MAG 10: La straniera

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im Spiel. «Alles, was ich an Persönlichem ahne und weiss, benenne ich nicht», sagt Christof Loy über die Probenarbeit. Es ist also ein tiefes Einverständnis zwischen beiden, das hier in Rollenporträts sichtbar wird, eine gleichsam unausgesprochene Intimität. Zur «Nebensache» sei der Gesang für sie inzwischen geworden, formuliert es Edita Gruberova. «Das Hauptaugenmerk gilt der Befindlichkeit meiner Rolle.» Und diese Entwicklung werde sogar immer stärker. Die Rollenporträts, die sie mit Loy entwirft, ja, die sie zulässt, sind nicht nur durchdrungen von grosser Lebenserfahrung, sie haben auch etwas Rückschauendes, Bilanzierendes. Wenn man Edita Gruberova auf diese Themen anspricht, dann schlägt, wie sie selbst ironisch sagt, ihre slawische Melancholie durch. «Nur Probleme» seien da doch aufgelistet, hat sie vor einiger Zeit nach Durchsicht ihrer Biografie gestöhnt, «nur Kämpfe». Und es ist wahr: Anfang der Siebzigerjahre wurde die junge Sopranistin von der Opernwelt nicht gerade willkommen geheissen, ihr wurden vielmehr Steine in den Weg gelegt.

Dass da eine Sängerin mit einzigartigen Fähigkeiten heranwächst, war allen gewiss klar, die sie damals hörten. Dennoch musste Edita Gruberova enorme Energie aufwenden, um sich durchzusetzen. Gegen ihren damaligen Wiener Staatsopernintendanten, der sein Ensemblemitglied erst einmal «parkte», die Sopranistin abspeiste mit Kleinst- und mittleren Rollen. Gegen Kolleginnen, die ahnten, welche Konkurrenz ihnen da erwächst. Gegen Agenten, die auf eigenen Profit bedacht waren. Und manchmal auch gegen Regisseure, die sie zu Merkwürdigkeiten zwingen wollten oder sie nur als Singsäule auf der Bühne postierten – wobei Letzteres das grössere Problem für Edita Gruberova bedeutete. Schon sehr bald hatte sie sich das notwendige vokaltechnische Rüstzeug gesichert. Und sie hat ihre Karriere selbst vorangetrieben, entschieden und energisch, im Wissen darum, dass ihr mehr gebührt als das, was man ihr zunächst gönnte. Auch deshalb unterscheidet sich diese Laufbahn von jenen der heute so schnell hochgeschossenen Stars, die zwar

Fotos: Suzanne Schwiertz

Edita Gruberova in «Beatrice di Tenda», 2001


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