Fight Back 04 - Antifa-Recherche Berlin / Brandenburg - 2009

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fight.back Nr.4 - 2009

legalen Rahmen bekommen sollen. Auch der Neonazischläger Christian Bentz ist Teil der Lichtenberger Szene. Bis zu seiner Inhaftierung Ende 2006 war er für mehrere gewalttätige Übergriffe verantwortlich und auf Aufmärschen als Fotograf unterwegs. Das Hauptangriffsziel nicht nur der Kiste-Gäste, sondern auch dieser Neonaziclique war der Dönerimbiss Özer. Alexander Basil war für mehrere Beschädigungen des Geschäfts und Beleidigungen der BeteiberInnen verantwortlich. Der Imbiss musste unter anderem aufgrund finanzieller Einbußen schließen. Daneben waren vor allem alternative Veranstaltungen in Lichtenberg Ziel von Aktionen. Jährlicher Höhepunkt ist die Silvio Meier Demonstration, die Lichtenberger Neonazis mit Kundgebungen und anderen Aktionen zu stören versuchten. Während der „Hol dir den Kiez zurück“-Kampagne (2006) wurden mehrere Antifa-Aktionen von Neonazis fotografiert, das Festival auf dem Münsterlandplatz zog eine Vielzahl von Neonazis an. Die Potsdamer Melanie Witassek und Benjamin Oestereich versuchten, auf das Fest-Gelände zu gelangen, vor der Kiste sowie anderen Lokalen in der Weitlingstraße versammelten sich Grüppchen von Neonazis. Aus der Neonazi-WG in der Magaretenstraße wurden nicht nur Festival-Gäste fotografiert, die Wohnung war auch Ausgangspunkt für mehrere Übergriffe, an denen u.a. auch der Prenzlauerberger Neonazi Richie Franke beteiligt war. Als im April 2008 das fahrende Museum „Zug der Erinnerung“ auch auf dem S-Bahnhof Lichtenberg hielt, versuchten Lichtenberger Neonazis – unter ihnen Martin Kalina – mit Knüppeln zum Zug zu gelangen. Sie wurden von der Polizei gestoppt. Eine antifaschistische Kundgebung am Bahnhof wurde aus dem gegenüberliegenden Internetcafé von Basil, Jäckel, Alex, Gudra, Piehl und anderen beobachtet. Als die Neonazis versuchten, zur Kundgebung zu gelangen, wurden sie von AntifaschistInnen zurückgedrängt. Für ihre Anti-Antifa-Tätigkeit nutzen die Neonazis vor allem Gerichtsprozesse. Besonders Basil, Gudra und Bornemann besuchten nicht nur Prozesse ihrer eigenen Kameraden, um das Publikum und linke Zeugen auszuspähen, sondern auch Prozesse gegen AntifaschistInnen, um die Angeklagten zu fotografieren und deren Adressen mitzuschreiben. Auch die „Nacht der Politik“ im Lichtenberger Rathaus wurde seit Einzug der NPD in die Lichtenberger BVV von den Neonazis genutzt, um PolitikerInnen der Linkspartei und zivilgesellschaftliche Akteure zu bedrohen. Im Januar 2009 fanden sich mehr als 30 Neonazis bei dieser Veranstaltung ein. Im Sommer 2007 verlagerten sich die Angriffe der Lichtenberger Neonazis nach Friedrichshain. Ausgangspunkt dafür waren meist die Kneipen Ambrosius (Warschauerstr.), Die Hexe (Kopernikusstr.) oder die Disco Jeton (Frankfurter Allee) und so wurden die meisten Angriffe auf den Bahnhöfen Warschauer Straße, Ostkreuz und Frankfurter Allee durchgeführt. Eigene inhaltliche Schwerpunkte kann die Lichtenberger Struktur nur noch schwer setzen. Neben der berlinweit angelegten „Jugend braucht Perspektiven“-Kampagne, die von den Lichtenbergern mitgetragen wurde, versuchten die „Freien Kräfte“ vor allem zu Daten wie den Todestagen von Rudolf Hess und Horst Wessel und dem Jahrestag der Bombardierung Dresdens Akzente zu setzen. Diese beschränkten sich meist jedoch auf Aufkleber, Sprühereien oder Kreidezeichnungen. Eine im Jahr 2008 gestartete Umweltkampagne verlief nach einem halben Dutzend Parkreinigungsaktionen im Sande. Karlshorst Der Bezirksteil Karlshorst ist mit seinem bürgerlichen Flair nicht gerade eine Hochburg der Neonazi-Szene im Bezirk. Versuche, auch hier eine rechte Hegemonie zu errichten, sind in den letzten Jahren regelmäßig gescheitert. Die Phase 2006, in der die Clique Wünsche, Basil, Gudra und Kalina hier Aktivitäten entfalteten, war relativ schnell wieder vorbei. Zu dieser Zeit waren es vor allem alternative Jugendliche, die sich in den Parks sammelten, Ziel von Angriffen. Der bis dahin aktive Karlshorster Neonazi Sebastian Schmidt zog sich spätestens mit der Auflösung des Märkischen Heimatschutzes (MHS) Ende 2006 politisch zurück. Die Clique von etwa zehn Neonazi-Jugendlichen, die im Sommer 2008 an die Öffentlichkeit trat, stand in Kontakt mit den Lichtenberger „Freien Kräften“. Ihre Aktionen stellten sie nach ein paar Rückschlägen wieder ein. So bleiben den Neonazis keine Möglichkeiten, als unregelmäßig Aufkleber und Sprüh-Aktionen durchzuführen, ohne politische Wirkung zu entfalten. Beliebtes Ziel ist dabei der Jugendklub „Rainbow“, in dem das „UnabhänKletterwand im Sportjugendklub mit Lars Wünsche (rechts) und Martin Kalina (links daneben)

Sebastian Schmidtke

Stefanie Piehl

Lars Wünsche

Phillip Bornemann

David Gudra

Marco Metzkow

Stephan Alex

Marcel Rockel

Martin Kalina

Robert Scheffler

Sebastian Zehlecke

Christian Bentz

David Jäckel

Alexander Basil

Melanie Witassek

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