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Freitag, 17. Juli 2020

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Die Entführung

Halluzination beim Sommer-Spaziergang

Adrian Aegerter, der «Anzeiger»-Detektiv ermittelt – Ratekrimi Sie möchten hier in Ihrem «Anzeiger» mit mir ermitteln? Das ist wunderbar! Also lösen wir doch gleich mal unseren nächsten gemeinsamen Fall ...

Die afrikanische Savanne im Ottenbacher Hinterdorf. (Bild Martin Mullis)

A

uf einem abendlichen Spazier­ gang wenige hundert Meter von unserem Haus entfernt, glaubte ich einen kurzen Moment, ich sei in die afrikanische Savanne gebeamt worden. Das nur für fantasievolle Menschen kurz wirksame Trugbild zeigt aber deutlich, dass die Sommerferien zu Hause in der vertrauten Umgebung ebenfalls

für Überraschungen sorgen können. Das siebenjährige Nachbarskind, dem ich die Tiere als entlaufene Zebras vom Zoo verkaufen wollte, schaute mich ­jedoch entrüstet an. «Das sind Pferde und die sind allergisch auf die Mücken, darum haben sie diese Decken», klärte sie mich auf. Aha, wieder etwas gelernt. Martin Mullis

VOLG-REZEPT

Nektarinen im Rohschinken-Mantel Zutaten für 12 Stück

oder grillieren. Toastscheiben toasten und in Viertel schneiden. Die Toast­ stücke mit Frischkäse bestreichen. Die Nektarinen auf den Frischkäse setzen und noch lauwarm servieren. Zubereitung 20 Minuten.

2 Nektarinen 1 EL Erdnussöl 6 Scheiben Rohschinken 3 Scheiben Vollkorntoast 200 g Frischkäse (z.B. Philadelphia)

Mehr Rezepte unter www.volg.ch/dorfmarkt/rezepte/

Zubereitung Nektarinen halbie­ ren, entkernen und die Hälften jeweils in drei Teile schneiden. Mit Öl bepinseln. Rohschinken halbie­ ren und die Nektari­ nen darin einwickeln. Falls nötig mit Zahn­ stocher befestigen. In der Bratpfanne oder auf dem Grill rund­ um knusprig braten

Nein, mein Klient war offenbar nicht in einen wohlverdienten Sommerurlaub geflogen, gefahren oder gegangen, er lag mit Sicherheit auch nicht an einem heis­ sen Strand im Süden oder turnte auf einem kalten Berg im Norden herum. Dann hätte er mich an diesem immer noch sonnigen Sommerabend angerufen und irgendwo in der Ferne «Das Essen hier ist gut, aber ich habe einen Sonnen­ brand!» oder «Das Essen hier ist nicht gut, aber ich habe keinen Sonnen­ brand!» gesagt. Er hätte in diesem Fall niemals meine Nummer gewählt und ins Telefon geschrien: «Ich wurde ent­ führt, helfen Sie mir, holen Sie mich hier raus, ich bin ... Waldsiedlung!» Orten konnte ich das Mobiltelefon, von dem aus mein Klient um Hilfe ge­ beten hatte, leider nicht. Mir fehlten die technischen Voraussetzungen und die Beziehungen zu Mobilfunkanbietern, ausserdem hatte der Mann das Handy sofort nach dem Gespräch ausgeschal­ tet. Oder war er beim Telefonieren er­ tappt und das Gerät ausgeschaltet wor­ den? Oder sogar zerstört? Ich kannte aber die Waldsiedlung. Die lag – wie der Name vermuten lässt – an einem Wald etwas ausserhalb der Stadt. Schicke neue Häuser auf schicken alten Grundstücken an einer schicken kleinen Strasse, direkt am Waldrand und mit Blick auf den Wald auf der ­einen Seite oder die Stadt auf der ande­ ren Seite. Ich begrub den Plan mit dem schö­ nen Abend im «Schnägg» in Hausen und dem Schnabelburggalgen dort, verliess meine Wohnung an der Unteren Bahn­ hofstrasse in Affoltern, stieg in mein Auto, fuhr am Kreisverkehr am Bahnhof in die Obere Bahnhofstrasse, hielt kurz an einer Bäckerei, wo ich mir als Ersatz ein paar Leckereien für einen möglicher­ weise längeren Einsatz kaufte, und fuhr dann aus der Innenstadt eilig in Rich­ tung Waldsiedlung. Weil die Übersicht von oben besser als von unten ist und ich leider noch immer nicht fliegen kann, sah ich mir während einer kurzen Stärkung auf dem Display meines Mobiltelefons ganz un­ ten die Luftaufnahme der Siedlung an, die ein Satellit vor gar nicht langer Zeit ganz oben aufgenommen hatte. Acht­ zehn Grundstücke insgesamt bildeten die rechteckige Siedlung, die kleinen

Detektiv Adrian Aegerter ermittelt auch diesen Sommer im «Anzeiger». (zvg.) Grundstücke lagen auf der von vorn aus linken Seite der geraden Strasse, die an­ deren, jeweils doppelt so grossen auf der rechten Seite, wobei immer ein grosses Grundstück genau zwei kleinen gegen­ überlag. Auf jedem Grundstück stand ein Haus, die Häuser aber waren nicht gleich, sondern nur ähnlich. Der Satellit hatte wohl damals hinunter bis zu den Schildern mit den Hausnummern schau­ en können, deshalb verriet mir mein Handy, dass die Nummern links vorn am Anfang der Strasse mit der Nummer eins begannen, auf dieser Seite bis nach hinten zur Wendeschleife liefen, von dort auf der anderen Seite zurückkehr­ ten und mit der Nummer achtzehn vorn rechts endeten. Schön und gut, schlecht war aber, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich den Entführten in einem der Häuser finden sollte. Der Klassiker mit dem Heizungs­ monteur, den der Vermieter zur Über­ prüfung der Heizung geschickt, aber nicht angekündigt hatte, würde hier nicht funktionieren, schon gar nicht bei allen Heizungen in allen Häusern nach­ einander. Und auf die Frage «Haben Sie einen Mann entführt und in Ihrem Haus versteckt?» würde ich wohl keine ehr­ lichen Antworten bekommen.

Also wartete ich, bis es völlig dunkel war, stellte mein Auto am Anfang der Strasse hinter einem Altglascontainer ab und schlenderte über die Wiesen hin­ ter den Häusern einmal um die ganze Siedlung herum. Ein Kind weinte irgend­ wo, eine Frau schrie, ein Mann brüllte und ein Hund bellte. Mein entführter Klient aber gab mir keinerlei Zeichen, er weinte nicht, er schrie nicht, er brüll­ te nicht und er bellte auch nicht. Und als ich gerade über andere Möglichkei­ ten nachdachte, traf mich ein schlim­ mer Schlag am Hals ... Wissen Sie, in welchem Haus der Täter, der mich entdeckt hatte, wohnte, wenn Sie wissen, dass er aus dem Haus genau gegenüber von Haus acht kam? Lösung: Nach der Anordnung der Häuser («... die kleinen Grundstücke lagen auf der von vorn aus linken Seite ...»), den Hausnummern («... links vorn am Anfang der Strasse mit der Nummer eins begannen ...») und dem Hinweis «... immer ein grosses Grundstück genau zwei kleinen gegenüberlag ...» liegen dem Haus die Häuser 7 und 8 gegenüber – weil der Täter aus «dem Haus genau gegenüber von Haus acht» kommt, kann er nur in Haus fünfzehn wohnen!

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LEBENSWEISHEIT «An den Scheidewegen des Lebens stehen keine Wegweiser.» Charlie Chaplin

Rotes Kreuz übernimmt Nachbarschaftshilfe-Plattform Während der Coronakrise waren auf der Plattform hilf-jetzt.ch über 1200 Gruppen registriert, hunderttausende Freiwillige leisteten unzählige Hilfseinsätze. Mit dem Übergang zu einer neuen Normalität übergibt der Verein die Plattform ans Schweizerische Rote Kreuz. Damit die Plattform über die aktuelle Krise hinaus nachhaltig erhalten bleiben kann, wurde ein erfahrener Partner ge­ sucht, der bereit ist, diese weiterzufüh­ ren. «Es ist uns ein grosses Anliegen, dass die aufgebaute und intensiv genutz­ te Infrastruktur, jetzt wo wir zurück sind im Alltag, nicht verloren geht. Vie­ le Gruppen werden die Solidarität wei­ terleben und sollen deshalb weiterhin eine Anlaufstelle haben und im erneu­ ten Krisenfall, beispielsweise bei einer zweiten Welle der Corona-Pandemie, schnell reaktiviert werden können», er­

klärt Projektkoordinatorin Vivien Jobé von hilf-jetzt.ch. Fündig wurde man beim Schweize­ rischen Roten Kreuz (SRK), das die Platt­ form per 1. August 2020 übernehmen wird. Dieses wird hilf-jetzt.ch sowie die Gruppenbegleitung im Sinne der Grün­ dung und unter der bestehenden Marke weiterführen. «Mit dem SRK haben wir einen Partner gefunden mit langjähri­ ger Erfahrung und starker Verankerung im Bereich der Freiwilligenarbeit – eine bessere Lösung können wir uns nicht vorstellen», so Vivien Jobé.

Überwältigende Solidarität Das SRK freut sich, das zivilgesellschaft­ liche Engagement mit der Begleitung der Gruppen von hilf-jetzt.ch längerfris­ tig zu unterstützen. «Die Solidarität während der Coronakrise hat uns über­ wältigt und die freiwillige Nachbar­ schaftshilfe der unzähligen Gruppen von hilf-jetzt.ch war für viele Mitmen­ schen eine grosse Unterstützung. Dies

möchten wir in Zukunft mit unserer langjährigen Expertise in der Freiwilli­ genarbeit weiterhin unterstützen und fördern», sagt Markus Mader, Direktor des SRK. Das SRK ist mit 53 000 Freiwilligen die grösste Freiwilligenorganisation für Gesundheit, Soziales und Rettung. Mit der Corona-Pandemie hat es sein Hilfs­ angebot angepasst und unter anderem mit einem Besorgungsdienst für ältere Menschen und Risikogruppen ergänzt. «Informelle und formelle Freiwilligen­ arbeit ergänzen sich optimal», ist ­Markus Mader überzeugt. Die Plattform hilf-jetzt.ch wurde am 13. März 2020 lanciert, um Hilfsgruppen an einem Ort zu sammeln und für Hil­ fesuchende und potentielle Unterstüt­ zende einfach auffindbar zu machen. Mit zeitweise über 1200 registrierten Gruppen war die Plattform eine tragen­ de Säule des zivilgesellschaftlichen ­Engagements in der Coronakrise. Schweizerisches Rotes Kreuz


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