Laudatio Halbrainer

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Helmut Konrad: Laudatio für Heimo Halbrainer Heimo Halbrainer, vor wenigen Wochen 50 Jahre alt geworden, ist innerhalb der akademischen Welt, insbesondere innerhalb der Geschichtswissenschaft, ein Solitär. Das bezieht sich einerseits auf seinen wissenschaftlichen Werdegang, anderseits aber, und das ganz besonders, auf sein Grundverständnis der gesellschaftlichen Funktion von Wissenschaft. Aber der Reihe nach: Die wissenschaftliche Laufbahn war Heimo Halbrainer nicht in die Wiege gelegt. Nach der Volks- und der Hauptschule in Zeltweg besuchte er die HTBL in Kapfenberg und wurde zum Elektrotechniker ausgebildet, ein Beruf, den er kurzzeitig tatsächlich ausübte. Aber schon 1985 begann er zu studieren, vorerst breit im Lehramt, dann fokussiert auf Geschichte, ein Studium, das er vor gut 20 Jahren abschloss. Seine akademischen Lehrer waren schon auf ihn aufmerksam geworden, er aber ging seine eigenen Wege. Selbst den Abschluss des Doktoratstudiums mussten Vizerektor Polaschek und ich gleichsam erzwingen, die

formalen

akademischen

Schritte

lagen

nicht

im

Hauptinteresse

des

Preisträgers. Gerade jetzt drängen wir ihn wieder zur Habilitation, die er längst haben sollte, die bei ihm aber vielen anderen Fragen an Wertigkeit nachgereiht ist. Seit 1996 leitet Heimo Halbrainer den Verein CLIO. Dieser Verein für Geschichtsund Bildungsarbeit hat in den gut 17 Jahren seither den öffentlichen Diskurs zur kommunikativen und kulturellen Erinnerung in der Steiermark entscheidend mitgeprägt. Dabei war diese Arbeit stets auch den höchsten wissenschaftlichen Standards verpflichtet. Keine Pamphlete, keine ideologischen Kampfschriften, sondern gediegene, quellengesättigte und genau recherchierte Arbeiten werden vom Verein CLIO veröffentlicht, der sich mit der Dichte des Veranstaltungs- und Publikationsangebots in die erste Reihe der Kultur- und Wissenschaftsinitiativen gestellt hat. Allein Heimo Halbrainer selbst hat in den 17 Jahren mehr als 30 wissenschaftliche

Arbeiten

selbständig

verfasst

oder

herausgegeben.

Die

Schriften von CLIO füllen heute schon Regale und fehlen wohl in keiner einschlägigen Fachbibliothek im deutschen Sprachraum.


Heimo

Halbrainer

hat

aber

vor

allem

entscheidend

mitgeholfen,

die

Wahrnehmung der Steiermark und der Stadt Graz in der Weltöffentlichkeit zum Positiven zu verändern. Die ehemalige „Stadt der Volkserhebung“, der ehemalige „Grenzgau“, das Bollwerk gegen die slawische Bedrohung, hat einem Bild der Menschenrechtsstadt, Auseinandersetzung Jahrhunderts

eines mit

weichen

Ortes

den

des

dunklen

müssen.

Dialoges

Kapiteln

Aufklärung

im

und

der

der

offensiven

Geschichte

besten

Sinn

des

des

20.

Wortes:

Erinnerungsarbeit als Beitrag zur Festigung einer demokratischen Kultur. Heimo Halbrainer hat in seiner wissenschaftlichen Arbeit immer darauf geachtet, der akademischen Welt verbunden zu sein, ohne in ihr aufzugehen und die Fesseln

einer

Großinstitution

angelegt

zu

erhalten.

So

arbeitete

er

in

Forschungsprojekten am Institut für Österreichische Rechtsgeschichte und Europäische Rechtsentwicklung und am Centrum für Jüdische Studien, beide an der Karl Franzens Universität Graz, er ist in beiden gut verankert und bei den Jüdischen Studien auch aktuell mit im Boot, aber immer mit der für Heimo Halbrainer typischen Halbdistanz, um sich die Freiheit der Entscheidungen nicht nehmen zu lassen. Das Werk, für das Heimo Halbrainer heute ausgezeichnet wird, ist der Doppelband:

„Die

Eisenstraße

1938-1945.

NS-Terror.

Widerstand.

Neues

Erinnern.“ Er hat das Buch gemeinsam mit Werner Anzenberger und Christian Ehetreiber herausgegeben. Im ersten Band stammen gut 100 Seiten aus der Feder von Heimo Halbrainer, also etwa ein Drittel des Buches. Das sind insgesamt 3 Aufsätze. Der erste davon schildert den Widerstand entlang der Eisenstraße und ist ein gediegenes Stück regionaler Widerstandsgeschichte, quellennah und anschaulich. Ein zweiter Beitrag von Dr. Halbrainer beschäftigt sich mit der Aufarbeitung der NS- Verbrechen, mit der Entnazifizierung und den gerichtlichen Verfolgungen nach 1945. Hier ist Heimo Halbrainer auf seinem ganz besonders ausgewiesenen Forschungsfeld, da besticht er durch umfassende Kenntnis und durch die überregionale Einbettung. Der dritte Beitrag, der der Erinnerungskultur entlang der Eisenstrasse gewidmet ist, geht auf die aktuelle Arbeit des Autors ein und rundet die beiden ersten Kapitel sehr gut ab. Der zweite Band ist allerdings exklusiv von Heimo Halbrainer verfasst. Er trägt den Titel „Archiv der Namen. Ein papierenes Denkmal der NS-Opfer aus dem Bezirk Leoben“. Dieses Werk ist ein berührendes, schlüssiges und die Forschung wohl abschließendes Dokument. Perfekt strukturiert, von den Opfern aus dem


Widerstand bis

hin

zu den Alliierten

biographischen

Angaben

und

mit

Soldaten, mit allen erschließbaren

Porträtfotos

kann

diese

Arbeit

als

bahnbrechende Grundlagenarbeit gewertet werden, die (hoffentlich) national und international Nachfolgearbeiten auslösen wird. Ich habe jedenfalls den Band mit großer Berührtheit gelesen. Dieses Werk, das hier hervorgehoben worden ist, steht aber für ein Gesamtwerk, fast kann man, trotz der knappen 50 Lebensjahre des Preisträgers, den Ausdruck „für ein Lebenswerk“ gebrauchen. Unser Land verdankt ihm viel und ich bin sehr froh, dass dies mit dieser Ehrung hier zum Ausdruck gebracht werden kann. Helmut Konrad


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