MITTENDRIN November-Dezember-Januar 15|16

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16 | Kiez & Kultur

Der Bauch Berlins Auf den Spuren eines Industriedenkmals

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dem Berliner Umland lebend auf dem Viehhof angeliefert. Mit dem Zug wurden sie aus den östlichen Provinzen des Reiches nach Berlin transportiert, um an einem der zwei wöchentlichen Markttagen verkauft zu werden. Ihr letzter Weg führte sie zum Schlachthof, dort wurden die Tiere getötet, zerlegt und später in der Markthalle auf dem Alexanderplatz an die Berliner Fleischer verkauft. Hygienisch kontrolliertes Schlachten war ein Novum, das den schmutzigen Hinterhofmetzgereien ein Ende machen und

grassierende Cholera- und Thypusepidemien eindämmen sollte – die Folge gedankenloser Entsorgung von Schlachtabfällen und mangelnder Hygiene bei der Schlachtung selbst. Nach und nach entwickelte sich eine ganze Industrie zur Verarbeitung der Fleisch und Nebenprodukte auf dem Gelände. Alles wurde verwertet, die Häute zu Leder gegerbt, Knochen in der Knochenmühle zu Seife verarbeitet, aus Talk in der Talkschmelze künstliche Butter hergestellt und das Tierblut in der Albuminfabrik für die

Illustration: Dominik Joswig

uftrieb auf dem Schlachthof: Schweine 11.543, Rinder 2016, Kälber 920, Hammel 14.450. Ein Schlag, hatz, sie liegen.“ In Alfred Döblins Roman Berlin Alexanderplatz spiegelt der Mikrokosmos Zentralschlachthof die Härte und Roheit der Großstadt wider. Ohne Zweifel war es ein blutiges Geschäft, das auf dem 50 Hektar großen Gelände um die heutige Thaerstraße betrieben wurde. Seit seiner Eröffnung im Jahre 1881 wurden täglich Tausende Rinder, Kälber, Hammel und Schweine aus

Geführte Touren über das Gelände des Zentralvieh- und Schlachthof Berlin bietet das Museum Pankow an. Die zweistündigen Touren – zu Fuß oder mit dem Rad – kosten 120 Euro pro Gruppe.


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