Sonntag in Franken vom 24.01.2010

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GESUNDHEIT

Sonntag, 24. Januar 2010

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Gut für die Seele

Von Haltern und Hunden stimmte Rasse verwiesen, die besonders gefährlich sei. Dem widerspricht Dr. Silke Wechsung von der Universität Bonn energisch: „Unsere Ergebnisse zeigen ganz klar die maßgebliche Rolle des Hundehalters. Nur auf ihn, den Menschen am anderen Ende der Leine, kommt es an.“ In einer Studie untersuchte die Diplom-Psychologin die Beziehung zwischen Mensch und Hund. 2.789 Halter gaben ihr Auskunft, berichtet die Apotheken-Umschau. Zusätzlich nahm Wechsung das Verhalten von Tier und Besitzer unter die Lupe. Dabei erhielt sie interessante Ergebnisse: Bestimmte Vorstellungen – zum Beispiel, dass Hunde nur in eine Wohnung mit Garten gehören – ließen sich nicht bestätigen. „Die Beziehung zwischen Mensch und Tier wird weder vom Wohnort, vom Beruf, vom Nettoeinkommen, vom Bildungsstand noch vom Alter des Halters beeinflusst“, hebt Wechsung hervor.

Unschlagbares Team. Gemeinsam läuft das Leben leichter: Fitnesstrainer, Seelentröster, Beschützer, Waffe, Therapeut, Partner-Ersatz, Drogenfahnder, Mode-Accessoire – Hunde erfüllen heute jede Menge Aufgaben. Schon vor mehr als 20.000 Jahren erkannte der Mensch das Potenzial ihrer Vorfahren und domestizierte sie, damals vor allem als Wach-, Hüte- und Jagdhunde.

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und fünf Millionen Hunde gibt es in Deutschland. Die Zahl bleibt seit mehr als 25 Jahren ziemlich konstant“, sagt Udo Kopernik vom Verband für das Deutsche Hundewesen. Die Lebensbedingungen des Nachfahren des Wolfes haben sich allerdings im Lauf der Zeit gewandelt – und damit sowohl sein Aussehen als auch seine Arbeitsbereiche. So stellte etwa ein Forscherteam um Sara Staats, Professorin an der State University in Ohio (USA), fest, dass Männer gern einen Hund halten, weil er sie dazu anregt, sich regelmäßig zu bewegen. Frauen fühlten sich dagegen mit ihrem Tier vor allem weniger einsam. Zahlreiche wissenschaftliche Studien zeigen: Unter bestimmten Voraussetzungen machen Hunde den Menschen seelisch weniger stressanfällig und halten ihn körperlich gesünder.

Hunde leisten viel Weil Vierbeiner guttun, setzen manche Lehrer „Schulhunde“ im Unterricht ein. „Kinder gehen dann lieber in die Schule, verhalten sich ruhiger und rücksichtsvoller. Erste Auswertungen unserer Studie weisen zudem darauf hin, dass Depressivität bei Kindern abnimmt“, berichtet Dr. Andrea Beetz von der Forschergruppe „Mensch und Tier“ an der Universität Erlangen-Nürnberg. In mehreren Projekten zeigte

Drei Typen

die Diplom-Psychologin außerdem, dass Kinder und Teenager, die über einen längeren Zeitraum hinweg ein Tier halten, mit Gefühlen, „insbesondere mit negativen Emotionen, besser umgehen können als Gleichaltrige ohne solche Begleiter“. Beetz warnt jedoch davor, diese Ergebnisse überzubewerten, denn als Bezugspersonen spielen natürlich die Eltern eine herausragende Rolle. Therapeuten in psychiatrischen Kliniken und Heimen greifen ebenfalls gern auf Hunde als Helfer zurück. Mit ihnen können Kranke kuscheln, zudem lassen sich über die Tiere leichter Kontakte herstellen. Erst kürzlich untersuchte Susanne Popp vom Institut für Psychogerontologie, ebenfalls an der Universität Erlangen-Nürnberg, in fünf Heimen,

was sich bei demenzkranken Bewohnern änderte, wenn ein Hund sie regelmäßig besuchen kam. „Die tierischen Gäste verringerten bei dementen Menschen die Aggressivität und Unruhe. Diese waren weniger passiv, kontaktfreudiger, interessierter und konzentrierter“, zieht Popp eine positive Bilanz. Und weiter: „Über den Hund fanden die Helfer einen besseren Zugang zu den Erkrankten.“

Auf den Halter kommt’s an Falsch behandelt, können Hunde jedoch völlig versagen: Jedes Jahr versorgen Ärzte Tausende Verletzte, die gebissen wurden. Fast drei Viertel der Wunden stammen von Tieren aus dem persönlichen Umfeld. Dann wird oft auf eine be-

Die Forscherin fand drei Typen von Hundehaltern vor: den prestigeorientierten, den stark auf den Hund fixierten und den naturverbundenen, sozialen Besitzer. Ein knappes Viertel aller Halter gehört zum prestigeorientierten Typ. Ihm geht es vor allem darum, mit dem Tier das eigene Selbstbewusstsein zu stärken, das Ansehen zu steigern und mehr Aufmerksamkeit von anderen zu erhalten. Mit dem Hund möchte er also etwas Besonderes darstellen. „Das kann jemand sein, der es toll findet, mit einem muskulösen, angstauslösenden Hund aufzufallen. Da bieten sich dann bestimmte Hunderassen besonders an, etwa ein Staffordshire“, erklärt Wechsung. „Oder sie tragen wie Paris Hilton ihren kleinen, niedlichen Tinkerbell in der Handtasche herum.“ Vor allem auf sich selbst bezogen, bauen diese Halter keine enge emotionale Beziehung zu ihren Hunden auf und beschäftigen sich kaum mit deren Bedürfnissen. M Christine Wolfrum


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