Radtouren-Magazin 4/14

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GPS: TIPPS ZUR TOURENPLANUNG UND NEUE GERÄTE

RADtouren

4/14 Juli/August

RAD touren

07 2.5 Touren

km

D: E 4,90 A: E 5,60 BEL/NL/LUX: E 5,60 CH: CHF 9,60

m In diese H eft

Das Radreise-Magazin

radtouren-magazin.com

Test

Praktisch vs. schnell:

8 Citybikes

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Radreisen & Touren

3-Flüsse-Tour Rhein, Ahr, Erft

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Der Dichterweg Thüringer Städtekette 38

Ostschweiz Von St. Gallen zum Rheinfall & retour

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Für Kinder ganz groß Touren auf Bornholm

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E-Bike-Tour Hamburger Radrunde

Taschen, Räder, Kleidung

60

Alles für die Stadt 12

Sporttour: Mecklenburger Seen

82

Erlebnis: NRW-Tour-Karawane

50

Ausprobiert: Tubeless-Reifen


Inhalt

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Eine Landschaft wie auf der Modellbahn, durchzogen von Radwegen, entdeckten wir in der Ostschweiz.

Sie wollen schnell mit dem Rad in die Stadt und wieder heraus? Entspannt zum Shoppen gleiten? Oder ein Stadtrad für jede Gelegenheit? Gibt es alles: im Test von 8 Urban-Bikes

S. 24

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Wenn man die Flussradwege an Rhein, Ahr und Erft zu einer Runde zusammenfügt, findet man eine abwechslungsreiche Strecke, die keineswegs nur flach ist. Und viele Burgen und Schlösser zum Besichtigen.

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Ferien auf Bornholm? Ja. Aber eigens mit dem Fahrrad auf die kleine Insel, um Touren zu fahren? Ja, auch das lohnt sich, meint unser Autor. Besonders Familien mit kleinen Kindern eröffnen das dichte Radwegenetz und die kleinen fast autofreien Straßen jeden Tag neue Möglichkeiten zu Erkundungen auf zwei Rädern. Und der Strand ist nie weit weg.

Fotos: Jacobs, Brönner, Volkhausen, Herzmann

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Inhalt

RADtouren

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Teile, Test und Technik Test: Urban-Bikes Vom Last-Hollandrad bis zum Fitnessbike

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Kaufberatung: Stadtkleidung

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Ausprobiert

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Service GPS-Onlinetourenplaner

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GPS-News

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Reise-Tipps: News und Termine

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E-Bike E-Bike Reise: Rundtour Hamburg

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Fahrbericht: A2B Ørsted

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Reisen Sporttour: Seenrunden in Mecklenburg 6 Tagestouren für Rennradler und andere

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Radreise: Thüringer Städtekette Auf den Spuren von Bach, Goethe und Schiller

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Europareise: Nordseeküsten-Radweg, Teil 12 Kirchen und Regen zum Abschied von der Serie

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Radreise: 3-Flüsse-Tour

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Erlebnisreise: NRW-Tour Unterwegs in der gutgelaunten Radlerkarawane

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Radreise: Ostschweiz

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Radreise: Bornholm

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Rubriken News

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Marktplatz

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Kolumne

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Vorschau/Impressum

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Getestete Produkte in 4/14 Urban-Bikes Batavus Old Dutch Plus Böttcher Cargo Giant Mio Radon Skill 7.0 Roetz Retro Men Stevens Super Flight Disc Tout Terrain The City II GT VSF Fahrradmanufaktur S80 E-Bikes A2B Ørsted Urban-Pedelec Ausprobiert Brooks Cambium C17 Sattel Schwalbe Marathon Almotion Selle Royal Freedom Sattel

Übler X21 nano Fahrradträger Magura MT 7 & HS33 Easy M. SKS Twentyniner Pumpe Kleidung & Co. für die Stadt Ortlieb Barista Lenkertasche Norco Lifestyle Office Bag Racktime Work it Office Bag Rapha Randonnee Shorts De Marchi Suava Knickers Pedaled Discovery Shorts Endura Trekkit Hose Carrera foldable Helm Protective Seattle Schuhe Merrell Chukka Schuhe ... und über 20 weitere

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Sporttour

Rennradtouren in Mecklenburg-Vorpommern

Kurven in Seelage RADtouren 4 | 14


Mecklenburg-Vorpommern

Mehr als 2.000 Seen zählt Mecklenburg-Vorpommern. Wir haben mit lokalen Autoren schöne Touren durch die Welt am Wasser zusammengestellt, die auch Schauplatz eines der entspanntesten deutschen Jedermann-Events ist: der Mecklenburger Seen Runde.

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Fotos: Gleitsmann

300 Kilometer geht es bei der Mecklenburger Seen Runde bei Tag und bei Nacht durch die schönsten Ecken des Landes – ohne freiwillige Helfer wie die der Feuerwehren unmöglich.

Fahren bei Dämmerun

g gehört dazu auf der

Mecklenburger Seen Run

de.

Am 24. Mai 2014 ging in Mecklenburg-Vorpommern die Sonne um 04:57 Uhr auf und um 21.57 wieder unter. Mit über 16 Stunden Tageslicht im Frühling, das auch nach der Dämmerung nur langsam nachlässt, hat die Region schon einen gewissen nördlichen Charme. Über die leicht skandinavischen Lichtverhältnisse freuen sich die Teilnehmer der Mecklenburger Seen Runde an diesem Tag freuen. Bei der Jedermann-Fahrradtour legen sie genau 316 Kilometer in der malerischen Kulisse der Mecklenburgischen Seenplatte zurück. Die Nähe zum Wasser, das Licht, die Distanz – in vielerlei Hinsicht gleicht die Mecklenburger Seen Runde der Vättern-Rundan, einem schwedischen Radsport-Highligt rund um den Vätternsee. Dort machen regelmäßig über 30.000 Radfahrer aller Couleur mit: vom Rennrad-Amateur, über Liegerad-Fans und Trekkingradlerinnen bis zum Senioren-Tandem. „Wir haben die Mecklenburger Seen Runde ganz bewusst als Jedermann-Event im Wortsinn geplant, das mit Renneifer genauso viel Spaß macht wie ohne“, erklärt Mit-Veranstalter und Organisator Detlef Koepke eine weitere Parallele. Sie brachte den Veranstaltern neben einem Grußwort aus dem hohen Norden eine Menge Mehrarbeit gegenüber normalen Radrennen für Jedermmänner ein. „Die schnellsten schaffen die Strecke locker bei Tageslicht, aber die Gemütlichen sollen ja auch in den Genuss der gesicherten Strecke kommen“, erklärt Koepke. Deshalb müssen die Alleen, Straßen und Wege für 28 Stunden kontrolliert werden. Die Ersten starten am Vorabend ab 20.00 Uhr. Für die Letzten bleibt das Ziel am Abend des 24. Mai bis 24 Uhr offen. Alle fünf Minuten gehen dann um die 60 Fahrer an den Start – manche fahren gerne in die Nacht hinein, andere radeln lieber dem Sonnenaufgang entgegen. Zudem ist eine Frauenrunde ausgewiesen, eine Rundtour, die über 90 Kilometer durch die Feldberger Seenlandschaft führt. Die lange Streckensicherung wäre ohne die Hilfe regionaler Organisationen gar nicht möglich, bedankt sich Organisator Koepke. Allein die Feuerwehren beteiligen sich mit 350 bis 400 Einsatzkräften am Absichern von Kreuzungen und Gefahrenstellen. Insgesamt sind über 600 Helfer eingebunden. Unsere Touren berühren immer wieder Teilstücke des Radevents, die Tour ab Neubrandenburg ist sogar identisch mit der Frauenrunde. Alle Wege schlängeln sich eher flach bis hügelig durch die farbenfrohe Landschaft. Wenn es zu sonnig und heiß ist, spenden Alleen Schatten, und die immer nahen Seen laden zum Baden ein. Wenn es zu kalt wird oder der Hunger kommt, steht an einem der vielen Gutshäuser immer eine Türe offen. mecklenburger-seen-runde.de RADtouren 4 | 14

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Test

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Test: 8 urbane Räder ab 579 Euro

Praktisch, stylisch, städtisch Einkaufstransporter, Pendelmobil, Fitnessgerät – ein Stadtrad kann vieles sein. Wir haben betagte Konzepte wie Hollandräder oder das klassische City-Bike und moderne Varianten wie das Commuter-Bike mit Riemen zum Vergleich unter Ungleichen antreten lassen.

Online mehr Kaufberatung zum Stadtrad und zusätzliche Detailbilder der Testbikes.

Test: Jan Gathmann / Christopher Gay, Fotos: Dorina Volkhausen

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Selten gab es solche Gefühlsausschläge für oder gegen Testräder im Testraum. Ambitionierte Radfahrer und Besucher in den Redaktionsräumen spotteten spontan über die „Omaräder“. Andere erwärmten sich sofort für das Roetz-Rad mit seinen roten Felgen, dem weißen Lenker und den Holzschutzblechen. Und in der Bahn erntete das Tout Terrain gleich mehrfach Kommentare vom Schlage „schickes Bike“. Man sieht: Kleider machen Räder. Anders gesagt: Stadträder von heute wollen nicht nur

eine Funktion erfüllen, sondern auch einen Geschmack treffen oder sich gar zum Zeichen eines Lebensstils aufschwingen wie Fixies, und damit treffen sie einen Nerv. Mit Ausnahme der Fixies deckt unser kleines Testfeld dabei fast das gesamte Spektrum der Gattung Stadtrad ab. Vom Transportrad auf Hollandradbasis über das Komfortrad mit tiefem Einstieg und 8-Gang-Nabe bis zum Commuter-Rennrad mit Riemenantrieb und Technikfinessen ist alles dabei. Ein direkter Vergleich der Testräder im Sinne einer Rangordnung wie bei anderen

Tests verbietet sich deshalb (siehe Kasten „So testet RADtouren“).

Aha-Effekt wie beim Pedelec Vergleichende Probefahrten fanden natürlich statt. Und selten haben die das Bild so verändert. Man kann fast von einem Aha-Effekt wie beim Pedelecfahren sprechen. Verkürzt gesagt: Aus Omarad-Gegnern wurden HollandradLiebhaber, Transporträder fanden neue Freunde, Männer liebäugelten mit Frauenrädern. Wie das? Diese Räder machen in der Stadt


Urban-Bikes

viel mehr Freude als ein Alleskönner wie ein Trekkingrad es je könnte. Das beginnt mit der Sitzhaltung: So aufrecht sitzend wie auf einem Roetz, Batavus, Böttcher oder Giant fühlt man sich dem Verkehrsgeschehen enthoben, steuert mit viel größerer Weitsicht und am Ende entspannter ans Ziel. Es geht weiter mit der Geometrie: Wenn man aus jeder Position selbst mit der modisch engen Jeans schnell (und elegant) in den Sattel kommt, läuft einfach alles flüssiger. Entspannend! Und natürlich die Transportmöglich-

keiten: Wenn man alles, was mit muss, rasch vorne in einen Korb schmeißt – herrlich bequem. Nochmal eben zum Bäcker rein? Rad mit Rahmenschloss kurz sichern, fertig. Fiese Schlaglöcher im Radweg? Merkt man kaum, denn der Sattel ist ja daumendick gepolstert oder gefedert (Roetz, Böttcher) und die Reifen sind so breit, dass sie wie eine Federung wirken. An der Stelle aber auch eine Kritik: Keines der Räder hatte einen Reifen mit einer dicken Gummi-Einlage als effektiven Pannenschutz, ein Unding. Auch dass das

So testet RADtouren Hersteller wurden unter der Maßgabe, dass es ein Urban-Bike sei soll, zum Test eingeladen und schickten die Räder. Die Räder wurden gewogen, vermessen und auf einem identischen Testparcours gefahren. Auf dem Programm standen auch Testfahrten mit der zulässigen Beladung auf den Gepäckträgern, verbunden mit Ausweichmanövern und Bremsungen aus gleicher Geschwindigkeit. Die abschließende Bewertung erfolgte wegen der Unterschiedlichkeit der Räder nicht nach unserem standardisierten Punkteschema, sondern nach Noten, die die Tester in den einzelnen Kategorien vergaben (siehe Testkästen). RADtouren 4 | 14

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Kaufberatung

Shirt: Pedaled Kaido Jersey, 110,00 Euro, pedaled.com; Hose: Pedaled Discovery Shorts, 120,00 Euro, pedaled.com; Schuhe: Protective Seattle, 149,95 Euro, protective.de; Tasche: Norco Lifestyle, 94,95 Euro, norco.com

Shirt: De Marchi Belgium Jersey, 140,00 Euro, demarchi.com; Hose: De Marchi Zuava Knickers, 140,00 Euro, demarchi.com; Helm: Carrera Foldable, 89,00 Euro, carreraworld.com; Tasche: Ortlieb Barista, 149,95 Euro, ortlieb.de

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Stadtbekleidung

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Radtouren in der Grenzregion

Das andere Holland Keine 100 Kilometer vom Ruhrgebiet entfernt, wo die Niederlande an den Niederrhein grenzen, liegt eine Gegend, die für Tourenradler viele Überraschungen bereithält. Ursprüngliche Natur, Orte mit Charme und Geschichte, königliche Tradition und vor allem perfekt beschilderte, flache Routen am Wasser – all das findet man in der Region Arnheim Nimwegen, Achterhoek, Veluwe und Rivierenland.


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Radfahren in der Region Arnheim Nimwegen

Natur und Städte mit Flair In der Region Arnheim Nimwegen kann man das Radfahren richtig genießen. Eine lückenlose Wegweisung führt durch schöne Landschaften und an romantische Orte.

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Kilometer machen oder lieber eine kurze Tour? Das übersichtliche Netzwerk von Radfahrknotenpunkten, das typisch für die Niederlande ist, macht die Tourenplanung leicht. Man stellt seine eigene Route zusammen, indem man Beginn- und Endpunkt der geplanten Route über die durchnummerierten Knotenpunkte verbindet. Oder man wählt die gekennzeichneten Knotenpunkte aus, die zu einer Themenroute gehören. Indem man den nummerierten Schildern im Netzwerk folgt, wird man an die schönsten Ecken geführt.

Fähren-Radfahrroute So geführt erschließt sich jede Gegend leicht. Etwa die Lingewaard: eine Gemeinde mit sieben Ortskernen, die im Naturgebiet De Gelderse Poort gelegen ist. Sie ist perfekter Startpunkt für Fahrradtouren über die Deiche an der Waal, am Niederrhein und am Pannerdenschen Ka-

nal entlang. Gleich mit drei verschiedenen Fähren überquert man bei dieser Tour die Flüsse.

Radfahrroute Posbank Die Gemeinde Rheden liegt im Südosten des Veluwezoom, im wunderschönen Gebiet zwischen dem IJsseltal und Veluwe. Hier warten ausgedehnte Wälder und Heideflächen mit ihrer Ruhe und Stille und Monumente in Hülle und Fülle. Im Schloss Kasteel Rosendael erlebt man, wie früher dort gelebt wurde. In den Gärten von Middachten kann man verfolgen, wie die Gartenarchitektur sich in drei Jahrhunderten entwickelt hat. Das Veluwetransferium Posbank in Rheden ist der perfekte Ausgangspunkt für einen Ausflug in den Nationaal Park Veluwezoom. Vom dortigen Pavillon de Posbank genießt man den Blick auf einen Ort, der als einer der schönsten der Niederlande beschrieben wird.

Infos Radfahrroute Posbank Strecke: 50 km

Infos Fähren Radfahrroute Strecke: 40 km Übernachtungstips: Campingplatz Waalstrand in Gendt, Pension In de Lavinde in Millingen aan de Rijn, Hotel Millings Centrum in Millingen aan de Rijn, B&B Bed and Dinner Millingen aan de Rijn

Foto links: Shutterstock

Gastronomie: Restaurant Zaal Zijdewinde in Bemmel, Wilderniscafé de Kekerdom in Kekerdom, Café/Gastronomie Gelderse Poort in Millingen aan de Rijn, Campingplatz Restaurant Brasserie de Swaenebloem in Tolkamer, Hotel Visspecialiteitenrestaurant Rijnzicht in Doornenburg Highlights: De Millinger Theetuin in Millingen aan de Rijn, De Gelderse Poort, Tingieterij De Tinnen Roos in Millingen aan de Rijn, Pannerdensch Kanaal bij Doornenburg, Fort Pannerden in Doornenburg, Kasteel Doornenburg in Doornenburg, Recreationsgebiet de Bijland bij Lobith, Fluss de Waal und die Überfahrt mit einer Fähre Millingerwaard – Doornenburg, Millingen aan de Rijn – Rijnwaarden (De Bijland) und die Fähre Doornenburg – Pannerden Tourismusinfo: VVV, Hotel Millings Zentrum in Millingen aan de Rijn

Übernachtungstipps: Hotel-Lunchroom-B&B Erg-LEUK! in Velp, B&B De Dingenfabriek in Velp, Bed & Breakfast Terre Neuve in Velp, Golden Tulip Hotel Arnhem-Velp, Bed & Breakfast Villa Vredehoek in Ellecom, Bed & Breakfast Villa Veertien in Dieren, Gastenverblijf Les Fleurs in Dieren Gastronomie: Restaurant The Hunting Lodge in Rozendaal, Restaurant De Blue Lotus in Velp, Pannekoekhuis Strijland in Rheden, Landgut Avegoor in Ellecom, Restaurant De Peerdestal in Ellecom, Domein Hof te Dieren, Winzer, Café Restaurant De Harmonie in Laag-Soeren Highlights: Park und Burg Rosendael in Rozendaal, Bauernhof „De Munnikenhof“ in Rheden, Nationalpark Veluwezoom, Landgut Rhederoord in de Steeg, Landgut Middachten in De Steeg, Martinikerk in Doesburg, Rivier de IJssel, VVV – Veluwetransferium Posbank in Rheden, De Spelerij in Dieren Fahrradverleih + Tourismusinfo: VVV – Veluwetransferium Posbank RADtouren 4 | 14

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Europareise

Nordseeküsten-Radweg Teil 12: Von Hull bis Harwich

An der Küste der Der Südosten Englands ist ländlich geprägt. Der Nordseeküsten-Radweg führt hier zu kleinen Marktstädtchen mit mächtigen Kathedralen, über den Höhenzug der Lincolnshire Wolds, durch das Sumpf- und Marschland der „Fens“ bis ins Seengebiet der „Norfolk Broads“. Text / Fotos: Ute Blessing

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Die englische Autorin Elizabeth Gaskell schildert in ihrem Roman „North and South“ den Unterschied zwischen dem industrialisierten Norden und dem ländlichen Süden Englands. In der viktorianischen Zeit noch galt der Norden als „provinziell“ und der Süden als „zivilisiert“. Mit der Industrialisierung verschoben sich die Kräfte. Zwar war London noch immer der kulturelle und wirtschaftliche Mittelpunkt des Landes, aber vor allem im Großraum Manchester schichtete sich mit den Industriellen auf der einen Seite und den Fabrikarbeitern auf der anderen die Gesellschaft um. Während nun im Norden Fortschritt und Reichtum einsetzten, bewahrte sich im Süden vor allem der Landadel seine traditionelle Lebensweise.

Foto: Shutterstock

Das eher ländliche England wartet Die Industriezentren im Nordosten haben wir auf dem elften Teil des Nordseeküsten-Radweges bereits passiert. Nun wartet, wenn man Elizabeth Gaskell glauben mag, das eher ländliche England auf uns. Tatsächlich verläuft der Nordseeküstenradweg im Süden meist etwas mehr im Landesinneren und folgt ehemaligen Wasserwegen und Eisenbahnlinien. Zunächst aber führt die Route über die 2,2 Kilometer lange Humber Bridge. 1998 durfte sich die Brücke mit einer Hauptspannweite von 1.410 Metern noch längste Hängebrücke der Welt nennen. Inzwischen ist sie auf Platz sieben

abgerutscht – so schnell kann die Entwicklung und Rekordjagd im Brückenbau gehen. Es geht landeinwärts durch die Grafschaft Lincolnshire, der zweitgrößten Grafschaft Englands. Der Radweg führt direkt in die Lincolnshire Wolds, einem Hügelzug, der parallel zur Nordsee verläuft. Die Wolds sind dünn besiedelt und haben einen ausgesprochen ländlichen Charakter. Überwiegender Wirtschaftszweig ist die Landwirtschaft. Dazwischen liegen kleine Marktstädtchen, die noch ihre traditionelle Struktur mit eigenen kleinen Geschäften, Pubs und Kirchen haben. Typischerweise besitzen sie eine breite Hauptstraße oder einen Marktplatz, auf dem die Händler ihre Stände aufbauen konnten. Die ersten solcher Market Towns entstanden im 13. Jahrhundert. Da der Großteil der Bevölkerung bis ins 19. Jahrhundert seinen Lebensunterhalt mit Ackerbau und Viehzucht bestritt, waren ihre Wochenmärkte die wichtigste Absatzquelle – und für die Stadt ein großer Wirtschaftsfaktor. Allerdings erhielten das Marktrecht nur Städte, die mindestens eine Tagesreise auseinander lagen. Lincoln ist mit 85.000 Einwohnern die größte Stadt der Grafschaft. Bereits die Römer erkannten die günstige Lage am Fluss Witham. Aus Lindum Colonia wurde Lincoln, im Mittelalter Bischofstadt, dann durch den Woll- und Tuchhandel ein wohlhabendes und bedeutendes Handelszentrum. Von der alten High Bridge über den River Witham, die mit Fachwerkhäusern aus dem 16. Jahrhundert überbaut ist, führen schmale,


Nordseek端sten-Radweg Teil 12

Kathedralen Die Kathedrale von Lincoln ist eines der bedeutendsten Werke der englischen Gotik.

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E-Bike-Reise

Hamburgrunde Städtetour mit E-Bike

Von wegen „grauer Städte Mauern“: Eine Tour durch eine Metropole und ihr grünes Umland gehört zum abwechslungsreichsten, was man auf zwei Rädern machen kann. Innen lebendig, außen erholsam – besonders dann, wenn man sich das Erkunden mit dem E-Bike leicht macht, wie unser Autor in Hamburg. Text / Fotos: Hans Kothe RADtouren 4 | 14


Hamburg

unter Str m

Landungsbrücken von St. Pauli.

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In Wedel wird jedes Schiff, welches die Elbe nach Hamburg einoder ausfährt am „Willkomm-Höft“ mit Marschmusik begrüßt. Anschließend plärrt aus Lautsprechern eine Durchsage über die vorbeikommenden Ozeanriesen. Vor dieser Soundkulisse am Schulauer Fährhaus startet und endet unsere 220 Kilometer lange Hamburger Rad­ runde, die uns rund um die Hansestadt mit dem zweitgrößten europäischen Seehafen führt. Die Landschaften rings um Hamburg sind sehr

unterschiedlich. Wälder, Seen, kleine Berge, Moore, Heide, Flussniederungen, Marsch- und Weideland wechseln sich ab. Obwohl wir immer in der Nähe der Millionenmetropole sind, streifen wir das Stadtgebiet nur im Südosten. Man kann aber an mehreren Stellen über sogenannte „Speichen“ zum Zentrum fahren. Das neue E-Bike mit Bosch-System ist eingestellt, der Akku voll und die ersten Meter vergehen wie im Flug. Es stehen vier elektrische UnterstütRADtouren 4 | 14

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GPS-News

Teasi One2

Falk mit Ibex-Einsteigermodell und Tourenportal

Der Nachfolger des Teasi One bringt deutliche Verbesserungen. So erhielt das Teasi One2 ein größeres und besseres Display. Der fest eingebaute Akku hat nun eine Kapazität von 2.300 mAh und soll etwa zehn bis zwölf Stunden halten. Mit dem neuen „Easy Mode“ werden die Bedienfunktionen reduziert – sehr nützlich für Einsteiger. Das Teasi One2 routet über Straßen, Radund Wanderwege in ganz Europa. Karten sind nun auch für Osteuropa und die Türkei an Bord, übrigens kostenfrei nachladbar über das „Teasi Tool“ im Internet. Teasi arbeitet nun enger mit den Portalen Bikemap.net und Wandermap.net zusammen, wo über eine Million Touren verfügbar sind. Mit der neuen Funktion „Teasi Tour“ wird nicht nur der Tourenverlauf übertragen, sondern auch die POIs, Bilder und Texte. Besitzer der bisherigen Teasi One und Teasi Pro erhalten die neuen Funktionen kostenfrei über Updates (auch für Mac OS). Der Preis: 159 Euro. teasi.eu

Falk bringt eine günstigere Variante des Ibex. Der neue Ibex 25 Europe Touring hat dieselbe Hardware wie sein großer Bruder Ibex 32, verzichtet aber auf Premiumkarten. Funktionen wie Rundkurse mit Alternativtouren, das Echtzeit-Höhenprofil oder die neue Option „Route ziehen“ bringen Abwechslung in die eigene Tourenplanung. Der Ibex 25 Europe Touring ist für 249,95 Euro erhältlich mit Karten für 25 Länder Europas. Falk bietet jetzt auch ein eigenes Tourenportal. In Kooperation mit outdooractive.com stehen etwa 70.000 Touren bereit. Mit der Basis-PC-Software „Falk-Navigator“ können zwar Touren visualisiert, aber nicht geplant werden. Sie dient hauptsächlich zum Verwalten von Daten auf den Geräten. falk-outdoor.com

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Bikemap.net in neuem Design und mit neuen Funktionen Die beiden Internet-Portale bikemap.net und wandermap.net warten jetzt mit neuen Funktionen auf. Die Webkartographie-Spezialisten der Toursprung GmbH haben dazu über 18.000 beschriebene Radrouten und mehr als 31.000 Wanderstrecken aus der Internet-Datenbank OSM so aufbereitet, dass man sie einzeln aufrufen und mit Bildern und Beschreibungen darstellen kann. Der offizielle Wegverlauf kann sehr genau (bis zu einem Maßstab von etwa 1:3.500) auf einer Karte nachvollzogen werden. Text und Fotos dazu stammen, sofern vorhanden, aus Wikipedia. Die Strecken können dann

als gpx- und kml-Daten herunter geladen und so direkt in GPS-Geräte und Smartphones importiert werden. Die gesamten Fahrrad- und Wanderstrecken können als Overlay in die Übersichtskarte eingeblendet werden, sodass man die Rad/Wander-Infrastruktur auch gleich in der Karte sieht. Diese Overlays enthalten auch POIs wie Wasserentnahmestellen, Parkplätze, Hütten und dergleichen. Das neue Angebot hat seine Wurzeln bei „Waymarked trails“. Die Idee dazu entstand bei der OSM-Aktivistin Sarah Hoffmann vor etwa fünf Jahren. Auf ihrer Webseite waymarkedtrails.org,

Fotos: Shutterstock (2), bikemap.net, Garmin, Falk, Teasi

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GPS-News

Neuer Garmin Egde 1000 kommt mit Smartphone-Eigenschaften Garmin hat mit dem Edge 1000 als neues Top-Modell der RadsportGPS-Geräte angekündigt. Der „Big Mac“ unter den Garmin Edge-Modellen besitzt ein 3-Zoll-Display, nahm aber nur auf 118 Gramm Gewicht zu. Zum Vergleich: Der Egde 810 mit kleinerem Display wiegt 98 Gramm, ein Garmin Oregon 600 – ebenfalls mit 3-Zoll-Display – etwa 230 Gramm. Das Display soll im Hoch- und Querformat nutzbar sein. Ähnlich wie der Edge Touring verfügt er über eine europaweite „Garmin

Fahrradkarte Europa“ auf OpenStreetMap-Basis mit kostenloser Update-Funktion. Neben adressbezogenem Routing ist eine Rundkursberechnung möglich. Streckenabschnitte können definiert und mit den Bestzeiten anderer User verglichen werden – Strava lässt grüßen. Der Edge 1000 ist WLAN-fähig, bezieht darüber auch aktuelle Satellitendaten und kann so schneller seine Position ermitteln. Sogar die Ganganzeige von Shimanos elektronischer Di2-Schaltung ist möglich. Preise: 499 Euro (Edge 1000) bzw. 579 Euro (inkl. Sensoren). garmin.de

Magicmaps Tour Explorer 7

kann man auch nach Mountainbikestrecken, Inlineskating- und Skirouten suchen. Zukünftig sollen Höhendaten ergänzt werden. Die Rad- und Wanderrouten von waymarked trails findet man als zusätzlichen Layer übrigens auch bei GPSies.

Magicmaps hatte seine beliebte PC-Planungssoftware Tour Explorer in den letzten Jahren um verschiedene Module erweitert, um auch Internet-Karten europäischer Länder nutzen zu können, zum Beispiel von Frankreich, Großbritannnien, der Schweiz oder von Spanien. Diese einzelnen Module (z.B. „Tour Explorer Live“) werden nun wieder in einer komplett überarbeiteten Software vereint, um mit einer neuen Software, dem Tour Explorer 7 auch grenzübergreifend planen zu können. Neben neuen Karten, Wegenetzen und POI-Daten wurde das Routing ver-

einfacht. Der Tour Explorer arbeitet über direkte Schnittstellen mit Geräten vieler Hersteller zusammen. Im gängigen .gpx-Format sind Strecken mit fast jedem GPS-Gerät austauschbar. Wer möchte, kann Touren und Karten mit der App „Scout“ auf iPhone- und Android-Smartphones nutzen. Der Tour Explorer 7.0 ist für Deutschland in den Maßstäben 1:25.000 und 1:50.000 lieferbar. Das Regionenkonzept und die Preise habe sich nicht verändert – eine Region Deutschlands in 1.25.000 – etwa ganz Baden-Württemberg, Bayern oder Nordrhein-Westfalen –gibt es ab 49,90 Euro. magicmaps.de

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Rundreise

Rundtour an Rhein, Erft und Ahr

Drei-Fl端sse-

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3-Flüsse-Tour

-Tour

Flussradwandern ist ein Erlebnis der gemütlichen Art: Unsere Rundtour verquickt Rhein, Erft und Ahr und berührt deshalb pulsierende Metropolen genauso wie alte Schlösser. Text / Fotos: Klaus Herzmann

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Dort, wo sich Vater Rhein behäbig an den Ufern am Rande der Eifel reibt, liegt Bonn, die ehemalige Bundeshauptstadt. Der berühmteste Sohn der Stadt ist Ludwig van Beethoven – an ihm kommt kein Bonnbesucher vorbei. Das beweist das beliebte Fotomotiv der Bronzestatue auf dem Münsterplatz, aber auch das prächtige Geburtshaus, das Einblicke in das Leben des Meisterkomponisten gewährt. Daneben festigen viele andere Sehenswürdigkeiten den Ruf der Kultur-Hauptstadt. Das Stadtbild bündelt architektonisches Erbe aus der 2000-jährigen Geschichte – von römischen Relikten über das Poppelsdorfer Schloss mit dem sehenswerten Botanischen Garten oder dem RokokoRathaus bis hin zur spätromanischen Münsterbasilika. Die abseits der Altstadt entlang der Magistrale gelegenen fünf Häuser der Museumsmeile ziehen mit hochkarätigen Ausstellungen internationales Publikum in den Bann. Bonn besitzt viele Facetten. Diese alle zu erleben haben wir gleich zweimal die Gelegenheit: Direkt zu Beginn unserer Rundreise an den Ufern von Rhein, Ahr und Erft und zum guten Schluss.

Illustration: Shutterstock

Hotel, Genesungsheim und Jungeninternat Entlang der Promenade verlassen wir Bonn auf dem Rheinradweg gen Süden. Bad Godesberg liegt dabei auf unserem Weg, überragt von der prächtigen Godesburg. Und darunter, da ducken sich hinter altem Baumbestand die Villen in parkähnlichen Anlagen. Schön, zügig und anstrengungsfrei Radfahren lässt es sich am unteren Mittelrhein. Wären da nicht unentwegt prägnante Wegmarken, die zum Stopp animieren. Rolandseck ist nur eine von vielen und schmückt sich mit dem bekannten Rolandsbogen sowie dem Arp-Museum im alten Bahnhof. Rheinaufwärts wartet schon Königswinter, allerdings auf der anderen Uferseite. Es verkörpert mit dem berühmten Drachenfelsen ein Stück deutscher Rheinromantik. Fans altmodischen Vergnügens bietet die älteste Zahnradbahn Deutschlands ein gemütliches Gipfelerlebnis. Der kilometerweite Panoramablick ins Siebengebirge ist überwältigend. Hier haben auch die Ruine Burg Drachenfels und das Schloss Drachenburg ihren Platz. Letzteres ist die jüngste Burg am Rhein. 1882 von einem Bonner Börsenanalysten als Traumhaus errichtet, war es schon Hotel, Genesungsheim und Jungeninternat. Heute befindet sich im oberen Turm des Schlosses eine Suite, in der man fürstlich logieren kann. Weiter rollen wir entlang von langgestreckten Flussschleifen, wo Angler sich in den Sport vertieft zeigen. Gegenüber liegt die Promenade von Unkel. Die gehört zu den schönsten ihrer Art und soll einst Altkanzler Willy Brandt dazu bewogen haben, den Ort als Altersruhesitz zu wählen. Nirgendwo sonst erheben sich die Weinberge im nördlichen RheinlandPfalz derartig steil wie hier. Die Lage ist Garant für die weinfruchtigen Trauben des Rieslings und Chardonnays. Nächstes Etappenziel ist RADtouren 4 | 14

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Erlebnistour

Auch 2014 kann man wieder NRW per Rad kennenlernen.

NRW-Radtour 2014

Tour mit Wirgefühl Schon fast ein Klassiker: Zum sechsten Mal schlängelt sich die NRW-Radtour-Karawane durch das Land. Diesmal erfahren die tausenden Teilnehmer das Sauerland und das Ruhrtal per Rad. Natur- und Kulturprojekte von NRW-Stiftung und WestLotto laden entlang der Strecke dazu ein, mehr über die Regionen zu erfahren – und bei den anschließenden Konzerten können die Fahrer auch ihre Mitradler genauer kennenlernen. Text: Hans-Martin Durst

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Die neuen Strecken der NRW-Radtour 2014 wurden so ausgewählt, dass sie überwiegend in Talungen bergab aus dem Sauerland ins Ruhrtal führen. Es werden wieder über 1.000 Radler

Gut erhaltene Kleinbahnen können zwischen Plettenberg und Herscheid bestaunt werden. RADtouren 4 | 14

erwartet, die vom 17. bis zum 20. Juli in vier Tages-Etappen von insgesamt 200 Kilometern das tolle Gemeinschaftsgefühl der Veranstaltung erleben können. Die beiden Freundinnen Annemarie Burbach (69) und Katharina Smeets (69) lieben die großen regionalen Radevents, wurden letztes Jahr besonders von der Stimmung auf der NRW-Radtour gepackt. „Die Musik im Leitwagen vor der Gruppe spornt einen immer wieder an und die Leute sind unglaublich nett“, meint Annemarie Burbach. Deshalb übernachteten die beiden Radlerinnen auch nicht im Hotel, sondern in den speziell organisierten Gemeinschaftsquartieren entlang der Route. Denn das stärkt den Zusammenhalt

in der Gruppe, wie die beiden hervorheben. „Wenn nichts dazwischenkommt, sind wir nächstes Jahr auf jeden Fall wieder mit dabei“, ist sich Annemarie Burbach sicher.

Natur und Kultur entlang der Strecke Die Bedingungen für die Atmosphäre des vergnügten Miteinanders, die sie 2013 erlebt hat, sind auch 2014 wieder die gleichen. Neu hingegen sind die Routen und die zahlreichen Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke, von denen einige gezielt in den Pausen angefahren werden. Diese Natur- und Kulturprojekte werden von der NRW-Stiftung im Wesentlichen aus Lotterieerträgen von WestLotto gefördert.


NRW-Radtour

Dazu gehört etwa die Märkische Museumseisenbahn, die die Teilnehmer der Tour gleich auf der ersten Etappe besichtigen können. Zwischen Plettenberg und Herscheid verkehren die historischen Kleinbahnen, die mit ihrer Spurbreite von einem Meter im Vergleich zu heutigen Zügen fast puppenhaft wirken, aber bis 1982 auf vielen Strecken im Sauerland eingesetzt wurden. Am Bahnhof Hüinghausen gibt es außerdem ein Museumscafé sowie den Lokschuppen und die dreigleisige Wagenhalle, die mithilfe der NRW-Stiftung entstanden sind. Am Ende der ersten Etappe wartet dann das Naturschutzgebiet „Stilleking“ bei Lüdenscheid. Früher ein abgeriegelter Truppenübungsplatz, ist das Areal heute ein Naturschutzgebiet, das zahlreiche gefährdete Pflanzen- und Tierarten beheimatet. Besucher können auf mehreren Rundwegen zu Fuß oder mit dem Fahrrad das Terrain erkunden und dabei den Heck-Rindern, die die heimlichen Stars der Anlage sind, beim Grasen zusehen. Für die zweite Etappe wurde mit der Burg Altena eine der schönsten Höhenburgen Deutschlands als Pausenort ausgewählt. Die erste Jugendherberge der Welt, die hier im Jahr 1914 eingeweiht wurde, kann heute noch im Originalzustand besichtigt werden. Ihren guten Zustand verdankt die Burg umfangreichen Sanierungsarbeiten, die von der NRW-Stiftung unterstützt wurden. Mit historischem Charme kann auch die Rohrmeisterei in Schwerte aufwarten, die am dritten Tourtag angesteuert wird. Das 1896 errichtete und weitgehend im Original erhaltene Baudenkmal mit gemauerten Rundbögen, gusseisernen Sprossenfenstern und Tonnendach gilt als Kleinod der Industriearchitektur des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Auch die alte Schlossmühle Buddenburg in Lünen, die auf der vierten und letzten Etappe besucht werden kann, ist in den vergangenen

zehn Jahren mithilfe der NRW-Stiftung zu einem Schmuckstück geworden. Bis 1930 wurde hier noch Korn gemahlen. Das jetzige Gebäude mit Mühlenteich, Wasserrad und altem Baumbestand dient als Versammlungsort für Vereine und Lüner Betriebe und wird außerdem als Außenstelle des Standesamtes genutzt. Weitere Projekte der NRW-Stiftung, die auf der Tour angefahren werden, beziehungsweise werden können, sind die Schützenhalle in Lüdenscheid, das Schloss Hohenlimburg und das Naturschutzgebiet „Ruhraue Syburg“ bei Hagen, das Philipp-Nicolai-Haus in Unna, das Hoesch-Museum in Dortmund und die Wanderausstellung „100 Jahre Rhein-HerneKanal“, die auf einem Schleppkahn in Waltrop zu sehen ist.

Tolle Stimmung in der Gruppe Parallel und ergänzend zur NRW-Radtour findet die kostenlose und auch für NichtRadler offene Veranstaltungsreihe „Sommer Open Air“ von WDR 4 statt. Zum Abschluss einer jeden Tagesetappe haben die Teilnehmer die Möglichkeit, Konzerte mit Künstlern wie Guildo Horn, ABBA 99, den Equals und weiteren Gruppen zu besuchen. Schon 2013 war die Stimmung dort genauso ausgelassen wie auf der Tour. Das hat auch Familie Eskandarpour begeistert, die neben der guten Organisation die tolle Atmosphäre auf den Strecken genossen hat. „Überall, wo Zuschauer am Straßenrand standen, haben alle Radler geklingelt. Da ist einfach ein tolles Gemeinschaftsgefühl entstanden“, freut sich Mutter Jana (43). Daher wird die Familie auch 2014 wieder dabei sein und alle Etappen mitfahren. Dass das Fahren in der Gruppe dabei die Motivation hebt, weiß auch Tochter Yalda (9): „Zwischendurch war es schon ziemlich anstrengend. Aber dann wurde es besser. Ich hab mir einfach immer gesagt: Wir sind alle gleich stark.“ In der Burg Altena befindet sich die älteste Jugendherberge der Welt.

Guildo Horn ist einer der Pop-Stars, die bei den Radlern nach der Tour für gute Laune sorgen.

Infos NRW-Radtour Zeitraum: 17. bis 20. Juli 2014 Route: Plettenberg – Lünen (ca. 200 km) 1. Etappe: Plettenberg – Lüdenscheid (ca. 30 km) 2. Etappe: Lüdenscheid – Hagen (ca. 50 km) 3. Etappe: Hagen – Dortmund (ca. 65 km) 4. Etappe: Dortmund – Lünen (ca. 45 km) Rahmenprogramm: Natur- und Kulturprojekte entlang der Strecke (gefördert von der NRW-Stiftung mit Lotterieerträgen von WestLotto): Märkische Museumseisenbahn (Plettenberg/Hüinghausen), Naturschutzgebiet „Stilleking“ (Lüdenscheid), Burg Altena (Altena), Rohrmeisterei (Schwerte), Schlossmühle Buddenburg (Lünen), Schützenhalle (Lüdenscheid), Schloss Hohenlimburg (Hagen), Naturschutzgebiet „Ruhraue Syburg“ (Hagen), Philipp-Nicolai-Haus (Unna), Hoesch-Museum (Dortmund), Wanderausstellung „100 Jahre RheinHerne-Kanal“ (Waltrop); Open-Air-Konzerte von Guildo Horn & Die orthopädischen Strümpfe, ABBA 99 (ABBA-Coverband), Equals u. a. (veranstaltet von WDR 4; Eintritt frei)

Fotos: Bernd Hegert, KOM3

Gebühren: komplette Vier-Tage-Tour: 139–299 Euro (inkl. Übernachtungen, mit verschiedenen weiteren Leistungen) Einzeletappen: 5/7 Euro (ohne Übernachtung) Anmeldungen: ab sofort in allen WestLottoAnnahmestellen und unter nrw-radtour.de Weiteres: Der Teilnehmertross wird begleitet von: Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club (ADFC), DRK-Sanitätsdienst, mobiler Reparaturservice der Firma Simplon, Polizei RADtouren 4 | 14

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Rundreise


Ostschweiz

Rundreise: 300 Kilometer durch die Ostschweiz

Modellbahn-Runde Vom Rad aus gesehen ähnelt die Ostschweiz bisweilen einer jener Miniatur-Bergkulissen von Modellbahnen. Dank der perfekt ausgeschilderten Radwege kann man sich ganz auf den Landschaftsgenuss konzentrieren und in den stolzen Historienstädten bekommen Radler eine vorzügliche Küche aufgetischt.

Text / Fotos: Thorsten Brönner

Dorfidyll im Appenzeller Land und Fahrt durch den Eingang zu Schloss Kyburg.

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Es ist Anfang September: Als ich in Romanshorn den Zug verlasse, empfängt mich eine klare Luft, die vom Obersee herüber weht. Nach einer entspannten Einrollpassage auf dem Bodensee-Radweg dreht die „Most-Tour Thurgau“ ins Hinterland ab und das Terrain beginnt schlagartig anzusteigen. Ringsum stehen die Obstbäume in voller Frucht. Hier drängen sich pralle Äpfel mit roten Wangen ins Bild, dort wohlgeformte Birnen. Der schmale Landstreifen zwischen der riesigen Wasserfläche im Osten und den Bergen der Alpen, in dem ich unterwegs bin, wird scherzhaft „Mostindien“ bezeichnet, offiziell ist er einfach ein Teil des Thurgaus. Der hiesige Apfelanbau geht auf die Römer zurück, die das schmackhafte Obst aus Asien mitbrachten. Von den Mönchen der Klöster verfeinert und den Spezialisten der Neuzeit zum Landwirtschaftsprodukt gemacht, ernten die Obstbauern Jahr für Jahr 48.000 Tonnen Äpfel in dem deutschsprachigen Kanton. Wer die Sorten Gala, Golden Delicious oder Jonagold bevorzugt, hat wahrscheinlich schon Früchte aus dem Thurgau gegessen.

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Vorschau

RADtouren 5/14 erscheint am 13. August 2014 Am 9. November 2014 jährt sich zum 25. Mal der Fall der Berliner Mauer. Wir haben Radtouren unternommen, auf denen die Geschichte der Deutschen Einheit erfahrbar wird. Sei es bei Gesprächen mit Menschen zwischen der westlichen und östlichen Grenze Deutschlands, an den vielen historischen Punkten entlang des Deutsch-Deutschen-Radweges und natürlich an der ehemaligen Mauer (Foto).

Im Test: Bestseller-Bikes. Die Angabe, was die Deutschen im Schnitt für ihr Fahrrad ausgeben, beginnt bei 658 Euro über alle Verkaufskanäle und endet bei 1.176 Euro im Premiumfachhandel. Wir haben Hersteller gebeten, ihr bestes Rad-Angebot in dieser Preisspanne zur Erprobung zu senden. Radreisen mit Kindern können ein unvergessliches Erlebnis für die ganze Familie sein. Die Eltern unter den unseren weitgereisten Autoren geben Tipps, und wir stellen Touren sowie sinnvolles Equipment vor.

Und das lesen Sie noch: Trends 2015: Vorschau auf die Messeneuheiten zur Eurobike – Radreisen: stille Ufer: Drau-Radweg in Österreich – von der Weser bis zur Ostsee: Mönchsweg – Ergonomie: Zubehör und Tipps für entspannte Touren – Ausprobiert: Pegasus Estremo Rohloff

Impressum Herausgeber: Dr. Wieland Mänken (V.i.S.d.P); Chefredakteur: Jan Gathmann; Redaktion: Thomas Froitzheim (GPS, freier Mitarbeiter), Dr. Wieland Mänken, Verena Waldbröl (Service); Mitarbeiter dieser Ausgabe: Ute Blessing, Thorsten Brönner, Christopher Gay (Test&Technik), Klaus Herzmann, Hans Kothe, Stefan Jacobs, Wolfang Scherreiks, Bettina Hartz ; Design: Dorina Volkhausen, Lokmann Berzati; Redaktionsanschrift: Maenken Kommunikation GmbH, RADtouren Redaktion, Von-der-Wettern-Str. 25, 51149 Köln, redaktion@radtouren-magazin.com; Verlag: Maenken Kommunikation GmbH, Von-der-Wettern-Str. 25, 51149 Köln, Tel. (02203) 35 84-175, Fax (02203) 35 84-185, info@maenken. com, www.maenken.com; Anzeigen: Maenken Kommunikation GmbH, Wolfgang Locker (verantw.), Tel.: (02203) 35 84-182; Etienne Lazzaro, Tel.: (02203) 35 84-121, etienne. lazzaro@maenken.com; Anzeigenschluss 5/14: 16.07.2014, Einzelbezugspreis: 4,90 Euro, Abonnementspreis: 27,30 Euro jährlich; Karten: Thomas Vogelmann; Druck: alpha print medien AG, Kleyerstr. 3, 64295 Darmstadt; Vertrieb für den Handel: IPS Pressevertrieb GmbH, Postfach 1211, 53334 Meckenheim; RADtouren erscheint 6 x jährlich, ISSN 1439-0671; Aboservice: RADtouren Aboservice, Postf. 1331, 53335 Meckenheim, Mail: abo-radtouren@ips-d.de, Tel. (02225) 70 85-391, Fax (02225) 70 85-399 Alle Angaben in dieser Zeitschrift sind mit Sorgfalt zusammengestellt. Bei der Fülle der Informationen kann nicht ausgeschlossen werden, dass vereinzelt Angaben nach Erscheinen der Publikation bereits überholt sind. Es kann daher keinerlei Haftung für fehlerhafte oder fehlende Informationen übernommen werden. Für eingesandte Manuskripte, Fotos und Karten wird keine Haftung übernommen. Unverlangt eingesandte Manuskripte sind gerne gesehen, keine Rücksendung. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtes bedarf der Zustimmung des Verlages. Die Verwendung von Zitaten aus Testberichten ist nur nach Abstimmung mit dem Verlag möglich. © Copyright 2014

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Fotos: Shutterstock/Antlio, flyer.ch/pdf-de, Kalkhoff

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