Dem Leben begegnen. EinLesebuch

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GELEBTES SCHICKSAL

Geradeaus ging die Straße in einen holprigen Weg über, der sich zwischen bunten, wogenden Feldern dahinschlängelte. Rechts zweigte eine richtige Straße ab, die aber auch nur auf einer Seite mit Häusern besetzt war. „Hier soll ich rechts gehen, hat Bergström gesagt“, sagte Lüttjohann und zeigte die Straße hinunter. „Bist du verrückt?“, entgegnete Paulchen. „Da kommst du nie zur Brauerei.“ „Nicht?“, fragte Ake erstaunt. Paulchen legte den Zeigefinger auf den Mund und blinzelte Ake zu zum Zeichen, dass er still sein sollte. „Ist doch klar, dass er da nicht hinkommt. Weil er doch geradeaus gehen muss.“ Lüttjohann war unschlüssig. „Ja, aber ... Bergström hat gesagt ...“, wiederholte er. „Du hast dich eben verhört“, beteuerte Paulchen. Ake sah Paulchen verwundert an. Er hatte noch nie erlebt, dass jemand so ungeniert log. Einen Augenblick lang dachte er, er müsste Lüttjohann vielleicht doch sagen, wie es sich wirklich verhielt. Aber er hatte Angst, Paulchen würde ihn dann verachten. Und so schwieg er. Es war nicht schwer, Lüttjohann etwas vorzumachen, denn mit seinem Verstand war es nicht weit her, und außerdem war er ja erst vier Jahre alt. „Geht ihr nicht mit?“, fragte er. „Nein, wir müssen umkehren“, antwortete Paulchen. „Aber du brauchst immer nur geradeaus zu marschieren, in einem fort.“ Lüttjohann seufzte, denn der Feldweg dehnte sich unendlich lang vor ihm. Doch er ging ergeben drauflos. Ake und Paulchen blieben noch eine Weile stehen und sahen, wie er auf dem holprigen Pfad fortstolperte, immer noch den Korb auf dem Kopf. Als Lüttjohann nicht mehr zu sehen war, kehrten die beiden um und liefen den Weg zurück, den sie gekommen waren; und sie lachten und lachten. Wie die Wilden galoppierten sie durch das Gartentürchen, warfen sich auf die Erde und lachten. Ake am meisten. Aber als er nicht mehr lachen konnte, schlug sein Herz beklommen. Je später es wurde, desto unruhiger wurde Ake. Als er in seinem Bett lag 13


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