heimatlän-

Der Innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Stephan Mayer, verlangt einen deutlich besseren Informationsaustausch des Zolls mit anderen Sicherheitsbehörden. Außerdem müssten sich alle Akteure enger vernetzen, um aktuellen Gefahren angemessen begegnen zu können.

Foto: BS/Tobias Koch

der oder in Nicht-EU-Staaten ausgereist und fünfProzent sind abgelehnte, ausreisepflichtige Bewerber, über deren Verbleib die staatlichen Stellen nichts wissen. Das wären demnach zumindest 110.250 der offiziell bekannten, ausreisepflichtigen Asylbewerber.

Fazit: Eine europaweite, konsequente Erfassung, Identifizierung und zentrale Registrierung, die Doppelzählungen ausschließt und alle Flüchtlinge erfasst, existiert bis heute nicht. Terroristen werden im Flüchtlingsstrom verborgen Natürlich kann man die Thematik der Migration nicht generell in ein direktes Verhältnis zum Bedrohungsszenario des islamistischen Terrors setzen. Wer alle Muslime für dessen Anschläge verantwortlich machen wollte, der müsste auch alle Deutschen für die Verbrechen des sogenannten “Nationalsozialistischen Untergrunds” verantwortlich machen. Man darf aber auch keine Plattitüden absondern, wonach unter den Flüchtlingen keine Terroristen seien, weil die Flüchtlinge ja vor diesen geflohen seien und nicht vorschnell Entwarnung geben, wie auf der BKA-Herbsttagung 2015 geschehen. Die Erfahrung hat nun mal eindeutig gezeigt, dass die Attentäter zum allergrößten Teil auch Flüchtlinge waren. Und der Daesh ebenso wie alQaida steuern nachweislich ihre Terroristen nach Europa und in Europa und verbergen sie in den Flüchtlingsströmen. Es gilt also die kriminalistische Lehre: Registriert ist nicht identifiziert. Daher ist es höchste Zeit, zumindest das deutsche Chaos zu beenden und nachträglich eine erneute, umfassende, verlässliche Inventur durchzuführen.

Innere Sicherheit/Zolltag S052_BS12_All_swm
Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 52

Behörden Spiegel: Herr Reul, welches Projekt ist Ihr wichtigstes als neuer nordrheinwestfälischer Innenminister?

Reul: Ich will die Sicherheitslage in Nordrhein-Westfalen spürbar verbessern. Da besteht ein riesiger Bedarf. Die Bürger fordern zu Recht, dass der Staat für ihre Sicherheit sorgen muss. Und da meine ich nicht nur die objektive Sicherheit, sondern auch die subjektive Sicherheit. Also das Sicherheitsgefühl der Menschen.

Behörden Spiegel: Die der Öffentlichkeit mit hohen Einstellungszahlen verkaufte Verstärkung der Polizei stellt sich in der Realität nur als Ausgleich der in den Ruhestand gehenden Beamten dar. Dieser Ausgleich wird sich zudem erst in drei Jahren einstellen. Wie wollen Sie dieser Herausforderung begegnen?

Reul: Wir können keine Polizisten herbeizaubern. Polizisten, die wir heute einstellen, sind nun erst einmal in drei Jahren fertig ausgebildet. Hier in Nordrhein-Westfalen ist jahrzehntelang beim Personal gespart worden. Das kann ich jetzt nicht von heute auf morgen umdrehen. Mit 2.300 Anwärtern und 500 zusätzlichen Tarifbeschäftigten im Polizeidienst stellen wir aber jedes Jahr so viel ein wie keine Landesregierung vor uns. Das wird nicht nur dafür sorgen, die demografische Lücke zu schließen – sondern für nachhaltig mehr Polizei.

Behörden Spiegel: Was halten Sie von einer Absenkung der Einstellungsvoraussetzung für den Polizeidienst?

Reul: Gar nichts. Es geht um Qualität, nicht um reine Quantität. Wir brauchen die Besten. Auf 2.300 Stellen haben sich zuletzt mehr als 11.000 Personen beworben. Wir haben also keinen Bewerbermangel.

Die Polizei kann nicht

alles regeln

Nordrhein-westfälischer Innenminister plädiert für “Netzwerk Sicherheit”

(BS) Er ist zwar noch nicht einmal sechs Monate im Amt, hat aber schon ganz konkrete Reformvorstellungen: Nordrhein-Westfalens Innenminister

Herbert Reul. So plädiert er im Gespräch mit dem Behörden Spiegel unter anderem für die verstärkte Nutzung behördenübergreifender Ansätze, in denen die Polizei einer von mehreren Akteuren ist. Nur so könne den Menschen wieder ein ausreichendes Gefühl an Sicherheit gegeben werden, meint der Christdemokrat. Das Gespräch führten R. Uwe Proll und Marco Feldmann.

Wettstreit um die Frage, wer das beste System hat, sondern eine gemeinsame Arbeitsgrundlage.

Behörden Spiegel: Wäre es sinnvoll, die Taten von Einbrecherbanden als Organisierte Kriminalität einzustufen?

Reul: Ich bin da zurückhaltend. Es gab Strafverschärfungen in diesem Bereich. Der Wohnungseinbruchdiebstahl ist inzwischen ein Verbrechen.

Nur: Was helfen uns schärfere Strafen, wenn es bei der Aufklärung hakt?

Behörden Spiegel: Wie groß ist die Gefahr durch Salafisten in Nordrhein-Westfalen?

Reul: Wir werden es in Zukunft verstärkt mit Rückkehrern aus Kriegsgebieten zu tun haben. Da kommen Probleme auf uns zu, vor allem bei zurückkehrenden Kindern. Denn die sind teilweise so sozialisiert, dass Mord und Totschlag für sie eine Selbstverständlichkeit sind.

Außerdem wird es sich bei vielen dieser Rückkehrer um Deutsche handeln. Das bedeutet: Wir werden sie nicht einfach so an der Wiedereinreise hindern können. Gerade die zurückkehrenden Kinder müssen wir besonders in den Blick nehmen.

Dabei ist allerdings nicht nur die Polizei gefragt.

Behörden Spiegel: Wie viele Gefährder zählen Sie in Ihrem Bundesland?

keine Polizisten herbeizaubern.”

Behörden Spiegel: Die Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen stagniert in NordrheinWestfalen bei rund 15 Prozent. Wie wollen Sie sie erhöhen?

Reul: Bei der Aufklärungsquote von Wohnungseinbrüchen müssen wir besser werden, das ist klar. Nordrhein-Westfalen bekämpft Einbruch sehr gezielt und mit einer Strategie, die verschiedene Ansätze verbindet. Dazu gehören repressive Elemente, also etwa häufigere und auch verdachtsunabhängige Kontrollen. Dazu gehören aber auch präventive Elemente. Denn am besten ist es, wenn es erst gar nicht zum Einbruch kommt. Dafür können auch die Bürger selbst etwas tun. Zum Beispiel, indem sie ihre eigenen vier Wände besser sichern.

Behörden Spiegel: Was halten Sie von “Predictive Policing”?

Reul: Sehr viel. Ich sehe nur ein Problem: Momentan hat jedes Bundesland noch sein eigenes System. Das ist nicht zielführend. Wir brauchen keinen

MELDUNG

Reul: Rund 250 Gefährder hat die nordrhein-westfälische Polizei aktuell auf dem Radar. Die meisten davon halten sich aber gar nicht hier auf, sondern sind im Gefängnis oder in den Gebieten des sogenannten IS. Der Rest wird sehr genau von der nordrhein-westfälischen Polizei beobachtet.

Behörden Spiegel: Brauchen wir eigentlich ein wirkliches “Netzwerk Sicherheit”, in das auch Ausländer- und Sozialbehörden gehören?

Reul: Ja, definitiv. Es gibt keinen anderen Weg. In Nordrhein-Westfalen haben wir Präventions- und Deradikalisierungsprogramme, in denen Polizei und Verfassungsschutz zum Beispiel eng mit der Jugendhilfe zusammenarbeiten. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Ansatz richtig ist. Die Polizei alleine kann nicht alles regeln. Das wäre zu kurz gedacht. Deshalb halte ich eine Vernetzung von allen Akteuren für sehr sinnvoll.

Behörden Spiegel: Gibt es in Nordrhein-Westfalen “No-goAreas”?

Reul: Das ist eine Frage der

Mehr Befugnisse für Landespolizei

(BS/mfe) Die Polizei Mecklenburg-Vorpommerns soll künftig Ermächtigungsgrundlagen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung und zur Anordnung von Aufenthaltsgeboten beziehungsweise -verboten erhalten. Außerdem soll die Mög-

lichkeit zur Durchführung von Kö r perkamera-Pilotprojekten geschaffen werden. Das sieht ein vom Landeskabinett beschlossener Entwurf zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes vor, mit dem sich nun der Schweriner Land-

“Was helfen uns schärfere Strafen, wenn es bei der Aufklärung hakt?”

Rechtsvorschrift Ihres Erachtens enthalten?

Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden ist. Auch grenzüberschreitend. Zu glauben, dass ein Land die internationale Kriminalität alleine bekämpfen kann, ist nicht nur vermessen, sondern dumm. Alle Staaten der Europäischen Union müssen ihre Daten untereinander austauschen und enger zusammenarbeiten.

Herbert Reul (CDU) ist seit Jahresmitte Innenminister des bevölkerungsreichsten deutschen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Zuvor war er jahrelang Abgeordneter im Europäischen Parlament. Foto: BS/Feldmann

persönlichen Wahrnehmung. Wenn sich jemand fürchtet und deshalb ein bestimmtes Gebiet nicht mehr betritt, dann ist das für ihn eine “No-go-Area”. Darum müssen wir uns kümmern. Zum Beispiel durch verschiedene polizeiliche oder städtebauliche Maßnahmen. Da sind auch die Kommunen gefragt. Klar ist: Es gibt keinen Bereich in Nordrhein-Westfalen, in dem die Polizei Recht und Ordnung nicht durchsetzt. Meine Haltung ist da sehr klar: Parallelgesellschaften und rechtsfreie Räume darf es nicht geben. Jeder, der nach Deutschland kommt, muss lernen, dass er sich hier an unsere Gesetze zu halten hat.

Behörden Spiegel: Was halten Sie von Körperkameras für Polizeibeamte?

Reul: Body-Cams tragen zur Deeskalation im Einsatzalltag der Polizei bei und schützen damit die Beamtinnen und Beamten. Deshalb werden wir im Haushalt 2018 weitere Mittel für diese Technik zur Verfügung stellen.

Behörden Spiegel: Und wie stehen Sie zu Distanzelektroimpulsgeräten?

Reul: Ich schließe den Einsatz von Distanzelek-troimpulsgeräten nicht kategorisch aus. Diese sogenannten Taser sind aber auch nicht die Wunderwaffen, als die sie bisweilen beschrieben werden. Der Beamte hat beim Taser einen Schuss, der muss sitzen. Tut er das nicht, ist die Situation möglicherweise noch gefährlicher als vorher. Ich weiß allerdings auch, dass heute vermeintlich harmlose Einsatzsituationen schnell kippen und sogar völlig aus dem Ruder laufen können. Deshalb ist es meine Pflicht, über zusätzliche Handlungsalternativen der Polizei nachzudenken. Sie ist mit Pfefferspray, Einsatzstock und Schusswaffe auch jetzt schon gut gerüstet.

Behörden Spiegel: Die Innenministerkonferenz plädiert für ein Musterpolizeigesetz. Welche Elemente sollte eine solche

Reul: Wir brauchen in Deutschland eine gemeinsame Haltung zu der Frage, welche Daten Polizei und Verfassungsschutz erheben, sammeln und speichern dürfen. Daten dürfen aber nicht wichtiger sein als die Täterverfolgung. Das würden die Menschen nicht verstehen. In Nordrhein-Westfalen werden wir jetzt erst einmal das Polizeigesetz grundlegend reformieren. Und dabei geht es nicht nur um die Änderung einzelner Überschriften. Sondern unter anderem auch um die Anpassung an europarechtliche Vorschriften und datenschutzrechtliche Fragen.

Behörden Spiegel: Haben Sie Hinweise darauf, dass türkische G eheimdienste versuchen, auf nordrhein-westfälische Polizeiangehörige mit Migrationshintergrund Einfluss zu nehmen?

ne Polizei-Strukturreform nachgedacht. Umgesetzt wurde sie aber nie. Wird die neue Landesregierung das Thema wieder aufgreifen?

Reul: Absolute Priorität hat für mich, dass die Menschen sich hier endlich wieder sicher fühlen. Das ist mir viel wichtiger als irgendwelche Kästchenkunde. Ich kann doch den Menschen nicht ernsthaft sagen: Um die Kriminalität kümmern wir uns erst, wenn wir uns um uns selbst gekümmert haben. Das geht nicht.

Behörden Spiegel: Was halten Sie von Kooperationen verschiedener Bundesländer im Kampf gegen Cyber Crime?

“Parallelgesellschaften und rechtsfreie Räume darf es nicht geben.”

Reul: Cyber Crime macht nicht an Ländergrenzen Halt. Da kommen wir mit Kirchturmpolitik nicht weiter. Die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder müssen deshalb besser grenzüberschreitend zusammenarbeiten. Ich will allerdings auch nicht dem puren Zentralismus das Wort reden. Denn auch damit kommen wir nicht weiter.

Behörden Spiegel: Brauchen wir ein europäisches FBI?

Reul: Die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden in Europa ist noch ausbaufähig, das steht fest. Die Schaffung neuer Institutionen ist aber nicht die Lösung des Problems. Viel wichtiger sind ein effektiver Informationsaustausch und gegenseitiges Vertrauen.

Behörden Spiegel: Noch ganz kurz ein anderes Thema, Herr Minister. Nach einer Studie der Universität Bochum sind rund 13 Prozent der Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdiensten in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen zwölf Monaten Opfer von körperlicher Gewalt im Einsatz geworden. Was wollen Sie dagegen tun?

tag befassen wird. Innenminister Lorenz Caffier (CDU) sagte: “Die Landespolizei soll mit der Gesetzesnovelle zukünftig Maßnahmen treffen dürfen, damit sie bei Vorliegen entsprechender Erkenntnisse schon früher als bisher eingreifen kann.”

Reul: Ja, die haben wir. Deshalb sensibilisieren wir unsere Mitarbeiter für diese Problematik möglichst stark und klären sie auf.

Behörden Spiegel: In der Vergangenheit wurde in Nordrhein-Westfalen bereits über ei-

Behörden Spiegel: Sie waren, bevor Sie nordrhein-westfälischer Innenminister wurden, jahrelang Europaparlamentarier? Inwiefern helfen Ihnen die dabei gesammelten Erfahrungen in Ihrem neuen Amt?

Reul: Die helfen mir sehr. Ich habe schon in Brüssel und Straßburg gelernt, dass angesichts immer internationaler werdender Kriminalität das Allerwichtigste eine verstärkte

Reul: Es ist ein Skandal, dass diejenigen, die der Gesellschaft helfen wollen, angegriffen werden. Hier muss ein gesellschaftlicher Wandel stattfinden. Es muss wieder mehr Respekt und Wertschätzung für Rettungskräfte geben. Dafür muss ein neues Bewusstsein geschaffen werden. Außerdem müssen wir die Inhalte der Aus- und Fortbildung der Einsatzkräfte entsprechend anpassen. Und letztlich müssen wir auch überlegen, ob Notfallsanitäter und Feuerwehrleute in Zukunft zusätzliche Hilfestellungen erhalten sollten.

Behörden Spiegel: Könnten das auch Schutzwesten sein?

Reul: Das wird man sehen müssen. Schutzwesten bringen nämlich spätestens dann nichts mehr, wenn sie nicht schützen, sondern bei der eigentlichen Arbeit stören.

Kampagne gestartet

Berliner Senat dankt Helfern mit Plakatserie (BS/mfe) Die Landeskommission Berlin gegen Gewalt hat die Aktion “Zeit, einfach mal Danke zu sagen!” initiiert. Mit der Plakatkampagne will die Landesregierung ihren Dank gegenüber den Dienstkräften der Polizei, der Feuerwehr und der bezirklichen Ordnungsämter für ihre Arbeit zum Ausdruck bringen.

Innensenator Andreas Geisel (SPD) sagte, dieser Dank gelte “allen Kolleginnen und Kollegen, die sich mit ihrer täglichen Arbeit für unsere Stadt und ihre Menschen einsetzen”. Jede Person, die im Dienst der Gesellschaft unterwegs sei, verdiene uneingeschränkten Respekt. Mit der Aktion solle einer gesellschaftlichen Tendenz entgegengetreten werden, die sich in einer ablehnenden Haltung gegenüber staatlichen Einsatzund Dienstkräften äußere, so der Ressortchef weiter.

Im Mittelpunkt der Kampagne stehen zwölf Plakatmotive. Sie zeigen jeweils drei Mitarbeiter der genannten Berufsgruppen. Sie sind an Großflächenplakaten, Litfaßsäulen, Haltestellen des Öffentlichen Personennahverkehrs und im Fahrgastfernsehen der Berliner Verkehrsbetriebe zu sehen.

Das finanzielle Gesamtvolumen der Aktion beträgt rund 140.000 Euro. Darin enthalten sind laut der Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport unter anderem die Herstellungskosten für die fast 10.600 Plakate, die Ausgaben für die Produktion von acht Web-Videos sowie die Mietkosten für Werbeflächen im Stadtgebiet.

Mit der Plakataktion in Berlin soll unter anderem Feuerwehrleuten gedankt werden. Design: BS/polygraphdesign.com; Foto: BS/bjoernbehrens.de

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 53 Innere Sicherheit S053_BS12_All_cl
“Wir können

Tatsächlich lässt sich der politische “Diskurs” auf eine denkbar simple Maxime herunterbrechen: “Viel hilft viel”. Und so überbieten sich die Landesgesetzgeber bei der Forderung nach neuen, teils tiefgreifenden Befugnissen. Die Einführung der Bodycam, die Ausweitung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum oder die Regelung zur elektronischen Fußfessel sind insoweit beispielhaft.

Dieses Vorgehen ist aus verschiedenen Gründen problematisch. Zunächst sollte der Einführung neuer Ermächtigungsnormen die grundsätzliche Diskussion vorausgehen, ob mehr polizeiliche Befugnisse reflexartig mehr Sicherheit bedeuten. Außerdem sollte ergebnisoffen erörtert werden, ob die neuen Handlungsinstrumente tatsächlich den erhofften Effekt erzielen. Dazu gehört zum Beispiel die Frage nach der deeskalierenden Wirkung der Bodycam bei polizeilichen Kontrollen. Beides findet kaum statt.

Vor allem ist aber festzustellen, dass aufgrund der Fokussierung auf die Ausweitung der polizeilichen Ermächtigungen eine mindestens gleichrangige Frage stark vernachlässigt wird: Wie effektiv, praktikabel und gleichzeitig verfassungsrechtlich vertretbar sind denn eigentlich die Handlungsinstrumente, mit denen die Polizei zum jetzigen Zeitpunkt agiert? Dass eine solche Diskussion in vielen Bereichen des polizeilichen Eingriffsrechts dringend geführt werden müsste, lässt sich am Beispiel des Versammlungsrechts anschaulich zeigen.

Bundesversammlungsgesetz

problematisch

Das aktuelle versammlungsrechtliche Lagebild der Bundesrepublik ist diffus und

Meldung

Versammlungsrecht reformbedürftig

Defizitäre Rechtsgrundlagen hemmen Polizeiarbeit

(BS/Henning Schwier) Vor dem Hintergrund veränderter Bedrohungslagen, etwa durch den islamistischen Terrorismus oder Cyber-Kriminalität, lautet die politische Botschaft der Bundes- und Landespolitik: Die Sicherheitsbehörden müssen personell gestärkt und ihre Handlungsinstrumente zukunftsfähig gemacht werden. Soweit in diesem Zusammenhang eine Diskussion über die rechtlichen Handlungsinstrumente stattfindet, wird diese ausgesprochen eindimensional geführt.

ernüchternd. Im Zuge der Föderalismusreform ging die Gesetzgebungskompetenz für das Versammlungsrecht vom Bund auf die Länder über. Mittlerweile haben fünf Bundesländer von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Versammlungsgesetz des Bundes durch ein vollständiges, eigenes Gesetz zu ersetzen. Einige Bundesländer – nämlich Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein –haben sich dabei strukturell und inhaltlich relativ weit vom Versammlungsgesetz des Bundes gelöst. Sachsen-Anhalt und Sachsen haben sich hingegen fast vollumfänglich auf eine Übernahme der Regelungen des Versammlungsgesetzes des Bundes beschränkt.

Allerdings entspricht es – teilweise seit Jahrzehnten – der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur, dass eine Reihe von Wertungen des Versammlungsgesetzes des Bundes einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung nicht standhält. Diese Fehler wurden im sachsen-anhaltinischen beziehungswiese sächsischen Versammlungsgesetz (fast ausnahmslos) übernommen. In den übrigen Bundesländern, die bis jetzt von einer eigenständigen Regelung Abstand genommen haben, gilt das defizitäre Versammlungsgesetz des Bundes ohnehin fort.

Im Ergebnis ist deshalb nicht nur eine Zersplitterung des Ver-

Berliner Polizei beschafft Survivor R

(BS/mfe) Auch die Berliner Polizei schafft ein sondergeschütztes Fahrzeug vom Typ Survivor R an. Ausgeliefert werden soll das Modell im Juli kommenden Jahres. Zum Einsatz kommen wird das Fahrzeug, wie schon in Sachsen, bei den Spezialeinheiten. Entwickelt wurde der Survivor R im Rahmen einer Kooperation zwischen Rheinmetall und dem Spezialfahrzeugbauer Achleitner. Er basiert auf einem 4x4 Lkw-Fahrgestell von MAN sowie einer Panzerstahl-Kabine und erreicht eine Höchstge-

schwindigkeit von mehr als 100 Stundenkilometern. Die gepanzerte Monocoque-Kabine ist an verschiedene Gefahrensituationen anpassbar und mit einer Schutzbelüftungsanlage gegen nukleare, biologische und chemische Stoffe ausgestattet. Genutzt werden kann der Survivor R, um polizeiliche Spezialkräfte unter Schutz an den Einsatzort zu bringen und gefährdete Personen aus einem Gebiet zu bringen. Sie haben im Fahrzeug auch mehr Platz als in früheren Modellen.

Henning Schwier ist Professor für Recht an der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) in Rothenburg in der Oberlausitz.

Foto: BS/Feldmann

sammlungsrechts zu beklagen, sondern gleichzeitig festzustellen, dass die Mehrzahl der Bundesländer von einer verfassungsrechtlich problematischen und dringend reformbedürftigen Regelung ausgeht.

Zahlreiche offene Fragen

Dabei handelt es sich nicht nur um einen rechtstheoretischen Befund, sondern um ein konkretes Hemmnis sachgerechter Polizeiarbeit. Hierzu ein

Beispiel: Ein in Hamburg eingesetzter sächsischer Beamter trifft im Rahmen des G20-Gipfels auf eine Gruppe von circa 30 Linksautonomen, die sich auf Nachfrage als Spontandemonstration ausgeben. Ein Versammlungsleiter lässt sich nicht ausmachen. Der Polizist löst die Versammlung auf. Dem Polizeibeamten stellen sich in diesem Zusammenhang bereits im Grundsatz eine Reihe von versammlungsrechtlichen Fragen: Handelt es sich bei den 30 Gegendemonstranten um ei-

ne eigenständige Versammlung?

Ist das Vorliegen einer Spontanversammlung nahel iegend oder wird dieser Versammlungstypus nur behauptet? Unterliegt die Versammlung einer Anzei gepfl icht?

Welche Konsequenzen hätte die Verletzung einer solchen? Welche Folgen resultieren aus dem Fehlen eines Versammlungsleiters? Rechtfertigt allein dieser Umstand die Auflösung der Versammlung?

Die Beantwortung dieser Fragen wird durch die zuvor beschriebene versammlungsrechtliche Situation erheblich erschwert. Tatsächlich müsste der rechtlichen Bewertung des Sachverhaltes zunächst eine “geografische Orientierung” vorausgehen. Während der Polizeibeamte im Hamburger Stadtgebiet von der Anwendung des Versammlungsgesetzes des Bundes auszugehen hätte, gälte bei Überschreitung der Stadtgrenze im Norden das schleswig-holsteinische Versammlungsfreiheitsgesetz, im Süden das niedersächsische Versammlungsgesetz. Da der Beamte im vorliegenden (durchaus lebensnahen) Fall aus Sachsen stammt, war keines der drei

genannten Gesetze Grundlage seiner polizeilichen Ausbildung. Zu dieser – im Normalfall lösbaren – geografischen Frage tritt dann noch der überwiegend defizitäre Zustand des Versammlungsrechts hinzu. Geht man im Beispielfall von der Anwendung des Versammlungsgesetzes des Bundes aus, so ist festzustellen, dass ein Großteil der oben skizzierten Fragen in diesem Gesetz allenfalls in Ansätzen oder verfassungsrechtlich fragwürdig gelöst wird. Exemplarisch ist insoweit die Regelung zur Notwendigkeit der Versammlungsleitung. Während sich nämlich Rechtsprechung und Literatur seit Jahren darüber einig sind, dass das Vorhandensein eines Leiters keine zwingende Bedingung einer rechtmäßigen Versammlung ist (jedenfalls keine Bedingung der Spontanversammlung), geht das Bundesversammlungsgesetz schlicht vom Gegenteil aus.

Rechtliche Grundlagen oftmals diffus Auf eben dieser diffusen Grundlage muss aber der Polizeibeamte seine Entscheidung treffen und häufig mit Zwangsmaßnahmen durchsetzen. Dabei verengt sich der für die rechtliche Prüfung zustehende Zeitraum gerade bei gewaltgeneigten Versammlungslagen nicht selten gegen null. Die Folge liegt auf der Hand: Eine nicht unerhebliche Anzahl

der polizeivollzugsdienstlichen Maßnahmen im Versammlungsgeschehen dürften reine “Bauchentscheidungen” der vor Ort handelnden Beamten sein, die unter grober Abwägung der betroffenen Rechtsgüter zustande kommen. Dabei ist ausdrücklich festzuhalten, dass dieser rechtsstaatlich betrübliche Befund dem Grunde nach nicht der Polizei, sondern dem defizitären Zustand des Versammlungsrechts anzulasten ist.

Keine weitere Zersplitterung der Rechtslage

Das skizzierte Problem ist struktureller Art und muss durch den Gesetzgeber gelöst werden. Anstatt die Bemühungen fast ausnahmslos auf die Erweiterung polizeilicher Eingriffsbefugnisse zu beschränken, sollten die Länder intensiv über eine Optimierung der bestehenden Handlungsinstrumente nachdenken. Mit Blick auf das Versammlungsrecht müssten dabei nicht nur – teils jahrzehntealte – Forderungen des Bundesverfassungsgerichts endlich Berücksichtigung finden, sondern einer weiteren Zersplitterung des Versammlungsrechts entgegengewirkt werden. Schleswig-Holstein hat in dieser Hinsicht einen begrüßenswerten Weg eingeschlagen. Das dort 2015 in Kraft getretene Versammlungsfreiheitsgesetz orientiert sich nämlich weitgehend am Musterentwurf eines Versammlungsgesetzes, den der “Arbeitskreis Versammlungsrecht” im Jahre 2011 vorgelegt hat und der eine erhebliche Fortentwicklung des Versammlungsgesetzes des Bundes darstellt. Diesem Vorgehen sollten sich weitere Bundesländer anschließen.

Kommunikationslösungen direkt aus Berlin

Christoph Thomas spricht über Herausforderungen für BOS

(BS) Der Geschäftsführer der Motorola Solutions Germany GmbH, Christoph Thomas, ist überzeugt, dass moderne und intelligente Kommunikationstechnik den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) massiv helfen kann. Im Interview erläutert er, welche Lösungen sein Unternehmen in diesem Bereich anbietet.

Nachdem Sachsen bereits eines angeschafft hat, zieht nun Berlin nach: Der dortige Senat beschafft für die Spezialkräfte der Landespolizei ebenfalls ein sondergeschütztes Fahrzeug vom Typ Survivor R (Foto).

Foto: BS/Rheinmetall AG

Die Innere Sicherheit ist Thema Nummer eins. Welche neuen Kommunikationslösungen gibt es für Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte?

Thomas: Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) stehen heute unter enormem Druck: In einer globalisierten und digitalisierten Welt werden Bedrohungen zunehmend komplexer und somit wachsen auch die Anforderungen an die organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Intelligente Kommunikationslösungen, die die richtigen Informationen zur rechten Zeit liefern, können dabei helfen, diese Anforderungen zu bewältigen und gleichzeitig Sicherheit und Effizienz steigern. Automatisierung beschleunigt Reaktionszeiten und eine intelligente Analyse von Daten trägt dazu bei, dass BOS schneller Trends und Muster erkennen und Bedrohungen identifizieren können.

Motorola Solutions hat kürzlich ein neues Innovationszentrum am Standort Berlin eröffnet. Welche Lösungen zeigen sie dort?

Thomas: Sicherheitsbehörden brauchen nicht nur neue Technologien, um ihre steigenden Anforderungen zu erfüllen. Sie benötigen auch einen erfahrenen und zuverlässigen Partner, der ihre Probleme versteht und Lösungen entwickelt, um ihre Aufgaben zu bewältigen. Im Innovationszentrum in Ber-

Christoph Thomas ist Geschäftsführer der Motorola Solutions Germany GmbH.

Foto: BS/Motorola Solutions Germany GmbH

lin bieten wir Einblicke in zukünftige Einsatzszenarien. Dazu gehört beispielsweise ein neues Einsatzkonzept für Polizei und Feuerwehr, das auf AugmentedReality-Technologie basiert. Es zeigt, wie sich durch intelligente Vernetzungen Informationen über Einsatzkräfte, -lage und -ort effektiver überblicken lassen. Indem diese Informationen in einem Mixed-Reality-Format präsentiert werden, können Einsatzleiter Daten besser visualisieren, verstehen und schnellere Entscheidungen treffen. Ein heißes Thema sind aber auch Lösungen, die auf dem Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) basieren.

Wie sieht der TETRA-Markt in

Zukunft aus und welche Lösungen gibt es, die den Sicherheitsbehörden den Weg in die Breitbandigkeit ebnen?

Thomas: Motorola Solutions zeigt in Berlin auch integrierte TETRA- und LTE-BreitbandLösungen wie seine WAVE Push-to-Talk-(PTT)-Plattform für eine verbesserte Gruppenkommunikation. Nutzer können unabhängig vom Netz oder Endgerät nahtlos miteinander kommunizieren – ob über TETRA-Digitalfunk, Smartphones, WLAN, 5G oder traditionelle Telefonie. Wir bieten auch intelligente Middleware, die TETRA-Digitalfunk und LTE-Breitband vereinen. DIMETRA X Core ist beispielsweise so konzipiert, dass sowohl eine sichere, klare und hochverfügbare Sprachkommunikation als auch eine leistungsstarke Datenübertragung und -anwendung sichergestellt sind.

Wir bei Motorola Solutions blicken heute auf eine mehr als 25-jährige Expertise im Bereich TETRA. Von unserem Berliner TETRA-Kompetenzzentrum aus haben wir bereits über 1.000 TETRA-Systeme weltweit ausgeliefert, darunter auch nationale Netze wie Dänemark, Irland, Norwegen, Österreich, Portugal und das Vereinigte Königreich. Wir verfügen über ein umfassendes Know-how und bieten heute schon Plattformen, die die nahtlose Verbindung von Sprach- und Datenanwendungen ermöglichen.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 54 Innere Sicherheit S054_BS12_All_cl

Behörden Spiegel: Herr Prof. Adrian, gemäß dem neuen DWD-Gesetz hat Ihre Behörde nunmehr auch den Auftrag, Infrastrukturen wie die Energieversorgung oder die Kommunikationssysteme meteorologisch abzusichern. Inwiefern verändert das die Arbeit?

Adrian: Der Deutsche Wetterdienst unterstützt jetzt den Betrieb aller Verkehrsträger. Früher galt das nur für die Luft- und Seeschifffahrt. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber unseren Auftrag auf alle wichtigen Infrastrukturen erweitert. Schon bisher sichern wir auch die Stromversorgung und die Netzsicherheit bei der Stromverteilung meteorologisch ab. Das wird aufgrund der zunehmenden Bedeutung von Erneuerbaren Energien immer wichtiger.

Denn durch diese ist der Bereich der Stromversorgung deutlich wetterabhängiger geworden, als das früher der Fall war. Hier benötigt man inzwischen deutlich mehr und genauere Daten als früher. Da geht es um Vorhersagen für die kommen den Sekunden, Minuten, aber auch Tage.

Inzwischen alle Verkehrsträger im Blick

DWD-Präsident Adrian zu den Auswirkungen der Gesetzesnovellierung

(BS) Das Aufgabenspektrum des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ist erweitert worden. Mittlerweile sichert die Bundesoberbehörde aus dem Geschäftsbereich des Bundesverkehrsministeriums auch die Stromversorgung meteorologisch ab. Über die Herausforderungen bei der Bewältigung dieses vergrößerten Zuständigkeitsportfolios sprach der Behörden Spiegel mit dem DWD-Präsidenten, Prof. Gerhard Adrian. Die Fragen stellte Marco Feldmann.

dienst im Bereich der Klimaforschung inzwischen die Simulations- und Re-Analysesysteme und übernimmt die Nutzerberatung, während die Kollegen des Max-Planck-Instituts weiterhin die Grundlagenforschung durchführen.

Behörden Spiegel: Reicht für diese neuen Aufgaben das vorhandene Personal aus oder müssen neue Mitarbeiter eingestellt werden?

“Auch Kommunikationssysteme können wetterabhängig sein.”

Diese Informationen bereitzustellen, ist für uns die Herausforderung. Mittlerweile zeigt sich darüber hinaus übrigens: Auch Kommunikationssysteme können wetterabhängig sein.

Behörden Spiegel: Der Deutsche Wetterdienst soll künftig auch den Klimawandel und dessen Folgen erforschen. Zudem soll er Politik, Verwaltung und Wirtschaft bei der Anpassung an die Klimawandelfolgen beraten.

Wie wollen Sie das sicherstellen?

Adrian: Im Bereich der Klimaforschung arbeitet der Deutsche Wetterdienst eng mit dem Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg zusammen, das in diesem Bereich sowohl in Deutschland als auch weltweit führend ist. Wir greifen auf die dort und an anderen Forschungsinstituten vorhandene Expertise, unter anderem im Bereich der Grundlagenforschung, zurück.

Die Klimaforschung ist aber über die Jahre hinweg so weit entwickelt worden, dass die Anwendung der entwickelten Methoden inzwischen keine reine Forschungsaufgabe mehr ist. Sie ist inzwischen vielmehr auch eine operative Aufgabe. Deshalb betreibt der Deutsche Wetter-

Behörden Spiegel: Für die neu hinzu gekommenen Aufgaben benötigen wir kein zusätzliches Personal. Trotz aller Personaleinsparungen ist es uns in den vergangenen Jahren gelungen, in diesen B e reichen zusätzliche Kompetenzen aufzubauen. So wurde zum Beispiel eine Konzentration der Aufgaben im Bereich der Wettervorhersage vorgenommen, was zu Personaleinsparungen beitrug. Diese Mitarbeiter oder Stellen stehen nun für die Bewältigung der neuen Aufgaben zur Verfügung. Außerdem gibt es eine Automatisierung des Messnetzes. Sie soll bis 2022 vollständig abgeschlossen sein. Grundsätzlich geht es uns aber nicht um einen Stellenabbau, sondern um einen anderen Einsatz von den betroffenen Beschäftigten und eine Wandlung von Stellen. Es geht insbesondere darum, den Mitarbeitenden des mittleren Dienstes, die wir unbedingt benötigen, neue Aufgaben zu übertragen.

Behörden Spiegel: Der Deutsche Wetterdienst warnt nun auch amtlich vor Wetter- und Witterungsereignissen, die in Bezug zu drohenden Wetter- und Witterungsereignissen mit hohem Schadenspotenzial stehen. Müssen die Bürger jetzt mit mehr Warnungen rechnen?

Adrian: Unsere Warnschwellen sind so definiert, dass rechtzeitig vor Schäden gewarnt werden kann beziehungsweise Abwehrmaßnahmen gegen Schäden rechtzeitig getroffen werden

Damit ist er zugleich Vorsitzender des Vorstands sowie ständiger Vertreter der Bundesrepublik Deutschland bei der World Meteorological Organization.

können. Es wird aufgrund der neuen Gesetzeslage keine Änderung der Warnschwellen geben. Ungeachtet dessen haben wir die räumliche Auflösung unseres Warnsystems stark erhöht. Mittlerweile haben wir deutlich mehr Warngebiete als früher und können räumlich genauer warnen. Waren es früher 400 Warngebiete deutschlandweit, sind es nun 10.000. Damit können wir nicht mehr nur für die Ebene der Landkreise warnen, sondern sogar für jene der Gemeinden. Durch diese jetzt räumlich präziseren Warnungen sollte die Zahl der individuellen Warnungen, die den einzelnen Bürger erreichen, deutlich zurückgegangen sein.

Behörden Spiegel: Der Deutsche Wetterdienst darf nun auch Gemeinden und Gemeindeverbänden seine Daten und Dienstleistungen für die Bereiche Katastrophen-, Umwelt- und Bevölkerungsschutz entgeltfrei zur Verfügung stellen. Wird diese Möglichkeit bereits in Anspruch genommen?

Adrian: Ja, die Kommunen nehmen diese neue Möglichkeit definitiv an. Der Deutsche Wetterdienst hatte schon immer ein gutes Verhältnis zu und eine enge Zusammenarbeit mit den Gemeinden. Das Problem war in der Vergangenheit nur, dass unsere Leistungen für die Kommunen oftmals kostenpflichtig waren. Das sind sie nun ja für die von Ihnen erwähnten Bereiche nicht mehr. Damit kann der

Rettungsdienst wird zu oft beansprucht

Begriff der Notfallversorgung bisher nicht einheitlich verstanden (BS/mfe) Die Zahl der Rettungsdiensteinsätze in Deutschland nimmt seit Jahren kontinuierlich zu. Feuerwehren und Hilfsorganisationen ächzen unter der Belastung. In Berlin gibt es sogar bereits Überlegungen, aus bisher zwei Schutzzonen stadtweit nur noch eine zu machen (Behörden Spiegel, August 2017, Seite 35).

“Der Rettungsdienst wird zu oft in Anspruch genommen.” Dies liege unter anderem daran, dass der Begriff der Notfallversorgung nicht unproblematisch sei. Er werde in Deutschland unterschiedlich definiert, kritisierte der ehemalige Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Dr. Rudolf Seiters, der inzwischen von Gerda Hasselfeldt abgelöst wurde. Nicht viel besser gestaltet sich die Situation in den Notaufnahmen der Krankenhäuser. Die dortige ambulante Versorgung sei durch ein kontinuierlich angestiegenes Patientenaufkommen sowie eine immer größere Zahl von Selbstvorstellern gekennzeichnet, die eigentlich im vertragsärztlichen Bereich behandelt werden müssten. All das führe zu Überlastungs- und Unzufriedenheitssituationen in den

“Für die neu hinzu gekommenen Aufgaben benötigen wir kein zusätzliches Personal.”

Adrian: Unsere App wurde bisher rund 4,8 Millionen Mal heruntergeladen. Grundsätzlich stellen wir fest, dass die Nutzerzahlen erheblich steigen, wenn es kritische Wetterlagen gibt.

Nun hat allerdings die vierte Kammer für Handelssachen des Landgerichtes Bonn entschieden, dass unsere Anwendung in ihrer bisherigen Fassung wettbewerbsrechtlich unzulässig ist. Wir müssen das Urteil jetzt gründlich prüfen und bewerten. Davon hängt dann ab, welchen inhaltlichen Umfang die Warnwetter-App künftig haben wird und wie wir ganz grundsätzlich die Bevölkerung über solche Kanäle vor Wettergefahren künftig warnen können.

Deutsche Wetterdienst nun die Gemeinden und Gemeindeverbände viel besser bei Themen wie der Stadtentwässerung und der Anpassung an den Klimawandel unterstützen.

Behörden Spiegel: Ihre Behörde darf aufgrund der geänderten Gesetzeslage nunmehr auch ihre die Bundesrepublik betreffenden Geodaten und -datendienste kostenfrei zur Verfügung stellen. Das bringt für private Anbieter Kostenvorteile mit sich. Ist das wettbewerbsrechtlich zu beanstanden?

Adrian: Ein Ziel der bisherigen Bundesregierung war es, alle Geodaten des Bundes freizugeben. Die Daten des Deutschen Wetterdienstes waren bisher eine der wenigen Datensätze, die nicht frei zur Verfügung standen. Nun hat der Gesetzgeber mit der Novellierung des für meine Behörde einschlägigen Gesetzes Mitte dieses Jahres dafür gesorgt, dass auch die Geodaten des Deutschen Wetterdienstes frei zur Verfügung stehen. Grundlage hierfür ist das Geodatenzugangsgesetz.

Bestimmungen des Geodatenzugangsgesetzes maßgeblich. Die Idee, die dahinter steckt, ist, dass durch die Zusammenführung sehr unterschiedlicher Informationen – darunter auch Wetter- und Klimainformationen – neue Dienstleistungen ermöglicht werden. Durch die Freigabe und Verarbeitung unserer Daten soll es einen größeren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen der vom Deutschen Wetterdienst bereitgestellten Information geben. Das sollten die privaten Dienstleister als Chance verstehen, die zur Verfügung stehenden Daten und Produkte zusammenzuführen und neue Dienstleistungen zu entwickeln.

Behörden Spiegel: Welche Vorteile bringt das neue DWDGesetz für die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) mit sich?

“Es wird aufgrund der neuen Gesetzeslage keine Änderung der Warnschwellen geben.”

Adrian: Den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben bringt das novellierte Gesetz über den Deutschen Wetterdienst ei gentlich nichts Neues. Schließlich haben wir sie schon immer kostenfrei beliefert. Das war und ist unser gesetzlicher Auftrag. Diese Kunden sind für unsere Tätigkeit dimensionsbestimmend und werden deshalb bestmöglich bedient.

Behörden Spiegel: Der Deutsche Wetterdienst ist auch für die Überwachung der Atmosphäre auf radioaktive Spurenstoffe hin zuständig. Ab welcher Konzentration wird hier amtlich gewarnt?

Adrian: Eine amtliche Warnung würde bei der Feststellung von einem Zehntel der Konzentration, die beim Unglück von Tschernobyl in Deutschland gemessen wurde, ausgesprochen. Der Deutsche Wetterdienst wäre in der Lage, innerhalb von 30 bis 120 Minuten, nachdem die radioaktive Wolke die Bundesrepublik erreicht hat, ihre Radioaktivität anzugeben. Diese Zeit wird benötigt, um die notwendige Empfindlichkeit der Messungen sicherzustellen.

Behörden Spiegel: Gilt das auch für Unfälle in Atomkraftwerken des benachbarten Auslandes?

Adrian: Ja, das gilt auch bei Unglücken im Ausland. Unsere Messungen würden aber nichts über die biologische Wirksamkeit der Wolke, also die Gefahr für die Bevölkerung, aussagen. Aussagen dazu kann nur das Bundesamt für Strahlenschutz treffen.

Behörden Spiegel: Welche Aufgaben kämen Ihrer Behörde bei einem atomaren Unfall in Deutschland zu?

Behörden Spiegel: Und was soll die Freigabe der Daten bringen?

Adrian: Für den Deutschen Wetterdienst sind nunmehr die

Behörden Spiegel: Inwiefern wirkt sich die neue Gesetzeslage auf die Weiterentwicklung der DWD-App aus? Was ist hier in Zukunft geplant und wie viele Nutzer hat die Anwendung zurzeit?

Adrian: In einem solchen Szenario würde der Deutsche Wetterdienst den Zug der atomaren Wolke vorhersagen. Außerdem würden meine Mitarbeiter Aussagen über die Menge an radioaktiven Stoffen treffen, die aus der Wolke heraus am Boden ankommen könnten.

Vieles einvernehmlich geregelt

Berliner Untersuchungsausschuss zum Fall Amri kaum parteipolitisch geprägt (BS/mfe) Er zeichnet sich bisher durch ein erstaunlich gutes und so nicht unbedingt zu erwartendes Arbeitsklima aus. Die Rede ist vom parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses zum Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz vor rund einem Jahr.

Beklagte eine zu häufige Inanspruchnahme des Rettungsdienstes hierzulande:

Dr. Rudolf Seiters, früherer Präsident des Deutschen Roten Kreuzes. Foto: BS/Feldmann

an Krankenhäusern vor. Auch im Bereich des Rettungsdienstes sah Wörmann Verbesserungspotenzial. So sei eine telefonische Er steinschätzung der medizinischen Lage bereits in der integrierten Leitstelle wünschenswert.

Notaufnahmen hierzulande, konstatierte Stefan Wörmann vom Verband der Ersatzkassen.

Portalpraxen vorgeschlagen

Aus diesem Grunde verlangte er, die Strukturen der ambulanten Notfallversorgung transparenter und bekannter zu machen. Konkret schlug der Kassenvertreter die Einrichtung sogenannter Portalpraxen

Auf die Gefahren von CyberAngriffen im medizinischen Bereich machte schließlich Dr. Wolfram Geier, Abteilungsleiter im Bonner Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), aufmerksam. Er meint, dass durch den Einsatz von IT die Komplexität und Vulnerabilität von Systemen steige.

Das berichtet jedenfalls sein Vorsitzender, der Innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Landesparlament der Bundeshauptstadt, Burkhard Dregger. Er erzählt: “Wir haben bisher alle Beweiserhebungsanträge einvernehmlich beschlossen.

Ebenso konsensual haben wir eine thematische Ordnung für die weitere Arbeit des Gremiums festgelegt.”

Noch keine inhaltlichen Diskrepanzen

Aus diesem Grunde konstatiert

Dregger: “Es gab in der Arbeit des Ausschusses bisher keine inhaltlichen Diskrepanzen.”

Und das wolle er als Vorsitzender auch möglichst so beibehalten.

Denn: “Ich sehe es als meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sich niemand der Kollegen übergangen fühlt.” Zudem ist der Christ-

Lobt das bisher einvernehmliche Agieren aller Mitglieder des Berliner Untersuchungsausschusses zum Fall Anis Amri: Der Vorsitzende des Gremiums, Burkhard Dregger (CDU). Foto: BS/Dombrowsky

demokrat und Rechtsanwalt der Meinung: “Wir sollten rein sachlich über Beweisanträge entscheiden und nicht parteipolitisch motiviert.”

Bisher konnten die Angehörige des Gremiums, das aus zwölf ordentlichen Mitgliedern besteht, bereits acht Zeugen vernehmen. Befragt wurden diese laut Dregger insbesondere zu den Themenkomplexen Mehrfach-

identitäten und -registrierungen. Vereinzelt habe es dabei Probleme mit Aussagegenehmigungen gegeben. Mittlerweile würden die Befragungen aber ungehindert erfolgen können. Wahrscheinlich im Frühjahr kommenden Jahres werde man sich dem nächsten Themenkomplex, dem Verhalten der Berliner Sicherheitsbehörden im Fall Anis Amri, widmen. Der bisherige Themenplan sehe vor, dass voraussichtlich 2019 erste Ergebnisse vorliegen sollten. Beim Erreichen dieses Zieles gebe es nur ein Problem: Bisher habe der Ausschuss recht wenige Akten von den Behörden erhalten.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 55 Innere Sicherheit / Katastrophenschutz S055_BS12_All_cl
Prof. Gerhard Adrian ist Präsident des Deutschen Wetterdienstes. Foto: BS/Feldmann

Berliner Sicherheitskonferenz

Michel Barniers Credo war eindeutig: “Was die Europäer nicht selbst für die Stabilität des Kontinents tun, wird kein anderer machen!” Wegen bestehender Unsicherheiten aufgrund des britischen Referendums vom Juni des vergangenen Jahres seien Fortschritte bei den Brexit-Verhandlungen auf folgenden Politikfeldern besonders wichtig: Erstens für die Bürger dies- und jenseits des Ärmelkanals: 3,5 Millionen EUBürger leben und arbeiten im Vereinigten Königreich; 1,3 Millionen Briten tun das gleiche in den EU-Mitgliedsstaaten. Zweitens dürfe die Republik Irland nicht durch die britische Außengrenze von der Europäischen Union abgeschnitten werden. Drittens müssten die finanziellen Verpflichtungen, welche die EU eingegangen sei, eingehalten werden: “Wir können nicht zu 27 zahlen, was von 28 beschlossen wurde – so einfach ist das”, erläuterte Chefunterhändler

Barnier

Die Briten hätten sich mehrheitlich dafür entschieden, “solitär” zu sein und nicht mehr “solidarisch”. Dafür dürften sie von den übrigen Europäern weder bestraft noch sich an ihnen gerächt werden. Es bestünde –Barnier spricht an dieser Stelle Deutsch – “kein Raum für Schadenfreude.” Die Europäische Union verhandle “mit, nicht gegen Großbritannien”.

Sicherheit und Verteidigung

Neben dem Brexit sei auch eine neue Lage für die EU entstanden durch die strategische Neupositionierung der Vereinigten Staaten von Amerika unter einem Präsidenten Donald Trump sowie durch unmittelbare islamistisch-terroristische Bedrohungen. Der anstehende EU-Austritt des Vereinigten Königreiches schaffe jedoch kein “sicherheitspolitisches Vakuum” in Europa, betonte der ehemalige französische Au-

Sostelle etwa die Umverteilung militärischer Macht in Richtung des asiatisch-pazifischen Raumes eine Gefahr für das Nordatlantische Bündnis und dessen innere Kohäsion dar. Auch zeige sich immer stärker, dass das Sicherheitsumfeld sehr komplex sei und sich das Risiko für die Entstehung neuer Konflikte erhöht habe, so der Franzose bei der Vorstellung der Ergebnisse des aktuellen Studie „Strategic Foresight Analysis-Reports“. Angesichts dieser Resultate warnte General Mercier vor den Folgen älter werdender und polarisierterer Gesellschaften. Zudem prognostizierte er, dass Naturkatastrophen künftig auch militärische Kapazitäten stärker als bisher binden würden. Und der NATO-General stellte Forderungen auf: So verlangte er

Viel beachtete BSC-Rede Barniers

“EU bereit für neue Partnerschaft mit Großbritannien!”

(BS/Dr. Gerd Portugall) Michel Barnier, als „Mister Brexit“ von Moderator Reimar Scherz angekündigt, hat Ende November den zweiten Kongresstag der diesjährigen Berliner Sicherheitskonferenz (BSC), die der Behörden Spiegel zum nunmehr 16. Mal in der Hauptstadt veranstaltete, mit einer großen Rede eröffnet: Erstmals äußerte sich der Chef-Unterhändler der EU-Kommission in dieser Funktion öffentlich vor einem großen Publikum in Europa über die Auswirkungen auf die Sicherheits- und Verteidigungspolitik auf unserem Kontinent durch den anstehenden Austritts des Vereinigten Königreichs aus der gemeinsamen Union.

in Europa gegeben habe. Anders wäre die Geschichte der Europäischen Integration verlaufen, wenn die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) nicht 1954 ausgerechnet am Votum der französischen Nationalversammlung gescheitert wäre, wie der ehemalige Hausherr vom Pariser Außenministerium am Quai d’Orsay nicht ohne eine gewisse Ironie feststellte.

“Die Uhr tickt!”

Der ehemalige französische EU-Kommissar mahnte zur Eile:

“The clock is ticking!” Schließlich müsse der Brexit-Vertrag im kommenden Oktober stehen.

Für ein starkes Europa ist aber auch ein starkes Deutschland vonnöten. Man merkte bei den ausländischen Vortragenden und Teilnehmern der diesjährigen Berliner Sicherheitskonferenz doch eine gewisse Verunsicherung diesbezüglich an, weil es immer noch keine neue Bundesregierung nach den Wahlen von Ende September gibt.

„Wie geht es in Berlin weiter?“

Der bekannte Fernsehmoderator Werner Sonne zitierte beim High-Level Interview zum Einstieg den früheren Berliner Regierenden Bürgermeister Ernst Reuter, der vor dem Hintergrund der sowjetischen Blockade 1948 ausrief: “Ihr Völker der Welt, schaut auf diese Stadt!” Wegen der festgefahrenen Gespräche zur Regierungsbildung würden die “Völker der Welt” genau dies momentan tun.

ßenminister: Zum einen wegen der fortbestehenden bilateralen militärisch-operationellen Beziehungen zwischen Großbritannien und zahlreichen europäischen Partnern, zum anderen, weil die strategische Partnerschaft zwischen Europäischer Union und NATO dadurch nicht tangiert würde. Seit “ein, zwei Jahren” verzeichne der EU-Unterhändler einen “neuen Elan” bei der europäischen Verteidigungspolitik. Großbritannien verändere seinen Status leider vom

“Mitgliedsland” zum “Drittstaat” – auch bei Sicherheit und Verteidigung. Diese werde “dramatische Folgen” zeitigen. Es sei seine “Verantwortung, diese Wahrheit auch auszusprechen”, so Michel Barnier Dramatische Brexit-Folgen Ab Ende März 2019 nehme der Verteidigungsminister aus London nicht mehr an den Sitzungen des Europäischen Rates seiner Amtskollegen teil. Kein General Ihrer Majestät sei fortan im EU-Militärausschuss

anzutreffen. Auch sei das Vereinigte Königreich dann nicht mehr Mitglied der Europäischen Verteidigungsagentur (engl. EDA) mehr. Die EU-Gelder des neuen Europäischen Verteidigungsfonds für gemeinsame Rüstungsprojekte würden nicht auf die Britischen Inseln fließen können. Dies sei umso bemerkenswerter, als es noch nie seit der Unterzeichnung der Römischen Verträge vor 60 Jahren finanzielle Mittel für gemeinschaftliche wehrtechnische Vorhaben

Wachsende Risiken

Komplexität des Sicherheitsumfeldes wird nicht abnehmen

“Wir sind bereit für eine enge künftige Zusammenarbeit und Partnerschaft mit Großbritannien – auch und gerade bei der Sicherheits- und Verteidigungspolitik!” Das war die zentrale Botschaft Michel Barniers an die Teilnehmer der BSC 2017. Er begründete sie damit, dass das Vereinigte Königreich nach wie vor von zentraler Bedeutung für die “Stabilität des Kontinents” sei. Der EU-Verhandlungsführer zitierte Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, die er am Tag vor seinem BSC-Auftritt über den aktuellen Stand der Brexit-Verhandlungen informiert hatte: “Wir müssen unser Schicksal in die eigenen Hände nehmen!” Dass er als Franzose dieses Zitat der Bundeskanzlerin, das an alle Europäer gerichtet ist, auf Deutsch vortrug, unterstreicht die Bedeutung, die Chefunterhändler Barnier diesem Appell beimisst.

Als Interviewpartner waren die beiden wiedergewählten Bundestagsabgeordneten Wolfgang Hellmich (SPD), bisheriger Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, sowie Oberst außer Diensten Roderich Kiesewetter (CDU), ehemaliger Bundesvorsitzender des Reservistenverbandes der Bundeswehr, gewonnen worden. An beide richtete Sonne die Frage: „Wie soll es eigentlich in Berlin weitergehen?“

Kiesewetter antwortete, dass Neuwahlen unbedingt vermieden werden sollten und dass er für das erste Halbjahr 2018 mit einer Großen Koalition aus Union und Sozialdemokratie rechne. Sein Parlamentskollege Hellmich ergänzte, dass er nicht mit einem neuen Urnengang rechne, verwies aber auf die angekündigte Mitgliederbefragung in der SPD und auf noch zu führende Gespräche bei Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier, dessen eigene Parteitgliedschaft wegen des höchsten Amtes im Staate jedoch ruht.

(BS/mfe) Der Konflikt in der Ostukraine, die zunehmende Einflussnahme Chinas und Russlands in Asien, der gesellschaftliche Wandel aufgrund des technischen Fortschritts, die demografische Entwicklung der westlichen Gesellschaften und die Auswirkungen des Klimawandels:

All das stellt die NATO vor große Herausforderungen, wie ihr Oberbefehlshaber Transformation, der französische General Denis Mercier, deutlich machte.

unter anderem, dass Beschaffungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden müssten.

Anderenfalls seien die Streitkräfte nicht in der Lage, technische Innovationen zeitnah zu nutzen und Interoperabilität zu erhalten.

Nicht gegeneinander aufwiegen

Ebenfalls an die Teilnehmer der Berliner Sicherheitskonferenz (BSC) appellierte Dr. Géza Andreas von Geyr, Abteilungsleiter Politik im Bundesministerium

der Verteidigung (BMVg). Er forderte: „Wir müssen transatlantisch bleiben und gleichzeitig europäischer werden.“ Zudem verlangte er verstärkte gemeinsame Investitionen innerhalb des Bündnisses und plädierte für eine bessere Planung von Einsätzen. Dort müsse in Zukunft die Kohärenz zwischen militärischen und zivilen Elementen verbessert werden. Und angesichts von Cyber-Attacken und hybriden Bedrohungen gelte: „Wir müssen die Zusammenarbeit zwischen Europäischer

Union (EU) und NATO ausbauen.“ Des Weiteren unterstrich Dr. von Geyr: „Unser Ziel ist eine gemeinsame europäische Verteidigungsunion.“

Resilienz ausbauen

Ebenfalls für eine engere Verknüpfung zwischen militärischem und zivilem Bereich sprach sich Joel Bollö, CEO des Unternehmens MSAB, aus. Nur so sei man in der Lage, im Fall der Fälle sofort zu handeln. Und Generalleutnant Thierry Corbet, Kommandierender General

(KG) der französischen Schnellen Eingreiftruppe („Corps de Réaction Rapide“), konstatierte angesichts wachsender hybrider Bedrohungen, die auch Dr. Volker Strecke von der Arrow ECS AG wahrnimmt: „Heutzutage sind alle Bedrohungsszenarien denkbar.“

Deshalb komme es besonders darauf an, die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung zu stärken, waren sich Dr. Dirk Freudenberg von der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz des Bun-

desamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) und Johan Lagerlöf, Direktor für Verteidigungspolitik im schwedischen Verteidigungsministerium, einig. Kritik äußerten schließlich Prof. Shaul Kimhi vom israelischen Tel-Hai College und Dr. Hanna Smith, Direktorin für strategische Planung am europäischen Kompetenzzentrum gegen hybride Bedrohungen. Prof. Kimhi merkte an, dass es in Europa derzeit noch keine Resilienz-Forschung gebe. Dr. Smith bemängelte, dass hybride Bedrohungen von den verschiedenen nationalen Regierungen bisher noch unterschiedlich verstanden würden. Dies erschwere in jenem Bereich das „Sprechen mit einer Stimme durch Europa“, schloss die Wissenschaftlerin.

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Michel Barnier spricht zu den Teilnehmern der BSC. Fotos: BS/Dombrowsky

Putins Russland sende zunehmend bedrohliche Signale aus. Dazu zählten die deutlich erhöhten Verteidigungsausgaben für konventionelle und nukleare Bewaffnung ebenso wie das militärische Engagement in Syrien zugunsten des international geächteten Assad-Regimes, so der schwedische Sozialdemokrat. Besonders tiefgreifend hätten sich jedoch die gewaltsamen Grenzverschiebungen in Georgien 2008 und in der Ukraine seit 2014 erwiesen. Gleichzeitig versuche die Staatsführung in Moskau, “business as usual” in den internationalen Beziehungen zu betreiben, um verhängte Sanktionen des Westens auszuhebeln. Schweden lasse sich aber nicht täuschen.DieRegierunginStockholm erhöhe bis zum Jahre 2020 die Verteidigungsausgaben um 2,6 Milliarden Euro. Außerdem würde die Wehrpflicht teilweise wieder eingeführt – “Genderneutral”, wie der zuständige Minister sagte, das heißt für Männer und (!) Frauen. 2018 und 2019 sollen so rund 4.000 Rekruten ausgebildet werden. Außerdem würde die bi- und multilaterale Verteidigungskooperation mit europäischen und transatlantischen Partnern – einschließlich Deutschlands – intensiviert, so Minister Hultqvist. Manöver-Politik

Darauf lassen jedenfalls Äußerungen von Kirill Logvinov schließen: Der Abteilungsleiter für NATO-Angelegenheiten im Moskauer Außenministerium kritisierte: “Die NATO hat es nicht geschafft, sich an die Sicherheitsbedürfnisse des 21. Jahrhunderts anzupassen.” Und er unterstrich: “Das Erbe des Kalten Krieges ist noch nicht überwunden.” Denn, so stellte er fest: “Eigentlich müssten wir das gemeinsame militärische Verständnis stärken. Dazu ist die NATO bisher aber leider noch nicht bereit.” Deshalb forderte Logvinov: “Wir sollten uns auf Basis der Gleichheit treffen.” Schließlich könnten Sicherheitssysteme heutzutage nicht mehr ohne Russland aufgebaut werden. Auch könne sich heutzutage kein Land mehr alleine gegen hybride Bedrohungen verteidigen.

Abschottung nicht hilfreich

Deshalb seien Protektionismus und Isolationismus auch keine Lösung, meinte Rachel Ellehuus, Direktorin für Europäische und NATO-Politik im US-Verteidigungsministerium.

Vielmehr komme es darauf an, verstärkt gemeinsame Aktionen und Übungen durchzuführen und transnationale Probleme gemeinsam zu lösen. Des Weiteren brauche es keine neuen

Abkommen: Entscheidend sei vielmehr die tatsächliche Umsetzung existierender Vereinbarungen. Ebenso wichtig sei

Russland auf der Anklagebank

BSC ganz im Zeichen östlicher Bedrohung

(BS/Dr. Gerd Portugall) Seit dem Ende des Kalten Krieges sei Russland nicht mehr so “aggressiv und destabilisierend” aufgetreten wie gegenwärtig. Das sagte der schwedische Verteidigungsminister Peter Hultqvist bei seiner Eröffnungsansprache auf der Berliner Sicherheitskonferenz (BSC). Das skandinavische Königreich ist das diesjährige Partnerland dieses größten Kongresses für Sicherheit und Verteidigung in Europa gewesen.

von beiden Seiten

In diesem Zusammenhang betonten sowohl der Verteidigungsminister aus Stockholm als auch der schwedische Botschafter in Berlin, Per Thöresson, bereits während des BSC-Vorabendempfangs in den Nordischen Botschaften die politische Bedeutung von zwei Herbstmanövern im nordöstlichen Europa: zu einen “Zapad 2017” in Weißrussland und zum anderen “Aurora 2017” in Südschweden. Das russisch-belarussische Großmanöver “Zapad” bedrohte unmittelbar die NATO-Grenzen von Lettland, Litauen und Polen.

“Aurora 2017” ist mit rund 19.500 schwedischen Soldaten das größte und umfassendste Militärmanöver in dem Königreich seit dem Ende des Kalten Krieges gewesen. Es konzentrierte sich wegen der geostrategischen Nähe zur russischem Exklave Kaliningrad auf den Süden des skandinavischen Landes. Neben finnischen Einheiten

übten auch Soldaten aus den NATO-Staaten Dänemark, Estland, Litauen, Frankreich, Norwegen und den USA – insgesamt rund 2.000 Soldaten. “Dieses Manöver stärkt unsere Verteidigungspolitik: Wir festigen unsere Landesverteidigung, vertiefen die Zusammenarbeit mit unseren Partnern und schaffen so gemeinsam Sicherheit”, betonte Botschafter Thöresson.

Tschechische Sichtweise auf Sicherheitslage

Jiří Šedivý, tschechischer NATO-Botschafter, ehemaliger Verteidigungsminister und zum dritten Mal BSC-Präsident, unterstrich die Bedeutung des formal neutralen Schwedens als sogenannter “Enhanced Opportunities Partner” (EOP) der Atlantischen Allianz für Dialog und Zusammenarbeit. Beim NATOGipfel von Wales im Jahr 2014 waren insgesamt fünf Staaten für die EOP-Rolle identifiziert worden, die für dieses Projekt

geeignet sind: neben Schweden seien dies Finnland, Georgien, Jordanien und Australien. Das skandinavische Königreich bilde somit eine “Brücke zwischen EU und NATO”, betonte der Kongresspräsident. Immerhin, so der Vertreter Tschechiens im NATO-Rat, sei die EU dieses Jahr “konsolidierter” als im Vorjahr: Die sunnitische Terrormiliz des sogenannten “Islamischen Staates” (IS) sei militärisch arg in Bedrängnis und Russland zeige erste Anzeichen von wirtschaftlicher Erschöpfung und geostrategischer Überdehnung. Trotzdem komme es unter, auf und über der Ostsee immer wieder zu Zwischenfällen zwischen russischen und westlichen Kriegsschiffen und Kampfflugzeugen. Russlands Streitkräfte seien nämlich “äußerst aktiv” im gesamten Ostseeraum. Außerdem befänden sich populistische EU-Kritiker auf dem Kontinent immer noch auf dem Vormarsch, zumindest

teilweise unterstützt von der Staatsführung in Moskau.

Position Estlands während Ratspräsidentschaft

Zusammen mit dem schwedischen Verteidigungsminister eröffnete der estnische Außenminister Sven Mikser die diesjährige BSC. Im zweiten Halbjahr 2017 hat das NATO-Mitglied Estland die EU-Ratspräsidentschaft inne. Minister Mikser diagnostizierte eine Rückkehr der alten Machtpolitik in der Welt und identifizierte Russland als “größtes Sicherheitsproblem für die internationale Ordnung”. Insbesondere in Bezug auf die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und pro-russischen Separatisten in der Ostukraine bestehe die Gefahr eines “Überschwappens” des Konfliktes auf die unmittelbare Nachbarschaft. Neben der östlichen Flanke sei aber auch die Sicherheitslage im Süden der Europäischen Union (Mittelmeer und Ägäis)

NATO noch auf der Höhe der Zeit?

Russland übt scharfe Kritik an westlichem Verteidigungsbündnis

(BS/Marco Feldmann) Organisierte Kriminalität (OK), internationaler Terrorismus oder Cyber-Attacken: Alle Staaten der Welt sehen sich zunehmend hybriden Bedrohungen ausgesetzt, die nicht mehr allein bewältigt werden können. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit und internationale Kooperation auch im militärischen Bereich sind ein Gebot der Stunde. Hier fühlt sich mit Russland aber offenbar ein zentraler Akteur übergangen.

es, neue Ansätze zum Schutz der staatlichen Ordnung zu finden, etwa gegen Bedrohungen aus dem digitalen Raum oder aufgrund elektronischer Kriegsführung, meinte Håkan Buskhe, Präsident und CEO des führenden schwedischen Rüstungsunternehmens Saab AB. Der Abgeordnete im Europäischen Parlament Arnaud Danjean wiederum meinte: “Es sind Pragmatismus, Flexibilität und Mut in der europäischen Politik gefragt.” Zudem hielt er fest: “Die Sicherheit Europas ist unteilbar.” Zuspruch hierfür erhielt der Franzose von Petra Lärke, stellvertretende Abteilungsleiterin für europäische Sicherheitspolitik im Stockholmer Außenministerium. Sie verlangte: “Wir sollten die europäische Sicherheitsordnung aufrechterhalten und unser Sicherheitskonzept weiterentwickeln.” Denn für das skandinavische Königreich gelte: “Die Europäische Union (EU) ist unsere wichtigste Stabilitätsplattform.” Und: “Europa ist wichtiger denn je für die Sicherheit Schwedens.”

Zugleich kritisierte sie Logvinov für die Annexion der Krim und warnte: “Die Europäische Union wird in den kommenden Jah-

ren immer mit neuen Herausforderungen konfrontiert sein.” Aus diesem Grunde komme es darauf an, die Resilienz-Fähigkeiten zu stärken und künftig schnellere und flexiblere Reaktionen auf bestimmte Lagen zu ermöglichen.

Staatliche Ordnung erodiert

Sarah MacIntosh, Ständige Vertreterin des Vereinigten Königreiches bei der NATO, wiederum warnte: “Die Welt ist heute gefährlicher und komplexer als jemals zuvor seit dem Ende des Kalten Krieges.” Man sehe eine Erosion der staatlichen Ordnung, wolle aber keinesfalls einen neuen Kalten Krieg haben.

Mit Blick auf den Brexit unterstrich Botschafterin MacIntosh: “Großbritannien bleibt ein europäisches Land.” Deshalb werde London die Europäische Union auch weiterhin bei der internationalen Friedenssicherung unterstützen.

Auf ein großes Verdienst der Staatengemeinschaft ging Bettina Cadenbach, Direktorin für Sicherheitspolitik im Auswärtigen Amt, ein: die Nicht-Existenz von Anarchie innerhalb Europas. Zu diesem begrüßenswerten Zustand hätten die friedli-

che Lösung von Konflikten, die Teilhabe an kooperativer Sicherheit sowie Freihandel und die Wahrung wie Akzeptanz der staatlichen Souveränität entscheidend beigetragen, zeigte sie sich überzeugt. Dennoch forderte Cadenbach mit Blick auf die kommenden Jahre: “Wir müssen die Instrumente, die uns der Vertrag von Lissabon an die Hand gegeben hat, selbstbewusst nutzen.” Zudem machte sie klar, dass es Krisen gebe, in denen zunächst die EU und erst zu einem späteren Zeitpunkt die NATO reagieren sollte.

Ohne Rüstungsindustrie geht es nicht Für eine gegebenenfalls auch militärische Durchsetzung der Glaubwürdigkeit Europas plädierte Jean-Dominique Giuliani. Der Vorsitzende der RobertSchuman-Stiftung betonte außerdem, dass Frankreich einen wichtigen Beitrag zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU leiste und die Existenz einer europäischen Rüstungsindustrie zwingend erforderlich sei. Ansonsten würden Ausrüstungsprobleme bei den Armeen und eventuell sogar Engpässe bei der individuellen

Schutzausstattung der Soldaten auftreten.

Dabei sei es gerade in diesem Bereich von entscheidender Bedeutung, mehr über den Angreifer zu wissen als dieser über sich selbst, wie Christopher J. Pehrson, Vizepräsident für strategische Entwicklung bei General Atomics Aeronautical Systems, verdeutlichte. Und Oberst Håkan Hedlund aus dem Hauptquartier der schwedischen Armee ergänzte, dass neue Technologien für den Schutz von Soldaten vor Verwundung oder gar Tod unbedingt erforderlich seien. Hier müssten die Armeen immer auf dem neuesten Stand sein.

Mobilität darf

nicht verlorengehen

Denn: Der Schutz der Gesundheit der Soldaten gewinne immer mehr an Bedetung. Außerdem erwarte die Truppe inzwischen eine ständige medzinische Betreuung. Das gelte auch für den Auslandseinsatz, so Brigadegeneral Bruno Most vom Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr.

Dafür sei es erforderlich, dass das medizinische Personal völlig in die Einheiten integriert werde. Es brauche die selbe Robustheit,

“fragil”. Immerhin konstatierte der estnische Sozialdemokrat, ähnlich wie Botschafter Šedivý, eine Erholung Europas nach der Finanzkrise von 2007 und nach der Flüchtlingskrise von 2015. Deshalb könne und solle die Europäische Union mehr diplomatische und militärische Verantwortung übernehmen beim internationalen Krisenmanagement. Der tschechische Kongresspräsident sagte in diesem Zusammenhang, dass er deshalb im kommenden Jahr mit der Schaffung des Postens eines EU-Kommissars für Verteidigung rechne. Minister Mikser hob die Bedeutung von Solidarität innerhalb der EU hervor, ohne die das gemeinsame Projekt der Union nicht funktionieren könne. Das nördlichste Land des Baltikums wolle sich insbesondere beim Thema “Cyber-Sicherheit” einbringen. Schließlich habe die ehemalige Sowjetrepublik im Jahr 2007 einen schweren Cyber-Angriff erleiden müssen, wobei zahlreiche Indizien in Richtung Russland zeigten. Deshalb habe Estland sich unter anderem für seine EU-Ratspräsidentschaft das Ziel gesetzt, aktiv bei der digitalen Abwehr von Feinden freier Gesellschaften im Cyber-Raum mitzuwirken.

den gleichen Schutz und eine identische Mobilität wie die übrigen Soldaten.

Eines dürfe gleichwohl nicht passieren: Die Schutzausrüstung dürfe niemals dazu führen, dass den Soldaten ihre Mobilität und die Möglichkeit zum Angriff des militärischen Gegners genommen werde. Gelinge das, sei ein effektiver Schutz der Soldaten auch ein wirksames Element der Feindabschreckung, betonte Generaloberstabsarzt Dr. Michael Tempel, Inspekteur des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr.

Keine einheitliche Definition vorhanden

Auf ein Problem in diesem Zusammenhang machte jedoch der schwedische Generalmajor Karl Engelbrektson aufmerksam. Er bemängelte, dass es keine einheitliche Definition des Begriffs “Schutz der Kräfte” gebe. Dies habe zur Folge, dass in diesen Terminus teilweise sogar die Absicherung von Feldlagern einbezogen werde, kritisierte der Oberbefehlshaber der schwedischen Landstreitkräfte. Auch General Most räumte ein: “Der Schutz der Kräfte ist ein sehr weites Feld.”

Dies zeigte sich auch bei den Ausführungen von Milad Youkhanna der Schubert GmbH. Er stellte unter anderem eine CBRN-Schutzmaske und Absicherungsmöglichkeiten für Soldaten gegen Laserbeschuss vor. Dies ist über Helme möglich.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 57 Berliner Sicherheitskonferenz S057_BS12_All_cl

“Mitihrer globalen Strategie hat die EU ein neues Kapitel für die europäische Verteidigung aufgeschlagen”, sagte Helga Maria Schmid, Generalsekretärin des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD), auf der BSC 2017. Eine so angespannte Bedrohungslage wie derzeit habe es seit dem Kalten Krieg nicht mehr gegeben. In diesen unsicheren Zeiten spiele Europa als diplomatischer Vermittler eine besondere Rolle. “Die EU hat sich als ein Anker der Stabilität erwiesen”, sagte Schmid Bei der Integration im Bereich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) sei im letzten Jahr mehr geschafft worden als in den Jahrzehnten zuvor. Ein zentrales Anliegen der im

“Schweden und Deutschland sind starke Partner. Zudem ist Deutschland ein Stabilitätsanker in der europäischen Sicherheit”, sagte Generalleutnant Dr. Dennis Gyllensporre, Stabschef der schwedischen Streitkräfte, im Hauptprogramm der BSC. Nachdem Russland die Krim annektiert habe und sein Militär aufrüste, habe Schweden für sich selbst Annahmen getroffen: Auch wenn die russische Wirtschaft schwächele, so werde die Staatsführung in Moskau die Militärausgaben weiter erhöhen. Die Strategien Russlands würden seinen Machtausbau und seinen Fokus auf geopolitische Ziele beibehalten. Und es möchte die westlichen Mächte schwächen.

“Die Glaubwürdigkeit der Abschreckung eines Bündnisses hängt nicht nur vom Willen, sondern vom militärischen

Bei der Digitalisierung des Gefechtsfeldes geht es weniger darum, Kämpfe im CyberRaum auszutragen. Vielmehr sollen technische Möglichkeiten genutzt werden, um die Streitkräfte im Einsatz bestmöglich zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu befähigen. Die immer stärkere Vernetzung militärischer IT und der einzelnen Soldaten schafft ganz neue Grundbedingungen und macht auch neue “Command-&-Control”-Strukturen notwendig.

Grundlage für eine Gestaltung des digitalen Gefechtsfeldes müsse Klarheit über die konkreten operationellen Anforderungen sein, wie Oberst Nicolas Auboin vom Zentrum für Doktrin und Führung des französischen Heeres anmerkte. Um Überlegenheit im operationellen

Bereich sowie die Leistungsfähigkeit der Führung aufrechtzuerhalten, müsse die Doktrin für das digitale Gefechtsfeld überdacht werden: “Es wird auf Grundlage schnellerer Informa-

Gemeinsam stark

EU setzt auf Partnerschaft und Bündelung von Kräften

(BS/stb) Die globale Strategie der Europäischen Union (EU) gibt Leitlinien für die Sicherheits- und Verteidigungspolitik vor. Für den Schutz Europas und seiner Bürger stehen einerseits Krisenprävention und Diplomatie, andererseits eine stärkere militärische Zusammenarbeit und gemeinsame Beschaffung im Fokus.

letzten Jahr vorgestellten globalen Strategie der Union sei es, Konflikte zu vermeiden und zu bewältigen helfen. “Wir wollen vor allem die Wurzeln von Instabilität angehen und auf globaler Ebene vermitteln”, betonte Schmid. “Die EU ist ein zuverlässiger und respektierter Partner. Mit Diplomatie kann noch viel erreicht werden.” Als Beispiel für das Wirken der Europäischen Union als Vermittler nannte

Schmid das Atomabkommen mit dem Iran. Hier sei eine Lösung für eine der gefährlichsten Situationen in der Weltpolitik gefunden worden. Die Führung in Teheran halte sich an das Abkommen, die EU stehe nach wie vor voll dahinter.

Kapazitäten richtig einsetzen

Über Fortschritte bei der Umsetzung der globalen Strategie aus militärischer Perspekti-

ve informierte der Vorsitzende des Militärausschusses der Europäischen Union, General Mikhail Kostarakos “Es macht keinen Sinn, allein zu arbeiten. Zusammenarbeit muss die Prämisse sein”, sagte er. Obwohl es schon viele Beispiele für bilaterale Zusammenarbeit zwischen Streitkräften einzelner europäischer Länder gebe, sei noch viel zu tun. “Es fehlt an konstruktiver Zusammenarbeit

in der EU als Gesamtheit.” Ein guter Schritt sei mit PESCO (“Permanent Structured Cooperation”) gegangen worden. 23 EU-Staaten haben sich auf eine permanente Zusammenarbeit in der Sicherheit und Verteidigung festgelegt. Der griechische General drückte seine Hoffnung aus, dass die übrigen EU-Länder bald nachziehen würden. Eine der wichtigsten Baustellen sei aus Sicht des Vor-

Wenn die Panzer durch das Land müssen

Wie kann Host-Nation-Support optimiert werden?

(BS/ab) Wenn Truppen anderer Staaten durch das eigene Land verlegt werden sollen, so ist dies mit einem enormen logistischen und formellen Aufwand beladen. Aber diese Transporte sind notwendig, denn sie dienen auch zur Abschreckung der Feinde an den Grenzen. Ein Thema zwischen Kooperation, Zurückhaltung und fehlenden Standards.

Gesamtgefüge ab”, so Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis (SKB), der das Host-NationSupport-Panel leitete. Dementsprechend müsten die Grenzen abgesichert seien, wofür Truppentransporte durch Länder notwendig seien, die auf Unterstützung der Gastgeberländer angewiesen sind – sogenannte Host-Nation-Supports.

Bei diesen spiele jedoch die Infrastruktur eine wichtige Rolle: “Wir leben in einem Land, in dem morgens und abends auf den Autobahnen Staus sind, die alles erschweren”, so Bernd Heinen, Inspekteur der NRW-Polizei. Ein

Transport durch Deutschland dauere mehrere Tage, denn abgesicherte Pausen müsten mit einkalkuliert werden. Zudem könnten die Schwer- und Militärtransporte häufig nur nachts stattfinden. Neben verbesserten rechtlichen Rahmenbedingungen brauche es zudem infrastrukturelle Standards.

Zum Teil könnten Panzer nicht über Brücken transportiert werden, weil unklar sei, ob diese das Gewicht überhaupt tragen können. Zwar würden bei Ausschreibungen die Militär-spezifischen Ansprüche beachtet, aber dies reiche nicht. Deshalb verhandelten die NATO und die

EU über ein Milliardenpaket, um die Infrastruktur zu standardisieren, so Timo S. Koster, Direktor für Verteidigungspolitik im NATO-Hauptquartier. Peter Esser, Kaufmännischer Direktor von Ecolog International, ist sich jedoch sicher: “Wenn die NATO 100.000 Soldaten in Afghanistan und Irak stationieren konnte, dann kann auch Europa die Herausforderungen schaffen.”

Zurück zur wehrhaften Gesellschaft?

Aber General Schelleis gibt gleichwohl zu bedenken: “Wir rüsten um und auf, aber dürfen dabei nicht nur an das Militär

Moderne Verteidigung

Die Digitalisierung des Gefechtsfeldes

denken. Wir müssen die Bevölkerung mitnehmen.” Die Bürger müssten verstehen, was das Militär täte und wie es unterstützt werden könne. Hierbei seien die gesamte Gesellschaft sowie alle beteiligten Regierungen gefordert, einen Ansatz zu finden, der Transparenz und Verständnis schaffe.

In praktischen Übungen sieht Polizei-Inspekteur Bernd Heinen einen Lösungsansatz. Nach seinen Aussagen sind die meisten Schwierigkeiten im Zusammenspiel zwischen ausländischem Militär und der Polizei auf Kommunikationsprobleme zurückzuführen. Einerseits herrsche

sitzenden des Militärausschusses die Finanzierung. Der Europäische Verteidigungsfonds fungiere als eine Art Katalysator für die Rüstung. “Das ist die Grundlage für eine aktive europäische Verteidigungsindustrie, mit der wir unsere strategische Autonomie stärken können”, erklärte General Kostarakos Auch wenn er Vorteile einer gemeinsamen Beschaffung sehe –Ausgaben würden sich um 30 Prozent senken lassen –, stellte Kostarakos klar, dass keine gemeinsame Europäische Armee gebraucht werde. “Wir müssen Wege finden, die nationalen Armeen gemeinsam besser aufzustellen. Die Kapazitäten sind da. Sie müssen nur richtig, rechtzeitig und effektiv eingesetzt werden können.”

Unsicherheit, wie mit Höherrangigen kommuniziert werde, andererseits seien Sprachbarrieren vorhanden. Aber auch wie sich die Bevölkerung im Ernstfall verteidigen sowie verhalten solle, könne anders gelöst werden. “Es braucht eine resiliente Gesellschaft”, sagte der schwedische Stabschef. Deshalb habe das skandinavische Königreich die Wehrplicht wiedereingeführt und rekrutiere ab 2018 wieder für das Militär. Generalleutnant a. D. Dr. Klaus Olshausen, ehemaliger Deutscher Vertreter im Militärausschuss von NATO und EU, äußerte sich kritisch: “Wir können bei einem Brand nicht eine Feuerwehr aufbauen. Wir müssen uns besser vorbereiten, auch die Bedrohung der Bevölkerung näherbringen. Vielleicht würde eine neue Art der früheren WINTEX-Übungen die Bevölkerung sensibilisieren.”

(BS/Benjamin Stiebel) Die fortschreitende Digitalisierung bietet auch Chancen für die militärische Verteidigung. Datenanalyse und Automatisierung können bei der soldatischen Lagebeurteilung helfen. Moderne Kommunikationssysteme beschleunigen Informationsflüsse im Einsatz. Voraussetzung für Effizienzgewinne sind klare Zielvorstellungen beim Einsatz digitaler Technologien.

tionsflüsse und Kommunikationsmöglichkeiten einen neuen Ansatz für die Ökonomie der Kräfte und eine neue Freiheit des Handels geben”, sagte der französische Stabsoffizier. Das müsse bei der Ausbildung von Führungskräften berücksichtigt werden.Der zentrale Faktor sei Interoperabilität. Außerhalb von Militärallianzen könne grundsätzlich nicht mehr agiert werden. Es stelle sich aber die strategische Frage, so Oberst Auboin, bis auf welche Ebene Interoperabilität im Kampf gegeben sein müsse. Die französischen Landstreitkräfte zielten hier auf eine Durchdringung bis auf die Divisionsebene.

Generalmajor Reinhard Wolski, Amtschef des Amtes für Heeres-

entwicklung der Bundeswehr, wies auf weitere strategische und organisatorische Überlegungen hin. Bei der Umsetzung von Technologien, die die Versorgung mit großen Informationsmengen auf dem Gefechtsfeld erlaubten, müsse Klarheit über Ziele und konkrete Ausgestaltung der Informationsverteilung herrschen: “Wer soll wann, wo und auf welcher Plattform welche Informationen erhalten?” Die Gefahr eines Überflusses an Informationen in Situationen, in denen schnelles Entscheiden und Handeln gefragt seien, dürfe nicht unterschätzt werden, so General Wolski. Hier könnten kognitive Systeme helfen, also Computer, die Informationen verstehen, daraus Schluss-

folgerungen ziehen und durch Lernen leistungsfähiger werden können.

Über Potenziale des Einsatzes im militärischen Bereich sprach Leendert Van Bochoven, Global Lead for National Security and NATO bei IBM.Kognitive Systeme würden den Menschen bei vielen komplexen Aufgaben schon längst überholen, erklärte er. Es sei aber nicht Ziel, den Menschen zu ersetzen: “Es geht darum, dass Maschinen und Menschen in symbiotischer Gemeinschaft handeln”, so Van Bochoven.

Verstehende und lernende Systeme würden bei strukturierten Aufgaben wie Muster- oder Spracherkennung zwar immer leistungsfähiger werden. Der größte

Mehrwert ergebe sich aber durch die Kombination mit menschlichen Fähigkeiten wie Vorstellungskraft und Kreativität. Im militärischen Bereich könnten kognitive Systeme enorme Effizienzgewinne bringen. Durch intelligente Auswertung von Daten aus verschiedenen Quellen könnten Bedarfe bei der Wartung von Maschinen, Fahrzeugen, Waffen und IT-Systemen frühzeitig erkannt und entsprechende Maßnahmen automatisiert ausgelöst werden. Weiterhin könnte eine Erfassung der Lage in der Gefechtssituation in Echtzeit unterstützt werden. Durch Mustererkennung und Integration von Informationen sei es möglich, Aktivitäten eines Gegners nicht nur direkt zu

erfassen, sondern soweit auszuwerten, dass Rückschlüsse auf sein zukünftiges Verhalten möglich würden, erläuterte Van Bochoven Wie überall führt die Digitalisierung auch im Bereich “Verteidigung” zu steigender Komplexität und zu sich schnell verändernden Rahmenbedingungen. Handlungsfähigkeit wird immer mehr zur Frage der Anpassungsfähigkeit werden. Hierzu äußerte sich auch Klaus-Hardy Mühleck Abteilungsleiter Cyber/IT im BMVg, mit einem spontanen Statement am Ende eines Fachforums. Er stellte klar, dass die Beschleunigung der Beschaffungsprozesse eine unbedingte Notwendigkeit sei. Dabei müsse auch mehr Flexibilität ermöglicht werden, denn Bedarfe ließen sich gerade bei großen und komplexen Projekten nicht vollständig und weit im Voraus festlegen. “Wir brauchen ein Change Management, damit wir auf sich ändernde Voraussetzungen reagieren können”, so Mühleck

Seite 58 Behörden Spiegel / Dezember 2017 Berliner Sicherheitskonferenz S058_BS12_All_swm

DieEinrichtung eines gemeinsamen Europäischen Verteidigungsfonds sieht eine künftige Finanzierung von Militärgütern aus dem EU-Haushalt vor. Zudem haben sich kürzlich 23 der 27 EU-Staaten (d. h. ohne Großbritannien) auf PESCO geeinigt, was für “Permanent Structured Cooperation” steht. Diese “Ständige Strukturierte Zusammenarbeit” soll der Beginn einer europäischen Verteidigungsunion sein, die die NATO nicht ersetzt, sondern ergänzt. Die PESCO-Mitgliedsstaaten haben dabei 20 Bedingungen zu erfüllen. Unter anderem müssen sie ihre Verteidigungsausgaben erhöhen und 20 Prozent dieser Ausgaben für neue Ausrüstung verwenden. Vor allem aber sollen die Ausgaben effizienter werden. Statt dass jedes EU-Land seine eigenen Waffen und Transportmittel herstellt, sollen Produktion und technische Infrastruktur vereinheitlicht werden.

Den rechtlichen Hintergrund für multinationale Rüstungsbeschaffung legt die von der EUKommission geschaffene Richtlinie 2009/81/EG vor. Diese gewährleistet gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen für europäische Unternehmen und die Koordinierung von Vergabeverfahren bestimmter Bau-, Liefer-

Wunderwaffe Europäische Kooperation

Europäisierung bei der Beschaffung militärischer Güter erwünscht

(BS/Katarina Heidrich) EU-weite Ausschreibungen sind in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie von immer größerer Bedeutung. Die gemeinsame Rüstungsbeschaffung soll die Verteidigungsinfrastruktur profitabler und effizienter gestalten. Allerdings müssten dafür Kompromisse geschlossen werden und Beschaffungsprozesse könnten sich verzögern.

und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung. Eine solche Erweiterung des Rechtsschutzes für Unternehmen und gleichzeitig gestiegene Anforderungen an die Qualität der Angebote führen allerdings zu Verzögerungen der Beschaffungsprozesse, da die Unternehmen mehr Zeit haben, um Angebote zu erstellen, so der Abteilungsleiter im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), Matthias Mantey, im Rahmen der Berliner Sicherheitskonferenz 2017.

Vorteile von Kooperationen

Auch die Leiterin der Gruppe Internationale Beziehungen, Rüstungsbeschaffung und -betreuung im Verteidigungsministerium des Vereinigten Königreichs, Valerie Evans sieht die Richtlinie als “gute, aber nicht die beste Handlungspraxis”. Jedes Land wolle seine eigene Industriestrategie um-

setzen, weshalb Kompromisse unerlässlich seien. Diese wiederum könnten dazu führen, dass die Beschaffung nicht schnell genug an sich verändernde politische Rahmenbedingungen und Bedürfnisse angepasst werden könne. Trotzdem überwögen die Vorteile von Beschaffungskooperationen: Kosten würden gesenkt, Wettbewerb gefördert sowie bi- und multinationale Beziehungen gestärkt. Dass Frankreich ebenfalls die Einrichtung von PESCO und eines EU-Fonds begrüßt, macht der stellvertretende Direktor für internationale, strategische und technologische Angelegenheiten im französischen Generalsekretariat für Verteidigung und nationale Sicherheit IGA (Ingénieur général de l‘armement), Thierry Carlier, deutlich. Er schließt sich der Forderung Dr. Angela Merkels nach strategischer Autonomie an und sagte, die EU müsse “ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen”.

Dazu gehöre auch, die eigenen “Schwachstellen zu kennen”, wie der Staatssekretär des Verteidigungsministeriums von Lettland, Jānis Garisons, hinzufügte. Eine solche stelle die Gesellschaft selbst dar, die im Sinne einer “vollen Militarisierung widerstandsfähiger (resilienter) gemacht” werden müsse. Industrie sieht noch Potenzial Gesellschaftliche Resilienz spiele ebenso eine Rolle im Bereich der Cyber-Sicherheit, hebt der Geschäftsführer von Panda Security Deutschland, Jan Lindner, hervor und bemängelt, bislang fehle “das Bewusstsein, dass wir uns mitten im Cyber War befinden”. Die zunehmende Digitalisierung in der Wehrtechnik erfordere ein gemeinsames Vergaberecht, allerdings müssten zuerst Konzepte zur Datensicherheit entwickelt werden. “Wir versuchen, ein Dach aufzubauen, aber haben das Fundament noch nicht gelegt”, beklagte Lindner

Mammutaufgabe Cyber-Sicherheit

Resilienz in Europa sicherstellen (BS/stb) Für die Sicherheits- und Verteidigungsarchitektur steht der Cyber-Raum längst im Fokus. Gegen die erheblichen Risiken, die sich aus der rasanten weltweiten Vernetzung ergeben, gilt es, sich zu wappnen – die für Verwaltung und Versorgung notwendigen IT-Infrastrukturen gilt es, widerstandfähig zu machen. Die Aufgabe ist riesig und die Verantwortung breit verteilt.

“Ein neuer weltweiter Krieg mit neuen Waffen ist derzeit im Gange”, spitzte José Sancho García, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Panda Security, zu. Der digitale Wandel ändere die Methoden, um politische und wirtschaftliche Ziele durchzusetzen. Waffen in diesem Cyber-Krieg seien Raub, Erpressung, “Fake News”, Sabotage und Spionage auf Basis von Schadcodes, die Lücken in den IT-Systemen ausnutzten, auf denen unsere moderne Gesellschaft basiere.

Als Hauptakteure im CyberKrieg identifizierte García die USA, Russland und China. Diese hätten sowohl Motive als auch Mittel und Gelegenheit, Cyber-Waffen zur Durchsetzung ihrer Interessen zu nutzen. Europa fehle es im Gegensatz zu diesen Ländern noch an einem digital-wirtschaftlichen Rückgrat, stellte García fest. Bei der Cyber-Sicherheit sei man im Nachteil, weil es keine eigene Basis-IT gäbe, der vollständig vertraut werden könne. Mittelfristig müsse daher die europäische IT-Industrie gestärkt werden, um ein angemessenes

Maß an Souveränität im CyberRaum zu erreichen.

Um sensible IT-Systeme dennoch schützen zu können, bedürfe es umfassender Sicherheitskonzepte und leistungsfähiger Technologien, erklärte Oliver Tuszik Vizepräsident von Cisco Deutschland.

Als wichtigste Motive für CyberAngriffe identifizierte er das Erlangen von Ruhm, Geld und politischem oder gesellschaftlichem Einfluss. In jeder Hinsicht sei die militärische IT ein besonders lohnenswertes Ziel. Gerade in diesem Bereich sei die Komplexität der IT-Netzwerke so groß, dass die Erkennung und Reaktion nicht mehr nur in menschliche Hände gelegt werden könne. “Systeme müssen automatisiert reagieren können”, sagte Tuszik

Cyber-Resilienz schaffen

Von staatlicher Seite sind in den letzten Jahren Maßnahmen ergriffen worden, die das Schutzniveau und die Reaktionsfähigkeit verbessern sollen. In Deutschland ist neben der Verabschiedung des ITSicherheitsgesetzes vor allem die Neustrukturierung bei der Bundeswehr zu nennen. Mit der Aufstellung des Organisationsbereichs Cyber- und Informati-

onsraum (CIR) soll die staatliche Handlungsfähigkeit in dem Wirkbereich ausgebaut werden. Einen Überblick über aktuelle Bemühungen zum Ausbau der Cyber-Sicherheitsarchitektur der Europäischen Union (EU) gab Oberst Magister Heinrich Krispler, zuständig für Kommunikations- und Informationssysteme sowie Cyber im EU-Militärstab des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD). Durch neue diplomatische Werkzeuge und Konzepte für militärische Operationen und Missionen im Bereich Cyber-Verteidigung soll ein strukturierteres gemeinsames Vorgehen ermöglicht werden. Ein kürzlich durch die Europäische Kommission vorgeschlagenes Maßnahmenpaket sehe den Ausbau der ENISA (European Network and Information Security Agency) zu einer Agentur für Cyber-Sicherheit vor. Diese solle die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten koordinieren, Informationen bündeln und bei Cyber-Vorfällen Unterstützung leisten können.

Kulturwandel nötig Cyber-Sicherheit ist aber nicht nur eine grenzübergreifende,

sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Dies wurde in den Diskussionen auf dem Kongress immer wieder betont. Staatliche Initiativen werden also nicht ausreichen, um angemessene Resilienz im Cyber-Raum für Europa zu gewährleisten. Die größte Herausforderung bestehe derzeit darin, einen umfangreichen Kulturwandel zu verwirklichen, erklärte Taimar Peterkop, Generaldirektor der Behörde für Informationssicherheit in Estland (RIA). “Wir haben uns den neuen Risiken der digitalen Welt noch nicht angepasst.”

Im Zentrum der Bemühung um Cyber-Sicherheit müssten Peterkop zufolge die Organisationen stehen. Dort seien die nötigen Strukturen aufzubauen, um die Risiken zu managen. Ein Problem bestehe darin, dass es auf der Managementebene noch häufig an technischen Kompetenzen und demzufolge am Bewusstsein für die nötigen Maßnahmen fehle. Resilienz dürfe nicht als statisches Endziel missverstanden werden, warnte Taimar Peterkop: “Wir müssen flexibel, proaktiv und agil werden.”

Dem Ausbau der multinationalen Kooperationen stehen auch andere Vertreter der Industrie positiv gegenüber. Der Ressortleiter der Geschäftsfeldentwicklung Luftverteidigung und Raketenabwehr der Raytheon Company, William Blair, sprach sich für grenzübergreifende Interoperabilität aus und betonte: “Wir müssen Verteidigungslücken schließen in Europa!” Kooperationen und Zusammenarbeit seien wichtiger als jemals zuvor. Gleichwohl gelte es aber, einheitliche Regeln für die formalen Wege der Vergabeverfahren zu schaffen, unterstrich Dr. Jörg Hennemann, zuständig für Marketing, Polizei, Militär und Sport bei der Schmidt & Bender GmbH & Co. KG. Dass jedes Land bisher seine eigene Plattform für öffentliche Ausschreibungen nutze und auch an anderen Stellen eine analoge, elektronische Vergabe sinnvoll sei, betont der Partner bei der Beiten Burkhardt Rechtsan-

waltsgesellschaft mbH, Stephan Rechten

“Multinationalität ist Teil der Marine-DNA”, erklärte der Inspekteur der Deutschen Marine, Vizeadmiral Andreas Krause Als Beispiel für gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen EU-Staaten nannte er die gemeinsame Beschaffung von auf der Klasse 212A basierenden U-Booten durch Deutschland und Norwegen. Trotz nationaler Unterschiede sei diese von der Regierung in Oslo geforderte Zusammenarbeit ein Erfolg, stellte auch der Programm-Manager Neue Unterseeboote des norwegischen Verteidigungsministeriums, Kapitän zur See Oliver Berdal fest. Die Industrie müsse allerdings selbst solche Kooperationen fördern und fordern, wie der Senior Vice President See- und Luftabwehrsysteme bei Leonardo S.p.A., Marco De Fazio, einwarf. “Wir können nicht darauf warten, dass die Regierung darum bittet, Kooperation herzustellen”, betonte der ehemalige Marineoffizier De Fazio. Auch der CEO der Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS), Dr. Rolf Wirtz, sah die meisten “Marinefähigkeiten nur auf multinationaler Ebene möglich” und betonte, die deutsche Verteidigungsindustrie sei bereit für europäische Partnerschaften.

Und der Gewinner ist…

Preis für Bürgersinn, Sicherheit und Verteidigung (BS/ab) Seit 2011 werden durch den Preis jährliche Aktivitäten zur Herausbildung eines europäischen Bürgersinns geehrt. Auch die Festigung eines europäischen Sicherheits- und Verteidigungsbewusstseins gehört dazu. Die diesjährige Verleihung fand durch die Vereinigung CiDAN (“Civisme Défense Armée Nation”) und die ESDA (“European Security and Defence Association”) statt.

“Wie schaffen wir eine Verbindung zu der jungen Generation, die nie den Krieg kennengelernt hat?”, fragte Robert Walter, Präsident der ESDA, auf der diesjährigen Berliner Sicherheitskonferenz. Die französische Vereinigung CiDAN mit Sitz in Versailles schaffe dies, indem sie jene ehre, die einen Dialog zwischen Streitkräften und Bürgern aufbauten.

Theaterprojekt, Erster Weltkrieg und die Forschung

So erhielten das Haus der Künste und der Bildung aus Litauen sowie ihre ungarischen, portugiesischen und montenegrinischen Partner den Hauptpreis für “Bürgersinn, Sicherheit und Verteidigung”. Deren gemeinsames Theaterprojekt "Das Forum" würde die jungen Menschen daran erinnern, wie oft die Menschenrechte weltweit gefährdet seien und dass die Europäische Union helfe, jene Rechte zu verteidigen.

Die nordfranzösische Kleinstadt Auchy-les-Mines im Département Pas-de-Calais erhielt die Trophäe für die “Bewah-

rer der Erinnerung”. Mit ihrem Projekt, in das unter anderem Veteranen der Schlacht von Loos integriert waren, gedachte die Stadt des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges. Elodie Ferreira erhielt die Trophäe für “Innovationen” für ihre Forschungsarbeiten über die Darstellung von Konflikten und Kriegstraumata in Museen und Gedenkstätten. Zudem habe sie die Webseite “ComMemories” entwickelt, um die Erinnerungskultur zu modernisieren. Alle Preisträger erhielten zudem die Erinnerungsmedaille des Präsidenten der Französischen Republik.

Die Ausschreibung geschieht durch die französische Vereinigung CiDAN in Kooperation mit der ESDA. Daneben ist die Internationale Gesellschaft für Militärethik in Europa (Euro-ISME) ein weiterer wichtiger Kooperationspartner bei der Vergabe. Die Jury besteht aus Parlamentariern, die aus verschiedenen europäischen Ländern kommen, sowie Vertretern unterschiedlicher europäischer StreitkräfteOrganisationen.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 59 Berliner Sicherheitskonferenz S059_BS12_All_swm

Neues aus der Wehrtechnik

PESCO ausdrücklich begrüßt

BDSV

(BS) Dr. Hans Christoph Atzpodien, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e. V. (BDSV), erklärte zum Beschluss über den offiziellen Start einer “Permanent Structured Cooperation” (PESCO) im Bereich GSVP zwischen 23 der 28 EU-Mitgliedsstaaten: “Die in unserem Verband organisierte deutsche Sicherheits- und Verteidigungsindustrie als Ausrüster unserer Organe der inneren und äußeren Sicherheit begrüßt die Bereitschaft zur zukünftigen strukturierten Zusammenarbeit der am PESCOProgramm beteiligten Länder als einen ersten Schritt auf dem Weg zu einer Harmonisierung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Es kommt nun darauf an, dass die beteiligten Länder die von ihnen proklamierten

ASR­Radar ausgeliefert

Hensoldt

(BS) Die Modernisierung der Flugsicherung auf den deutschen Militärflugplätzen mit dem Flugplatzüberwachungsradar ASR-S (“Aerodrome Surveillance-Radar”-Serie) von Hensoldt schreitet voran. Im Rahmen eines 250-Millionen-EuroAuftrags des BAAINBw wurde jetzt das siebte von insgesamt 20 Radaren an das Koblenzer Beschaffungsamt und das Systemzentrum 24 der Luftwaffe (SysZ 24) auf dem Standort Trollenhagen in Neubrandenburg ausgeliefert und vom Kunden abgenommen.

Die ASR-Systeme treten an die Stelle der 30 Jahre alten Radare, die bis jetzt für die militärische Flugverkehrskontrolle genutzt wurden. Neben der Anflugkontrolle werden die neuen Radare auch für die Luftraumüberwachung im Radius von über 100 Kilometern eingesetzt, um die militärischen Flugbewegungen mit dem zivilen Flugverkehr abzustimmen. Bereits in Betrieb sind die

Während die BwFPS in der Vergangenheit ausschließlich Fahrzeuge kaufte oder leaste, um sie anschließend an die Bundeswehr zu vermieten, ist sie mittlerweile auch im zivilen Bereich aktiv. Für die Fahrbereitschaft des Deutschen Bundestages stellt das Unternehmen mindestens 100 Limousinen der oberen Mittelklasse zur Verfügung. Bis 2020 – der Leistungsvertrag mit dem Parlament läuft unbefristet – sollen davon 20 Prozent rein batterieelektrisch betrieben sein.

Da solche Fahrzeuge momentan in der geforderten Segmentklasse allerdings noch nicht

Ziele möglichst schnell in konkrete Projekte zur Stärkung gemeinsamer, supranationaler und koordinierter militärisch-operationeller Herangehensweisen umsetzen, aus denen in der Konsequenz auch gemeinsame Rüstungsprogramme entstehen.”

“Die deutsche Sicherheits- und Verteidigungsindustrie”, so der BDSV-Hauptgeschäftsführer weiter, “steht bereit, innerhalb der PESCOStrukturen auch ihrerseits Führungsverantwortung zu übernehmen. In Deutschland verfügen wir über hervorragende technologische und industrielle Kompetenzen im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungs-Ausrüstung. Diese gilt es, in die entsprechenden Projekte adäquat einzubringen.”

Mehr Informationen unter www.bdsv.eu

Anlagen auf den Luftwaffenstützpunkten Laupheim, Büchel, Wittmund und Untermeitingen, bei der Wehrtechnischen Dienststelle (WTD) 61 in Manching und auf dem Heeresfliegerhorst Niederstetten. Das technische Personal der Fachgruppe Flugsicherung des SysZ 24 nutzt das ASR-S als Referenzanlage, um die Einsatzverbände an den militärischen Flugplätzen der Luftwaffe bei der Depot-Instandsetzung zu unterstützen. Mehr Informationen unter www.hensoldt.net

Neue Fahrschul­Lkws für die Bundeswehr Rheinmetall

(BS) Im November übergab Rheinmetall in Oldenburg den ersten von insgesamt 35 FahrschulLkws des Typs TGX 26.360 6X2-2 LL an die BwFuhrparkService GmbH (BwFPS). Den entsprechenden Auftrag zur Lieferung der Fahrzeuge hatte Rheinmetall MAN Military Vehicles GmbH (RMMV) bereits im vergangenen Jahr erhalten. Der Auftragswert liegt bei rund 3,2 Millionen Euro.

Die Übergabe erfolgte am Kraftfahrausbildungszentrum der Bundeswehr. Vertreter der BwFPS, des BAAINBw, der Leiter des Kraftfahrausbildungszentrums sowie Vertreter der RMMV nahmen daran teil. Darüber hinaus ist die RMMV diesen Oktober erneut als Rahmenvertragspartner bis 2022 ausgewählt worden.

Die RMMV ist Teil der Rheinmetall Division “Ve-

Alkassar verlässt Unternehmen

Rohde & Schwarz Cybersecurity

(BS) Der bisherige Geschäftsführer und CEO der Rohde & Schwarz Cybersecurity GmbH, Ammar Alkassar, wird das Unternehmen auf eigenen Wunsch zum Jahresende verlassen und legt seine Aufgaben als Geschäftsführer nieder.

Alkassar hatte seine Aufgaben innerhalb des Technologiekonzerns im Zuge des Erwerbs der von ihm gegründeten Sirrix AG durch Rohde & Schwarz im Jahr 2015 übernommen. “Bestandteil des Wechsels der Sirrix zu Rohde & Schwarz war es, das Unternehmen und weitere Akquisitionen in Konzernstrukturen zu integrieren. Dieser Weg ist abgeschlossen. Insofern ist jetzt ein guter Zeitpunkt gekommen, die Führung abzugeben und neue Herausforderungen außerhalb des Unternehmens anzugehen. Ich bin weiterhin fest davon überzeugt, dass die Schaffung eines Cyber Security-Bereichs bei Rohde & Schwarz der richtige Schritt war”, so Alkassar heute.

Mindestens 100 Limousinen im Einsatz

BwFPS nun auch für Bundestags-Fahrbereitschaft verantwortlich

hicle Systems”, welche das Kompetenzzentrum der Rheinmetall AG für militärisches Fahrzeugwesen bildet.

Sie ist ein Komplettanbieter im Fahrzeugbau, der das gesamte Leistun gsspektrum Rheinmetalls im Bereich der militärischen Lkws, der taktischen Rad- und Kettenfahrzeuge sowie der Turmlösungen für Kampffahrzeuge auf den Weltmärkten präsentiert.

Der MAN-TGX

Mehr Informationen unter www.rheinmetall.com

Peter Riedel, Geschäftsführer der Rohde & Schwarz GmbH & Co. KG, dankte Alkassar für sein Wirken: “Wir bedauern den Schritt von Alkassar, da er großen Anteil an der Entwicklung des Bereiches Cyber-Sicherheit innerhalb unseres Unternehmens hat. Wir sind uns sicher, dass wir auch in Zukunft im Bereich Cyber-Sicherheit von Ammar Alkassar hören, lesen und sehen werden.” Bis zu einer Neubesetzung der Position des CEO wird der zweite gleichberechtigte Geschäftsführer und CFO des Spezialanbieters für IT-Sicherheit, Reik Hesselbarth, die Führung des Unternehmens allein wahrnehmen.

Mehr Informationen unter www.cybersecurity. rohde-schwarz.com/de

(BS/mfe/por) Die BwFuhrparkService GmbH (BwFPS) ist eine Inhouse­Gesellschaft des Bundes. Die Anteile werden zu 24,9 Prozent mittelbar über die Deutsche Bahn AG und zu 75,1 Prozent unmittelbar über das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) gehalten. Inzwischen hat sie auch Chauffeur­Fahrten für Bundestagsabgeordnete übernommen.

verfügbar sind, ist mit dem Bundestag vereinbart, dass vorerst noch fünf ausschließlich batterieelektrisch betriebene Wagen einer niedrigeren Fahrzeugklasse und 25 Plug-in-Hybrid-Autos eingesetzt werden. Der durchschnittliche Kohlendioxid-Ausstoß der aktuell eingesetzten Flotte liegt – gemessen an dem “Neuen Europäischen Fahrzy-

klus” – bei circa 89 Gramm pro Kilometer.

Im Rahmen des Auftrages für den Deutschen Bundestag bekommt die BwFuhrparkService GmbH übrigens ausschließlich die anfallenden Selbstkosten erstattet. Das bundeseigene Unternehmen ist verpflichtet, die vertraglich vereinbarten Leistungen grundsätzlich mit eige-

nen Fahrern sowie mit eigenen Fahrzeugen durchzuführen.

Werden jedoch mehr Fahrten von den Abgeordneten nachgefragt, als mit den eigenen Wagen durchführbar sind, so ist auch der Einsatz von Taxen zulässig. Bisher seien für die Mandatsfahrten über 180 Fahrer neu eingestellt worden, heißt es von der Inhouse-Gesellschaft. Die Bezahlung der Mitarbeiter liege dabei deutlich über dem derzeit geltenden Mindestlohn von 8,84 Euro pro Stunde. Zudem wür-

den branchenübliche Nacht-, Wochenend- und Feiertagszuschläge gezahlt.

Nachfrage wird voraussichtlich zunehmen

Mit Blick auf die kürzlich begonnene Legislaturperiode des Deutschen Bundestages erwarten die Verantwortlichen der BwFPS aufgrund der gestiegenen Zahl der Abgeordneten und Fraktionen im Hohen Hause, dass die Nachfrage nach Fahrten steigen werde. Derzeit

“Heer 4.0”

würden dazu noch Erfahrungen gesammelt. Erst zu einem späteren Zeitpunkt könnten darauf aufbauend die Personalbedarfsplanung und die erforderliche Anzahl eigener Fahrzeuge evaluiert und gegebenenfalls angepasst werden. Aufgrund der Übernahme des Bundestagsfahrdienstes kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die BwFPS sich mittlerweile nicht nur als Fuhrpark der Bundeswehr und nun auch des Bundestages empfiehlt, sondern längerfristig anstrebt, den Fuhrpark des Bundes insgesamt zu stellen. Diese Strategie erscheint vergleichbar derjenigen der BWI, die sich bereits seit Längerem als IT-Dienstleister des Bundes insgesamt in Position bringt.

Digitalisierung des Gefechtsfeldes

(BS/por) Größtes Projekt des Heeres ist die Digitalisierung des Gefechtsfeldes. Die Verteidigungsministerin sprach in diesem Zusammenhang von “über fünf Milliarden Euro”. Anfang 2015 startete das Planungsamt der Bundeswehr (PlgABw) das Programm “Mobile Taktische Kommunikation” (MoTaKo).

Ziel von MoTaKo ist die Schaffung eines durchgängigen, IPbasierten Kommunikationsverbunds auf taktischer Ebene – d. h. vom abgesessenen Soldaten über Fahrzeuge bis zum Gefechtsstand. Im funktionalen Gesamtkontext mit diesem bereits laufenden Programm steht das Programm “Mobile Taktische Informationsverarbeitung Land” (MoTIV Land), das koordiniert mit MoTaKo realisiert und synchronisiert werden soll. Der Haushaltausschuss gab “grünes Licht” für die Beschaffung von “Softwaredefined”-Funkgeräten für die Führungsfahrzeuge des neuen Schützenpanzers “Puma” und des Radpanzers “Boxer”

im Wert von rund 81 Millionen Euro. Auf der diesjährigen Sicherheitskonferenz (BSC) forderte der Vertreter des Heeres, Generalleutnant Jörg Vollmer, im Forum der Inspekteure der sechs militärischen Organisa-

tionsbereiche: “Wir brauchen den überfälligen Einstieg in die Digitalisierung, d. h. Heer 4.0.” Dabei betonte er, dass die fortschreitende Technisierung dem Menschen dienen solle, diesen aber nicht beherrschen dürfe.

Das “Wesen des Krieges”, so General Vollmer gegenüber dem Behörden Spiegel, werde sich nicht verändern – trotz fortschreitender Digitalisierung.

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 60 Wehrtechnik S060_BS12_All_dach
Foto: BS/Kdo Heer
Der ASR-Turm in Trollenhagen Foto: BS/Hensoldt von RMMV Foto: BS/BwFPS Ammar Alkassar Foto: BS/Rohde & Schwarz

In den letzten beiden Sitzungswochen vor der parlamentarischen Sommerpause Ende Juni genehmigte noch der Haushaltsausschuss des alten Bundestages Rüstungsprojekte der Bundeswehr im Gesamtwert von rund 13,6 Milliarden Euro. Dies schloss unter anderem auch Vorhaben der Luftwaffe ein.

A330 MRTT

So wollen die deutschen Luftstreitkräfte in Zusammenarbeit mit ihren Kameraden in den Niederlanden, Luxemburg und Norwegen insgesamt sieben Tankflugzeuge vom Typ Airbus A330 MRTT beschaffen. Die Bundesrepublik beteiligt sich mit rund

1,4 Milliarden Euro, zwei Drittel der Gesamtkosten, an dem Projekt für die Tankflugzeug-Flotte der NATO. Ihre Auslieferung ist für den Zeitraum 2021 bis 2023 geplant. Nach den derzeitigen Überlegungen sollen drei Maschinen von Köln-Wahn und vier vom niederländischen Eindhoven aus operieren.

Auf einem Werbefilm von Airbus, der im KampfflugzeugPanel der Berliner Sicherheitskonferenz (BSC) Ende November gezeigt wurde, war ein zweistrahliger A330 in der Version des Frühaufklärers AWACS (“Airborne Early Warning and Control System”) mit der charakteristischen Radarkuppel zu sehen. Dies ist zwar noch “Zukunftsmusik”, zeigt aber, dass der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern diesen sehr speziellen Markt offenkundig weder Boeing noch Iljuschin überlassen will.

C-130J

Ein weiterer Schritt in Richtung einer politisch gewollten, intensivierten deutsch-französischen

Beschaffung stellt das Projekt C130J dar. Zehn Transportflugzeuge vom Typ “Super Hercules” des US-Herstellers Lockheed Martin, davon vier französische und sechs deutsche Maschinen, sollen auf dem Fliegerhorst Évreux in der Normandie stationiert werden. Der Inspekteur Luftwaffe, Generalleutnant Karl Müllner, betonte auf der diesjährigen BSC, dass die C-130J insbesondere für den Einsatz von Spezialkräften aus Deutschland und Frankreich vorgesehen sei. Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) wird nicht müde zu betonen, dass der Airbus A400M “das zukünftige Rückgrat” des deutschen militärischen Lufttransports

Die Bundeswehr verfügt bereits über fünf K130Korvetten. Hergestellt worden waren diese zwischen 2008 und 2013 in Dienst gestellten Kriegsschiffe von der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) K130, einem Konsortium bestehend aus der damaligen Blohm + Voss Naval GmbH in Hamburg und der Fr. Lürssen Werft GmbH und Co. KG in Bremen. Die neuen K130 sollen die Marine vor allen Dingen in ihren multinationalen Einsatzverpflichtungen möglichst schnell entlasten.

Neue ARGE K130

Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) hat Mitte September die ARGE K130, nun bestehend aus den Gesellschaftern Fr. Lürssen Werft GmbH & Co. KG als federführendes Unternehmen, ThyssenKrupp Marine Systems GmbH (TKMS) sowie German Naval Yards Kiel GmbH, beauftragt, bis 2025 fünf weitere Korvetten der Klasse K130 zu bauen. Um bei allen zehn Korvetten einen einheitlichen Bauzustand zu erreichen, würden bei den älteren fünf Schiffen die zwischenzeitlich aufgetretenen

Beschaffungsvorhaben der Luftwaffe

Hilft oder behindert der gesamteuropäische Ansatz?

(BS/Dr. Gerd Portugall) Für die deutsche Luftwaffe zeichnen sich bereits heute große Beschaffungsvorhaben ab. Diese reichen teilweise mehrere Jahrzehnte in die Zukunft. Hochtechnologie, aber auch hohe Kosten werden Eckpunkte für diese Projekte darstellen. Die Bundeswehr hat ein erweitertes Aufgabenspektrum zu erfüllen: Auslandseinsätze, wie bisher, plus verstärkt Landes- und Bündnisverteidigung. Als Folge ergibt sich daraus ein erhöhter Bedarf an Personal und Material.

hindeuten. Mit einem Volumen von knapp 400 Milliarden USDollar allein für die amerikanischen Teilstreitkräfte und einer geplanten Produktion von mehr als 2.700 Maschinen gilt es zwar aktuell als teuerstes Rüstungsprogramm der Welt. Aber der Stealth-Jet ist marktverfügbar und damit zeitlich wie finanziell zumindest ansatzweise kalkulierbar.

Kampfflugzeug der Zukunft

darstelle. Die jetzige bilaterale Kooperation solle lediglich “eine eng begrenzte Fähigkeitslücke beim Lufttransport schließen”, die nach der kompletten Ausmusterung der betagten C-160 “Transall” – übrigens ein deutsch-französisches Produkt – im Jahr 2021 entstehe.

CH-53-Nachfolge

Das nächste größere Beschaffungsvorhaben der deutschen Luftstreitkräfte dürfte die Nachfolge für den in die Jahre gekommenen schweren Transporthubschrauber CH-53 in seinen unterschiedlichen Varianten sein. Das Sikorsky-Modell war hierzulande zwischen 1972 und 1975 in Lizenz bei VFW-Fokker gebaut worden. Ursprünglich gehörte die CH-53-Flotte zu den Heeresfliegern. Die Version CH53GS der Bundeswehr sollte nach ursprünglichen Planungen aus dem Jahr 2006 durch das deutsch-französische Eurocopter-Projekt “Heavy Transport Helicopter” (HTH), später umbenannt in “Future Transport Helicopter” (FTH), ersetzt werden.

Im Rahmen der 2010 begonnenen Neuausrichtung der Bundeswehr wurden jedoch die Mittleren Transporthubschrauberregimenter des Heeres aufgelöst und dessen CH-53 an die Luftwaffe übergeben. Im Zuge dieses Transfers wurde die Flottengröße von einst 110 auf unter 70 Exemplare reduziert. Aufgrund dieser deutlich geringeren Stückzahl sowie wegen Entwicklungsverzögerungen bei der europäischen Industrie entschied die deutsche Seite sich für “Commercial off-the-shelf” (COTS), d. h. ein bereits existierendes Muster zu beschaffen.

Um Zeit und Kosten zu sparen, ist geplant, für die Nachfolge ein marktverfügbares Modell “von der Stange” zu beschaffen. General Müllner sagte dazu in Berlin, dass die Luftwaffe sich dafür nach den USA hin orientiere. Insbesondere zwei amerikanische Modelle sollen sich in der engeren Auswahl befinden: der Sikorsky CH-53K “King Stallion”, eine Weiterentwicklung des Bundeswehr-CH-53, sowie der Boeing CH-47F “Su-

per Chinook”. Im Juli 2015 gab Lockheed Martin den Kauf von Sikorsky bekannt “Tornado”-Nachfolge

Beim 19. deutsch-französischen Ministerrat Mitte Juli in Paris, dem ersten mit Staatspräsident Emmanuel Macron, wurden gemeinsame Projekte unter anderem im Bereich Sicherheit und Verteidigung vereinbart. Insbesondere bei Rüstungsprojekten sollen es eine noch intensivere Kooperation geben. So kündigten Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und Präsident Macron die Entwicklung eines gemeinsamen MehrzweckKampfflugzeugs an, das längerfristig die aktuellen Flotten beider Länder ersetzen solle. Der “Tornado” ist ein von Deutschland, Großbritannien und Italien entwickeltes, allwetterfähiges Mehrzweck-Kampfflugzeug. Die vier an der Herstellung dieses Jets beteiligten Unternehmen waren die British Aircraft Corporation Ltd. (heute BAE Systems), Fiat Spa. (heute Leonardo), die niederländische

Marine modernisiert

Mehr Korvetten und U-Boote

Fokker (heute Stork Aerospace Gruppe) und die MesserschmittBölkow GmbH (heute Airbus Defence and Space Deutschland). Die Auslieferung der ersten “Tornados” an die Bundeswehr begann 1981 und wurde 1992 abgeschlossen. Ausgeliefert wurden damals insgesamt 357 Jets an Luftwaffe und Marine. Mit dem Nutzungsende rechne die Luftwaffe beim “Tornado” etwa im Jahr 2029, so deren Inspekteur auf der BSC. Während Aufwand und Betriebskosten mittlerweile altersbedingt beständig stiegen, nehme dessen Verfügbarkeit ab. Der Schwenkflügel-Jet sei der “Träger des Luftangriffs” schlechthin, so General Müllner. Dies gilt sicherlich auch und gerade für die nukleare Teilhabe der Bundeswehr im Rahmen der NATO, die in diesem Zusammenhang nicht erwähnt wurde.

Als Beobachter auf der Berliner Konferenz konnte man schon den Eindruck gewinnen, dass bei der “Tornado”-Nachfolge alle Zeichen auf die F-35 “Lightning II” von Lockheed Martin

Ob längerfristig der seit 2004 im Zulauf befindliche Eurofighter “Typhoon” tatsächlich durch ein deutsch-französisches Flugzeug ersetzt wird, sei einmal dahingestellt. Der Inspekteur Luftwaffe jedenfalls betonte in Berlin, dass der Eurofighter auf absehbare Zeit das “Rückgrat der Luftverteidigung” darstelle. Gary L. North, Vizepräsident von Lockheed Martin, zuständig für die nationalen und internationalen F-35-Kunden, wies darauf hin, dass die “Lightning II” in den kommenden 30 bis 50 Jahren Missionen fliegen könne. Dabei handele es sich um das einzige westliche marktverfügbare Mehrzweck-Kampfflugzeug der 5. Generation, so der VierSterne-General a. D. der USLuftwaffe im Jet-Fighter-Panel der BSC. 444 Exemplare seien mittlerweile produziert worden. Bertram Gorlo, Vertriebsleiter Mitteleuropa bei Airbus Defence and Space, erläuterte vor demselben Personenkreis, dass der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern in der absehbaren Zukunft eine “Kombination aus Eurofighter und dem noch zu entwickelnden europäischen Kampfflugzeug der 6. Generation” bei der Auftragserfüllung sehe. “Selbst Deutschland und Frankreich zusammen sind nicht stark genug für solch ein ambitioniertes Projekt”, betonte der deutsche Airbus-Manager. Brigadegeneral Gerald Funke, Unterabteilungsleiter Planung I im BMVg, ergänzte im BSCPanel hierzu, dass er bei der Suche nach möglichen Kooperationspartnern unter anderem “in Richtung Schweden, Großbritannien, Italien und Spanien” schaue. In jedem Fall sei das künftige europäische Modell der 6. Generation “moderner als die F-35”, so der deutsche Luftwaffengeneral.

Mehr zur Berliner Sicherheitskonferenz ist auf den Seiten 56 bis 59 in dieser Ausgabe zu finden.

(BS/por) Nicht nur bei der Luftwaffe stehen großen Beschaffungsvorhaben an (s. o.), auch die Marine modernisiert kontinuierlich ihr Fähigkeitsspektrum durch neue Schiffe und Boote. Zwei große Projekte konnten die deutschen Seestreitkräfte kurz vor dem Ende der 18. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages noch durch den Haushaltausschuss bringen: Der parlamentarische Weg ist nun frei für die Ausschreibung von fünf weitere Korvetten der “Braunschweig”-Klasse K130 für über zwei Milliarden Euro. Außerdem sollen mit einem deutschen Anteil von rund 1,8 Milliarden Euro zusammen mit Norwegen sechs U-Boote der Klasse 212 gebaut werden.

Obsoleszenzen beseitigt, so die Bundeswehr. Darüber hinaus hält die Marine am Beschaffungsvorhaben von sechs Mehrzweckkampfschiffen (MKS) 180 fest, wie deren Inspekteur, Vizeadmiral Andreas Krause im Bundeswehr-Forum auf der diesjährigen Berliner Sicherheitskonferenz (BSC) betont hat. Im Juni 2015 wurde die Entscheidung zur Ausschreibung der Beschaffung von vier Einheiten bekanntgegeben, die den Seestreitkräften nach bisheriger Planung ab 2023 sukzessive zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Marine sei “gut in der Spur”, brauche aber “einen langen Atem”, so Admiral Krause

Die Bundesregierung will mit Norwegen sechs U-Boote der Klasse 212 beschaffen. Die ursprüngliche ARGE U212 bestand aus der damaligen How-

aldtswerke-Deutsche Werft GmbH (HDW) in Kiel und der Nordseewerke GmbH (NSW) in Emden. Davon soll die deutsche Marine zwei und die norwegischen Seestreitkräfte sollen vier Boote erhalten. Die Bundeswehr rechnet mit dem ersten U-Boot im Jahre 2027.

Anschlussverträge für Norwegen geplant

Im Rahmen dieser Kooperation soll Norwegen Lenkflugkörper für das geplante MKS 180 und für deutsche Fregatten an die Bundeswehr liefern. Partner auf norwegischer Seite soll die Kongsberg-Gruppe werden, das größte Rüstungsunternehmen des skandinavischen Landes. Diese Boote werden allerdings Modifikationen gegenüber den älteren Booten der Klasse 212 aufweisen.

Die deutsche U-Boote-Waffe verfügt aktuell über sechs Einheiten der Klasse 212A, die zwischen 2005 und vergangenem Jahr in Dienst gestellt worden sind. Aufgrund ihrer außenluftunabhängigen Antriebsanlage auf Brennstoffzellen gelten diese Boote – gemeinsam mit jenen der Exportklasse 214 – als die leisesten der Welt.

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Eine F-35 mit deutschen Hoheitszeichen über Berlin: Fotomontage am Stand von Lockheed Martin auf der BSC 2017 Foto: BS/Dombrowsky Soll definitiv kommen: das Mehrzweckkampfschiff 180. Grafik: BS/BAAINBw

Antworten auf die Fragen der Zeit finden

25./26. Januar

Hamburger Vergabetag

Beim Hamburger Vergabetag diskutieren die Teilnehmenden mit namenhaften Richtern der Vergabesenate über aktuelle Rechtsfragen und einschlägige Spruchpraxis. Zudem erfahren sie, wie Einkaufsstrategien wirksam und zugleich rechtskonform umgesetzt werden können. Das Vorab-Programm für Neueinsteiger in das Vergaberecht, die insgesamt zwölf Workshops mit einem stark praxisorientierten Ansatz sowie der Abendempfang zum Erfahrungsaustausch zwischen Beschaffungsexperten runden den Hamburger Vergabetag weiter ab. > www.hamburger-vergabetag.de

6./7. Februar

Europäischer

Der Europäische Polizeikongress ist die größte internationale Fachkonferenz für Innere Sicherheit in Europa. Er will den Dialog zwischen den Behörden fördern, den Teilnehmern ermöglichen, neue Kontakte aufzubauen, führt kritische Diskussionen über aktuelle Themen und informiert in der Ausstellung über neueste Technologien. Auf dem Kongress wird außerdem der Zukunftspreis Polizeiarbeit verliehen. > www.european-police.eu

16./17. April

Bürgermeisterkongress

Zweitägiger Kongress zum

Thema Risiken und Katastrophen in Deutschland für Bürgermeister, Landräte und Führungskräfte aus Städten, Gemeinden und Landkreisen. Das Programm des Kongresses wird zusammen mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) gestaltet. > www.buergermeisterkongress.de

3. Juli

Baden-Württemberg 4.0

Die Landesregierung BadenWürttemberg hat mit der Umsetzung der Digitalisierungsstrategie digital@bw begonnen, die das Land zu einer digitalen Leitregion in Deutschland und Europa machen soll. Der neue Kongress “Baden-Württemberg 4.0” wird diesen Prozess fortan begleiten und zusätzliche Impulse setzen – natürlich insbesondere mit dem Fokus auf die öffentliche Verwaltung und die digitale Transformation in den Behörden des Landes und der Kommunen. > www.bw-4-0.de

10./11.

PITS

September

Der Fachkongress Deutschlands für IT-und Cyber-Sicherheit bei Bund, Ländern und Kommunen. Bei der Public-IT-SecurityKongressmesse treffen sich jährlich die ITSicherheitsverantwortlichen der Verwaltungen und informieren und diskutieren über die neuesten Entwicklungen.

Aussteller präsentieren ihre speziell auf die Bedürfnisse der öffentlichen Verwaltung zugeschnittenen Sicherheitslösungen. > www.public-it-security.de

8. November

e-nrw-Kongress

Das zentrale Kongress-Ereignis im Umfeld von IT und IT-gestützter Verwaltungsmodernisierung in NordrheinWestfalen. Der Kongress “e-nrw” ist deshalb von zentraler Bedeutung, weil NRW mit rund 18 Millionen Einwohnern nicht nur das größte Bundesland ist, sondern nach der Kommunalreform mit über 400 Gebietskörperschaften auch über starke Kommunalverwaltungen verfügt. > www.e-nrw.info

1. Februar

Durch die Konzentration auf eine Vielzahl von Entscheidungsträgern auf kommunaler Ebene und der unmittelbaren Mitwirkung der Landesregierung ist beim Zukunftskongress “Bayern” gewährleistet, dass sich mitten in München die IT-Entscheider, Beschaffer und Multiplikatoren von Land und Kommunen treffen. > www.zukunftskongress.bayern

20./21.

Der Digitalisierungskongress für Staat und öffentliche Verwaltung wird im März 2018 in Berlin stattfinden. Automatisch und intelligent – Herausforderungen für die Vernetzung, Automatisierung, ChatBot, KI, Blockchain, OZG, Once Only – sind Themen des Kongresses. > www.digitaler-staat.org

6. Juni

Zukunftskongress Soziale Infrastrukturen

Als eine Reaktion auf den demografischen Wandel mit seinen zunehmenden regionalen Disparitäten und der drohenden Abkoppelung strukturschwacher Regionen und Stadtteile, gilt es, die soziale Infrastruktur stärker in den Fokus zu nehmen.

Der Zukunftskongress Soziale Infrastrukturen bietet Verwaltungen eine Diskussionsplattform zu den Kernthemen der Infrastrukturpolitik demografischer Wandel, Integration, Bildung, Engagement, Kinder- und Jugendpolitik. > www.kongress-soziale-infrastrukturen.de

Juni Europäischer Katastrophenschutzkongress

Der Katastrophenschutzkongress fördert den aktiven Dialog zwischen Behörden, Stiftungen, Universitäten und Experten aus dem Katastrophen- und Zivilschutz. Schon zum elften Mal ist der Kongress Treffpunkt für Teilnehmer aus mehr als 40 Nationen. Gemeinsam reflektieren sie politische Entwicklungen, vertiefen Kooperationen und schaffen Netzwerke. > www.katastrophenschutzkongress.de

27./28. November

Berliner Sicherheitskonferenz 2018

Der Kongress zur Europäischen Sicherheit und Verteidigung stellt die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik Europas in den Vordergrund. Sie ist die größte europäische Veranstaltung zu diesem Themenfokus. > www.euro-defence.eu

4. Dezember Bundeskongress Öffentliche Infrastruktur

Für Infrastrukturverantwortliche in Kommunen, Ländern und Bund ist dieser Kongress das entscheidende Event auf dem Feld neuer Kooperationsformen und Geschäftsmodelle – nicht nur bei Hochbau, Verkehr und Gesundheit. Infrastruktur heißt auch Informationstechnologie, öffentliche Dienstleistungen und Neuorganisation der Verwaltung. > www.oeffentliche-infrastruktur.de

Dombrowsky, Giessen

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BEHÖRDEN SPIEGEL-KONGRESSE 2018 (Auszug)
Fotos: BS/Danetzki,
Zukunftskongress “Bayern” März Digitaler Staat Polizeikongress

Der Arbeitsplatz von Klaus Heilmann ist gewiss kein gewöhnliches Büro oder Atelier, das wird schon beim langen Weg in die Räumlichkeiten klar. Anmeldung an der Gefängnispforte, danach Durchlaufen einer Schleuse mit Sicherheitsüberprüfung und Ablegen aller persönlichen und vor allem technischen Gegenstände. Anschließend geht es erst über einen großen Innenhof und dann durch viele lange Flure, die durch ebenso viele dicke Stahlund Gittertüren unterteilt sind, hoch in das Obergeschoss der Justizvollzugsanstalt im Kölner Stadtteil Ossendorf. Hier oben, im Bereich der sogenannten “Arbeitstherapie Kreativ”, befindet sich das kunsttherapeutische Atelier der Anstalt, das von Klaus Heilmann geleitet wird. Die Räumlichkeiten der Kunsttherapie bestehen aus einem Raum mit zwei großen Tischen und einem darin integrierten, verglasten Sonderraum, in dem sich Heilmanns Büro befindet. An den Wänden hängen die Bilder der Teilnehmerinnen seiner Therapiekurse und rundherum verteilt stehen einige Regale mit Büchern und Töpferfiguren. Dazu gibt es natürlich reichlich Malerausstattung wie Pinsel, Schwämme, Spachtel, Kreiden und Stifte sowie Acrylund Wasserfarben. In einer Ecke neben seiner Bürotür steht an der Wand ein weiteres großes Regal mit mehreren Schubladen und Hängemöglichkeiten. Alle Aufbewahrungsorte sind gefüllt mit Bildern von aktuellen und ehemaligen Teilnehmerinnen. Die großen Fenster an der langen Außenwand sind genauso vergittert wie überall sonst im Gefängnis, obwohl die Räumlichkeiten sich inmitten der An-

Kunst hinter Gittern

Zwischen Schicksalen und neuer Hoffnung

(BS/Wim Orth) Klaus Heilmann ist der einzige festangestellte Kunsttherapeut in einer nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalt (JVA). In seinem Berufsalltag im Frauenvollzug in der JVA Köln hilft er den Inhaftierten, ihre Zeit hinter Gittern zu bewältigen und ihnen mithilfe der Malerei eine Möglichkeit zur Selbstreflektion zu geben und somit auch zur Entwicklung neuer Lebensentwürfe.

erten vor allem einen seltenen Moment des unbeobachteten Agierens, in dem sie sich einfach auf sich selbst und ihr Innenleben konzentrieren können. Ein besonderer Aspekt für die Frauen ist dabei, dass sie eben jenes Innenleben in der Kunst auch nach außen kehren können, denn im Knast ist sonst Härte gefragt – schwache Charaktere haben kaum Chancen, sich durchzusetzen. Während der Sitzungen gibt es außer Heilmann selbst keinerlei Auf-

Zum Einstieg malt jede Frau ein sogenanntes Kreisbild, das als Einstieg in die malerische Auseinandersetzung mit der eigenen Lebenssituation dienen soll.

Foto: BS/Heilmann

stalt befinden. Die Fenster bieten dementsprechend auch einen Ausblick auf ein Hafthaus der Frauenabteilung mit deutlich engmaschigeren und doppellagigen Gittern sowie einen Freistundenhof, wo die Frauen sich einmal am Tag für zwei Stunden frei bewegen und etwas anderes sehen können als die kahlen Flure und Zellentrakte.

Verletzlichkeit als wertvolles Gut

In diesen für Knastverhältnisse relativ normalen Räumen finden die täglichen Therapiesitzungen statt, mit denen der Kunsttherapeut einige Insassen aus dem Frauengefängnis für ein paar Stunden pro Woche aus ihrem tristen Alltag befreit und wo sie auf künstlerischem Wege ein kleines bisschen Freiheit in ihrer von Gittern umgebenen Welt erleben können. Pro Woche kümmert sich Heilmann um insgesamt etwa 50 inhaftierte Frauen. Die Teilnahme an den Sitzungen in der Kunsttherapie ist freiwillig, aber im Gefängnis extrem beliebt. Es gibt lange Wartelisten für die sieben Plätze pro Gruppe. Denn neben der Abwechslung vom Zellenleben gibt die Therapie den Inhafti-

sicht im Raum, die Frauen sehen sich also nicht der sonst ständigen Situation ausgesetzt, von Gefängniswärtern beobachtet zu werden und sich kontrolliert zu fühlen: “Das Atelier der Kunsttherapie soll ein geschützter Raum sein, in dem die Gruppenteilnehmerinnen unter der Leitung des Therapeuten ohne äußeren Einblick miteinander kommunizieren können.” Neben der Überwachung durch den Vollzugsbeamten ist ein großes Thema für die Frauen auch der fehlende Freiraum, dem sie in Heilmanns Atelier für ein paar Stunden entfliehen können. In der Kölner JVA leben die Frauen im Regelvollzug größtenteils allein oder zu zweit in Zellen mit einer Größe von knapp neun Quadratmetern. Neben den Freistunden im Hof verbringen sie die gesamte Zeit in diesen Räumen, denn auch die Mahlzeiten werden in die Zellen gebracht. Die einzige Ausnahme für Gefangene, die in der Anstalt keiner Arbeit nachgehen, ist eine Gesprächsgruppe bei der Seelsorge, das wöchentliche Sportangebot der JVA und der sogen-

annte tägliche Umschluss, in dem Frauen zum persönlichen Austausch in eine andere Zelle mit eingeschlossen werden können, um die Zeit gemeinsam zu verbringen. Aus diesen Gründen ist der geschützte Raum in den Räumen der Kunsttherapie für Heilmann essentiell für seine künstlerische Arbeit mit den Frauen, denn nur so sieht er die Möglichkeit, dass genug Vertrauen zwischen den Frauen untereinander und zu ihrem Therapeuten entstehen kann. Und genau dieses Vertrauen ist notwendig, um eine gesunde Basis für eine offene Kommunikation in der Gruppe zu schaffen. Denn diese Offenheit ist für die Frauen die einzige Teilnahmeverpflichtung – und mit ihr die Bereitschaft, sich so weit wie möglich in der Gruppe mitzuteilen, durch Worte oder durch das gemalte Bild. Zu Beginn jeder rund zweieinhalbstündigen Einheit gibt es daher eine von Heilmann angeleitete kurze Gesprächsrunde von 20 bis 30 Minuten, in der die Frauen aus ihrem Alltag im Gefängnis, über Ängste, Hoffnungen oder andere Dinge berichten können, die ihnen auf dem Herzen liegen. Im Anschluss an diese Runde wird in Stillarbeit gemalt. Gegen Ende jeder Einheit werden die gemalten Bilder dann gemeinsam besprochen.

Ein leerer Kreis zum Einstieg

“Das Atelier der Kunsttherapie soll ein geschützter Raum sein.”

Bei der Gestaltung der Bilder können sich die Frauen ihr Thema frei auswählen, Heilmann steht aber auch für Impulse zur Verfügung. Lediglich das allererste Bild in der Therapie, das sogenannte Kreisbild, ist immer vorgegeben. Dabei wird mit folgender Anleitung ein leerer Kreis auf das Blatt gezeichnet: “Dies ist Ihr ganz persönlicher Kreis. Sie können etwas hineinlegen, zum Beispiel eine Farbe, ein Symbol, ein Zeichen, einen Satz, ein Wort oder eine Bewegung. Sie können das Innere und das Äußere des Kreises nutzen.” Die Gestaltung des Kreises soll für die Frauen als Einstieg in eine bildnerische Auseinandersetzung mit der eigenen Lebenssituation dienen und die zentrierte Form gibt laut Heilmann eine Struktur, ohne ein narratives Thema vorzugeben. Damit wird die Malerin zur Selbstreflektion angeregt. Nach der Fertigstellung des Bildes bespricht der Therapeut das Ergebnis mit der Teilnehmerin

im Einzelgespräch. In diesen Unterhaltungen kommt es häufig zu intensiven emotionalen Momenten, da die Frauen sich in vielen Fällen das erste Mal seit langer Zeit wieder vertrauensvoll für eine andere Person öffnen. Gleichzeitig sind die Kreisbilder oft von hoher biografischer Selbstreflektion geprägt und führen dazu, dass im Gespräch Züge der persönlichen Situation der Malerin entdeckt werden, die der Frau vorher oft nicht bewusst waren oder von ihr verdrängt wurden. “Das Alleinsein und der ständige innere Monolog werden durch so ein Bild aufgehoben und es entsteht ein realer äußerer Dialog, den die Frau nun mit mir ebenso wie mit dem Bild als “dritte Instanz” ühren kann.” Nach der Vollendung des Kreisbildes können die Frauen die weiteren Bilder ohne thematische Vorgaben malen oder zeichnen. Außerdem bietet sich durch die Teilnahme an der Therapie die Möglichkeit, Malmaterialien mit in die Zelle zu nehmen, um die Zeit dort sinnvoll nutzen zu können. Vertrauen wecken, beruhigen und stabilisieren Die Basis seiner Arbeit sieht der gebürtige Niedersachse darin, den Frauen in der Verunsicherung durch ihre Lebenssituation etwas Halt zu geben: “Ich bin laufend bemüht, traumatisierte oder durch das Eingesperrtsein leidende Menschen zu beruhigen und zu stabilisieren.” Die meisten Frauen, die in die Therapie kommen, sind bereits verurteilt und sitzen in der Ossendorfer JVA ihre Strafe ab, manche befinden sich aber auch in Untersuchungshaft, wo sie in den ersten zwei Wochen keinerlei Kontakt nach draußen haben können und dürfen, abgesehen von einem Telefonat zu den engsten Verwandten oder Bekannten. Man sitzt also einfach da und ist den eigenen Gedanken ausgesetzt – über die Tat und die Festnahme, aber auch über die Familie und die Ängste vor der Zukunft oder dem anstehenden Gerichtsprozess. Dazu kommen oft traumatische Erlebnisse in der Vergangenheit, die in solchen Momenten in das Bewusstsein der Frauen zurückkehren. Neben dem Impuls zum Öffnen und dem Gespräch über die Bilder ist für den Therapeuten daher vor allem wichtig, den Teilnehmerinnen seiner Sitzungen Mut zu machen, damit sie in

der Haft nicht den Glauben an sich und die Welt verlieren: “Ich begleite die Frauen durch eine unsichere Zeit und unterstützte sie darin, die Haftzeit nicht als unrettbar verloren anzusehen, sondern sie zu nutzen und als Chance zu begreifen, an sich zu arbeiten.”

Noch keine feste Nachfolgeregelung

“Ich begleite die inhaftierten Frauen durch eine unsichere Zeit.”

Sein eigener Lebensweg führt den heute 64-jährigen Klaus Heilmann erst relativ spät in den Öffentlichen Dienst. In Melle bei Osnabrück geboren und aufgewachsen, studierte er nach dem Abitur zuerst freie Kunst an der Kunstakademie Münster und arbeitete eine Zeit lang als freier Künstler, bevor er auf die Kunsttherapie aufmerksam wurde und das dazugehörige Studium an der Universität Köln absolvierte. Nach einer weiteren Fortbildung am Institut für Kunsttherapie und Kunstanalyse in Köln arbeitete er anfangs freiberuflich als Kunsttherapeut im Frauenbereich der JVA Köln, wo er seit dem Jahr 2000 fest für diesen Bereich angestellt ist. Die Vergütung eines Kunsttherapeuten im Gefängnis wird im Re-

gelfall als Angestellter im Öffentlichen Dienst durchgeführt und beginnt zum Einstieg mit der Tarifgruppe 9. Je nach Leistung und Dienstalter kann ein Kunsttherapeut bis zur Tarifgruppe 12 befördert werden. Bei Klaus Heilmann stellt sich die Situation jedoch etwas anders dar, da er bei seiner Festanstellung als Sozialarbeiters eingestellt wurde und auch als ein solcher bezahlt wird. Ein bisschen sorgt er sich dabei auch um seine Nachfolge, denn für Klaus Heilmann naht der Ruhestand und der Therapeut arbeitet in Köln als seine eigene Abteilung ohne Mitarbeiter. Und da er eben als Sozialarbeiter angestellt ist, müsste die Anstaltsleitung die Stelle für seinen Nachfolger als eine feste Kunsttherapeutenstelle definieren oder eine weitere Stelle schaffen, denn auch die Sozialarbeiter werden in der JVA natürlich gebraucht. In seiner Funktion hat der Kunsttherapeut weitreichende Freiheiten im Gefängnis und dabei unter anderem die Möglichkeit, an den wöchentlichen Vollzugskonferenzen teilzunehmen und mit den Fachdiensten in der Anstalt über die Frauen aus seinen Sitzungen zu sprechen. Das hilft ihm dabei, einen schärferen Blick hinsichtlich ihres Daseins als Täter und Opfer zu bekommen. Dabei gibt es relativ häufig das Szenario, in dem die Frauen seelisch oder körperlich missbraucht wurden, bevor sie selbst zu Tätern wurden. Diese Erfahrungen prägen das individuelle Selbstbild der Inhaftierten nachhaltig: “Die innere Bewertung ihrer Erlebnisse und Taten ist von Widersprüchen geprägt, sie fühlen sich gleichermaßen schuldig für das, was ihnen angetan wurde sowie für das, was sie selbst getan haben.” Dieser innere Konflikt führt häufig zu einem von Selbsthass und Selbstentwertung geprägten Bild auf die eigene Person, wie Heilmann erklärt: “In meiner Arbeit ist es daher von großer Bedeutung, Selbstakzeptanz und Selbstempathie bei ihnen aufzubauen.” Für Heilmann ist es ein anstrengender, aber auch erfüllender Beruf, bei dem er heute zwar weniger selbst aktiver Künstler ist als früher, aber dafür ein wichtiger Ansprechpartner und eine Vertrauensperson für die Teilnehmerinnen seiner Therapiesitzungen. Und damit das so bleibt, hofft er, dass die Kölner Justizvollzugsanstalt einen Weg bereitet, mit dem er den Staffelstab zum Ende seiner Laufbahn an eine jüngere Person weitergeben kann.

(BS) Die Justizvollzugsanstalt im Kölner Stadtteil Ossendorf existiert seit 1969. Es gibt dort 1.075 Haftplätze, die sich auf rund 180 Frauen sowie knapp 900 Männer und Jugendliche verteilen. Die Inhaftierten verbringen die meiste Zeit auf den Zellen, haben aber zusätzlich diverse Möglichkeiten, ihre Zeit zu verbringen. Neben einem Sportangebot gibt es Seelsorgegruppen und die Kunsttherapie. Dazu bietet die Kölner JVA den Gefangenen die Möglichkeit, verschiedene Berufsausbildungen durchzuführen, zum Beispiel als Frisörin, Schneiderin oder in den Bereichen Textilreinigung und Bürokommunikation.

Eine vietnamesische Teilnehmerin an der Kunsttherapie ließ in dieses Bild ganz offensichtlich das Trauma aus den Kriegstagen ihrer Kindheit einfließen.

Foto: BS/Heilmann

Behörden Spiegel / Dezember 2017 Seite 63 Die letzte Seite S063_BS12_All_cl
Klaus Heilmann in seinem Atelier vor Bildern, die von inhaftierten Frauen gemalt wurden. Foto: BS/Orth
Die JVA Köln
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