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20 Bibliotheken und Archivmanagement

Treffpunkt Bibliothek Dem Wandel der Zeit antworten Bibliotheken mit immer neuen Angeboten – mit Erfolg. Trotz Digitalisierung sind sie heute beliebter denn je: als Lern- und Begegnungsraum, Rückzugsort oder kollaborative Arbeitsstätten. Von Julia Harlfinger

Christa Müller Mag. Christa Müller ist Leiterin der Abteilung „Digitale Services“ an der Österreichischen Nationalbibliothek. Sie ist Expertin für Scantechnik, hat Geschichte und Deut­ sche Philologie studiert und eine Bibliothekars­ ausbildung absolviert.

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ie wichtigsten Dinge in Sarajevo? Das sind die Bücher“, sagt Džehva Dudo. Sie arbeitete während des Bosnienkriegs in der Gazi-Husrev-Beg-Bibliothek – als Putzfrau und ohne Gehalt. „Es war eine Form des Widerstandes“, so Dudo in der BBC-Dokumentation „The Love of Books: A Sarajevo Story“. Sie war dabei, als die bis zu 900 Jahre alten Schriften in Bananenschachteln gepackt, trotz Sniperattacken aus dem Bibliotheksgebäude geschafft und in Verstecke geschleppt wurden. Die im 16. Jahrhundert gegründete Sammlung sollte nicht das Schicksal der Sarajevoer Nationalbibliothek teilen, denn die war nach gezieltem Beschuss zum Großteil verbrannt. Džehva Dudo half auch, als Direktor Mustafa Jahic´ während der Belagerung einen Beschluss fasste, der kaum durchführbar schien. Er wollte die persischen, arabischen, türkischen und bosnischen Schriften auf Mikrofilm bannen – mit Geräten, die über die Luftbrücke in die eingekesselte Stadt kamen, mit zusammengebasteltem Equipment, aber ohne verlässliche Stromversorgung. So oft wie möglich holte Dudo Flusswasser für die Entwicklung der Filme.

Wenigstens ein Abbild der Sammlung sollte der Nachwelt erhalten bleiben. Mit viel Glück haben die Bücher und ihre Retter die Kämpfe in der beeindruckenden Stadt auf dem Balkan überlebt. Weltweit – und natürlich auch ohne Katastrophen und Kriege – arbeiten Bibliothekare und Archivare daran, die kulturellen Vermächtnisse der Menschheit vor Verlust und Beschädigung zu bewahren. Zu diesem Schutzprogramm gehörte über Jahrzehnte auch das Erstellen von schwarz-­ weißen Sicherungskopien auf Film. „Der Umstieg ­ auf digitale Technologien brachte einerseits farbige Duplikate“, berichtet Christa Müller von der Österreichischen ­Nationalbibliothek (ÖNB). „Außerdem eröffnete die Digitalisierung einen problemlosen Zugang zu unseren Objekten via Internet“, sagt die Leiterin der Abteilung „Digitale Services“. Von 20 auf 2.000 Vor der Digitalisierung studierten täglich 20 bis 30 Personen die Zeitungen vor Ort in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. Heute tummeln sich im gleichen Zeitraum 2.000 Besucher und Besucherinnen im elektronischen Zeitungslesesaal


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