Schwerpunkte 2012

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natürlicher Ressourcen, sondern auch für ein nachhaltiges Chemikalienmanagement. Ein globaler Ansatz ist auch deshalb notwendig, weil zahllose Produkte außerhalb der EU hergestellt und auf den europäischen Markt gebracht werden – ohne dass ausreichende Standards für den Schutz natürlicher Ressourcen, der Umwelt und der Gesundheit bestehen. Dazu zählen beispielsweise die Textil- und Lederbranchen, deren Produktion inzwischen zum überwiegenden Teil in Asien stattfindet – häufig unter schlechten Bedingungen hinsichtlich des Arbeits- und Umweltschutzes. Textil- und Lederindustrie gehören eigentlich nicht zur Chemiebranche, die Gefahren für Umwelt und Gesundheit werden jedoch durch Chemikalien verursacht. Damit sind sie ein Beispiel für Produktionen, für die nachhaltiges Chemikalienmanagement von Bedeutung ist. Abhilfe schaffen auf Dauer nur anspruchsvolle und harmonisierte weltweite Standards, internationale, völkerrechtlich verbindliche Übereinkommen setzen den Rahmen dazu. Sie sollen Rechtsprinzipien zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit international verankern. Um dies zu erreichen, sind auch die Regeln für den Welthandel anzupassen. Sie dürfen sich nicht mehr einseitig auf den Schutz des freien Handels beschränken. Das GATT-Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) [28] erkennt nationale Standards zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit an, soweit sie die heimische Wirtschaft nicht einseitig bevorteilen [29]. Dazu muss die Zusammenarbeit zwischen Handels- und Umweltabkommen weiterentwickelt werden. Der Anfang hierzu erfolgte 2001 bei der vierten Ministerkonferenz in Doha, doch auch nach zehn Jahren bleibt die Aufgabe, an deren Kohärenz zu arbeiten. Basis für die Entwicklungen zum globalen Chemikalienmanagement sind bisher die Entscheidungen der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro: Kapitel 19 der Agenda 21 beschreibt das umweltgerechte Management von giftigen Chemikalien, einschließlich des illegalen, internationalen Transports von giftigen und gefährlichen Gütern. Diese globale Konferenz brachte eine Reihe internationaler Initiativen und Übereinkommen zur Chemikaliensicherheit hervor: Þ

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Bereits seit 1987 gibt es das Montrealer Protokoll zum Schutz der Ozonschicht, das ozonschichtschädigende Stoffe regelt. Ein weiteres internationales Rechtsinstrument soll ab 2013 dafür sorgen, dass der Eintrag von Quecksilber in die Umwelt vermieden wird. Eine wichtige Rolle spielt auch die OECD mit ihrem Programm für Umwelt, Gesundheit und Sicherheit. Die beteiligten Staaten entwickeln und validieren seit 1971 dabei unter anderem international gültige Test- und Bewertungsverfahren für Chemikalien und Leitlinien für den gegenseitigen Austausch und die Anerkennung von Daten (Mutual Acceptance of Data, MAD). Damit werden Voraussetzungen für abgestimmtes Handeln geschaffen, um nachhaltiges Chemikalienmanagement zum Nutzen für Industrie und Behörden zu erreichen. Mit dem Strategischen Ansatz für ein Internationales Chemikalienmanagement (Strategic Approach to International Chemical Management, SAICM) versucht die internationale Gemeinschaft das auf dem Weltgipfel in Johannesburg festgelegte Ziel zu erreichen – nämlich, bis zum Jahr 2020 die schädlichen Wirkungen von Chemikalien auf Umwelt und menschliche Gesundheit zu reduzieren. Damit wird ein übergreifendes, globales System einer verbesserten Chemikaliensicherheit errichtet. Die zahlreichen Einzelinitiativen sollen zusammengeführt werden. Zwar ist das Instrument nicht rechtlich bindend, doch die Staatengemeinschaft findet erkennbar Wege zur weltweiten Umsetzung. In der Zukunft müssen sich die verschiedenen Initiativen zum nachhaltigen Chemikalienmanagement auf globaler Ebene vernetzen. Ziel der Politik muss bleiben, anspruchsvolle Standards für Prüfanforderungen, Bewertungsmaßstäbe, beste verfügbare Techniken und Umweltschutzpraktiken auf globaler Ebene für ein insgesamt nachhaltiges Chemikalienmanagement zu etablieren.

F Globales Wirtschaften erfordert, Chemie auch international nachhaltig zu entwickeln und mit Chemikalien nachhaltiger zu wirtschaften. Alle Stationen des Lebenszyklus von Chemikalien mit Produktion, Verwendungen und Entsorgung müssen genau überprüft werden. Wir müssen wirtschaftliche Aktivitäten, aber auch unsere Konsummuster in Frage stellen. Dazu können wir Alternativen schaffen oder unsere Gewohnheiten sogar vollständig umstellen, wenn sie für eine nachhaltige Zukunft nicht tragbar sind. Dafür sind Indikatoren und Maßstäbe zur Beurteilung der Nachhaltigkeit, anspruchsvolle Standards für Datenanforderungen, Bewertungsmaßstäbe und beste verfügbare Techniken sowie Umweltschutz auf globaler Ebene nötig.

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In Zukunft darf sich die Wirtschaft nicht mehr darauf ausrichten, möglichst große Mengen an Che-


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