Die Wilhelm-Hoegner-Preise der BayernSPD-Landtagsfraktion

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Mit der SPD für das Friedensprojekt Europäische Union | Günter Verheugen

Meilensteine der Demokratie in Bayern: Die Wilhelm-Hoegner-Preise der BayernSPD-Landtagsfraktion

Die Verleihung des Wilhelm-Hoegner-Preises an den EU-Kommissar Günter Verheugen im Jahr 2004 ist ein Bekenntnis der BayernSPD-Landtagsfraktion zu einem erweiterten Europa. Nur sechs Tage vor der Preisverleihung traten zehn Länder der Europäischen Union bei – ein Ereignis, dem Verheugen einen besonderen Stempel aufgedrückt hatte, wie der ungarische Außenminister László Kovács anlässlich der Preisverleihung im Bayerischen Landtag sagte.

Verheugen hatte maßgeblich zu den Beitritts-Verhandlungen beigetragen und wollte die Europäische Union auch als Friedensprojekt verstanden wissen. Damit handelte er im Sinne Hoegners, der stets für den Aufschwung Deutschlands und seiner europäischen Eingliederung wirkte. Der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende Franz Maget bezeichnete Günter Verheugen

tionalsozialisten angezettelten Weltkriegs und seinen Zerstörungen wie ein fernes Hirngespinst erschien. Damit hatte Hoegner auf dem wegweisenden Heidelberger Programm von 1925 aufgebaut. Dort hieß es: Die SPD „tritt ein für die aus wirtschaftlichen Ursachen zwingend gewordene Schaffung der europäischen Wirtschaftseinheit, für die Bildung der Vereinigten Staaten von Europa,

Verheugen verwirklichte Hoegners Vision für ein geeintes Europa in seiner Rede als Brückenbauer Europas, der „Außenpolitik nicht als kurzatmige Tagespolitik, sondern im Kontext der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts“ begreift. Als „ehrlicher Makler zwischen den Interessen der alten und neuen Mitgliedsländer wurde er zum Baumeister des neuen Europa“ und verwirklichte die Vision Hoegners für ein geeintes Europa, unterstrich der SPDFraktionschef. Maget verwies darauf, dass Hoegner bereits den Entwurf für die Bayerische Verfassung in der Tasche trug, als er am 6. Juni 1945 aus dem Schweizer Exil heimkehrte. Dieser Verfassungsentwurf barg bereits eine Vorstellung von einem friedlichen und geeinten Europa, als dies angesichts des von den Na-

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um damit zur Interessensolidarität der Völker aller Kontinente zu gelangen“. Nach fast acht Jahrzehnten und unter dem Mitwirken von Günter Verheugen sei diese Vision endlich Wirklichkeit geworden, sagte Maget. Der ungarische Außenminister László Kovács würdigte in seiner Laudatio Verheugens historisches Verdienst. „Nach einer mehr als ein halbes Jahrhundert andauernden Abtrennung werden die Träume mehrerer Generationen Wirklichkeit, indem wir endlich in den Hauptstrom der europäischen Entwicklung zurückkehren (…) Infolge der Wende von 1989/90 eröffnete sich – vom Baltikum bis nach Slowenien, Rumänien und Bulgarien – die lang ersehn-

| Der Sitz der Europäischen Kommission in Brüssel. (Foto: EU)

te Gelegenheit zur Schaffung der Sicherheit und des Aufschwunges unserer Völker durch den Beitritt zu den euro-atlantischen Institutionen. Es war für uns von entscheidender Bedeutung, wie sich wohl die Europäische Union unseren Zielen gegenüber verhalten würde, ob wir mit Unterstützung im Laufe der nicht einfachen Aufgaben in Bezug auf die Vorbereitung und des Beitrittes rechnen können.“

Günter Verheugen habe in diesem Prozess eine entscheidende Rolle gespielt, lobte der ungarische Sozialdemokrat Kovács: „Er hat einen persönlichen Verdienst daran, dass unser Kontinent zu Beginn des neuen Jahrtausends einen historischen Schritt in Richtung Beseitigung der Teilung von Jalta und zur Schaffung eines neuen, auf gemeinsamen Werten beruhenden, einheitlichen und starken Europa unternahm.“

Günter Verheugen wurde 1944 in Bad Kreuznach geboren. Nach Besuch des May-ErnstGymnasiums begann er ein Volontariat und studierte danach von 1965 bis 1969 Geschichte, Soziologie und politische Wissenschaften in Köln und Bonn. Nach seinem Studium arbeitete er zunächst als Referatsleiter für Öffentlichkeitsarbeit im Bundesministerium des Inneren und wechselte dann als Leiter des Arbeitsstabs Analysen und Informationen in das Auswärtige Amt. Für die FDP war Verheugen Bundesgeschäftsführer und Generalsekretär. Nach dem Koalitionswechsel der FDP von der SPD zur CDU/CSU trat Günter Verheugen 1982 der SPD bei.

Von 1983 bis 1999 saß er für die SPD im Bundestag. 1991 war er Vorsitzender der bayerischen SPD-Landesgruppe im Bundestag; 1994 auch SPD-Bundesgeschäftsführer und bald darauf zudem stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Von 1998 bis 1999 war Verheugen als Staatsminister im Auswärtigen Amt tätig, bis er in die Europäische Kommission wechselte. Dort führte Günter Verheugen als Erweiterungskommissar Beitrittsverhandlungen für die EU-Osterweiterung. Von 2004 bis 2010 war Verheugen Kommissar für Industrie und Unternehmenspolitik.

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