Bergeerleben - AVS-Magazin Dezember 2019

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���������������������� ­ damello und der Marmolata. Berg­ A erfahrene Soldaten wurden rekrutiert und bildeten „Schneeschuh-Batail­ lons“. Allerdings waren mit dem Be­ griff „Schneeschuhe“ im militärischen Sprachgebrauch die Skier gemeint. Auch während des Zweiten Welt­ kriegs und der folgenden Jahrzehnte waren Schneeschuhe ein fixer Bestand­ teil der Basisausrüstung von Gebirgs­ truppen in ganz Europa.

Soldaten des Ersten Königlich Bayerischen „Schneeschuhbataillons“, eigentlich ein ­Skibataillon, (1914 – 1918)

Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts verkürzte man die sperrigen Schnee­ schuhe auf weniger als einen Meter Länge und verringerte dadurch ihr ­Gewicht. Dank der holzgefertigten Rahmen aus dem harten und belast­ baren Hickory wurden sie bedeutend flexibler, einfacher zu tragen und ästhe­tischer. Mit Schneeschuhen an der Front Den Sprung über den Atlantik nach Europa schafften die Schneeschuhe erst im 18. Jahrhundert durch die ­britischen und französischen Heere, welche die Schneeschuhe im Amerika­ nischen Unabhängigkeitskrieg nutzten. Bereits damals passte man Waffen und Uniformen den winterlichen Bedingun­ gen an: Um sich im Schnee fortzube­ wegen, verwendeten die Soldaten Holzskier oder eben Schneeschuhe. 140 Jahre später kämpften Soldaten im Gebirge auf den Gletschern und schneebedeckten Bergen im Ortler­ massiv, an der Zufallspitze, dem 28

Bergeerleben 06/19

Der Einzug in die Freizeit­gesell­ schaft Die heutige Freizeitgesellschaft braucht die Schneeschuhe nicht mehr für den Überlebenskampf in der Natur. Heute nützt man Schneeschuhe für Wanderungen durch die tief verschnei­ te Winter­landschaft oder stapft damit genussreich auf einfache Gipfel. Bereits im 19. Jahrhundert haben die Schneeschuhe in den Wintersport Einzug gehalten. Schneeschuh-Klubs wurden gegründet, Wettrennen und Freizeitcamps organisiert. Im Jahr 1862 wurden Schneeschuhe erstmals in ei­ ner Manufaktur industriell hergestellt. Erst jetzt erfuhren die Form und das äußere Erscheinungsbild eine deut­ liche Wandlung. Traditionelle Schneeschuhe waren aus einem einzigen elastischen Rund­ holz oder Holzstreifen gebogen und an den Enden verbunden. In der Mitte wurden sie durch leichte Querbalken stabilisiert. Der Innenteil des Rahmens war mit einem Geflecht aus Karibuoder Rindsleder gefüllt. Die größte Innovation bei der Pro­ duktion und Funktionalität der Schnee­ schuhe fällt in den Beginn der 1970er-­ Jahre. Die neuen Konstruktionen bestanden aus Aluminium sowie einem Netz aus Kunststoffseilen und waren nicht selten mit einer beweglichen Bin­ dung und Harscheisen ausgestattet. Einige Modelle wurden mit einem stra­ pazierfähigen Kunststoffüberzug be­ spannt. In den 1980er-Jahren wurden die ersten Schneeschuhe aus hochwer­ tigem Kunststoff hergestellt, der auch bei extremer Kälte belastbar war und bruchfest blieb. Heute ist die Angebotspalette breit. Der Markt bietet technisch hochwerti­

ge Schneeschuhe, die aus mit Kunst­ stoff, Neopren oder Polyurethan be­ schichtetem Aluminium gefertigt sind. Bei den meisten Modellen kann man die Bindung in ihrer Länge verstellen, damit sie sämtlichen Schuhgrößen an­ gepasst werden kann. Die Befestigung besteht sehr oft aus einem Bügel, in den die Schuhspitze eingefügt wird, und einer Befestigung am Knöchel. Die untere Fläche des Schneeschuhes ist mit Metallzacken bestückt, damit man auch bei hartem Schnee und im steilen Gelände guten Halt hat. Für den Aufstieg kann man die Steighilfen benutzen. Schritte in die Zukunft setzen Schneeschuhwanderer begeben sich durch ihre „Spaßmobilität“ in die Wildnis, und bei ihrer Suche nach nicht ausgetretenen Routen „zerstören sie, was sie suchen, indem sie es finden“. Eine Lösung gegen diese „Zerstö­ rung“, wie sie Hans-Magnus-Enzens­ berger vor 40 Jahren formuliert hat, liegt in der Erkenntnis, dass auch „sanfter Wintertourismus“ seine Gren­ zen hat. Peter Righi

Jäger mit Schneeschuhen: Reklamemarke für ein Sportbekleidungsgeschäft (um 1910) Fotos: Archiv des DAV, München


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