M02 - Magazin für Destinationsmarketing in Südtirol

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02 Magazin für Destinationsmarketing in Südtirol

A P R I L  /  M A I  /  J U N I 2 0 1 2

GRÜNER GEHT’S NOCH

Schritt für Schritt zu mehr Nachhaltigkeit in Südtirol


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Wasserkraftwerke produzieren 5,5 Mrd. kWh Strom in Südtirol

» damit könnten 1.600.000 Haushalte im Jahr gedeckt werden. Ein Haushalt mit vier Personen verbraucht im Durchschnitt 3.500 kWh im Jahr. (Quelle ASTAT 2011)


Und es gibt sie doch! Ich bin geneigt, es nur noch das N-Wort zu nennen, denn kaum ein anderes Wort wurde in den letzten Jahren so häufig ge- und missbraucht wie das Wort Nachhaltigkeit. Im Grunde will, wer Nachhaltigkeit sagt, ausdrücken, dass Ressourcen nur in dem Maße genutzt werden dürfen, wie sich deren Bestände regenerieren können. Das gilt für Ökologie, Ökonomie und Soziales. Nachhaltigkeit ist also eine vernünftige Sache. Man könnte auch provozierend formulieren: Nachhaltigkeit bedeutet, man darf nicht mehr ausgeben, als man hat, nicht mehr arbeiten, als man zu leisten im Stande ist, und nicht mehr Energie verbrauchen, als man aus erneuerbaren Rohstoffen produzieren kann. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht: Von der US-Immobilienblase des Jahres 2008 bis zur griechischen Fast-Staatspleite unserer Tage kann man eigentlich nur den Eindruck gewinnen, dass Nachhaltigkeit zwar gepredigt, aber nicht umgesetzt wurde. Auch in Italien hatten wir ja so unsere liebe Not mit der Nachhaltigkeit. Und in Südtirol? Werfen wir doch einmal einen Blick auf das nachhaltige Tun in Südtirol. Mit dieser Ausgabe der M versuchen wir genau das. Ich wünsche mir und Ihnen, dass Sie nach der Lektüre dieser 40 Seiten das Heft beiseite legen und erleichtert seufzen: „Es gibt sie doch, die Nachhaltigkeit“. Hubert Hofer, TIS-Direktor

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Inhalt TITEL: Nachhaltigkeit 8 Auf Kosten der Zukunft Der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen ist das schwierige und chancenreiche Gebot der Stunde.

26 Clever gegen dicke Luft intergreen heißt das Verkehrsprojekt für Bozen, das intelligent Staus vermeiden soll.

15 Grüner Strom Wie grün ist Südtirol wirklich? Die Infografik veranschaulicht den Energieverbrauch.

28 Die Kunst des Weitblicks Mitte Mai gibt es zum zweiten Mal den Kongress zur Nachhaltigkeit in Brixen.

1 6 CO2-neutrales Hotel Wie das Hotel Feldmilla in Sand in Taufers es anstellt, klimaneutral zu wirtschaften.

MARKETING

18 Sonne und Wind Der Energieexperte Wolfram Sparber über die Zukunft des Energiekonsums und -verbrauchs in Europa. 20 Die E-Zukunft hat begonnen Mit E-Fahrzeugen und wasserstoffbetriebenen Bussen will das Land Elektromobilität schrittweise einführen. 24 Grüner Klassenprimus Die BLS nützt die Vorreiterrolle Südtirols am nationalen Markt als Argument für Investoren.

30 Bio-Milch in Südtirol Fakten und Zahlen zur kleinen Nische, die wächst und wächst und jetzt auch ein eigenes Zeichen hat. 34 Junge Talente, neuer Blick Der Südtiroler Medienpreis bringt junge Journalisten und Fotografen mit Südtirol in Kontakt.

Rubriken 6 7 22 29 32 3 6 38

mailbox made in südtirol blick über den tellerrand meinung menschen im visier der medien marktplatz

BLS – Business Location Südtirol A.G., Dompassage 15, 39100 Bozen EOS – Export Organisation Südtirol, Südtiroler Straße 60, 39100 Bozen SMG – Südtirol Marketing K.A.G, Pfarrplatz 11, 39100 Bozen TIS – innovation park, Siemensstraße 19, 39100 Bozen Verantwortlicher für den Inhalt: Reinhold Marsoner | Chefredaktion: Barbara Prugger | Redaktion: Jessica Braun, Maria C. De Paoli, Bettina König, Eva Pichler, Cäcilia Seehauser, Gabriela Zeitler Plattner | Koordination: Ruth Torggler | Layout: Lukas Nagler | Design-Consult: Arne Kluge | Fotografie: Frieder Blickle, Alex Filz, Max Lautenschläger, iStockfoto, Benjamin Pritzkuleit, www.suedtirol-rad.com Druckvorstufe: typoplus GmbH, Bozner Straße 57, 39057 Frangart | Druck: Karo Druck KG, Pillhof 25, 39057 Frangart | Zur Abbestellung dieses kostenlosen Magazins genügt eine E-Mail mit genauer Adressangabe an m@suedtirol.info | Eintragung beim Landesgericht Bozen Nr. 7/2005 vom 9. Mai 2005

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MAILB OX

ren sind in die Loacker Moccaria im Designer Outlet Brenner eingeladen. Im ersten Teil der Veranstaltung werden in Kurzvorträgen die Besonderheiten beim Arbeiten über die Grenze erläutert. Im zweiten Teil der Veranstaltung ist ein speed dating geplant – ein kurzes und schnelles Kennenlernen aller anwesenden Unternehmer. Anmeldung: info@eos.handelskammer.bz.it

FORUM 2012

Lebensqualität im Fokus

Die neue Plattform der BLS verbindet Datenbank und Webseite des Unternehmens

MADE IN SÜDTIROL

Online-Plattform für Unternehmen SCHAUFENSTER. Auf der Website der BLS gibt es eine neue Rubrik, die zur Gänze den Südtiroler Unternehmen gewidmet ist. Made in Südtirol soll eine Art Schaufenster für den Wirtschaftsstandort Südtirol sein. Vorgestellt werden Südtiroler Betriebe, unabhängig von Größe und Branche. Die Idee dahinter: Mit der Vorstellung der heimischen Betriebe wird aufgezeigt, wie attraktiv und lebendig Südtirol als Wirtschaftsraum ist und wie viele Vorzeigebetriebe es gibt. Für die Betriebe selbst sowie für auswärtige Unternehmer und Investoren hat die neue Plattform einen weiteren, sehr konkreten Nutzen: Sie soll Interessenten ermöglichen, künftig leichter und schneller Partner für Kooperationen und neue Projekte zu finden. Online sind derzeit bereits Unternehmen aus allen Teilen Südtirols, wie etwa Dr. Schär, Leitner, Thun oder Salewa. Interessierte Betriebe wenden sich an BLS-Mitarbeiterin Valentina Casale (casale@bls.info). www.bls.info

SMART

Social Media leicht gemacht INNOVATION. Das Projekt smart will durch Social Media die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen kleinen und mittleren Unternehmen stärken. „Das Internet ist aus den Unternehmen heute 6  M | APRIL, MAI, JUNI 2012

nicht mehr wegzudenken, soziale Netzwerke werden vielfach aber vernachlässigt“, sagt Michaela Kozanovic, die Verantwortliche des Projektes smart im TIS. Das Interreg IV-Projekt setzt genau hier an und legt besonderes Augenmerk auf den Einsatz sozialer Netzwerke. Diese können einen erheblichen Beitrag zur Kundengewinnung und -bindung leisten und das Zusammenspiel zwischen Partnern und Lieferanten erhöhen. smart sieht eine Reihe von Aktivitäten vor: Im Rahmen eines überregionalen Ideenwettbewerbs können sich Unternehmen aus verschiedenen Wirtschaftssektoren aus Nord- und Südtirol kreativ mit dem Einsatz von Social Media im eigenen Unternehmen auseinandersetzen. Nachstehendes Webportal informiert über das Bildungsangebot in diesem Bereich, bietet einen Blog, gibt einfache Anleitungen und zeigt BestPractice-Beispiele auf. www.smart-regio.eu

MARKETING. Ganz im Zeichen von Lebensqualität steht das diesjährige Forum im Waltherhaus in Bozen, das am 14. Juni 600 Interessierte aus der Tourismus-, Lebensmittel- und Dienstleistungsbranche sowie Agenturen und Marketinginteressierte versammeln wird. Mit dem Werteforscher und Zukunftsphilosophen Andreas Giger begibt sich das Publikum auf Entdeckungsreise in Sachen Mega-trends. Im Mittelpunkt steht jener Wert, der nach Giger der Leitwert des 21. Jahrhunderts ist, nämlich die Lebensqualität. Das SMG Forum ist die Hauptveranstaltung der Südtirol Marketing Gesellschaft (SMG) und bringt seit über zehn Jahren Themen und Trends in Sachen Destinationsmarketing auf die Bühne. Anmeldungen unter events@suedtirol.info. www.smg.bz.it (gzp)

UNTERNEHMERTREFF Kreative auf dem Brenner

EXPORT. Die geografische Lage an der Grenze bringt sowohl für Unternehmen aus Südtirol als auch aus Nordtirol erhebliche Vorteile für grenzüberschreitende Tätigkeiten. Aus diesem Grund veranstaltet die EOS zusammen mit der Wirtschaftskammer Tirol am 9. Mai einen Unternehmertreff für die Kreativwirtschaft. Verantwortliche in Druckereien, Grafiker, Architekten und Agentu-

Das SMG Forum ist der jährliche Treffpunkt für Touristiker und Marketingprofis


MADE IN ALTO ADIGE

STECKBRIEF

Objekt: Movit®

Hersteller ������������������������������������� Pircher Oberland, Toblach Entwicklung ��������������������������� Hangar Design Group, Mailand Besonderheit ������������������ zertifiziertes KlimaHaus MobileHome Preis ������������ Compasso d’Oro ADI, Kat. design per l’ambiente 2011 Design �������������������������������������������������������������������� 2010 Kleine Wohnung auf Achse: Hinter dem englischen Begriff des Mobile home verbirgt sich eine bewegliche Wohneinheit, die vor allem Campingplätze beziehen. Die Wohneinheiten verfügen über Strom-, Wasser- und Abwasseranschlüsse.

Das Modell Sunset der Marke Movit wurde nicht nur für sein Design ausgezeichnet, sondern ist auch KlimaHaus zertifiziert. Dabei sind ökologische Baumaterialen, ein niedriger Wasser- und Energieverbrauch sowie die Mülltrennung Pflicht. Sunset ist Platzweltmeister: Auf 34 Quadratmetern finden zwei Schlafzimmer, eine Wohnküche und ein Bad Platz. Großzügige Fensterflächen geben dem Nutzer das Gefühl von Weite und Verbundenheit mit der Natur. Movit ist eine neue Marke von Pircher Oberland. Alle Modelle werden von der Industriedesign-Gruppe Hangar entwickelt und von Pircher hergestellt. www.pircher.eu/movit


TITEL: N A C H H A LT I G K E I T | Auf Kosten der Zukunft

AUF KOSTEN DER ZUKUNFT Zwei Grad plus – mehr darf sich das Klima weltweit nicht erwärmen. Doch nicht jeder ist bereit, die Treibhaus-Emissionen zu reduzieren und verantwortungsvoller mit den Ressourcen umzugehen. Text: Maria Cristina De Paoli Illustration: Carlo Stanga

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orgens sieben Uhr, der Wecker läutet, schnell unter die Dusche, eine Tasse Tee: Macht, grob gerechnet, 1,8 Kilogramm CO2. Wer statt Tee einen Cappuccino trinkt und eine Scheibe Brot dazu isst, muss 370 Gramm Kohlendioxid dazurechnen; für eine Banane und ein großes Glas Milch sind es weitere 420 Gramm. Was Rührei und frisch gepresster Orangensaft ausmachen würden, das kann sich jeder selbst ausrechnen, und zwar auf der Homepage des US-Giganten General Electric (siehe Box Seite 14). Nur eines vorweg: Für eine Sechserpackung Eier rechnet der globale Mischkonzern 1,8 Kilogramm Kohlendioxid. Dabei hat der Tag erst begonnen, und wir sind noch gar nicht aus dem Haus. Denn mit der Fahrt in Richtung

Büro oder Betrieb fängt der CO2-Zähler erst kräftig an zu drehen. Die Emissionen eines modernen Mittelklasse-Pkws liegen je nach Quelle und Modell zwischen 150 und 250 Gramm pro Kilometer. Wer den Zug nimmt, spart sich und der Umwelt 60 Gramm, mit dem Bus sind es weitere 20 Gramm CO2 weniger. Kohlendioxid wird beim Verfeuern fossiler Brennstoffe freigesetzt. Sein Anteil an den Treibhaus-Emissionen und dem daraus resultierenden Klimawandel liegt weltweit zwischen 70 und 80 Prozent, wobei der Verkehr einen beachtlichen Part leistet. Allein in Europa werden Autos und Lkws, Busse und Motorräder für rund 20 Prozent des gesamten KohlendioxidAusstoßes verantwortlich gemacht. Mit sparsameren Motoren und weiterentwickelten Fahrzeugen, mit neuen Technologien und alternativen Konzepten versuchen Autoindustrie und Länder nun dem Klimakiller CO2 zuzusetzen. Die deutsche Szene gilt als beson- » APRIL, MAI, JUNI 2012 | M  9


TITEL: N A C H H A LT I G K E I T | Auf Kosten der Zukunft

ders lebhaft. Aber auch Südtirol hat sich auf den Weg zur ambitionierten Emissionsreduktion gemacht: mit starken Investitionen in ein effizientes Nahverkehrsnetz (im diesjährigen Landeshaushalt entfallen 195 Millionen Euro auf den Posten Mobilität, was einem kräftigen Plus von 139 Prozent im Vergleich zu 2003 entspricht), aber auch mit neuen Prioritäten, wie der progressiven Einführung von Elektromobilität (siehe eigenen Artikel).

Emissionen reduzieren Der Kampf gegen die Luftverschmutzung darf sich aber nicht nur auf den Verkehr beschränken. Der Hebel zur Minderung der CO2-Emissionen muss auch und vor allem bei Strom und Wärme angesetzt werden. Heizung runter drehen, Geräte abschalten, Waschmaschine immer voll machen, Sparlampen statt Glühbirnen: Das sind nur einige simple Tipps, mit denen sich in einem Vier-PersonenHaushalt jährlich bis zu zwei Tonnen CO2 einsparen lassen. Noch wichtiger ist es für den Klimaschutz, wie Strom und Wärme produziert werden und wie ener-

gieeffizient das Gebäude ist. Dazu gibt es klare Auflagen aus Brüssel: Bis 2021 müssen alle Neubauten in der EU nahezu das Niveau von Null-Energie-Häusern (nearly zero-energy buildings) erreichen. Weiters muss die gesamte Union bis 2050 ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen drastisch reduzieren. Das Datum scheint nicht zufällig gewählt. Selbst ÖlMultis wie BP gehen davon aus, dass die heute bekannten Erdölreserven bis Mitte des 21. Jahrhunderts erschöpft sein werden. Übrigens: Uns geht nicht nur das Erdöl aus, sondern alle fossilen Brennstoffe. Laut BP reicht das Erdgas noch 62 und Kohle ganze 216 Jahre – bei gleich bleibendem Verbrauch, versteht sich. Der Abschied von Öl und Gas wird, so der Fahrplan der EU, in mehreren Schritten erfolgen. Bis 2020 müssen die Mitgliedsstaaten die Emissionen um 20 Prozent senken und die Energieeffizienz um 20 Prozent erhöhen. Dasselbe gilt für den Anteil an erneuerbaren Energien (plus 20 Prozent). Südtirol ist Partner in der EU-Kampagne Sustainable Energy for Europe (SEE) und hat seine Hausaufgaben weitgehend in Angriff genommen. Bereits heute deckt das Land 56 Prozent

N A C H H A LT I G K E I T EINE DEFINITION Der Begriff Nachhaltigkeit ist zum Modewort avanciert. Dabei handelt es sich ganz und gar nicht um einen Neologismus. Ursprünglich stammt der Terminus aus der Forstwirtschaft, wo es bereits im 18. Jahrhundert hieß: „Schlage nur so viel Holz, wie nachwachsen kann!“ Heute darf Nachhaltigkeit aber nicht nur ökologisch betrachtet werden. „Sie versteht sich als übergeordnetes Prinzip, das einen verantwortungsvollen Umgang mit allen Ressourcen fordert“, liest man auf der Homepage der Technischen Universität Darmstadt. Der umfassende Begriff von Nachhaltigkeit, der neben Ökologie auch Ökonomie und Soziales gleichermaßen berücksichtigt, wurde 1992 geprägt. Und zwar auf der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt

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des Energiebedarfs durch erneuerbaren Energien; der Verkehr wird dabei nicht berücksichtigt. In acht Jahren sollen es 75 Prozent sein.

Enormes Potenzial und Entwicklung in Rio de Janeiro. Damals wurde die Agenda 21, das wichtigste entwicklungs- und umweltpolitische Dokument des 21. Jahrhunderts, verabschiedet. Angela Merkel bezeichnet Nachhaltigkeit als wesentlichen Teil gelebter Gerechtigkeit und als Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. „Was wir heute tun oder lassen, darf unseren Kindern und Enkeln die Chance auf ein Leben in Wohlstand und einer intakten Umwelt nicht schmälern“, schrieb die deutsche Bundeskanzlerin im Vorjahr als Schirmherrin des Deutschen Nachhaltigkeitstages. Vor über 100 Jahren hatte es der legendäre Sioux-Häuptling Sitting Bull ähnlich formuliert: „Wir haben die Erde nicht von unseren Ahnen geerbt, wir borgen sie uns von unseren Kindern.“

930 Wasserkraftanlagen, die jährlich fast doppelt so viel Strom produzieren, wie im Land verbraucht wird, 70 mit Biomasse betriebene Fernheizwerke, an die 20.000 Familien angeschlossen sind, 32 Biogasanlagen, in denen die Reststoffe aus Viehzucht, Milchwirtschaft und Lebensmittelindustrie eingesetzt werden, aber auch 4.151 Fotovoltaikanlagen, 195.000 Quadratmeter Sonnenkollektoren, mehrere Windkraftanlagen: Das sind die signifikanten Eckdaten zur Energieproduktion im Land. Das enorme Potenzial Südtirols wird aber auch von erfolgreichen Einrichtungen wie der KlimaHaus-Agentur, von Projekten wie dem neuen Bozner Stadtviertel Casanova oder von Orten wie Prad bewiesen. Die Marktgemeinde am Stilfser Joch deckt den gesamten Strom- und Wärmebedarf ihrer 3.000 Einwohner mit erneuerbaren Energien ab. Die Hälfte des in Prad pro-


duzierten Stroms fließt sogar in das nationale Verteilernetz. 2010 wurde die erste energieautarke Gemeinde Italiens bei der RES Champions League mit Gold ausgezeichnet. Bei diesem europäischen Wettbewerb vergleichen sich Städte und Gemeinden, die sich besonders für den Einsatz erneuerbarer Energien engagieren. 2011 wurden auch Toblach, Bruneck und Bozen prämiert. „Ohne Investitionen in ein modernes, intelligentes Netz werden wir die Möglichkeiten der erneuerbaren Energien allerdings nie voll nutzen können“, sagt Pietro Calò, der bei Leitwind für Windparks verantwortlich ist. Bei den traditionellen Leitungen gehe noch immer viel zu viel Strom verloren. Und eine zusätzliche Belastung würden sie ohnehin nicht aushalten. Calò spricht von einer radikalen Umstrukturierung. Dabei denkt er nicht nur an schnellere Stromautobahnen, sondern an sogenannte smart grids. Diese schlauen Alleskönner sind mit moderner Informations- und Kommunikationstechnik ausgerüstet und werden das Konsumverhalten grundlegend verändern: „Etwas vereinfacht gesehen, reduziert sich unsere Beziehung zur Ener-

gie heute eigentlich auf einen Schalter. positiv aus: „1994 wurden bei der EntsorEin oder aus – viel mehr lässt sich nicht gung der heimischen Abfälle jährlich machen. Die Zukunft sieht allerdings an- 100.000 Tonnen CO2 freigesetzt. Mittlerders aus. Unsere Kinder und Enkelkinder weile sind es 60.000. Und wir arbeiten werden von überall auf der Welt via Com- daran, durch noch mehr Trennung und puter oder Handy ihren privaten Energie- noch bessere Technologien diesen Wert verbrauch steuern können. Stromerzeu- weiter zu senken.“ Für jeden Einzelnen ger und Verbraucher werden miteinan- gelte nach wie vor: Müll vermeiden und der kommunizieren, wobei der Zähler Müll trennen. Immerhin verursache, so zum Terminal wird.“ Das steigert die Ef- General Electric, ein Durchschnittsbürfizienz und ermöglicht höhere Einspa- ger mit seinen Abfällen jährlich 230 Kilorungen. „Es hat aber auch noch einen gramm Kohlendioxid. Auf der Homeweiteren positiven Nebeneffekt“, so Piet- page von GE wird unter dem Stichwort ro Calò. „Die Konsumenten werden stär- „Müll“ aber auch noch ein weiterer Posten ker in den Kreislauf eingebunden. Sie angeführt: Für die Wegwerfwindeln, die werden aktiver und dadurch mündiger.“ ein Kind von der Geburt bis zum SauberKlimaschutz bedeutet aber auch ge- werden trägt, muss man im Schnitt 550 zieltes Abfallmanagement. „Der Beitrag Kilogramm CO2 berechnen. kann beachtlich sein“, bestätigt Giulio Angelucci, Leiter des Landesamtes für Klimakiller Ernährung Abfallwirtschaft. In Südtirol fallen jährlich knapp zwei Millionen Tonnen Müll Unsere persönliche Klimabilanz enthält an. Der Löwenanteil geht auf die Rech- aber auch noch weitere Überraschunnung von Bauwirtschaft, Industrie und gen, vor allem was den Ernährungsstil Handwerk. Die Siedlungsabfälle machen betrifft. Vegetarier und Personen, die 236.000 Tonnen aus. Über 55 Prozent da- rund 2.000 Kilokalorien pro Tag essen, von werden bereits getrennt gesammelt. erweisen sich als praktizierende KlimaTendenz steigend. Auch deshalb fällt schützer. Sie setzen mit ihrer Ernährung Giulio Angeluccis Öko-Bilanz durchaus zwischen 0,65 und 0,98 Tonnen CO2 pro APRIL, MAI, JUNI 2012 | M  11


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Jahr frei. Ein typischer Fleischesser kommt hingegen locker auf 1,82 Tonnen. Ein einziger Hamburger bringt bereits, so General Electric, 2,5 Kilogramm CO2 auf die Waage. Ursache sind unter anderem die gefährlichen Klimagase, die bei der Rinderhaltung entstehen. Apropos Ernährung: Wer es für sich wissen will, braucht nur einen der vielen CO2Rechner im Netz mit seinem Menüplan zu speisen. Wer darüber hinaus dem Computer verrät, ob er lieber duscht oder badet, wie er die Wohnung heizt und woher er den Strom bezieht, wie lange er täglich vor dem Bildschirm sitzt und wie heiß er die Wäsche wäscht, kann seinen ökologischen Fußabdruck bestimmen. Damit lässt sich die Zukunftsfähigkeit des eigenen Lebensstils testen. Für den kleinen Hunger zwischendurch beißt man also am besten in einen frischen Apfel. Doch aufgepasst: Kommt die Frucht aus dem Garten, macht der Snack Null Gramm CO2 aus. Ist der Apfel „nur“ lokal und saisonal, muss man bereits zehn Gramm Kohlendioxid berechnen. Für Obst aus dem Supermarkt werden 80, für eine importierte Sorte sogar 150 Gramm pro Stück angegeben.

Funke übergesprungen Ursprünglich stammt der Begriff Nachhaltigkeit aus der Forstwirtschaft (siehe Kasten). In Südtirol ist der Funke mittlerweile auch auf die Landwirtschaft übergesprungen. „500 Euro pro Hektar bezahlt die Kellereigenossenschaft Terlan ihren Mitgliedern, wenn sie gänzlich auf Unkrautbekämpfungsmittel verzichten“, sagt Wolfgang Drahorad, didaktischer Mitarbeiter an der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik der Universität Bozen. „Das Geld soll den Ankauf entsprechender Maschinen ermöglichen und die Weinbauern für den Mehraufwand beim Mähen entschädigen.“ Die Terlaner sind aber nur ein Beispiel für den neuen Wind, der hierzulande über Weinberge und Obstgärten, Wiesen und Äcker weht. „Heute werden regelmäßige Bodenanalysen gemacht und genaue Düngungspläne erstellt“, sagt Drahorad. „Das war nicht immer so.“ Früher habe sich der Bauer auf Gefühl und Erfahrung verlassen, wobei Überdüngung kein Problem war. Ganz nach dem Motto: Es wird schon nicht schaden.

ENERTOUR ENERGIE ENTDECKEN Nicht nur mittelalterliche Burgen und atemberaubende Bergpanoramen, sondern vor allem Klimahäuser und Anlagen zur Herstellung erneuerbarer Energien sind das Ziel eines neuen Tourismusangebotes, das von Südtirol ausgeht und nach Südtirol führt. enertour wurde 2006 vom TIS innovation park und der Stiftung Südtiroler Sparkasse initiiert und spricht seitdem ein ständig wachsendes Publikum von Fachleuten, Unternehmern, Studenten und interessierten Bürgern an. Im Vorjahr wurden 1.500 Teilnehmer gezählt. Ihnen standen landesweit 150 Besichtigungsobjekte zur Auswahl. „Seit 1992 wurden in Südtirol 1,6 Milliarden Euro in den Ausbau und in die Nutzung erneuerbarer Energieträger investiert“, sagt Sepp Walder vom TIS innovation park. „Damit werden bereits 56 Prozent unseres Strom- und Wärmebedarfs gedeckt. Außerdem arbeiten mittlerweile 450 Betriebe in diesem Sektor.“

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Gleich mehrere Gründe, um sich die Realität im Land näher anzusehen. „Wir bieten den Teilnehmern Technologien zum Anfassen, darüber hinaus viel praktisches Wissen und Erfahrungen sowie Kontakte zu Experten und Unternehmen“, sagt Walder. Aber auch Südtirol profitiere von der Initiative: „Die Positionierung als Klimaland wird deutlich gestärkt.“ In Zukunft soll das Produkt noch weiter ausgebaut werden, wobei eine Spezialisierung des Angebotes geplant ist. Ab 2012 soll es enertouren für Experten, Energie-Exkursionen für Touristen und Familien sowie Studienfahrten für Ober- und Berufsschüler geben.

Hier geht es zu Kurzfilmen zum Thema Energieeffizienz und enertour www.enertour.bz.it


Über eine geänderte Einstellung berichtet der Agronom auch bei der Schädlingsbekämpfung. Drahorad spricht von neuen Biotechnologien, die das Ungeziefer so sehr „verwirren“, dass sich Männchen und Weibchen erst gar nicht mehr finden, von willkommenen Höhlenbrütern, denen es zwischen den Ästen bequem gemacht wird, und von praktischen Hecken, die nützliche Tiere anziehen. Aber auch in der Sortenwahl komme der Nachhaltigkeitsgedanke zum Tragen. „Nicht nur der höhere Qualitätsanspruch ist dafür verantwortlich, dass viele Sorten heute nur mehr dort angepflanzt werden, wo sie auch optimal gedeihen.“ So werde beispielsweise der Golden Delicious zunehmend aus der Talsohle verschwinden, wo er eher berostet, also die Fruchthülle verletzt wird, dafür aber in den Hanglagen oder im Vinschgau weiter erhalten bleiben. Wenn von Erderwärmung und Klimawandel gesprochen wird, geht es in der Landwirtschaft immer auch ums Wasser. „Die Anpassungsstrategien müssen auf effiziente Bewässerungssysteme aufbauen“, liest man im Klimareport der Eurac. Dazu zählt auch die

Tröpfchen-Bewässerung, auf die viele Bauern derzeit umsteigen. „Damit lassen sich allein im Obstbau im Vergleich zur Kronenberegnung zwei Drittel des Wassers sparen“, so Drahorad.

Ökonomisch sinnvoll Ein verantwortungsbewusster Umgang mit den Ressourcen wird schon lange nicht mehr nur von Ökoradikalen gepredigt, sondern wird auch von weiten Teilen der Politik und Wirtschaft gefordert. Die Kritik an ungebremstem Wachstum wird zunehmend salonfähig. Dabei haben viele bereits verstanden, dass sich die neue Einstellung auch ökonomisch rechnet. Vom anhaltenden Interesse an Umweltschutz und Nachhaltigkeit profitiert beispielsweise die deutsche UmweltBank AG mit Sitz in Nürnberg. Im Vorjahr ist das Geldinstitut nochmals kräftig gewachsen. Der Gewinn legte um 9,6 Prozent auf elf Millionen Euro zu. 2011 war die Aktie der UmweltBank der erfolgreichste Titel unter den börsennotierten Banken in Deutschland. Mit den Einlagen ihrer 92.000 Kunden finanziert die „grüne“ Anlagen- und Kreditbank

KLIMAHAUS E R F O L G R E I C H E S KO N Z E P T In den vergangenen zehn Jahren hat sich die heimische Bauszene zunehmend belebt. In diese Realität hat das Phänomen KlimaHaus voll eingeschlagen. 2002 wurde das Projekt gestartet, 2006 die gleichnamige Agentur gegründet. In knapp zehn Jahren sind allein in Südtirol über 3.000 Neubauten entstanden, die den Kriterien der Energieeffizienz entsprechen und als Klimahäuser der Klassen A, B oder Gold zertifiziert wurden. 75 Prozent aller Südtiroler Immobilien sind jedoch älter als 25 Jahre. Hier lassen sich Energiekosten und CO2-Emissionen nur durch energetische Sanierungen senken. Dazu müssen die Gebäude jedoch zunächst energetisch bewertet werden. Auch diesen Service bietet die KlimaHaus-Agentur an. Weiters besteht die Möglichkeit, die Umweltweinwirkungen einer Immobilie zu berechnen. Die so genannten Nachhaltigkeitszertifizierungen können für Wohngebäude, Hotels, Wohnsiedlungen oder Weinkellereien in Anspruch genommen werden. KlimaHaus Work & Life steht hingegen für die Bewertung von Bürogebäuden, Firmen und Dienstleistern. Das Siegel berücksichtigt ökologische, soziokulturelle und ökonomische Aspekte. Eine moderne Interpretati-

on des Bungalows liefert dagegen die Zertifizierung KlimaHaus MobileHome, während das KlimaHausQualitätssiegel Konsumenten bei ihrer Kaufentscheidung von Fenstern und Türen unterstützen will. Alljährlich verleiht die Agentur zudem eigene Awards für besonders gut gelungene Klimahäuser. Ende Jänner ist die siebte Auflage der KlimaHaus-Fachmesse in Bozen über die Bühne gegangen. Darüber hinaus hat das Projekt KlimaHaus seit seiner Gründung das Know-how von Baugewerbe und Handwerk stark beeinflusst. Seit 2002 wurden über 20.000 Teilnehmer aus zwölf verschiedenen Ländern an den Weiterbildungsangeboten der Agentur gezählt. Dass das Produkt zudem exportfähig ist, beweist der große Erfolg auf dem italienischen Markt.

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TITEL: N A C H H A LT I G K E I T | Auf Kosten der Zukunft

Denn der Klimawandel findet statt. Zeichen dafür gibt es genügend. Den Inuit in der Arktis schmilzt der Boden weg, den Nomadenvölkern der Sahelzone verdorrt er unter den Füßen. Steigende Meeresspiegel überfluten ganze Küstenstreifen. Ernteausfälle und Wasserknappheit, Hunger und Armut werden Millionen von Menschen zu Klimaflüchtlingen machen. „Der Kampf um Lebensraum und Ressourcen wird wachsen, und mit ihm die Gefahr militärischer Konflikte“, sagt Peter Hennicke, langjähriger Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie. Die Erderwärmung wird man auch in Südtirol spüren. Daran müssen wir glauben. Was wir aber nicht dürfen, ist tatenlos zusehen. Denn jedes auch noch so kleine Land, jeder entlegene Ort, jeder einzelne Mensch kann selbst kaum etwas verändern, doch anderen als Vorbild dienen. Oder, wie es Hennicke formuEinmal googlen verursacht Energiekosten für eine Stunde Strom einer Sparlampe liert: „Wer durch gutes Beispiel demonstriert, dass nachhaltiges Wirtschaften erfolgreich möglich ist, der handelt Umweltprojekte vom Ökohaus übers schen getrennt gesammelt werden und nicht nur im Eigeninteresse, sondern Hybridkraftwerk bis zur Solaranlage. den Anteil an regionalen Produkten in löst einen Domino-Effekt aus.“ Andere Etwas für die Umwelt tun und dabei Restaurant und Shop deutlich erhöht“, Unternehmen und langfristig auch ganauch noch Kosten sparen, das ist das Er- sagt Egger. 2007 wurde der Camping- ze Volkswirtschaften werden folgen. folgsrezept des Camping Moosbauer in platz als Eco Camping zertifiziert. Alle „Deshalb sind mutige Vorreiter für die Moritzing. Seit 2007 ist der Camping- drei Jahre wird nachkontrolliert. „Frei- ökologische Modernisierung und für eiplatz bei Bozen Mitglied von Eco Cam- lich hat die Umstellung Geld und Einsatz nen globalen Green New Deal so wichtig.” ping. „Der Verein hat vor 13 Jahren in gefordert. Ich habe dabei aber auch meiDeutschland ganz klein angefangen“, nen Betrieb besser kennengelernt und sagt Chef Klaus Egger, „und zwar mit gesehen, wo effizienter gearbeitet werzehn Stellplätzen am Bodensee.“ Inzwi- den kann.“ Ökologisches Wirtschaften CO2 UND schen hätten sich europaweit über 280 ist, davon ist Egger überzeugt, nur mög FUSSABDRUCK Campingplätze dem Netzwerk ange- lich, wenn Nachhaltigkeit und Qualitätsschlossen, elf davon in Südtirol. „Was management Hand in Hand gehen. CO2 – jeder Mensch, jede Aktivität, mich von Anfang an überzeugt hat, war alles, was wir tun, verursacht den der prozessorientierte Ansatz“, so Egger. Vorbilder gefragt mittlerweile problematischen Anstieg „Hier geht es um Nachhaltigkeit und Umvon Kohlendioxid. Eine gute grafische weltschutz, aber auch um Qualität und Freitag, 20 Uhr – und noch immer kein Übersicht gibt es auf der renommierKosten. Den Mitgliedern werden die not- Programm für den Abend? Wer die Inspiten Statistik-Seite www.gereports.com wendigen Instrumente geliefert.“ Was ration im Netz sucht und dabei ziellos (Stichwort „How much schlussendlich umgesetzt wird, müsse durchs Web jagt, sollte es wissen: Einmal CO2 is created by“ einjeder für sich und seinen Betrieb ent- „googlen“ entspricht einer Stunde Licht. geben oder QR-Code scheiden. „Wir haben unsere Solaranla- Genauer gesagt: Jede Anfrage an eine scannen) ge zur Warmwasseraufbereitung neu Suchmaschine erzeugt Energiekosten, überdacht, die Hygienisierung des mit denen eine Sparlampe rund 60 MinuEinen guten Rechner zum Thema Schwimmbades von Chlor auf Salz um- ten lang brennen könnte. General Elecökologischen Fußabdruck hat der TIS gestellt, Bewegungsmelder eingebaut, tric rechnet ganz genau: Weltweit setzt innovation park gedie Wasserhähne und Duschen mit Auf- Suchen im Internet jedes Jahr 22.600 meinsam mit mehresätzen versehen, die beim Wassersparen Tonnen CO2 frei. Zumindest beim Einren Partnern erstellt. helfen, einen Recyclinghof eingerichtet, und Ausloggen morgens und abends www.footprint.bz.it in dem sogar Lampen und Gaskartu- sollte man daran denken. 14  M | APRIL, MAI, JUNI 2012


TITEL: NACHHALTIGKEIT | Infografik

Südtirols Energieverbrauch nach Bereichen

STROM

MOBILITÄT

100 %

99 %

0 %

1 %

BEREICHE

WÄRME

68 %

32 %

Grüner Strom In Südtirols Wasserkraftwerken wird doppelt so viel produziert, wie im Land verbraucht wird. Der Überschuss wird in die Nachbarregionen exportiert. Der Strom aus erneuerbaren Energien kommt zu 95 Prozent aus Wasserkraft, dann folgen Biogas, Fotovoltaik und Wind. Im Wärmesektor werden 32 Prozent des Verbrauchs mit erneuerbaren Energien abgedeckt. Viele Gebäude in Südtirol werden mit biomassebetriebenen Fernheizwerken, mit Holz- und

31 % 25 % 44 %

ENERGIEN

38 %

erneuerbar

62 %

nicht erneuerbar

Kleinfeuerungs- oder Solaranlagen warm gehalten. Anders in der Industrie: Hier herrschen fossile Energieträger vor. Am schwächsten in Sachen erneuerbare Energie sieht es im Mobilitätsbereich aus und dies nicht nur in Südtirol: Die Anzahl der Fahrzeuge, die nicht mit fossilen Brennstoffen fahren, ist verschwindend klein. Die öffentliche Hand will dies in Südtirol in den nächsten Jahren deutlich verändern. Nimmt man den gesamten Energiekonsum unter die Lupe, so liegt der Anteil der Energien aus erneuerbaren Quellen noch deutlich unter der Hälfte. APRIL, MAI, JUNI 2012 | M  15


TITEL: N A C H H A LT I G K E I T | Klimahotel

Wir kompensieren. Das Hotel Feldmilla in Sand in Taufers ist

das erste klimaneutrale Haus in Südtirol. Der unvermeidbare Restausstoß an CO2 wird durch die Finanzierung eines Umweltprojektes in Guatemala kompensiert.

IM HELLEN FRÜHSTÜCKSRAUM steht die stalliert, die durch das Wasser der Ahr alte Turbine zwischen modernen Ti- betrieben werden. Und wenn das Bachschen und bequemen Ledersesseln – un- wasser definitiv zu kalt wird, beziehen übersehbar und ungewöhnlich, doch ab- wir die notwendige Energie aus dem solut passend. Denn das Rad aus schwe- Fernheizwerk der Gemeinde. Wir sind rem Gusseisen steht wie kein anderes seit dem Vorjahr angeschlossen.“ 2005 Objekt im Haus für die treibende Kraft wurde zudem das gesamte Hotel nicht hinter dem Hotel Feldmilla in Sand in nur qualitativ erweitert, sondern auch Taufers. 2011 wurde der Betrieb zum ers- weitgehend energetisch saniert. ten klimaneutralen Hotel Südtirols gekürt. Nachhaltiges Wirtschaften ist der Auf Herz und Nieren geprüft Unternehmerfamilie Leimegger aber nicht erst seit Kurzem ein Anliegen. „Wir Trotz allem sei es aber nicht gelungen, haben eigentlich schon immer nach die- den Betrieb emissionsfrei zu machen. sem Grundsatz gearbeitet und gelebt“, „Wir ließen uns auf dem Endspurt zum erklärt Juniorchefin Ruth. „Nun haben klimaneutralen Hotel von einem wir beschlossen, auch etwas daraus zu Münchner Beratungsunternehmen bemachen und unsere Besonderheiten als gleiten. Die Leute von ClimatePartner Alleinstellungsmerkmal zu nutzen.“ haben unser Haus, aber auch unseren Ruth Leimegger spricht vom eigenen Lebensstil auf Herz und Nieren geprüft. E-Werk, das die Familie seit 1939 be- Selbst der private Fuhrpark der Familie treibt und das den gesamten Strom fürs wurde, ebenso wie der Arbeitsweg des Hotel liefert. „Vor 15 Jahren haben wir Personals, unter die Lupe genommen“, außerdem Wärmepumpen im Keller in- erzählt Ruth Leimegger. Sie selbst sei

monatelang gesessen, um alle Daten zu sammeln. „Schließlich war es möglich, unseren CO2-Fußabdruck zu erstellen, die noch vorhandenen Emissionen zu quantifizieren und auch die Schwachstellen im System ausfindig zu machen.“

S A N D I N TA U F E R S CO2-NEUTRAL

2008 war sie die erste Agenda 21-Gemeinde Südtirols. nun will Sand in Taufers auch der erste CO2-neutrale Ort im land werden. „Seit sechs Jahren arbeiten wir daran“, sagt Bürgermeister Helmuth Innerbichler. Als Grundlage diene ein umfassendes Energiekonzept, das die Nutzung von Wind, Wasser, Sonne, Erdwärme und Biomasse vorsieht. Das grüne Programm der Pustertaler Marktgemeinde (5280 Einwohner auf einer Fläche von 167,47 Quadratkilometern) sieht die Einführung eines kommunalen Energiemanagements in allen öffentlichen Gebäuden vor. „Hier haben wir nichts investiert, sondern nur optimiert, und dabei die Kosten um 15 Prozent gesenkt“, so Innerbichler. 20 Millionen Euro investiert hat die Gemeinde hingegen in das örtliche Biomasse-Fernheizwerk. 2013 gehen die Bauarbeiten in die Endphase. Mindestens zwei Drittel des Heizbedarfs der gesamten Gemeinde sollen in Zukunft durch die Anlage abgedeckt werden. „Ein Teil ist bereits in Betrieb, und der Zuspruch ist größer als erwartet.“ Wärme aus Hackgut, Strom von der Sonne: 200 Fotovoltaikanlagen gibt es derzeit in Sand in Taufers. Insgesamt liefern sie

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3,3 Megawattstunden. „Das entspricht einer jährlichen CO2Einsparung von über 900.000 Kilogramm“, rechnet der Bürgermeister. Zu einer Reduzierung der Emissionen würden weiters die Gasautos im Gemeindebauhof, die Fotovoltaik-Beleuchtung an der Industriestraße und der neue Kindergarten in Mühlen mit KlimaHaus-Standard „A“ beitragen. „Wir animieren die Bevölkerung, erneuerbare Energiequellen zu nutzen, sprich saubere Energie zu produzieren. Die Verteilung der Energie bleibt jedoch immer der Gemeinde vorbehalten“, so Innerbichler. In Rein in Taufers habe ein Privater auf 1700 Metern Meereshöhe eine Windturbine errichtet. Im Hauptort selbst hätten sich hingegen Bauern und Viehzüchter zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen. Gemeinsam betreiben sie die Biogasanlage Biowatt. Dem Bürgermeister liegt aber auch noch ein weiteres Projekt am Herzen. „Es sieht die energetische Sanierung von 50 Häusern vor, wobei die Gemeinde ein Beratungspaket geschnürt hat. Wir unterstützen die Hausbesitzer bei der verwaltungstechnischen und praktischen Umsetzung.“


Die Turbine im Frühstücksraum ist Programm: Das Hotel wird mit Strom aus dem eigenen E-Werk betrieben

Der CO2-Ausstoß des Hotels Feldmilla beträgt derzeit 13 Tonnen jährlich. Zum Vergleich: „13 Tonnen CO2 im Jahr entsprechen in etwa zwölf Kilogramm pro Übernachtung samt Verpflegung“, erklärt Simon Köppen von ClimatePartner. „In einem durchschnittlichen Hotel liegt dieser Wert bei rund 30 Kilogramm.“ Im Feldmilla sind weder die Infrastruktur noch die Energieerzeugung, sondern vor allem der Einkauf für die Restemissionen verantwortlich. „Es ist für uns heute nicht möglich, ausschließlich auf regionale Produkte zurückzugreifen, weil es viele Lebensmittel hier überhaupt nicht oder nur zu bestimmten Jahreszeiten gibt“, sagt Ruth Leimegger. Oft sei es aber – wie beispielsweise bei den Eiern – auch eine Frage des Preises: „Jene fürs Frühstücksbuffet kommen – immer wenn sie verfügbar sind – frisch vom Bauern.

Für die Küche wären diese allerdings viel zu teuer.“ Die Bemühungen, die Gäste von den Vorteilen einer rein regionalen und saisonalen Küche zu überzeugen, würden zwar fruchten. „Die Leute sehen es durchaus ein, dass es mitten in den Bergen nicht immer Ananas sein muss.“ Dennoch werde von einem VierSterne-Haus ein bestimmter Standard verlangt. „Und das kann man nicht einfach ignorieren.“

Klimaschutzprojekt Absolut akzeptiert werden hingegen die 20 Cent pro Nächtigung, die das Haus seinen Gästen zusätzlich in Rechnung stellt. „Mit diesem Geld kompensieren wir unsere Emissionen, indem wir ein Klimaschutzprojekt in Guatemala mitfinanzieren.“ Das Hotel unterstütze den

Bau eines Wasserkraftwerkes inklusive der Ausbildung des Personals in Pueblo Nuevo Vinas. „Unsere Kunden finden es cool.“ Vielleicht auch deshalb, weil die Gäste während des Urlaubs immer wieder auf die Philosophie des Hauses aufmerksam gemacht werden. „Die Leute frühstücken direkt neben der Turbine und auf der Frühstückskarte finden sie alle Informationen dazu“, schildert Ruth Leimegger. Die Zertifizierung zum klimaneutralen Hotel stellt für die junge Pusterer Hotelierin nicht nur das Ziel langjähriger Bemühungen, sondern auch den Anfang einer neuen Phase im Betrieb dar. „Die Presse ist durch die Auszeichnung auf uns aufmerksam geworden. Und mit ihr auch neue Reiseveranstalter, die sich auf Ökotourismus spezialisiert haben.“ Gerade für die Nebensaison würden sich so neue Chancen eröffnen. (mdp) APRIL, MAI, JUNI 2012 | M  17


TITEL: N A C H H A LT I G K E I T | Interview

Sonne und Wind. Europa 2050 – wie werden sich die Produktion und der Konsum

von Energie bis dahin verändern? Wolfram Sparber, Leiter des eurac-Instituts für Erneuerbare Energien, skizziert ein mögliches Szenario mit vielen Fakten und einigen Fragezeichen.

WOLFRAM SPARBER Wolfram Sparber (Jahrgang 1976) hat Angewandte Physik an der Technischen Universität Graz und an der Universitad Autonoma de Barcelona studiert. Seit 2005 leitet er das Institut für Erneuerbare Energie der Europäischen Akademie in Bozen. Er ist Vizepräsident der Europäischen Technologieplattform für erneuerbare Heiz- und Kühlsysteme und seit Dezember 2011 auch Präsident der SEL AG. Weiters ist Sparber seit 2006 Gastprofessor an der Freien Universität Bozen, an der Ritsumeikan Asia Pacific University in Japan und am Politecnico in Mailand.

Herr Sparber, bis 2050 will die EU die CO2-Emissionen in den Mitgliedsländern zwischen 80 und 95 Prozent senken. Wird in knapp 40 Jahren jedes Auto mit Strom fahren und jedes Haus mit der Sonne geheizt werden? Brüssel strebt eine Dekarbonisierung an. Das kann nur gelingen, wenn EUweit bei Strom und Wärme komplett und beim Verkehr weitgehend auf erneuerbare Energien umgestellt wird. Die restlichen fünf bis zehn Prozent Kohlendioxid werden vor allem energieintensiven Industrieprozessen und dem Sorgenkind Verkehr zugebilligt werden. Worauf wird Europa setzen? Für die Stromproduktion vor Ort wird vor allem die Fotovoltaik an Bedeutung gewinnen. Viel Potenzial liegt auch in solarthermischen Kraftwerken. Vor allem aus Spanien und Kalifornien kennen wir die großen Parabolspiegel, die die Sonnenwärme einfangen und diese dann an Wasser oder Thermoöle weiterleiten. Diese treiben wiederum klassische Dampfturbinen an. Die Wärme kann bis zu sechzehn Stunden lang gespeichert werden. Das macht das System weniger abhängig von der Sonnen18  M | APRIL, MAI, JUNI 2012

einstrahlung und erlaubt es, auch in den Abendstunden Strom zu erzeugen. Viel Sonne also, aber auch Wind und Wasser? Die Wasserkraft ist sehr effizient, wurde aber bereits intensiv ausgebaut. Europaweit ergeben sich hier nur mehr geringe Wachstumsszenarien. Noch zeigen muss sich, ob sogenannte Gezeitenkraftwerke neue Möglichkeiten eröffnen. Rein technisch sind sie recht attraktiv. Die Rotoren können nicht nur an den Küsten, sondern auch in Meerengen installiert werden, wo die Strömungen besonders stark sind. Anders als beim Wasser ist es beim Wind. Die Windkraft wird weiterhin ein großes Thema bleiben , weil sich damit Energie kostengünstig produzieren lässt. Werden wir in Zukunft also neben den Paneelen auf dem Dach auch noch alle unser persönliches Windrad im Garten stehen haben? Das scheint mir weniger wahrscheinlich. Kleine Anlagen bringen nur unter bestimmten Umständen einen Vorteil. Vielmehr werden weiterhin Windparks entstehen – und zwar insbesondere vor den europäischen Küsten. Derzeit wird außerdem über die Möglichkeit diskutiert, mit dem überschüssigen Windstrom Gas zu produzieren. Über einen chemischen Prozess wird mithilfe der Windkraft Methangas hergestellt. Der gesamte Kreislauf ist weitgehend CO2-neutral, da bei der Herstellung des Gases jene Menge an Kohlendioxid der Atmosphäre entzogen wird, die anschließend bei der Verfeuerung wieder freigesetzt wird. Dieses Verfahren hat außerdem den Vorteil, dass unser Gasnetz sowie bestehende Gaskraftwerke weiterhin genutzt werden können.

Und die Kernkraft? Seit Fukushima hat sich vieles geändert. In Japan sind derzeit von 54 Anlagen 50 außer Betrieb. Nach dem Ausstieg Deutschlands und dem Nein Italiens zur Atomenergie bröckelt der Konsens langsam auch in Frankreich. Recht kontrovers diskutiert sind derzeit auch CO2-neutrale Kohlenkraftwerke, bei denen das Kohlendioxid der Verbrennung eingefangen und unterirdisch gelagert wird. Das Verfahren, das noch viele Fragen aufwirft, wird im Englischen Carbon Capture and Storage, kurz CCS, genannt. Obwohl das Gas in stabilen geologischen Strukturen gelagert werden soll, wissen wir nicht, ob und wann es wieder entweichen wird. Bisher war vorwiegend vom Strom die Rede. Wie sieht es mit der Wärme aus, sprich bei der thermischen Energie? Thermische Energie kann nicht weit transportiert werden. Jede Region muss somit lokale Lösungen finden. Derzeit werden südtirolweit über fünfzig Prozent des Wärmebedarfs mit fossilen Brennstoffen gedeckt. In den kommenden Jahren wird voraussichtlich die

„Derzeit bringen wir jährlich nur ein Prozent der alten Bausubstanz energetisch auf Vordermann.“ Nutzung von Biomasse weiter steigen. Es werden einzelne neue Biogasanlagen entstehen. Und wie bei unseren Schweizer Nachbarn wird man wahrscheinlich auch hierzulande vermehrt auf elektrisch betriebene Wärmepumpen zurückgreifen. Immerhin produzieren sie mit einer Kilowattstunde Strom drei bis vier Kilowattstunden Wärme. Weiteres Potenzial liegt in der Nutzung der Abwärme aus Industriebetrieben. Die große Wende kommt aber nur, wenn man den Verbrauch massiv redu-


ziert und die Energieeffizienz der Gebäude stark erhöht. Bei Neubauten hat sich bereits viel getan – Stichwort KlimaHaus. Nun stellt sich die Frage, wie man die thermischen Sanierungen von Altbauten forcieren kann. Derzeit wird jährlich knapp ein Prozent der alten Bausubstanz energetisch auf Vordermann gebracht. Bei gleich bleibendem Tempo wird es hundert Jahre dauern, bis alle Gebäude saniert sein werden und der Verbrauch massiv gesenkt werden kann. Laut EU-Roadmap haben wir aber nur vierzig Jahre Zeit. Noch schwieriger scheint eine Reduzierung der Emissionen beim Verkehr… Der Verkehr ist und bleibt kritisch. Hier brauchen wir vor allem effiziente Nahverkehrsnetze, aber auch ein breites Umdenken ist notwendig. Nutzen statt Besitzen ist eines der Leitmotive, die den Verkehr der Zukunft prägen werden. Auf dem Land wird sich der Trend wohl nur schwer durchsetzen. In vielen Großstädten wird das neue Verhältnis der Menschen zum Automobil jedoch bereits vorexerziert: Der tägliche Pendlerverkehr wird über öffentliche Verkehrsmittel abgewickelt. Zum Ausgehen nimmt man ein Taxi. Wer wegfährt, wendet sich an den nächsten Carsharing-Point, wer größere Gegenstände transportieren muss, mietet sich einen Lieferwagen. Und fürs Wochenende mit der Freundin leistet man sich ein Cabrio. Stichwort E-Mobility. Was sicher kommen wird, ist die Elektrifizierung der zwei Räder. Im asiatischen Raum ist dieser Prozess bereits stark vorangeschritten. Aber auch Hybridfahrzeuge werden sich künftig stärker durchsetzen. Südtirol hat für sich den Anspruch erhoben, bis 2050 energieautark zu sein. Ist das Ziel realistisch? Südtirol hat gute Voraussetzungen, eine weitgehend neutrale Energie-Bilanz zu erreichen, also im Lauf eines Jahres dieselbe Menge an Energie zu erzeugen, die es verbraucht – allerdings eingebettet in das europäische Energienetz. Um dieses Ziel langfristig erreichen zu können, müssen wir aber bereits heute klare Akzente setzen.


TITEL: N A C H H A LT I G K E I T | Mobilität

Die Zukunft hat begonnen Südtirol hat die progressive Einführung von Elektromobilität zu seinem strategischen Ziel deklariert. Für den öffentlichen Verkehr wurden die Voraussetzungen bereits geschaffen.

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Emissionen, kein Geräusch – so werden Ende September die Teilnehmer der ADAC eRallye Südtirol anrollen. 25 Elektromobile werden sich unter dem Motto „Alps Zero“ an fünf Tagen auf fünf verschiedenen Routen quer durch das Land messen. Die Besonderheit dieses Rennens, das vom ADAC-Magazin Motorwelt und von der Südtirol Marketing Gesellschaft (SMG) ins Leben gerufen wurde, ist der Einsatz von ausschließlich serienmäßig hergestellten Fahrzeugen mit vier Rädern, die durch einen Elektromotor angetrieben werden. Die Veranstaltung will der wachsenden Bedeutung einer umweltfreundlichen Mobilität Rechnung tragen. Sie soll aber auch die Bemühungen Südtirols um eine neue Mobilität unterstrei-

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Fahrspaß ohne Emissionen: An entsprechenden Technologien wird derzeit weltweit gearbeitet

chen. Derzeit wird – und zwar weltweit – Seilbahn oder der Integration von Bahn auf Hochdruck an entsprechenden und Radverleih habe Südtirol die VorTechnologien und Konzepten gearbei- aussetzungen für die Einführung von tet. Insbesondere Japan, die USA, China Elektromobilität bereits geschaffen, so und Deutschland – aber auch die EU – in- Widmann. Zu den primären Anliegen vestiert jährlich Hunderte von Millionen zählt nun der Aufbau einer Flotte von EEuro in die Forschung. Vor diesem inter- Fahrzeugen für den öffentlichen Nahvernationalen Szenario hat nun auch Südti- kehr. Wo es die Technologien erlauben, rol „die progressive Einführung von sollen die Busse künftig mit Strom oder Elektromobilität als eines seiner strate- Wasserstoff fahren. Nach Fertigstellung gischen Ziele deklariert“, wie Landesrat der Wasserstoff-Produktionsanlage in Thomas Widmann bestätigt. Damit Bozen Süd wird es dafür sogar einen spielt sich das Land an die Spitze der „hauseigenen“ Treibstoff geben. Liga der alpinen Regionen, wo das TheDer öffentliche Verkehr ist aber nur ma bisher kaum als Gesamtkonzept an- ein Teil eines umfassenden Systems, das gedacht wurde. vom Carsharing über E-Roller und E-Räder bis hin zu den Aufstiegsanlagen und Seilbahnen reicht. Ein Sektor, in dem Umfassendes System Südtirol besondere Kompetenzen beDurch den massiven Ausbau von Bus sitzt und wo die Möglichkeit besteht, beund Bahn, aber auch dank diverser Lö- reits erprobte Technologien einzusetsungen wie der Verbindung von Zug und zen. Das Mobilitätsressort unterstützt


zudem die Entwicklung von themenspezifischen E-Bike-Rundwegen, auf denen man künftig innovative Akku-Tauschund Ladestationen testen will. Das Umrüsten auf einen weitgehend emissionsfreien öffentlichen Verkehr bringt laut Widmann aber nicht nur ökologische und gesundheitliche, sondern auch wirtschaftliche Vorteile. So im Tourismus, wo der eingeschlagene Weg als Alleinstellungsmerkmal und Mehrwert genutzt werden kann. Großes Potenzial sieht der Landesrat auch für die Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze. Die grünen Technologien seien zudem eine Chance für viele Betriebe. Zu den Firmen, die sich bereits auf dieses Terrain gewagt haben, zählt die Letsmove GmbH mit Sitz in Gargazon, die sich auf sanfte Mobilität spezialisiert hat und auch Elektrobusse vermarktet. „Kürzlich hat das Ressort für Mobilität eine Studie in Auftrag gegeben“, sagt Daniel Campisi von Letsmove. „Sie soll prüfen, ob auf den Strecken nach St. Vigil, zur Plätzwiese und auf die Seiser Alm künftig Elektrobusse eingesetzt werden können.“

Preisdifferenz schreckt ab Und was passiert im Privatverkehr? Laut einer Umfrage des Bonner Instituts für angewandte Sozialwissenschaft infas fahren in Deutschland neun von zehn PkwNutzer täglich weniger als 100 Kilometer.

Das bedeutet: Mit den aktuell am Markt verfügbaren Elektroautos könnten bereits mehr als die Hälfte aller deutschen Autofahrer ihren Alltag problemlos bewältigen. Mit künftig noch leistungsfähigeren Energiespeichern könnten sich sogar bis zu 97 Prozent der Autofahrer ihre Mobilitätswünsche erfüllen. Allerdings würde bis dato vor allem der Preis, so die Studie, viele Pkw-Besitzer vom Kauf eines Elektroautos abhalten.

Eine These, die Campisi so nicht gelten lässt: „Wer das behauptet, hat die Rechnung nicht bis zum Schluss gemacht und nicht alle Faktoren berücksichtigt.“ Die wahren Gründe vermutet Campisi anderswo: „Wir haben heute alle ein enormes Freiheitsbedürfnis, das von der Autowerbung noch kräftig unterstützt wird. Ein Pkw-Besitzer will wissen, dass er mit seinem Wagen spontan zum Gardasee und wieder retour fahren kann.“ Mit einem reinen E-Fahrzeug sei dies derzeit noch nicht möglich. „Vielen Konsumenten fehlen zudem die entsprechenden Erfahrungswerte. Nie-

mand kann mir heute sagen, wie lange eine Batterie betriebsfähig bleibt.“ Dazu würden sich auch noch gesetzliche Hürden gesellen. „Es ist – zumindest in Italien – nicht möglich, einen bereits zugelassenen Wagen mit Verbrennungsmotor auf Strom umzurüsten und diesen anschließend als E-Fahrzeug neu zu deklarieren.“ Campisi spricht von einer Gesetzeslücke, die es zu schließen gilt. „Vor allem die öffentliche Verwaltung könnte hier etwas tun.“ Trotz aller Startschwierigkeiten wird sich „die Elektromobilität auch im Individualverkehr zur Schlüsseltechnologie entwickeln“, behauptet die deutsche Siemens AG in ihrem jüngsten Bericht zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung. In dieselbe Kerbe schlägt auch der deutsche Bundesverband e.Mobilität, für den „die Zeit des Systemwechsels bereits begonnen hat.“ Es gibt aber auch viele, sehr viele Gegenstimmen. Eine für alle: Nach Angaben des Mineralölkolosses Shell wird die Versorgung der deutschen Pkw-Flotte auch 2030 noch immer zu über 80 Prozent auf konventionellen Kraftstoffen basieren. Schwarzmalern, die den Wunsch nach einer neuen Mobilität als unendlich langen Traum belächeln, antwortet Campisi mit einer Provokation. „Eigentlich müsste – so wie es auch bei den Zigarettenpackungen der Fall ist – über jedem Auspuff die Aufschrift stehen: Schadet der Gesundheit.“ (mdp)

Funktioniert bereits sehr gut: Die Integration von Bahn und Radverleih in Südtirol APRIL, MAI, JUNI 2012 | M  21


TITEL: N A C H H A LT I G K E I T Über den Tellerrand

Wie andere das Thema Nachhaltigkeit besetzen 4

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NACHHALTIGE FERIENCLUBS TUI Umwelt Champion 2011

Der robinson Club Cala Serena auf Mallorca wurde als bester TUI Umwelt Champion 2011 in der Kategorie „umweltfreundlichstes Hotel“ ausgezeichnet. Entschieden haben das 500.000 Urlauber. Cala Serena ist seit Jahren Vorbild in Sachen Nachhaltigkeitsmanagement: Es gibt eine Ozonwaschmaschine, die Energie und Waschmittel spart, einen sekundären Wasserkreislauf, um WC-Spülungen Wasser sparend mit geklärtem Brauchwasser zu tätigen und vieles mehr. Ausschlaggebend für die gute Bewertung des Clubs sind aber vor allem der große Einsatz aller Mitarbeiter um Clubdirektor Klaus Augustin. „Die Gäste schätzen die Umweltpolitik des robinson Clubs ungemein“, erklärt Harald Zeiss, Leiter des TUI Nachhaltigkeitsmanagements. Zeiss lobt den Club „als herausragendes Beispiel“. robinson ist die Hotelkette in Deutschland, die sich am intensivsten für Umweltschutz und Nachhaltigkeit einsetzt – und das schon seit der Firmengründung im Jahr 1970. Fazit: Die Gäste belohnen jahrelange Mühen in Sachen Nachhaltigkeit. 2

KEIN AUTO, KEIN STRESS Modellort für sanfte Mobilität

Der kleine Alpenort Werfenweng im Salzburger Land setzt seit über zehn Jahren auf nachhaltigen Tourismus. Das Besondere: Gäste, die mit der Bahn anreisen oder den Autoschlüssel für die Dauer des Urlaubs abgeben, erhalten ein breites Gratisangebot umweltschonender und sozial verträglicher Fortbewegungsarten. Von Shuttleservices über eine Flotte von Elektroautos bis hin zu Spaßvelos und Leihfahrrädern oder Langlaufausrüstungen – alles kostenlos – gibt es alles, was das grüne Herz begehrt. „In den 22  M | APRIL, MAI, JUNI 2012

ersten vier Jahren seit Einführung der autofreien Initiative sind die Gästenächtigungen von 162.000 auf 212.000 angestiegen und das bei gleichbleibender Bettenanzahl im Ort“, erklärt Peter Brandauer, Bürgermeister von Werfenweng, stolz. „Alle Elektrofahrzeuge werden über eine Solartankstelle am Dorfplatz sowie durch das Sonnenkraftwerk an der Südseite des Ortes, das pro Jahr 294.000 kWh Strom erzeugt, versorgt. Damit entspricht die solare Energiegewinnung von Werfenweng dem Verbrauch von etwa 150 Haushalten und liegt weit über dem Bedarf der Elektrofahrzeuge. Fazit: Auch Nachhaltigkeit ist (noch) eine Profilierungsmöglichkeit. 3

ALTER SCHUH, NEUES DESIGN

NACHHALTIG MIT IT Mit EDV Energie sparen

SAP, der drittgrößte Softwarelieferant der Welt, hat erkannt, dass er mit seinen Produkten in Sachen Nachhaltigkeit eine entscheidende Hebelwirkung nutzen kann. Warum? Seine Kunden stoßen 10.000 Mal mehr CO2 aus als das Unternehmen selbst. Damit verfügt SAP über die Chance, ein Sechstel der globalen CO2-Emissionen zu beeinflussen. Mithilfe eines Sustainability– Performance–Programms können Kunden feststellen, wo ihre größten Energievampire liegen. Auch unternehmensintern verfolgt SAP ambitionierte ökologische Ziele: Bis 2020 soll der eigene globale CO2-Ausstoß maßgeblich reduziert werden. SAP Deutschland geht mit gutem Beispiel voran und verringerte den Papierverbrauch bereits um 25 Prozent oder 372 Tonnen und stellte die gesamte Verwaltung zu 100 Prozent auf zertifiziertes Altpapier um. Fazit: Effiziente Software macht nicht nur Informationen verfügbar, sondern schont die Umwelt.

Weltkonzerne denken um

Mit den aktuellen Produkten der nikeBetter World stellt der Weltkonzern nike Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt der Unternehmensstrategie. So finden sich in der aktuellen Kollektion Schuhe, die fast komplett aus nachhaltig produzierten Materialien gemacht sind und einen RecyclingAnteil von 83 Prozent aufweisen. Teilweise werden Produkte wie Trainingsjacken sogar zu 100 Prozent aus recyceltem Material hergestellt. nike hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Seit 2011 werden alle Schuhe aus umweltfreundlichen Materialien hergestellt und mit wasserlöslichen Klebstoffen versehen. Bis 2015 sollen alle Kleidungsstücke folgen, bis 2020 dann alle Produkte. Und 2020 will man nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip den Kreislauf zu 100 Prozent nachhaltig gestalten. Dazu gehört ein umfangreiches RecyclingProgramm, bei dem aus alten Schuhen neue Sportplatzböden werden, sowie der Vorsatz, bis 2017 klimaneutral zu werden. Fazit: In zehn Jahren wird es normal sein, nachhaltige Schuhe zu tragen.

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ES GRÜNT SO GRÜN Umwelthauptstadt 2012

Nach Stockholm und Hamburg wurde 2012 eine weitere Stadt mit dem Titel Umwelthauptstadt geadelt: Vitoria-Gasteiz, die spanische Stadt mit knapp 250.000 Einwohnern, hat sich die EU-Auszeichnung vor allem durch ihren „grünen Gürtel“ verdient. Dabei handelt es sich um ein Areal, das sich wie ein Ring um die Innenstadt zieht. „Das Gebiet, das teilweise natürlich begrünt war, wurde durch die Sanierung verwahrloster Flächen stark erweitert. Dadurch hat es jeder Bewohner nicht weiter als 300 Meter bis ins Grüne“, erklärt Erika Diaz de Argandoña, Mitverantwortliche für das Projekt Vitoria-Gasteiz European Green Capital 2012. Weitere Maßnahmen tragen dazu bei, die Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren zu erhalten. Vitoria-Gasteiz hat sich hohe Ziele gesteckt: nämlich zur „Grünen Stadt der Zukunft“ schlechthin zu werden. Fazit: Die grüne Verwandlung dient vielen als Best-Practice-Vorbild. (gzp)


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TITEL: N A C H H A LT I G K E I T | Green sells

Ein Land sieht grün. Green Region Südtirol: Mit diesem Statement macht

Südtirols Standortagentur BLS seit Kurzem italienische Unternehmer und Investoren auf den Wirtschaftsstandort Südtirol und seine grüne Vorreiterrolle aufmerksam.

DIE GANZE WELT redet von „green“, Südtirol „lebt“ die Farbe seit Langem: In Sachen erneuerbare Energie und Energieeffizienz ist unser Land Vorzeigeregion im Stiefelstaat und punktet mit seinem Know-how auch im Ausland. Vom KlimaHaus über das Klimapaket Südtirol bis zum Netzwerk aus Forschung und Entwicklung – die Fakten sprechen für sich. Auf kaum eine andere Region trifft also die Bezeichnung Green Region so zu wie auf Südtirol: „Unsere Vorreiterrolle im Bereich Green Energy innerhalb Italiens ist unbestritten und wird auch immer wieder durch zahlreiche Studien und Untersuchungen bestätigt“, unterstreicht Wirtschaftslandesrat Thomas Widmann. Klar, dass diese Tatsache für Südtirols Standortagentur Business Location Südtirol – Alto Adige (BLS) ein wichtiges Marketingargument ist, um Unternehmern und Investoren den Wirtschaftsstandort Südtirol schmackhaft zu machen.

„Schuhlöffel“ in den Stiefel Das gilt sowohl für den deutschen als auch für den italienischen Markt, die beiden Hauptmärkte für die Marketingbemühungen der BLS. Tatsächlich bietet sich für Unternehmen aus Deutschland der Einstieg in den italienischen Markt von Südtirol aus geradezu an. Ganz besonders der Fall ist das für Betriebe mit Schwerpunkt Energieeffizi-

enz und erneuerbare Energie, für die Deutschland bestimmt. Dort wirbt man Italien derzeit aufgrund des Booms der mit der Kernaussage: „Südtirol als grünen Technologien ein besonders lu- Sprungbrett in den italienischen Markt“ krativer Markt und Südtirol der ideale – ein Statement, das sich als sehr überzeugend für das Zielpublikum erwiesen hat und offensichtlich funktioniert, wie die zahlreichen Ansiedlungsanfragen und -projekte aus deutschen Landen untermauern. Während man auf dem deutschen Markt also von Anfang an das Ass des „Einstiegs in den Stiefel von oben“ ausspielte, war die Positionierung Südtirols auf dem italienischen Markt zunächst nicht so klar. „Für den italienischen Markt hatten wir bis 2011 noch keine unverwechselbare Argumentationslogik definiert. Wir mussten einen Weg finden, unser Profil zu schärfen. Die Bewerbung als Green Region lag auf der Hand, hier sind wir stark, hier können wir uns gegen Mitbewerber abgrenzen. Aber wir wollten zunächst professionell abtesten lassen, ob die Adressaten mit dieser Bezeichnung auch etwas anfangen können“, so BLS-Direktor Ulrich Stofner. „Schuhlöffel“ in den Stiefelstaat ist. Eine qualitative Befragung durch das Denn zur grünen Vorreiterrolle Südti- renommierte Marktforschungsinstitut ISPO aus Mailand sollte das abklären. rols innerhalb Italiens kommen noch Die Mitarbeiter des Instituts führten Inweitere Vorteile dieses Standorts, von denen deutsche Niederlassungen profi- terviews mit je vier Kommunikationsextieren können, wie etwa die Zweispra- perten, Vertretern des Unternehmertums und Touristikspezialisten sowie chigkeit, die stabilen Verhältnisse oder mit drei Vertretern des Sektors Green zu die Förderpolitik. Diese Tatsache hat Potenzial, Interesse, Pro & Contra des die Kommunikationslinie der BLS in

S Ü DT I RO L G R E E N R E G I O N I TA L I E N S ? Stimmen aus der ISPO-Befragung 2011

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„Südtirol verfügt schon jetzt über alle Eigenschaften einer grünen Region. Es hat bereits eine entsprechende Kultur und Sensibilität der Verwaltung und der Bevölkerung.“


englischen Terminus und der Bezeich- und vermarktet diese. Gemeinsam mit nung Green Region für die Provinz Bo- dem TIS innovation park siedelt die BLS zen. Dabei kam heraus, dass Südtirol Unternehmen an, die Forschung und nach Ansicht der Befragten vor allem in Entwicklung in jenen Bereichen betreider Wirtschaftswelt bereits den Appeal ben, wo Südtirol Exzellenz entwickeln einer grünen Region innerhalb Italiens möchte, also insbesondere im Sektor hat und sich die grüne Bezeichnung Green. Dazu gehören Energie, Lebensdeshalb hervorragend für die Bewer- mittel und nachhaltige Technologien. bung des Standorts eignet. „Wenn wir Südtirol erfolgreich als Green Region etablieren wollen, gehört dazu eine entsprechende Umwelt-, KlimaStarke Inhalte gefragt Grundtenor unter den Befragten war aber auch, dass die Green Region keine leere Hülle sein dürfe, sondern ernsthaft und politisch mitgetragen und mit Inhalten gefüllt werden müsse. Bedenken, die laut Ulrich Stofner zwar berechtigt sind, für Südtirol aber nicht zutreffen: „Natürlich beinhaltet der Anspruch der grünen Region nicht nur die Bereiche Kommunikation und Marketing, sondern damit hängt auch die Entwicklung des gesamten Produkts zusammen, in diesem Fall also des Standorts Südtirol. Aber dieser Prozess ist dank einer sehr vorausschauenden Umwelt- und Energiepolitik längst angebahnt worden, ich nenne hier stellvertretend nur die Vision vom ‘KlimaLand Südtirol’ von Landesrat Michl Laimer oder den Ausbau der nachhaltigen Mobilität von Landesrat Thomas Widmann“, so Stofner. Ganz wichtig sei es nun, hier am Ball zu bleiben und die Weiterentwicklung aktiv voranzutreiben: „Sonst werden wir links und rechts überholt – unsere Mitbewerber sind auch gut aufgestellt.“ Der nächste große Schritt in diese Richtung stehe bereits an: der Technologiepark in Bozen. Die BLS baut auf dem TechnologieparkAreal die Module für die Unternehmen

und Mobilitätspolitik, aber auch eine gezielte Förderung von Betriebsansiedlungen und der Innovation in diesem Bereich. Der Technologiepark kann hier entscheidende Arbeit leisten, denn er wirkt als eine Art Leuchtturm für nachhaltige Entwicklung und ist so ein Magnet für weitere Ansiedlungen, die neues Know-how und Innovationen ins

„Südtirol ist ein Vorreiter in Sachen Sauberkeit und ökologische Kultur und hat im Energiebereich große Investitionen getätigt.“

Land bringen“, bringt es Landesrat Widmann auf den Punkt. Das wiederum stärke den Standort und erhöhe seine Wettbewerbsfähigkeit. Beim werblichen Auftritt am italienischen Markt hat die BLS bereits im vergangenen Herbst damit begonnen, Südtirol als Green Region Italiens zu positionieren. Geworben wurde bislang in nationalen Tages- und Wochenzeitungen aus dem Wirtschaftsbereich bzw. mit Bezug zu Green Energy. Bei den Sujets, die man hierfür gewählt hat, dominiert – wie könnte es anders sein – die Farbe Grün, die Motive kommen aus der Natur. Die Botschaft allerdings ist dem Bereich der Fakten entnommen: Kommuniziert werden Zahlen, die Südtirols Leadership im Bereich Green untermauern. Ziel der Kampagne ist es, auf möglichst eindrucksvolle und überraschende Art darauf aufmerksam zu machen, welche Vorreiterrolle der Standort in diesem Sektor innerhalb des Staatsgebiets inne hat. „Wir haben hier eine Kreatividee gefunden, die nicht nur hält, sondern weiter reifen und wachsen kann. Bisher haben wir erst einige wichtige grüne Fakten für unsere Sujets verwendet. Bei dem Potenzial, das Südtirol in diesem Bereich aufweist, können und werden aber noch viele weitere folgen“, so BLS-Marketingchefin Birgit Mayr, die fest davon überzeugt ist, nun auch in Italien den richtigen Hebel für die Vermarktung des Wirtschaftsstandorts Südtirol gefunden zu haben. „Wir kommunizieren eine Seite von uns, in der wir wirklich herausragend und unverwechselbar sind. Ich glaube fest daran, dass uns diese Positionierung viel (bk) Kraft gibt.“

„Südtirol hat eine sehr moderne Politik der Nachhaltigkeit, ich denke da ans KlimaHaus, an die Messe, an diverse grüne Initiativen.“ APRIL, MAI, JUNI 2012 | M  25


TITEL: N A C H H A LT I G K E I T | Verkehr

Clever gegen dicke Luft Staus sind nicht nur lästig, sondern tragen auch wesentlich zur Luftverschmutzung bei. integreen heißt das Verkehrsprojekt für Bozen, das auf intelligente Weise den Verkehr in der Landeshauptstadt umweltverträglicher regeln will.

Zu Stoßzeiten ist der Verkehr in der Landeshauptstadt oft alles andere als flüssig

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ntegreen setzt auf verschiedenen Ebenen an: Es will einerseits den Verkehr dynamisch, intelligent und ökologisch nachhaltig regeln. Auf der anderen Seite will es die Bevölkerung darüber aufklären, welchen Unterschied – für die Umwelt und für die eigene Brieftasche – es etwa macht, ob man das eigene Auto oder den Zug nimmt. integreen geht aber noch tiefer und gibt all jenen, die nicht auf das eigene Auto verzichten können, konkrete Tipps, wie auch sie durch einen bewussten Fahrstil einen kleinen Beitrag zum Umweltschutz leisten können. Das Projekt hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, durch eine Kombination all dieser Maßnahmen die Luftverschmutzung um 15 bis 30 Prozent zu reduzieren. Spezielle Test-Sonden-Fahrzeuge sammeln Informationen über den Verkehr der Stadt Bozen. Durch diese Daten

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ist es möglich, den Verkehr zu analysieren und auch auszurechnen, welche Auswirkungen er auf die Luftqualität hat. Außerdem kann so herausgefunden werden, wie der Verkehr dynamischer geregelt werden und reibungsloser ablaufen kann: Wie sollen etwa die Ampeln eingestellt werden, dass sie zur „richtigen“ Zeit auf Rot oder Grün schalten, ohne Staus zu verursachen? Welche Straßen werden zu den Stoßzeiten am meisten befahren und welche Ausweichmöglichkeiten gibt es? Um diesen technischen Teil wird sich das Austrian Institute of Technology (AIT) kümmern, das auf Infrastrukturthemen der Zukunft spezialisiert ist. Das Projekt sieht auch eine stärkere Einbindung der Verkehrsmeldezentrale vor: Sie soll die Autofahrer regelmäßig über Staus und andere Verkehrsbehinderungen informieren, damit diese rechtzeitig auf andere Straßen ausweichen können.

Bus, Bahn, Auto, Elektrorad…? Neben den technischen Messungen und Erhebungen widmet sich ein Teil des Projekts auch der gezielten Sensibilisierung der Bevölkerung hin zu nachhaltigen Transportmitteln, intelligenter Mobilität und umweltbewusster Fahrweise. Denn nicht nur ungünstig geregelte Ampeln und Staus tragen zur Verschmutzung von Luft und Umwelt bei: Um eine langfristige und nachhaltige Verbesserung zu erzielen, müssen die Autofahrer darüber aufgeklärt werden, welche Auswirkungen die Wahl des Fortbewegungsmittels auf die Umwelt hat. Wie sieht etwa mein ökologischer Fußabdruck aus, wenn ich die Strecke von A nach B mit dem eigenen Auto oder mit dem Bus zurücklege? Und was kostet mich das eine, was das andere?


Alles beginnt bereits mit der Planung der Fahrt: In den meisten Fällen ist es sinnvoller, auf das eigene Auto zu verzichten, und das nicht nur der Umwelt wegen. Oft braucht man mit dem eigenen Auto einfach viel länger bis ans Ziel als mit anderen Fortbewegungsmitteln. „Wir haben es selbst getestet“, sagt Roberto Cavaliere vom TIS, der das Projekt betreut. „Wir haben drei Mitarbeiter des TIS von Bozen Süd ins Stadtzentrum fahren lassen. Einer nahm das Auto, ein anderer den Bus und der dritte das Elektrorad. Das Ergebnis: Am schnellsten war das Elektrorad.“ Das liegt vor allem daran, dass es in Bozen ein gutes Netz an Fahrradwegen gibt. „Mit dem Auto braucht man nicht nur wegen des Verkehrs und der vielen Ampeln länger, sondern auch, weil man mit der Parkplatzsuche noch zusätzlich Zeit verliert,“ so Cavaliere. Mit welchem Verkehrsmittel man am schnellsten ans Ziel kommt, könnte uns in Zukunft auch unser Handy sagen. Verschiedene Smartphone-Apps, die sogenannten Multimodal Journey Planner, werden uns die effizienteste multi-modale Lösung für einen bestimmten Zeitpunkt aufzeigen, also die Kombination aus verschiedenen Verkehrsmitteln und sie werden uns auch auf dem Lau-

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Verkehrs- und Umweltkontrollaufsicht

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fenden halten, sollten sich die Bedingungen während der Fahrt ändern. „Dicke Luft muss nicht sein“, sagt Ivan Moroder, Direktor des Amtes für Mobilität der Gemeinde Bozen. „Das Neue an diesem Projekt ist, dass es auf verschiedenen Ebenen ansetzt und neben technischen Schwerpunkten auch gezielt auf Sensibilisierungsmaßnahmen setzt. integreen will aufzeigen, dass es einfach ist, etwas für die Umwelt zu tun, und dass jeder einen kleinen Beitrag leisten kann. Bewusstes Fahren ist nämlich nicht nur gut für die Luft, sondern auch für die Brieftasche.“ Zum bewussten Fahren gehört dazu, dass so gleichmäßig wie möglich gefahren wird, also auf sportliches schnelles Beschleunigen und straffes Herunterbremsen weitgehend verzichtet wird. Weiters sparen alle Autofahrer Sprit, die Klimaanlage und Heizung sparsam einsetzen. integreen ist ein Projekt der Gemeinde Bozen (im Rahmen des Projektes „Bozen. Die Energiequelle“) in Zusammenarbeit mit dem TIS innovation park und dem Austrian Institute of Technology (AIT) und wird gefördert durch das life+ Programm der Europäischen (ep) Union.

integreen organisiert Umwelt- und Verkehrsdaten zwischen Verkehrszentren und -teilnehmern APRIL, MAI, JUNI 2012 | M  27


TITEL: N A C H H A LT I G K E I T | Veranstaltung

Die Kunst des Weitblicks. Die Krise als Geburtsstunde nachhaltiger

Entwicklungsmodelle: Auf einem Kongress in Brixen sollen Mitte Mai neue Ideen gebündelt werden und zum Handeln ermutigen.

NIMMT DIE NACHHALTIGKEIT in der Krise Fahrt auf oder gerät sie unter die Räder? Die Frage ist berechtigt, die Antworten darauf recht unterschiedlich. Denn das Thema ist kontrovers. Für die einen macht die Finanzkrise selbst um die Nachhaltigkeit keinen Bogen: Die Kreditklemme bedrohe die Klimapolitik und deren praktische Umsetzung ebenso wie die Bankenbranche oder die Autoindustrie. Andere wiederum sehen die ökonomische Flaute als Geburtsstunde einer nachhaltigen Entwicklung. Unter ihnen auch Günther Reifer. „Jetzt erst recht“, sagt der Mitbegründer des Brixner Terra Institutes und Vorstandsmitglied des Vereins der Gemeinwohl-Ökonomie. „Denn wir können nicht nach demselben Muster weiterwirtschaften und hoffen, dass sich das Resultat diesmal ändert. Das ist nicht möglich.“ Davon ist auch die indische Quantenphysikerin und Aktivistin für Biodiversität Vandana Shiva überzeugt: „Das vorherrschende Modell der wirtschaftlichen Entwicklung hat sich als lebensfeindlich herausgestellt. Hungriges Geld stürzt sich auf den letzten Tropfen Wasser und auf den letzten Zentimeter Land des Planeten.“ In einem begrenzten System sei unendliches Wachstum allerdings nicht möglich, so Reifer. Das habe die aktuelle Krise allzu deutlich gezeigt. „Nun ist jeder von uns – egal ob Unternehmer oder Konsument – gefordert, mehr Verantwortung zu übernehmen und Weitblick zu beweisen. Womit ich nicht meine, dass wir nur in die Zukunft schauen müssen, sondern eher, dass wir unseren Blick fürs Wesentliche schärfen sollten.“ 28  M | APRIL, MAI, JUNI 2012

Nachhaltigkeit und Wachstum Dass sich wirtschaftlicher Erfolg mit sozialer Verantwortung und Schonung der Umwelt durchaus verbinden lassen, beweisen unter anderem Giganten wie Siemens, Viessman, Puma oder rewe. Sie alle wurden in den vergangenen Jahren mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet. Die Anerkennung geht an

‘Erde in Bewegung setzen’, Ideen bündeln und zum Handeln ermutigen so das Bestreben der Tage der Nachhaltigkeit

Betriebe, die nachhaltiges Handeln zu Wachstum nutzen. „Wenn ich als Unternehmer auch weiterhin meinen Fokus nur auf die Menge und den Preis richte, entscheide ich mich nicht für, sondern gegen unsere Welt und mache mich mitschuldig“, sagt Günther Reifer. Die Ausrede, dass sich die Nachfrage gerade in Krisenzeiten an billiger Massenware orientiere, lässt er nicht gelten. „Wir können und müssen unsere Kunden auch umer-

ziehen.“ Rückendeckung bekommt Reifer in dieser Sache von Jakob von Uexküll, dem Begründer des Alternativen Nobelpreises: „Allzu oft wird die Wirtschaft noch von ängstlichen Zukunftsverhinderern vertreten, statt von Unternehmern, die diesen Namen verdienen.“ Jakob von Uexküll wird, ebenso wie Vandana Shiva und Claus Hipp, Mitte Mai an einem Kongress in Brixen teilnehmen. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Tage der Nachhaltigkeit statt, die heuer im Mai bereits zum zweiten Mal vom Terra Institute und dem Bildungshaus Kloster Neustift abgehalten werden. Deklariertes Ziel der Initiative ist es, die breite Öffentlichkeit zu nachhaltigem Handeln zu inspirieren und zu ermutigen. „Das passiert vor allem im Rahmen des Kongresses, aber auch auf den verschiedenen Seminaren, die wir ebenso anbieten wie einen Jugendkongress, der Kinder und Jugendliche einbindet“, sagt Reifer. Den Organisatoren gehe es dabei nicht um eine rein theoretische Diskussion, sondern um Ideen und Ansätze, die auch umgesetzt werden können. Eine Formel, die durchaus Anklang findet. Nach Brixen gehen die Tage der Nachhaltigkeit erstmals auch auf „Tournee“. „Im Herbst sind wir mit anderen Partnern und Referenten zunächst in Verona und dann in München und Innsbruck“, so Reifer. (mdp)

TA G E D E R N A C H H A LT I G K E I T Initiatoren: Günther Reifer, Evelyn Oberleiter, Terra Institute, Andreas Wild, Bildungshaus Kloster Neustift 10.-13. Mai 2012 in Brixen www.thinkmoreabout.com


TITEL: NACHHALTIGKEIT | Meinung

Nach | hal | tig | keit die; das Konzept der Nachhaltigkeit beschreibt die Nutzung eines regenerierbaren Systems in einer Weise, dass dieses System in seinen wesentlichen Eigenschaften erhalten bleibt und sein Bestand auf natürliche Weise regeneriert werden kann.

Dem Wort geht’s zu gut Für Florian Kronbichler ist Nachhaltigkeit ein nicht nur grammatikalisch fragwürdiger Ausdruck. Die Grünen verpassten dem Wort die einseitig gute Bedeutung. Heute ist es gänzlich weichgespült, und die Wirtschaft lebt gut davon.

Illustration: Carlo Stanga

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ie ist das mit der Homöopathie? Ein Mittel gilt für umso wirksamer, je stärker es verdünnt wird. Ich bringe das Beispiel, weil ich damit erklären will, warum nachhaltig und Nachhaltigkeit homöopathische Wörter sind (abgesehen von einem Placebo-Wort, aber darüber später). Wie kam dieses schlichte, dieses nicht einmal grammatikalisch einwandfreie Adjektiv (denn streng genommen müsste es ja nachhaltend heißen) zu seiner derzeitigen Konjunktur? Ich sag nicht Inflation, denn das klingt nach Entwertung. Davon kann bei nachhaltig keine Rede sein. Wer heute zählen will, muss es nachhaltig tun. Nachhaltig ist gut, ist demokratisch, in seinem Namen lebt eine ganze Wirtschaft, es hat Sex-Appeal, und es braucht nicht übersetzt zu werden, denn im Unterschied zu den meisten Neuwörtern ist es sogar deutsch. Damit habe ich aber nicht meine Frage beantwortet. Warum geht’s diesem Wort, dieser Nachhaltigkeit so gut? Mir fiele aus dem Stand kein anderes deutsches Wort von ähnlicher Unwiderstehlichkeit ein. Und das seit Jahren. Unser Sepp Kusstatscher war noch Europaparlamentarier und in Deutschland war Fußball-WM, damals Sommermärchen genannt. Auf dem Weg von Europa ins heimatliche Villanders, bei Stuttgart war’s, fiel der grüne Sepp unter die Fußballfans. Es muss dabei ziemlich schlachtenbummlerisch zugegangen sein. Jedenfalls brachte der Anblick den Grünen auf trübe Gedanken, die er anschließend seinem Blog anvertraute. Darin stand zu lesen, solchem Massentrubel vermöge er nichts abzugewinnen, denn er sei „nicht nachhaltig“. Fußball-Feste nicht nachhaltig? Ich schrieb dem Gutmenschen eine giftige Glosse hintennach, was er sich denn unterstehe, für nachhaltig nur gelten zu lassen, was er und seine Partei verträten. Auch was schlecht ist, könne nachhaltig sein. Dann wäre es halt nachhaltig schlecht.

Sprachliche Spitzfindigkeit!, muss ich heute gestehen. Selbstverständlich hatte das Wort ursprünglich seine wörtliche, gleichgewichtige Bedeutung. Es wollte sagen: Etwas hält, hält länger, wirkt nach, und das unabhängig davon, ob gut oder bös. Dann aber kamen die Grünen – endlich ist’s heraus! – die Grünen entdeckten das Wort, wuschen es, auf homöopathisch gesagt: verdünnten es, und es ward nur noch in dem einen, guten, grünen Sinn gebraucht. Ein Zauberwort war geboren: die Nachhaltigkeit, made in Germany. Das war in den 1980er-Jahren. Endlich trat wieder einmal aus Deutschland ein Wort seinen Siegeszug um die Welt an. Auf Englisch heißt es sustainable, auf Französisch durable und auf Italienisch sostenibile. Aber nur im Deutschen hat das Wort sämtliche andere Bedeutungen aufgefressen. Nun muss heute ein Produkt, ein Prozess, außer nachhaltig auch nachverfolgbar sein. Woher kommt das Zeug und auf welchem Weg? Im Fall der Nachhaltigkeit gibt’s keinen Zweifel: Nach Südtirol gebracht hat das Placebo-Wort (sagt nichts, aber hilft) eindeutig Hans Glauber, Vater der Toblacher Gespräche, und Toblach darf auch als das Einfallstor der Nachhaltigkeit nach Mitteleuropa betrachtet werden. Der 2008 verstorbene Kosmopolit hat den Begriff den Ökosozialisten in Frankfurt abgelauscht, nach Toblach importiert und hier heimisch gemacht. Er hat auch dafür gesorgt, dass das Wort kein Monopol grüner Körnlefresser blieb. So wie andere ehemals alternative Werte wurde auch die Nachhaltigkeit nach und nach von der herrschenden Politik vereinnahmt. Die Wirtschaft sprang auf, veredelte und verhurte es und lebt seitdem davon. Ich wüsste nicht, was heute nicht für nachhaltig verkauft wird. Oh, ich könnte, wenn ich bösartig wäre, sehr nachhaltig weiterflegeln. Florian Kronbichler, 60, ist freier Journalist in Bozen. Seine Kommentare und Glossen erscheinen in deutschen und italienischen Zeitungen. APRIL, MAI, JUNI 2012 | M  29


MARK E T I N G

Die Bio-Milch macht’s

Mit 1,5 Prozent Marktanteil ist die biologische Milchwirtschaft in Südtirol immer noch eine Nische. Eine Nische, die allerdings rasant wächst, immer mehr Anhänger und jetzt auch ein eigenes Zeichen hat.

VOR 14 JAHREN brachte der Milchhof Meran als erster Milchhof Südtirols BioMilch auf den Markt. Südtirols Milchwirtschaft sprang somit vergleichsweise spät auf den Bio-Zug auf, der seit den 90er-Jahren in Europa stetig an Fahrt zugelegt hatte. Doch seitdem die Vermarktung angefangen hat, läuft sie gut, sogar so gut, dass mehr Nachfrage als Angebot herrscht und sich auch andere Milchhöfe entschieden, die bislang in die konventionelle Milchverarbeitung fließende Bio-Milch getrennt zu verarbeiten und zu vertreiben. Im Jahr 2000 zog der Milchhof Sterzing nach und erweiterte die Palette um Bio-Joghurt und Bio-Butter. 2004 wurde die Psairer Bergkäserei gegründet, die ausschließlich BioMilchprodukte produziert. 2010 schließlich folgten der Brixner Milchhof Brimi und die Bozner Mila. Die Produktpalette ist dabei mitgewachsen: War es anfänglich nur Bio-Frischmilch, die verkauft wurde, so gibt es mittlerweile Butter, Joghurt, Mozzarella und verschiedene Schnittkäse in Bio-Qualität. Die Bio-Wirtschaft hat sich sehr gut entwickelt; dennoch machen die produ30  M | APRIL, MAI, JUNI 2012

zierten fünf Millionen Kilogramm BioMilch nur 1,5 Prozent der gesamten Südtiroler Milchproduktion aus.

Intensiver Leben Helene und Peter Nössing vom Schmalzerhof in Flains bei Freienfeld wirken entspannt und freudig: Seit sie im Jahr 2000 von konventioneller Milchwirtschaft auf Bio-Wirtschaft umgestellt haben, sei es schon etwas anderes, die tägliche Arbeit auf dem Hof zu verrichten. „Es ist zwar immer noch Arbeit“, sagen sie, „aber irgendetwas in uns war immer schon näher an den Tieren, näher an den Produkten und näher an der Natur. Seitdem wir uns nicht mehr dem Druck der höchsten wirtschaftlichen Leistung pro Kuh aussetzen, arbeitet es sich leichter – und es lebt sich intensiver!“ Auf biologische Landwirtschaft umzustellen war für die beiden Bauersleute nur logische Konsequenz. Viel mussten sie gar nicht tun, denn ihre Einstellung zur Viehwirtschaft war schon immer eine nicht rein wirtschaftlich geprägte. Helene Nössing ist neben ihrer Tätigkeit als Bio-Bäuerin auch noch Vizebürgermeisterin von

Freienfeld im Wipptal und bei zahlreichen Vereinen aktiv. Von Fortschrittsverweigerung keine Spur. So wie die Schmalzer arbeiten noch weitere 600 der insgesamt 12.000 Bauern in Südtirol nach den Kriterien des biologischen Landbaus, rund 80 davon produzieren Milch. Die Auszahlungspreise für Bio-Milch liegen mit 62 Cent pro Kilo deutlich über den knapp 48 Cent für die konventionelle Milch. Und auch der Markt für die Produkte ist da: Neben Südtirol selbst werden die Südtiroler Bio-Milchprodukte vor allem erfolgreich im restlichen Italien vertrieben. Mit dem steigenden Angebot und der Mode, „Bio zu sein“-, steigt aber auch die Verwirrung. Was ist Bio? Und wie erkennt man die Bio-Produkte?

Was bedeutet Bio, was konventionell? Bio-Produkte sind naturbelassen, nährstoffreich und arm an Schadstoffen. Soweit die Vorgaben im Allgemeinen. In der Milchwirtschaft bedeutet „Bio“ vor allem eine artgerechte Haltung der Tiere, genügend Platz für Auslauf und Lie-


geflächen, Tageslicht und eine naturbelassene Fütterung; allesamt Faktoren, die sich auf die Milchqualität auswirken (siehe Tabelle). „Konventionell“ bedeutet, dass vor allem der wirtschaftliche Aspekt der Milchleistung im Vordergrund steht, langfristig ist es aber auch für den konventionellen Bauern von Vorteil, auf die Gesundheit, sprich Langlebigkeit seiner Tiere zu achten. In Südtirol sind verschiedene BioVerbände tätig. Diese haben zumeist strengere Richtlinien, als es das EU-Gesetz vorgibt. Um Bio zu produzieren, muss man nicht zwingend einem Verband angehören. In Südtirol sind verschiedene Verbände tätig, darunter Bio-

land, Naturland, Demeter und der Bund Alternativer Anbauer.

Neues Südtirol-Bio-Logo Der Sennereiverband Südtirol schuf mit dem neuen Bio-Siegel eine klare Marke für Südtirols Bio-Milchprodukte, die das Dach verbandsunabhängig über allen aufspannt, welche nach den Methoden der biologischen Landwirtschaft produzieren. Das Zeichen lehnt sich klar an die Dachmarke und das positive Image Südtirols an und nutzt damit Synergien. Das Zeichen „Qualität Südtirol“ ist seit Anfang 2006 auf den Packungen der Südtiroler Milchprodukte und garantiert ge-

Bio-Milchkuhhaltung

Weidegang oder zumindest Auslauf im Laufhof vorgeschrieben Einstreu vorgeschrieben

6 m² pro Kuh, auch Anbindeställe sind zugelassen, dort ca. 3 m²

prüfte Qualität. „Das neue Bio-Logo ist nun eine konsequente Fortsetzung für die kleine Sparte der Südtiroler BioMilcherzeugung. Es ersetzt nicht das Qualitätszeichen und ist auch optisch in einer anderen Farbe gehalten, aber man erkennt, dass auch das Bio-Logo zur gleichen ‘Südtirol-Familie’ gehört“, sagt Annemarie Kaser, Direktorin des Sennereiverbandes Südtirol. Das im März der Öffentlichkeit vorgestellte Zeichen hat ein ehrgeiziges Ziel: Einerseits soll man damit die Produktion von Südtiroler BioMilch erhöhen und andererseits will man, aufbauend auf den positiven Assoziationen zu Südtirol, vor allem auf dem italienischen Markt punkten. (cs)

Konventionelle Milchkuhhaltung auslauf liegeflächen stallfläche

Weidegang oder Auslauf nicht vorgeschrieben Einstreu nicht vorgeschrieben, jedoch geringe Einstreu oder Gummimatte üblich Bei Neubauten vergleichbarer Platz, in Südtirol aber noch viele Anbindeställe, die ca. 3 m² pro Kuh vorsehen; Auslauf ist nicht vorgeschrieben

Pro Tier ein eigener

fressplatz

Häufig Überbelegung am Fressplatz

Ausschließliche Gras- u./o. Maissilage unzulässig. Sommer: Frischgras und Weide; Winter: Heu und Silage, wenig Kraftfutter

fütterung

Ganzjährige Silagefütterung zulässig. Häufig hoher Kraftfuttereinsatz

Auf angepasste Leistung und lange Nutzungsdauer

züchtung

Auf hohe Leistung und lange Nutzungsdauer

Die ersten zwölf Wochen mit Milch der Mutterkuh

kälberaufzucht

Leguminosen und Mist

Nachweislich wertvollere Milch durch höheren Anteil an Omega-3-Fettsäuren

düngung milchqualität

Milchaustauscher oder Milch

Mist, synthetische Stickstoffdünger sind zugelassen Es wird darauf geachtet, gute Qualität zu liefern, da ein höherer Fettanteil auch einen besseren Auszahlungspreis bringt

APRIL, MAI, JUNI 2012 | M  31


MENSC H E N

Der Umtriebige. Norbert Troyer ist in einem Wasserkraftwerk aufgewachsen

und stolz auf seine Firma, die mit dem Turbinenbau dazu beiträgt, Wasser als Energiequelle zu nutzen. Die Erfolgsgeschichte einer begeisterten Familie. Text: Jessica Braun Foto: Max Lautenschläger

„EIN KUNDE MEINTE, diese Form sei erotisch.“ Norbert Troyer legt die schwere Schale wieder zurück zu den anderen. Tatsächlich haben die Schaufeln einer Peltonturbine, wie sie hier in Sterzing im Werk Troyer GmbH hergestellt werden, wenn auch keine erotische, so doch zumindest eine sinnliche Form wie eine versilberte, hohle Apfelhälfte. Das ist wohl der Grund, warum viele der Kunden, die bei Norbert Troyer eine Turbine oder ein ganzes Wasserkraftwerk bestellen, nach Vertragsabschluss um eine Peltonschaufel bitten. „Die stellen sie sich auf den Wohnzimmertisch.“

Der 37-Jährige grüßt fröhlich die Arbeiter, die in der Werkshalle fräsen, schleifen, schweißen. „Vorsichtig mit den Spänen. Die sind messerscharf.“ Troyer deutet auf einen Berg goldener Locken aus Metall. Abfälle vom Fräsen. Er selbst hat damit schon als Kind gespielt. „Mein Großvater war Kraftwerkswart, und das Haus, in dem ich aufgewachsen bin, war ein Kraftwerk.“ Die von Generation zu Generation vermittelte Wissen der Familie ist weltweit gefragt. Oft haben die vier Troyers, die die Firma leiten, und ihre über 90 Mitarbeiter zu viel zu tun, um neue Angebote

„Wenn Kinder am Wasser spielen, dann stauen sie es am liebsten oder leiten es um. Das steckt wohl in uns drin.“ Auch wenn er es sich nicht anmerken lassen mag: Norbert Troyer ist stolz auf die Firma, die sein Großvater 1934 gründete und die seither in Familienbesitz ist und beständig wächst. Der Standort Südtirol hat sicher dazu beigetragen: Seit ewigen Zeiten nutzen die Menschen hier das Wasser als Energiequelle. In Flüssen, Bächen und Wasserfällen kommt es auf natürliche Weise aus den Bergen hinunter in die Täler, mit so viel Kraft, dass Südtirols Wasserkraftwerke genug Strom produzieren, um den kompletten Bedarf der Region zu decken und den Überschuss zu verkaufen. „Wenn Kinder am Wasser spielen, dann stauen sie es am liebsten oder leiten es um. Das steckt wohl in uns drin“, meint Troyer. 32  M | APRIL, MAI, JUNI 2012

erstellen zu können. 25 Anlagen produziert, liefert und installiert das Unternehmen im Jahr. Troyer zeigt auf die neue Werkshalle, die gerade neben der alten gebaut wird: „Ich hoffe, die ist jetzt groß genug. Aber das dachten wir auch von der alten.“ Die „alte“ Halle wurde vor knapp zehn Jahren in Betrieb genommen das Unternehmen wächst in beachtlichem Tempo. Mit drohendem Klimawandel und steigendem Umweltbewusstsein wird Wasser als erneuerbare Energiequelle immer wichtiger. Die Anfragen nach Turbinen steigen. Doch auch, wenn der produzierte Strom ökologisch einwandfrei ist, muss Norbert Troyer manchen potentiellen Kunden oft erst von der Umweltverträglichkeit eines Wasserkraftwerks überzeugen.

Davon, dass nicht gleich ein ganzes Tal geflutet werden muss, um einen Ort mit Strom zu beliefern. Oder dass ein Kraftwerk nicht zwingend hässlich und laut sein muss. Das kleine Kraftwerk in Sterzing hilft ihm dabei. „Fast lautlos.“ Troyer hat den Kopf in den Nacken gelegt und lauscht. Der quaderförmige Bau liegt in einem steilen Tal gegenüber einer Mühle. Man hört den Fluss rauschen, der einst das hölzerne Mühlrad antrieb. Vom Kraftwerk hört man fast nichts. Erst als er die Türen öffnet, dringt das Dröhnen der Turbinen nach draußen. „Das Kraftwerk versorgt die ganze Gemeinde.“ Wie er so vor den Turbinen steht, eine Hand in der Hosentasche, die andere auf dem Geländer, sieht Norbert Troyer seinem Großvater sehr ähnlich. Neben dem „technischen Gen“ und der Begeisterung für Turbinen hat er von ihm noch etwas anderes geerbt: die Leidenschaft für das Fotografieren. Doch während Valentin Troyer gern Maschinen und Mitarbeiter ablichtete, zieht es den Enkel eher nach draußen in die Natur. Und was knipst er dort am liebsten? Troyer strahlt: „Wasserfälle sind ein tolles Motiv.“ Es scheint, als bräuchte ein Troyer nur zwei Dinge im Leben, die ihn vorantreiben: Begeisterung und Wasser.

TURBINENBAU TROYER GMBH Karl-von-Etzel-Straße, 2 I-39049 Sterzing Tel. +39 0472 765 195 info@troyer.it | www.troyer.it


Mensch und Maschine: Norbert Troyer mit einer Turbine


MARK E T I N G

Junge Talente, neuer Blick Beim Südtirol Medienpreis bewerben sich Jungjournalisten aus dem deutschsprachigen Ausland mit Südtirol-Reportagen. Der beste journalistische Text 2011 porträtiert den Graukäse, die beste Fotoreportage den Südtiroler Literaten Joseph Zoderer.

Die Laudatoren Max Lautenschläger und Ekkehart Baumgartner mit der Gewinnerin des Preises für junge Fotografen Insa Cathérine Hagemann

UNTER DEM NEUEN NAMEN Südtirol Medienpreis verliehen die Südtirol Marketing Gesellschaft (SMG) und die Stiftung Südtiroler Sparkasse Anfang des Jahres bereits zum achten Mal den Förderpreis für junge Journalisten und zum fünften Mal das Pendant für junge Fotografen. Im Kulturzentrum Grandhotel in Toblach erhielten Sandra Stricker, Jungjournalistin aus München, und die Hamburger Fotografin Insa Cathérine Hagemann den Medienpreis für den besten journalistischen Text und die beste Fotoreportage. „Sandra Stricker hat es mit einer Geschichte über den Graukäse geschafft, die Traditionen des Landes aufzuspüren und sie dem Leser begreifbar zu machen. Dabei setzte sie sehr gekonnt das Stilmittel der Personalisierung ein – der Käse wird in ihrem Bericht gewissermaßen zu einer Person, ihre Sprache ist außerordentlich präzise und plastisch“, sagte Jurymitglied und Lauda34  M | APRIL, MAI, JUNI 2012

tor Ekkehart Baumgartner, seines Zeichens Professor an der Akademie für Mode und Design in München. Die Preisträgerin in der Kategorie Fotografie, Insa Cathérine Hagemann, überzeugte die Jury mit einem eindrücklichen fotografischen Porträt des bekannten Südtiroler Schriftstellers Joseph Zoderer. „Ihre Bilder zeigen ihn in Gegenüberstellung mit Orten, die sein Leben maßgeblich geprägt haben“, heißt es in der Laudatio, die der freischaffende Fotograf Max Lautenschläger bei der Preisvergabe hielt.

zeichnen. Zu diesem Zweck wurde 2004 ein Förderpreis für junge Journalisten ausgeschrieben, der 2007 durch einen Preis für den Bereich Fotografie erweitert wurde. Ziel des Südtirol Medienpreises ist zum einen die Region aus neuen Blickwinkeln zu beleuchten, und zum anderen Kontakte zu Nachwuchsjournalisten und –fotografen zu pflegen. Der Preis ist in beiden Kategorien mit jeweils 3.000 Euro dotiert. Die Journalisten aus

Guter Kontakt zum Nachwuchs

SEHEN, HÖREN, LESEN

Mit dem Südtirol Medienpreis zeichnen die SMG und die Stiftung Südtiroler Sparkasse jährlich junge Journalisten und Fotografen aus, die mit Talent, Beobachtungsgabe und Spürsinn das Land Südtirol aus der eigenen Perspektive

Alle Informationen zum Medienpreis und die Siegerreportagen stehen im Internet zum Abruf bereit: www.suedtirolmedienpreis.it


Deutschland, Österreich und der Schweiz, an die sich der Wettbewerb richtet, sollen mit der Distanz eines „Nicht-Südtirolers“ einen etwas anderen Blickwinkel auf Südtirol werfen. Geeinigt hat man sich dabei auf die Darstellungsform der Reportage, die – wie kaum eine andere Textart – eine große journalistische Freiheit erlaubt. Als tatsachenbetonter, aber gleichzeitig persönlicher Erlebnisbericht setzt die Reportage – eingepackt in eine kunstvolle Sprache – ein sensibles Einfühlungsvermögen sowie eine hohe Auffassungsgabe und Analysekompetenz voraus. Bei der Auswahl an Themen können die Journalisten beliebig zwischen Milieustudien, Porträts, Geschichts- und Alltagsthemen wählen. Reporter sollen als denkende Kameras das Erlebte vermitteln, doch können sie nie die visuellen Sinneseindrücke, die eine Bilddokumentation liefert, ersetzen. So schreibt der Südtirol Medienpreis auch einen Wettbewerb für junge Fotografen aus, die die Journalisten auf ihren Recherchereisen begleiten und diese bildlich festhalten.

Die Jury Für den Preis für junge Journalisten wie für jenen für junge Fotografen konnte eine kompetente Fachjury gewonnen werden, die aufgrund spezifischer Kriterien alljährlich die Sieger ermittelt. Die Journalisten-Jury setzt sich zusam-

Die Insignien des Südtirol Medienpreises

men aus Stefanie Rigutto (SonntagsZeitung), Ekkehart Baumgartner (Professor für Kommunikation), Bene Benedikt (Alpin), Sönke Krüger (Welt, Welt am Sonntag, Berliner Morgenpost), Michael Meyen (Uni München), Markus Perwanger (RAI Sender Bozen), Mario Vigl (ADAC Motorwelt) und erhielt 2011 Verstärkung von einem waschechten (Exil-) Südtiroler: Erwin Brunner, Chefredakteur von National Geographic Deutschland. Zur Fotografen-Jury zählen Frieder Blickle, Max Lautenschläger, Thomas Linkel, Sadie Quarrier, Helmuth Rier, Stefano Scatà, Thomas Schweigert und Rebecca Swift. Anfang 2012 schrieb der Südtirol Medienpreis den Förderpreis für junge Journalisten und das Pendant für junge Fotografen aus. Von den Bewerbern wurden wieder jeweils sechs Finalisten im Wettstreit um die Auszeichnung ausgewählt, die pärchenweise, d.h. jeweils ein Journalist mit einem Fotografen,

zum Recherchieren nach Südtirol kommen sollten. Aufgrund der wachsenden Bedeutung von Bewegtbild und dem Bereich Social-Media haben sich die Organisatoren entschlossen, ab 2013 auch diese beiden Bereiche als zusätzliche Kategorien einzuführen. Bereits jetzt gibt es alle Siegerreportagen auch zum Hören: Der deutsche Schauspieler und bekannte HörbuchInterpret Christian Brückner hat sie eingelesen. „Diese Reportagen sind mittlerweile vom RAI Sender Bozen, aber auch von Ö1 wiederholt gesendet worden“, erklärt SMG-Direktor Christoph Engl. „Das Medienecho ist nicht das direkte Ziel des Preises, trotzdem ist es natürlich erfreulich und gut für Südtirol, wenn die Reportagen, die aufgrund des Medienpreises entstanden sind, in großen deutschen Medien veröffentlicht werden, wie der Welt am Sonntag, Alpin, der Berliner Morgenpost, der Berliner Zeitung oder der Frankfurter Sonntagszeitung.“ (gzp)

Geschichten in Bildern: Seit einigen Jahren gibt es auch den Förderpreis für Jungfotografen APRIL, MAI, JUNI 2012 | M  35


IM VIS I E R D E R M E D I E N

Über Südtirol berichtet. Geschichten über das Land in Magazinen, im Web

und im TV: Ob Extremklettern in den Dolomiten, alte Feuerrituale oder Nostalgie nach unberührter Natur. Viele Medien haben sich für Lifestyle made in Südtirol begeistert. Polen: Magazin Voyage Reisemagazin – Das wichtigste Reisemagazin in Polen beleuchtet auf fünfzehn Seiten Südtirols Winterfacetten: Es geht um Skifahren auf der Seiser Alm, um Wellness in der Therme Meran und einen Besuch beim Weinproduzenten Alois Lageder … und um den unvermeidlichen „Bombardino“, dem populärsten polnischen Skifahrergetränk. Ausgabe Februar 2012

Italien: D Wochenmagazin – In der auflagenstarken D, einer Beilage der Repubblica, werden in einem „Wellness in den Bergen-Round-Up“ von insgesamt vier Häusern drei Südtiroler Hotels empfohlen. Das Rennen neben dem Grandhotel Kronenhof in St. Moritz machen die Wellnessoasen Rosalpina in St. Kassian, das Adler in St. Ulrich und das Berghofer in Radein. Ausgabe Jänner 2012

Deutschland: Feel Good Reise- und Lifestyle Magazin – Passend zur Zielgruppe des Heftes, das sich in erster Linie an Hedonisten und Liebhaber für „durchdesignte Urlaube“ richtet, wurde in der Winterausgabe des Magazins Feel Good das Kunsthotel ImperialArt in Meran vorgestellt. Laut Redaktion mache den Charme dieses Hotels die besondere Mischung aus imperialen Einrichtungsgegenständen und neuen Design-Akzenten aus. Winter 2011

Deutschland: ZDF: Winterwunderland TV-Bericht im ZDF sowie auf ZDFneo und 3sat war diesen Winter das Magazin „Winterwunderland Geschichten rund ums Sellamassiv“ zu sehen, bei dem der Zuschauer vom frischen Fisch auf der Comici Hütte genauso wie vom Kochkurs mit der Bäuerin Rosa Piccolruaz, die traditionelle ladinische Spezialitäten vorstellt, erfährt. Außerdem geht es um die ladinische Musikgruppe Ganes und um zwei Slackliner in der Steinernen Stadt.

36  M | APRIL, MAI, JUNI 2012

Deutschland: i-ref Magazine Online-Kulturmagazin – Den Berliner Blog über Alltagskultur lesen unglaubliche 250.000 Menschen pro Monat. Bereits mehrmals wurde von Südtirol aus live gebloggt. Die Themen: Transart, der Winzer Franz Graf Pfeil, Reiten auf Haflingern oder Hugo beim Bozner In-Lokal Fischbänke – i-ref berichtet und macht jungen, hippen Großstädtern Lust auf Südtirol.


Niederlande: Flower Power Travel Retro-Reisemagazin – Flower Power Travel widmet vier Seiten dem Reiseland Südtirol und zeigt dessen nachhaltige Seiten: Ob Mobilcard, Eco Übernachtung im Vigilius Mountain, Bio-Wein-Verkostung bei Lageder oder einem Besuch im Kräuterschlössel; alles dreht sich um nachhaltiges Reisen. Ausgabe Winter 2011

Österreich: Servus in Stadt und Land Magazin für Tradition und Lebensgefühl – Das an Servus TV angelehnte Heft gibt auf sechs Seiten Einblick in die Tradition des Scheibenschlagens im Vinschgau. Das Heft zählt zu den erfolgreichsten Magazingründungen in Österreich der letzten Jahre und ist seit Herbst 2011 auch in der Schweiz, in Liechtenstein und in Südtirol erhältlich. Ausgabe Februar 2012

England: Daily Mail Ski Abenteuer – und Infotainment Blog Der britische Reisejournalist Matt Caroll hat sich im Spätsommer auf das Abenteuer Südtirol eingelassen und hält seine sportlichen wie kulinarischen Erlebnisse in Form von Video-Blogs fest. Unter anderem umrundet der junge Journalist die Sellaronda per Bike, klettert auf der Via Ferrata, wandert auf dem Kaiserjägersteig und joggt auf der Seiser Alm. Alle Print- und OnlineBerichte waren im Daily Mail Ski Magazin zu lesen bzw. sehen. Wir haben die Filme für Sie auf www.smg.bz.it abgelegt.

Italien: case da abitare Design und Living – Auf vier Pocket-Seiten wird im Designheft case da abitare, einer Beilage des Corriere della Sera, der Meraner Designer Harry Thaler mit seinem Interieur und dem Museion-Projekt ‘Artist in Residence’ vorgestellt. Auf puristische Art und mit Verwendung heimischer Hölzer hat Thaler die Schlafstätte des Künstlerhäuschens für das Museion ausgestattet. Ausgabe Februar 2012

APRIL, MAI, JUNI 2012 | M  37


MARK T P L AT Z

Sonnig, frisch & fruchtig: Der Auftritt der Südtiroler Apfelwirtschaft auf der Fruit Logistica 2012

BERLIN, DEUTSCHLAND TUTTI FRUTTI: Auf der größten Messe für den Frischfruchthandel, der Fruit Logistica, gaben im Februar nicht nur natürliche Vitamine von über 2.400 Austellern aus aller Welt den Ton an. Auch Südtirol war mit bewährten und neuen Produkten präsent. Die Export Organisation Südtirol (EOS) organisierte für die Obstverbände VOG und VI.P, die Vereinigung für Obstund Gemüsegroßhandel Fruttunion sowie für die Fruchtverarbeitungsbetriebe VOG Products und FROM den Messe-Auftritt. Auf der Pressekonferenz am Südtirol-Stand mit über 30 internationalen Journalisten wurde unter anderem auch die internationale Fachmesse Interpoma, die im Herbst in Bozen ihre Tore öffnet, vorgestellt. 38  M | APRIL, MAI, JUNI 2012


„Ich würde mein Geld auf die Sonne und die Solartechnik setzen. Wir dürfen nicht erst die Erschöpfung von Erdöl und Kohle abwarten, bevor wir das angehen.“ Thomas Alva Edison amerikanischer Erfinder, 1847 - 1931


macht mobil Einsteigen und losfahren!


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