Dossier ADOLF SÜDKNECHT 130416 Folge 12 Anno 1933

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Dossier 04/2013 – Adolf Südknecht – Rückfragen: august.geyler@schillers-erben.de

Zwischenfälle auf der Straße. 13 Personen verhaftet Auszug: Neue Leipziger Zeitung 5. Jan 1933, S. 4

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o stürmisch wie im Stadtverordnetensaal selbst, so stürmisch wurde die neue Sitzungsperiode des Leipziger Stadtparlaments auch auf der Straße eingeleitet. Mehrere Stunden lang ist es am Mittwoch abend an verschiedenen Stellen der Stadt immer wieder zu größeren Ansammlungen und Zusammenstößen gekommen. In der 17. Stunde versuchten größere Trupps von Kommunisten und Erwerbslosen aus den Außenbezirken in geschlossenem Zuge nach der Innenstadt und vor allem nach dem Rathaus vorzudringen. Nach der Beendigung des Burgfriedens sind Straßenumzüge selbst nicht verboten. Die Leipziger Bannmeile, die um die Altstadt eine Sperrgrenze zieht, besteht aber nach wie vor. Da nun die Demonstranten die Bann-

meile […] an mehreren Stellen zu durchbrechen versuchten, mußte die Polizei eingreifen und die Züge auflösen. Der ernsteste Zwischenfall hat sich gegen 17 Uhr im Brühl ereignet, in den ein Zug von 200 Kommunisten aus der Richtung vom Alten Theater her einmarschierte. Mehrere Beamte der Revierpolizei stellten sich den Zugteilnehmern entgegen […]. Dabei wurden die Beamten […] tätlich angegriffen, so daß sie die Revolver ziehen mußten. Es gelang ihnen, einen der Angreifer herauszugreifen und zu verhaften. Im Verlaufe dieses Vorfalls ist die Fensterscheibe der Eingangstür einer Buchhandlung im Brühl eingedrückt worden. Die Beamten wollten den Verhafteten in diesem Geschäft in Sicherheit bringen. Die Menge stürmte nach. Im gleichen

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Augenblick traf polizeiliche Verstärkung ein, von der die Versammlung zum Teil unter Anwendung des Gummiknüppels auseinandergetrieben wurde. Zwischen 17 und 18 Uhr stießen größere kommunistische Abteilungen mehrfach nach dem Neuen Rathaus zu vor, wo sich die Stadtverordneten soeben versammelten. Die Polizei hatte hier […] eine ziemlich aufreibende Arbeit zu leisten. Im Schutz der […] Buden des Neujahrsmarktes auf dem Roßplatz konnten sich die Gruppen im rasch wieder zusammenfinden, um dann erneut nach dem Rathaus zu marschieren. […] Nach dem überraschenden Schluss der Sitzung glich der Burgplatz einem polizeilichen Heerlager. Hier waren die gesamten Mannschaften und Überfallwagen zusammengezogen worden. Im ganzen sind am Mittwoch abend 13 Personen wegen tätlichen Angriffs auf Polzeibeamten, Widerstands und Ungehorsams verhaftet und dem Polizeipräsidium zugeführt worden. NLZ

Schüsse in Stötteritz. Blutiger Zusammenstoß zwischen Nationalsozialisten und Sozialdemokraten. Auszug: Neue Leipziger Zeitung 13. Jan 1933, S. 1

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n der Naunhofer Straße in Leipzig-Stötteritz hat sich am Mittwoch kurz nach 19½ Uhr ein schwerer Zusammenstoß zwischen uniformierten Nationalsozialisten und einer sozialdemokratischen Kampfstaffel ereignet. Dabei ist eine Reihe von Schüssen abgegeben worden. Zwei Sozialdemokraten haben Schußverletzungen erlitten und mußten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Ins Krankenhaus kamen auch zwei weitere Beteiligte, offenbar Nationalsozialisten, die durch Schläge verletzt worden sind. Nach der Darstellung der Polizei soll von beiden Seiten geschossen worden sein. […]

Die Mitglieder und der Führer der sozialdemokratischen Kampfstaffel bestreiten aber auf das entschiedenste, geschossen zu haben. Keiner der SPD-Leute habe eine Waffe bei sich geführt. Es sei auch bei der Durchsuchung der Mitglieder durch das herbeigerufene Überfallkommando weder eine Schußwaffe noch ein Messer oder Schlaginstrument gefunden worden. Die etwa 30 Mann starke … Kampfstaffel hatte sich gegen 19 Uhr in der Langen Reihe in Stötteritz gestellt, um geschlossen nach der Halle Freien Turnerschaft in Probstheida zu marschieren, wo die Mitglie-

der an einem Vortragsabend teilnehmen wollten. Beim Einschwenken in die Naunhofer Straße wurde von sozialdemokratischen Trupp in dem mit Bäumen bepflanzten Mittelstück der Straße […] eine ungefähr gleichstarke Gruppe uniformierter Nationalsozialisten bemerkt. […] Plötzlich hätten die SALeute die Kinnriemen heruntergezogen und zwischen den Bäumen Aufstellung genommen. Dann seien von den Nationalsozialisten auch schon etwa zehn bis zwölf Schüsse abgefeuert worden. Die Angehörigen der Kampfstaffel […] seien sofort auf die Schützen zugeeilt, um sie festzuhalten. Eine Darstellung der sozialdemokratischen Beteiligten bedarf noch der genauen polizeilichen Überprüfung, zumal die Schilderung der Nationalsozialisten vermutlich das genaue Gegenteil ergeben dürfte. Zwei Mitglieder der Kampfstaffel […] mit Schußverletzungen ins Krankenhaus St. Jakob gebracht. Es sind der 1916 geborene Bauarbeiter Alfred Grunewald […] (Bauchschuß und Oberschenkelschuß) und der 17 Jahre alte Schlosser Richard Biedermann […] (linker Oberschenkelschuß). […] An der Stelle, an der sich die Schießerei zugetragen hat, sind fünf Patronenhüllen, Kaliber 6,35 Millimeter, aufgefunden worden. Ein als angeblicher Schütze bezeichneter Angehöriger der Kampfstaffel ist […] festgenommen worden. […] NLZ


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