MAG 12: Woyzeck

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Wie machen Sie das, Herr Bogatu? 9

Auf Kommando: Halt! Ein Thema, das uns auf der Bühne immer wieder be­ schäftigt, ist die Frage, wie man Gegenstände, mit denen unsere Darsteller auf der Bühne spielen, unsichtbar kon­ trolliert.
Da wird zum Beispiel verlangt, dass ein Tisch von einem Chormitglied mit spielerischer Leichtigkeit von A nach B geschoben werden kann, andererseits dieser Tisch aber nicht verrutschen darf, wenn jemand darauf steht. Oder eine Leiter, die ein Solist einfach an die Wand lehnt, muss dann möglichst unsichtbar so fixiert werden, dass sie auch dann nicht wegrutschen kann, wenn jemand die Lei­ ter bis ganz oben hochklettert – wie zum Beispiel in dem Donizetti-Einakter I pazzi per progetto, in dem der Sänger Paolo Rumetz in einer Slapstick-artigen Szene versuchte, eine schon ziemlich vertrocknete Pflanze zu giessen, die so weit oben hing, dass er sie auch mit der längsten Leiter nicht erreichen konnte. In Christian Spucks neuem Ballettabend Woyzeck, für den Emma Ryott das Bühnenbild entworfen hat, haben wir es nun mit einer grossen Wand zu tun, die sich um einen Mittelpunkt herum drehen kann. Leichtgängig muss diese Wand sein, die Tänzerinnen und Tänzer sollen sie selbst in Bewegung setzen können. Hier ist für einmal nicht die Bewegung das Problem, sondern der Wunsch, dass die Wand, wenn sie sich gerade nicht dreht, so gut fixiert ist,

dass man sich dagegen lehnen kann, ohne dass die Wand verrutscht. Dass die Drehwand von allen Seiten sichtbar ist, deswegen keine Zuleitungen haben darf und in kurzer Zeit zerlegbar sein muss, machte die Aufgabe spannend.
Unser Maschinist Stefan Schwender fand die Lösung: Er baute zwei Funkempfänger in die Wand ein, und zwar jeweils in den beiden äusseren Enden der Wand. Diese Funkempfänger steuern vier pneumatische Stempel innerhalb der Wand an, die so kräftig auf den Boden gepresst werden können, dass die Wand sicher fixiert ist. Die Luftversorgung dieser Technik erfolgt durch in die Wand eingebaute Druckluftflaschen. Die Funkempfänger wiederum erhalten ihre Signale von der Fernsteuerung, die der Maschinist von der Seitenbühne aus bedient – für unsere Zuschauer vollkommen unsichtbar. Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich


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