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36 Wissensspeicher Museum

Neustart fürs Museum Das Selbstverständnis des Museums als Wissens- und Geschichtsspeicher durchläuft derzeit große Umwälzungen. Zwei Ausstellungsexpertinnen und zwei Museumsleiter skizzieren die Wege in seine Zukunft. Von Nikola Langreiter

Nora Sternfeld Neben ihrer Tätigkeit als Forscherin, Kunstver­ mittlerin und Kuratorin (u. a. im Büro trafo.K und im Netzwerk schnittpunkt in Wien) hat Prof. Dr. Nora Sternfeld an mehreren Hochschulen gelehrt; seit 2012 ist sie Professorin an der Aalto University in Helsinki und leitet dort den Studiengang CuMMA (Curating, Managing and Mediating Art).

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ir haben mit Archäologie und mit Heiligenfiguren zu tun. Conchita Wurst sagt uns nichts. Dann hören wir, dass sie in der Jugendkultur Thema Nummer eins ist. Das ist zweieinhalb Jahre her“, erinnert sich Andreas Rudigier, Direktor des 2013 neu eröffneten vorarlberg museums in Bregenz. „Natürlich wäre es spannend, solche Geschichten aufzugreifen. Ein Museum könnte aus seiner Sammlung heraus einen Bezug herstellen, Objekte finden, die das möglich machen“, denkt Rudigier weiter. Und die Frage stellt sich: Wird hier eine Krise angedeutet – eine konzeptuelle, inhaltliche, gestalterische Krise des Museums? Museum in der Krise? Alles, wofür das Museum historisch stand, sei fragwürdig geworden, bestätigt die Ausstellungstheoretikerin und Kuratorin Nora Sternfeld. Dazu zählen „die Idee der Nation, die Konstruktion von Identität, die Idee des Originals, die bürgerliche Vorstellung von Belehrung und vieles mehr“. Als Strategie

schlägt Sternfeld vor, das Museum als Ort des Handelns und Verhandelns, der Umwertung und Aneignung zu verstehen. „Das Museum ist in seinen Grundfesten erschüttert und wird zugleich durch neue Projekte als Kontaktzone und als radikaldemokra­ tischer Handlungs- und Bildungsraum aktiviert.“ Ähnlich schätzt Wendy Jo Coones, Leiterin des Lehrgangs „Ausstellungsdesign und -management“ an der Donau-Univer­ sität Krems, die Lage ein. Ein Vergleich mit den USA zeige, dass dort die Museums-­ krise schon vor Jahren für eine Marktbe­ reinigung sorgte. Einrichtungen, die nicht entsprachen, seien einfach pleitegegangen. Coones plädiert daher für Museumsarbeit auf hohem wissenschaftlichen Niveau und für eine konsequente Ausrichtung an den Besuchern. „Man muss eine Liebe zum Publikum haben“, fordert sie sogar und wundert sich, dass das Potenzial der Besucherforschung von den meisten Einrichtungen in Österreich nicht ausgeschöpft wird. Nur wer seine Adressaten kenne, könne sie auch erreichen, meint Coones und betont, dass die Methoden des In-Kontakt-Tretens gar


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