Die Wiederaufbauleistungen der Altösterreicher in der Zweiten Republik

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DIE WIEDERAUFBAULEISTUNGEN DER ALTÖSTERREICHER IN DER ZWEITEN REPUBLIK

die Gemeinde Baugründe um 4 Schilling pro Quadratmeter angeboten hat“. Weitere Betriebe befanden sich in Wels, Gmunden, Bad Hall, Pfarrkirchen bei Bad Hall und anderen Orten Oberösterreichs. Um den Bedarf an Rohmaterial si­ cherzustellen wurde 1951 die „Gablonzer Glashütten Ges.m.b.H.” in Rohr bei Kremsmünster gegründet, die bereits im Mai 1952 in Betrieb ging. Mit der Be­ triebsführung wurde ein alter Gablonzer Glasexperte mit jahrzehntelanger Er­ fahrung betraut, der von Frankreich wieder nach Österreich geholt wurde. Jedenfalls wurde mit dieser Hütte ein großer Schritt zur Beseitigung der damali­ gen Engpässe an Vormaterial getan. Aufgrund des kontinuierlichen Wachstums von Produktion und Export hatte die Genossenschaft 1975 in Enns eine Ausstellungshalle errichtet, in der eine perma­ nente Musterschau untergebracht wurde. Allein 131 oberösterreichische Betriebe hatten 1974 ein Exportvolumen von über 700 Millionen Schilling erreicht. 1980 berichtete der Obmann der Genossenschaft, dass der Export eine Milliarde Schil­ ling überschritten hatte und von der Gesamtproduktion etwa 10% am Inlands­ markt verblieben sind. Die Zeit des Aufstiegs und die Blüte der Gablonzer Schmuckwaren ist in den 80er Jahren zu Ende gegangen. Heute stehen die verbliebenen Gablonzer Betrie­ be in hartem Konkurrenzkampf mit den Anbietern der Billiglohnländer, die zu­ dem vieles kopieren und zu Dumpingpreisen ihre Waren auf den Markt bringen. Viele dieser Betriebe haben sich anderen Produktionszweigen zugewandt. Zu den Anbietern gehören auch Firmen aus Tschechien, die versuchen, unter dem Titel „Waren aus Gablonz” auf dem Weltmarkt Fuß zu fassen. Unbeschadet der Strukturänderungen in der Modeschmuckbranche während der letzten beiden Jahrzehnte, haben sich die Vertriebenen aus Gablonz aus eigener Kraft aus den Tiefen des Zusammenbruches von 1945 emporgearbeitet und verzeichneten dar­ über hinaus einen beachtlichen Anteil am oberösterreichischen Gesamtexport. Abschließend kann man sagen, dass die Gablonzer nicht nur anfänglich mittel­ los waren, sie zählten wie alle Sudetendeutschen zu den eindeutigen Verlierern des Zweiten Weltkrieges, wenn wir nur von den Überlebenden und nicht von Toten, den Getöteten und Ermordeten sprechen. Als Sudetendeutsche und damit Deutsche schlechthin wurden sie auf Grund des Artikel XIII der Potsdamer Er­ klärung zur „ethnischen Säuberung“ mit Billigung der Siegermächte freigege­ ben, deutlicher gesagt handelte sich in diesem Fall (nach Ermarco und anderen Völkerrechtlern) eindeutig um Völkermord.


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