Robert Blum. Auf dem Theater des Lebens (Leseprobe)

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courage und seinen Optimismus bewundert. Die jüngste Lebensbeschreibung von Ralf Zerback10 ist in diesem Jahr erschienen, ein profundes Werk. Aber auch dieser kenntnisreiche Historiker schreibt in der Zeit unpräzise von den Deutsch-Katholiken als einer Reformbewegung in der katholischen Kirche. Die fand jedoch außerhalb der Kirche statt! Und maßgebende Leute, außer den umgehend exkommunizierten X Führern Johann Czerski D, Blum und Ronge, waren Protes­tanten. Ihre Prediger gaben zu, eher mit einem Rabbi vergleichbar zu sein als mit einem Priester, waren häufig mit Jüdinnen verheiratet, wurden sogar von Varnhagen von Ense (1785 – 1858) als ›Neujüdler‹ bezeichnet. Darin sahen sie die wahre Erfüllung des Christentums, in welcher kein Buchstabe, keine Satzung mehr den Christen und Juden, den Katholiken und Protestanten scheidet, in welcher das Göttliche, das sich im Menschlichen als Humanität offenbart, als Höchstes erfasst wird. Zu diesen Deutsch-Katholiken bekannten sich zunehmend Mitbürger jüdischer Provenienz. Ohne den Juden Dr. Herrmann Jacobson D hätten die Freireligiösen Gemeinden Berlin und Offenbach, und ohne den im KZ ermordeten Juden und Reichstagsabgeordneten Dr. Ludwig Marum aus der Freireligiösen Gemeinde Karlsruhe hätte Baden nicht so stark sein können. Zurück zu Blum. Seine Fähigkeit bereits als Jugendlicher, sich unentwegt fortzubilden und vorwärtszubewegen, fort vom Kirchenglauben, auch fort von der Heimat, um nicht nur mitreden zu können, sondern verstanden zu werden und zu handeln, das bewundert man an ihm. Die Beschränktheit der materiellen Mittel nicht als auferlegte Einschränkung und feste Adresse zu behalten, sondern aufzubrechen, meinetwegen aus Not, um sich eine bessere Wirkungsstätte für eine bessere Gesellschaft zu suchen, machte ihn so bekannt. Das erste, was 22


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