unclesally*s 169

Page 46

Seite 38

MUSIK STORIES

unclesally*s magazine

„Man kann Gitarre und Melodica nur schwer gleichzeitig spielen. So habe ich mich in die Band gekauft und hatte einen Fuß in der Tür“, scherzt Claudia. In ihren Liedern singen sie von den schönen und weniger schönen Momenten im Leben, über die Zukunft oder von Umarmungen mit Grizzlybären. Trotz großer Studioaufnahmen und breiterem Bandsound hat auch auf ’Oh, The Good Life’ jedes Stück eine Seele, ganz genau so wie bei ihrem Debüt ’Monologue’, welches noch in einem Berliner Wohnzimmer in Friedrichshain entstand. Jeder Song ist voll mit poetischen Momenten und melancholischen Geschichten, ohne dabei die üblichen BetroffenheitsGesten zu imitieren. Der Grat zwischen großartig und phänomenal-egal ist gerade bei ruhigen Tönen grundsätzlich bedrohlich schmal. Für den Journalistik-Studenten und die Diplom-Biologin eine Leichtigkeit. Die Jobs bleiben derzeit allerdings auf der Strecke.

Talking To Turtles

Von Zweien die auszogen, um Grizzlys zu zähmen Eine Geschichte wie aus dem Märchenbuch: Zwei Landeier beschließen gemeinsam Musik zu machen. Kaum drei Jahre später sitzen sie für die Aufnahme ihres Debütnachfolgers im legendären Avast!-Studio in Seattle (Band of Horses, Bikini Kill, Tori Amos) und spielen bei einem der bekanntesten amerikanischen Festivals. Mit ’Oh, The Good Life’ veröffentlichen die beiden Rostocker Florian Sievers und Claudia Göhler ihr zweites Album, produziert und gemischt in den USA. Einmal vor Ort nutzt das Paar seine Chance und spielt im Anschluss drei Konzerte beim legendären SXSWFestival in Austin. Dabei beginnt 2008 alles eher aus

Versehen. In den vier Wänden ihrer eigenen kleinen Wohnung, soll Claudia die neuen Stücke von Flos Gitarren-Soloprojekt als erste Kontrollinstanz für gut oder schlecht befinden. Auslöser für den Zusammenschluss zum Duo ist eine Melodica, die das Set erweitern soll, was Flo jedoch vor ein Problem stellt.

Was für Florian eine logische Konsequenz ist, denn: „Wir geben momentan alles dafür. Weil wir so viel Talking To Turtles machen möchten, bleibt wenig Zeit für einen festen Job, daher wäre es natürlich schön, davon irgendwann die Miete zahlen zu können, was aber nicht heißt, dass dieser Gedanke ständig in unseren Köpfen ist“. Auf die Frage, warum die zwei Livemusiker Stefan und Charlie nicht dauerhaft integriert werden, gestehen die zwei, sich noch nie darüber unterhalten zu haben – und Florian macht scheinbar unbemerkt eine Liebeserklärung: „Wir lieben es, zu viert auf der Bühne zu stehen, aber Talking To Turtles ist unser beider Ding und das sind eben einfach wir zwei, was sich genau so einfach schön und richtig anfühlt“. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann... Na, ihr wisst schon. Text: Sarah Gulinski

Heimat: talkingtoturtles.de

wir haben nie ausufernd getourt. Also hatten wir immer viel Zeit, am nächsten Album zu arbeiten.“ Beständigkeit scheint nicht das Ding der Gruppe zu sein. „Es ist doch langweilig, immer wieder das gleiche Album zu machen“, meint Jamie, betont aber, dass es auch keine bewusste Entscheidung gewesen sei, dass alle Alben der Band ziemlich unterschiedlich klingen: „Das ist eine ganz natürliche Entwicklung, weil unser Musikgeschmack immer noch dabei ist, sich konstant zu verändern. Wir sind ja noch eine ziemlich junge Band.“

Bombay Bicycle Club Der dritte Streich

2008 der Schulabschluss, 2009 das erste Album, 2010 der NME Award als ’Best New Band’. Bombay Bicycle Club arbeiten sich jedes Jahr einen Schritt weiter nach oben und man fragt sich, was da noch kommen soll. Ihr bestes Album seit Bandgründung vielleicht? ’A Different Kind Of Fix‘ ist das dritte Album der Band in drei Jahren. Eine ungewöhnlich hohe Veröffentlichungsquote, nehmen sich Bands heute doch oftmals nach getaner Arbeit zwei bis drei Jahre Aus-

zeit. Nicht aber der Bombay Bicylcle Club. „Ich weiß auch nicht so recht, warum das so ist“, lacht Gitarrist Jamie MacColl. „Es ist ein bisschen seltsam. Ich würde uns als eine ziemlich gute Liveband bezeichnen, aber

Was die Haupteinflüsse dieser ziemlich jungen Band sind? Vornehmlich die frühen Indie-Bands aus den späten Achtzigern und frühen Neunzigern: Jamie nennt Pavement, die Pixies, Sonic Youth und die Smashing Pumpkins, verweist aber darauf, dass gerade bei der neuen Platte auch elektronische Musik keine unwichtige Rolle gespielt habe. „Die Hauptinspiration war aber, dass wir uns unser erstes Album nochmal angehört haben“, erklärt er. So jedenfalls sei die Rückkehr zu den E-Gitarren zustande gekommen, nachdem es auf dem Vorgänger ’Flaws‘ vollkommen akustisch zuging. Zwar schaffte es jenes Album in die britischen Top 10 – doch sieht Jamie das nicht als Maßstab oder gar Motivation zur Wiederholung: „Die Charts werden derzeit von wirklich schlechter Pop-Musik dominiert. Ich hingegen schätze Bands, die einen eigenen Sound haben. Bands wie Wild Beasts, Metronomy oder The XX“. Ob er seine Band auf einer Ebene mit diesen sieht? „Mit dem neuen Album - ja.“ Text: Jan-Niklas Jäger Heimat: bombaybicycleclubmusic.com


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.