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26 Interview

Hemmungslose Bücherverehrung Karin Schamberger möchte, dass möglichst viele Menschen den Bücherschatz der Admonter Stiftsbibliothek nutzen können. Die Bibliothekarin befindet sich in bester Tradition. Schon vor 900 Jahren lebten und wirkten gelehrte Frauen in Admont. Von Julia Harlfinger

upgrade: In Filmen sind Bibliothekarinnen oft als Blaustrümpfe dargestellt, die streng über die Hausordnung wachen und Krimis verleihen. Karin Schamberger: Das ist natürlich Unsinn! Der Berufsalltag ist komplett anders und keineswegs so still wie oft angenommen. Als Bibliothekarin berate, forsche und publiziere ich. Ich kümmere mich darum, dass der Bestand gut in Schuss bleibt und plane neue Ankäufe. Krimis verleihe ich zwar auch – aber nur im Rahmen meiner ehrenamtlichen Tätigkeit in der Öffentlichen Bibliothek Eugendorf.

„… ich spiele eigentlich immer eine kleine Rolle im jeweiligen Projekt.“

Im Gegensatz zu öffentlichen Büchereien sind kirchliche Bibliotheken wohl eine ­Männerdomäne. Schamberger: Nicht in Admont! Dort wurde nämlich schon um 1120, wenige Jahre nach der Gründung des Benediktinerstifts, ein Frauenkloster eingerichtet, in dem viele gelehrte Frauen lebten und arbeiteten. Dokumente belegen, dass die Nonnen auch als Schreiberinnen und Bibliothekarinnen tätig waren. Die weibliche Gelehrsamkeit endete mit der Reformationszeit, als das Frauenkloster aufgelöst wurde. Erst später, im Barock, wurde der heute so berühmte Lesesaal errichtet. Es gibt wohl wenige Personen in Österreich, die ein so ­ prachtvolles Arbeitsumfeld haben wie Sie.

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Schamberger: Stimmt. Unser Lesesaal ist wirklich aufwändig gestaltet. Ich bekomme noch immer ein ehrfürchtiges Gefühl, wenn ich ihn betrete. Warum ist gerade dieser Saal so opulent? Schamberger: Weil hier der Schatz des Klosters aufbewahrt wird: die Bücher. Über Jahrhunderte erworbenes und gepflegtes Wissen ist hier gespeichert. Manche Besucher sind beim Betreten des Saals durch die barocke Architektur richtiggehend eingeschüchtert. Man bezeichnete die Stiftsbibliothek ja auch als „Achtes Weltwunder“. Schamberger: Es ist mein Ziel, hier die Hemmschwelle zu senken. Schließlich sollen die Bücher auch weiterhin zu Ehren kommen – auf moderne Art und Weise. Ich möchte, dass das Wissen demokratischer wird. Zum Beispiel mit Hilfe von OnlineVerzeichnissen oder durch die Möglichkeit, Digitalisate aus Admont weltweit zu nutzen. Diese neuen Wege sind eher ungewöhnlich für kirchliche Bibliotheken, die finanziell meist nicht sehr gut ausgestattet sind. Aber wir möchten sie in Zukunft auf jeden Fall beschreiten. Bald wird unser Bestand im Österreichischen Verbundkatalog abrufbar sein. Ein Scanner für die Herstellung von Digitalisaten ist ein großer Wunsch.


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