out of the wild reader innsbruck

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von Architektur auch heute noch oder eben vor allem heute eine Kritik an der Avantgarde und einer gewissen akademischen Tradition. Allen Eigenartigkeiten zum Trotz kann seine Theorie teilweise stichhaltige Argumente gegen unseren gewohnten Architekturdiskurs in Stellung bringen. Er zeigt damit vielleicht am besten die Übereinstimmungen zwischen den Avantgarden verschiedener Epochen auf und wie allgemeingültig eine Kritik gegen sie verfasst werden kann. Doch nicht nur die Avantgarde, auch die „durchschnittliche“ Gebarung von Architekten wird von seiner Arbeit hinterfragt. Das, zumindest in seinen Werken aus den 60er und 70er Jahren, vorhandene ständige Zweifeln an der Autorität des Architekten und seinen Befähigungen geht in seinen jüngsten Arbeiten deutlich verloren. Argumente werden weniger nachvollziehbar, stehen wegen seltsamer, fast esoterischer Begriffe in einem anderen Licht. Fast scheint es, als hätte die kalifornische Sonne die saftigen Wiesen seiner Argumente in Steppen der Esoterik verwandelt. Er klammert sich an den dünnen Strohhalm der Wissenschaft um nicht ins Irrationale zu verfallen. Der Vorwurf der Irrationalität dürfte Alexander schwer treffen. Ihn, der aus der Tradition der Naturwissenschaften kommt, und sich zeitlebens nicht von diesem Ethos wird trennen können. Seine Werke, “Notes on the Synthesis of Form”, das Werk eines Mathematikers und Architekten, sowie “The Timeless Way of Building” und “A Pattern Language”, das Werk eines soziologisch interessierten Architekten und Wissenschaftlers, wollen der Architektur gewisse Qualitäten zurückbringen und versuch das durch Einbeziehen von Laien in den Architekturprozess. Diese partizipativen Ansätze werden in “The Nature of Order” durch absolutere, rigidere Grundsätze ersetzt, die ihrerseits, nicht durch einen demokratischen Prozess legitimiert sind und Allgemeingültigkeit erheben. Alexander versucht mit seiner Arbeit, den “Gott der Moderne” zu töten und stolpert dann dennoch über dessen Schatten. Anstatt sich, wie Feyerabend, von der Rationalität als Grundsatz aller Wissenschaft zu lösen, stellt er sein Gedankengebäude auf deren marode Fundamente. Alexander scheint zuletzt ein Opfer seiner eigenen Rigidität geworden zu sein. Seine Thesen immer weiter spinnend, verfällt er seiner eigenen Argumentation, die zum Selbstzweck verkommt und nur mehr selbstreferentiell funktioniert. Und trotzdem muss man Alexander vor allem seine Kritik an aufgezwungenen Systemen und Methoden hoch anrechnen. Eine auch heute noch gültige Kritik die leider oft zu tief unter einem antiquiert scheinenden Gestus verborgen bleibt.

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