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Cerebral Ballzy Wenn möglich bitte wild

Sollte die alte Plattenbusinessweisheit, dass die Bands mit den bescheuertsten Namen die beste Musik machen, noch stimmen, dürfte dem weltweiten Siegeszug einer rotzfrechen New Yorker Hardcoreband nichts im Wege stehen. Die Ähnlichkeit mit dem medizinischen Begriff für eine Hirnerkrankung, bei der Kinder gern mal als Spastiker bezeichnet werden, ist für Cerebral BallzyBassist Melvin Honore aber nur Provokation. „Wir haben nicht die Absicht, mit dem Namen jemanden zu beleidigen“. „Ballzy“ zu sein bedeutet für ihn im Bandkontext einfach, großmäulig und hart rüberzukommen. Was in der hirnbedingten Kombination für eine Punkband natürlich bestens passt. Wenn im Zusammenhang mit dem Fünfer aber das Wort Hardcore fällt, sollte man den Vergleich mit New Yorker Kollegen wie Agnostic Front vermeiden, denn das selbstbetitelte Ballzy-Debüt lässt eher an die Beastie Boys denken, die Anfang der Achtzigerjahre mit ihrer ersten EP ’Polly Wog Stew’ einen ähnlichen Sound fabriziert haben. Auch die Bad Brains werden oft als Vergleich herangezogen, was von der Tatsache herrührt, dass drei Fünftel der Bandmitglieder afroamerikanische Wurzeln haben. Für Melvin ist das nachvollziehbar. „Die Leute brauchen etwas zum Vergleichen, das sie kennen, und wenn wir dadurch die Aufmerksamkeit bekommen, die wir verdienen, ist das schon in Ordnung.“ Textlich fahren Cerebral Ballzy die Schiene, die man von chaotischen Punkbands der ersten Stunde kennt: die Ablehnung jeglicher Autoritäten, obligatorische Saufsongs und Hymnen auf das Lieblingshobby der Band. „Skaten, ganz klar. Es gibt hier in Brooklyn eine Menge Skateparks, wo wir oft abhängen.“ Warum seine Band aber sogar in der New York Times abgefeiert wird, kann er dagegen nicht erklären, denn eigentlich ist ihr Ziel ganz simpel: „Eine gute, und wenn möglich eine wilde Zeit zu haben.“ Vielleicht ist es diese Unbekümmertheit, die viele bei einer Hardcoreband aus New York vermisst haben. Kein pathetisches Rumgebrülle von tätowierten Ex-Skinheads, sondern echte Kids, die mit einminütigen SongGranaten jede Party rocken. Dass Cerebral Ballzy auf bestem Wege sind, sich einen Ruf als wildeste Partyband New Yorks zu erspielen, gehört für Melvin zur Mission. „Da draußen passiert soviel Scheiß, dass wir den Kids eine Auszeit geben wollen, um das alles mal zu vergessen.“ Text: Tim Kegler Foto: Dan Kendal Heimat: cerebralballzy.com


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