Schwerpunkte 2012

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KUNST UND UMWELT Seit mehr als 25 Jahren lädt das Umweltbundesamt (UBA) regelmäßig Künstlerinnen und Künstler ein, an den Standorten in Berlin-Grunewald und seit 2005 auch in Dessau-Roßlau umweltbezogene Arbeiten zu präsentieren und zum Dialog zwischen Umweltwissenschaft, Umweltpolitik und Kunst beizutragen. Diese Zusammenarbeit bedeutet für uns, neue Wahrnehmungs- und Wissensformen für unsere Themen zu erschließen. Viele Künstler setzen sich heute in ihrem Schaffen mit den weltweiten Gefahren des Klimawandels auseinander, mit Ressourcenverschwendung, extensivem Konsum, mit der Zerstörung des Regenwaldes oder dem Schwinden der Artenvielfalt, um nur einige Problemfelder zu nennen. Im gesellschaftlichen Verständigungsprozess über Zukunftschancen und nachhaltige Entwicklung in unserer Gesellschaft hat die Arbeit von Künstlerinnen und Künstlern einen besonderen Stellenwert: Sie können Ideen, Visionen und existenzielle Erfahrungen in universell verständlicher Sprache, in Symbolen, Ritualen, Zeichen und Bildern sinnlich ausdrücken und kommunizieren.

BLICK ZURÜCK … Die Ausstellung „Zur Nachahmung empfohlen – Expeditionen in Ästhetik und Nachhaltigkeit“, die im Frühjahr 2011 im Dienstgebäude des UBA in Dessau und im Bauhaus zu sehen war, sensibilisierte dafür, dass Nachhaltigkeit sich nicht ohne die Künste und Wissenschaften entwickelt: Sie lehren das Denken in Übergängen, Provisorien, Modellen und Projekten. Über 40 Kreative aus dem Inund Ausland zeigten künstlerische Praktiken, die zur Erhaltung des Planeten beitragen, Einfluss auf bewusstes Konsumverhalten nehmen wollen und ökonomisch rentabel sind. Die Grenzen zwischen Kunst, Wissenschaft, Umweltaktion und technischer Erfindung waren dabei fließend. Michael Saup zum Beispiel machte mit seiner Installation

„Avatar Inkarnation cRdxXPV9GNQ“ den durch hemmungslosen Internetgebrauch erzeugten Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids sichtbar. Die aus Brasilien stammende Néle Azevedo mit ihren schmelzenden Eisfiguren und das „World Climate Refugee Camp“ von Herman Josef Hack, das auf wachsende Klimaflüchtlingsströme hinwies, schafften unmittelbare Eindrücke der Folgen des Klimawandels. Dem Re- und Upcycling von Produkten widmen sich verschiedene Beiträge, zum Beispiel „Cars to bicycles“ von Folke Köbberling und Martin Kaltwasser. Die Schweizer Künstlerin Cornelia Hesse-Honegger zeigte präzise Zeichnungen von mutierten Insekten (vor allem Wanzen), die sie in der Umgebung von Atomkraftwerken gesammelt hatte. Als ungewöhnliches soziales Projekt sei beispielhaft „Adopted“ von Gudrun F. Widlok genannt, das alleinstehenden Europäern eine symbolische Adoption durch ghanaische Großfamilien vermittelte. Pünktlich zur Sommerferienzeit 2011 präsentierte das UBA in Dessau die Ausstellung „draussen zuhause II“ mit Arbeiten von Andrea Böning. In ihren Werken reflektiert sie kritisch den Stellenwert von Natur und Landschaft im Tourismus und in der modernen Freizeitkultur. Andrea Böning ordnet Bildklischees und stereotype Zeichensysteme neu, ironisiert sie und macht sie auf diese Weise sichtbar. Camping und Indoor-Climbing waren die Erlebniswelten, aus denen die Künstlerin Material, Formen und Oberflächen für die Präsentation im UBA entnahm, um sie in Fotografie und Installation auf irritierende Weise neu zu arrangieren. Verschneite Bergmassive wurden in Collagen überblendet von den verkümmerten Palmen künstlicher Ferienparadiese, Berghängen nachempfundene Kletterwände mit bunten Griffen formten sich zu Kugeln im Raum, zusammengenähte Zelte ohne Ein- und Ausgänge verwandelten sich in Installationen zu Skulpturen und Miniaturlandschaften.

AM STRAND Andrea Böning reflektiert den Stellenwert von Natur und Landschaft im Tourismus

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