MAG 39: Pelléas et Mélisande / Der Sandmann

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MAG 39

Matthew Knight tanzt in «Der Sandmann»


Nacht aus. Licht an.

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Editorial

Von Unerklärlichem Verehrtes Publikum, Mélisande ist eine der geheimnisvollsten und faszinierendsten weiblichen Figuren der gesamten Opernliteratur. In der ersten Szene von Claude Debussys Oper Pelléas et Mélisande sitzt sie einsam an einem Brunnen und weint. So wird sie von Prinz Golaud, der sich im Wald verirrt hat, gefunden. Wer sie ist, woher sie kommt und was der Grund für ihr Weinen ist, erfahren wir nicht. Auch wenn Mélisande am Ende der Oper tot ist, wissen wir nicht viel mehr über sie. Denn Debussys Oper nach einer Tragödie von Maurice Maeterlinck handelt immerzu von verschwiegenen Dingen, ist von einem rätselhaften Gedächtnisschwund der Protagonisten geprägt, von bösen Ahnungen und Fragen, auf die es keine Antworten gibt, von metaphorischen Orten und Handlungen, die immer noch etwas Anderes, Unerklärliches bedeuten. Dieses Meisterwerk des französischen Symbolismus mit seiner betörenden, schwebend atmosphärischen, suggestiven Musik hat am 8. Mai am Opernhaus Zürich Premiere. Es wird dirigiert von Alain Altinoglu, der in den vergangenen Spielzeiten an unserem Haus auch die Neuproduktion des Fliegenden Holländers und die Uraufführung von Christian Josts Roter Laterne musikalisch geleitet hat. Die Inszenierung bringt uns eine Wiederbegegnung mit dem russischen Regisseur Dmitri Tcherniakov, einem präzisen psychologischen Menschenbeobachter, der jetzt in den Proben den Rätseln der Mélisande auf der Spur ist. Er folgt der These, dass Mélisande Traumatisches zu­gestossen sein muss, was uns im MAG-Team dazu bewogen hat, einen Trauma-­ Experten über das Wesen und die Folgen tiefgreifender seelischer Verletzungen zu befragen. Aber Mélisande ist nicht die einzige traumatisierte Figur, die in diesem Monat unsere Bühne betritt: Auch Nathanael in Christian Spucks neuem Ballett Der Sandmann, das am 28. Mai Premiere hat, ist in seiner Kindheit Schreckliches widerfahren. Er ist eine Art Seelenverwandter der Mélisande. Der Aussenseiter aus der berühmten Erzählung von E.T.A. Hoffmann gerät in eine Wunsch- und Sehnsuchtswelt, in der er zwischen Wirklichkeit und Imagination nicht mehr unterscheiden kann. Er verliebt sich, getäuscht von einer vermeintlichen Sehhilfe, in die verlockende Olimpia, die aber kein Mensch, sondern ein Automat ist. Mit Pelléas et Mélisande und Der Sandmann haben also gleich zwei Psychodramen aus dem 19. Jahrhundert Premiere, ein symbo­lis­tisches und eines aus dem Geist der schwarzen Romantik. Beide versprechen an­spruchs­volles Tanz-/Musik-Theater, wofür auch die hochkarätigen Besetzungen mit der amerikanischen Sopranistin Corinne Winters als Mélisande, Jacques Imbrailo als Pelléas, Matthew Knight als Nathanael und Viktorina Kapitonova als Olimpia einstehen. Aber damit sind wir in unserem vollgepackten Theatermonat Mai noch nicht am Ende: Auch das Internationale Opernstudio hat in Winterthur mit einer Neuproduktion Premiere: Die holländische Regisseurin Jetske Mijnssen inszeniert Joseph Haydns Oper Orlando paladino, am Dirigentenpult des Musikkollegiums Winterthur steht Gianluca Capuano. Zu allen Produktionen finden Sie Hintergrundinformationen in unserer aktuellen MAG-Ausgabe. Viel Vergüngen bei der Lektüre dieses umfangreichen Hefts. MAG 39 / April 2016 Unser Titelbild zeigt Matthew Knight, der den Nathanael in unserer BallettNeuproduktion tanzt (Foto Florian Kalotay)

Claus Spahn

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Inhalt

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Mit der Neuinszenierung von Pelléas et Mélisande kehrt Regisseur Dmitri Tcherniakov ans Opernhaus zurück. Ein Gespräch über Debussys rätselhafte Oper

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­  Volker Hagedorn porträtiert Corinne Winters, die die Mélisande in unserer Debussy-Neuproduktion singt

— 24

Im Ballett Der Sandmann hat die Puppe Olimpia ihren grossen Auftritt. Was ist so faszinierend an Automaten­ menschen im Ballett? Ein Essay von Dorion Weickmann

— 28

Am 28. Mai hat Christian Spucks Ballett Der Sandmann Premiere. Ein Gespräch mit dem Zürcher Ballettdirektor

— 38

Das Internationale Opernstudio bringt Joseph Haydns Orlando paladino in Winterthur auf die Bühne. Ein Gespräch mit der Regisseurin Jetske Mijnsen über die Liebesverwirrungen junger Menschen

Opernhaus aktuell — 6 Drei Fragen an Andreas Homoki — 7 Wie machen Sie das, Herr Bogatu? — 9 Die geniale Stelle — 44  Meine Rolle — 48 Der Fragebogen — 50  Kalendarium und Serviceteil — 51 Sibylle Berg — 56

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Donnerwetter!

Illustration: Florian Streit

Wenn die Königin der Nacht auftritt, müssen Donner grollen, dass dem Publikum angst und bange wird. Für diesen Gewitterlärm ist jetzt unsere neue, historische (!) Donnermaschine zuständig. Der Perkussionist Hans-Peter Achberger lässt taktgenau kantige Holzklötze in einer Kiste rumpeln.



Opernhaus aktuell

Liederabend Diana Damrau Nachdem sie in der letzten Spielzeit als Adina in Donizettis L’elisir d’amore zu erleben war, kehrt die gefeierte Ko­ lo­ratursopranistin Diana Damrau nun mit einem Liederabend ans Opernhaus zurück. Auf dem Programm des Weltstars stehen berühmte Lieder von Franz Schubert und Richard Strauss, die Zigeunermelodien von Antonín Dvořák und französische Trouvaillen von Francis Poulenc und Manuel Rosenthal. Begleitet wird Diana Damrau vom Pianisten Craig Rutenberg. Diana Damrau, Sopran Craig Rutenberg, Klavier Montag, 9. Mai, 19 Uhr, Opernhaus

Montagsgespräch mit Julia Kleiter Die deutsche Sopranistin Julia Kleiter ist seit vielen Jahren eng verbunden mit dem Opernhaus Zürich. Hier begann sie als junge Sängerin ihre internationale Karriere, unter Nikolaus Harnoncourt begeisterte sie als Pamina und Ilia das Zürcher Publikum. Wichtige Strauss-Partien wie Zdenka und Sophie sang sie zum ersten Mal in Zürich. Nun debü­tiert Julia Kleiter in Zürich als Fiordiligi in Mozarts Così fan tutte.

Über dieses Rollen-Debüt sowie ihre Erfahrungen als Eva in Wagners Die Meistersinger von Nürnberg an der Pariser Oper oder ihren Ausflug in das Operettenfach mit Lehárs Land des Lächelns in der nächsten Spielzeit berichtet die sympathische Sopranistin im nächsten Montagsgespräch. Montag, 30. Mai, 19 Uhr Restaurant Belcanto

Französische Kammermusik Französische Musik für Gesang und kleines Ensemble erklingt in unserem nächsten Brunch- und Lunchkonzert. Julia Riley, Mezzosopranistin im En­ semble des Opernhauses, singt u.a. die drei exotischen Chansons madécasses von Maurice Ravel und drei Balladen auf Texte von François Villon von Claude Debussy. Ausserdem spielen die Musiker eine Kammermusikfassung von Gabriel Faurés Suite Pelléas et Mélisande.

Benefizkonzert Operinos Seit 16 Jahren existiert die Kinderkrippe Operinos nun bereits. Sie wurde von Mitgliedern des Opernhauses Zürich aus dem Bedürfnis heraus gegründet, Betreuungsmöglichkeiten zu schaffen, die speziell auf die Arbeitszeiten an einem Opernhaus zugeschnitten sind. Künst­ lerinnen und Künstler des Opernhauses geben nun zwei Benefizvorstellungen des Dornröschens (Konzept: Stefanie Sem­britzki; Regie: Paul Suter; Ausstattung: Myriam Kirschke) zugunsten der Krippe: am Samstag, 28. Mai und am Sonntag 29. Mai auf der Studio­bühne. Samstag, 28. Mai, 16 Uhr, Studiobühne Sonntag, 29. Mai, 11 Uhr, Studiobühne Karten zu 25.-/10.- (Kinder)

Brunchkonzert: Sonntag, 8. Mai, 11.15 Uhr Lunchkonzert: Montag, 9. Mai, 12 Uhr beide Konzerte finden im Spiegelsaal statt

Julia Kleiter

Korrigenda MAG 38 Nikolaus Harnoncourt hat so viele Produk­ tionen am Opernhaus Zürich auf die Bühne gebracht, dass sich in unserer Würdigung zum Tod des Jahrhundertdirigenten im MAG 38 zwei Fehler eingeschlichen haben, die ein aufmerksamer MAG-Leser sofort bemerkt hat: Die «Fidelio»-Produktion aus dem Jahr 1992 wurde selbstverständlich von Jürgen Flimm inszeniert und nicht vom altehrwürdigen Rudolf Noelte. Ausserdem fehlen zwei Produktionen in unserer Chronologie: Monteverdis «Achtes Madrigalbuch» im Jahr 1979 (R.: Jean-Pierre Ponnelle) und Mozarts «La clemenza di Tito» von 1989 (R.: John Dew).

Fotos: Theodora Richter, Frank Blaser

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Drei Fragen an Andreas Homoki

Abonnenten sind im Vorteil Gerade ist das Saisonbuch für die Spielzeit 2016/17 erschienen, und die Besucher stehen vor der Frage: Soll ich mir ein Abonnement nehmen, oder kaufe ich meine Tickets für jede einzelne Vorstellung. Herr Homoki, was spricht für ein Abonnement? Für ein Abo sprechen viele Gründe. Ganz wichtig: Mit einem Abo habe ich Karten für die begehrtesten Vorstel­ lungen der Spielzeit sicher, denn gerade diese Aufführungen sind fast immer in einer Abo-Serie enthalten. Das machen wir natürlich ganz bewusst, um unse­ren Abonnenten einen Vorteil einzu­räu­ men und die Abos möglichst attraktiv zu gestalten. Ausserdem kann ich als Abon­nent Einzelkarten erwerben, bevor der allgemeine Kartenverkauf beginnt. Für die kommende Spielzeit startet der generelle Vorverkauf am 11. Juni, Abon­nenten können sich aber schon ab dem 4. Juni ihre Wunschplätze sichern. Wir gewähren auch auf alle Abos mit Ausnahme des Premièren-Abos eine Er­mässigung von 10 Prozent, man bekommt also Mengenrabatt. Diese Er­ mäs­­sigung gilt übrigens bis auf wenige Ausnahmen auch für zusätzlich er­wor­ bene Einzelkarten. Schliesslich ver­su­ chen wir in Vorstellungen mit besonders grosser Nachfrage immer zunächst die Kartenwünsche unserer Abonnenten und Aktionäre zu berücksichtigen, denn sie sind unsere wichtigsten Kunden. Nach welchen Kriterien werden die Abos zusammengestellt? Die Zusammenstellung der Abos ist in der Tat eine sehr knifflige Angelegenheit, die unser Kaufmännischer Direktor Christian Berner persönlich übernimmt. Da müssen sehr viele Faktoren berücksichtigt werden. Zunächst einmal ver­su­ chen wir, die gleiche Produktion wäh­ rend mindestens sechs Spielzeiten in einer Aboserie nicht zu wiederholen. Dann gilt es, einen guten Mix zwischen Neuproduktionen und Wiederaufnahmen und zwischen Oper und Ballett zu

finden. Wichtig ist auch eine möglichst gute zeitliche Verteilung der Vorstel­ lungen über die gesamte Spielzeit. Insbesondere bei den Abos, die an einen bestimmten Wochentag gebunden sind, versuchen wir einen gleichmässigen Bogen über die Saison zu legen. Das alles unter einen Hut zu bringen ist nicht einfach, manchmal muss man klei­ne Kompromisse machen. Es kann also schon mal vorkommen, dass aus­ nahmsweise ein «falscher» Wochentag in einem Abo enthalten ist. Aber grundsätzlich haben wir in jeder Spielzeit von neuem den Ehrgeiz, möglichst attraktive Abos für unsere Stamm­ kundschaft zusammenzustellen. Sind Abos denn überhaupt noch zeit­gemäss? Wollen die Besucher nicht viel lieber kurzfristig planen? Im persönlichen Gespräch höre ich von vielen Abonnenten oft das Gegenteil. Gerade in unserer hektischen Zeit freuen sich viele Menschen darüber, wenn sie bestimmte Fixtermine im Kalender haben, weil man sich nicht mehr um Karten kümmern muss und der geplan­te Opern- oder Ballettbesuch dann auch tatsächlich stattfindet. Zudem sind unsere Abos heutzutage viel flexibler als früher. Man kann das Abo problemlos gegen eine kleine Gebühr für einen anderen Termin der gleichen Produktion tauschen, sollte etwas dazwischenkommen oder ein bestimmter Abo-­ Termin ungünstig liegen. Der Abotausch wurde stark vereinfacht, wobei sehr wichtig ist, dass uns ein solcher Tausch mindestens sieben Tage vor dem ursprünglichen Vorstellungstermin mit­ge­ teilt wird. Dieser Service wird von unseren Abonnenten inzwischen stark in Anspruch genommen und sehr geschätzt.

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Chefdirigent: Douglas Bostock

2016 I 2017 1. ABO-KONZERT Vorhang auf: Beethoven! BEETHOVEN Symphonie Nr. 1 BERG Violinkonzert BEETHOVEN Symphonie Nr. 5 DOUGLAS BOSTOCK Leitung SOPHIA JAFFÉ Violine Aarau (18./20.09.16) I Baden (23.09.16) 2. ABO-KONZERT Feuer und Flamme LISZT Prometheus CHOPIN Klavierkonzert Nr. 2 TSCHAIKOWSKY Symphonie Nr. 4 JAMES JUDD Leitung ANDREW TYSON Klavier Aarau (06./08.11.16) I Baden (11.11.16) 3. ABO-KONZERT Vermächtnis und Erbe SCHUMANN Ouvertüre, Scherzo & Finale BRAHMS Doppelkonzert BEETHOVEN Symphonie Nr. 7 DOUGLAS BOSTOCK Leitung SEBASTIAN BOHREN Violine CHIARA ENDERLE Cello Aarau (22./24.01.17) I Baden (20.01.17) 4. ABO-KONZERT Neue Welt BERNSTEIN On the Town SHORTER Klarinettenkonzert (Schweizer Erstaufführung, Auftragswerk des argovia philharmonic und dem London Philharmonic)

AARGAU IM ABO

DVOŘÁK Symphonie Nr. 9 RUNE BERGMANN Leitung JULIAN BLISS Klarinette Aarau (19./21.03.17) I Baden (24.03.17) 5. ABO-KONZERT In der Natur BEETHOVEN Symphonie Nr. 6 Huber Symphonie Nr. 7 DOUGLAS BOSTOCK Leitung Aarau (07./09.05.17) I Baden (12.05.17)

PREISE KAT I. CHF 256.- I KAT II. CHF 212.- I KAT III. CHF 184.-

info@argoviaphil.ch I 062 834 70 00 I www.argoviaphil.ch

Schweizer Erstaufführung

Bianca e Fernando

Vincenzo Bellini Maloja Palace 25.06. – 02.07.2016

Volkshaus Basel 27.08. – 03.09.2016

Do. Sa. So. Do. Sa.

Do. Sa. So. Do. Sa.

23. Juni 2016 25. Juni 2016 26. Juni 2016 30. Juni 2016 02. Juli 2016

18.00 18.00 18.00 18.00 17.30

Uhr (Generalprobe) Uhr (Première) Uhr Uhr Uhr (Dernière)

Vorverkauf St. Moritz Tourist Information Tel. 081 837 33 33 Wega Buchhandlung, St. Moritz Tel. 081 833 31 71 Bider & Tanner, Basel Tel. 061 206 99 96 Infostellen Engadin St. Moritz Ticketcorner Vorverkaufsstellen in der Schweiz Abendkasse Online-Bestellung inkl. „Print at home“-Service

25. Aug. 2016 27. Aug. 2016 28. Aug. 2016 01. Sep. 2016 03. Sep. 2016

19.00 17.30 19.00 20.00 17.30

St. Moritz / Basel

Uhr (Generalprobe) Uhr (Première) Uhr Uhr Uhr (Dernière)

Vorverkauf Bider & Tanner, Basel Tel. 061 206 99 96 Ticketcorner Vorverkaufsstellen in der Schweiz Abendkasse Online-Bestellung inkl. „Print at home“-Service

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Wie machen Sie das, Herr Bogatu?

Viel Aufwand für nichts Ein paar Krähen, Federn, zwei grosse Hängelampen, viele kleine Glimmlampen, ein Dolch, zwei Stühle, ein paar Luftschlangen und sonst nichts. Das sind Dekoration und Spielutensilien, mit denen Barrie Kosky und Klaus Grünberg den umfeierten und grandiosen Macbeth auf die Bühne gebracht haben. Jede und jeder, der in diese Oper geht, sieht sofort die Genialität und Professionalität, die in der Herstellung der Krähen steckt, die nahezu naturgetreu ferngesteuert bewegt werden können. Doch dieser Artikel gilt einem anderen Punkt der obigen Aufzählung, der extrem schwierig herzu­ stellen war und dessen Beitrag zum Gelingen dieser Oper noch wichtiger als die Rolle der Krähen war: Das Nichts. Die Personen tauchen in dieser Inszenierung aus dem Nichts auf und verschwinden wieder darin. Nichts herzustellen erscheint trivial einfach, doch das ist ein riesiger Trugschluss. Es ist nun nicht so, dass nichts schwerer herzustellen wäre, aber wir haben viel Aufwand für nichts betrieben: «Nichts», bedeutet nicht sichtbar. Dunkel. Finster­ nis. Doch man möchte ja neben der Finsternis auch etwas sehen können. Wie erreicht man neben sichtbaren, erleuchteten Figuren eine abgrundtiefe Finsternis? Der Boden ist an zwei Bereichen von unten durchleuchtbar: Wichtige Szenen und Personen können somit also auch von unten beleuchtet werden. Der Vorteil: Das Licht von unten leuchtet entweder die Personen an oder verliert sich im Dach – kaum etwas erhellt den Bereich daneben. Das Licht von unten wird teilweise nur von zwei Hängeleuchten unterstützt, unter denen die wichtigen Handlungen stattfinden. Diese Hängeleuchten wurden mit einem eigens dafür berechneten und hergestellten Lichtgitterrost versehen, der die Lichtstrahlen so leitet, dass nichts seitlich hinausstrahlen kann. Der Boden wurde mit einem ganz groben, schwarz gemalten Gewebe überzogen. Dieses Gewebe lässt zwar das Licht von unten durch, das Licht von oben wird aber durch das Gewebe so stark gebrochen, dass es nur wenige Reflexionen gibt. Der Boden nimmt das Licht sozusagen auf. Seitlich wurde die Bühne durch schwarzen Samt begrenzt, der so angeordnet ist, dass die wenigen Lichtstrahlen an diesem vorbei auf die Seitenbühne fallen und kaum noch wahrnehmbar sind. Kaum wahrnehmbar ist aber schon zu viel und eindeutig nicht nichts. Und zu allem Übel gesellte sich noch das Licht der Notenpultbeleuchtung im Orchester­graben und das Licht der Dirigentenmonitore dazu: Den Augen hätte das gereicht, um die Finsternis zu durchdringen und das Nichts zu durchschauen. Doch auch das hatte der Bühnenbildner Klaus Grünberg vorhergesehen und genial gelöst: Er erfand vier Reihen von kleinen glimmenden Lämpchen, die in dem dunklen Raum aufgehängt wurden und diesem eine Kontur geben. Das dezente Leuchten reicht aus, die Augen daran zu hindern, die Dunkelheit zu durchschauen. Und so entstand aus allen Massnahmen zusammen um diese Lämpchen herum das Nichts.

Illustration: Laura Jurt

Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich

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Was hat man dir angetan?



12 Pelléas et Mélisande

«Es gibt Dinge, die können Sie nie vergessen» In Claude Debussys Oper «Pelléas et Mélisande» begegnen wir Mélisande, die mit niemandem über das Schreckliche sprechen kann, das ihr widerfahren ist. Wir haben uns mit dem Trauma-Spezialisten Ulrich Schnyder darüber unterhalten, wie Traumata entstehen, wie sie behandelt werden und ob ein schwer traumatisierter Mensch wie Mélisande Aussichten hat, geheilt zu werden. Herr Professor Schnyder, der Begriff Trauma wird heute inflationär ver­ wendet – fast jeder scheint auf irgendeine Art «traumatisiert» zu sein. Wie definieren Sie den Begriff Trauma? In der Psychotraumatologie sprechen wir zunächst von einem «potentially trauma­ tic event», also einem potentiell traumatischen Ereignis. Eine Vergewaltigung würde die Kriterien unserer Trauma-Definition erfüllen – aber nicht alle, die eine Vergewaltigung erlebt haben, werden traumatisiert. Das ist erst dann der Fall, wenn sich eine psychische Erkrankung daraus ergeben hat. Die Person muss einem Ereignis ausgesetzt gewesen sein, das mit der Bedrohung des Lebens, der körper­­ lichen oder sexuellen Integrität einhergegangen ist. Dazu gehören Ereignisse wie ein schwerer Unfall oder eine schwere Gewalttat mit Körperverletzung, Vergewaltigung, Folter. Aber es kann auch traumatisierend sein, Zeuge eines schlimmen Ereignisses gewesen zu sein. Dazu ein Beispiel: Eine Patientin, die wir seit längerer Zeit in unserem Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer in Behandlung haben, wurde gefoltert und mehrfach vergewaltigt. Als ich diese Erfahrungen ansprach, sagte sie: Vergessen Sie das. Was mich wirklich kaputt gemacht hat, war, als ich ge­zwungen wurde zuzuschauen, wie mein Kind umgebracht wurde. Bei diesem Er­ leb­­­nis blieb die Person selbst äusserlich unversehrt; aber so etwas Schreckliches mit­erleben zu müssen, kann sehr traumatisierend sein. In ähnlicher Weise können auch Rettungshelfer, Feuerwehrleute, Polizisten traumatisiert werden. Wenn meine Freundin mich verlässt oder mein Chef mich anschreit, sind das schlimme Dinge, aber es ist nach unseren Kriterien kein Trauma. Das Vorliegen eines Traumas im engeren Sinne ist die Voraussetzung dafür, dass man die Diagnose einer post­ trauma­tischen Belastungsstörung stellen kann. Welche Symptome gehören zu einer posttraumatischen Belastungsstörung? Nur ungefähr jeder zehnte Patient, der einmal ein Trauma erlebt hat, entwickelt auch eine posttraumatische Belastungsstörung. Es gibt, grob gesagt, vier wichtige Symptomgruppen. Am typischsten sind die Wiedererlebenssymptome: Die Er­ innerung drängt sich mir auf, ob ich will oder nicht, und sie ist sehr unangenehm. Das zeigt sich in Form von Flashbacks: Ich habe plötzlich das Gefühl, wieder in der traumatischen Szene zu sein. Das kann sogar so weit gehen, dass ich nicht unterscheiden kann, ob es eine Erinnerung ist oder ob sich das schreckliche Er­ lebnis tatsächlich wieder ereignet; dazu gehören auch Albträume, oder generell jede Form von sich aufdrängender Erinnerung. Ich höre zum Beispiel eine Fehlzündung im Strassenverkehr, das klingt für mich wie ein Schuss, und sofort bin ich wieder drin in der Szene, ob ich will oder nicht. Die zweite Gruppe sind die Vermeidungssymptome: Weil dieses Wiedererleben so unangenehm ist, so quälend, beängstigend oder beschämend, versuche ich, die Erinnerung mit allen Mitteln zu vermeiden.


Pelléas et Mélisande 13

«Sexueller Missbrauch in der Kindheit ist für die Persönlich­keits­ entwicklung verheerend»

Im Extremfall gehe ich nicht einmal mehr aus dem Haus. Der dritte Bereich der Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung betrifft veränderte Kognition und Stimmung. Damit ist gemeint, dass insbesondere Menschen, die interpersonelle, häufig wiederkehrende Traumatisierungen erlebt haben, ihre Grundannahmen ändern und übergeneralisieren, also zum Beispiel sagen: Alle Männer sind poten­tiel­le Vergewaltiger, oder die Welt ist generell gefährlich. Als viertes Symptom kommt Übererregbarkeit hinzu: Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit, Konzentrations­störun­gen, Schlaflosigkeit, also allgemeine Stresssymptome, die sich auch bei anderen psychischen Erkrankungen finden. Das kann sich im zwischenmenschlichen Bereich sehr belastend auswirken. Haben Sie es erlebt, dass ein Patient oder eine Patientin über das traumatische Erlebnis überhaupt nicht sprechen kann? Ja, das kommt oft vor, denn über traumatische Erlebnisse zu sprechen, bedeutet für den Trauma-Patienten eine erneute Konfrontation mit dem Trauma: Es kann pas­ sie­ren, dass er dadurch von den mit der Erinnerung verbundenen negativen Emo­ tio­nen förmlich «überschwemmt» wird, ohne dass er das kontrollieren kann. Nicht darüber zu sprechen, ist also oft ein Vermeidungssymptom. Bei sehr schlimmen Traumatisierungen hören wir zudem oft von den Betroffenen: Ich kann und will mit niemandem darüber sprechen, das glaubt mir sowieso keiner, und ich weiss auch, das hält gar niemand aus, schon nur das Zuhören ist so schlimm. Traumatisierte Menschen sind sehr sensibel und merken sofort, wenn es für den Gesprächspartner zu viel wird. Wie können Sie als Therapeut einem Patienten helfen, der über sein Trauma nicht sprechen kann? Mit Geduld. Jemand, der uns zugewiesen wird, hat natürlich bereits erkannt, dass er psychiatrische Unterstützung braucht. Trotzdem kommen zum Beispiel Folter­opfer nicht und sagen: Ich war Folter ausgesetzt, sondern sie sagen z.B.: Ich kann nicht schlafen. Bis man über die zentralen traumatischen Erfahrungen sprechen kann, vergehen nicht selten Monate. Es kommt vor, dass sogar erst nach Jahren das Vertrauen dafür da ist. Die meisten Menschen haben die Erfahrung ge­macht: Wenn ich über meine Erlebnisse spreche, wird es nur schlimmer. Aber das Kernelement der Traumatherapie ist Exposition, das heisst, wir wollen die Patienten in die traumatische Szene zurückführen. Voraussetzung dafür ist es, dass der Pa­tient erkennt, dass die entsprechende Szene nur noch Erinnerung ist und keine reale, erneute Bedrohung. Aber zunächst mal sagen die Patienten: Helfen Sie mir, das traumatische Ereignis zu vergessen! Darauf entgegne ich: Sie können das nicht vergessen, Sie sollen es auch nicht; das Ziel soll sein, dass Sie sich nur dann erinnern können, wenn Sie das möchten, dass Sie also die Erinnerung kontrollieren können. Wenn das gelingt, ist schon viel gewonnen. Wenn ich in kontrollierter Art und Weise, im Schutz der Therapiesitzung, die Erinnerung hervorrufe, dann ist das zunächst mal sehr beunruhigend und löst Stress aus, aber wenn man das wie­der­­holt macht, klingen die heftigen Reaktionen ab; das ist die Grundidee der Trauma­behandlung. Ist es denn auf jeden Fall gut, dass schwer traumatisierte Menschen sich an ihr traumatisches Erlebnis erinnern? Oder kann es auch besser sein für den Patienten, das schlimme Erlebnis ruhen zu lassen? Es gibt sicher Situationen, in denen man sagen würde: Es ist besser, man lässt das sein. Voraussetzung dafür, dass ich die Exposition, also die Konfrontation mit der Erinnerung, empfehle, ist, dass eine gewisse Bereitschaft auf Seiten der Be­trof­ fe­nen vorhanden ist, und dass ein gut ausgebildeter Traumaspezialist die Exposition begleitet. Einfach die Erinnerung in einer unkontrollierten Art wachzurufen, fände ich gefährlich. Umgekehrt ist es so, dass eine posttraumatische Belastungs-


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störung in der Regel nicht einfach von selbst heilt. Und die Patienten leiden sehr darunter; diese Störung ist mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebens­ qualität verbunden. Was kann ein Therapeut in der Traumatherapie falsch machen? Vieles! Zum einen kann ein Therapeut so sehr fasziniert sein von diesen schlimmen Dingen, dass er zu wenig sorgsam auf die Dosis achtet, die für den Patienten zuträglich ist. Zum anderen kann es sein, dass der Patient wegen seiner Vermeidungssymptomatik lieber über etwas anderes spricht. Weil Trauma-Exposition auch für den Therapeuten anspruchsvoll und anstrengend ist, ist er vielleicht ganz froh da­rü­ber. Dann beschäftigt man sich mit vordergründigen Problemen und kommt nie zum eigentlichen Thema. Die Kunst besteht darin, sich im Mittelfeld zu be­ wegen. Man weiss aus der Forschung, dass man auch mit Patienten, die instabil oder sogar suizidal sind, traumatherapeutisch arbeiten kann. Davor haben jedoch viele Therapeuten grosse Scheu. Dass der Patient die Erfahrung macht, da ist jemand, mit dem ich meine schrecklichen Erlebnisse teilen kann, hat schon an sich eine heilende Wirkung. In der Oper Pelléas et Mélisande erfahren wir bis zum Schluss nicht, was eigentlich genau mit Mélisande passiert ist; in unserer szenischen Interpreta­ tion gehen wir davon aus, dass es eine Art von sexuellem Missbrauch gewesen sein muss, der Mélisande schwer traumatisiert hat. Was ist so besonders schlimm am sexuellen Missbrauch? Da muss man sehen, in welcher Entwicklungsphase die Traumatisierung statt­ gefunden hat. Wenn eine erwachsene, gesunde Frau eine einmalige Vergewaltigung erlebt, ist das schlimm und zerstörerisch, aber weniger als die Hälfte der Betroffenen werden davon langfristig psychisch krank. Wenn ein Kind vom Alter von 6 bis 13 unzählige Male als «Spielzeug» vermietet und mehrfach missbraucht wurde, das Ganze womöglich im Kontext einer Beziehung zu jemandem, von dem man abhängig ist, dann ist das eine ganz andere Geschichte. Daraus entsteht oft eine posttraumatische Belastungsstörung, aber meistens eben noch viel mehr: Die gesamte Entwicklung der Persönlichkeit wird gestört. Wenn ich dauernd die Er­fah­r ung mache, dass meine Grenzen überschritten werden, und zwar von jemandem, dem ich vertraue und von dem ich abhängig bin, und dieser Mensch mir zudem noch sagt, er mache das aus Liebe zu mir, dann wird mir die Fähigkeit genommen, zu unterscheiden, ob ich eine Situation erlebe, in der ich Vertrauen haben kann, oder ob ich vorsichtig sein muss. Deshalb sind Menschen, die so etwas erlebt haben, dem Risiko ausgesetzt, immer wieder in ähnliche Situationen hineinzurutschen. Viele von diesen Menschen, die so etwas über längere Zeit erlebt haben, entwickeln ausser den posttraumatischen Belastungsstörungen noch viel komplexere Probleme wie eine Borderline-Persönlichkeitsstörung, Suchtmittelmissbrauch, Depressio­nen, Schwierigkeiten, ihre Emotionen zu kontrollieren und anderes mehr. Deshalb ist sexueller Missbrauch vor allem in der Kindheit so verheerend. Wenn ein mehrfach missbrauchter Mensch nun im Rahmen einer Therapie erstmals wieder Vertrauen fasst – wie gefährlich ist es dann für den Patienten bzw. die Patientin, in eine emotionale Abhängigkeit zum Therapeuten zu geraten? Diese Gefahr besteht immer, das ist in der psychotherapeutischen Methode in­härent. Wenn ich es schwer gehabt habe im Leben und jetzt endlich jemanden finde, der mir zuhört, der mich versteht, mich erkennt, mich so akzeptiert wie ich bin, dann ist das eigentlich schon ausreichend als Grund dafür, positive oder sogar erotische Gefühle zu entwickeln. Und wenn die Therapie gut läuft, ist der Patient, die Patientin natürlich auch sehr dankbar, dass da jemand ist, der ihm oder ihr geholfen hat. Diese Geschichten kennt man seit Freud. In der Traumatherapie

«Die Patienten sollen wieder die Kontrolle über ihre Erinnerungen erlangen»


Pelléas et Mélisande 15

hat diese Thematik eine zusätzliche Dimension, weil das Thema Abhängigkeit schon in der Art der psychischen Störung angelegt ist. Wir begegnen diesem Problem in der Psychotherapie damit, dass wir sagen, es ist ganz wichtig, dass die Patientin die Kontrolle über das übernimmt, was in der Therapie passiert. Der Therapeut begleitet nur. Die Therapie ist darauf ausgelegt, dass die Patienten wieder die Kontrolle über ihre Erinnerungen, ihr jetziges Leben und ihre Zukunft er­ langen sollen. Das Trauma rückgängig machen können wir nicht. Dazu kommt, dass wir solche Therapien wenn möglich auf ein paar Monate limitieren. Wie sehr muss denn der Therapeut mit sich selbst im Reinen sein, um über­ haupt anderen helfen zu können? Früher hatte man die Idee – sie geht auf Freud zurück –, dass der Therapeut erst durchanalysiert werden und frei von Neurosen sein muss. Heute ist man davon weit entfernt. Als ich anfing, hatte ich auch die Idee, dass ich von all meinen Problemen befreit werde in meiner Therapie. Bis ich dann gemerkt habe, dass ich mich nicht auswechseln kann, dass auch ich meine Stärken und Schwächen habe und dass es in der Ausbildungsphase darum geht, diese kennenzulernen und gut damit umzugehen. Das kann heissen, dass ich in bestimmten Bereichen kein guter Therapeut bin und mir dessen bewusst bin. Manchmal kann es allerdings auch hilfreich sein, bestimmte Probleme aus eigener Erfahrung zu kennen. Die Frage ist dann, wie weit habe ich diese Probleme im Griff? Psychotherapeut wird selten jemand, der überhaupt keine Probleme hat. Es braucht ja auch ein Interesse am Leiden und an den Schwierigkeiten, die man im Leben haben kann. Jemand, der selbst gar keine Probleme hat, der nicht weiss, wie es ist, wenn das Leben einen hart anfasst, ist vielleicht auch kein so guter Therapeut. Die Hoffnung ist natürlich, dass man in der Ausbildung die eigenen Schwierigkeiten so gut in den Griff bekommt, dass man sie nicht in der Therapie mit den Patienten ausagiert. Gibt es auch unheilbare Trauma-Fälle? Ja, das heisst aber nicht, dass man nichts machen sollte. Die meisten Patienten, die wir in unserem Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer sehen, sind schwer beschädigt. Die Folter ist fast immer nur ein Teil der mehrfachen Traumatisierungen, die diese Menschen erlebt haben. Der Anspruch, solche Menschen heilen, sie wirklich gesund machen zu wollen, ist anmassend. Wenn es gelingt, jemandem so zu helfen, dass er seine Symptome in den Griff bekommt und einigermassen im Alltag funktionieren, also bestimmte Aufgaben erfüllen, sich um seine Kinder kümmern oder arbeiten kann, und wenn es gelingt, dass er zu einigen Menschen ein Stück weit Vertrauen fassen kann, dann ist ganz viel geschehen. Ein guter Traumatherapeut kann sich auch über solche vermeintlich kleinen Entwicklungsschritte freuen.

Ina Jang Die in New York lebende Künstlerin Ina Jang, die uns das Foto auf Seite 10-11 zur Verfügung gestellt hat, untersucht in ihren Fotoarbeiten poe­tische und surreale Be­ ziehungen zwischen Menschen, Dingen, Orten und Erinnerung. Siehe auch die Website ihres Galeristen Christophe Guye (christopheguye.com)

Prof. Ulrich Schnyder ist Direktor der Klinik für Psychotherapie und Psychiatrie am Universitätsspital Zürich. Er ist auf Psychotraumatologie spezialisiert. Der Klinik angeschlossen ist das Ambulatorium für Kriegs- und Folteropfer, das unter anderen schwer traumatisierte Flüchtlinge behandelt Das Gespräch führte Beate Breidenbach.


16 Pelléas et Mélisande

Einen Ausweg gib Am 8. Mai hat «Pelléas et Mélisande» am Opernhaus Zürich Premiere. Debussys einzige Oper, uraufgeführt 1902 in Paris, ist ein Werk voller Andeutungen, in dem viel geredet, aber noch mehr verschwiegen wird. Regisseur und Bühnenbildner Dmitri Tcherniakov hat eine ganz eigene Interpretation für dieses Stück entwickelt.

Jacques Imbrailo und Dmitri Tcherniakov in der Probenarbeit zu «Pelléas et Mélisande»


Pelléas et Mélisande 17

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Fotos: Danielle Liniger

Dmitri Tcherniakov, für das Opernhaus Zürich entwickeln Sie eine Neuinter­ pretation von Debussys Oper Pelléas et Mélisande. Was hat Sie an diesem rätselhaften Stück besonders interessiert? Der Schriftsteller Maurice Materlinck, von dem die Vorlage zu Debussys Pelléas et Mélisande stammt, hat mich schon interessiert, bevor ich die Oper kennengelernt habe. Der Oper bin ich erst relativ spät begegnet; in Russland wurde sie praktisch nie aufgeführt, es gibt dafür keine Tradition und dementsprechend auch keine Rezeptionsgeschichte. Ich hörte nur einige Aufnahmen, und selbst die habe ich erst sehr spät kennengelernt. Ich kannte also dieses Werk nur über das Hören, nicht über das Sehen, hatte nie irgendwelche szenischen Bilder vor Augen, und ich hatte lange Zeit Mühe, mir überhaupt vorzustellen, wie diese Oper aussehen könnte. Das Stück hat mir immer etwas Angst gemacht, weil es mir so vorkam, als verweigere es sich einer szenischen Darstellung. Für die Auseinandersetzung mit einem Werk ist gerade das für mich dann aber ein wichtiger Antrieb: Es reizt mich, wenn ich es mit etwas zu tun habe, das nicht offensichtlich ist, sondern vernebelt, verwirrend, das auf den ersten Blick nicht logisch erscheint. Im Falle von Pelléas et Mélisande bereitet mir schon allein der Prozess des Enträtselns, des Aufhellens grosses Vergnügen. Auf den ersten Blick scheint die Geschichte einfach: Im Wald trifft Golaud zufällig auf ein junges Mädchen, Mélisande, die an einem Brunnen sitzt und weint. Er nimmt sie, die offensichtlich allein ist und nirgendwo hin gehört, zur Frau und bringt sie nach Hause zu seiner Familie. Dort lernt Mélisande Golauds Halbbruder Pelléas kennen, die beiden verlieben sich ineinander – es kommt zu einer tragischen Dreiecksgeschichte, in deren Verlauf Golaud seinen Halbbruder aus Eifersucht ersticht. Schliesslich stirbt auch Mélisande, nachdem sie ein Mädchen zur Welt gebracht hat. Unter der Oberfläche dieser scheinbar einfachen Geschichte verbirgt sich jedoch viel mehr. Worum geht es für Sie in diesem Stück? Ich möchte in einem Interview, das der Zuschauer liest, bevor er die Aufführung sieht, nicht meine Absichten erläutern. Es würde wirken, als ob die Aufführung nicht für sich selbst sprechen könnte, wenn man eine Einführung, Erklärungen oder sogar eine Bedienungsanleitung braucht, um sie zu verstehen. Aber wenn ich kurz zusammenfassen soll, was für mich das Interessanteste an dieser Oper ist, dann würde ich sagen, es ist das hochkomplizierte psychologische Puzzle, das unter der scheinbar einfachen Geschichte verborgen ist, die Verschlingung von Ängsten, Schuldgefühlen, Traumata, Komplexen, häuslicher Gewalt, die Abwesenheit von Empathie, Flucht vor der Realität, Manipulation, Illusionen, Neurosen, die Tat­sache,


Corinne Winters


Pelléas et Mélisande 19

dass sich gewisse Dinge im Leben immer wiederholen. Und wie die Figuren in dieser Oper versuchen, selbst mit all dem zurechtzukommen, all das erforschen, kontrollieren wollen. Und was dabei herauskommt. Wie beginnen Sie die Auseinandersetzung mit einem Werk? Die Inszenierung setzt sich jedes Mal anders in meinem Kopf zusammen. Wichtig ist mir aber immer die Vorbereitung. Zuerst möchte ich alles gründlich studieren, anschauen, überprüfen, durchdringen, widerlegen. Nicht alle diese Bücher, die ich zur Vorbereitung lese, brauche ich auch nachher, und es kommt sogar vor, dass die Konzeption der Inszenierung am Ende dann aus anderen Impulsen entsteht, die mit dem Studium dieses ganzen Materials gar nichts zu tun haben. Trotzdem ist es mir wichtig, das zu machen. Neben all den Informationen, die ich dadurch bekomme, habe ich auch das Gefühl, meine Arbeit durch diese ausführliche Vorbereitung zu legitimieren, ja dadurch überhaupt erst das Recht zu haben, eine eigene Konzeption zu entwickeln. Manchmal ist das für mich wie ein Ritual, das ich streng befolgen muss. Es kommt sogar vor, dass ich den Ort besuche, an dem die Oper spielt, egal, wie weit er entfernt ist, wie ich das zum Beispiel während der Vorbereitung zu Dialogues des Carmélites gemacht habe, als ich nach Compiègne in ein Kar­melitisches Kloster gereist bin, um mich dort mit den Nonnen zu unterhalten. Die Inszenierung selbst ist dann am Ende ganz unabhängig von dieser historischen Basis entstanden, aber ich fühlte mich besessen davon, diese vorbereitenden Rituale durchzuführen. Um die Konzeption entwickeln zu können, muss ich immer zuerst das Thema des Ganzen erspüren. Nicht das Bild, nicht die Atmosphäre, nicht die Charaktere, sondern das Thema. Wenn ich das spüre, geht es schnell voran, und alles, was dann kommt (die Visualisierung, die Bühnensprache und so weiter), muss dieses zuvor formulierte Thema weiterentwickeln. Sie sind auch Bühnenbildner und entwerfen für Ihre Inszenierungen Ihre Bühnenbilder immer selbst. Pelléas et Mélisande spielt laut Libretto zunächst im Wald an einem Brunnen, später in einem mittelalterlichen Schloss, dann in einer Grotte, am Meer. Sie haben sich entschieden, die Geschichte in einem modernen, zeitgenössischen Apartment anzusiedeln. Warum? Ich wüsste nicht, wie man all das, was das Libretto als Schauplätze vorgibt, heute auf die Bühne bringen sollte. Und wozu auch? Der musikalische, verbale und symbolische Sinn all dieser Dinge ist so stark und so suggestiv, dass es eine Verdopplung auf der Bühne gar nicht braucht. Der Zuschauer hört doch all das in der Musik und vesteht den gesungenen Text! Ich bin immer dafür, nicht alles zu zeigen, nicht alles vorzukauen. Wichtig ist es, dem Zuschauer einen Link anzubieten, einen Impuls, damit sich die Geschichte in seiner Fantasie erschliesst. Seiner eigenen Fantasie wird er mehr vertrauen, als vorgegebenen Bildern auf der Bühne. Über Mélisande erfahren wir in der Oper nur, dass ihr etwas Schreckliches widerfahren ist – was genau dieses Schreckliche ist, erfahren wir nicht, denn sie kann selbst darüber nicht sprechen. Wer ist dieses junge Mädchen in Ihrer Interpretation? Eine sehr geheimnisvolle Figur, nicht nur für die Zuschauer, sondern auch für alle anderen Figuren in diesem Stück! Vieles in der Entwicklung dieser Geschichte geht auf den Wunsch der anderen Figuren zurück, herauszufinden, wer Mélisande ist, wo sie herkommt, was mit ihr passiert ist. Sie sagt nichts über sich selbst, anfangs ist es für sie schwierig, überhaupt zu jemandem Kontakt aufzubauen. Aus ihrem Verhalten wird jedoch klar, dass irgendein Drama hinter ihr liegt, ein Trauma, eine persönliche Erfahrung, die sie quält. Es ist nicht so, dass sie diese Erfahrung absichtlich verbirgt; sie ist einfach nicht in der Lage dazu, darüber zu sprechen. Sie verdrängt das Erlebte in ihr Unterbewusstsein. Sie ist sich dessen nicht bewusst; es klafft ein Riss zwischen ihrem Bewusstsein und ihrem Unterbe-


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wusstsein. Sie ist weggelaufen, sie konnte sich retten. Wir können nur Vermutungen darüber anstellen, wovor sie davongelaufen ist und was sie erlebt und gesehen hat. Klar ist, dass es etwas aussergewöhnlich Schreckliches gewesen sein muss, das etwas in ihr zerstört hat und ihr das Leben zum Albtraum machte. Klar ist auch, dass dieses Erlebnis mit Gewalt zu tun hat. Anfangs hatte ich mehrere Vermutungen, vor welchem Schreckensbild sie weggelaufen sein könnte. Ich dachte an die Flucht vor einem Krieg, der plötzlich ausgebrochen war, an Flüchtlinge, Menschen, die eine Katastrophe erlebt haben. Aber keines dieser Bilder grosser sozialer Unbilden erwies sich als organisch. Hier ist eine höchst persönliche Geschichte verborgen, ein Trauma, eine persönliche Erfahrung mit brutaler Gewalt. In Ihrer Inszenierung hat Golaud Mélisande mit nach Hause genommen, weil er überzeugt ist davon, dass er ihr helfen kann – und weil er sich in sie verliebt hat. Wer ist Golaud in Ihrer Interpretation, und ist er wirklich in der Lage dazu, Mélisande zu helfen? In unserer Aufführung sind die Figuren, die in diesem Haus in Allemonde leben, hoch­gebildete, erfahrene, intellektuelle zeitgenössische Menschen. Ziel­gerichtet analysieren sie Probleme, erstellen eine Diagnose, verschreiben Therapien. Sie spielen meistens nach bestimmten Regeln, bemühen sich sogar, bestimmten The­ra­ pie-­­Methoden zu folgen, ohne die emotionale Ebene mit einzubeziehen. Aber sie werden dabei von Kräften geleitet, die ihnen nicht bewusst sind, weil sie in ihrem Unterbewusstsein verborgen sind. Die Musik liefert dabei den Ausdruck für dieses Unterbewusste. So ist es auch bei Golaud. Er trägt eine solch schwere,

8.–10. JULI 2016 RYCHENBERGPARK WINTERTHUR

FR 8. JULI

FOLKLORE UND KLASSIK MIT

SZENISCHE BACHKANTATEN

ELIANA BURKI

SO 10. JULI SA 9. JULI

OPERNGALA MIT

VESSELINA KASAROVA

Mi 1. – Sa 4. Juni 2016 20 Uhr Musikalische Leitung: Michael Hofstetter Regie: Peter Konwitschny Mit: Christiane Bösiger, Claudia Kallisch, Christel Elisabeth Smith, Hans-Jürgen Schöpflin, Jacek Strauch & orchester le phénix

T + 41 (0)81 252 66 44 Mo bis Fr 17–19 Uhr www.theaterchur.ch

ERMÖGLICHT DURCH

HAUPTPARTNER

FAMILIENKONZERT MIT

FILMMUSIK


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un­ausgesprochene Last aus seiner eigenen Vergangenheit mit sich herum, dass er wohl kaum derjenige sein kann, der Mélisande aus ihrer Dunkelheit herausführt, obwohl er so viel für sie empfindet. Er selbst muss gerettet werden. Mélisande verliebt sich in Golauds Halbbruder Pelléas – die Geschichte endet tragisch. Wer ist Pelléas in Ihrer Inszenierung, und was für eine Beziehung hat er zu seinem Halbbruder? Das Liebespaar Mélisande und Pelléas ist kein traditionelles Liebespaar, kein liebendes, wunderbares und leidendes Paar. Alles zwischen ihnen ist kompliziert. Wie übrigens auch zwischen allen anderen Mitgliedern dieser Familie, in der so viele Ge­ heimnisse und Konflikte aus der Vergangenheit verborgen sind. Man könnte sogar sagen, es gibt hier gar keine wirkliche Familie – es sind vielmehr nur noch die Splitter früherer familiärer Verbindungen, die vom Schicksal dazu bestimmt wurden, zusammenzuleben. Nicht umsonst ist Pelléas besessen von dem Gedanken, von dort wegzugehen, sich loszureissen, aber er kann es einfach nicht. Und wird es auch bis zum Schluss nicht schaffen. Die Wärme familiärer Verbindungen gibt es nicht zwischen diesen Figuren. Und am wenigsten zwischen den beiden Brüdern. Nicht nur Mélisandes Herkunft und ihre Vergangenheit bleiben rätselhaft – diese Oper hält darüberhinaus noch viele weitere Rätsel und Geheimnisse bereit. Was denken Sie, sollte man als Regisseur alle diese Rätsel lösen, alle offenen Fragen beantworten? Oder sind es nicht sogar die vielen Andeutungen und unausgesprochenen Dinge, die den Reiz des Stückes ausmachen? Mir persönlich ist es immer sehr wichtig, alles so genau wie möglich zu verstehen und wenn möglich auch dem Zuschauer diese Klarheit zu vermitteln. Aber nicht alle Antworten, die ich für mich gefunden habe, kann ich auch mit theatralischen Mitteln zeigen. Oft kommt es vor, dass ich mit den Sängerinnen und Sängern während der Proben Antworten auf einige Fragen finde und der Zuschauer das dann nicht alles lesen kann. Aber trotzdem ist es mir wichtig, dass die Künstler so viele Informationen wie möglich zu ihren Figuren haben. Es gibt ihnen die Möglichkeit, ihre Rollen auf der Bühne bewusster zu spielen. Am Schluss der Oper bekommt Mélisande eine Tochter, sie selbst stirbt. Es scheint, als beginne alles von vorne, als gäbe es keinen Ausweg aus all dem Schrecklichen, das hier passiert ist, als würde sich beinah zwangsläufig alles wiederholen. Ist das wirklich so? Oder wie könnte ein Ausweg aussehen? Natürlich wird sich alles wiederholen, so wie sich auch das Trauma und die Gewalt in der Geschichte Mélisandes wiederholt, wohin sie auch wegläuft, wer auch immer ihr Obdach, Schutz oder Rettung anbietet. Und auch in Golauds Beziehungen zu Frauen wiederholt sich alles. Eine Antwort zu geben auf die Frage, welchen Aus­ weg es für diese Figuren geben könnte, liegt ausserhalb der Möglichkeiten des Theaters. Das Gespräch führte Beate Breidenbach

Pelléas et Mélisande Drame lyrique von Claude Debussy Musikalische Leitung Alain Altinoglu Inszenierung und Bühnenbild Dmitri Tcherniakov Kostüme Elena Zaytseva Lichtgestaltung Gleb Filshtinsky Video-Design Tieni Burkhalter Choreinstudierung Jürg Hämmerli Dramaturgie Beate Breidenbach Pelléas Jacques Imbrailo Mélisande Corinne Winters Golaud Kyle Ketelsen Arkel Brindley Sherratt Geneviève Yvonne Naef Yniold Solist des Tölzer Knabenchors Ein Arzt Charles Dekeyser Philharmonia Zürich Zusatzchor der Oper Zürich SoprAlti Premiere 8 Mai 2016 Weitere Vorstellungen 11, 14, 19, 21, 25, 27, 29 Mai 2016 Mit freundlicher Unterstützung der René und Susanne Braginsky-Stiftung


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Corinne Winters Corinne Winters debütiert am Opernhaus als Mélisande in Dmitri Tcherniakovs Neuin­ szenierung von «Pelléas et Mélisande». Zum Repertoire der jungen Amerikanerin, die in London lebt, gehören ausserdem Violetta in Verdis «La traviata», die sie an der English National Opera in der Regie von Peter Kon­ witschny sang, sowie Mimì, Donna Anna, Desdemona, Liù und Tatjana in «Eugen Onegin».

«Je suis malade ici…», singt Mélisande, «mir geht es hier nicht gut.» «Du bist krank?», fragt Golaud und tritt einen Schritt auf sie zu, die auf dem Sofa sitzt. Da springt der Mann auf, der am Rand gehockt hat, hebt die Hand, unterbricht. Da sei doch eine Fermate in der Partitur, ein kleiner Freiraum im Tempo, «I like it, this Fermata, we have to use it!» Für Regisseur Dmitri Tcherniakov zählt jede Note, jede Pause, jeder Schritt, jede Geste, jeder Hauch einer Nuance. Nochmal! Mehr Verunsicherung in den Gang, zugleich Eifer, Kyle Ketelsen versucht es. An dieser Stelle beginnt Golaud zu ahnen, dass Mélisande ihn nicht liebt. Und so, wie sie da sitzt, würde sie gern weg­ gehen und kann nicht. Corinne Winters strahlt die ganze Ambivalenz dieser jungen Frau aus, zierlich, bildschön, sie reflektiert Golaud wie ein dunkler Spiegel, sie antwor­ tet knapp auf seine Fragen. Hat ihr jemand wehgetan? «Ce n’est pas cela», nein, das ist es nicht. Möchte sie ihn loswerden? «Oh! Non, ce n’est pas cela.» Zu diesen Tönen wird sie mir später noch einiges erzählen. Wer sie in der Probe draussen an der Hardturmstrasse erlebt, käme nicht auf die Idee, dass sie erst vor fünf Jahren zum ersten Mal als Profi auf einer Opernbühne stand, ein­gesprungen als Auszubildende am Theater von St. Louis, Missouri: Corinne, Tochter eines Rechtsanwalts und Hobbyrockmusikers aus einem Vorort von Washing­ ton. Mit ihm sang sie, 1983 geboren, Beatleslieder, sie teilten sich die Parts von John und Paul. «Ich wusste nur, ich habe eine Stimme, und wollte singen.» Ehe sie ans College ging, um Musik zu studieren, nahm sie eine Gesangsstunde, «da war ich sieb­­zehn oder achtzehn. Die Lehrerin sagte, du hast eine grosse Stimme, den operatic sound. Ich sagte, ich mag keine Oper. Wenn Sie nämlich in einer Familie aufwachsen, die keinen Kontakt zur Klassik hat, erfahren Sie in den USA nichts über Oper. Das ist dort nicht Teil der Kultur.» An der Towson University erfuhr sie mehr. «I got hooked», meint sie, «ich hatte angebissen.» Und sie entdeckte, dass sie nicht Mezzosopran ist, sondern Sopran. «Als ich meine erste Sopranarie sang, dachte ich, ja, das bin ich. Es braucht dafür noch mehr Verletzlichkeit, Subtilität, Wahrhaftigkeit. Das brauchen natürlich alle Sänger, aber bei Sopranistinnen liegt das Herz offener, heart on sleeve.» Sie geriet an die richtigen Leute, Kurse, Stipendien, schliesslich nach St. Louis. Da wurde eine Mélisande schwanger, und Corinne sprang ein, «aber es war ein komplett anderes Stück als hier, denn wir sangen auf Englisch». Der Dirigent empfahl ihr, doch einfach mal in London vorzusingen, wo er Kontakte hatte. Die English National Opera brauch­te eine Violetta. Na dann! Mit dem Geld eines Stipendiums finanzierte sie die Reise. Sie bekam die Rolle. Der Regisseur war Peter Konwitschny, die Traviata im Januar 2013 mit der unbekannten Amerikanerin in der Hauptrolle wurde ein Triumph, im Publikum sassen der Regisseur Dmitri Tcherniakow, die Zürcher Operndirektorin Sophie de Lint und so viele andere wichtige Leute, dass Corinne Winters fortan den Terminka­ lender eines Stars hatte, darin Produktionen wie Benvenuto Cellini mit Regisseur Terry Gilliam in London und jüngst der Antwerpener Otello mit Corinne als Desdemona, inszeniert von Michael Thalheimer. «Alle diese Regisseure, von Konwitschny bis zu Tcherniakov, sind Erneuerer», meint sie. «Sie investieren viel Zeit in jede Zeile, um neues Licht auf ein Stück zu werfen». In Zürich ist Golaud ein Psycholanalytiker, der sich in seine traumatisierte Patien­ tin verliebt. Takt für Takt arbeiten sie sich durch den zweiten Akt, mit Klavier, während draussen die Aprilsonne über Zürich strahlt. Immer wieder springt der Regisseur mit den gelben Turnschuhen und den schwarzen Klamotten auf, erklärt, macht vor, ruft, was ihm auf Englisch nicht einfällt, auf Russisch der Übersetzerin zu. Er rückt Méli­ sande auf die Pelle: So soll Golaud, verzweifelt, verunsichert, sie liebkosen, so ihre


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Hände nehmen. Sie wird nicht geschont. «Ich mag das», sagt sie. «Dmitri ist sehr in­­tensiv, aber auch sehr ernsthaft, er weiss genau, was er will. Manchen ist diese Ar­ beits­­­weise zu anstrengend, mir nicht.» Hat sie ein eigenes Konzept von einer Rolle, ehe die Produktion beginnt? «Es ist wichtig, mit einem Konzept zu kommen. Sonst gibt es nicht wirklich einen Dialog mit dem Regisseur.» Zudem helfe ihr die eigene Vorstellung, die Töne zu gestalten. «Da gibt es diesen Satz ‹Ce n’est pas cela›. Das erste Mal steht er im Piano. Ein Piano denkt man sich normalerweise delikat, aber hier ist es mit starker Emotion verbunden, ich singe es wie durch die Zähne. Man muss das, was der Komponist schrieb, über­ setzen in Körper und Ausdruck, man muss die Kontraste, die Ironie herausfinden. Es entsteht ja auch selten Magie, wenn Sachen offensichtlich und eindeutig sind. Es sollte Widerspruch darin sein.» Und es muss nicht immer schön sein, findet sie. Darum verehrt sie Maria Callas, die in ihrer Londoner Wohnung einen Ehrenplatz an der Bilderwand hat. «Sie hatte den Mut, auch einen ugly sound zu produzieren, wenn es für das Drama gut war. Ihre Stimme war von Natur aus nicht so schön wie die von Renata Tebaldi, die ist auch eine meiner Lieblingssängerinnen. Aber Callas stellte sich hinter die Musik. Sie sang jedes Komma, das in der Partitur steht, sie sah sich als Gefäss der Musik, als Dienerin, das ist bei mir genauso, auch wenn ich keine Callas bin», sie lacht. Aber selbst die Aufnahmen solcher Heroinen sind nur ein Schatten von dem, was Corinne Winters für das Wichtigste an Opern hält. Wir kommen darauf, weil sie im vergangenen November gemeinsam mit ihren Kollegen in London eine Vorstellung von La bohème den Opfern der Pariser Anschläge widmete und ich wissen möchte, ob die Gewalt in der Welt sich auswirkt auf ihr Selbstverständnis als Künstlerin. «Zuerst denkt man, du spielst hier auf der Bühne herum, und anderswo sterben die Leute. Ist es wichtig, was ich tue? Aber Kunst ist das, was alle gemeinsam haben, art changes lives. Kunst bereichert die Menschen wie nichts anderes, ich würde das ohne Gage tun, wenn ich könnte. Ich glaube, man kann mit Oper das Leben ändern.» Warum? «Es geht um die basic emotions, um Liebe, Tod, Trauma, Sex, Krieg, Schmerz.» Aber findet man die nicht ebenso in Büchern, Filmen, Theaterstücken? «Ich liebe diese Frage. Damit kommen wir zum Wesentlichen. Es geht um live opera, nicht um Aufnahmen. Die unverstärkte menschliche Stimme zu hören, mit der jemand im gros­ sen Raum singt, ohne Mikrofon», sagt sie sehr ernst, «verändert die Moleküle in den Körpern. Der unmittelbare Einfluss einer Oper ist intellektuell, emotional, spirituell, körperlich. Und dann gibt es das, was wir the singer’s formant nennen, diese akustische Energie bei bestimmten Frequenzen, mit denen Opernsänger über ein ganzes Orches­ ter hinweg zu hören sind. Das hat etwas Spirituelles.» Sie lacht: «Offen­sichtlich bin ich ganz schön passioniert!» Mit der Leidenschaft für ihren Job fühlt sie sich in London besser verstanden als in den USA, «deswegen bin ich hingezogen. Die regelmässigen Operngänger sind da viel jünger als anderswo, ich habe auf Twitter viele getroffen, die in ihren Dreissigern und frühen Vierzigern sind. In den USA liegt der Durchschnitt bei 65 bis 70, mit Anfang fünfzig ist man da noch sehr jung.» Zudem, da ist sie ziemlich streng mit ihren Landsleuten, gehe alles nach convenience, Bequemlichkeit. Wem etwas zu lange dauere, der gehe mittendrin, ob beim Rockkonzert oder in der Oper. Szenisch woll­ ten es die meisten nur schön haben. «In Europa kennen die Leute mehr, sie wollen herausgefordert werden.» Dann sind sie bei Tcherniakov richtig. Und während der Zaungast nach drei Stun­den Probe schon die eigenen Traumata spürt, sprüht Corinne Winters vor Ener­ gie. Dieser Mélisande geht es hier richtig gut, seit dem «first day of school for @ operazuerich pelleas», wie sie zum Probenstart twitterte. Nur die Preise in Zürich machen ihr zu schaffen: «Das ist hier noch teurer als London!» Volker Hagedorn


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Wenn die Puppen tanzen Marionetten und Maschinenwesen sind von jeher ein Faszinosum der Tanzkunst. Auch in Christian Spucks neuem Ballett «Der Sandmann» steht mit Olimpia ein künstliches Geschöpf im Zentrum. Warum finden Choreografen die Mechanik der Puppen so inspirierend? Text Dorion Weickmann Fotos Gregory Batardon

D

er Mann sass in Berlin, zählte vierzig Jahre und hatte schon einiges an Belletristik veröffentlicht, als er 1816 ein weiteres Buch in Druck gab. Die Frau war nicht halb so alt, verbrachte den Sommer selbigen Jahres am Genfer See – und langweilte sich infolge schlechten Wetters kolossal. Also griff Mary Shelley zu Feder und Tinte und brach­te eine sehr düstere Fantasie zu Papier: Frankenstein erschien 1818, zwei Jahre nachdem der preussische Kammergerichtsrat Ernst Theodor Amadeus, kurz E.T.A. Hoffmann, den ersten Band seiner nicht minder unheimlichen Nachtstücke autorisiert hatte, denen Der Sandmann voranschreitet. Shelley und Hoffmann sind sich nie begegnet, aber eins verbindet beide: Sie haben künstliche Geschöpfe zu literarischem Leben erweckt, die nun, genau zweihundert Jahre nach ihrer Erschaffung, über die Tanzbühne geistern. In London wird Liam Scarlett im Mai ein Frankenstein-Ballett uraufführen, in Zürich revitalisiert Christian Spuck seinen 2006 für Stuttgart entworfenen Sandmann − ein Stück, das mit grossartig irrlichternden Wendungen aufwartet. Psychothriller, Anamnese und Sozialstudie in einem, bewahrt Spuck das Mysterium des Stoffs und leuchtet zugleich die abgründigen Tiefen der Erzählung aus. Die Geschichte Nathanaels, der als Knabe das Trauma des Vaterverlusts durch einen diabolischen Alchemisten erleidet, später von einem weiteren Finsterling eine Sehhilfe ersteht und damit die eigene Wahrnehmung derart entstellt, dass er die Puppe Olimpia als reizvolles Mädchen verkennt und zuletzt an dieser Täuschung zugrun­de geht – diese Geschichte bebildert Spucks Sandmann geradezu in Hitchcock-­ Manier, aber immer entlang der Fäden,


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Seit zweihundert Jahren geistern artifizielle Kreaturen über die Bühnen des Balletts, von Coppélia bis zu modernen Robots

die menschliche Tragödien spinnen. Das ist insofern frappierend, als Hoffmanns Vorlage schon einmal in ein Ballett verwandelt wurde, und zwar unter komödiantischen Vorzeichen: Coppélia, erstmals 1870 in Paris gegeben, von Opernarchivar Charles Nuitter und dem Choreografen Arthur Saint-Léon in Wort und Szene ge­ setzt, behauptet sich bis heute im Stammrepertoire. Und ist beileibe nicht die einzige Umsetzung eines Phänomens, das mit Liam Scarletts Frankenstein seine jüngste Ausformulierung erfährt. Immer wieder haben sich Tanzschöpfer mit toter Materie beschäftigt, mit Homunculi oder Humanoiden – Wesen also, dem Menschen nachgebildet, die dennoch Artefakte bleiben und dem Bühnengeschehen als Puppen, Maschinen oder Marionetten ihren Stempel auf­ drücken. Gemeinsam summieren sich die­se artifiziellen Kreaturen zu einer Art Wunderkammer des Tanzes, deren berühmteste Exemplare vielen geläufig sind: Coppélia gesellt sich zur Puppenfee (1888), zum Nussknacker (1892), zur Jahrmarkts-­ Attraktion Petruschka (1911) und den dadaistischen, später surrealistischen Erfindungen à la Parade (1917), um in der Gegenwart auf Androiden aus Fleisch und Blut zu stossen, wie sie die Heidelberger Choreografin Nanine Linning 2015 für Silver ersonnen hat. Aus der abstrakten Richtung stossen Oskar Schlemmers Figuren für das Triadische Ballett (1922) da­zu, deren Erben die technologisch getunten Tänzerkörper von heute sind – per motion capturing geklont, visuell vervielfacht und scheinbar ins Virtuelle entrückt. Von da aus ist es nur noch ein Schritt bis zur Verwendung echter Roboter, mit denen etwa die spanische Tanzmacherin Blanca Li 2013 unter dem Titel Robot! ex­perimen­tiert hat. Der Blick in diese Wunderkammer wirft unwillkürlich die Frage auf, was Choreografen am artifiziellen Organismus interessiert, wo sie doch eigentlich auf die Verfertigung menschlicher Porträts oder zumindest auf die Leiblichkeit dieser Gattung spezialisiert sind. Die derzeit praktizierte Auseinandersetzung mit artificial intelligence, Marke Blanca Li, wird durch den technischen Fortschritt ausgelöst. Inwieweit Apparaturen, die von Rechen-

operationen gesteuert werden, zu Lernprozessen und damit zur Optimierung ihrer motorischen Leistungen, in der Konfrontation mit Menschen womöglich gar ansatzweise zu Einfühlung imstande sind, lässt sich in tänzerischen Versuchsanordnungen erkunden. Schon die szenische Gegenüberstellung von menschlicher und maschineller Anatomie erzeugt eine Spannung, in der zahlreiche Probleme der Gegenwart knistern: Wer beherrscht wen, wer infiltriert wessen synaptische oder elektronische Schaltungen, wer diktiert wem die Abläufe? Die klassischen Exponate der TanzWunderkammer, zu denen auch Christian Spucks ballettöses Olimpia-Konterfei zählt, faszinieren auf andere Weise. Choreografen können anhand der Homunculi ein existentielles Moment – auch der Tanzkunst – erfassen, weil das Neben- und Mit­­einander von Charakter hier, Human-­ Imitat da die Unterschiede wie die Ähn­ lich­keiten menschlicher und mechanischer Organisation kenntlich macht. Auf der inhaltlichen Ebene lässt sich die Eignung der Puppe als ideale Projektions­ fläche herausstreichen, die der narzisstische Blick mit Bedeutung auflädt und mit Persönlichkeit ausstattet. Schliesslich rückt das Automatenmotiv auch den Konstrukteur in den Blick und damit die häufig fatalen Folgen eines überehrgeizigen Schöpferwillens. Die librettistische Beschäftigung mit Maschinen fällt im Ballett auf besonders fruchtbaren Boden, weil es seit seinen Ursprüngen einen Hang zu ausgeklügelter Technik kultiviert. Seine Protagonisten huldigen einer illusionistischen Überwältigungsästhetik und ziehen dafür vom Hubpodest bis zum Flugseil das jeweils verfügbare Arsenal der Innovation heran. Ausserdem arbeiten sie unaufhörlich mit den Gesetzen der Biomechanik. Hebelwir­ kung, Drehmoment und Schwerkraft bilden die genetische Matrix der Bewegungskunst. Gerade deshalb darf sich der Tanz nicht in mechanischer Virtuosität erschöpfen – so lautet zumindest die Forderung, die aufgeklärte Reformer im 18. Jahrhundert erheben. Der Theatertanz, bis dahin aristokratische Verrichtung, soll Menschliches repräsentieren statt mit blendenden Schauwerten zu glänzen. Diese Ansage


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Die Puppe steht für präzise Mechanik, der Mensch für physische und geistige Mobilität

fällt zeitlich nicht umsonst mit einer staunenswerten Erfindung zusammen: mit der Montage kreatürlicher Apparate, die Bewegung perfekt imitieren. Berühmtheit erlangen die Mirabilia aus der Werkstatt des Ingenieurs Jacques de Vaucanson: Ob Flötenspieler, Ente oder Trommler, seine lebensechten Objekte zeugen davon, dass Bewegung nicht an Vitalität gebunden ist, sondern sich mithilfe toter Substanzen nachahmen lässt. Infolgedessen kann sich das Ballett nicht länger auf schiere Kunstfertigkeit berufen, sondern muss demon­ strieren, was mit Schrauben und Scharnieren nicht herzustellen ist: Emotion, Expression, das ganze Spektrum menschlicher Leidenschaft. Die Choreografen, die zeitversetzt – nämlich erst nach Sylphiden, Wilis und anderen romantisch gefärbten Elementar­ geistern − künstliche Wahlverwandte wie Coppélia auf die Bühne bringen, zeichnen in aller Schärfe den Unterschied zwischen seelenvoller und -loser Bewegung. Im Auf­ einandertreffen von Puppe und Mensch spiegelt sich die Opposition von präziser Mechanik einerseits, psychischer und physischer Mobilität andererseits. Diesen Gegensatz zu modellieren, gleicht einer Befragung, einer Spiegelung der ei­ genen Profession: Weil der akademischen Tanzkunst der nämliche Zwiespalt – makellose Beherrschung versus menschliche Unvollkommenheit – innewohnt. Nun sind die Puppen, die das Ballett bevölkern, erkennbar nichts anderes als eben Puppen. Es sei denn, die Handlung haucht ihnen – wie Nussknacker oder Petruschka − Atem ein, damit sie in einer märchenhaft illustrierten Traumwelt wie unsereins agieren. Doch wer wie Natha­ nael in Olimpia ein lebendiges Gegenüber zu bewundern meint, der hat ein ernsthaftes Problem, kann zwischen echt und falsch nicht unterscheiden, leidet unter Trübung, Verschiebung und Störung der Wahrnehmung. Er sieht nur, was er sehen will, erliegt also einem Trugbild. Derart narzisstische Naturelle sind Wachs in den Händen des Choreografen, weil sie buchstäblich vor Liebe vergehen. Nichts lässt sich mitreissender ausmalen als die töd­ liche Verzweiflung angesichts der Erkennt­ nis, einer Fata Morgana aufgesessen zu sein. Der Held, dem diese Täuschung

widerfährt, wird unser Mitleid wecken und die Einsicht bescheren: Niemand suche nach Liebe, bevor er sich selbst lieben und seine Geschichte annehmen kann. Ausgiebig beschwören die Schrift­ steller der Romantik – und später auch die Ballettautoren – schliesslich ein Motiv, das uns heute intensiver beschäftigt als je zuvor: Was bedeutet es, wenn der Mensch sich in die Position des Schöpfers setzt, welcher Typus ist dazu überhaupt in der Lage, und mit welchen Folgen? Auf der Bühne sind es faustisch getriebene Wissenschaftler oder kriminelle Alchemisten, die sich das Geschäft der Kreation anmassen und bedrohliche Automaten zusammenbauen. Wenn Frankenstein & Co. ausser Kontrolle geraten, kommen auch die Risiken der IT-Zivilisation ans Licht: Können wir die Technologien und Bio-Derivate beherrschen, die in Hightech-Laboren herangezüchtet werden? Bei E.T.A. Hoffmanns Olimpia verhält es sich umgekehrt. Die Puppe ist nichts als ein künstliches Objekt der Begierde, der Konstrukteur dagegen ein obskurer Scharlatan, der eigentliche Bösewicht also. Entscheidend ist die Macht, die er über Nathanaels Imagination erlangt. Der Konflikt ist so unausweichlich wie vernichtend, die Mittel sind ungleich verteilt: Der eine besitzt, was der andere begehrt – und lockt ihn damit bis an die Schwelle des Wahnsinns; der eine herrscht, der andere wird beherrscht – weil er nicht frei über sein Innerstes verfügt, sondern von den Dämonen der Vergangenheit bedrängt und gehetzt wird. Wer so in seiner eigenen Vorstellung gefangen und für die Wirklichkeit verloren ist, liefert zugleich ein Zerrbild des Künstlers. Hier öffnet sich die vierte Dimension, die Der Sandmann und seine Art­genossen skizzieren: Kunst als radikale Horizontverengung mündet in den Un­ ter­gang. In dem Sinn lässt sich Nathanaels Los, mit Christian Spuck gelesen, als Appell verstehen. Als Mahnung, Ich und Welt gleich zu gewichten und das Abgleiten in manische Zustände zu vermeiden. Das Ballett, dessen Philosophie im Streben nach Harmonie und universeller Balance gründet, ist ein mustergültiger Über­bringer für diese Botschaft.



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Gefährliche Sehnsüchte eines Aussenseiters Unsere neue Ballettproduktion «Der Sandmann» basiert auf einer Erzählung von E.T.A Hoffmann. Ein Gespräch mit Christian Spuck über seine Begeisterung für einen grossartigen Schriftsteller der schwarzen Romantik Christian Spuck, warum lohnt es sich, E.T.A. Hofmann zu lesen? E.T.A. Hoffmann ist für mich eine der faszinierendsten Gestalten der deutschen Literatur. Durch seine Doppelexistenz als Künstler und Justizbeamter präsentiert sich schon sein Lebensweg als abenteuerliche Reise. Hoffmanns Lektüre macht Spass, weil er einen in der für ihn typischen Mischung aus Fantastik und Realität immer wieder in seinen Bann zieht. Selbst wenn er in die Abgründe der Seele hinabsteigt, ist stets eine Prise Humor und Ironie dabei, begleitet von überbor­dender Fantasie. Nur wenige Autoren haben es verstanden, die Bedrohung des Menschen durch das Unheimliche und Unbegreifliche und die gleitenden Übergänge vom Wunderbaren zum Entsetzlichen, vom Genialen zum Krankhaften so eindrücklich zu schildern wie E.T.A. Hoffmann. Wann hast Du E.T.A. Hoffmann für Dich entdeckt? Das hat tatsächlich mit dem Sandmann angefangen. Auf der Kasseler Documenta gab es 1997 eine Installation des Kanadiers Stan Douglas. Er hat Hoffmanns Er­zählung in die Zeit übertragen, in der sich die DDR auflöste: die von einem Schauspieler vorgetragene Sandmann-Geschichte wurde durch Filmbilder aus einer banalen Schrebergartenwelt illustriert, und ähnlich wie die Hauptfigur Nathanael wurde man da unmerklich ein Gefangener der Projektion und inszenierter Täu­ schungs­effekte. In Stuttgart haben wir dann neben dem Sandmann auch Das Fräulein von Scuderi als Ballett auf die Bühne gebracht. Aber auch die von Adalbert von Chamisso inspirierte Erzählung Die Abenteuer der Sylvester-Nacht, in der der Protagonist Peter Schlehmil seinen Schatten verkauft, lässt mich bis heute nicht los. Was war der Auslöser für Dich, den Sandmann als Ballett zu erzählen? Neben der Faszination, die von der Geschichte ausgeht, war ich es leid, all die süsslichen Coppélia-Ballette zu sehen, die den Anspruch, sich auf Hoffmann zu be­ ziehen, nicht wirklich einlösen. Ich hatte Lust, die Episode um die Puppe Olimpia in den Gesamtkontext zu setzen und diese Geschichte aus einer Welt von Gewalt und Selbstzerstörung nicht nur mit Humor, sondern auch mit dem ihr innewohnen­­den Sinn für das Unheimliche auf die Bühne zu bringen. Inspiriert von Sigmund Freuds Essay Das Unheimliche hat es in den letzten hundert Jahren zahlreiche psychoanalytische Deutungen des Sandmanns gegeben. Ist Dein Ballett auch getanzte Psychoanalyse? Natürlich versucht man mit den Mitteln des Tanzes, in die Psyche der Figuren hineinzuleuchten. Das Spannende an den Sandmann-Figuren ist ihre Uneindeutigkeit. Es handelt sich nicht um Schablonen, sondern um Charaktere, die Tag und Nacht in sich tragen. Wichtig für den choreografischen Ansatz war mir die Dopplung von


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optischer und geistiger Täuschung. Nathanael ist hin- und hergerissen zwischen der Welt seiner Wahnideen, die sich zu seiner eigenen Realität zusammenfügen, und der Welt, die seine Mitmenschen als Realität definieren. Mich hat interessiert, was passiert, wenn der Andersdenkende auf die sogenannten «Normalen» trifft. Die Erzählung ist voller Zeitsprünge. Sie beginnt mit drei Briefen der Protago­ nisten und arbeitet mit zahlreichen Rückblenden. Lässt sich diese Struktur in ein Ballett übersetzen? Ich wollte eine Erzählfassung finden, die nicht linear ist. Wir steigen deshalb mitten­ drin in die Geschichte ein und arbeiten mit einer doppelten Rückblende, um die beiden Kindheitstraumata Nathanaels – die Bestrafung durch Coppelius und den gewaltsamen Tod von Nathanaels Vater bei einem alchemistischen Versuch – zu illustrie­ren. Insofern ist die eigenwillige Struktur des Textes auch in der Ballett­ version präsent. Wichtig ist, dass der Zuschauer nicht den Faden verliert, auch wenn er die Ereignisse als Zeitkurve erst am Schluss zusammensetzen kann. Ein Markenzeichen Deiner Literaturballette ist, dass sie nicht brav nacherzählen, sondern den Fokus viel­mehr auf bestimmte Aspekte lenken und diese heraus­


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stel­len. Was kann uns 200 Jahre nach seinem Erscheinen am Sandmann inter­es­sieren? Die Frage, wie sich eine Gesellschaft zum Einzelnen, zu Andersdenkenden, zu Minderheiten verhält, ist heute aktueller denn je. Auch das Thema der Wahr­ nehmung besitzt Brisanz: Wie sehen wir unsere Welt? Was nehmen wir in einer Zeit der zunehmenden Reizüberflutung wirklich auf? Kindheitstraumata sind ein wei­ terer Aspekt. Heute sind das Fantastische und das Reale weit näher aneinander gerückt als zu Hoffmanns Zeiten. Die Horrorfilme im Kino und Fernsehen lassen heute kein Extrem aus, aber auch Der Sandmann ist als Geschichte brutal: Kindern, die nicht einschlafen wollen, zu erzählen, dass jemand kommt und ihnen die Augen auskratzt, ist ziemlich starker Tobak. Nur weil man sich heute viel extremere Horrorfilme anschauen kann, verlieren Hoffmanns Nachtstücke nichts von ihrer Brisanz. Ihr unheimlicher Gehalt, ihre Tiefe und Doppelbödigkeit machen diese Er­ zählungen zu Kunstwerken mit einer grossen Verweiskraft, weil sie über das Menschsein, über Zeit und Gesellschaft erzählen. Wie siehst Du die Hauptfigur Nathanael? Mich berühren seine Lust an den Emotionen und seine Bereitschaft, sich dem Leben hinzugeben. Seine zwei grossen Pas de deux mit Clara und Olimpia, den beiden wichtigen Frauenfiguren in seinem Leben, zeigen ihn in all seiner Zerrissen­heit. Er ist ständig auf der Suche nach der Natur der Dinge, das macht ihn für mich sehr sympathisch und nachvollziehbar. Wie oft hängen wir Fantasien und Wünschen nach, die weit von der Realität entfernt sind. Das ist ein normaler menschlicher Vorgang, der von Nathanael ins Extrem geführt wird. Traumatische Kindheitserlebnisse haben in ihm eine Urangst gegenüber dem Leben und ein Gefühl der Fremdbe­stimmt­heit ausgelöst. Anfänglich erkennt man noch sein Bemühen, dem Bewegungs­material seiner Freunde und der Stadtmenschen zu entsprechen. Aber er bricht immer wieder aus dieser Struktur aus, seine Bewegungen verlieren zusehends an Form. Mit dem Fortschreiten seines Wahnsinns wird die Choreografie für den Tänzer freier, und er hat die Möglichkeit, etwas Eigenes für sich zu erfinden. Wie spiegelt sich Nathanaels Verhältnis zu seinen Mitmenschen? In Nathanaels Begegnungen mit Clara sieht man, wie weit die beiden im Grunde von Anfang an voneinander entfernt sind. Immer wieder scheint Nathanael seiner Verlobten zu entgleiten. Clara weiss sehr genau, wie ihr Leben in einer wohl­ strukturierten Biedermeier-Welt der Teegesellschaften aussehen soll. Ihre rationale Logik treibt Nathanael dazu, ins Fantastische auszubrechen. Schon seine Mutter hatte den Sohn immer nur beschwichtigt, anstatt sich mit dessen Problemen auseinanderzusetzen. Immer wieder trifft Nathanael auf Menschen, die ihm nichts als Unverständnis entgegenbringen und ihm klar zu machen versuchen, dass die Welt, in der sie leben, die einzig richtige ist. Die Sehnsucht nach Vollkommenheit treibt ihn dazu, sich in seine Wahrnehmung der Welt hineinzusteigern und sich der unheimlichen Kunstwelt von Coppelius und Coppola auszuliefern. Durch das Perspektiv, das Nathanael vom Wetterglashändler Coppola erhalten hat, eröffnet sich mit dem Blick auf Olimpia plötzlich eine völlig neue Welt. Was macht Olimpia für Nathanael so anziehend? Coppolas Perspektiv gaukelt ihm eine Scheinwelt vor, die in den Wahnsinn führt. Nathanael kann die Welt sehen, wie er möchte und muss sich keiner Auseinander­ set­zung mehr stellen. In Olimpias ständig wieder­holtem Ausruf «Ach, ach!» liegen für ihn die Tiefe und das Leid der Welt, er fühlt sich verstanden. Doch der verliebte Blick auf die schöne Tochter des Professors Spalanzani erweist sich als verliebter Blick auf sich selbst. Die Entdeckung, dass Olimpia in Wahrheit ein Automat ist, kon­frontiert Nathanael grausam mit seinem Narzissmus. Die Angst vor der Welt hat ihn der Fähigkeit beraubt, zwischen Wirklichkeit und Imagination zu unterscheiden.


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Immer wiederkehrendes Thema in Hoffmanns Erzählung ist die menschliche Wahrnehmung. Welche Bedeutung hat das Augen- und Perspektivmotiv für Dein Ballett? Auch wenn Augen auf der Bühne schon wegen ihrer Grösse nicht einfach in Szene gesetzt werden können, kann man sie – als geradezu omnipräsentes Motiv – nicht ausblenden. Zwei der Hauptfiguren, Coppelius und Coppola, sind schon durch ihre Namen an physiologische Teile des Auges gebunden. Sie erinnern uns nicht nur an coppella, den Schmelztiegel der Alchemie, sondern auch an coppo, die italienische Bezeichnung der Augenhöhle. Coppolas Perspektiv steht für das ganze Psychodrama Nathanaels. Er erkauft sich die Liebe einer Frau, die keine ist, und wird schliesslich mit seinem Verstand und seinem Leben dafür bezahlen. Die vermeintliche Sehhilfe führt zu völligem Realitätsverlust und lässt ihn sein Leben verfehlen. Sie macht ihn fast zum Mörder, auf jeden Fall aber zum Selbstmörder. Auf welchen musikalischen Ebenen bewegt sich der Sandmann? Für die aufgeklärte Clara-Welt und die Biedermeier-Gesellschaft verwenden wir Kammermusik von Robert Schumann, die live auf der Bühne musiziert wird. Eindeutigkeit wird jedoch vermieden: Auch Olimpia tanzt zu einer Schumann-­ Kom­position. Räumlich getrennt von dieser Ebene, spielt das Orchester Werke des deutsch-­r ussischen Komponisten Alfred Schnittke. Es ist eine Musik, die das Unheimliche, das Nathanael umtreibt, sehr gut beschreibt. Für das Fantastische stehen die illustrierenden Raumklänge von Martin Donner. Auf einer dritten Ebene treiben sie die Ironie, die bei Schnittke anklingt, noch etwas weiter. Für den Zuschauer wird der Soundtrack zum Sandmann so auch zu einem echten Hörerlebnis. Die Bühnenwirksamkeit der Puppe Olimpia ist schon sehr früh von den Komponisten und Choreografen erkannt worden. Wie gehst Du mit dieser Schlüsselszene um? Olimpia ist die Inkarnation der Künstlichkeit. Jacques Offenbach hat das in Les Contes d’Hoffmann auf genialische Weise in Gesang übersetzt. Das Automatenhafte ist bei ihm mitkomponiert, wenn die von Spalanzani geschaffene Puppe mitten in ihrer Arie in sich zusammensinkt und wieder aufgezogen werden muss. In unserer Ballett­produktion ist Olimpia das Idealbild der perfekten Ballerina. Den Spitzentanz als tänzerisches Ideal treibt sie buchstäblich noch einmal auf die Spitze. Das sieht auf den ersten Blick aus wie klassisches Ballett. Aber der Schein trügt, denn die Koordination von Olimpias drei «klassischen» Variationen entspricht nicht dem fest­ gelegten Bewegungskanon. Gegen diese erlernte Koordination anzutanzen, ist eine Riesenherausforderung für die Ballerina. Als Zuschauer empfindet man das als unterhaltsam und befremdlich zugleich, denn man realisiert, dass es sich bei Olimpia um einen Automaten handelt, der von einem komplexen Maschinenwerk ange­ trieben wird. Es erinnert mich an die Biedermeier-Uhrwerke, die man gelegentlich auch in unserer Ballettmusik ticken hört. Der Sandmann ist 2006 in Stuttgart herausgekommen, war im lettischen Riga zu sehen und hat nun in Zürich Premiere. Lässt Dich dieses Stück nicht los? Das stimmt. Der Sandmann beschäftigt mich bis heute. Ein Ballett ist ja mit einer Premiere niemals richtig fertig. Insofern habe ich Lust, hier noch einmal an Details zu arbeiten und verschiedene Aspekte zu schärfen. Dabei erlebt man immer auch eine Begegnung mit sich selbst. Wie hat man sich weiterentwickelt? Findet man andere, bessere Lösungen als vor zehn Jahren? Neben Neuerungen im Büh­nen­­bild wird es auch in der Choreografie und Personenführung eine Vielzahl von Änderungen geben. Es wird der Sandmann für Zürich. Das Gespräch führte Michael Küster

Der Sandmann Ballett von Christian Spuck nach der gleichnamigen Erzählung von E.T.A. Hoffmann Musik von Robert Schumann, Alfred Schnittke und Martin Donner Uraufführung 7. April 2006 Stuttgarter Ballett Schweizerische Erstaufführung Choreografie Christian Spuck Musikalische Leitung Riccardo Minasi Bühnenbild Dirk Becker Kostüme Emma Ryott Lichtgestaltung Martin Gebhardt Einstudierung Birgit Deharde Rolando D’Alesio Dramaturgie Jens Schroth Michael Küster Ballett Zürich Junior Ballett Philharmonia Zürich Premiere 28 Mai 2016 Weitere Vorstellungen 4, 9, 11, 12, 26, 30 Juni 2016 Einführungsmatinee 22 Mai 2016, 11.15 Uhr Bernhard Theater Exklusiver Partner Ballett Zürich

ab

Unsere Fotos zeigen Viktorina Kapitonova als Olimpia in einer Gästewohnung des Opernhauses



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Alles rauslassen! Matthew Knight tanzt die Hauptrolle in Christian Spucks Ballett «Der Sandmann». Das Porträt eines Tänzers, in dem extrem viel kreative Energie steckt. Text Michael Küster Foto Danielle Liniger

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er rote Samtvorhang im Zuschauerraum des Zürcher Opernhauses ist noch geschlossen, das Publikum strömt nach der Pause wieder in den Saal – aber die Vorstellung hat bereits wieder begonnen. Zu lateinamerikanischen Rhythmen hat ein schlacksiger junger Mann im lässig-­schwarzen Anzug am Bühnenrand zu improvisieren begonnen. Zu Cha-Cha- und Mambo-Klängen des Perez Prado Orchestras steigert er sich in einen Bewegungs- und Tanzrausch hinein, und seine mit einer gehörigen Por­ tion Selbstironie gewürzte Bewegungsfanta­sie erzeugt einen Sog, der mitten hineinführt in das Stück des israelischen Choreografen Ohad Na­harin. Matthew Knight tanzt die­se berühmt gewordene Eröffnungssequenz aus Minus 16 mit lässiger Eleganz und einer aus Ernst und Humor gespeisten Überzeugungskraft. Fünf Minuten, in denen ihm die Bühne ganz allein gehört und er dem Affen Zucker geben kann. Einmal alles rauslassen, was sich im Laufe eines Tages an kreativer Tanzfantasie angestaut hat: «Du hast die Freiheit, völlig aufrichtig und ehrlich zu sein. Du kannst dich nicht verstecken und fühlst, wie die Choreografie mit der eigenen Per­sönlichkeit verschmilzt. Wenn du dann eine Reaktion des Publikums spürst, ist das ein tolles Gefühl, und du weisst in die­sen Moment, dass du alles richtig gemacht hast.» Das Tanzen liegt in der Familie. Lachend erzählt Matthew von den verrückten Disco-Dance-Kostümen seines Va­ters und seiner ballettbegeisterten Mutter, die die Bewegungslust ihres Sohnes in die richtigen Bahnen zu lenken weiss. Von der kleinen Stadt im englischen Cornwall geht es jedes zweite Wochenende zum Ballettunterricht ins drei Stunden entfernte Bath. Anschlies­send ist es die traditionsreiche Elmhurst School of Dance in Birmingham, Englands älteste Tanzschule, an der Matthew sich in die Geheimnisse des Modern Ballet, des Jazz- und Stepptanzes einweihen lässt. Erst als er mit 16 an die Royal Ballett School nach London wechselt, werden klassischer Tanz und eine Berufslaufbahn als Tänzer zum Thema. Doch es ist noch etwas anderes, das ihn bereits damals umtreibt und bis heute nicht loslässt: «Schon als kleiner Junge hatte ich die Vorstellung, als Choreograf zu arbeiten. Ich habe für meine Lego-Männchen choreografiert und meine Mutter als choreografisches Versuchsobjekt durchs Wohn­zimmer gescheucht. Ich bin nicht der typische ballerino in mind und habe mich nie als grossen klassischen Tänzer, sondern eher als Choreografen gesehen. Erst während des Studiums habe ich wirk­li­che Begeisterung für den Tanz entwickelt.» In London sieht Matthew viele Aufführungen des Royal Ballet, und vor allem die Ballette von Kenneth MacMillan mit ihrem ausgeprägten Sinn für Theatralik und Dramatik hinterlassen eine Spur in ihm: «Die big dramas mit ihren starken, auch widersprüchlichen und zerrissenen Charakteren haben mich immer mehr interessiert als die klassischen Prinzen à la Siegfried und Albrecht.» Doch selbstverständlich muss er ins Kino, als Giselle aus Covent Garden weltweit in die Kinos und auch nach Zürich übertragen



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wird. «Das war eine tolle Gelegenheit, viele meiner einstigen Studienkollegen wieder­ zusehen. Eine Reise in meine eigene Vergangenheit.» Den Wunsch, im Royal Ballet zu tanzen, hat er nicht. Erst mit dem Wechsel nach Zürich stellt sich 2012 das Gefühl ein, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Nach einem Jahr im Junior Ballett wird er bereits ein Jahr später Mitglied der Hauptcompagnie und zeigt sehr schnell, was in ihm steckt: «Das Wichtigste für einen Tänzer sind Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit. Man muss ihm abnehmen, was er macht. Das ist nichts Forciertes. Es kommt darauf an, einfach da zu sein und zu sagen: Hier bin ich, und das habe ich euch zu geben.» Genau diese Ehrlichkeit ist es, die er auch an seinen Tänzerkollegen schätzt: «Sie vereint uns, auch wenn sonst jeder durchaus seine ganz eigenen Qualitäten hat. Wir sind kein Corps de ballet vom Reissbrett, wo alle gleich aussehen, sondern viele individuelle Persönlichkeiten, die hart arbeiten und ein gemeinsames Ziel haben, das uns verbindet. Und das alles in einer sehr freundschaftlichen Atmosphäre, in der einer dem anderen hilft, vorwärts zu kommen. Diese genuinen Persönlichkeiten machen das Ballett Zürich für mich so einzigartig.» Wer Matthew Knight als stolzen Solisten in Hans van Manens Frank Bridge Variations oder als grotesk verbogenen mommy’s boy in Skew-Whiff von Sol León und Paul Lightfoot gesehen hat, wird ihn nicht so schnell vergessen. Dabei ist es für ihn selbst gar nicht so leicht, diese Matthew-Knight-Signatur zu beschreiben: «Es ist nichts Kalkuliertes», winkt er ab, «ich kniee mich einfach völlig rein in jede Choreografie. Gerade van Manen war eine Riesenherausforderung. Unser Ballettmeister François Petit hat mir da wertvolle Tipps gegeben, um den Hans-van-Manen-Stil zu verinnerlichen. Nicht nur in der Haltung, sondern auch in den Blicken muss man da ja eine gewisse ‹Arroganz› ausstrahlen und über die Dauer der Choreografie durchhalten.» Die Zusammenarbeit mit einigen der wichtigsten zeitgenössischen Choreografen ist für den jungen Tänzer ständige Inspirationsquelle. Bereits vor zwei Jahren beeindruckt er in der Reihe Junge Choreografen mit seinem tiefenpsychologisch ausgeleuchteten Pas de deux Jane Doe. Begeistert erzählt er von der kreativen Energie, die bei der Entstehung eines neuen Balletts allenthalben zu spüren ist: «Uraufführungen sind immer eine spannende Sache. Da entsteht etwas, das ganz auf deinen Körper, auf deine Persönlichkeit zugeschnitten ist. Ohne solche Impulse erfährt man nicht wirklich, wo die eigene Grenze verläuft. Ausserdem ist es ein anderes Gefühl, wenn man nicht in die Fussstapfen von jemandem tritt, sondern selber eine Fährte legen kann. Als Tänzer kann ich sehr dabei helfen, einen choreografischen Prozess voranzuteiben. Eine der tollsten Erfahrungen war die Begegnung mit Edward Clug, mit dem ich bei Chamber Minds zusammengearbeitet habe. Er ist ein toller Typ und hat wirklich abgefahrene Ideen. Bei einer Neukreation dabei zu sein, macht einen auch ein bisschen stolz, weil man eben nicht nur den Platz von jemandem ausfüllt, sondern auch Mitschöpfer ist. Und wer weiss: Vielleicht tritt ja irgendwann mal jemand auch in meine Fussstapfen?» Was bekommt ein Choreograf von Matthew Knight? Matthew lacht: «Mir macht es Spass, erst einmal alles auszuprobieren. Selbst wenn ich weiss, dass ich auf die Nase falle, gebe ich mein Bestes. Ich bin ziemlich schnell beim Erfassen neuer Sachen und hoffentlich eine Hilfe, wenn das Kreierte wiederholt wird. Ganz wichtig, dass man bei einem Kreationsprozess nicht nur physisch, sondern auch geistig dabei ist. Als Tänzer sehe ich mich immer als eine Art Resonanzboden für den Choreografen.» Also auch für Christian Spuck, in dessen Büchner-Ballett Leonce und Lena Matthew Knight in der vorigen Saison zu erleben war: «Leonce muss leicht aussehen, aber die Rolle ist es ganz und gar nicht. Wie stellt man einen zu Tode gelangweilten Prinzen dar, ohne dass es langweilig wird? Da musst du dir Gründe für die Langeweile suchen und dich wirklich ganz auf diesen Typen einlassen, der keine Lust hat, der nächste König in einem Langeweilestaat zu sein.» Gründe aufzuspüren, warum sich eine Figur so und nicht anders bewegt – diese Herangehensweise hat sich Matthew Knight vor allem in der Zusammenarbeit mit Zürichs Ballettdirektor angeeignet: «Bei Christian mag ich diese grossen dramatischen Geschichten mit ihren interessanten Charakteren.


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Foto: Patrick Frey © Christian Lanz 2015

Bei ihm hat auch jede Nebenfigur ihren dramaturgisch begründeten Platz. Das habe ich gerade wieder bei Woyzeck gemerkt, wo ich ‹bloss› in einem der sechs Paare getanzt habe. Aber sie sind unverzichtbar für die Darstellung einer Gesellschaft, die Woyzeck zum Outcast werden lässt. Gerade im Corps de ballet bekommt man als Tänzer ein besonderes Gefühl für die Bedeutsamkeit jeder einzelnen Rolle, und sei sie noch so klein. Da merkt man, dass man unverzichtbarer Bestandteil eines funktionierenden Räderwerks ist.» So wie es auch auf dem Plakat zu Christian Spucks Sandmann zu sehen ist, der Ende Mai Premiere hat. Matthew Knight ist der von seinen Kindheitstraumata verfolgte Nathanael, und gewissenhaft nutzt er jede Gelegenheit, in die Abgründe dieser zerrissenen Figur einzutauchen. «Die Innentaschen meiner Jacken sind immer ziemlich lädiert, weil ich die ganze Zeit Bücher mit mir herumschleppe.» Neben den geliebten Crime Thrillers gehört seit einigen Wochen auch die zweisprachige Ausgabe von E.T.A. Hoffmanns Sandmann-Geschichte dazu, die ihn mit ihren vielen Ebenen und Doppelbödigkeiten als Tänzer und als Darsteller herausfordert: «Ich versuche gerade, so viele Informationen wie möglich zu bekommen, um die Rolle in ihrer ganzen Vielschichtigkeit zu erfassen.» Natürlich gibt es auch für Matthew Knight ein Leben ausserhalb des Ballettsaals. «Sonst würde ich glatt verrückt werden», witzelt er. In den Ferien wartet seine Fami­ lie auf ihn, und bereits zum zweiten Mal wird er nach Japan reisen: «Für neue Rollen ist es immer gut, einen breiten Hintergrund zu haben, andere Kulturen zu kennen und weltgewandt zu sein. Viele Dinge, die man anderswo gesehen hat, kann man als Erfahrung in die eigene Arbeit einbringen. Wir Tänzer sind keine eindimensionalen Wesen.»

Der Kredit

Eine ruinöse Komödie von Jordi Galceran Regie: Sophia Bodamer

Patrick Frey

Philippe Graber

9. JUNI – 2. JULI 2016 www.casinotheater.ch


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Schwindelanfälle auf dem Liebeskarussell Unser Internationales Opernstudio bringt ab dem 7. Mai in Winterthur Joseph Haydns Oper «Orlando paladino» auf die Bühne. Die Regisseurin Jetske Mijnssen blickt in ihrer Inszenierung beziehungsverwirrten jungen Menschen in die Seele. Die Hauptdarsteller lassen in unserem exklusiven Fotoshooting schon mal erkennen, was ihr Problem ist. Fotos Basil Stücheli

Jetske Mijnssen, ein dramaturgisch gut strukturiertes Werk ist Joseph Haydns «heroisch-komisches» Drama Orlando paladino auf den ersten Blick nicht. Trotzdem gehörte es zu Lebzeiten des Komponisten zu seinen erfolgreichsten Opern. Wie hast Du Dich diesem Stück angenähert? Beim ersten Anhören der Oper war ich von der Energie der Musik so begeistert, dass ich sofort zugesagt habe, das Stück zu inszenieren. Erst danach habe ich das Libretto gelesen – und bin erst einmal in eine Krise geraten, weil ich nicht wusste, wie und warum ich diese Geschichte erzählen soll. Aber die Kraft der Musik hat mich nicht mehr losgelassen und war für mich der erste Schlüssel zu diesem Werk. Zum Glück habe ich eine fantastische holländische Übersetzung von Ludovico Ariosts Orlando furioso gefunden, auf dem Haydns Oper basiert. Dieses dicke Renaissance-Epos hat mich total gepackt und wurde zum zweiten Schlüssel für meine Inszenierung. Was hast Du aus der Ariost-Lektüre gelernt? Mir ist klar geworden, dass sich das ganze Buch um Liebesbeziehungen dreht, die nicht richtig funktionieren. Dieses Thema hat mich interessiert – und mit dieser Erkenntnis habe ich mich dann wieder der Oper zugewandt. Das Stück spielt zwar in einer mittelalterlichen Welt, aber für die Handlung spielt das keine Rolle: die Ritter kämpfen nicht, die Könige regieren nicht, und die Knappen schleppen keine Waffen. Was mich interessiert, sind deshalb die Charaktere, die das Thema der Liebe in ganz unterschiedlichen Variationen durchspielen. Für mich ist es wichtig, dass jede einzelne Figur auf der Bühne zum Leben erwacht und ihr eigenes Profil erhält. Ich frage mich immer, aus welcher Motivation heraus eine Figur eine bestimmte Arie singt? Was bewegt sie dazu? Was geschieht in ihrem Inneren? Die Entdeckung, dass alle Figuren in Ariosts Epos von der Sehnsucht nach Liebe getrieben werden, hat mich auch vom historischen Umfeld der Geschichte befreit. Was charakterisiert die Figuren und wie äussern sich ihre Liebeswirren? Angelica, in Ariosts Epos eine fernöstliche Prinzessin und das Objekt der Begierde, ist eine Männerfresserin; eine bildschöne, aber auch verletzliche Frau, die sich mit Beziehungen nicht leicht tut. Es gibt Hinweise, dass sie mit Rodomonte, dem «Barbarenkönig», ein Verhältnis hatte, man weiss, dass sie mit Orlando zusammen war, und in unserer Geschichte versucht sie es mit dem hin- und hergerissenen Medoro, mit dem es aber auch nicht richtig klappt. Ich glaube, Angelicas Problem liegt darin, dass sie – wie viele Frauen – die Schuld immer beim anderen sucht und ihn ändern will. Aber: das einzige, was man in einer Beziehung bestenfalls ändern kann, ist sich selbst!


Angelica ist eine Männerfresserin, schön, aber auch verletzlich. Sie wird von vielen umschwärmt und ist in einer komplizierten Beziehung mit Medoro. Claire de Sévigné wurde in der Kronenhalle-Bar fotografiert.


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Man muss also an sich selbst arbeiten, damit das Leben – und im besten Fall die Liebe – funktionieren können? Das zeigt uns die Hauptfigur der Oper, Orlando. Erstaunlicherweise ist diese Figur in Ariosts Epos recht uninteressant. Die anderen Figuren haben die verrückteren Geschichten. Bezeichnenderweise heisst er in Haydns Oper aber nicht der «rasende» Orlando, wie bei Ariost, sondern eben Orlando «paladino» – das Adlige, Edle der Figur wird also schon im Titel genannt. Haydn und sein Librettist zeichnen damit eine Figur ganz im Sinne der klassischen Ideale; einen Menschen, der im Lauf der Handlung eine unglaubliche Entwicklung und Veredelung durchmacht. Er ist der einzige, der sich seinen Problemen wirklich stellt. Während er vor lauter Liebesschmerz zunächst sich selbst und die anderen bedroht, schafft er es am Ende der Oper, seine Waffe abzulegen und versucht, die Lösung für seine Probleme bei sich selbst zu finden. Darin drückt sich für mich eine tiefe menschliche Wahrheit aus: Wenn wir völlig im Dreck stecken, müssen wir immer zu uns selbst kommen und an uns selbst arbeiten. Den «rasenden» Charakter übernimmt in Haydns Oper eher Rodomonte. Er brüllt ständig ins Leere und will sich mit jedem anlegen. Was steckt hinter diesem Benehmen? Ich glaube, dieser Charakter führt uns eine noch tiefere Form der Einsamkeit vor. Rodomonte denkt noch gar nicht einmal daran, geliebt zu werden: Er will einfach nur wahrgenommen werden. Ein sehr tragischer Charakter. Einen ganz anderen Bereich der Liebe thematisieren Eurilla und Pasquale. Sie sind in der Geschichte das einfache Dienerpaar, wie man es in vielen Opern findet. Interessanterweise scheint die Liebe zwischen diesen «niederen» Paaren immer besser zu funktionieren… Ich muss zugeben, dass ich einmal Hoffnung für die beiden hatte. Aber ich habe sie unterdessen auch aufgegeben. Sie sind beide gelangweilt von ihrem Job und sind die perfekte Ablenkung füreinander. Während die Beziehungskrise zwischen Angelica und Medoro tiefe Fragen aufwirft, funktioniert zwischen Eurilla und Pasquale alles über die sexuelle Anziehung. Sie haben sogar ein Duett, in dem – auf sehr humorvolle, haydnsche Weise – ein musikalischer Geschlechtsakt stattfindet. Aber Pasquale ist ein sehr eitler, narzisstischer Charakter, der ständig mit Bravourarien auftritt und nur oberflächlich an einer Beziehung interessiert zu sein scheint. Die Probleme sind also auch da vorgezeichnet…

Medoro «Ich gehe! – Nein, ich bleibe!», singt Medoro. Seine Beziehung mit Angelica steht auf wackeligen Beinen. Er ist hin- und hergerissen zwischen Liebe und Schlussmachen. Spencer Lang wurde im Hotel Rivington & Sons fotografiert.

In welchem Umfeld erzählst Du diese emotionalen Schicksalsgeschichten? Einerseits glaube ich, dass die Angelegenheiten der Liebe – die Fragen, Sehnsüchte und Lüste etc. – besonders in der Nacht an Bedeutung gewinnen und dann manchmal beinahe groteske Züge annehmen. Andererseits hat es mich inspiriert, dass das ursprüngliche Libretto in einer «Osteria» beginnt – Licone und Eurilla sind in dieser Fassung die Inhaber dieser Kneipe. Zusammen mit dem Bühnenbildner Ben Baur und den Kostümbildnerinnen Jana Findeklee und Joki Tewes haben wir uns deshalb für einen Bar-Raum entschieden, in dem sich unsere Figuren allnächtlich zu später Stunde aufhalten – und meistens schon mindestens ein Bier zu viel getrunken haben. Wie gehst Du in diesem Raum mit der Zauberin Alcina um, die bei Ariost und Haydn magische Kräfte besitzt und die Schicksalsfäden in der Hand hat? Ich bin überhaupt nicht daran interessiert, jemanden zu zeigen, der auf unerklärbare Weise zaubern kann. Die Frage, die ich mir in Bezug auf die Zauberin Alcina stelle, ist: Warum wollen wir überhaupt, dass jemand für uns zaubert? Was wollen wir beispielsweise aus Tarot-Karten erfahren? Ich glaube, dass eine grosse Faszination


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Orlando paladino Oper von Joseph Haydn Musikalische Leitung Gianluca Capuano Inszenierung Jetske Mijnssen Bühnenbild Ben Baur Kostüme Joki Tewes, Jana Findeklee Lichtgestaltung Hans-Rudolf Kunz Dramaturgie Fabio Dietsche Angelica Claire de Sévigné Rodomonte Ivan Thirion Orlando Iain Milne Medoro Spencer Lang Licone Pavel Petrov Eurilla Estelle Poscio Pasquale David Margulis Alcina Carmen Seibel Caronte Ildo Song Musikkollegium Winterthur Statistenverein am Opernhaus Zürich Premiere im Theater Winterthur 7 Mai 2016 Weitere Vorstellungen 10, 18, 20, 22 Mai 2016 Unterstützt von den Freunden der Oper Zürich

von solchen Menschen ausgeht, auch wenn man ihnen vielleicht nicht immer vertrauen sollte. Sie sprechen Themen an, die uns brennend interessieren, weil wir manchmal im Leben so hilflos sind. Und dann wünschen wir uns eben, in die Zukunft zu sehen oder wenigstens einen Hinweis zu kriegen, der uns vielleicht weiterhilft. Alcina löst bei den anderen Figuren dieses Verlangen aus, mehr über sich und ihr Schicksal zu erfahren. Der Ariost-Kenner Italo Calvino beschreibt den Orlando furioso als ein Werk, das «nicht beginnt und nicht aufhört». Wie gehst Du mit dieser Erzähl­ struktur um, von der auch Haydns Oper geprägt ist? Ein wichtiges Thema des Stücks ist für mich, dass sich das Leben immer im Kreis zu drehen scheint. Der zweite Akt ist, was die Handlung angeht, eigentlich eine Wiederholung des ersten Akts! Das ist ein Thema, das stark mit der Liebe verknüpft ist: Wie oft glauben wir doch in einer Beziehung zu einem Menschen, ein Hindernis überwunden zu haben, und dann tappen wir wieder in die gleiche Falle. Diese Dramaturgie der Wiederholung ist in Haydns Oper eine Tatsache, und man muss das zwangsläufig thematisieren. Man kann das am Beispiel des Liebespaars Angelica und Medoro erkennen: Beide haben Angst vor der Wut Orlandos, der ebenfalls in Angelica verliebt ist. Aber dieses Thema kann man nicht zweieinhalb Stunden lang durchexerzieren. Deshalb habe ich die Beziehung zwischen den beiden unter die Lupe genommen und festgestellt, dass auch da ganz vieles im Argen liegt. Die Gefahr geht für die beiden eigentlich gar nicht von Orlando aus, sondern sie gefährden sich gegenseitig. Sie sind in einer tiefen Beziehungskrise. Wenn man sich mit den einzelnen Schicksalen auseinandersetzt, beginnt die Handlung, die auf den ersten Blick langfädig erscheint, plötzlich hochinteressant zu werden! Im zweiten Akt der Oper wird also kein wesentliches neues Element eingeführt. Was bedeutet das für die Inszenierung? Nachdem wir die Figuren im ersten Akt kennengelernt haben, dringen wir im zweiten Akt in die seelischen Tiefen der Figuren vor. Das erreichen wir dadurch, dass jede Figur einen Doppelgänger bekommt, so dass die psychologischen Vorgänge, die sich in der Musik und im Text abspielen, auf der Bühne in dialogischer Form gezeigt werden können: Das können Hoffnungen, Wünsche oder Fantasien sein, die eine Figur hat, es können aber auch albtraumhafte Zukunftsängste oder Visionen sein. Es ist diese Auseinandersetzung mit sich selbst, von der ich bereits gesprochen habe, die im zweiten Akt in verschiedenen Formen thematisiert wird. Laut Libretto soll der Fährmann Charon Orlando im dritten Akt durch den Fluss des Vergessens (Lethe) seine qualvollen Erinnerungen an Angelica vergessen lassen. Wie gehst Du mit diesem mythologischen Exkurs um? Wie bereits erwähnt, kommt Orlando in meiner Lesart durch die Arbeit an sich selbst zur Erkenntnis, dass er anders mit seiner Vergangenheit umgehen muss. Charon ist in unserer Geschichte jemand, der zu später nächtlicher Stunde in der Bar sauber macht. Den «Fluss des Vergessens» lese ich als Metapher für diesen Moment der absoluten Einsamkeit, in dem Orlando endlich zu sich selbst kommen kann. «Liebe den, der dich auch liebt, und dein Herz wird glücklich sein», mit diesem Refrain endet das Werk, das uns doch gerade die Abgründe der Liebe vorgeführt hat. Ein sehr ironischer Schluss… Das Liebes-Karussell dreht sich weiter, wie immer… Alle müssen ihren Weg weitergehen. Und erklärbar ist die Liebe eben nicht. Das Gespräch führte Fabio Dietsche


Orlando hält es nicht aus, dass seine frühere Freundin Angelica mit einem anderen zusammen ist. Aber er stellt sich seinen Gefühlen und macht eine Entwicklung durch, weil er die Lösungen seiner Probleme bei sich selbst sucht. Iain Milne wurde im Bonnie Prince-Pub fotografiert.



Die geniale Stelle 45

Das Begehren Eine Dissonanz in Mozarts «Così fan tutte»

Gedämpfte Violinen spielen eine säuselnde Linie, unterstützt von kaum hörbaren Pizzicati der Bässe, sanfte Klänge von Klarinetten und Fagotten treten hinzu – die fast überirdische Zartheit dieser Musik macht fühlbar, dass hier Ausserordentliches geschieht. Dieses Gefühl steigert sich zur Gewissheit, wenn die drei Gesangsstimmen einsetzen: ein schlichter homophoner Satz, der in seinem andächtigen Gestus an ein Gebet erinnert. Und tatsächlich handelt es sich beim Terzettino von Fiordiligi, Dora­bella und Don Alfonso im ersten Akt von Così fan tutte um so etwas wie ein Gebet, freilich eines, das in keinen Kirchenraum passt: Es ist ein Gebet an die Elemente, an die Natur, die Bitte um Schutz für zwei Menschen auf der Reise ins Ungewisse. Eine Musik voller Zärtlich­keit, ein unvergessliches Naturbild von suggestiver Kraft, ein Gesang vom Menschen in vollendeter Harmonie mit dem Kosmos. Die Quelle, aus der diese Musik fliesst, ist die Liebe, die Zuneigung der drei Menschen am Ufer zu den beiden, von denen sie Abschied nehmen. Aber plötzlich tritt eine rätselhafte Trübung der Harmonie ein: Etwa in der Mitte des Stücks erklingt statt eines erwarteten Septakkords auf H, der auf ganz natürliche Weise zur Grundtonart E-Dur zurückgeführt hätte, eine schroffe Dissonanz. Während die Bässe den richtigen Grundton H spielen, scheinen alle anderen Stimmen ihren Ton verfehlt zu haben. Dieser Klang liegt einen schier endlosen Takt lang, bevor er sich müh­sam in den «richtigen» Septakkord wandelt, dessen Auflösung allerdings zunächst aufgeschoben wird. Der harmonische Ablauf wiederholt sich, und erst beim dritten Anlauf mit weitausholenden, quasi schwungholenden Gesten gelingt es, die Blockade zu überwinden und die reguläre Kadenz zu erreichen, die dann, als müsste das Errun­ gene immer wieder bestätigt werden, dreimal in dynamischer Steigerung wiederholt wird. Indem genau an dieser Stelle erstmals Flöten und Hörner hinzutreten und einen deutlichen Wechsel der Klangfarbe bewirken, wird noch zusätzlich betont, dass hier höchst Bedeutsames geschieht. Und darüber hinaus wird unzweifelhaft klar, dass Mozart sehr genau wusste, was er hier tat: Die Komposition verleiht dem Text eine Tiefendimension, an die der Librettist nicht einmal im Traum gedacht haben kann. Das Mittel dazu ist die starke Unterstreichung des Wortes «desir», auf dessen zweite, betonte Silbe die beschriebene Dissonanz fällt. Das ist ein Wort mit schillernder Bedeutung, das man mit «Wunsch», aber auch mit «Sehnen» und «Begehren» über­ setzen kann. Wenn von Letzterem die Rede sein muss, spricht man gern von der «Macht des Eros» und was dergleichen euphemistische Ausdrücke mehr sind. Und man tut es, um nicht aussprechen zu müssen, dass es um die Macht des Sexualtriebs geht. Denn dieser wird als etwas Niedriges, ein Rudiment der überwundenen Tierheit des Menschen, angesehen und verteufelt, ist aber nichtsdestoweniger ein wesentliches Element des Daseins, das nur zu oft zum alles Beherrschenden wird. Das ist die Erfahrung, die die vier jungen Leute machen werden, wenn das so sicher scheinende Bauwerk ihrer Beziehungen unter dem Ansturm des «desir» zusammenbricht, und dies ist das zentrale Thema der Opern, die Mozart und Da Ponte gemeinsam schufen: Dass der Mensch von zwiefacher Natur ist, dass Kultur und Natur in ihm ständig im Kampf liegen, einem Kampf, der allerdings nie entschieden werden kann, weil diese Spannung, die oftmals schmerzlich erlebt wird wie jene schneidende Dissonanz, eben das ist, was den Menschen ausmacht, und der er nur um den Preis des Verlusts seines Menschseins entgehen könnte. Werner Hintze


46 Meine Rolle

Emotionale Zwischenwelten

Julia Kleiter hat am Zürcher Opernhaus schon einige Mozart-­ Rollen gesungen: Ser­pet­ta, Pamina, Ilia, Donna Elvira und «Fi­ga­ro»­-­Gräfin. Nun folgt zum ersten Mal die Fiordiligi – eine Rolle, die sie später auch bei den diesjährigen Salzburger Festspielen verkörpern wird. In Zürich steht sie ab dem 29. Mai gemeinsam mit Anna Stéphany (Dora­bella), Mauro Peter (Ferrando), Ruben Drole (Gug­ lielmo), Rebeca Olvera (Despina) und Oliver Widmer (Don Alfonso) auf der Bühne.

Fiordiligi ist vermutlich die ältere der beiden Schwestern. Ich nehme daher an, dass sie viel stärker von der Erziehung geprägt ist als ihre Schwester Dorabella. Wir alle kennen das doch: Die Eltern sind mit dem ersten Kind meistens strenger, weshalb die Erstgeborenen in ihrem späteren Leben eher unter möglichen Zwängen leiden als ihre Geschwister. Die Jüngeren haben es da viel leichter und gehen oft unbeschwerter durchs Leben. Fiordiligi macht es sich wirklich nicht leicht. Sie ist völlig gefangen in ihren Moral­vorstellungen und hat ein genaues Bild davon, wie sie zu sein hat und was von ihr er­wartet wird. Es fällt ihr schwer, sich davon zu lösen. Das zeigt sich in der Oper immer wieder, indem sie zwar das eine sagt, im Grunde genommen aber etwas ganz anderes fühlt; die Musik spricht da meistens eine deutlichere Sprache. Schon in ihrer ersten Arie, der sogenannten «Felsenarie», in welcher sie von ihrer vermeintlichen Standhaftigkeit und Seelenstärke singt, hört man im Orchester deutlich, wie sehr es unter der Oberfläche bereits brodelt. Trotzdem stellt sie sich hier auf einen so grossen Sockel, dass sie daran eigentlich nur scheitern kann. Es ist natürlich wunderbar, wie sich Fiordiligi dann doch von Ferrando, dem Freund ihres Verlobten Guglielmo, verführen lässt und sich ihm hingibt. Man gönnt ihr das so sehr! Dieser Prozess aber ist schleichend, und sie kann es lange nicht wirk­ lich geniessen. Sie quält sich und versucht immer wieder, sich zu beherrschen. Dieses Gespaltensein kommt auch in ihrem berühmten Rondo, «Per pietà», zum Ausdruck. Sie führt ein Gespräch mit sich selbst und ist trotzdem nicht ganz ehrlich zu sich, denn eigentlich ist sie zu diesem Zeitpunkt schon längst gefallen. Sie bittet um Verzei­ hung für ihr Verhalten, sie schämt sich – und gleichzeitig hört man diese unendli­che Liebes­sehnsucht; man kann sehr gut erkennen, wie sehr sie für Ferrando entflammt ist. Vor allem im schnelleren Teil der Arie, «Ah chi mai», liegt eine spürbare Freude. Fiordiligi zeigt in den Arien stimmlich komplett andere Facetten als in den En­ sembles, in welchen sie sich meistens an Dorabella anlehnt. In den Arien gehen seeli­ sche Welten auf, die man vorher kaum erahnen konnte. Das ist natürlich auch die eigentliche Herausforderung an dieser Partie: Man muss Koloraturen singen können, in den Ensembles leicht und locker über allen anderen schweben, gleichzeitig eine gute Bruststimme haben und über eine ausgeprägte Tiefe verfügen. Eigentlich bräuchte man mindestens drei Stimmen für diese Rolle! Wenn die Liebhaber schliesslich «zurückkehren» und die ursprüngliche Situation wiederhergestellt wird, ist das für Fiordiligi, die von allen Figuren die weiteste emotio­ nale Reise erlebt hat und über die grössten inneren Gräben springen musste, eine un­ermessliche Tragödie. Man weiss überhaupt nicht, wie es mit ihr nun weitergehen soll. Am Ende von Così fan tutte befindet man sich in einer emotionalen Zwischenwelt. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, was ich da als Fiordiligi fühlen soll. Aber schon oft habe ich bei Rollendebüts die Erfahrung gemacht, dass ich erst auf der Bühne, im Zusammenspiel mit den Kollegen, ein wirklich tiefes Verständnis für eine Figur und die jeweiligen Situationen entwickeln konnte – ganz wie bei einer psychotherapeuti­ schen Familienaufstellung! Ich bin mir sicher, dass sich mir während dieser Wieder­ aufnahme in Zürich noch einige Türen zu Fiordiligi öffnen werden. Julia Kleiter

Illustration: Lina Müller

Die Sopranistin Julia Kleiter debütiert mit Mozarts Fiordiligi



48 Wiederaufnahme

Orlando Er ist der «wahrscheinlich beste Counter­tenor der Welt» (Süddeutsche Zeitung) und ab dem 13. Mai in einer seiner Paraderollen zu erleben: Bejun Mehta, der als Händels Orlando endlich sein szenisches Debüt am Opernhaus Zürich gibt! Ihm steht mit Julie Fuchs, Delphine Galou, Deanna Breiwick und Scott Conner ein hoch­ karätiges Ensemble zur Seite. Das Orchestra La Scintilla leitet, wie schon bei der Premiere, der grosse Barock­ spezialist William Christie. Die Hand­ lung in Jens-Daniel Herzogs erfolg­ reicher Inszenierung spielt in einem Sanatorium für Nervenkranke, in welcher der vor Liebe in den Wahnsinn getriebene Orlando wieder zur Raison gebracht werden soll. Wiederaufnahme 13 Mai 2016 Weitere Vorstellungen 16, 20, 22, 24 Mai 2016


Foto: Suzanne Schwiertz


50 Fragebogen

Kyle Ketelsen Was fällt Ihnen auf, wenn Sie in Zürich ankommen? Ich schätze die vielen Grünflächen in Zürich. Das gibt mir inneren Frieden, während ich weit weg bin von meiner Familie. Mir ist auch klar geworden, wie wichtig es den Schweizern ist, sich in der Natur aufzuhalten.

Ihr liebstes Laster? Wahrscheinlich Schokolade. Das ist natürlich fatal in der Schweiz! Aber auch belgisches Bier. Ich habe noch nie in Belgien gearbeitet, aber müsste ich es, würde ich es nicht überleben. Und gute Schokolade gibt es dort ja auch! Dann wäre ich verloren.

Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück? Eine einfache Frage! Meine Familie. Meine Frau und meine Kinder bereiten mir mehr Freude als alles andere in dieser Welt.

Welchen überflüssigen Gegenstand lieben Sie am meisten? Mein Auto. Ich bin einer der ersten, die einen Tesla besassen. Ausserdem ist mir meine Espresso-Maschine sehr wich­ tig. Ich liebe starken Kaffee und das Ritual, Kaffeebohnen frisch zu mahlen, den gemahlenen Kaffee in den Espresso-Behälter zu drücken und das Wasser durchlaufen zu lassen...

Welche musikalische Erfahrung hat Sie entscheidend geprägt? Ob man es glaubt oder nicht: Mein erster Golaud hat das Potenzial, für mich zu einem Schlüsselerlebnis zu werden. Es ist eine Rolle, die mit nichts zu ver­gleichen ist, was ich zuvor gesungen habe. Sehr dramatisch, aber mit wunder­baren Kantilenen und einem interessanten Rollenprofil.

Der amerikanische Bassbariton Kyle Ketel­s en hat am Opernhaus Zürich bereits Méphistophé­ lès in Gounods «Faust» gesungen und de­bütiert nun als Golaud in unserer Neuinszenierung von Claude Debussys Drame lyrique «Pelléas et Mélisande».

Was sind Ihre Lieblingsschriftsteller? Ich entdecke immer wieder neue. Ich mag Klassiker wie Vonnegut, Doctorow oder Salinger, aber mir gefällt auch Stephen King. Gerade arbeite ich mich an dem schwergewichtigen 1325-Seiten-­ Wälzer, an The Stand, ab. Vielleicht ist das der Grund für meine Rückenschmerzen! Ihre Lieblingsfilme? The Shawshank Redemption, The English Patient, Das Leben der Anderen, No Country for Old Men. Die Filme mit Mel Brooks, Woody Allen, The Coen Brothers... Ach, viel zu viele!

Welche Eigenschaften schätzen Sie bei Ihren künstlerischen Partnern? Sich gegenseitig nach Kräften zu unterstützen, genau wie in einer Partnerschaft. Welche menschlichen Schwächen ent­ schuldigen Sie am ehesten? Alle, solange sie niemandem schaden. In was verlieben Sie sich bei einem Menschen? In die innere Schönheit. Worum geht es für Sie in Debussys Pelléas et Mélisande? Es geht um eine dysfunktionale Familie, die ein fremdes, unschuldiges Mitglied aufnimmt und plötzlich ihre eigenen dunklen Seiten aufbrechen sieht. Was ursprünglich ein Geschenk für diesen geschlossenen, aristokratischen Zirkel sein sollte, entpuppt sich als etwas, das diesen Kreis zerstört. Nennen Sie drei Gründe, warum das Leben schön ist! Wie gesagt: meine Familie, Schokolade und Bier!

Foto: Philippe Gromelle Orange

Was wäre das grösste Unglück? Der Verlust eines Kindes. Das ist der grösste Albtraum jeder Eltern. Es ginge gegen das Gesetz der Natur. Eltern sollten vor ihren Kindern sterben.


Kalendarium 51

April 2O16 28 Do Macbeth

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Donnerstag-Abo A, Preise E

29 Fr Führung Bühnentechnik 16.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Romeo und Julia

19.00

Ballett von Christian Spuck nach der Tragödie von William Shakespeare Musik von Sergej Prokofjew Ballett-Abo Gross, Preise D

3O Sa Kostümverkauf 10.00 Studiobühne

Führung durch das Opernhaus

Schwanensee

14.00

19.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise D

Mai 2O16 So Schwanensee 1

13.00 Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow

Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise D

Fr Schwanensee 6

19.00

Sa 7  Führung Maskenbildnerei

15.30

11.15

Kaiserstrasse 42 D-79761 W a l d s h u t Tel. 0049 7751 3486 www.kueblerpelz.com

Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Mittwoch-Abo B, Preise D

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise H AMAG-Volksvorstellung

Soft-Ziegenvelours-Leder

Schwanensee

20.00

«Französische Kammermusik» Kammerkonzert mit anschliessendem Brunch Spiegelsaal, CHF 60

Mode·Leder·Pelze

Do Macbeth 5

Oper von Joseph Haydn Theater Winterthur

So Brunchkonzert 8

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise D

Oper von Giuseppe Verdi Preise E

Oper von Giuseppe Verdi Italienische Oper Abo, Preise E

Orlando paladino Premiere

19.30

20.00 Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow

14.00

Für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Studiobühne, CHF 12/20

Macbeth

19.00

Mi Schwanensee 4

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Geschichten erzählen «Schwanensee»

15.30

Schwanensee

19.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Ballett-Abo klein, Preise D


52 Kalendarium So 8  Geschichten erzählen «Schwanensee»

15.30

Für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Studiobühne, CHF 12/20

Pelléas et Mélisande Premiere

19.00

Oper von Claude Debussy Premièren-Abo A, Preise F

«Französische Kammermusik» Kammermusik am Mittag Spiegelsaal, CHF 20

Liederabend Diana Damrau

19.00

Craig Rutenberg, Klavier Lieder-Abo, Preise A

1O Di Orlando paladino 19.30

Oper von Joseph Haydn Theater Winterthur

11 Mi Pelléas et Mélisande 19.00

Oper von Claude Debussy Premièren-Abo B, Preise E

13 Fr Orlando Wiederaufnahme 19.00

14.00

Oper von Georg Friedrich Händel Freitag-Abo A, Preise E MAAG Music & Arts präsentiert:

Ballettsaal B, CHF 10

Führung durch das Opernhaus

Pelléas et Mélisande

14.30

19.00

Mo Lunchkonzert 9

12.00

14 Sa Ballett-Führung mit Mini-Workshops

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Oper von Claude Debussy Misch-Abo B, Preise E

16 Mo Schwanensee

14.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise D

Orlando

19.30

Oper von Georg Friedrich Händel Preise H AMAG-Volksvorstellung

18 Mi Orlando paladino

19.30

Oper von Joseph Haydn Theater Winterthur

19 Do Pelléas et Mélisande

19.00

Oper von Claude Debussy Donnerstag-Abo B, Preise E

2O Fr Orlando

19.00

Oper von Georg Friedrich Händel Misch-Abo A, Preise E

Orlando paladino

19.30

Oper von Joseph Haydn Theater Winterthur

21 Sa Führung durch das Opernhaus 14.00

Familien-Workshop

14.30

rn igen Tänze Mit ehemal erlis o Sp z in e von H allett Zürcher B

«Romeo und Julia» Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Pelléas et Mélisande

19.00

Oper von Claude Debussy französische Oper, Preise E

22 So Einführungsmatinee

11.15

Ein Gespräch mit dem Produktionsteam von «Der Sandmann» Bernhard Theater, CHF 10

Orlando

14.00

27.–30.06.2016 MAAG Halle Zürich Tickets: www.forcefulfeelings.ch

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Oper von Georg Friedrich Händel Sonntag-Abo A, Preise E

Orlando paladino

14.30

Oper von Joseph Haydn Theater Winterthur


Kalendarium 53

22 So Familien-Workshop 14.30

«Romeo und Julia» Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Schwanensee 20.30

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Sonntag-Abo D, Preise D

24 Di Orlando 19.00

Oper von Georg Friedrich Händel Dienstag-Abo A, Preise E

25 Mi Führung Werkstätten 15.30

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Pelléas et Mélisande

19.00

Oper von Claude Debussy Mittwoch-Abo B, Preise E

27  Pelléas et Mélisande Fr

19.30

Oper von Claude Debussy Freitag-Abo B, Preise E

28 Sa Unterwegs mit Ohrwurm Squillo

14.00

Für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Der Sandmann Premiere

19.00

Ballett von Christian Spuck Premièren-Abo A, Preise D

29 So Pelléas et Mélisande 13.00

Oper von Claude Debussy Sonntag-Abo B, Preise E

Così fan tutte Wiederaufnahme

19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart-Abo, Sonntag-Abo C, Preise E

3O  Mo Montagsgespräch 19.00

Ein Gespräch mit Julia Kleiter Restaurant Belcanto, CHF 10

Sa 4  Der Sandmann

19.00

So 5  Einführungsmatinee

11.15

Mi Così fan tutte 1

19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Mittwoch-Abo A, Preise E

Fr 3  Führung Kostümabteilung

15.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Così fan tutte

19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Freitag-Abo A, Preise E

Ein Gespräch mit dem Produktionsteam von «I puritani» Bernhard Theater, CHF 10

Romeo und Julia

13.00

Ballett von Christian Spuck nach der Tragödie von William Shakespeare Musik von Sergej Prokofjew Preise H AMAG-Volksvorstellung

Così fan tutte

19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Mozart-Abo, Preise E

Do 9  Der Sandmann

19.30

Ballett von Christian Spuck Donnerstag-Abo A, Preise C

1O Fr Führung Bühnentechnik 16.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Così fan tutte

19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Preise H AMAG-Volksvorstellung

Sa 11  Ballett-Führung mit Mini-Workshops

14.00

Ballettsaal A, CHF 10

Sa 11  Führung durch das Opernhaus

14.30

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Der Sandmann

19.00

Ballett von Christian Spuck Ballett-Abo klein, Preise C

12 So Pique Dame Wiederaufnahme

14.00

Oper von Pjotr Tschaikowski Sonntag-Abo B, Preise E

Der Sandmann

20.30

Juni 2O16

Ballett von Christian Spuck Premièren-Abo B, Preise C

Ballett von Christian Spuck Wahl-Abo, Preise C

14 Di Pique Dame

19.00

Oper von Pjotr Tschaikowski Dienstag-Abo B, Preise E

Das Opernhaus Zürich für Kurzentschlossene: Am Opernhaustag erhalten Sie 50% Ermässigung für die gleichentags stattfindende und gekennzeichnete Vorstellung. www.opernhaus.ch/opernhaustag

Die Werkeinführung findet jeweils 45 Min. vor der Vorstellung statt.


54 Serviceteil

Billettkasse

Billettpreise und Platzkategorien

Öffnungszeiten: Mo–Sa 11.00 Uhr bis Vorstellungsbeginn, an Tagen ohne Vorstellung bis 18.00 Uhr. Sonntags jeweils ab 1.5 Stunden vor Vorstellungsbeginn resp. 1 Stunde bei kleinen Produktionen. T +41 44 268 66 66, Mo-Sa, 11.00 – 18.00 Uhr / tickets@opernhaus.ch Opernhaus Zürich AG, Falkenstrasse 1, CH-8008 Zürich

1

2

3

Preisstufe A

92

76

65

43

16

AMAG-Volksvorstellungen

Preisstufe B

141

126

113

56

20

Die AMAG-Volksvorstellung ermöglicht es Theaterliebhabern, das Opernhaus Zürich zu einem deutlich reduzierten Preis zu be­suchen. Die regelmässig stattfindenden AMAG-Volksvor­stel­lungen werden in der kalendarischen Übersicht dieses Magazins, online in unserem Monatsspielplan sowie per News­letter an­gekündigt. Die AMAG-­ Volksvorstellungen gelangen jeweils einen Monat vorher in den Ver­ kauf. Fällt der Tag des Verkaufsbeginns auf einen Sonn- oder Feier­tag, beginnt der Vorverkauf am Öffnungstag davor. Schriftliche Kartenbestellungen sind nicht möglich. Der Maximalbezug für diese Vorstellungen liegt bei 4 Karten pro Person.

Preisstufe C

169

152

130

56

20

Preisstufe D

198

173

152

92

32

Preisstufe E

230

192

168

95

35

Preisstufe F

270

216

184

98

38

Preisstufe G

320

250

220

98

38

Preisstufe H

75

59

44

25

15

Kinderoper K

60

50

40

30

20

Preisstufe P1

95

80

65

50

35

Legi (Preisstufen A-C + K + P1) 35

25

20

18

13

Legi (Preisstufen D-F)

33

25

20

15

Opernhaus-Tag  Das Opernhaus Zürich für Kurzentschlossene: Am Opernhaustag erhalten Sie 50 % Ermässigung für die gekennzeichnete Vorstellung. Fällt der Opernhaustag auf einen Sonntag, können die ermässigten Tickets bereits ab Samstag erworben werden. Die Termine finden Sie im Kalendarium dieses Magazins und werden Ihnen auf Wunsch regelmässig per E-Mail mitgeteilt. Newsletter abonnieren unter: www.opernhaus.ch/newsletter

45

4 5

Alle Preise in CHF

Club Jung Stark vergünstigte Tickets, Probenbesuche, interessante Einblicke hin­ ter die Kulissen und mit Gleichgesinnten die neuesten Opern- und Ballettproduktionen besuchen: All das und mehr bietet der Club Jung für junge Leute zwischen 16 und 26 Jahren. Die Mitgliedschaft ist kostenlos und unverbindlich (einmalige Aufnahmegebühr von CHF 20). Club Jung-Mitglieder erhalten Last-Minute-Karten ab 30 Minuten vor der Vorstellung für CHF 15. Auch stehen ihnen bereits im Vor­ verkauf Karten zum Preis von CHF 15 für ausgewählte Vorstellungen zur Verfügung. Spezielle Veranstaltungen wie Probenbesuche oder Workshops geben einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen und sind für Clubmitglieder kostenlos. Der Club Jung-Newsletter informiert regelmässig über die aktuellen Angebote und Aktionen. Details zur Mitgliedschaft im Club Jung und zum aktuellen Programm finden Sie auf www.opernhaus.ch/clubjung.

Ermässigungen  Das Opernhaus Zürich bietet unterschiedliche Ermässigungen für Kinder, Schüler, Studenten, Lernende und KulturLegi-Inhaber, AHV- und IV-Bezüger. Informationen hierzu finden Sie unter www.opernhaus.ch/besuch oder in unserem Sai­son­­buch.

MAG Abonnieren  MAG, das Opernhaus-Magazin, erscheint zehnmal pro Saison und liegt zur kostenlosen Mitnahme im Opernhaus aus. Sie können das Opernhaus-Magazin abonnieren: zum Preis von CHF 38 bei einer inländischen Adresse und CHF 55 bei einer ausländischen Adresse senden wir Ihnen jede Ausgabe druckfrisch zu. Bestellungen unter: T +41 44 268 66 66 oder tickets@opernhaus.ch.

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Serviceteil 55

Impressum

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Magazin des Opernhauses Zürich Falkenstrasse 1, 8008 Zürich www.opernhaus.ch T + 41 44 268 64 00

Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau im Rahmen der interkanto­n alen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden und Obwalden.

Intendant Andreas Homoki

Partner

ab

Generalmusikdirektor Fabio Luisi Ballettdirektor Christian Spuck Verantwortlich Claus Spahn Sabine Turner Redaktion Beate Breidenbach Kathrin Brunner Fabio Dietsche Michael Küster Claus Spahn Gestaltung Carole Bolli Florian Streit Fotografie Stefan Deuber Danielle Liniger Florian Kalotay Bildredaktion Christian Güntlisberger Anzeigen Nathalie Maier Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler Druck Multicolor Print AG Illustrationen Laura Jurt Lina Müller

Produktionssponsoren

Notenstein La Roche Privatbank AG

Evelyn und Herbert Axelrod

Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung

Freunde der Oper Zürich

Else von Sick Stiftung

Walter Haefner Stiftung

Swiss Casinos Zürich AG

Swiss Re Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG

Förderer Confiserie Teuscher

Projektsponsoren

Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AG

AMAG Automobil- und Motoren AG

Garmin Switzerland

Baugarten Stiftung

Horego AG

Familie Christa und Rudi Bindella

Istituto Italiano di Cultura Zurigo

René und Susanne Braginsky-Stiftung

Sir Peter Jonas

Clariant Foundation

Luzius R. Sprüngli

Freunde des Balletts Zürich

Elisabeth Stüdli Stiftung

Max Kohler Stiftung

Zürcher Theaterverein

Ringier AG Georg und Bertha Schwyzer-Winiker-Stiftung Swiss Life Zürcher Festspielstiftung Zürcher Kantonalbank Gönner Abegg Holding AG Accenture AG Josef & Pirkko Ackermann Alfons’ Blumenmarkt Allreal Ars Rhenia Stiftung ART MENTOR FOUNDATION LUCERNE Familie Thomas Bär Berenberg Schweiz Beyer Chronometrie AG Elektro Compagnoni AG Stiftung Melinda Esterházy de Galantha Fitnessparks Migros Zürich Fritz Gerber Stiftung Ernst Göhner Stiftung Egon-und-Ingrid-Hug-Stiftung Walter B. Kielholz Stiftung KPMG AG Landis & Gyr Stiftung Lindt und Sprüngli (Schweiz) AG Stiftung Mercator Schweiz Fondation Les Mûrons Neue Zürcher Zeitung AG


Sibylle Berg denkt über Operngefühle nach

Die Roboter werden lächeln In unserem neuen Ballett Der Sandmann nach E.T.A Hoffmann erliegt Natha­ nael den Reizen der Automatenpuppe Olimpia. Ist das nur eine Fantasie der Romantik oder sind die Roboter und Automatenmenschen tatsächlich auf dem Vormarsch? Jetzt kommen also die Robots. Nachdem die Menschheit jahrzehntelang darauf vorbereitet war, dass gruselige Menschmaschinen die Herrschaft auf der Erde übernehmen, passiert es leise, von der Mehrheit unbemerkt, und anders als man es sich angesichts der heute rührend naiv wirkenden Filme vorgestellt hatte. Roboter werden nicht aussehen wie wir. Sie werden uns auch nicht bedienen. Sie werden nicht wie in Blade Runner auf Dächern von Städten weinen, in denen es immer regnet. Ein paar von den Biestern werden vielleicht wirken wie gruselige Kampfhunde – und das wird auch ihre Aufgabe sein. Kämpfen! In verminte Gebiete vordringen. Drohnen die... – ach Drohnen gibt es ja schon – also sie werden rollen, eiern, töten wie die Kampfma­ schinen meiner Lieblingsfirma (oder sagt man Denkfabrik? wissenschaftliche Tech­nik­ ­schmiede?) Boston Dynamics. Roboter sind die Geräte, die Alte in Japan bereits pflegen, Gelähmte gehen lassen, sie werden die Autos sein, die uns fahren, die Millionen arbeitslos machen. Sie werden die Welt übernehmen, aber nicht so, wie wir uns das nachts vorgestellt haben, damals im ersten Weltkrieg. Sie werden Menschen überflüssig machen, denen das noch nicht durch die Erfindung des Computers widerfahren ist. Sie werden die ersetzen, die bereits ersetzt worden sind, an Kassen, beim Check-In, in Läden, und die nun Taxi fahren oder in der Pflege arbeiten. Sie werden die ersetzen, die drei Jobs täglich haben, und dann keinen mehr. Sie werden jene glücklich machen, denen die Produktionsmittel gehören und das Geld, jene, die Roboter entwickeln, und ja, was wird dann eigentlich aus den übrigen Millionen? Wozu braucht man Menschen, wenn nicht zum Arbeiten? Wenn sie für den Konsum weitgehend uninteressant sind, weil die Mittel fehlen, wenn die Erde aus­reichend bevölkert ist? Richtig. Nun könnte man meinen, dass die Zukunft nicht uns, sondern unseren Enkeln eine bessere Welt bescheren wird. Die Hälfte der Erdbevölkerung wird sich aus finanziellen Gründen nicht mehr fortpflanzen, es wird sauberer werden, es gibt weniger Dichtestress und keinen Konkurrenzkampf mehr, was bedeutet eventuell, sehr eventuell, dass es gleichberechtigter wird. Und fremdenfreundlicher. Es wird Frieden geben, denn die neuen Menschen, die Hand in Hand mit den Robotern und Maschinen leben, werden mit manipuliertem Erbgut perfekte Wesen sein. Gesund, mit einem eleganten Körper, konsumwillig, mit Hormonen, die sie unter Kontrolle haben. Gebären wird keiner mehr, das war eine unappetitliche Sache und die Fortpflanzungstechnologie wird von Robotern überwacht, ausgelagert. Kaum eines wird sich mehr an die Eltern erinnern, die noch gegen Roboter und Maschinen in den Krieg gezogen sind. So albern. Das weiss doch jeder, dass Technologie nicht gut oder schlecht ist. Ihre Anwendung wird von der Politik, und damit von denen mitbestimmt, die schon heute neunzig Prozent der Finanzkraft auf der Welt besitzen. Hätten sie lieber etwas gegen den Kapitalismus unternommen, als sie noch in der Lage dazu waren. Werden sie sagen, die gesunden nicht alternden Menschen, und die Roboter werden lächeln. Sibylle Berg

Illustration: Laura Jurt

56


ANTON BRUCKNER Sinfonie Nr. 8, c-Moll (Urfassung 1887) 2 CDs

BRUCKNER FABIO LUISI PHILHARMONIA ZÜRICH

on Bruckner 8  CD 2 abio Luisi Philharmonia Zürich

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Symphony No. 8 Original Version, 1887

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Die 1887 fertiggestellte Urfassung der achten Sinfonie wurde von Bruckners Zeitgenossen in ihrer Kühnheit nicht richtig verstanden und die Kritik seiner Freunde veranlasste den Komponisten dazu, das Werk stark zu überarbeiten. Fabio Luisi ist jedoch von der Perfektion der Urfassung überzeugt und hat diese gemeinsam mit seinem Orchester auf­genommen: «Wenn ich die Urfassung dirigiere, denke ich: alles ist perfekt!» In der Philharmonia Zürich sieht Fabio Luisi zudem den idealen Klangkörper für die Sinfonien Bruckners, da sie als Opernorchester über die nötigen, reichen Erfahrungen mit den Kompositionen Richard Wagners verfügt, von denen Bruckners Klangwelten ent­scheidend geprägt sind.

Im Mai erscheint die Doppel-CD bei Philharmonia Records und ist weltweit, im Opernhaus Zürich und unter philharmonia-records.com erhältlich!


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