Nautilus Probeheft

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Das Magazin für fantastisches Kino, Fantasy & SF-Literatur, Abenteuerspiele und PC-Adventures

ISSN 0946-3534 ◆ C 13010

NAUTILUS - ABENTEUER & PHANTASTIK ◆ PROBEHEFT 2008 € 4,50 (D) ◆ sFr 8,80 ◆ € 4,50 (AT) ◆ € 5,30 (LU)



Probeheft 2007 / 2008 16. Jahrgang ISSN 0946-3534 C 13010

Nautilus-Abenteuer und Phantastik ▼

Willkommen an Bord der Nautilus Das Magazin NAUTILUS begrüßt Sie zu einer Reise in die vielfältigen Welten des Genres »Abenteuer & Phantastik«: Das sind phantastische Filme im Kino und auf DVD, Fantasy & Science Fiction-Literatur als Roman und Hörbuch, Adventure-Games für PC und Konsole und Online-Rollenspiele sowie Artikel und Berichte zu Mystery und Science. Damit Sie einen Einblick bekommen, was Ihnen die NAUTILUS als Magazin bietet, präsentiert Ihnen dieses Probeheft 60 Inhaltsseiten aus den zwölf Ausgaben des Jahres 2007, wobei jede Heftseite exemplarisch einen neuen Artikel vorstellt. Die Crew der NAUTILUS wünscht Ihnen ein phantastisches Lesevergnügen!

Filme im Kino, im TV und auf DVD

Der Schwerpunkt der NAUTILUS ist der Blick hinter die Kulissen des Abenteuer & Phantastik-Genres: Interviews mit Filmemachern, Werkstattberichte von Autoren und Besuche bei Produktionen

Der Goldene Kompass, Der Sternwanderer, Harry Potter, 28 Weeks Later, Wächter des Tages, 30 Jahre Star Wars, Star Trek-Jubiläum, 200 Folgen Stargate: Film-Features und Interviews mit Filmemachern ............................. 4

Mystery und Science

Film-Features, SetBerichte, TV-Tipps, DVD-News und Interviews

Sagenheld Beowulf, Mythos Robin Hood, Helden, Schergen und Schufte, Seuchen und Pestilenz, Weltuntergang und Apokalypsen ........................... 28

Literatur & Hörbuch

Spannende Infos und Berichte zu Mystery-Themen

Magie und Zauberei, Der verschlossene Raum, Erklärte Phantastik, Abenteuerliteratur und historische Reiseberichte, Das Geheimnis der Märchen, Tintendrachen, Das magische Land Xanth, Interviews mit den Autoren Markus Heitz, Bernhard Hennen, Jonathan Stroud, Artemis Foul und Joanne Harris, Aktuelle Hörbücher, Besuch bei der Lesung zu »Der Herr der Ringe« ...... 36

Wie gute Fantasyund SF-Geschichten funktionieren und was Autoren zu sagen haben

Adventure-Games und Online-Rollenspiele Drakensang, Der Herr der Ringe Online, Paradise, Dead Reefes, LIVERollenspiel Conquest, Warhammer TableTop-Game ....................................... 56

Für Abonnauten gibt es Extra-Gimmicks wie Spiele, DVDs und Hörbücher als Zugabe

Impressum NAUTILUS - ABENTEUER & PHANTASTIK ist das Schwestermagazin der Zeitschrift KARTEFAKT - Magazin für sammelbare Abenteuerspiele ◆ ISSN 0946-3534 ◆ EAN 41913010 ◆ Pressepost C 13010 ◆ Verlag: Abenteuer Medien Verlag, Rostocker Straße 1, D-20099 Hamburg, T: 040-2802886, FAX: 040-28054115 ◆ Internet: www.abenteuermedien.de ◆ E-Mail: nautil@abenteuermedien.de ◆ Herausgeber & Chefredakteur: Jürgen Pirner (verantw.) ◆ Ständige Mitarbeiter: Jens Altmann, Ole Christiansen, Sebastian Geiger, Alexander Huiskes, Stefan Moriße, Chris Peller, Lars Schiele, Heiner Schmitt, Henry Schrieb, Verena Stöcklein, Tanja Vetesnik ◆ Mitarbeiter dieser Ausgabe: Marcel Bülles, Thomas Janßen, Tobias Hamelmann, Dieter Oßwald, Thomas Plischke, Carsten Pohl, Martin Ruf, Carsten Schmitt, Steffen Schütte, Manuel Siebert, Robert Vogel, Uwe Wibben ◆ Nautilus-Logo: Frank Gerwin ◆ Nautil-Icon: Michael Salow ◆ Cover: Der Goldene Kompass © Warner Bros. ◆ Anzeigenleitung: Jürgen Pirner, T: 040-2802886, FAX: 040-28054115; es gilt die Anzeigenpreisliste 10, Stand 01/2007 ◆ Satz, Layout & Reprographie: Abenteuer Medien Verlag & Catlin Design ◆ Lithoservice & Druck: DieDruckerei.de, Neustadt an der Aisch ◆ Erscheinungsweise: NAUTILUS erscheint monatlich ◆ Abonnement (Inland): EUR 20,- für sechs Ausgaben inkl. Porto & Verpackung ◆ Abonnement (Ausland): EUR 40,- für sechs Ausgaben inkl. Porto & Verpackung Copyright © 2007/2008 für den gesamten Inhalt by Abenteuer Medien Verlag Jürgen Pirner, Hamburg. Nachdruck - auch auszugsweise - nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Verlages. Die Verwendung eines geschützten Warenzeichens stellt keine Copyright-Verletzung seitens des Verlages oder der Redaktion dar. Das Copyright für alle genannten Produkte und Titel und die damit verbundenen Rechte liegen beim jeweiligen Hersteller bzw. Inhaber der Rechte. Die Redaktion weist darauf hin, dass sie grundsätzlich Interesse an Beiträgen aus dem Bereich des Abenteuergenres (Abenteuer, Phantastik, Fantasy & SF, Horror, Thriller) in den Medien Film, Literatur, Comic, Spiele und ComputerGames hat, bittet aber darum, diese vorher schriftlich oder telefonisch anzukündigen. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Bitte einen Freiumschlag beifügen, wenn eine Rücksendung gewünscht wird.

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FILM-PREVIEW

FREUNDSCHAFT, GEHEIMNISSE UND ABENTEUER

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egisseur und Drehbuchautor Chris Weitz (About A Boy) hat in Hollywood schon viel vollbracht, sich nun aber noch mehr vorgenommen: Der Goldene Kompass ist der erste Band der Roman-Trilogie His Dark Materials von Philip Pullman. Und dieses ausgezeichnete Fantasy-Buch erfordert handwerkliches Geschick und dramaturgisches Genie in der Umsetzung. »Wenn man einen Film macht, braucht man absolute Hingabe in jedem Detail, und es gibt kein Detail dieses Projekts, dem ich mich nicht voller Leidenschaft widme«, behauptet Weitz über Der Goldene Kompass. Pullman selbst gab an, sein Werk bei Weitz in guten Händen zu wissen. Hat Weitz’ Leidenschaft einen guten Film ermöglicht? Hat er gar ein neues Kapitel der Filmgeschichte aufgeschlagen, wie New Line Cinema verspricht?

England alternativ Das Brytannien von Der Goldene Kompass unterscheidet sich erheblich von dem Britannien, welches wir kennen: Die Heilige Kirche beherrscht das Land, Theologie gilt als einzig wahre Wissenschaft. Außerdem lebt jeder Mensch mit einem Vertrautentier, seinem Dämonen (in der ursprünglichen Bedeutung des griechischen Wortes daimon = Schutzgeist). Bis zur Pubertät kann sich dieses Vertrautentier nach Belieben verwandeln, danach nimmt es für immer die Gestalt eines Tieres an, das zur nun gereiften Persönlichkeit seines menschlichen Gegenstücks passt. In unserer Welt mag die Seele in unserem Körper stecken, in jener Welt läuft, fliegt oder kriecht sie in der Gestalt eines Dämonen ein Leben lang neben ihrem Menschen her.

Fotos: Warner Bros.

Die zwölf Jahre alte, doch hochbegabte Waise Lyra Belacqua (gespielt von Dakota Blue Richards) und ihr Dämon Pantalaimon geraten hinter ein finsteres Geheimnis innerhalb der Kirche mit Auswirkungen weit über die Welt, die sie kennen, hinaus: Das Magisterium, die Regierung ihrer Welt, führt am Nordpol unter der Aufsicht von Lord Asriel (visionär: Daniel Craig) geheime Experimente durch und lässt dafür sogar Kinder und deren Dämonen entführen. Lord Asriel glaubt, die Barrieren zwischen verschiedenen Universen nieder-

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Ein Lexikon der wichtigsten Personen, Orte und Ereignisse in Philip Pullmans Romantrilogie »Der Goldene Kompass«, »Das magische Messer« und »Das Bernstein-Teleskop«

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ines der beeindruckendsten Fantasy-Werke der letzten Jahre ist Philip Pullmans Romantrilogie Der Goldene Kompass (Northern Lights, 1995), Das magische Messer (The Subtle Knife, 1997) und Das Bernstein-Teleskop (The Amber Spyglass, 2000). Es erzählt die Abenteuer des Mädchens Lyra Belacqua, die in einer Parallelwelt zur unsrigen lebt und die im Laufe ihrer Reisen in unsere und viele weitere Welten gerät, darunter sogar in das Reich der Toten. Ab dem zweiten Band wird sie vom dem Jungen Will Parry begleitet, der aus unserer Welt stammt. Der ungewöhnliche Erfolg des Werkes, das sogar Kritiker überzeugte, die sich üblicherweise nicht mit Fantasy beschäftigen, und dessen dritter Band in England mit dem renommierten Whitebread Award ausgezeichnet wurde, hat mehrere auf der Hand liegende Gründe, so etwa die oft gelobte Mischung aus Märchen-, Science Fiction- , Thriller- und Schauerelementen, die sorgfältige Zeichnung der psychischen Entwicklung der Hauptfiguren, die farbenprächtige und anschauliche Darstellung fremder Wesen und Welten und nicht zuletzt die sorgfältige Komposition verschiedener Spannungsbögen, von denen die größten über gut 1.300 Seiten hinweg reichen. Doch all diese Vorzüge verraten nur die Hälfte der Wahrheit. Mindestens ebenso wichtig ist der philosophische Aspekt. Der englische Gesamttitel der Trilogie (einen deutschen Gesamttitel gibt es nicht) bietet den ersten Hinweis auf das, was hinter all den bunten Abenteuern steht. Er lautet His Dark Materials, und das heißt, auch wenn es seltsam klingen mag, nichts anderes als »Seine dunklen

Rohstoffe«. Der Titel geht auf einen Vers in John Miltons Epos Das verlorene Paradies (1667) zurück, das den Aufstand Satans, des ersten Engels, gegen Gott schildert. Die von Pullman ausgewählte Stelle beschreibt den unvermischten Urstoff, aus dem einstmals alle Welten geschaffen werden sollen und der sich deshalb in verwandelter Form auch in allen Welten wiederfinden wird. Und genau darum geht es bei Lyras und Wills Reisen zuerst und zuletzt: Um das, was in unserer Welt »Dunkle Materie« und in Lyras Welt einfach nur »Staub« heißt - der Staub, aus dem nicht nur alle Welten, sondern auch buchstäblich alle Wesen gemacht sind, von Menschen und ihren Dæmonen über gewöhnliche Tiere und Hexen bis hin zu Engeln. Diese, wenn man so will, materialistische Einstellung hat ausgesprochen dramatische Folgen, wenn es um echte und falsche Tugenden, scheinbares und tatsächliches Böses, wahre Reife und den Tod geht, deren Darstellung in den drei Romanen einen ebenso breiten Raum einnimmt wie die eher handlungsorientierten Abschnitte. Das Erstaunlichste dabei ist, wie unverkrampft es Pullman gelingt, diese gegensätzlichen Züge - das spannende Abenteuer und die philosophische Überlegung - zu verbinden, und wie leicht er es dem Leser macht, auch auf den ersten Blick schwierige Passagen zu verstehen. So hat er eine Trilogie geschaffen, die zu den besten Werken gehört, die sich gleichermaßen an Kinder und Erwachsene richten und die von beiden, wenn auch auf unterschiedliche Art, genossen werden können.

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er Brite Neil Gaiman ist weltweit einer der berühmtesten Phantastik-Autoren. Die NAUTILUS präsentiert ein Interview mit dem Autoren, das anlässlich der Dreharbeiten von Der Sternwanderer geführt wurde:

Dann habe ich mich mit Jane Goldman (Drehbuchautorin) unterhalten, und wir kamen schnell auf Shakespeare in Love. Das ist das einzige Stück, das auch dieses historische Setting hat, wo es aber eigentlich um das Hier und Jetzt geht, und daher sind alle Dialoge und Charaktere so modern, wie es geht.

■ Wann sind Sie auf die Idee zu Der Sternwanderer gekommen?

■ Und dieses Konzept ermöglicht ja auch einen sehr spielerischen Umgang mit stilistischen Fragen.

Die Idee hatte ich schon 1991. 1993 habe ich mit Charlie Vess (dem Illustrator) einen ersten Entwurf fertiggestellt, den wir verschiedenen Verlagen vorgestellt haben. Als ich 1994 anfing, die Geschichte in ihrer Endfassung zu schreiben, hatte ich bereits 176 von Charlies Zeichnungen vorliegen. 1997 oder 1998 ist dann die erste Auflage erschienen, als illustrierte Ausgabe. Im Winter 1999 folgte dann eine weitere Ausgabe ohne Illustrationen.

Auf jeden Fall. Eines der Merkmale von Der Sternwanderer ist ja, dass es zu einer viktorianischen Zeit spielt, aber eigentlich stimmt das gar nicht. Es gibt gar kein zeitliches Setting, das man an den Dialogen oder den Handlungen der Charaktere festmachen könnte. Niemand redet wie in einem Dickens-Roman, und einige der Dinge, die gesagt werden, hätten gar keine viktorianische Entsprechung.

■ Vermutlich haben Sie während dieser Zeit aber auch an anderen Büchern gearbeitet?

■ Sie haben das Buch in Episoden unterteilt, was ja im 19. Jahrhundert sehr beliebt war. Wie lange hat es gedauert, das Buch fertigzustellen?

Natürlich. Während der Entstehung von Der Sternwanderer habe ich noch an den Sandman-Comics gearbeitet, und später habe ich die Drehbücher für die Fernsehserie zu Niemalsland geschrieben, und auch den Text des Romans zu Niemalsland. Es war eine ziemlich arbeitsreiche Zeit.

Foto: Thomas Duffé / Galore (Random House)

■ Arbeiten Sie immer an mehreren Projekten gleichzeitig? Meine Arbeitsweise ist so, dass ich mir immer etwas Neues suche, wenn ich bei einem Projekt mal feststecke. So habe ich immer eine Sache, an der ich arbeiten kann. Bei Der Sternwanderer habe ich immer zwei Kapitel geschrieben und den Text dann an Charles geschickt. Ich habe für das Manuskript nicht wie üblich mit Schreibmaschine oder Computer gearbeitet, sondern mit einem Füllfederhalter in ein großes Buch geschrieben. Also habe ich die handgeschriebenen Kapitel als Fotokopien an Charles geschickt, und er hat mir dann die Kopien zurückgeschickt und alle Wörter eingekreist, die er nicht entziffern konnte. Weil das ein wenig mühsam war, habe ich ihm später die Kapitel einfach auf Band gesprochen. Ich rief ihn an, las ihm das Kapitel am Telefon vor und schickte ihm dann die Aufnahme. Mit diesem Material hat er dann die Illustrationen gemacht. Wenn die Kapitel fertig geschrieben und illustriert waren, habe ich sie am Computer abgetippt. ■ Warum wollten Sie das Manuskript handschriftlich anfertigen?

INSPIRATION IN IRLAND INTERVIEW MIT NEIL GAIMAN Ich hatte diese verrückte Idee, dass ich ein richtiges Sternwanderer-Gefühl brauchte, um zu schreiben. Ich wusste, dass die Geschichte im viktorianischen England spielen sollte, aber es sollte nicht so geschrieben sein wie eine Novelle des 19. Jahrhunderts. Ich war von der Idee begeistert, im Stil der zwanziger Jahre zu schreiben. Zu der Zeit konnte man noch Fantasy schreiben, ohne dass es sofort in die MarketingSchublade »Fantasy« gesteckt wurde. In den Zwanzigern haben große Autoren sich noch an Fantasy-Stoffe gewagt, und es wurde einfach als ein weiterer Roman dieses Autors auf den Markt gebracht, egal ob das nun H.G. Wells oder ein anderer Autor war. Nach dem Erfolg von Der Herr der Ringe wurde Fantasy aber plötzlich zu einer Marketing-Kategorie. Jeder Buchladen richtete seine Fantasy- und Science Fic-

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tion-Abteilung ein, und man wollte ein bestimmtes Zielpublikum erreichen. Ich wollte einfach etwas schreiben, das diesen Entwicklungen vorausging. ■ Und haben Sie das Gefühl, dass es geklappt hat? Oh ja, das hat es. Das war ja gerade das Schöne an diesem Projekt; und dass ich hin und wieder einfach mal meine kleinen, seltsamen Vorlieben aus dem 20. Jahrhundert einbauen und die Charaktere auf recht moderne Art und Weise fluchen lassen konnte. ■ Also ist es eine modern erzählte viktorianische Geschichte. Woher kamen die Inspirationen dafür? Eigentlich entspricht dieser Stil einer gewissen Grundhaltung, und ich habe lange überlegt, wo mir diese Einstellung zum ersten Mal begegnet ist.

Alles in allem so an die drei Jahre. Ich habe ja immer nur zwei Kapitel am Stück geschrieben und dann solange an anderen Projekten gearbeitet, bis Charles mich anrief und mir mitteilte, dass die Illustrationen fertig sind und er jetzt neuen Text braucht. Dann bin ich wieder in meinen Garten gegangen, habe mich dort in die Laube gesetzt und einfach ein wenig weiter Der Sternwanderer geschrieben. ■ Wo haben Sie damals gelebt? Bereits in Minneapolis. Aber ich habe noch in England mit der Geschichte begonnen. Meine Freundin Tori Amos hatte damals ein Haus in London, das über einen Kanal gebaut war. Es war ein sehr merkwürdiges Haus, das vorher dem Schleusenwärter des Kanals gehört hatte, und dort begann ich die Geschichte. Tori war für eine Woche weg, und ich lebte in ihrem Haus. Und dann sagte ich eines Tages: »Okay, es wird wohl Zeit, damit anzufangen.« ■ Die Mauer ist ein sehr starkes Bild, sowohl im Buch als auch im Film. Woher kam die Inspiration für dieses besondere Element? Die Mauer ist tatsächlich älter als die Geschichte selbst. Die Mauer stand ganz am Anfang, und aus ihr ging die Geschichte hervor. Im Sommer 1988 arbeitete ich gerade an den ersten Sandman-Bänden. Ich war lange Zeit ein verarmter Journalist gewesen, und


PREVIEW ZU NEIL GAIMANS DER STERNWANDERER

Michelle Pfeiffer als die Hexe Lamia

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anchmal ist es hilfreich, vermögend zu sein. Matthew Vaughn zum Beispiel hat als Produzent der Erfolgsfilme Bube, Dame, König, Gras und Snatch so viel Geld verdient, dass er es sich erlauben konnte, die Vorproduktion von Der Sternwanderer aus eigener Tasche zu bezahlen und das aus gutem Grund. Zusammen mit der Drehbuchautorin Jane Goldman arbeitete er von März 2005 bis Oktober 2005 ein komplett fertiges Drehbuch für die Adaption von Neil Gaimans FantasyKlassiker aus. Erst mit diesem fertigen Skript gingen die beiden dann auf die Suche nach einem Studio, das bereit sein würde, ihre Vision des Films in die Tat umzusetzen. Das ist für sich genommen schon eine ungewöhnliche Art, ein Filmprojekt zu starten, noch ungewöhnlicher ist aber, dass der Autor der Buchvorlage, Neil Gaiman, von Anfang an in das Projekt mit eingebunden war und nach Auskunft von Jane Goldman immer wieder dazu aufforderte, sein Werk so zu kürzen und umzuarbeiten, dass es als Kinofilm funktionieren würde. Im Herbst 2005 erwarb Paramount Pictures die Rechte an der Produktion. Matthew Vaughn als Regisseur und Neil Gaiman als Berater der Produktion durften dabei auf ein Ensemble an Schauspielern zurückgreifen, das aus den ganz Großen Hollywoods zusammengestellt wurde: Robert De Niro, Michelle

Pfeiffer, Peter O’Toole und Claire Danes zaubern, neben dem englischen Shooting Star Charlie Cox, in ihren Rollen als Bewohner der Feenreiche wahrhaftige Magie auf die Leinwand.

Spektakulär

Peter O’Toole als König

Claire Dames als Yvaine

In diesen prächtigen Kulissen wird der Entscheidungskampf von Tristan mit der bösen Hexe stattfinden

Die Story von Der Sternwanderer ist schnell erzählt, steckt aber voller Überraschungen und tiefgründiger Wendungen, von denen hier nicht zu ausführlich die Rede sein soll: Der junge Tristran lebt im kleinen Örtchen Wall ein beschauliches Leben in der englischen Provinz. Im fernen London regiert

Das englische Örtchen Elm Hill wurde in das Dorf Wallumgestaltet, das zum Ausgangspunkt der Ereignisse wird Fotos: UIP

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KINO

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Fotos: 20th Century Fox

ans von Harry Potter können sich diesen Sommer glücklich schätzen, denn sie erhalten eine multimediale Komplettversorgung. Als erstes steht die Verfilmung von Harry Potter und der Orden des Phönix an, der am 12. Juli Premiere feiert. Nur neun Tage später, am 21. Juli, folgt dann der Abschluss der siebenbändigen Romanreihe (siehe Kasten). Durch die Ankündigung neuer Verkaufsrekorde und krönender Mitternachtpartys in Buchläden rund um den ganzen Globus wird die mittlerweile fünfte Filmumsetzung allerdings im Schatten der Buchveröffentlichung stehen. Der kommerzielle Erfolg ist im Hinblick auf die Zuschauerzahlen der vergangenen Filme für Warner Bros. aber dennoch vorprogrammiert. Harry Potter und der Orden des Phönix gehört zwar nicht zu den beliebtesten Teilen der Romanserie. Dadurch hat jedoch gerade der fünfte Teil das Zeug, mehr als eine bloße Einstimmung auf das Erscheinen des lang erwarteten Romanfinales zu sein: Denn wenn der Streifen über eindrucksvolle Effekte und sympathische Filmfiguren hinaus auch dramaturgisch überzeugen kann, könnte er zum ersten Mal die Romanvorlage qualitativ überflügeln.

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Gestrafft Die Schwierigkeiten der bisherigen vier Filme liegen darin, dass ihre literarischen Vorlagen sehr gut waren und die Kinoadaptionen trotz überzeugender Special Effects und sich steigender Jungschauspieler viele Leser nicht gänzlich zufriedenstellen konnten. Das Potential einer überzeugenden filmischen Umsetzung schimmerte nur in Harry Potter und der Gefangene von Askaban durch, der den Schwerpunkt weg von knallbunten Effekten hin zu charakterbetonten Momenten legt. In den übrigen Verfilmungen fehlen wichtige Passagen aus den Romanen. Außer der reinen Handlung blieb von dem faszinierenden Hintergrund nicht viel übrig. Beim fünften Band stellt sich die Situation anders dar. Harry Potter und der Orden des Phönix ist Rowlings schwächstes Buch und weist vor allem im Mittelteil einige Längen auf. Der dickste Band der Reihe ist zwar ein spannendes fantastisches Jugendbuch, schafft es aber nicht, das hohe Niveau der vorigen Bände zu halten. Man merkt dem Roman an, dass er eine Brücke zwischen den noch relativ harmonisch anmutenden ersten Büchern und den ernsteren letz-


Prestige - Meister der Magie

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er Aristokrat Rupert Angier (Hugh Jackman) und der aus der Arbeiterklasse stammende Alfred Bordon (Christian Bale) gehen beide der gleichen Profession nach: Sie sind Bühnenmagier. Im viktorianischen London macht sie dies seit ihrem ersten Zusammentreffen zu Beginn ihrer Karriere zu Kontrahenten. Zunächst ist es noch ein freundschaftlicher Wettstreit, bei dem der eine den anderen übertrumpfen will. Als Alfred aber den ultimativen Trick vorführt und Rupert nicht hinter das Geheimnis kommen kann, entwickelt sich daraus eine erbitterte Rivalität. Abwechselnd versuchen die beiden Magier, hinter die Geheimnisse des anderen zu kommen und dessen Tricks zu sabotieren. Sie bedienen sich dabei unfairer Mittel, versuchen mit Hilfe der bildhübschen Assistentin Olivia (Scarlett Johansson) hinter die Tricks zu kommen und bedienen sich sogar echter Magie - indem sie Kontakt mit dem geheimnisumwitterten Erfinder Nikola Tesla (David Bowie) aufnehmen. Die Rivalität eskaliert immer weiter, gefährdet alle Menschen in ihrem Umfeld und macht die Männer schließlich sogar zu Mördern. Christopher Nolan (Batman Begins) verfilmt mit Prestige - Meister der Magie einmal mehr einen fantastischen Stoff. Die Geschichte um Besessenheit basiert auf einem Roman von Christopher Priest und scheint wie geschaffen für den Filmemacher. Nolan erregte im Jahre 2000 großes Aufsehen mit seinem Film Memento, einem intelligent rückwärts erzählten Thriller voller unvorhersehbarer Wendungen. Genau deshalb ist er der richtige Mann für die Verfilmung dieses Buches, denn die raffiniert erzählte Geschichte wartet ständig mit Twists auf, wenn die beiden Bühnenzauberer ihren Wettstreit immer neu auf die Spitze treiben. Die Erzählweise des Films ist dabei so genial wie das Drehbuch: Er verläuft

nicht chronologisch, sondern springt zwischen verschiedenen Zeitpunkten der Handlung hin und her. Auch fokussiert er nicht auf eine bestimmte Erzählperspektive, sondern beleuchtet die Geschichte aus den verschiedenen Blickwinkeln beteiligter Figuren. Obwohl der Film mit deutlich geringerem Aufwand als Batman Begins entstand, überzeugt er auf ganzer Linie. Die viktorianische Epoche ist hervorragend getroffen, Kostüme und Kulisse fangen das Flair dieser Zeit gut ein. Trotz seiner makellosen technischen Umsetzung konzentriert sich Duell der Zauberer in erster Linie auf die Figuren und deren Besessenheit. Verrat und Eifersucht sind Mittel zum Zweck und kommen in dem prächtig anzusehenden Historienthriller nicht zu kurz. Die großartige Besetzung stellt mit Christian Bale (Batman Begins) und Hugh Jackman (Wolverine aus X-Men) zwei der momentan angesagtesten Schauspieler Hollywoods gegeneinander. Ihre Darstellung wird veredelt durch Auftritte von Sir Michael Caine, Scarlett Johansson und Andy »Gollum« Serkis in Nebenrollen. Sogar Altrocker David Bowie darf die von Mysterien umwehte historische Gestalt des Erfinders Nikola Tesla verkörpern. Prestige ist ein großartiger, düsterer Film, voll mit intelligenten Twists, der die Zuschauer schockieren und verwirren wird. Dennoch ist es kein Film für jedermann. Es ist einer dieser Filme, die man lieben oder hassen muss. Einige Zuschauer werden bemängeln, dass das Magierduell an einigen Stellen verwirrend ist und sich nicht offenkundig erschließt, andere werden genau dies loben und noch tagelang über die Handlung diskutieren. Zweifellos ist dies einer der besten Filme des Jahres, der auch in den USA auf sehr positives Echo gestoßen ist und von einer überwältigenden Mundpropaganda lebt. Peer Kröger b

Zwei Filme - ein Thema Nicht verwechseln darf man Prestige - Meister der Magie mit The Illusionist. Auch in jenem Film geht es um einen Bühnenzauberer zu viktorianischen Zeiten, der allerdings in einer Fehde mit dem Wiener Kronprinzen lebt. Der Thronfolger setzt einen Inspektor darauf an, den Zauberer als Scharlatan zu überführen. The Illusionist mit Edward Norton, Paul Giamatti, Jessica Biel und Rufus Sewell kommt 2007 in unsere Kinos.

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eit dem 8. März läuft der ActionFilm Pathfinder - Fährte des Kriegers in den deutschen Kinos. Erfreulicherweise gelang es NAUTILUS-Mitarbeiter Robert Vogel, dem deutschen Regisseur Marcus Nispel in den USA einige Fragen zur Produktion des Films zu stellen: ■ Normalerweise begrüße ich einen Interview-Partner mit einem freundlichen »Hello«, aber wie ich erfahren habe, bist Du gebürtiger Frankfurter, und da darf ich von einem Hessen zum anderen das Gespräch mit einem typischen »Ei Guude, wie?« (hochdeutsch: Guten Tag, wie geht es Dir?) beginnen. (Lacht) das habe ich schon lange nicht

mehr gehört. Mir geht es gut, danke! ■ Dein neuester Film Pathfinder läuft gerade in den Kinos an. Wie kamst Du dazu, diese Art Film zu machen? Das war die Folge von gleich zwei Mal »Bad Timing«, wie man so schön sagt. Eigentlich wollte ich gerne einen Film über Gladiatoren machen, aber da kam mir Ridley Scott zuvor. Dann hatte ich einen Piratenfilm im Sinn, und was da passiert ist, brauche ich wohl auch nicht weiter erwähnen. Ich interessiere mich auch für Wikinger und diese Legende, dass sie nach Amerika vorgedrungen sind, und so kam es dann zu Pathfinder. Die Legende ist ja mittlerweile bewiesen worden. Ich habe die

Story als eine Art »Rambo 1 mit Wikingern und Indianern« bzw. »Ein indianischer David gegen 20 Goliath-Wikinger angeboten, und Fox hatte Interesse. ■ Kannst Du unseren Lesern kurz die Handlung beschreiben? Die Geschichte spielt im Jahr 874 als Wikinger nach Amerika gelangen und dort Indianersiedlungen überfallen und plündern. Ein Wikingerjunge wird nach einem Schiffbruch von seinen Leuten zurückgelassen, trotz seiner Herkunft von Indianern aufgezogen und erhält den Namen »Ghost«. Als die Wikinger Jahre später wieder ins Land einfallen, beschließt der erwachsen gewordene Ghost, seinen Stamm gegen die mordenden Barbaren zu verteidigen. ■ Nun sehen die Wikinger im Film ja historisch nicht gerade sehr akkurat aus, sondern mehr wie Orks oder Figuren aus einem Gemälde von Frank Frazetta. Ist das Absicht? Ja, denn ich habe mich vom Look eher danach orientiert, wie ich als Kind die Wikinger gesehen habe. Die hatten nun mal Hörner an den Helmen. Ich bin der Meinung, dass unsere Kostümdesignerin eine tolle Arbeit geleistet hat. Sie hat auch schon für den »Cirque de Soleil« gearbeitet, und das sagt eigentlich al-

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les. Neulich habe ich erfahren, wie gut sie war, als ich beim Essengehen von fremden, sehr kräftig aussehenden Leuten mit den Worten: »Hallo Marcus, schön, Dich mal wieder zu sehen«, angesprochen wurde. Ich war im ersten Moment doch sehr überrascht, bis sich dann herausstellte, dass dies WikingerDarsteller in meinem Film waren, die ich aber immer nur in ihrem Rüstungen und mit Maske gesehen und deshalb nicht erkannt habe (lacht). ■ Würdest du Pathfinder als FantasyFilm sehen? Nicht in dem Sinne wie z.B. Conan, sondern mehr wie Tarzan, also eine in der Realität verwurzelte Fantasy. ■ Wie seid Ihr auf Karl Urban als Hauptdarsteller gekommen? Natürlich bietet der sich für solch einen Stoff an, er sah ja schon als Éomer in Der Herr der Ringe wie ein Wikinger aus ... Du wirst lachen, aber das war mir gar nicht bekannt. Ich wurde auf ihn durch seine Rolle in Bourne Supremacy aufmerksam. Als wir mit ihm Kontakt aufnahmen und erklärten, was die Rolle ihm u.a. in puncto Kämpfe etc. abverlangen würde, meinte er nur, er habe da schon gewisse Erfahrungen (lacht). Das hat die Sache natürlich sehr verein-


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Ich war schon immer ein großer Fan von Kurt und wollte seit langer Zeit mit ihm einen Film drehen. Ich bin mit seinen Filmen aufgewachsen - wer wäre von seinen ikonenhaften Rollen bei John Carpenter nicht begeistert? Gerade wegen dieser großen Begeisterung für ihn wollte ich ihn endlich einmal wieder als echten Fiesling auf der Leinwand sehen.

r ist der Mister Übercool des Kinos: Mit Reservoir Dogs hat Quentin Tarantino in Cannes einst auf sich aufmerksam gemacht. Mit Pulp Fiction holte er dort die Goldene Palme - und landete in den USA einen 100 Millionen Dollar-Hit. Wegen der drastischen Gewaltdarstellung in seinen Werken ist der einstige Videotheken-Kassierer durchaus umstritten. Nach dem Kill Bill-Zweiteiler wollte er unter dem Titel Grindhouse ein Doppelprogramm mit seinem Freund Robert Rodriguez in die Kinos bringen - das Projekt geriet in den USA aber zum Flop. in Deutschland starten die beiden Filme getrennt, den Anfang machte im Juli Tarantinos Girlie-Gewaltfarce Death Proof. Tarantino beantwortete NAUTILUS-Mitarbeiter Dieter Oßwald einige Fragen:

Robert und ich haben drei Filme gemacht: Death Proof, Planet Terror und Grindhouse. Dieses Double-Feature hatte eine eigene Ästhetik mit eingestreuten Werbespots und Trailer: Das sollte einfach ein cooler Trip werden. Dass dieses Konzept in den USA nicht aufgegangen ist, war sehr enttäuschend. Allerdings war es eine interessante Erfahrung, dieses Material umzuschneiden: Nicht herunter bis auf die Knochen, sondern um den Knochen herum.

Es gibt sehr viele Schauspieler, mit denen ich wahnsinnig gerne arbeiten würde. Aber meine privaten Vorlieben sind zweitrangig, was wirklich zählt, ist allein die Figur, die es zu besetzen gilt. Ohne die passende Rolle würde ich niemals jemanden für einen Film engagieren und Kurt Russell hat ideal gepasst.

DEATH PROOF - TODSICHER INTERVIEW MIT QUENTIN TARANTINO

Dirty Mary Crazy Larry von 1974 gehört zu meinen absoluten Lieblingen. Ebenso das Original von Gone in Sixty Seconds oder Der Tiger hetzt die Meute. Neben diesen reinen Autojagd-Filmen gibt es großartige Filme, in denen diese Verfolgungen nur nebenbei passieren, aber ■ Wie kamen Sie auf die Idee zu einer nicht minder eindrucksvoll inszeniert sind, wie zum Beispiel French ConnecCar-Chaser-Hommage? tion oder Mad Max. Das australische Ursprünglich wollte ich einen reinen Kino der achtziger Jahre fällt ohnehin Slasher-Film machen, schließlich bin ich durch einen regelrechten Auto-Fetischisein großer Fan dieses Genres. Vor allem mus auf. die Struktur dieser Filme hat mich immer fasziniert. Die Frage war: Wie kann ich ■ Anders als im Genre üblich, zeigen Sie dieses Genre neu erfinden? Wie kann ich ausgesprochen starke Frauen - wie meine eigene Version schaffen, ohne kommt das? diese typische Struktur zu verraten? So Schon Kill Bill hat das Pantheon weiblientstand die Idee eines sexbesessenen, psychopathischen Killers, der mit seinem Auto auf Menschenjagd geht.

cher Kämpferinnen gezeigt. Allerdings sind die Mädchen hier nun nicht mehr allein auf Fantasy-Figuren reduziert. Das sind reale Frauen mit richtigen Jobs, die sich über echte Probleme unterhalten. ■ Zum blutigen Ende toben sich die Damen heftig aus - wann wurden Sie zum letzten Mal von einer Frau verprügelt? Von einer Frau verprügelt? Natürlich noch nie (lacht). In der Schule gab es vielleicht einige Beinahe-Begegnungen dieser Art. Aber sonst hat mich noch keine Frau geschlagen - wenn ich sie nicht dafür bezahlt habe (lacht). ■ Wie kam die Ex-Klapperschlange Kurt Russell in Ihren Film?

■ Das Killerauto entspricht nicht unbedingt aktuellen Ökostandards ...

■ Was entspricht Ihrem aktuellen Horrorfilm-Geschmack? Cabin Fever hat mich völlig umgehauen. Das war zum einen völliger Spaß, und zugleich hat er den Geist des Horror-Genres, der so lange verschüttet war, wiedergefunden und -belebt. In den achtziger Jahren herrschte in diesem Genre absolute Flaute, es gab nur diese unzähligen Fortsetzungen. Die alten Regisseure reagierten verbittert und hatten umso weniger neue Ideen - bis plötzlich dieser junge Eli Roth auftauchte. Auf diesen Typen hatte das Genre gewartet: Er wollte nicht auf den Titel der Cineastenzeitschrift Sight and Sound, er wollte auf das Cover von Fangoria (US-amerikanisches Magazin für Horrorfilme, Anm. der Red.) ■ Was macht Cabin Fever so außergewöhnlich? Ganz einfach: Der Film ist derart komisch, dass man vor lauter Lachen vergisst, dass es ein Horrorfilm ist. Erst beim zweiten Ansehen stellt man fest: »Hey, das ist total gruselig!«. Und dann kam Shaun of the Dead, für mich der beste Film des Jahres und das beste Drehbuch seit fünf Jahren - ein echtes Meisterwerk.

Absolut: Diese Kiste wurde für Stunt-Szenen so umgebaut, dass der Fahrer alle Unfälle heil überstehen kann. Vor langer Zeit hat mir einmal jemand erzählt, dass man auch sein eigenes Auto zu einer solchen Stunt-sicheren Version aufrüsten lassen kann - »death proof« heißt dieses Tuning der todsicheren Art. Dieser Ausdruck hat mich so begeistert, dass er seit zwölf Jahren als Idee in meinem Kopf herumspukt - und daraus hat sich nun diese Story entwickelt.

■ Wie üblich besticht Ihr Film durch die Musik - wie sieht Ihre persönliche Plattensammlung aus?

■ Autoverfolgungsjagden gehören zu den Kronjuwelen des Action-Genres welche haben Ihnen persönlich am besten gefallen?

Es gab doch etliche Leute, die am Ende von Kill Bill geheult haben, als David Carradine starb.

Meine Plattensammlung ist tatsächlich großartig. Ich habe mir in meinem Haus eigens ein Zimmer dafür eingerichtet, das inzwischen aussieht wie ein alter Plattenladen. ■ Könnten Sie sich vorstellen, eines Tages ein sentimentales Liebesdrama zu drehen?

Das Interview führte Dieter Oßwald b

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Fotos: Senator

■ Waren Sie enttäuscht über den Misserfolg in den US-Kinos?

■ Haben Sie eine Liste mit Schauspielern, die Sie erneut sehen möchten?


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ach Wächter der Nacht ist Wächter des Tages der zweite Teil der vieldiskutierten Filmumsetzung von Sergej Lukianenkos vierteiligem Wächter-Zyklus. In Russland sind die Wächter schon seit Jahren äußerst erfolgreich - auch der Nachfolger des ersten Teils erreichte Rekordzahlen an den dortigen Kinokassen. In Deutschland kommt Wächter des Tages am 20. September in die Kinos. Die NAUTILUS hat vorab einen Blick auf den vielversprechenden Streifen geworfen.

Heller Tag Wächter des Tages ist eine Fortsetzung. Sie baut auf allem auf, was der erste Teil zu bieten hatte, und beantwortet gleichzeitig viele Fragen. Sie zeigt mehr von dem in der Buchvorlage etablierten mythologischen Hintergrund - ein von versteckten Vampiren, scheuen Gestaltwandlern und untergetauchten Magiern bevölkertes Russland. Und dennoch ist sie eindeutig Teil derselben Reihe, denn der Look, den Timur Bekmambetov der Wächter-Welt verpasst hat, ist schlicht unverwechselbar. »In Russland

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gibt es viele Probleme«, bemerkte der Regisseur schon in Gesprächen zu Wächter der Nacht. »Es gibt miese Autos, heruntergekommene Häuser, schwerreiche Ölbarone und extrem arme Leute. Auf der anderen Seite bin ich ein Filmemacher, der Vampire, Roger Corman und Die Matrix liebt. Dieses Wissen um die russische Wirklichkeit ist Teil meiner Mentalität, und dasselbe gilt für meine Liebe zur amerikanischen Filmkunst. Diese Geschichte bringt beides zusammen.« Wächter des Tages setzt diese besondere Mischung erneut visuell beeindruckend um: Der Film zeigt die bizarre und gleichzeitig heruntergekommene Ästhetik des ersten Teils, in der das Bunte vor der tiefen Schwärze des Hintergrunds besonders hell leuchtet. Allerdings gibt es im zweiten Teil nicht mehr ganz so viel Blut und Dreck wie im Vorgänger. Statt dessen beleuchtet Wächter des Tages viel stärker das Leben der Dunklen und zeigt, dass es sich bei diesen »Anderen« keineswegs nur um bösartige Killer handelt, sondern auch um ganz normale Personen, die ihre Verwandten lieben und die das Beste für ihre Kinder wollen. Außerdem gibt es einige Lacher mehr, denn Hauptfigur Anton Gorodetzky gerät in eine Situation, die an eine Beziehungskomödie erinnert: Um einer gefährlichen Intrige der Tagwache zu entkommen, muss er seinen Körper mit dem der gutaussehenden Hexe Olga tauschen. Die unvermeidlich komischen Episoden, die dies für beide Beteiligten mit sich bringt, hellen die Atmosphäre von Wächter des Tages gegenüber dem Vorgängerfilm eindeutig auf.


WAS MACHT VAMPIRE SO VERFÜHRERISCH?

BEISS MICH,LIEBLING! DIE EROTIK DES VAMPIRISMUS

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Tabubruch Will man den sexuellen Reiz des Vampirs auf einen einfachen Nenner bringen, so ist es die Tatsache, dass der Blutsauger frei von jeglichen konventionellen Moralvorstellungen ist. Das macht ihn zur idealen Projektionsfläche für verdrängte oder heimliche Fantasien. Er ist ein Grenzgänger ohne Tabus. Nahezu jede Spielart der Sexualität wurde mit ihm und durch ihn bereits thematisiert: So wurde in der Vampir-Literatur etwa das Thema Homosexualität sehr früh verhandelt. Die Namensgeberin von Sheridan Le Fanus Vampir-Novelle Carmilla aus dem 19. Jahrhundert beispielsweise findet offenbar nur Geschmack an Frauen (und die filmischen Umsetzungen ihrer Umtriebe für die große Leinwand wurden in den siebziger Jahren vorzugsweise in schmuddeligen Bahnhofkinos gezeigt). Und spätestens seit der Verfilmung von Interview mit einem Vampir, des ersten Bandes von Anne Rices Romanreihe Die Chronik der Vampire, ist auch der Vampir, der die Ewigkeit lieber mit Männern verbringt, fest in der modernen Popkultur verankert. In ähnlicher Weise drücken sich in der Beziehung zwischen Vampir und Opfer - zwischen Verführer und Verführtem, Beherrschendem und Beherrschtem, Meister und Sklave - seit jeher auch sadomasochistische Wunschvorstellungen aus. Der Mensch, den sich der Vampir zur Beute macht, wird bedingungslos begehrt, denn er gibt dem Vampir mit seinem Blut das, was jener braucht, um seine Existenz fortzuführen. Der Vampir ist also nur auf den ersten Blick hundertprozentig dominant, in Wahrheit ist er von seiner Beute abhängig. Die Grenzen zwischen

Klaus Kinski und Isabelle Adjani in Nosferatu

Jäger und Beute verwischen somit bei genauerem Hinsehen, doch dies schmälert den Reiz des Vampirs als sexuelle Wunschphantasie nicht im Mindesten. Ganz im Gegenteil: Es ist nicht zuletzt diese nur in einem scheinbaren Widerspruch zu seinem zeitlosen Wesen stehende Wandelbarkeit des Vampirs, die ihn erotisch so anziehend

macht. Jede neue Generation von Vampir-Fans passt das Objekt ihrer Begierde den herrschenden gesellschaftlichen Umständen an: Aus dem exotischen Graf vom Balkan, der in die starre Welt der Londoner Oberschicht eindringt, um die Töchter aus gutem Hause zu unheiligen, unaussprechlichen Akten zu verführen, wird die Killerin im

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Unsterblichkeit Macht man von dieser Position aus einen kleinen Schritt zurück aus den Niederungen des Fleisches, erkennt man auch die metaphysische Attraktivität der Liaison mit dem Vampir. Falls am Ende der Begegnung nicht der häufig orgiastisch verklärte Tod steht, kann der Vampir seinem Opfer etwas bieten, womit kein gewöhnlicher Liebhaber konkurrieren kann: Er verheißt die Unsterblichkeit. Der Traum der Ewigkeit ist zum Greifen nah, wenn man sich mit dem Untoten einlässt. In einer geradezu grotesken Überhöhung des romantischen Liebesideals verspricht er ein Glück, das niemals enden muss - man denke nur an den Untertitel der Dracula-Verfilmung von Francis Ford Coppola: »Die Liebe stirbt nie.« Der Vampir streift dem, den er liebt, sämtliche Fesseln ab - sowohl die der Moral als auch die des Todes: Ewiger Genuss ohne Reue. In den jüngsten Inkarnationen kommt hierzu noch die Erhöhung in einen echten Sonderstatus, der dem eines Superhelden gleichkommt: Zum Beispiel machen in Underworld mit Kate Beckinsale aus dem Jahr 2003 die übernatürlichen Fähigkeiten des Vampirs und seine übermenschliche Stärke die untote Existenz nicht zu einem endlosen Schrecken, sondern zu einer erstrebenswerten Daseinsform. Der oder die Geliebte des Blutsaugers gewinnt Eigenschaften, die aus einem Fluch einen Segen machen. Die Beantwortung der Frage, welche sexuellen Tabus der Vampir in Zukunft noch brechen wird, scheint hinfällig, denn er wird auf seine ganz eigene, unvergleichliche Weise jede Hürde der Moral nehmen, wie er es schon immer getan hat. Thomas Plischke b

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Fotos: Kinowelt Home Entertainment

knappen Lederkostüm, die selbst die härtesten Männer zu Wachs in ihren Händen werden lässt. Ungeachtet dessen ist das, worin man versinkt, wenn man sich in die Arme des Vampirs begibt, über die Zeit hinweg gleich geblieben: ein Strudel der verbotenen Lüste.

ass Vampire in enger Verbindung zur Sexualität stehen und ihr Biss als Metapher für den Oralverkehr verstanden werden kann, ist leicht verständlich. Doch woher rührt diese Verbindung? Was macht den Vampir - und natürlich auch die Vampirin - so unwiderstehlich?


BLUTRAUSCH DER ZOMBIES

DIE FORTSETZUNG VON 28 DAYS LATER

Deutscher Kinostart am 30. August

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ondon vor 28 Wochen: Der WutVirus ist ausgebrochen. Er verwandelt alle Infizierten innerhalb von Minuten in geifernde Irre, die sich blindwütig auf ihre Nachbarn stürzen, um diese zu zerfleischen. Wer nicht von den im Blutrausch tobenden Zombies getötet wird, stirbt wenig später am Virus. Innerhalb von 28 Tagen ist durch den Wut-Virus nahezu die gesamte Bevölkerung Großbritanniens ausgelöscht. Die Städte sind menschenleer, überall liegen Leichen herum. 28 Wochen oder ein gutes halbes Jahr später scheint die Seuche abgeklungen zu sein. Die US-Army beginnt in

einer Sicherheitszone auf der Isle of Dogs mitten in London, einer von der Themse umschlossenen und daher leicht zu verteidigenden Insel, mit der Wiederbevölkerung Englands. Fünfzehntausend Menschen sind die Hoffnung für eine Zukunft Großbritanniens, wenn der Wut-Virus nicht wieder zurückkehrt. Nur langsam soll die Neubesiedelung beginnen. Die QuarantäneZone ist streng abgeriegelt, überall stehen Wachposten, und auf den Dächern sind Scharfschützen postiert, die auf alles schießen sollen, was sich wie ein Zombie verhält. Doch der letzte Infizierte starb vor Monaten.

Wut und Schmerz Der Film beginnt mit einem Rückblick: Das Ehepaar Don und Alice hat die ersten vier Wochen der Ansteckung versteckt in ihrem Haus überlebt, zusammen mit einigen anderen Überlebenden. Doch als ein kleiner Junge, der vor seinen infizierten Eltern flüchten konnte, das Haus erreicht und um Einlass bittet, sind ihm schon die Monster auf der Spur. Alice versucht, den Jungen zu retten, aber als die geifernden Irren das Haus stürmen, muss sie mit ansehen, wie ihr Ehemann Don flieht und sie zurücklässt. Don kann entkommen, und er ist einer der wenigen Überlebenden.

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KLEINE FAMILIE MIT GROSSEN SCHWIERIGKEITEN

LIEBE BRINGT DEN TOD INTERVIEW MIT DEN HAUPTDARSTELLERN VON 28 WEEKS LATER

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obert Carlyle (Trainspotting, The Beach, 007 - Die Welt ist nicht genug) spielt in 28 Weeks Later den Familienvater Don, der seine Frau im Stich lässt und lieber sein Leben rettet. Im Lauf des Films belügt er seine Kinder, indem er behauptet, es habe keine Rettung mehr für ihre Mutter gegeben und er habe alles für sie getan. Catherine McCormack (Braveheart) spielt Alice, die gegen den Virus immun ist und monatelang allein überlebt hat. Jeden Tag musste sie Todesängste ausstehen, weil die Infizierten sie immer wieder angreifen, bis auch der letzte von ihnen gestorben ist. Scheinbar ist sie die einzige, die den Virus trotz Ansteckung überlebt hat. Imogen Poots (V for Vendetta) ist Tammy und Mackintosh Muggleton ist Andy. Sie spielen die Kinder, die während des Ausbruchs der Krankheit in Urlaub waren und zu ihrem Vater nach Großbritannien zurückkehren. Glücklich, ihren Vater wiederzusehen, sind sie überrascht und entsetzt, als sie ihre Mutter entdecken und herausfinden, dass ihr Vater sie belogen hat. NAUTILUS-Mitarbeiter Marcel Bülles befragte die Schauspieler während der Premiere des Films in London. ■ Ihre Familie ist der zentrale Dreh- und Angelpunkt für alle Ereignisse in 28 Weeks Later. Wie bewerten Sie selbst das Verhalten Ihrer Charaktere? Robert Carlyle: Don hat sich für sein Leben entschieden und seine Frau im Stich gelassen. Man kann jetzt behaupten, dass er ein schwacher Mensch sei, aber ich glaube, dass er damit nur beweist, dass nicht jeder zum Helden geboren ist. Er hatte keine Wahl, denn ansonsten wäre er auch ein Opfer der Infizierten geworden. Er schämt sich dessen zutiefst, das merkt man in der Szene, als er seine Kinder belügt, indem er behauptet, er habe alles für seine Frau

getan. Über die Szene haben wir vorher ewig diskutiert, weil sie sehr entscheidend ist, aber sie war dafür bereits nach dem ersten Versuch im Kasten. Catherine McCormack: Bei diesem Film hatte ich eine klare Aufgabe - herumrennen und schreien. Es klingt banal, aber ich musste im Wesentlichen immer wieder Todesangst darstellen, meinen Versuch, vor den Infizierten zu fliehen. Das ganze Team, aber auch das Set hat dazu beigetragen, dass die Stimmung immer richtig war. Ich habe oft Angst gehabt, und wenn einem mehrere Dutzend Leute mit Blut im Gesicht hinterherlaufen und diese Geräusche von sich geben, dann ist das wirklich furchterregend. Über meinen Mann im Film sage ich besser nichts ... Imogen Poots: Catherine hat recht, es war wirklich beängstigend und zugleich absolut surreal, dass bei der Mittagspause diese Monster mit Blut im Gesicht neben uns saßen, die genüsslich Essen in sich reinstopften. Auf einer emotionalen Ebene empfand ich es als beeindruckend und verwirrend. Mackintosh Muggleton: Ich liebe Horrorfilme. Ich habe den ersten Teil schon vor einiger Zeit gesehen (Mackintosh ist 13 Jahre alt, Anm. d. Red.) und fand ihn großartig. Hier mitzuspielen war fantastisch, und ich würde das sofort wieder machen. Ich durfte leider keinen Mopedunterricht nehmen, Helikopter fliegen lernen oder mit einer richtigen Waffe herumschießen wie die anderen. Und ich muss bald wieder in die Schule, was sehr ärgerlich ist. Aber wäre Alice meine Mutter gewesen, ich hätte sofort gesagt, die ist tot, ohne Diskussion! Catherine McCormack: Die Immunität von Alice wirft unheimlich viele Fragen auf. Ich liebe die Szene, in der sie ihren Ehemann küsst, der gekommen ist, um

sich bei ihr zu entschuldigen und um Vergebung zu bitten. Sie gewährt ihm die Bitte, aber ich bin mir hundertprozentig sicher, dass sie das absichtlich tut, um sich an ihm zu rächen. Sie küsst ihn, weil sie weiß, dass er sich infizieren und erkranken wird. Robert Carlyle: Wenn man von der Prämisse ausgeht, dass der Virus existiert, dass so etwas geschehen kann, dann ist der Film nah an unserer Realität und unseren Dilemmas: Der General der USArmy muss sich einem Dilemma stellen, gegen sein besseres Wissen handeln, gegen das Menschliche in ihm; der amerikanische Heckenschütze auch, sein Freund ... wir töten uns gegenseitig, töten unseren Nachbarn, bringen die Freunde um, kennen keine Gnade. Imogen Poots: Für die Kinder ist es sehr schwierig, damit umzugehen, dass ihr Vater sie angelogen hat. Im Film kann man seine Zweifel, seine Sorgen und Ängste genau sehen, und seinen Versuch, alles wieder in Ordnung zu bringen, indem er gegen Befehle handelt und seine Frau, die den Virus in sich trägt, aufsucht - er ist verantwortlich für alles, was danach passiert. Seine Liebe bringt den Tod. Catherine McCormack: Als ich den Film gesehen habe, dachte ich mir nur, wie grausam, wie furchterregend er ist. Ich möchte im wahren Leben niemals vor diese Wahl gestellt werden. Er ist wirklich gut geworden, nicht einfach nur ein schlichter Horrorfilm, er ist ein Zeichen unserer Zeit. London, in dem alles passiert, wird zum Symbol des Überlebenswillens der Menschheit, der aber, wie es scheint, nicht ausreicht. ■ Vielen Dank für das Gespräch! Das Interview führte Marcel Bülles b

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Robert Carlyle

Catherine McCormack

Imogen Poots

Mackintosh Muggleton


Foto: Revelation

Die unabhängige Seite der Macht

Fun mit Lichtschwertern Star Wars Independent-Produktionen und Fanfilme

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as tut man, wenn die sechs original Star Wars-Filme schon so oft über den Fernseher gerauscht sind, dass man sogar die Geräusche der Ewoks mitsprechen kann? Glücklicherweise haben sich einige Star Wars-Fans dieselbe Frage gestellt und eine ganze Reihe unabhängiger Filme gedreht, die für genügend Jedi-Futter sorgen. Revelation

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Ursprung der Idee und erster unabhängiger Star Wars-Film ist der heute immer noch sehr sehenswerte Troops. Neben dem Versuch, authentisches - wenn auch nicht ganz ernst gemeintes - Star Wars-Feeling auf den Bildschirm zu bringen, war der Film von Regisseur Kevin Rubio auch eine der ersten Fanproduktionen, die das Internet für die Verbreitung genutzt haben. Geld verdienen wollte und durfte aus lizenzrechtlichen Gründen ohnehin niemand an dem Film, also wurde das fertige Werk kurzerhand als Download angeboten. Und Troops zeigte, neben einer äußerst amüsanten Geschichte, dass man mit ein paar Kostümen, der richtigen Umgebung, einem originellen Skript und viel Zeit auch als Laie echtes Star Wars-Flair erzeugen kann. Die ersten Fan-Filme, die versuchten, in die Fußstapfen von Troops zu

treten, waren zunächst nur Hobby-Produktionen, die das nicht vorhandene Budget und die fehlenden Special Effects durch viel Enthusiasmus und schräge Ideen ausglichen. Als ein paar Jahre nach Troops dank besserer Computertechnologie auch Spezialeffekte möglich waren, die fast das Niveau von Hollywood erreichten, begannen die ersten ambitionierteren Projekte. Inzwischen haben sich drei grobe Richtungen des Independent-StarWars-Films herauskristallisiert:

Spaß Auf den ersten Blick mag es überraschend scheinen, dass ausgerechnet die Fanfilme am erfolgreichsten und beliebtesten sind, die sich über ihre Vorbilder gnadenlos lustig machen. Weder Chad Vader, noch Pink Five, noch die Sturmtruppen aus Troops haben son-


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n Fankreisen gilt Tydirium als einer der ambitioniertesten Versuche, einen unabhängigen Star Wars-Film zu produzieren. NAUTILUS-Mitarbeiter Sebastian Geiger hatte die Möglichkeit, Co-Autor und -produzent Werner Walossek einige Fragen zu stellen: ■ Wie kommt man eigentlich auf die Idee, einen Star Wars-Film zu drehen? Mein Kollege Phillipp Sauermann und ich waren schon als Kinder große Anhänger der Star Wars-Filme. Ich hatte den Film 1977 mit sieben Jahren gemeinsam mit meinem Vater im Kino gesehen, nachdem mir meine Brüder davon vorgeschwärmt hatten. Da dies der erste Kinobesuch meines Lebens gewesen war (und vorher eher Die Biene Maja und Western von Gestern die Sandkastenspiele bestimmt hatten), war der Eindruck natürlich gigantisch! Im Laufe des Erwachsenwerdens und während der zwanzigjährigen Schaffenspause von George Lucas geriet die Star Wars-Leidenschaft etwas in Vergessenheit. 1984 schwappte die Breakdance-Welle nach Europa, und mit ihr die Graffiti-Bewegung, der ich für zwei Jahrzehnte treu sein sollte. Hier lernte ich auch Phillipp Sauermann kennen, mit dem ich von nun an durch Dick und Dünn ging. Wir merkten in verschiedensten Lebenssituationen, wie sehr wir uns aufeinander verlassen konnten. Während andere Jugendliche sich in Schach-Clubs und Tischtennisvereinen oder Discotheken herumtrie-

Ehrgeiz und Idealismus Tydirium - ein Interview mit Werner Walossek ben, spielte sich unser Leben am Rande der Gesellschaft ab. Unsere Faszination für die Rebellen des Star Wars-Universums mag uns da wahrscheinlich beeinflusst haben, doch waren wir uns dessen sicher nicht bewusst. Aber irgendwann wird man zu alt für die nächtlichen Aktivitäten. Die Polizisten wurden jünger, und deren Technik (Wärmebildkameras und Helikopter) wurde besser. Gleichzeitig überkommt auch den größten Rebellen irgendwann das Verantwortungsgefühl für sein Leben, und im Zuge dessen wählten wir neue Wege und akzeptierten unseren Platz in der Gesellschaft. Phillipp Sauermann wurde Animator beim Zeichentrickfilm, und ich begann, Graphik-Design zu studieren. Noch im letzten Semester gründete ich mit drei Kollegen eine Internet-Agentur und machte mich selbständig. Während die Agentur langsam ins Rollen kam und die Zahl der Mitarbeiter auf ca. 20 stieg, ließ George Lucas in den Medien verlauten, er würde an der Prequel-Trilogie der Star Wars-Filme arbeiten. Heißhungrig gierten wir nach jeder zu ergatternden Information darüber und stießen irgendwann auf die Website www.theforce.net, wo wir uns mit Hintergrundberichten und Spy-Fotos versorgten. Dort entdeckten wir auch die Unterrubrik der Fanfilmer. Vol-

ler Staunen sahen wir, was ein paar Kids mit ihrem Homeequipment alles machen konnten. Als mir Phillipp eines Abends ein paar seiner ersten Versuche mit einer 3D-Software zeigte, bei der er einen X-Wing durch den Weltraum fliegen ließ, war ich begeistert (wir haben dieses Filmchen noch immer, und es wird eines der Schmankerl im MakingOf sein: Es war grottenschlecht, aber trotzdem der Grundstein für Tydirium). In dieser Nacht beschlossen wir, auch unser Teil zur Fanfilm-Community beizutragen. Es sollte ein fünfminütiges Filmchen werden. Die Geschichte sollte eine erzählerische Lücke schließen und am nächsten Tag kam mir das Shuttle »Tydirium« in den Sinn. Dass wir inzwischen von fünf auf sechzig Minuten angewachsen sind, verdanken wir den vielen Möglichkeiten, die sich im Laufe der Zeit ergeben haben. ■ Sieht man sich ernstere Independent-Produktionen aus dem Star WarsFandom an, handeln diese meist von Jedi-Rittern oder spielen im Expanded Universe. Tydirium hält sich dagegen sehr eng an die Original-Trilogie. Wir waren schon immer von den alten Star Wars-Filmen fasziniert. Wir liebten die Rebellen und die schlechten Schützen der Stormtrooper. Auch das gran-

diose Raumschiff-Design von Ralph McQuerry sehen wir bis heute als das realistischste, welches jemals für einen SF-Film entworfen worden war. Als dann Episode I in die Kinos kam, waren wir schwer enttäuscht. Uns fehlten unsere geliebten X-Wings und TIE-Fighter; alles war so bunt und glänzend. Während sich das Design in der Realität vom eckigen zum runden gewandelt hatte, war es im Star Wars-Universum genau anders herum. Das wirkte auf uns falsch und unglaubwürdig. Auch hatte sich der Humor gewandelt. Während Han Solo noch einen gewissen unterschwelligen Humor bewies, schepperten uns in den neuen Filmen plötzlich holprige Jokes um die Ohren, die aus einem englischen Butler-Droiden (C3PO) eine tölpelhafte Witzfigur machten. Das waren nicht mehr die Star Wars-Filme unserer Kindheit. Vielleicht waren wir aber auch nur älter geworden. George Lucas hatte es ja immer wieder betont: Er dreht die Filme für Kinder. Kinder waren wir aber keine mehr! Und doch wollten wir einen weiteren Ausflug auf den Spielplatz des lieben Onkels George wagen ... nicht mehr im Sandkasten, sondern im Filmstudio. Daher war klar, dass wir mit unserer Geschichte vom Raumschiff Tydirium genau richtig lagen. Wir wollten ein letztes Mal einen Star Wars-Film sehen, wie wir ihn uns als Kinder gewünscht hatten. ■ Wie muss man sich die ersten Tage am Set vorstellen?

Tydirium

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Mit dem Shooter zum eigenen Film

Hollywoodreifes aus dem PC Die Welt der Machinima

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Machinima ist ein Sammelbegriff für Filme, die mit Hilfe eines Computerspiels entstanden sind

er hat noch nicht vom eigenen Film geträumt? Die Idee dafür ist schon seit Jahren im Kopf, nur an der Ausführung hapert es, denn Filmemachen kostet Geld: Schauspieler wollen bezahlt, die nötige Ausrüstung gekauft und der Multimediarechner hochgerüstet werden, damit Schnitt und Soundeffekte auch nur einigermaßen klappen können. So wird das ambitionierte Fanprojekt schnell zu einem schwarzen Loch, das im Hinblick auf den überzogenen Dispo jegliche Motivation aufsaugt. Zumindest die Kosten könnte man mit »Machinima« in den Griff bekommen: Das Kunstwort aus Machine, Cinema und Animation bezeichnet einerseits Filme, die mit Hilfe eines Computerspiels entstanden sind. Andererseits ist Machinima inzwischen zu einem eigenen Filmgenre geworden, das vor allem über das Internet Popularität gewonnen hat und über eine große und eifrig Filme herstellende Fangemeinde verfügt. Seit 2002 gibt es sogar ein eigenes Filmfest für Machinima. Die auf dem Machinima Film Festival gekürten Beiträge werden auf DVD veröffentlicht, um so eine noch größere Zuschauergemeinde erreichen zu können.

Geschichte Ihre Ursprünge haben die Machinima in der Demoszene der 80er Jahre. Demos sind kleine Programme, die Graphiken,

Bill und John Die neueste Mission der Bomber-Piloten Bill und John klingt nach einem einfachen Job: Ziel ansteuern und vernichten. Doch schon beim Start verliert »Wild Bills« Maschine ein scharf gemachtes Cruise Missal, das sich selbständig macht und ausgerechnet die Rinderfarm des Generals in die Luft sprengt - und das ist noch nicht das Ende der Story. Die französische Machinima-Produktion Bill and John: The Danger Attack at Dawn räumte auf dem Machinima Festival 2006 insgesamt vier Preise ab u.a. für Bester Film und Beste Kamera. Verwendet wurde die GameEngine von Lock On: Modern Air Combat.

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Musik und Animationen enthalten. Sie werden grundsätzlich in Echtzeit abgespielt. Durch die Nähe der Demos zu den frühen Computerspielen wurden häufig Figuren oder Musik aus in der Szene populären Videospielen für diese kleinen Programme verwendet. Ein echtes Demo ist allerdings bis heute noch ein vollkommen eigenständiges Programm, das von Grund auf programmiert wird und deshalb nur eine Art Vorläufer für die heutigen Machinima. Normale User, deren Programmierfähigkeiten nicht für ausgefeilte Demos reichten, konnten erst in den frühen Neunzigern ihre Ideen mit Hilfe von Spielen umsetzen. So ermöglichte es das Programm Stunt Island, erstmals kleine Filme zu drehen, in denen man filmtypische Stunts möglichst kreativ inszenieren und aufnehmen konnte. Auch Doom erlaubte es, die eigenen Fortschritte beim Durchschreiten des Levels als Video aufzunehmen und anderen Spielern vorzuspielen. Der erste richtige Durchbruch der Machinima kam allerdings erst mit den 3D-Games, in denen sich nicht nur das Geschehen aufnehmen ließ, sondern auch die Kamera frei justierbar war. Spieler tobten sich vor allem beim EgoShooter Quake 3 und dem Taktik-Spiel Mechwarrior 2 aus. Bis in die späten Neunziger wurden diese Filme allerdings nicht als Machinima bezeichnet. So wurde noch 1998 in vielen Foren

und Newsgroups von »Quake Movies« gesprochen - vor allem, weil Quake 3 noch die Grundlage für die meisten Filme war. So auch für den als ersten richtigen Machinima bekannten Film The Rangers: Diary of a Camper, der 1996 entstand. In ihm wird gezeigt, wie der Quake Clan The Rangers sich innerhalb von zwei Minuten eines Campers entledigt. (Ein Camper stört in Ego ShooterSpielen den Spielfluss, indem er sich versteckt und Gegner aus dem Hinterhalt erschießt.) Erst in den späten Neunzigern, als Quake 3 von anderen Spielen abgelöst wurde, setzte sich der Begriff Machinima richtig durch. Inzwischen werden die Filme auch nicht mehr ausschließlich mit Ego-Shootern gedreht. Daneben werden auch Simulationsspiele wie Die Sims 2 oder Real Time Strategy-Titel wie Rome: Total War gerne benutzt. Eine weitere beliebte Grundlage für Machinima sind OnlineRollenspiele wie World of Warcraft.

Und Action! Wie macht man nun einen Machinima? Zunächst benötigt man ein für das Filmvorhaben taugliches Game. Es sollte über eine frei justierbare Kamera verfügen sowie über die Möglichkeit, das Spielgeschehen auch aufzunehmen. Ein weiterer Vorteil ist die Option, eigene Spiellevel und Charaktermodelle gestalten zu können. Deshalb sind meistens Ego-Shooter oder Real Time Stra-


FILMEMACHER IM GESPRÄCH Interview mit Regisseur Shawn Levy (Nachts im Museum)

■ Ist Ben Stiller wirklich so witzig, wie man hört? Diese Frage bekomme ich häufig gestellt. Ben ist dann lustig, wenn die Kamera läuft. In der restlichen Zeit sitzt er da und liest das Drehbuch fünfzig oder auch hundert Mal, immer auf der Suche nach einer Idee, wie man es am besten umsetzen kann. Er strebt immer nach dem besseren Moment bzw. dem besseren Take. Er fordert und inspiriert damit den Regisseur. Ben kann sehr überzeugend den Alltagsmenschen darstellen, der im Film stellvertretend für das Publikum steht. Er ist ein äußerst realitätsbezogener Schauspieler, was sich sehr schnell gezeigt hat. Wenn ein Regisseur normalerweise sagt: »Stell Dir in der Ecke einen Dinosaurier vor und wirke erschreckt«, dann funktioniert das bei Ben Stiller einfach nicht. Der antwortet nämlich: »Ich sehe da nur die Decke«. Er hat mir dann vorgeschlagen, ob ich nicht selbst den Dinosaurier spielen könnte. Das habe ich dann auch getan, habe mich auf ein fahrbares Podest gestellt und versucht, wie ein Dinosaurier zu brüllen, als ich hinter ihm auf der Flucht hergeschoben wurde. Es mag sein, dass ich mich vor ihm und der Crew damit wirklich zum Affen gemacht habe, aber es hat geklappt. Das hat dazu geführt, dass ich alles, was nicht echt war, selbst gespielt habe, z.B. auch

den Affen oder den Löwen. Ich sehe es so, dass ich damit einfach einem Teil meines Jobs als Regisseur nachgekommen bin, nämlich den Schauspielern das zu geben, mit dem sie am besten arbeiten können. ■ Haben Sie viel Unterstützung von Museen bekommen? Ja. Zuerst haben wir überlegt, im echten Museum for Natural History in New York zu drehen, weil jeder Regisseur an einem interessanten Ort drehen will. Wir hatten auch schon einen entsprechenden Antrag gestellt, der auch genehmigt wurde, aber dann wurde mir bewusst, mit welchen Einschränkungen das verbunden gewesen wäre. Man ist nämlich darauf angewiesen, totale Kontrolle über den Drehort zu haben, und das wäre dort nicht möglich gewesen - und wenn ich dann noch an das Risiko denke, aus Versehen etwas Unersetzliches bei den Dreharbeiten zu beschädigen ... also sind wir davon abgekommen und haben dort außer den Außenaufnahmen lediglich eine Szene mit Minimalcrew frühmorgens gedreht. Das im Film zu sehende Museum haben wir in dem riesigen Mammoth-Studio (»MammutStudio«, Anm. der Red.) im kanadischen Vancouver aufgebaut, das seinen Namen wirklich zu Recht trägt.

Fotos: Robert Vogel

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hawn Levy hat sich in den letzten Jahren durch sehr erfolgreiche Comedy-Filme wie Der rosarote Panther (mit Steve Martin), Voll verheiratet oder Im Dutzend billiger 2 einen Namen gemacht, denn seine Filme sind nicht nur lustig, sondern gehen ans Herz. Das trifft auch für seinen neuen Film Nachts im Museum zu, der neben vielen Gags auch jede Menge Action und eine rührende Vater-Sohn-Geschichte bietet. Unser Mitarbeiter Robert Vogel traf den Regisseur auf der Weltpremiere in Frankfurt, welche die 20th Century Fox passenderweise im Senckenberg-Naturkunde-Museum organisiert hatte.

■ Ist Nachts im Museum nicht ein Film, ging es mir so wie jetzt, wo ich nach in dem Sie das Kind im Manne heraus- Deutschland gekommen bin und kein lassen können? Wort der Sprache der Leute hier verstehe. Ich habe mir dann einen Ratschlag Das tue ich eigentlich immer, denn da- von meinem Mit-Produzenten Chris Comit verdiene ich mein tägliches Brot. In- lumbus geholt, der mit den Harry Potdem ich einen Film sowohl mit den Au- ter-Filmen schon einschlägige Erfahgen eines Kindes als auch eines Er- rungen auf diesem Gebiet gesammelt wachsenen sehe, kann ich, denke ich, hat. Er sagte: »Du musst gar nicht wisbeurteilen, was bei der ganzen Familie sen, wie das alles technisch funktioankommt. niert, aber Du musst Deinen SFX-Spezialisten klarmachen, was Du sehen ■ Dieser Film steckt voller Spezialeffek- willst«. Da ich mir den Film im Kopf te. Ist das für Sie Neuland? schon gut vorstellen konnte, habe ich ihn als Storyboard (einfache ComicDas kann man wohl sagen. In den er- ähnliche Zeichnungen mit wichtigen sten Tagen mit der SFX-Abteilung er- Hilfsmitteln wie Bewegungspfeilen und

■ Unter welchen Gesichtspunkten wurden die Exponate ausgewählt? In einem echten Museum würde es mit Sicherheit ein bisschen anders aussehen, bei uns ist das eher eine zufällige Ansammlung, die aber für die Story passend ist. Zuerst mussten wir uns ja überlegen, woher diese Magie kommt, die alles zum Leben erweckt. Da kamen uns die alten Ägypter in den Sinn, die ja dafür bekannt waren, Dinge für die Nachwelt zu erhalten. Von da aus war es nur ein kleiner Schritt zu der Idee, mit einer antiken ägyptischen Tafel und dem Wunsch nach ewiger Jugend den Film beginnen zu lassen.

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»ANIMATION IST IMMER EIN WERKZEUG«

SCHÖPFER HINTER DEN KULISSEN INTERVIEW MIT ANDREW SCHMIDT, ANIMATOR BEI PIXAR

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bwohl nur wenige seinen Namen kennen, wären Pixar-Erfolge wie Monster AG oder Findet Nemo ohne Andrew Schmidt undenkbar gewesen. Seit dem Jahr 2000 ist der Amerikaner im Animationsteam des Studios und zeichnet im wahrsten Sinne des Wortes für wichtige Charaktere wie das blauhaarige Monster Scully oder den australischen Hai Bruce verantwortlich. In Pixars neuestem Streifen Ratatouille übernahm Schmidt die Animation der Ratte Remy - des Hauptcharakters. Mit Schmidt sprach unser Mitarbeiter Sebastian Geiger nach einer Studio-Vorführung des neuen Films in München: ■ Wie fühlt man sich als Animator, wenn man auf einmal selbst im Mittelpunkt des Interesses steht? Grauenhaft (lacht). Nein, es ist eine große Ehre, für Pixar sprechen zu dürfen. Im Grunde sind wir Animatoren auf eine gewisse Weise auch Schauspieler, aber wir verstecken uns gerne hinter unseren Bleistiften und Computermonitoren. Es ist also definitiv ungewohnt. Aber - hier bin ich. Heute morgen war es noch sehr aufregend. Aber nachdem ich jeden kennengelernt habe, sind die Interviews sehr interessant geworden. Ich liebe München aber auch und habe früher für eine Weile hier gelebt - sechs Monate, um genau zu sein. ■ Sie haben ja selbst einmal in einem Restaurant gearbeitet.

In einer Pizzeria, ja. Es war eine Pizzeria in einer Kleinstadt, also ein wenig von allem: Backen, Auftragen , Abwasch ... ■ Haben diese Erfahrungen bei Ratatouille geholfen? Ein wenig. Was uns aber enorm geholfen hat, war, dass wir einen Kochkurs besuchen durften. Dort wurde uns alles gezeigt, wie man ein Küchenmesser richtig hält, wie die einzelnen Plätze im Restaurant heißen, was man auf alle Fälle vermeiden sollte, und so weiter. Wir haben dort sehr viele verschiedene Dinge gekocht, inklusive eines Menüs am Ende. Eine sehr schöne Erfahrung.

musste sich natürlich komplett anders bewegen als Remy. Remy ist viel leichter und agiler. Natürlich musste er auch ein Gewicht haben, aber weiterhin flink und beweglich wirken. Außerdem hat er eine sehr sarkastische Persönlichkeit, die animiert werden musste. Dabei geht es um bestimmte Gesten oder menschliche Emotionen und Einstellungen. Wir beobachten viel im realen

... stimmt. ■ Das Ende von Ratatouille ist gezeichnet. Denken Sie, dass klassische Animation überhaupt noch eine Chance hat, oder gehört diese Art des Filmemachens endgültig der Vergangenheit an? Nein, das glaube ich nicht. Es kommt immer auf die Geschichte an. Wenn

■ Was macht ein Animator denn eigentlich genau? Kurz gesagt ist es der Job eines Animators, den Charakteren eine glaubwürdige Physik zu geben und sie sich glaubhaft bewegen zu lassen. Wir sind auch dafür zuständig, den Charakteren Emotionen zu geben und ihre Gedanken auf die Leinwand zu bringen. ■ Sie waren bereits bei mehreren Filmen von Pixar Animator, beispielsweise Monster AG. Worin besteht der Unterschied, wenn man einerseits ein großes, blauhaariges Monster oder andererseits eine Ratte animiert? Eines der Grundprinzipien der Animation ist, dass Bewegung den Charakter und seine Persönlichkeit bestimmt. Sully, dieses 400 Kilo schwere Monster,

Leben und versuchen dann, diese Gesten ein wenig zu karikieren. ■ Haben Sie aus dem realen Leben auch Ratten studiert? Ja, wir hatten sogar zwei Ratten im Studio, Snickers und Twix. Wir konnten sie in die Hand nehmen, mit ihnen spielen und beobachten, wie sie sich verhalten. Wir haben uns auch einige Filme über Ratten angesehen: Warum sie tun, was sie tun, und auch, wie flexibel sie sich bewegen können. Wir haben sogar ihre Skelettstruktur studiert. ■ Gab es darüber hinaus noch andere Inspirationen für Remy? Seinen Synchronsprecher Patton Oswald: Wir konnten ihn beim Einsprechen im Studio beobachten, und er kam uns auch einige Male besuchen. Er ist einfach ein sehr lustiger Mensch, und wir haben uns einiges von ihm abgeschaut.

Fotos: Buena Vista

■ Neben Computeranimationsfilmen sind Sie ja ein großer Fan klassischer 2D-Animation und alter Stop-MotionAnimation ...

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sich eine Geschichte besser mit klassischer Animation erzählen lässt, sollte man diese auch benutzen. Animation ist im Grunde immer ein Werkzeug, ein Hilfsmittel zum Erzählen einer Geschichte. ■ Warum sind gerade Animationsfilme inzwischen so unglaublich erfolgreich? Ich glaube, das Publikum will vor allem unterhalten werden. Die Zuschauer wollen einen »Wow«-Effekt, also etwas sehen, das sie so noch nie zuvor gesehen haben. Animationsfilme können sie mit so etwas versorgen und Geschichten in einer Form erzählen, in der sie vorher noch nicht erzählt worden sind. Das macht einen Großteil ihrer Faszination aus. ■ Kann es auch daran liegen, dass die Möglichkeiten der Animation inzwischen besser geworden sind? An Toy Story beispielsweise sieht man doch ein wenig das Alter des Films ... Richtig, auch wenn man sich die Farben und die Lichteffekte ansieht. ■ Locken also die flüssigeren Animationen und besseren Effekte mehr Zuschauer ins Kino?


Caligaris Rückkehr Interview mit Leonard McLeod

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eonard McLeod, bekennender Star Trek-Fan, trat zum ersten Mal als Produzent bei der Star Trek-Parodie Roddenberry on Patrol in Erscheinung, für die er unter anderem George Takei (Sulu), Nichelle Nichols (Uhura), Walter Koenig (Chekov), Robert Picardo (Holodoc) und Tim Russ (Tuvok) gewinnen konnte. Die dafür gegründete Produktionsfirma Highlanderfilms hat als ihr zweites Projekt die Nachbearbeitung für das ambitionierte Remake des deutschen Stummfilmklassikers Das Cabinet des Doktor Caligari (1920) durchgeführt. Dort erwartet Star Trek-Fans übrigens auch ein Wiedersehen mit Tim Russ, bekannt als Tuvok aus Star Trek Voyager. Unserem Mitarbeiter Carsten Schmitt erzählte Leonard McLeod auf der FedCon 2005 von seinem Werdegang, seiner Arbeit als Filmproduzent und natürlich von The Cabinet of Dr. Caligari. ■ Wie war Ihr Werdegang, der schließlich in einer eigenen Filmproduktionsfirma endete? Ich wollte zwar schon sehr früh im Filmbusiness arbeiten, aber es dauerte eine ganze Weile. In den siebziger Jahren ging ich aufs College, mein Hauptfach war Photographie, mein Nebenfach Rechtspflege. In den frühen Siebzigern war ich eine Zeitlang beim Militär. Damals herrschte Wehrpflicht. Ich dachte mir, wenn ich freiwillig gehe, kann ich eher entscheiden, wo ich hin möchte, und werde nicht nach Vietnam geschickt. Tatsächlich kam ich nach Miesau bei Kaiserslautern hier in Deutschland, wo ich eine tolle Zeit verbrachte. Als ich wieder in den USA war, arbeitete ich als Fotograph, was ich auch heute noch tue - ich bin seit 32 Jahren als professioneller Fotograph für Zeit-

schriften tätig. Mein zweiter Job ist in der Rechtspflege: Ich arbeite in der Finanzverwaltung einer Behörde, die für 33.000 Polizisten zuständig ist. Allerdings gehe ich in diesem Job in zwei Jahren in den Ruhestand. Anfang der Neunziger fing ich an, mit meinem Sohn auf Star Trek-Conventions zu gehen. Ich traf dort ein paar tolle Leute, einer davon war Michael David Ward, ein Künstler, mit dem ich mich anfreundete (er ist übrigens auch auf dieser FedCon). Außerdem traf ich einige der Schauspieler, etwa Tim Russ oder auch Gene Roddenberry Sohn, Eugene W. Roddenberry, der mir in den letzten vier Jahren ein guter Freund geworden ist. Gleichzeitig begann ich, mich mehr und mehr mit Filmen zu beschäftigen, las Skripte und diskutierte sie mit meinen Freunden. Irgendwer kam dann mal mit einem Drehbuch namens »Roddenberry on Patrol« auf mich zu, eine sehr lustige kleine Sache. Ich hatte gerade ziemlich viel Glück an der Börse gehabt und hatte etwas Geld übrig. Dieses Projekt klang nach jeder Menge Spaß, und so sagte ich zu den Leuten, okay, ihr habt gerade euren Executive Producer mit dem Geld gefunden. Bevor der Film überhaupt fertig war, kamen plötzlich jede Menge Leute an und erzählten mir, wie toll dieses Projekt doch sei. Wenn man einmal Executive Producer war, dann ist man für den Rest seines Lebens gezeichnet. (lacht) Von überall her kommen Leute, bieten einem Projekte an und wollen, dass man sie finanziert. Doch es war auch aufregend! Das war genau die Sache, die ich in den siebziger Jahren machen wollte. Und gleichzeitig war mein Ruhestand nicht mehr so weit weg - der Kreis schien sich zu schließen. Also gründete ich vor

Tim Russ als der Stadtschreiber

ein paar Jahren meine eigene Produktionsfirma Highlander Films (ich heiße McLeod, meine Vorfahren kamen aus den schottischen Highlands). Die Tinte auf den ganzen Papieren, die man braucht, um eine Firma zu gründen, war noch nicht ganz trocken, da bekam ich ein tolles Drehbuch: die Idee für ein Remake von Das Cabinet des Doktor Caligari. Ich dachte zuerst, seid ihr verrückt? Das ist der Heilige Gral

verzerrte Kulissen haben ihren Ursprung im expressionistischen Set von Caligari. Deshalb wusste ich auch, wenn wir diesen Film wirklich neu drehen wollen, dann müssen wir einen verdammt guten Job machen. Da draußen gibt es jede Menge Puristen, denen die Idee von Anfang an nicht gefallen wird. An erster Stelle stand das Drehbuch. Das Original ist ein Stummfilm,

Daamen Kral als Caligari (links), Alan Altshuld als der Assistent des Stadtschreibers (mitte), Tim Russ als der Stadtschreiber (rechts)

des Horrorfilms. Ein Alfred Hitchcock oder vielleicht ein Tim Burton wären mit so etwas durchgekommen. Doch dann zeigte man mir die Verfahren, die man anwenden wollte. Ich sah, wie man Schauspieler in den Hintergrund von original Filmmaterial hineinkopieren konnte. Die Jungs waren gut, aber sie brauchten ein bisschen Führung. Ich fragte: »Okay, wie groß wollt ihr das machen?« und sie meinten, sie könnten wohl eine tolle DVD hinbekommen. Woraufhin ich antwortete: »Ich will keine DVD, lasst uns die Sache ins Kino bringen«. ■ Es erscheint erstaunlich, dass Das Cabinet des Doktor Caligari, ein deutscher Stummfilm von 1920, in den USA populär ist. Jeder der irgendeine Filmhochschule besucht hat (selbst die Schauspieler, die auf die Schauspielschule gehen), hat diesen Film gesehen. Auch heute noch. Das Cabinet des Doktor Caligari hatte einen unglaublichen Einfluss darauf, wie Filme gedreht werden, selbst auf die Schauspielerei am Theater. Dieser Film hat den Standard für Horrorfilme gesetzt. Man sieht Elemente daraus in Filmen von Alfred Hitchcock und heute besonders bei Tim Burton. Burtons

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also musste unser Skript sehr gut und spannend sein und das Original so gut wie irgend möglich widerspiegeln. Aber das war von Seiten der Schauspieler überhaupt kein Problem, fast alle hatten das Original gesehen und liebten es: Unser Somnambule zum Beispiel, Doug Jones, der bei Hellboy das Fischwesen gespielt hat. Er hat in etwa 50 oder 60 Filmen mitgespielt und wurde zum unheimlichsten Charakter in Buffy gewählt (er spielte in der Episode Hush einen der Seelensauger). Er ist einfach wie geschaffen für die Rolle. Und dann unser Caligari, Daamen Krell, mein Gott, er sieht einfach aus wie der Schauspieler von damals. Wir hatten aber nicht nur tolle Schauspieler, sondern auch einen ausgezeichneten Regisseur und Drehbuchautor, David Fisher, der auch die Idee für das Projekt hatte. Auch unser Kameramann war großartig - wir haben mit Digitalkameras gedreht, doch die Auflösung, die wir erreicht haben, ist so gut, dass man den Unterschied zu 35mmFilm einfach nicht sieht. ■ Sie sagten, dass Sie dem Original so treu bleiben wollten, wie überhaupt möglich. Warum dann überhaupt ein Remake? 

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Der erste Open Source-Film der Welt

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ls Prixar Studios mit Toy Story den ersten Film, der nur aus Computeranimationen bestand, der Öffentlichkeit vorstellte, wurden die Macher noch belächelt. Inzwischen hat sich der computeranimierte Film aber zu einer festen Größe im Filmgeschäft entwickelt. Nicht nur große Studios, sondern auch Fans und unabhängige Projekte nutzen die Möglichkeiten, die diese Technik inzwischen bietet, um ihre Visionen Gestalt annehmen zu lassen. Dennoch ist Elephants Dream, das Projekt der Blender Foundation, etwas Besonderes: In Elephants Dream wurde im Gegensatz zu regulären Produktionen fast vollständig auf kommerzielle Software verzichtet. Stattdessen wurde als Programm für Animation, Sequenzen und am Ende auch Bildkomposition das projektinterne Open Source Programm Blender verwendet.

Ein Film entsteht Zunächst war Elephants Dream vor allem dazu gedacht, das Programm Blender auf Herz und Nieren zu testen. Ton Roosendaal, der in die Entwicklung von Blender involviert war, hatte zu diesem Zweck die Idee zu einem Kurzfilm. Zusammen mit Bassam Kurdali und An-

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dreas Goralczyk wurde auf der Blender Conference 2004 aus der Idee ein konkretes Konzept (siehe das Interview mit Andreas Goralczyk, Seite 16). Nachdem die drei einige Monate mit der Vorproduktion beschäftigt waren, konnten sie an die Öffentlichkeit gehen. »Mir war es sehr wichtig, gleich von Anfang an zwei Mitglieder der (Blender) Community dabei zu haben«, erklärt Ton im Making Of zu Elephants Dream. Kaum war das Projekt bekannt geworden, schrieben Ton und seine beiden Kollegen noch weitere Positionen aus, um die sich Community-Mitglieder bewerben konnten. Schließlich machte sich ein auf sechs Mann angewachsenes Team auf, um die nächsten Monate in den Niederlanden den ersten Open Source CGI-Film der Welt zu drehen. »Wir alle sind zu diesem Projekt gekommen, ohne eine richtige Vorstellung davon zu haben, wie es ablaufen würde«, so Lee Salvemini, der vor allem für die Charakteranimation verantwortlich war. Zu Beginn galt es für die sechs zukünftigen Kollegen also erst einmal einen gemeinsamen Konsens zu finden. »Schon zu Beginn lief alles sehr demokratisch ab«, ergänzt Matt Ebb, verantwortlich für die Konzept Designs, Hintergründe und Texturen. »Allerdings wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wo die Stärken der anderen liegen. Im Laufe der Produktion wurde die Sache allerdings viel einfacher«. So wurden aus den sechs Kollegen mit der Zeit sogar richtige Freunde. Um den professionellen Anspruch des Films zu unterstreichen, wurden alle Kernmitglieder des Teams fest angestellt, um sich voll auf Elephants Dream konzentrieren zu können. Dementsprechend wichtig war es, ein ausreichendes Budget für die Produktion zu haben. Die Hälfte des Geldes musste zunächst selbstständig von den Produktionsfirmen Montevideo und Blender Foundation aufgetrieben werden. Um so überraschender mag deshalb klingen, wie Ton und sein Team die Mit-


Wertarbeit Bei den Dreharbeiten zum Independet-Film Die Ritter von St. Albans

NAUTILUS Mitarbeiter Robert Vogel als Hofmarschall und Richard singen höre. Das ist ihre Art, mit ihrer Erschöpfung umzugehen - die beiden klingen gar nicht schlecht, da hätte man auch gleich ein Musical drehen können. Richard dazu: »Es gibt viele Sänger, die sich als Schauspieler versuchen, da dürfen wir Schauspieler auch gelegentlich den umgekehrten Weg gehen«. Das Filmmaterial trifft endlich ein, und so rafft sich jeder noch mal auf. Es dauert schließlich bis nach 23 Uhr, bis alle geplanten Szenen im Kasten sind. Nach dem letzten »Cut!« gibt es großen Applaus, und Richard Hatch spricht aus, was alle denken: »Jetzt brauche ich erst mal ein gutes, kaltes deutsches Bier!« Ich danke Axel Loh und seiner Crew für das freundliche Willkommen. Robert Vogel b

Mark Alan Shepard als König und Richard Hatch als Großmeister des Templer-Ordens

erzählen sie einem interessiert zuhörenden Publikum Anekdoten aus ihren Karrieren. Axel selbst ist ein Energiebündel: Er scheint an drei Orten gleichzeitig zu sein und hat die Filmarbeiten mit seiner großen russischen Cinemascope-Kamera fest im Griff. Loh weiß aber auch, wann es sinnvoll ist, Arbeit an andere zu delegieren. Bis eine Szene im Kasten ist, dauert es gut vier Stunden, doch hier geschieht etwas Unvorhergesehenes: Am frühen Abend geht das Filmmaterial aus. Damit hat niemand gerechnet, aber mit solchen Problemen fertigzuwerden zeigt das Talent eines guten Filmemachers: In der Zeit der digitalen Filmtechnik ist es gar nicht so einfach, sofort 35mm-Film zu besorgen. Axel hat jedoch Glück: Nach einigen Anrufen kann ein ihm bekannter Produzent aus Wiesbaden weiterhelfen. Bis weiter gedreht werden kann, vergeht kostbare Zeit. Wir nutzen sie, um Video-Interviews für das Bonusmaterial zu filmen, und so darf ich mich auch in meiner eigentlichen Rolle als Reporter betätigen. Danach hat mich die Hitze dermaßen erschlagen, dass ich über eine Stunde in erschöpftes Dösen verfalle. Ich werde wieder wach, als ich Mark

Fotos: Robert Vogel

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ienstag, 1. Juni 2004: König Ferdinand III., Herrscher von Kastilien und Leon, hält heute Hof, jedoch nicht etwa in seiner Burg im mittelalterlichen Spanien, sondern in einem Studio in der Nähe von Frankfurt am Main. Regisseur Axel Loh hat dort in wochenlanger Arbeit mit seinem Team die beindruckende Kulisse eines Thronraums aufgebaut. Erst wenn man die massiv aussehenden Steinwände berührt, fühlt man, dass es sich dabei um sorgfältig bemaltes Styropor handelt. Die warme goldene Beleuchtung, die durch die Öffnungen in den Fenstern fällt, vermittelt den Eindruck, dass draußen eine heiße Mittelmeersonne scheint. Die echte Hitze ist allerdings keine Illusion, dafür sorgen schon die 25.000 Watt-Studio-Scheinwerfer. Heute habe ich im Film einen kleinen Auftritt als Hofmarschall des Königs, der von Mark Alan Shepard (bekannt als Morn aus Deep Space Nine) gespielt wird, und kündige süffisant und mit sehr affektierter Stimme die Gäste an. Ein weiterer Gaststar an diesem Tag ist Richard Hatch (Apollo aus der original Kampfstern Galactica-Serie) als Großmeister des Templer-Ordens, den Axel Loh aus Amerika hat einfliegen lassen. Regisseur Axel Loh hat hier eine wirklich originelle Idee umgesetzt, in der Fantastik-Szene bekannte Schauspieler in kleinen Rollen auftreten zu lassen. Da auch das Making of-Filmteam anwesend ist, wird es in der Kulisse schnell eng. Alle Akteure sind seit dem Morgen in mehrlagige Gewandungen gekleidet, und ich komme mir in dem Hofschranzen-Outfit fast wie der Hulk vor. So bleibt es natürlich nicht aus, dass wir bald zu schwitzen beginnen, und die Damen vom Makeup sind mit uns gut beschäftigt. Besonders schwer haben es drei Statisten, die als Ritter im vollen Blech dem König ihre Aufwartung machen und lange vor ihm knien müssen. Kein Wunder, dass die beiden Hauptakteure jede Gelegenheit nutzen, um an die frische Luft zu gehen. Dort

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Die besten Filme, die in keiner Sammlung fehlen sollten

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er Piratenfilm ist tot! Dabei begann er doch so glanzvoll: Der erste richtig erfolgreiche Piratenfilm war der Stummfilm Der schwarze Pirat mit Douglas Fairbanks von 1926, damit gehört das Genre zu den ältesten der Filmgeschichte. 1943 wurde die große Phase des Piratenfilms eingeläutet, mit dem Oscarprämierten Film Der Seeräuber. Den Höhepunkt erlebten die Seeräuber und Freibeuter im Jahre 1953, allein in jenem Jahr wurden über zehn Piratenfilme für das Kino gedreht - das war auch die große Zeit des legendärsten aller Darsteller: Errol Flynn. Doch mit den siebziger Jahren kam das Ende der Seeräuber. Das Genre galt als überholt, komplett ausgereizt und die Inszenierungen als zu teuer und aufwändig. Die wenigen Filme, die noch produziert wurden, richteten sich zumeist an Jugendliche. Nicht alle wollten das akzeptieren: Es gab in den achtziger und neunziger Jahren zahlreiche Versuche mit großem Budget - doch alles schlug katastrophal fehl, sei es Die Piratenbraut, Polanskis Piraten oder Der Schatzplanet. Die Flops bewiesen scheinbar, dass das Genre nicht mehr profitabel war. Um so mehr überraschte im Jahr 2003 Fluch der Karibik. Mit großem Budget, basierend auf einer Disneyland-Attraktion und mit einer gewagten Mischung aus Action, Comedy und Grusel wurde der Film zu einer der erfolgreichsten Produktionen aller Zeiten. Und ganz plötzlich ist der Piratenfilm zurück - wenn auch zunächst nur mit Fortsetzungen der Abenteuer um Captain Jack Sparrow und Fernsehproduktionen. Lange lebe der Piratenfilm! Peer Kröger b

Piraten

Kapitän Red (Walter Matthau) war einst ein legendärer Freibeuter. Er war gefürchtet für Überfälle auf reichbeladene spanische Galleonen und seine Plünderzüge an den Küsten Mittel- und Südamerikas. Doch nun gebietet der Kapitän nur noch über ein kleines Floß, und seine Mannschaft besteht nur aus einem jungen französischen Kadetten, der Frosch genannt wird. In der glühenden Mittagshitze treiben die beiden Schiffbrüchigen auf dem unsicheren Gefährt, umringt von Haien. In letzter Minute werden sie von den Spaniern aus dem Meer gezogen und in Ketten gelegt, denn die Retter fürchten um den

Schatz an Bord ihres Schiffes. Doch Kapitän Red beweist sich als waschechter Pirat - er stachelt die Mannschaft zur Meuterei auf und übernimmt das Schiff samt Schatz. Aber Red ist einfach nicht gerissen genug: Immer wieder manövriert er sich erneut in die Patsche, doch jedes Mal kann er sich irgendwie wieder aus dem Schlamassel befreien. Der Film von Roland Polanski überzeugt durch den wunderbar knorrigen Walter Matthau, dem die Rolle des großspurigen Piraten wie auf den Leib geschneidert zu sein scheint. An den Kinokassen nutzte dies Piraten freilich nichts, er ging gnadenlos unter. Die DVD in der Home Edition ist leider gekürzt. Und auch die Längenangabe auf dem Cover stimmt nicht - statt 113 Minuten bringt es der Film auf gerade einmal 95 Minuten. Piraten - Home Edition Produktionsnotizen, Galerien, Trailer, DVD-RomTeil ❙ 2,35:1 (anamorph) ❙ Deutsch (5.1, 2.0), Englisch (2.0) ❙ Film 95 Min. (gekürzt) ❙ FSK 12 ❙ 2006

Hook

Peter Pan kennt im englischen Sprachraum jedes Kind. Doch 1991 nahm die Geschichte unter der Regie Steven Spielbergs eine neue Wendung, denn Hook erzählt, wie es nach den Ereignissen aus dem Kinderbuch weitergeht: Peter Pan (Robin Williams) ist erwachsen geworden und führt ein spießbürgerliches Leben. Er geht zur Arbeit, hat eine Familie und zu wenig Zeit, um sich um sie zu kümmern. Seine alte Existenz hat er vergessen. Doch dann tauchen die Schatten der Vergangenheit wieder auf, und sein alter Erzfeind, der grausame Captain Hook (Dustin Hoffman), entführt Peters Kinder. Das bringt natürlich auch Peters alte Freunde wieder auf

den Plan, allen voran die Fee Tinkerbell (Julia Roberts). Sie holen Peter zurück nach Nimmerland, wo er sich zum alles entscheidenden Duell mit dem bösen Pirat Hook rüsten muss - doch dafür braucht er seine Phantasie und seine Erinnerung. Trotz Starbesetzung - von Nebenrollen für Maggie Smith oder Bob Hoskins bis zu zahllosen Gastauftritten echter Superstars wie Phil Collins - konnte Hook in den Kinos weder Kritiker noch Zuschauer überzeugen: Zu bunt, zu kindlich, zu albern, die Choreographie der Actionszenen zu vorhersehbar. Hook erfüllte die hohen Erwartungen nicht. Auf DVD ist der Film aber genau das richtige für einen gemütlichen Piratenabend im Kreis der Familie. Erhältlich ist Hook als Collector’s Edition und als normale Edition. Außerdem gibt es den Film als Teil eines Robin-Williams-Pakets, zusammen mit Jumanji und Patch Adams in einer Box. Hook - Collector’s Edition Dokumentationen ❙ 2,35:1 (anamorph) ❙ Deutsch (5.1), Englisch (5.1) ❙ 136 Min. ❙ FSK 6 ❙ 1991

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Muppet’s - Die Schatzinsel

Auch die Muppets haben ihre Version eines Piratenfilms gedreht. Dafür griffen die Puppen auf Robert Louis Stevensons Die Schatzinsel zurück. Den Stoff variierten sie auf typische Muppet-Weise und mit beißendem Humor und Gesangseinlagen. Der Film dreht sich um den Waisenjungen Jim Hawkins (Kevin Bishop), der eine Schatzkarte findet. Mit seinen Freunden Gonzo und Rizzo heuert er auf der Hispaniola an, dem Schiff von Kapitän Smollet, alias Kermit der Frosch, um den Schatz zu heben. Mit an Bord sind auch der fiese Pirat Long John Silver (großartig: Tim Curry) und

seine Mannen, die Wind vom Schatz bekommen haben. Auf der Insel angekommen, entführen die bösen Buben Jim mitsamt der Karte, nur Kapitän »Kermit« Smollet kann den Jungen jetzt noch retten. Doch der hat ganz andere Probleme in Form der Insel-Königin Benjamina Gunn (Miss Piggy), die sich unsterblich in Smollet verliebt hat. Nach dem Tod von Jim Henson gerieten die Muppets in Bedrängnis. Doch unter der Flagge von Disney erholten sie sich und lieferten mit diesem Film eines ihrer besten Werke ab, das vor parodistischer Boshaftigkeit glänzt. Auf DVD gibt es den Film in zwei Versionen. Die Bildqualität der Jubiläums-Edition ist zwar besser als bei der Erstauflage, dafür verfügt sie aber über andere und deutlich spärlichere Extras. Der wahre Fan sollte also die Doppelanschaffung ins Auge fassen. Muppets - Die Schatzinsel Jubiläums Edition Trailershow, Backstage-Info, Fozzi-Bär-Special ❙ 1,85:1 (anamorph) ❙ Deutsch (5.1), Englisch (5.1) ❙ 99 Min. ❙ FSK o.A. ❙ 1996


Mutationen, Invasoren und Dämonenjäger

Phantastik-Serien im TV Teil 1: Ein Ausblick auf Kommendes und Aktuelles

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chon seit den frühesten Tagen der Filmgeschichte tummeln sich Vampire, Monster und Außerirdische auf der Kinoleinwand, doch auch auf dem Fernsehschirm haben diese gruseligen Gestalten ein Zuhause gefunden: Angefangen bei den seltsamen Geschichten aus der Twilight Zone über den monsterjagenden Reporter Kolchak bis hin zu Twin Peaks haben sich TV-Serien immer wieder mit fantastischen Themen auseinandergesetzt. Seit dem durchschlagenden Erfolg von Kultserien wie Akte X und Buffy - Im Banne der Dämonen scheint es jedoch einen regelrechten Boom des Fantastischen auf der Flimmerkiste zu geben. Wir präsentieren daher in einem mehrteiligen Überblick die wichtigsten aktuellen Serien, die schon jetzt oder demnächst in Deutschland zu sehen sind.

Nautil rät: Sobald Doctor Who auf deutschen Bildschirmen erscheint, kann die ganze Familie einschalten.

Ausstrahlung: Pro7 will die neuen Folgen der Kultserie noch 2007 ins Programm nehmen.

Dexter (USA 2006)

In dieser Ausgabe stellen wir jene Serien vor, die aktuell im Ausland gelaufen sind oder noch laufen, aber noch nicht im deutschen Free-TV angekommen sind - aufgrund ihres Erfolgs oder ihrer überragenden Qualität ist aber schon bald mit ihrer Ausstrahlung in Deutschland zu rechnen.

Doctor Who (UK 2005)

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enn eine blaue Polizeitelefonzelle plötzlich vor der eigenen Haustür steht, dann weiß jedes englische Kind, das spannend-skurrile Abenteuer nicht fern sein können. Seit mehr als 40 Jahren sorgt der geheimnisvolle »Doctor« dafür, dass die Zeit im Lot bleibt und ihr Ablauf nicht von finsteren Mächten gestört wird. Wie so oft trügt auch beim Doktor der Schein: Er mag zwar auf den ersten Blick menschlich aussehen, doch in Wirklichkeit ist der Doktor ein Außerirdischer, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Erde, ihre Geschichte und ihre Bewohner vor allerlei Aliens und anderen Bösewichten zu beschützen.

2005 wagte sich der britische Staatssender nach knapp 15 Jahren Pause an eine Weiterführung dieses Klassikers. Mit durchschlagendem Erfolg: Gut zehn Millionen Briten sahen zu, wie der Doktor es mit seinen Erzfeinden, den Daleks einer Rasse von Weltraummutanten - aufnahm, Königin Victoria vor fiesen Attentätern rettete und ganz nebenbei auch noch in die Wirren der Französischen Revolution eintauchte. Auch wenn Doctor Who in Deutschland noch relativ unbekannt ist, belegt diese Serie trotzdem, dass auch die altehrwürdige BBC unterhaltsame und anspruchsvolle Science Fiction-Serien produzieren kann.

uch wenn Serienmörder nichts Fantastisches, sondern grausame Realität sind, gehört dieser Typus spätestens seit den Slasher-Filmen der achtziger Jahre fest zum Genre. Das Spannungsfeld aus Normalität und dahinterliegender Andersartigkeit ist zu eng mit der Phantastik verbunden, als dass man sie problemlos voneinander trennen könnte. Deshalb kommt man nicht umhin, bei der Betrachtung fantastischer Fernsehserien auch Dexter zu erwähnen. Hauptfigur Dexter Morgan ist ein Pathologie-Spezialist für Blutspritzer bei der Polizei von Miami. Der gutaussehende Mann ist Mitte 30, kümmert sich liebevoll um die Kinder seiner Freundin, gibt Kollegen Donuts aus und ist bei der Arbeit stets übersorgfältig - fast schon besessen. Alle scheinen ihn zu mögen, nur sein Kollege Sergeant Doakes kann ihn ums Verrecken nicht leiden - und er ist der Einzige, der ahnt, was hinter der Fassade liegt, denn Dexter ist ein Serienmörder.

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Wie sein berühmter Kollege Hannibal Lector stammt auch Dexter ursprünglich aus einem Roman (Darkly Dreaming Dexter, zu Deutsch Des Todes dunkler Bruder, von Jeff Lindsay). Anstatt aber nur die zweite Geige neben einem normalen Polizisten zu spielen, steht hier eindeutig das (Innen-)Leben des Psychopathen im Mittelpunkt. Die Serie schafft dabei nicht nur den beeindruckenden Drahtseilakt zwischen Abscheu und Mitleid (vor allem durch die hervorragende Leistung von Michael C. Hall als Titelheld), sondern bietet auch reichlich Spannung und Gelegenheiten zum Mitraten. Nautil rät: Horror, Spannung und Drama - eine grandiose Serie, die hoffentlich bald nach Deutschland kommt. Ausstrahlung: zur Zeit leider noch völlig unklar (und Serien mit einem übergreifenden Handlungsbogen kommen in Deutschland wesentlich schlechter an als in den USA).

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TV

B Das Stargate-Team trifft in der Folge 200 auf die Ewoks aus Star Wars

Fotos: MGM / RTL 2

Auch der Zauberer von Oz kommt vor

Persiflage auf Farscape

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ei den Dreharbeiten zu Stargate SG-1 geht es recht locker zu, und man spielt sich gerne mal einen kleinen Streich. Robert Vogel entlockte während der Party zur zweihundertsten Folge den Anwesenden Anekdoten, die sich während der letzten zehn Jahre am Set zugetragen haben. Martin Wood (Stammregisseur): »Die meisten Gags gehen auf Kosten von Chris Judge, da er offensichtliches Zielobjekt ist. In einer Folge lag er angeschnallt auf einem Bett in der Krankenstation und war während der Vorbereitungen für die Szene eingeschlafen. Wir fanden das sehr amüsant, also habe ich der Crew Anweisung gegeben, sich ruhig zu verhalten und das Set zu verlassen. Ich habe mich selbst versteckt, um zu beobachten, was passiert. Nach ein paar Minuten ist er dann aufgewacht, und sein Gesichtsausdruck war unbezahlbar. Zuerst hatte er offensichtlich keine Ahnung, wo er sich befand. Als dann sein Verstand einsetzte, wusste er nicht, wohin sich die Crew verkrümelt hatte. Angeschnallt wie er war, konnte er sich auch nicht befreien und hat schließlich um Hilfe gerufen. Natürlich habe ich ihn ein paar Minuten schmoren lassen.« Ben Browder: »Während der Drehpausen albere ich mit Chris Judge herum. Das muss Michael Shanks auf die Nerven gegangen sein. Es hat bis Folge 16 der neunten Staffel gedauert, bis er es nicht mehr ertragen konnte und sich

demonstrativ Stöpsel ins Ohr gesteckt hat. Das hat er immerhin die ganze Woche durchgehalten.« Amanda Tapping (Sam Carter): »Beim Drehen eines dieser ProduktionsTagebücher hat Rick in voller Absicht vor meinen Augen seine Hose heruntergelassen. Die Kamera hat ihn nur von hinten gefilmt, aber was ich da gesehen habe ... Der meiner Meinung nach beste Gag hat sich gleich in der ersten Staffel abgespielt, in der Folge »Im Eis gefangen«: Sam und Jack sind in einer aussichtslosen Lage unter einem Gletscher am Erfrieren, und Rick sagt: »Ich weiß nicht, was ich tun soll«. Meine Antwort darauf war (und das hatte mir unser Regisseur Martin Wood vorher aufgetragen): »Du hast doch jahrelang MacGyver gespielt, also lass Dir gefälligst etwas einfallen. Du hast doch Deine Schnürsenkel, Kaugummi und Deine Gürtelschnalle, also bau etwas wie einen Nuklearreaktor oder sonst was. Du hast Mister MacGagdet oder MacGimmick zu sein, aber jetzt bist Du nur noch McTaugtnichts!« Wir haben minutenlang gelacht. Schlimm war für mich die Zeit, in der die Drehbuchschreiber mehr auf Sams Privatleben eingehen wollten. Dabei stellte sich heraus, dass Sam echte Probleme mit dem männlichen Geschlecht hat. Mit einem Mann von der Erde komme ich kaum zusammen, da ich ständig auf anderen Welten herumhüpfe und über meine Arbeit nicht reden darf. Und


Die Fremden in Star Trek

»Es gibt keine Bösen« Interview mit Leonard Nimoy

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eonard Nimoy alias Dr. Spock ist der große, alte Mann von Star Trek. Im Jahre 2005 besuchte er zum zweiten Mal die FedCon. Hier einige Auszüge aus seinen Antworten an das Publikum: ■ Was ist Ihre Star Trek-Lieblingsfolge? Nun, es gibt einige Folgen, die ich sehr mag, doch eine, die ich ganz besonders schätze, ist Devil in the Dark. Dort gibt es ein Wesen auf einer Bergwerkskolonie, das in einem Höhlensystem lebt. Dieses Wesen, das Horta, tötet einige der Bergleute. Doch wie sich herausstellt, legt das Horta in diesen Höhlen seine Eier, welche die Bergleute beim Abbau unwissentlich zerstört haben. Dieses Wesen beschützt also nur seine Kinder. Nachdem die Crew der Enterprise dies herausgefunden hat,

Voyager-Sonde, die von einer Maschinenintelligenz bis zur Unkenntlichkeit verbessert wurde. Erst, als die Enterprise-Besatzung den Ursprung Vejurs erkannte (es also vertraut wurde), kommunizierte sie mit ihm. Auch in Solaris (1972, Remake 2002) und Contact (1997) bekommen die Menschen Kontakt mit einer extrem weit fortgeschrittenen Zivilisation, deren Ziele und Mittel die Erdlinge nicht verstehen - und wohl auch nicht verstehen können. Ähnlich in Abyss - Abgrund des Todes (1989), wobei die Fremden sich jedoch bereits auf der Erde aufhalten und zumindest ihre Absichten letztlich verständlich machen können. Logisch betrachtet ist dieser Teilbereich der glaubwürdigste. Weniger, dass Außerirdische ein Interesse daran haben könnten, unserer Evolution auf die Sprünge zu helfen, als dass wir, wenn es zu einem Kontakt käme, gewaltige Kommunikationsprobleme hätten: Wir schaffen es ja noch nicht einmal, untereinander problemlos zu kommunizieren. Wie sollen wir da eine

kann sie eine Beziehung zu diesem Wesen herstellen, die für beide Seiten nützlich ist: Die Bergleute beschützen die Eier des Horta, und dieses wiederum führt die Bergleute zu besonders lohnenden Abbaugebieten. Diese Folge hat für mich eine wichtige Aussage. Sehr leicht sehen wir etwas oder jemanden nur deshalb als unseren Feind an, weil er uns fremd ist und wir ihn nicht verstehen. Die andere wichtige Sache ist, dass es bei dieser Folge keinen Bösewicht gibt. Das Horta ist nicht böse, und es geht nicht darum, es zu vernichten, sondern es zu verstehen und zu einer friedlichen Einigung zu kommen. Das ist für mich die Essenz von Star Trek. ■ Und Ihr liebster Star Trek-Film? Star Trek IV hat die beste Kombination aus einer echten Star Trek-Geschichte und Humor. Außerdem verbinde ich da-

Rasse verstehen, deren Denkmuster den unseren mindestens so fremd sind wie die der Wale und Delphine? Fundstück Muss ein Kontakt aber wirklich durch direkten, persönlichen Kontakt hergestellt werden? (Oder, wie bei Contact und Species (1995), durch übermittelte Baupläne?) Ist es nicht genauso plausibel, eine fremde Rasse durch ihre Hinterlassenschaften kennenzulernen? Zwei Filme, die diese Möglichkeit aufgreifen, sind Total Recall (1990) und

mit eine sehr persönliche Erfahrung: Meine Frau und ich waren eingeladen worden, diesen Film in Moskau zu zeigen, anlässlich einer Konferenz, bei der es um das Verbot des Walfangs ging. Nachdem wir den Film dort zweimal gezeigt hatten, lud man mich ein, eine kleine Stadt in der Nähe

Mission to Mars (2000). In beiden Fällen stoßen die Menschen auf dem Mars auf die Artefakte einer fortschrittlichen Zivilisation. (Das gilt ebenso für den Monolithen in 2001, aber dort kommt es zu einer tatsächlichen Kontaktaufnahme, deshalb wurde er an anderer Stelle erwähnt.) Interessant ist in diesem Fall die Tatsache, dass in beiden Filmen die Artefakte auf dem Mars zu finden sind (bei 2001 ist es der Mond). Liegt das an der beinahe mystischen Anziehungskraft, die der Mars schon immer für uns hatte? Oder ist es

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logisch, anzunehmen, dass Außerirdische, die Kontakt mit der Menschheit suchen, die Möglichkeit zum Kontakt dort deponieren, wo wir sie nur ab einem bestimmten Niveau finden können? So dass wir in der Lage sind, das, was wir gefunden haben, auch zu entschlüsseln? Etwas anders ist es bei Sphere (1998). Hier stürzt ein vermeintlich außerirdisches Artefakt zur Erde und versinkt im tiefsten Ozean. Es werden zwar die fähigsten Köpfe der Menschheit auf die Kugel angesetzt (na gut, Sharon Stone, Dustin Hoffman und Samuel Jackson), aber die sind nicht einmal in der Lage, auch nur den Zweck des Objektes zu ermitteln. Diese Art von Erstkontakt weist den gemeinsamen Nenner auf, dass es der Kontakt suchenden Zivilisation (also uns) obliegt, die Artefakte zu finden, ihre Bedeutung zu erkennen und zu entschlüsseln, wie man sie anwendet. Also eine Art Intelligenztest, der dafür sorgt, dass ein Kontakt erst hergestellt wird, wenn wir wirklich soweit sind. Jens Altmann b

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HELDENMUT, KAMPF UND RACHE

SAGENHELD BEOWULF DIE GESCHICHTE EINES EPOS

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as altnordische Heldengedicht »Beowulf« erzählt auf über dreitausend Zeilen in angelsächsischen Stabreimen die Geschichte des legendären Helden der Geatas, wie er nach Dänemark kommt, um in König Hrodgars großer Halle Heorot mit dem Ungeheuer Grendel zu kämpfen. So kurz und knapp die Zusammenfassung klingen mag - umso faszinierender ist die Darstellung des dänischen Hofes und der Heldentaten, die Beowulf vor seiner Ankunft in Dänemark bereits vollbracht hatte. Nicht jeder Untertan Hrodgars ist begeistert vom Gedanken, dass ein Fremder Heorot von seinem Fluch befreit, denn es geht immerhin um die Ehre der dänischen Krieger. Hunferd etwa, einer der dänischen Recken, beleidigt Beowulf vor allen Anwesenden, indem er behauptet, dass andere ihn schon im Wettkampf besiegt haben. Beowulfs Antwort ist ein Bericht seiner Heldentaten, die Hunferds Aussagen widerlegen und diesen als wertlosen Kämpen degradieren. An Mut fehlt es Beowulf auf keinen Fall, denn Grendel lässt sich nicht mit Waffen töten, und er muss das Monstrum mit bloßen Händen zur Strecke bringen. Der Beweis seines Erfolgs ist blutig: Am Morgen nach seinem Sieg legt er Arm und Achsel Grendels dem dänischen König vor - Grendel selbst flüchtet verendend in seine Behausung. Beowulf wird mit Ehren und Geschenken überhäuft, denn die Dänen sind endlich vom Fluch befreit. Doch leider ist der Kampf noch nicht vorbei, denn Grendels Mutter erscheint in der nächsten Nacht und bringt Hrodgars mächtigsten Krieger aus Rache für den Tod ihres Kindes um. Beowulf verfolgt sie mit etlichen Kriegern, unter ihnen auch der dänische König Hrodgar

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selbst, bis zu einem See, in dem sie mit Grendel lebt, und liefert sich mit ihr unter Wasser einen harten Kampf. Er kann sie nicht besiegen, denn auch sie ist gegen Waffen immun. Frustriert wählt Beowulf ein Schwert aus der Waffenkammer der monströsen Familie, das kein anderer Mensch hätte heben können. Mit diesem Schwert kann er sie töten. Er enthauptet sie und Grendel und bringt die Köpfe als Trophäen zurück zu Hrodgar. Nach seiner Rückkehr wird Beowulf König seines Volkes und lebt bis ins hohe Alter in Frieden. Ein Sklave stiehlt aber eines Tages einen Becher aus dem Schatz eines Drachen, der daraufhin wutentbrannt alles um sich herum in Flammen aufgehen lässt. Beowulf reitet dem Ungeheuer entgegen und erschlägt es, erliegt aber seinen Verletzungen. Seine Leiche wird verbrannt und findet ihre letzte Ruhestätte auf einer Klippe oberhalb des Meeres, wo vorbeifahrende Schiffe das Grab sehen können, in dem sich Beowulfs Überreste und der Drachenhort befinden. Dieser wurde mit ihm begraben, um den Fluch des Drachenschatzes zu bannen.

Wissenschaft Die Bedeutung des »Beowulf« für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Altenglischen und der Geschichte des frühmittelalterlichen Englands sowie Skandinaviens kann nicht genügend betont werden. Auch die wissenschaftliche Debatte um »Beowulf« ist zu keiner Zeit abgeflaut, sondern hat ganz im Gegenteil gerade in den letzten Jahrzehnten viele neue Themenbereiche entdeckt. Bis heute ist beispielsweise nicht mit hundertprozentiger Sicherheit festzustellen, zu welchem Zeitpunkt »Be-


enn es um Filme mit beeindrukkenden Spezialeffekten auf der Höhe der Zeit geht, ist oft Robert Zemeckis involviert. Egal, ob bei Zurück in die Zukunft (1985), Falsches Spiel mit Roger Rabbit (1988), Forrest Gump (1994) und Contact (1997) - stets stand Zemeckis als Regisseur, Autor oder auch Produzent hinter dem Projekt. In den letzten Jahren hat der Mann aus dem Umfeld von Steven Spielberg Hollywood mit einer neuen Technik in Staunen versetzt: Erstmals in Der Polarexpress von 2004 nahm er Schauspieler mit Motion Capture auf, um sie dann als naturalistische Charaktere mit digitaler Haut auf die Leinwand zu zaubern - so wurden beispielsweise aus Erwachsenen Kinder. Herkömmliches Motion Capture wäre für diese Methode aber nicht genau genug gewesen, und so wurde in dem Film erstmals das neu entwickelte Imagemotion oder Face Capture eingesetzt. Dabei werden nicht nur die Bewegungen, sondern auch die Mimik der Schauspieler aufgenommen. Es ist möglich, mehrere Personen gleichzeitig aufzuzeichnen, so dass natürlichere Interaktionen zwischen den Charakteren möglich sind. Mit den aufgenommenen Daten werden dann 3D-Modelle der Personen erstellt, durch die erst nachträglich Kamerafahrten choreographiert werden, die beliebig komplex sein können. Trotz der revolutionären Technik war das Ergebnis in Der Polarexpress noch nicht perfekt. Ein häufig gehörter Kritikpunkt waren die Augenbewegungen, die die Charaktere leblos und unnatürlich wirken ließen. Beowulfs Augen Seit Der Polarexpress sind drei Jahre vergangen, in denen die Technik mit Monster House noch weiter verbessert wurde. Und nun wurde mit ihr die ural-

WIKINGER UND MONSTER IM DIGITALEN GEWAND

te Heldensaga um den nordischen Krieger Beowulf verfilmt. Viele Dinge wurden verbessert: So hat man beispielsweise das Problem des unnatürlichen Augenausdrucks erkannt und behoben. Es kommt eine neue Technik namens OEG (Electro-Oculography) zum Einsatz. Drei Sensoren werden dabei auf der Haut rund um die Augen des Schau-

spielers angebracht. Sie nehmen die kleinsten Impulse der Muskeln wahr und registrieren so die Bewegungen der Augen. Das Resultat ist ein natürlicherer Ausdruck in den Gesichtern. Wikinger-Stars Die Produzenten waren offensichtlich so überzeugt von der Technik und dem

Projekt, dass angeblich 70 Millionen Dollar für den Film locker gemacht wurden. Damit konnte ein unglaubliches Staraufgebot angeheuert werden. Ray Winstone, bekannt geworden als Will Scarlett in der Kultserie Robin Hood von 1984, spielt die Titelrolle. An seiner Seite agieren Hollywood-Größen wie Anthony Hopkins als korrupter König Hrothgar, John Malkovich, Robin Wright Penn, Brendan Gleeson und Alison Lohman. Das grässlich entstellte Monster Grendel wird von dem Fan-Favoriten Crispin Glover verkörpert, und Angelina Jolie spielt dessen ebenso böse wie verführerische Mutter. Für das Drehbuch haben sich der Comic-Gott Neil Gaiman und Roger Avary (Pulp Fiction) seit 1997 die Finger wund geschrieben: Beowulf und Grendel In grauer Vorzeit ist der legendäre Beowulf ein mächtiger Krieger. Er muss gegen das furchtbare Monster Grendel kämpfen, das den Hof von König Hrothgar terrorisiert. Keine Waffe kann dem Dämonen etwas anhaben, also legt Beowulf seine Rüstung und seine Waffen ab und stellt sich dem Unhold nackt. Und er ist siegreich: Beowulf kann Grendel bezwingen und präsentiert dem König den abgetrennten Arm des Monsters als Beweis. Doch mit seinem Sieg hat Beowulf auch den schrecklichen Zorn von Grendels Mutter auf sich gezogen, ein übernatürliches Wesen, grässlich und verführerisch zugleich. Ob Die Legende von Beowulf ein guter und erfolgreicher Film wird oder nicht, ist fast nebensächlich. Unbestreitbar wird er ein weiterer Meilenstein auf dem Weg der CGI-Filme: Erstmals sieht man digitale Figuren auf der Leinwand, die wohlbekannten Stars täuschend ähnlich sehen. Vielleicht sieht so die Zukunft des Kinos aus. Heiner Schmitt b

BEOWULF IM FILM Vor dem Film von Robert Zemeckis wurde der klassische Sagenstoff bereits mehrfach für die große Leinwand umgesetzt. Die vier wichtigsten Verfilmungen sind:

Grendel, dessen Mutter und seine eigene, dunkle Vergangenheit.

Grendel Grendel Grendel (1981) Dieser in Deutschland weitgehend unbekannte Zeichentrickfilm aus Australien basiert lose auf John Gardners Roman Grendel (Suhrkamp). Der Film geht humoristisch an das Thema heran, er behandelt das komplette Leben des Monsters Grendel. Dabei wird die Handlung strikt aus dessen Perspektive erzählt und hervorragend gesprochen von Sir Peter Ustinov als Grendel - natürlich mit einem sehr zivilisierten, englischen Akzent.

Der dreizehnte Krieger (1999) Dieser Film unter der Regie von John McTiernan (Predator, Stirb langsam) und mit Antonio Banderas (Desperado) in der Hauptrolle basiert auf dem Roman Eaters of the Dead von Michael Crichton. In der Geschichte ist die Sage von Beowulf mit den Reiseberichten des Ahmad Ibn Fadlan verknüpft. Es geht um einen arabischen Edelmann, der zu den Wikingern reist. Gemeinsam mit einem Dutzend der raubeinigen Nordmänner geht er auf eine gefährliche Mission, um das Reich des Königs Hrothgar gegen eine Horde übernatürlich scheinender Kreaturen zu verteidigen.

Beowulf (1999) Dieser Film ist trotz des Namens nur sehr lose mit der eigentlichen Sage verbunden. Die Handlung ist in einer fernen, postapokalyptischen Zukunft angesiedelt. Christopher Lambert (Highlander) spielt darin den Titelhelden, einen ultraharten Krieger, der in eine belagerte Burg kommt. Doch der wahre Schrecken lauert nicht vor den Mauern, sondern im Innern der Festung: Ein Dämon schleicht dort umher und fordert Nacht für Nacht einen Blutzoll. Lambert nimmt sich der Sache an und kämpft gegen

Beowulf und Grendel (2005) Diese international koproduzierte Version des Epos setzt auf Realismus. Vor der eindrucksvollen Kulisse Islands gibt es naturalistische Wikingerdarstellungen statt CGI oder übertriebenen Monstereffekten. Der Hüne Grendel (Ingvar E. Sigurdsson) terrorisiert das Land und will Rache, weil König Hrothgar (Stellan Skarsgård) seinen Vater auf dem Gewissen hat. Niemand ist Grendel gewachsen, bis der gotische Krieger Beowulf (Gerard Butler) mit seinem Gefolge eintrifft und sich des Problems annimmt.

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Fotos: Warner Bros.

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Ein Held im Wandel der Zeit

Historie

Robin Hood Ein Mythos in Film und Fernsehen

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Kaum ein Held wurde so durch seine Darstellung in den filmischen Medien geprägt wie die Figur des Robin Hood

obin Hood ist wahrscheinlich der bekannteste englische Volksheld aller Zeiten. Bei kaum einer anderen Figur von den britischen Inseln - vielleicht mit Ausnahme von König Artus - verschwimmen die Grenzen zwischen Mensch und Mythos so sehr wie beim Rächer der Enterbten. Die Frage, wieviel von Robin tatsächlich historisch belegbar ist, beschäftigt nach wie vor Wissenschaftler aus unterschiedlichen Bereichen: Historiker, Literatur- und Medienwissenschaftler und in jüngerer Zeit sogar Fachleute aus dem Bereich der Geschlechterforschung, die sich Gedanken darüber machen, wie es um die sexuellen Vorlieben der Merry Men bestellt war, die im Sherwood Forest ein freies Leben im Kampf gegen Unterdrückung und Ausbeutung führten.

Vom Gauner ... Beschäftigt man sich etwas näher mit Robin Hood, wird schnell klar, dass er eine erstaunliche Entwicklung hinter sich hat. So ist in den frühesten bis heute erhaltenen Balladen aus dem 15.

Errol Flynn (rechts) als Robin in Die Abenteuer des Robin Hood aus dem Jahre 1938

Jahrhundert noch herzlich wenig von einem echten Helden zu bemerken. Ganz im Gegenteil: Wie jeder andere Strauchdieb ist Robin in erster Linie auf seinen eigenen Vorteil bedacht und neigt zu einer erschreckenden Grausamkeit gegenüber seinen Feinden. Einzig das Schelmenhafte ist eine Charaktereigenschaft, die er schon in diesen Texten aufweist und die er auch später nie ganz verliert. Es wird sogar gemutmaßt, dass »Robin, The Hooded Man« im englischen Mittelalter eine Art Sammelbegriff für verschiedenste zwielichtige Gesellen war.

... zum Adligen ... Erst im 16. Jahrhundert wird Robin gleichsam in den Adelsstand erhoben und fortan als Earl of Huntington, Robert of Locksley oder Robert Fitz Ooth bezeichnet. Ungefähr zur selben Zeit wird der Mythos um die Figur der Lady Marian erweitert, der Robin in treuer (und entsagungsreicher) Liebe verbunden ist. Damit findet eine Zivilisierung des Verbrechers statt, was die Geschichten über ihn leichter verdaulich und zu ei-

ner geringeren Bedrohung für herrschende Konventionen macht - ein Schicksal, das Robin mit dem bereits erwähnten König Artus teilt: Aus aggressiven Männergestalten, die ihre eigene Weltsicht durchsetzen wollen, werden gezähmte Heroen, die sich akzeptierten Strukturen mehr oder minder bereitwillig beugen. In diese Phase der Verfestigung des Mythos fällt auch die Zuweisung einer klaren geschichtlichen Epoche, in der Robin seine Abenteuer erlebt: Von nun an wird in vielen Darstellungen davon ausgegangen, dass Robin gegen Ende des zwölften Jahrhunderts gelebt hat, als Richard Löwenherz als Kreuzritter im Heiligen Land weilte. Hier wird endgültig der Keim für Robins Aufstieg zum Nationalhelden gelegt.

... zum Rächer Während im 18. Jahrhundert insbesondere der komische Aspekt der Geschichten über Robin Hood eine deutliche Betonung erfährt und das Schlitzohr oft selbst von vermeintlich schlichteren Gemütern übers Ohr gehauen wird, bildet das 19. Jahrhundert eine neue Variante des Mythos aus: Nun wird Robin nicht nur zum Menschenfreund, der die Reichen bestiehlt, um den Armen zu helfen, sondern er verkörpert zugleich den aufrechten Angelsachsen, der sich gegen die normannischen Besatzer zur Wehr setzt. Die Idee, dass Robin sich gegen den korrupten Prinz John auflehnt, der sich weigert, das Lösegeld für den im österreichischen Kerker schmorenden König Richard Löwenherz zu bezahlen, stammt hingegen erst aus dem 20. Jahrhundert und wurde weitestgehend durch das neue Medium des Films verbreitet.

Kino Den Sprung ins Kino schaffte Robin Hood bereits 1908 in einem Stummfilm namens Robin Hood and the Merry Men

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Eine Reise durch die Zeit

Historie

Helden - ewiger Kampf Vom steinzeitlichen Jäger zum postmodernen Monsterschlächter

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s gibt ein ganz besonders unangenehmes Gefühl, das den Menschen schon seit jeher auf Schritt und Tritt auf seinem Weg durch die Welt begleitet hat. Die Rede ist von der Angst. In den frühsten Tage der Menschheitsgeschichte waren diese Ängste zumeist noch recht konkreter Natur: die Angst, nicht genügend Nahrung zu finden, die Angst, selbst zur Nahrung eines Raubtiers zu werden, die Angst, von den unberechenbaren und unerklärlichen Kräften um einen herum aus dem Leben gerissen zu werden, und vieles mehr. Daher verwundert es auch nicht weiter, dass eine der ersten wiederkehrenden Gestalten, die die Menschen in den Geschichten, die sie einander erzählten, ein Auserwählter war, der anderen all diese Ängste nehmen konnte. Um dem Dasein seinen Schrecken zu nehmen, brauchte man Helden.

Frühgeschichte Die früheste Form des Helden ist der mythische Jäger, der in die feindliche Welt hinauszieht, um seinen Stamm, sein Dorf oder sein ganzes Volk mit Nahrung zu versorgen und es vor wilden Tieren zu beschützen. Oft steht ihm dabei ein mächtiges Totemtier zur Seite, dessen Stärke, Schnelligkeit oder auch Klugheit er nachahmt. Namentlich sind uns die Vertreter dieses steinzeitlichen Heldentypus heute leider nicht mehr bekannt, weshalb wir uns bei seiner Betrachtung auf wesentlich spätere Quellen aus der Antike stützen müssen. Zu jener Zeit ging eine ganze Reihe bemerkenswerter Jäger auf die Pirsch und es scheint zulässig, in ihnen den Nachklang einer noch sehr viel weiter zurückliegenden Vergangenheit zu sehen. Die Bibel berichtet zum Beispiel von Nimrod, dem Enkel Noahs, der ein »gewaltiger Jäger vor dem Herrn« und »der erste« war, »der Macht gewann auf Erden« (später brachte er es sogar zum Herrscher von Babylon - unter seiner Ägide begann der Turmbau zu Babel). In der griechischen Sage findet sich der

Jäger Orion, der auszog, alle Tiere des Erdkreises zu besiegen - nur um schließlich von der zornigen Erdmutter Gaia durch den giftigen Stich des unscheinbaren Skorpions für seine Hybris mit dem Tode bestraft zu werden. Der hohe rituelle Stellenwert, den der Mensch der Jagd damals beimaß, spiegelt sich in jedem Pantheon der Antike wieder: So verehrten etwa die Griechen Artemis, die Tochter des Zeus und Schwester des Sonnengottes Apollon, als die Göttin des Mondes und der Jagd. Dunkelheit und Überlebenskampf waren in der Vorstellungswelt der Griechen offenbar eng miteinander verbunden, und noch düsterer ging es bei manchen keltischen Stämmen zu: So glaubte man im heutigen Wales zum Beispiel an die Existenz des Gottes Arawn, der mit seiner wilden Jagd im Herbst den entflohenen Seelen der Toten (und auch manchen Lebenden) hinterherhetzte.

Antike In der Antike selbst wird das Bild des Helden um einige wesentliche Aspekte erweitert und gleichzeitig allgemeingültiger. Der mythische Held weist nicht mehr unbedingt einen direkten Bezug zur Jagd auf; vielmehr zeichnet er sich durch eine oder mehrere übermenschliche Qualitäten aus, dank derer er zahlreiche Heldentaten vollbringen kann. Der Kampf mit mächtigen Bestien ist für ihn nicht länger Selbstzweck, sondern Teil seiner individuellen Bestimmung durch höhere Mächte. Die beiden wahrscheinlich berühmtesten mythischen Helden aus der griechisch-römischen Sagenwelt sind Herakles und Odysseus. Wo der eine dank seiner übermenschlichen Stärke zwölf für gewöhnliche Menschen unmögliche Aufgaben bewältigt, ist es die List des anderen, die ihn die unbezwingbaren Mauern Trojas überwinden lässt und ihn auf seiner anschließenden langjäh-

Hugh Jackman als der Monsterjäger Van Helsing

rigen Irrfahrt rettet. Die Geschichte beider Helden ist immer wieder verfilmt worden; besonders erwähnenswert sind Die Fahrten des Odysseus (1955) mit Kirk Douglas, der das moderne Bild des mythischen Helden nachhaltig prägte. Herakles kam in seiner römischen Schreibweise, Herkules, durch eine eigene Fernsehserie ab 1995 zu ganz neuen Ehren. Mit der Sage hatten diese neuen Geschichten aber wenig bis gar nichts zu tun. Einige dieser mythischen Helden der Antike tauchen nicht in einer Vielzahl verschiedener Geschichten um ihr Wirken auf, sondern sind Bestandteil einer einzigen Erzählung, bei der ein Monster (respektive dessen Bezwingung) von zentraler Bedeutung ist. Von den Angehörigen dieser Untergruppe, den sagenhaften Helden, wollen wir der Einfachheit halber drei nennen, die ersten beiden aus einer ganzen Reihe in der griechischen Sagenwelt: Perseus, der der schlangenhäuptigen Medusa den Garaus macht, sowie Theseus, der dem Minotaurus die Hörner stutzt. Während der erstgenannte Held sei-

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Das Bild des modernen Helden und Monsterjägers beginnt beim mythischen Jäger der Steinzeit


Schergen, Schufte, Superschurken

Historie

Im Dienste des Bösen Antagonisten - die Gegenspieler einer Geschichte

tiger. Und dennoch stellt sich der Held seinem Kontrahenten und kann ihn (zumindest in der Regel) schließlich auch bezwingen. Nachdem wir den Helden in der Ausgabe 35 der NAUTILUS betrachtet haben, werden wir diesmal seine Gegenspieler näher in Augenschein nehmen. Nachfolgend eine Vorstellung von Schurken, Schergen und Schuften mit Verweisen auf bekannte Gegner, denen sich unterschiedliche Helden im Laufe der Jahrtausende menschlichen Erzählens stellen mussten.

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elden leben gefährlich: Hinter jeder Ecke kann ein Monstrum lauern, jedes freundliche Gesicht kann sich als bloße Maske eines bösartigen Menschen oder gar eines Gestaltwandlers erweisen, und häufig sind die Widersacher stärker und mäch-

Ein Diener der bösen Macht: Darth Vader in Star Wars

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Frühgeschichte Auch wenn es keine Aufzeichnungen, sondern nur Höhlenmalereien aus der Vor- und Frühgeschichte gibt, kann man aufgrund der Kultur heutiger Naturvölker vermuten, dass unsere Vorfahren eine Vorstellung von Freund und Feind hatten. In seiner einfachsten Form ist der Feind ein anderer Mensch; wie bereits Freud hergeleitet hat, wirkt das oder der »Fremde« auf Menschen oft gefährlich. Konflikte mit anderen Menschen entstehen manchmal nur, weil der Fremde andere Gebräuche pflegt, eine andere Sprache spricht oder andere Götter verehrt. Diese Urform des Gegners nennen wir im folgenden »Feind« andere Menschen, die sich in kultureller oder ideologischer Sicht so weit vom Helden und dessen Volk unterscheiden, dass es zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung kommt. Sehr eindrucksvoll ist dies im Film Der dreizehnte Krieger von 1999 eingefangen (auch wenn dessen Handlung einige tausend Jahre später spielt), der neben furiosen Kampfszenen auch zeigt, wie die menschlichen Gegner zunächst als Dämonen angesehen werden. Doch nicht nur andere Artgenossen waren für den frühen Menschen eine Bedrohung: Auch Raubtiere wie der Säbelzahntiger konnten Steinzeitmenschen gefährlich werden, weshalb ver-

mutlich schon bald Geschichten entstanden, in denen herausragende Menschen ihnen die Stirn boten. Wahrscheinlich entstand hier schon die Vorstellung vom Ungeheuer, einem Wesen, das übernatürlich stark, schnell und klug war - das Monster.

Antike Mangels Aufzeichnungen ist es schwer zu ermitteln, welche Kreaturen in der Vorgeschichte als Monster galten. Aus der Antike jedoch kennen wir eine wahre Flut von Monstern, mit denen sich unterschiedlichste Helden messen müssen: Odysseus hat sich während seiner Irrfahrten zahlreichen Kreaturen zu stellen, denen auch nur zu entkommen er meist froh sein muss. Scylla und Charybdis sind zwei Seeungeheuer, die eine Meerenge bewachen: In den Klippen über dem Wasser lebt Scylla, ein schuppiges Monstrum mit sechs Köpfen, das sich an Seeleuten gütlich tut; Charybdis hingegen ist ein gewaltiger Schlund, der unter der Meeresoberfläche lauert, um vorbeifahrende Schiffe zu verschlucken. Wegen des Aufwands, der mit ihrer Darstellung verbunden ist, sieht man diese beiden Gestalten eher selten in Verfilmungen; eine sehenswerte Ausnahme ist die TV-Miniserie Die Fahrten des Odysseus (1997). Insbesondere viele Monster der antiken Sagenwelt entspringen eigentlich dem Göttergeschlecht. Als Kinder dieser überirdischen Wesenheiten sind sie oft auch deren Werkzeuge und daher eher verlängerter Arm eines oder mehrerer Götter denn eigenständige Wesen. Ein gutes Beispiel ist der menschenfressende Zyklop Polyphem, in dessen Hände Odysseus gerät, bevor der Grieche durch eine List entkommen kann. Die Sagenwelt der Antike war vom Wirken der Götter durchdrungen; denn auch die Realität war voller unerklärlicher Phänomene, die man höheren Mächten zuschrieb. Da beileibe nicht


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Sämtliche Mitglieder Ihrer Armee erhalten maßgeschneiderte Uniformen. Schlägt der Held einen Ihrer Soldaten bewusstlos und stiehlt dessen Uniform, wird er sich durch deren schlechten Sitz verraten. 2. Alle bezwungenen Feinde werden verbrannt oder mit einer Schnellfeuerwaffe voll Blei gepumpt. Auf keinen Fall werden sie mit den Worten: »Das kann niemand überleben«, am Fuß einer Klippe zurückgelassen. 3. Natürlich behalten Sie sich das Recht vor, jeden Untergebenen zu exekutieren, der Ihnen ein bisschen zu intelligent, kompetent oder verschlagen erscheint. Falls Sie es ausüben, sollten Sie sich später allerdings nicht laut fragen: »Warum bin ich eigentlich nur von Idioten umgeben?« 4. Legen Sie die Gänge Ihres Hauptquartiers weder mit Nischen noch mit in den Raum hineinragenden Bauelementen an, die Eindringlingen als Deckung dienen könnten. 5. Tragen Sie bunte, fröhliche Kleidung das wird Ihre Feinde verwirren. 6. Ihre Soldaten sollten den Helden stets als geschlossene Einheit angreifen, statt ihm pärchenweise oder gar einzeln zu Leibe zu rücken. 7. Verschaffen Sie sich ein klares Bild über die Kompetenzverteilung innerhalb Ihrer Organisation. Wenn der Oberbefehlshaber Ihrer Truppen den Karren in den Dreck fährt, empfiehlt es sich nicht, Ihre Waffe zu ziehen, sie auf den Oberbefehlshaber zu richten und zu sagen: »Dies ist der angemessene Lohn für dein Versagen«, sich im nächsten Moment umzudrehen und einen zufällig ausgesuchten Schergen zu erschießen. 8. Lassen Sie sich nicht darauf ein, die Helden abziehen zu lassen, falls diese ein zu Ihren Gunsten abgekartetes Spiel für sich entscheiden - auch nicht, wenn Ihnen Ihre Berater versichern, die Helden könnten unmöglich gewinnen. 9. Wenn ein erschöpfter, aber offensichtlich besorgter Bote eintrifft, dürfen Sie ihn keinesfalls ignorieren, bis Ihre Morgentoilette oder der erotische Tanz ihrer Geliebten beendet ist - er hat möglicherweise etwas Wichtiges zu melden. 10. Der letzte Schritt ihres Plans darf nicht kompliziert sein (zum Beispiel: »Ordne die zwölf Steine der Macht in der richtigen Reihenfolge auf dem heiligen Altar an und aktiviere anschließend das Medaillon durch Absingen des altarabischen Zauberspruchs im Augenblick der vollständigen Sonnenfinsternis«). Der optimale letzte Schritt ist: »Jetzt den roten Knopf drücken.« 11. Tragen Sie keine langen Capes aus schwerem Stoff. Auf der Flucht werden Sie sich in derartigen Accessoires verheddern.

Wie bleibe ich böser Herrscher? Praktische Tipps für Superschurken und deren Schergen 12. Hochrangige weibliche Mitglieder Ihrer Organisation müssen keine Büstenhalter aus Chromstahl tragen - das schadet nur ihrer Moral. Eng anliegende Outfits aus schwarzem Leder sind nur zu formalen Anlässen vorgeschrieben. 13. Falls Ihre atemberaubend hübsche Geliebte, die sich innerhalb Ihres Hauptquartiers frei bewegen darf, mit dem Helden anbandelt, lassen Sie das treulose Stück umgehend hinrichten. Dies ist zwar bedauerlich, aber gute Unterhaltung ist leichter zu ersetzen als ein Hauptquartier, und die nächste Gespielin wird mit Sicherheit besser zuhören, wenn Sie ihr die Regeln des Zusammenlebens erläutern. 14. Falls Sie sich zur Flucht genötigt sehen, verzichten Sie darauf, innezuhalten, um noch etwas Geistreiches zu sagen. 15. Die Visiere an den Helmen ihrer Truppen sollten aus volltransparentem Plexiglas gefertigt sein. Undurchsichtige Visiere sind keine gute Idee.

naugenommen sollten sie ihn erst erschießen und das »Nein!« anschließend nachschieben. 22. Einer Ihrer Berater sollte ein fünfjähriges Kind sein. Sämtliche Schwachstellen Ihres Plans, die dem Kind auffallen, sollten vor Beginn der Operation ausgemerzt werden. 23. In den Aufgabenbereich Ihres fünfjährigen Beraters fällt es auch, einen Versuch zu unternehmen, den von Ihnen entworfenen Code zu knacken. Knackt er den Code in weniger als 30 Sekunden, wird dieser unter keinen Umständen verwendet. Dieser Tipp bezieht sich auch auf Passwörter. 24. Sagen Sie niemals: »Doch bevor ich Sie töte, gibt es noch etwas, dass Sie unbedingt erfahren müssen.« 25. Obwohl irres Gelächter Stress mindert, sollten Sie darauf verzichten: Irres Lachen lenkt Sie von unerwarteten Vorgängen ab, auf die Sie ansonsten angemessen reagieren könnten.

Tragen Sie keine langen Capes aus schwerem Stoff. Auf der Flucht werden Sie sich in derartigen Accessoires verheddern. 16. Der Held hat keinerlei Anspruch auf einen letzten Kuss, eine letzte Zigarette oder irgendeine andere Form von letztem Wunsch. 17. Beuten Sie Ihre Untergebenen aus, aber nicht so sehr, dass sie unzumutbare Entbehrungen erfahren, totale Erschöpfung erleiden oder vollkommen verzweifeln. 18. Jeder Befehl, den Sie missverständlich formulieren, wird zwangsläufig missverstanden werden. 19. Es gibt keinen idiotensicheren Plan; Idioten sind unglaublich einfallsreich. 20. Die Belüftungsschächte in Ihrem Hauptquartier dürfen nicht so breit sein, dass jemand durch sie hindurchkriechen kann. 21. Wenn Sie Ihren Widersacher gefangengenommen haben und er fragt: »Erklären Sie mir wenigstens, was hier vor sich geht, ehe Sie mich töten?«, antworten Sie: »Nein!« und erschießen ihn. Ge-

26. Heuern Sie einen professionellen Modeschöpfer an, der für Ihre Soldaten einzigartige Uniformen entwirft, und vermeiden Sie so, dass Ihre Untergebenen wie billige Kopien von Wehrmachtssoldaten, römischen Legionären oder Mongolen aussehen. Alle aufgezählten Heere wurden letzten Endes besiegt. Sie möchten nicht, dass diese Erkenntnis die Moral Ihrer Truppen schwächt. 27. Schätzen Sie Ihre Stärken und Schwächen realistisch ein. Dies schmälert zwar die Freude an Ihrer Tätigkeit, aber zumindest bewahrt es Sie vor der peinlichen Aussage: »Nein, das ist unmöglich! Niemand kann mich besiegen!« (In aller Regel wird man unmittelbar nach diesem Ausruf getötet.) 28. Lassen Sie sich kein Ziegenbärtchen wachsen. Früher hätte Ihnen das ein diabolisches Aussehen verliehen, heutzutage wirken Sie damit wie ein Fünfunddreißigjähriger in der Midlife-Crisis.

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29. Sobald Ihre Macht gesichert ist, sollten Sie alle Zeitreisemaschinen vernichten lassen. 30. Wenn Ihr Berater Ihnen rät: »Meister, es ist nur ein einzelner Mann. Was könnte ein einzelner Mann gegen uns ausrichten?«, antworten Sie: »Das!«, und töten den Berater auf der Stelle. 31. Begeben Sie sich wegen ungewöhnlicher Phobien und bizarrer Zwangshandlungen, welche sich im Ernstfall als Nachteil erweisen könnten, in psychologische Behandlung. 32. Wenn Sie auf einer beweglichen Plattform gegen den Helden kämpfen und ihn bereits entwaffnet haben, schaut er eventuell über Ihre Schulter, um sich danach überraschend zu Boden zu werfen - werfen Sie sich ebenfalls zu Boden (statt sich überrascht umzudrehen, um zu sehen, was ihn erschreckt hat). Praktische Tipps für den Vertrauten des Superschurken: 1. Wenn Ihr Herr und Meister voller Vorfreude auf den erwarteten Erfolg seiner jüngsten Unternehmung ist, gilt die Frage »Und wenn etwas schief geht?« als ausgesprochen unhöflich. Ihre Unbesonnenheit führt nicht immer dazu, dass sie gezüchtigt, verstümmelt oder getötet werden, aber warum dieses Risiko überhaupt erst eingehen? 2. Finden Sie unbedingt heraus, was mit Ihrem Vorgänger auf Ihrer Position geschehen ist. Lernen Sie daraus! Praktische Tipps für den Schergen des Superschurken: 1. Lassen Sie nicht zu, dass Ihr Herr und Meister Sie als Versuchskaninchen missbraucht. 2. Finden Sie heraus, wo Ihr Herr und Meister den Schalter für den Selbstzerstörungsmechanismus seines geheimen Hauptquartiers angebracht hat. Machen Sie diesen bei erster Gelegenheit unbrauchbar. Das Hauptquartier wird natürlich trotzdem irgendwann explodieren, aber so verlängern Sie die Zeit, die Ihnen zur Flucht bleibt. 3. Wenn der Held Sie als menschlichen Schutzschild vor sich hält und Ihr Herr und Meister Sie fragt, ob die weltenvernichtende Superwaffe schon einsatzbereit ist, antworten Sie: »Nein«. 4. Wie attraktiv die gefangene Heldin auch sein mag und wie verführerisch sie die Augen aufschlägt: Sie will eigentlich nicht mit Ihnen schlafen. Schließen Sie ihre Zellentür nicht auf. 5. Die empfehlenswerteste Methode, um festzustellen, ob der Held noch am Leben ist, besteht darin, ihm in den Kopf zu schießen. Aus dem Englischen übersetzt und ausgewählt von Thomas Plischke b

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HISTORIE

Nicolas Poussin, Die Pest von Asdod, 1630 1631

Pestarzt

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ind weht über die Ebenen, während der Spaten tief ins Erdreich sticht und sich Meter um Meter nach unten gräbt. Henry Gordon und seine vier Begleiter schuften schon seit fast zwei Wochen an den Gruben und gönnen sich kaum eine Pause. Angetrieben werden sie jedoch nicht von Goldgier oder einem Rausch nach anderen Schätzen. Reverend Gordon und seine Männer schaufeln ein

Massengrab für 207 Tote einer ehemals 266 Seelen zählenden Gemeinde der Inuit. Es ist das Jahr 1918, der erste Weltkrieg tobt, und doch sind die Schrecken der Schlachten hier weit im Norden nicht der Grund für das Massensterben der Bevölkerung. Ein anderer, unsichtbarer Feind hat reiche Ernte unter den Lebenden gehalten - die Spanische Grippe. Selbst die abgelegenen Bereiche im hohen Norden werden von dieser Pandemie nicht verschont, das Fieber greift nach fast der gesamten bekannten Welt. Das Virus befällt nicht nur die Kranken und Schwachen, sondern ergreift auch gesunde Männer und Frauen. Schon nach wenigen Stunden bekommen sie hohes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, im schlimmsten Fall dehnt sich die Krankheit zu einer Lungenentzündung aus und endet mit dem Tod der Erkrankten. Innerhalb von zwei Jahren (1918 bis 1920) sterben weltweit zwischen 20 und 50 Millionen Menschen, vielleicht sogar mehr. Über 500 Millionen, so Schätzungen, erkranken an dem extrem virulenten Influenza-Erreger. Kaum eine Pandemie hat je so viele Tote gefordert wie diese.

Pandemie Dabei ist sie nicht die einzige, welche die Menschheitsgeschichte kennt. Im-

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mer wieder treten Epidemien auf, die länder- und kontinentübergreifend ausbrechen und somit zur Pandemie werden. In der zweiten großen Pestpandemie, die im 14. Jahrhundert aus Zentralasien über das Abendland hereinbricht, sterben in Europa ungefähr 25 Millionen Menschen - ein Drittel der gesamten Bevölkerung. Stadtteile und Dörfer werden ausgelöscht, Tote liegen in den Straßen, von ihren angsterfüllten Angehörigen vor die Türen der Häuser geworfen. Fliegen und Gestank breiten sich in den mittelalterlichen Gassen aus, und ganze Viertel werden abgeriegelt oder sogar ohne Rücksicht auf Verluste in Brand gesteckt. Die Heiler und Doktoren sind ratlos, können nur die Toten beerdigen und versuchen, sich mit abschreckenden Masken und Kräuterrauch vor der Ansteckung zu schützen. Der hoch ansteckende Bazillus Yersinia Pestis ist noch nicht bekannt, auch wenn er der Verursacher allen Übels ist. Über Flöhe wird er von Ratten zum Menschen übertragen und tötet innerhalb von sechs bis zehn Tagen 80 Prozent aller Erkrankten. Eine direkte Ansteckung mit der Lungenpest, einer Verwandten der Beulenpest, ist sogar noch schlimmer - höchstens 20 Stunden hat der Infizierte, dann ist er tot. Der zweiten Pestpandemie folgt später um 1900 noch eine dritte, Grip-


A

pokalypse - Krankheit und Zerstörung, Tod und Teufel, einstürzender Himmel und brennende Metropolen. Die Apokalypse ist das Ende der Welt, die Schwärze, in der alles Leben am Ende aller Zeiten versinken muss. Oder doch nicht? Apokalypse - das kann auch Neubeginn, Reinigung und Rettung sein. Der Gedanke an ein Ende der Welt, die wir kennen, hat die Menschheit schon immer beschäftigt. Nicht nur die Vergänglichkeit des eigenen Körpers, sondern auch die Vergänglichkeit allen bekannten Lebens ist in unserer Vorstellung anscheinend fest verankert. Das Verb »apokalyptein« ist griechisch und bedeutet aufdecken (daher die lateinische Übersetzung »Revelation« und die deutsche Übersetzung »Offenbarung« im Neuen Testament). Was die Welt in einer endzeitlichen Zukunft erwartet, glauben Propheten und Seher aufgedeckt zu haben. Ihre Botschaften und Lehren überdauerten Jahrtausende. Wie sieht das Ende der Welt aus? Welche Schrecken werden in den letzten Tagen über unseren Planeten hereinbrechen? Sehen wir uns die Antworten unterschiedlicher Kulturen und Philosophien im Lauf der Menschheitsgeschichte an.

Feuer und Erdbeben Eine der ältesten Antworten auf die Art

des Weltuntergangs bietet das Gilgamesch-Epos. Aus sumerischen Tempelinschriften geht hervor, dass Gilgamesch von ungefähr 2652 bis 2602 vor Christus in der mesopotamischen Stadt Uruk herrschte. Einer unbestätigten Überlieferung zufolge wurde die Geschichte von einem Dichter namens Sin-leque-unnini niedergeschrieben, der um 1100 vor Christus gelebt haben soll: Gilgamesch, der halbgöttliche König von Uruk, zieht mit seinem Waffenbruder Enkidu aus, um den Bergdämon Chuwawa zu töten. Vor dem Kampf gegen das Ungeheuer hat Gilgamesch einen Traum vom Weltuntergang: Der Himmel schreit auf, und ein Dröhnen erschüttert das gesamte Erdreich. Der Tag wird zu einer von Gewittern gepeitschten Nacht. Weißglühendes Feuer und Tod regnen aus den Wolken herab und verwandeln alles in Asche. Die eigene Vergänglichkeit wird dem zutiefst erschütterten König von Uruk ebenfalls vor Augen geführt: Als sein Freund Enkidu nach dem Kampf mit einem gewaltigen Stier sein Leben lässt, zieht Gilgamesch in Todesangst über die gesamte Erde, um die Unsterblichkeit zu finden. Der Held holt das Lebenskraut vom Grund des Meeres, doch es wird ihm von einer Schlange geraubt. So muss Gilgamesch erkennen, dass ewiges Leben den Göttern vorbehalten

ist. Die Menschen und die Welt, in der sie leben, müssen allesamt sterben. Traurig kehrt Gilgamesch in sein Reich zurück, doch seine Erfahrungen haben ihn zu einem weiseren und besseren Herrscher gemacht.

Zeit der Monster Nach altnordischer Vorstellung wird die Welt in einem gewaltigen Kampf zwischen Gut und Böse zugrunde gehen, um anschließend neu geschaffen zu werden. Dieses Ende der Schöpfung wird »Ragnarök« genannt. Im Deutschen wird diese Bezeichnung für die Endzeit meist mit »Götterdämmerung« übersetzt. Eigentlich setzt sich Ragnarök jedoch aus den Worten »regin« (Gott) und »rök« (Ursache, Sinn des Ursprungs) zusammen. Das Ende der Götter in der letzten Schlacht der Welt steht also von

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Hieronymus Bosch, Das Jüngste Gericht (Ausschnitt), um 1504


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it ihren Worten und Gesten können sie sprichwörtlich Berge versetzen. Als Nebencharakter, der dem Helden zum Sieg verhilft, oder auch als Bösewicht haben Zauberer ihren festen Platz in der phantastischen Literatur. Inzwischen sind sie auch immer häufiger Hauptcharaktere ihrer Geschichte. Hier eine kleine Auswahl an bekannten Spielarten der Magie und der Autoren, die diese begeisternd beschrieben haben.

LITERATUR

Lehrjahre Bevor ein Magier die Kräfte des Universums kontrollieren kann, benötigt er zuerst einige Jahre Ausbildung. Neben der Art und Weise, wie Magie gewirkt wird, lernt der Jungzauberer auch einiges über die Welt, in der er lebt. Dementsprechend verliert jede Magiergeschichte zumindest ein paar Absätze über die Ausbildung des Helden. Eine ganze Reihe von Romanen hat sich diese Lehrjahre sogar als zentrales Thema auserkoren: Denn der Held ist zwar mächtiger als ein normaler Sterblicher, aber noch lange nicht mächtig genug, um jeder Herausforderung mit seiner Magie begegnen zu können. Außerdem können sich gerade jüngere Leser sehr gut mit dem jungen Helden identifizieren. Des-

ZAUBERSTAB UND SPITZER HUT

Am Ende der Reise stehen einige Überraschungen, aber auch ein Happy-End. Obwohl der Film für Kinder gedacht war, kann er auch moderne Zuschauer durch seine zahlreichen bizarren und humorvollen Einfälle begeistern.

ZAUBERER IM KINO UND FERNSEHEN

Der Rabe - Duell der Zauberer (USA 1963) Der Grusel-Klassiker inszeniert nach Motiven des Gedichtes »Der Rabe« von Edgar Alan Poe ein verwickeltes

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auberer, Magier und Hexen tauchen in vielen Filmen als Mentoren des Helden auf - doch wo zählen sie zu den Hauptfiguren? Hier stellen wir die wichtigsten und besten Filme vor, in denen Zauberer eine gewichtige Rolle spielen. Der Zauberer von Oz (USA 1939) Dieses Meisterwerk ist ein früher Farbfilm - trotzdem beginnt die Geschichte

um das Mädchen Dorothy und ihren Hund Toto in Schwarzweiß. Erst als Dorothy durch einen Wirbelsturm in die Zauberwelt von Oz entrückt wird, erstrahlen prächtigste Farben auf der Leinwand, was damals für Aufsehen sorgte und den Film bis heute zu einem zentralen Teil der amerikanischen FilmKultur gemacht hat, auf den sich zahllose andere Filme, Bücher und Comics beziehen. Auf ihrer Reise zum Zauberer von Oz findet Dorothy drei ungewöhnliche Mitstreiter: den ängstlichen Löwen, die dumme Vogelscheuche und den Zinnmann ohne schlagendes Herz. Sie alle erhoffen sich, dass der Zauberer ihnen helfen kann - und nur gemeinsam können sie sich gegen die böse Hexe wehren, die es auf Dorothy abgesehen hat.

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Gefecht zwischen drei unterschiedlichen Zauberern, bei dem sich mehrfach herausstellt, dass nicht alles ist, wie es scheint. Feuerbälle, beschworene Kreaturen und Stürme werden im letzten Großkampf zwischen Erasmus Craven (Vincent Price) und Dr. Scarabus (Boris Karloff) eingesetzt. Viele jüngere Filme greifen einzelne Motive

aus Der Rabe wieder auf. Als Rexford Bedlo das erste Opfer von Dr. Scarabus: der junge Jack Nicholson. Die Hexe und der Zauberer (USA 1963) Die Artus-Saga mit dem mächtigen Zauberer Merlin diente zahllosen Filmen als Vorlage. Eine charmante und ausgesprochen witzige Umsetzung des Stoffes präsentierten mit Die Hexe und der Zauberer die Walt Disney-Studios, wobei man sich allerdings nur vage an der Vorlage orientiert hat. Anstatt des klugen Beraters ist Merlin hier ein weltfremder, aber sympathischer Sonderling, der seinen Zögling Arthur schweren Prüfungen unterzieht, eher dieser das Schwert, das ihn zum König macht, aus dem Stein ziehen darf. Das Vorhaben wird durch eine mit Merlin konkurrierende Hexe sowie den bösen Stiefvater Arthurs erschwert.


3 plus 7 plus 13 ergibt 23

Zahlenmystik Geheimnisse hinter den Ziffern

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ie Welt besteht aus Zahlen. Sie umgeben uns ständig, bleiben aber unbedeutend, sofern ihnen keine Bedeutung zugesprochen wird. Dass jeder Computer auf Basis eines binären Codes funktioniert, der lediglich eine Kette von Nullen und Einsen anzeigt, ist zwar beeindruckend, aber nicht sonderlich geheimnisvoll. Spannender wird es, wenn sich aus dieser Beliebigkeit (die Null und Eins hätten ebenso durch andere Zahlen ersetzt werden können) eine scheinbare Logik erschließen lässt. Die 23, deren mystische Symbolik aktuell im Kinofilm The Number 23 thematisiert wird (siehe Seite 10), ist solch eine Zahl: Je 23 Chromosomen vom männlichen wie auch weiblichen Elternteil werden an die Nachkommen weitergegeben. Schaut man sich historische Daten an, lässt sich eine stattliche Ansammlung bedeutsamer Ereignisse finden, die vom Beginn des Irakkriegs (20. 03.2003) bis zum Tod zahlreicher Persönlichkeiten an einem dreiundzwanzigsten Monatstag, etwa William Wallace, William Shakespeare oder Che Guevara, reichen. Und selbst vor der NAUTILUS macht die Zahl nicht halt, denn die dreiundzwanzigste Ausgabe führte auf Seite 23 in ihrer Filmkolumne exakt 23 Filme und Serien auf. Bloßer Zufall? Das Wirken einer Geheimgesellschaft? Oder haben die Zahlen an sich die magische Kraft, die Wirklichkeit zu beeinflussen?

Kabbala Das Wort Kabbala kommt aus dem Hebräischen und bedeutet soviel wie Überlieferung. Sie basiert auf der Tora, dem ersten Teil der heiligen Schrift des Judentums, und ist Grundlage einer Geheimlehre. Hinter Buchstaben, aber vor allem hinter Zahlen und deren Reihenfolge, vermuten die Anhänger der Kabbala einen verborgenen Sinn, der mit Hilfe eines Codes entschlüsselt werden kann (im hebräischen Alphabet ist jedem Buchstaben zugleich ein Zahlen-

wert zugeordnet). Sie ist weltweit eine der ältesten Quellen der Zahlenmystik. Obwohl sie sehr viel älter ist, lässt sich ihre Blütezeit auf das 13. Jahrhundert in Spanien datieren. Zu dieser Zeit entstand das Hauptwerk Sohar, das eine weltweite Verbreitung erfuhr und das die mythische Tradition maßgeblich begründete.

Christliche Symbole Die Bibel stellt für die Christen die Grundlage ihres Glaubens dar. Vor allem im alten Testament werden der Sieben und der Zehn eine große Symbolik zugesprochen. So erschafft Gott die Erde in sieben Tagen; den siebten Tag, als sein Werk bereits vollendet ist, erklärt er zugleich zum Ruhetag. Später deutet Josef den Traum des ägyptischen Pharaos damit, dass sieben gute und sieben magere Jahren folgen werden. Da Josef dem Herrscher rät, in den ersten Jahren das Überangebot an Nahrungsmitteln zu lagern und für die kommenden, schlechten Zeiten aufzubewahren, hilft er den Menschen, die Dürrezeit zu überstehen. Die Bedeutung der Zehn lässt sich vor allem in der Geschichte Moses’ wiederfinden. Da der ägyptische Pharao das Volk Israel nicht ziehen lässt, prophezeit ihm Moses zehn Plagen, die über Ägypten kommen werden. Erst nach der letzten, dem Tod des erstgeborenen Sohnes in jeder Familie, bewilligt der Pharao den Auszug aus seinem Land. Bei der späteren Gottesoffenbarung auf dem Berg Sinai erhält Moses die zehn Gebote.

Alltag Einige Zahlen, die in der Bibel mit großer Bedeutungskraft versehen sind, haben ihre symbolische Kraft bis heute behalten: Die Drei, Fünf, Sieben und die Neun beispielsweise gelten als magische Zahlen und sind tief im Alltagsglauben verwurzelt. Speziell die Sieben soll Glück bringen und wird dementspre-

Akte 23 - Blatt 1 Quersummen und Querverweise Dossier zum wiederholtes Auftrete n der Zahl »23« in großen Ereignissen und elementaren Gesetzmäßigkeiten auf den folgenden Seiten der Geheimak te: Grundlegendes Die Quersumme der 23 (2+3) ist die Fünf . Zwei, drei und fünf sind die ersten Primzahlen im Zahlensystem. Die 23, die ebenfalls eine Primzahl darstellt, ist zugleich die klein ste Primzahl, die sich aus zwei Primzahlen zusammensetzt. ✔ Die 23 ist eine Sophie-Germain-Pri mzahl (wird eine Sophie-Germain-Primzahl mit zwei multipliziert und zum Ergebnis eins addiert, ergibt dies wiederum eine Prim zahl). Es gibt nur 37 solcher Zahlen, die kleiner als 1.000 sind. ✔ Die 23 ist ebenfalls Bestandteil der Cunningham-Kette (einer Abfolge von Sophie-Germain-Primzah len bis auf die letzte Zahl: 2, 5, 11, 23 und 47). ✔ Euklid von Alexandria, bedeutender Mathematiker der Antike, benennt exakt 23 Axiome (grundlege nde Sätze) der Geometrie. ✔ Teilt man die Zwei durch die Drei, ergibt das Ergebnis nach der Kommastelle, mit Periode, die Teufelszah l 666. ✔ Die 23 in römischen Ziffern (XXIII) enthält fünf Ziffern. ✔ Das Lateinische Alphabet wurde, nach dem es zunächst nur aus 21 Buchstaben bestand, auf 23 ergän zt. ✔ Im heutigen Alphabet, das nunmehr aus 26 Buchstaben besteht, steht das W an dreiundzwanzigster Stell e. Zwei Spitzen des Buchstabens W zeigen dabei nach unten, drei nach oben.

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Arbeit für die Meisterdetektive

Literatur

Der verschlossene Raum Die Geheimnisse der »locked room mysteries«

»Tatsächlich, die Sache ist ebenso unerklärlich wie in der geheimnisvollen Geschichte vom Mord in der Rue Morgue. Da war auch fast alles so verschlossen, um niemand entkommen zu lassen ...« Gaston Leroux, Das Geheimnis des gelben Zimmers

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u den faszinierendsten literarischen Kriminalfällen gehören die Verbrechen, die in einem hermetisch verschlossenen Raum begangen wurden. Seit über einhundertsechzig Jahren existiert diese besondere Variante der Detektiv-Story, und bis heute fühlen sich Autoren immer wieder herausgefordert, ihr Können mit einer Geschichte dieser Art zu erproben. Das ist kaum überraschend, denn der Reiz, den diese Art zu erzählen bis heute ausübt, hat gute Gründe. Da ist zunächst die Tat selbst. Sie erscheint so unvorstellbar, dass der Leser wenigstens zu Beginn zwischen einer natürlichen und einer übernatürlichen Erklärung hin- und hergerissen ist. Es scheint schlichtweg unmöglich, dass ein gewöhnlicher Krimineller einen solchen Mord - denn meistens handelt es sich um einen Mord - begangen haben sollte. Steht der Verbrecher also mit höheren Mächten im Bunde? Oder ist er einfach nur außerordentlich geschickt? Das Urteil des Lesers schwankt von einer Seite zur anderen, und genau dieses Hin- und Hergerissensein schafft jenes schwer zu definierende, aber mächtige Gefühl des Unheimlichen. Es geht hier schließlich nicht nur um zwei Deutungen eines Kriminalfalles, sondern um zwei einander radikal ausschließende Sichtweisen der Welt: In der einen gibt es das Übernatürliche, in der anderen nicht. Kein Wunder, dass man bei dieser Art von Geschichten sehr schnell den Boden unter den Füßen verlieren kann.

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Doch selbst wenn der Leser von Anfang an nur eine natürliche Deutung der Ereignisse in Betracht zieht, wird seine Situation nicht leichter: Dann muss er nämlich erklären, wie sich die Tat ohne übernatürliche Eingriffe abgespielt haben könnte. Dies dürfte ihm sehr schwerfallen, denn ein Verbrechen in einem verschlossenen Raum ist das kriminalistische Rätsel schlechthin. Die Regeln für diese Art von Fällen sind sehr streng: Es wird nicht plötzlich ein Geheimgang auftauchen, es wird sich niemand melden, der den Mörder bei der Tat beobachtet hat, und es wird sich auch nicht zeigen, dass der verschlossene Raum gar nicht verschlossen war. So einfach liegen die Dinge denn nun doch nicht. Hat der Leser also das perfekte Verbrechen vor sich? Wird er mit einer Tat konfrontiert, an der alle aufklärerischen Bemühungen scheitern müssen? Fast könnte man es glauben, doch dann tritt der Ermittler auf: Er ist auf seinem Gebiet ein Genie, denn ein Meisterverbrechen verlangt einen Meisterdetektiv. Wo die Polizei mit ihren gewöhnlichen Methoden scheitert - und sie scheitert an solchen Fällen regelmäßig - ist er zur Stelle. Dabei ist es in allererster Linie sein Denken, das ihn so überlegen macht, denn die reinen Fakten liegen der Polizei ja ebenfalls vor. Damit ergibt sich aber auch für den Leser eine zusätzliche Spielvariante beim Lösen des Rätsels: Jetzt versucht er nicht nur herauszufinden, was sich in Wahrheit im verschlossenen Zimmer abgespielt hat, er tritt auch in Konkur-

renz zu dem Detektiv, der dieses Ziel ebenfalls verfolgt. Kombiniert der Leser vielleicht noch raffinierter als das Superhirn des Ermittlers? Ist dem Leser eine Spur aufgefallen, die der Detektiv erst später aufgreifen wird? Oder findet der Leser eine zwar in diesem Fall nicht zutreffende, aber doch mögliche Deutung, die selbst strengster logischer Prüfung standhält? Vielleicht, auch wenn es schwierig wird. Doch jetzt sind alle drei Fall, Ermittler und Leser - versammelt, und das Spiel kann beginnen.

Die Titel Es war Edgar Allan Poe, der mit seiner Erzählung Die Morde in der Rue Morgue (1842) diese Art von Geschichten begründete. Zu seinen interessantesten Nachfolgern auf diesem Gebiet gehören Arthur Conan Doyle mit seiner Geschichte Das gefleckte Band (1891), Gaston Leroux mit seinem Roman Das Geheimnis des gelben Zimmers (1908), sowie John Dickson Carr mit den Romanen Der verschlossene Raum (1935) und Die schottische Selbstmord-Serie (1941). Ein gutes neueres Beispiel ist Stephen Kings Erzählung Der Fall des Doktors (1993), die Conan Doyles Ermittler Dr. Watson und Sherlock Holmes wieder aufleben lässt. Eine Variante der »locked room mysteries« bilden übrigens die »locked tomb mysteries«, die eine verschlossene Grabkammer zum Schauplatz haben und in Ägypten spielen. Diese Szenerie bietet ausgezeichnete Möglichkeiten, eine ganz bestimmte Atmosphäre heraufzubeschwören, was zum Beispiel Agatha Christie in ihrer Hercule-PoirotGeschichte Das Abenteuer des ägyptischen Grabes (1924) sowie Elizabeth Peters in ihrer Erzählung Das Geheimnis der verschlossenen Grabkammer (1989) genutzt haben. An den grundsätzlichen Aspekten von Verbrechen in verschlossenen Räumen ändert der exotische Schauplatz natürlich nichts.


Die Aufklärung des Übernatürlichen

Literatur

Erklärte Phantastik Schlüsselwerke des »Explained Supernatural«

»Mumpitz, Watson, Mumpitz! Was haben wir mit umgehenden Leichnamen zu schaffen, die es nur dann in ihren Gräbern hält, wenn man ihnen einen Pfahl durchs Herz stößt? Das ist doch purer Wahnsinn. Diese Agentur hier steht mit beiden Füßen fest auf der Erde, und da muss sie auch bleiben. Uns reicht die Welt schon so, wie sie ist; für Geister haben wir keine Verwendung.« Sherlock Holmes in Der Vampir von Sussex

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er phantastische Gruselgeschichten als seine Lieblingslektüre betrachtet, erwartet von unglaublichen Dingen zu lesen, von Gespenstern, Unholden und Dämonen, von schrecklichen Flüchen und finsteren Prophezeiungen, von sinistren Ritualen, Magie und Zauberwerk kurzum: dem Übernatürlichen, das sich jeder rationalen, naturwissenschaftlichen Erklärung widersetzt. Das Übernatürliche scheint quasi die Grundvoraussetzung zu sein, damit märchenhafte und phantastische Literatur funktionieren kann. Speziell die Fantasy im engeren Sinne, die Dark Fantasy und der Horror verlangen, dass sich darin wenigstens ein Ereignis findet, das wissenschaftlich nicht zu erklären ist; ein Ereignis, das die gewohnte Ordnung der Dinge durchbricht und Erfahrungen vermittelt, die so im Alltag nicht zu finden sind, seien sie nun düsterer oder glücklicher Natur, und deren Wirkung und Motiv aus dem Reich des Übernatürlichen stammt. Es gibt jedoch eine Reihe von Romanen im Genre der Phantastik, die bewusst mit diesem Grundprinzip brechen. In ihnen wird das Phantastische im Nachhinein erklärt. Im Englischen gibt es für diese Werke einen eigenen Gattungsbegriff: »Explained Supernatural« - die »erklärte Phantastik«. Damit gehen die Autoren ein großes Risiko ein, denn es kann doch, so würde man erwarten, nur enttäuschend sein, wenn man erfährt, dass die phantasti-

schen Ereignisse, an die man während der Lektüre geglaubt hat, nicht wirklich phantastisch waren. Warum also nehmen Autoren dieses Risiko überhaupt auf sich? Und warum wirken ihre Werke wider Erwarten keineswegs enttäuschend? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, müssen wir uns die Entwicklung und die Spielarten des Explained Supernaturals genauer ansehen.

Grausiger Schrecken Der moderne phantastische Roman entstand im England des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts in Form der so genannten »Gothic Novels«, deren Werke im Deutschen üblicherweise als »Gespensterromane« oder »Schauerromane« bezeichnet werden. Als Begründer gilt Horace Walpole, vierter Earl von Oxford, der 1764 anonym seinen Roman The Castle of Otranto veröffentlichte. Der Autor gibt die erzählte Handlung im Vorwort als Schilderung einer wahren Begebenheit

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LITERATUR

Von Herodot bis Cees Nooteboom

DAS GROSSE

ABENTEUER Abenteuerliteratur und historische Reiseberichte

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ie Neugier auf die Welt ist einer der fundamentalen Charakterzüge des Menschen. Den wenigsten scheint es zu genügen, nur die eigene Heimat zu kennen; die meisten möchten wissen, wie es hinter der nächsten Wegbiegung weitergeht. Quer durch die Kontinente, über die Meere und schließlich gar in den Weltraum führt die Reise, und ein Ende ist nicht

abzusehen. Denn zu groß ist die Verlokkung, in der Begegnung mit dem Fremden die eigene Welterfahrung emotional und spirituell zu erweitern - und natürlich anderen Menschen davon zu berichten. Im besten Fall gelingt es dem Reisenden nämlich, den Geist eines bestimmten Ortes (den so genannten genius loci) einzufangen und ein Gespür für Geschichten zu entwickeln, die sich nicht überall, sondern nur an einem ganz bestimmten Ort ereignen können. Einem Ort, der vielleicht sogar von diesem Reisenden selbst zum ersten Mal erkundet wurde.

Filmische Entdeckungen Kino- und TV-Filme und Serien über Forschungsreisen und Entdecker King Kong Die Geschichte um den Riesenaffen und die weiße Frau existiert schon seit den Anfängen des goldenen Kinozeitalters. Eine Filmcrew reist zu einer exotischen Kannibaleninsel, um dort vor authentischer Kulisse einen Abenteuerfilm zu drehen. Kaum auf der Insel angekommen, wird aber auch schon die Hauptdarstellerin entführt, um einem riesigen Affen geopfert zu werden. Das Original aus dem Jahre 1933 verblüfft vor allem durch die für die damalige Zeit phänomenalen Tricks und

Stop-Motion-Animationen von King Kong und anderen Monstern. Peter Jackson machte aus der Vorlage 2005 einen epischen Film, bei dem nicht nur King Kong mehr Platz erhält, sondern auch die Heimatinsel des Riesenaffen spektakulär in Szene gesetzt wurde. Darüber könnte man fast vergessen, dass es zwischen dem Urvater aller Monsterfilme und seiner neuesten Verfilmung noch eine ganze Reihe weiterer Streifen mit dem Riesenaffen gab, die aber nicht an Jacksons Version oder das Original heranreichen können.

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In Europa hat das Genre des Reiseberichts, in dem solche Erfahrungen erzählt werden, eine lange Tradition, und die wichtigsten Beispiele sollen hier vorgestellt werden. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Werken, die zur Grundlage späterer Romane wurden, also realen Reiseberichten, die große Werke der Abenteuerliteratur und der Phantastik beeinflusst haben. Doch auch diejenigen Geschichten fehlen nicht, die zwar im Stil eines Reiseabenteuers geschrieben sind, in Wahrheit aber einzig der Fantasie der Autoren entspringen.

Moby Dick Unter den vielen Verfilmungen des Buchklassikers von Hermann Melville sticht die Version von 1956 immer noch heraus. Neben einer großartigen Schauspielerriege, angeführt von Gregory Peck als Kapitän Ahab, sind es vor allem die authentisch wirkenden Aufnahmen des Schiffs und seiner Crew und die detaillierte Nacherzählung des Buchs, die den Film von seinen Nachfolgern (und einem Vorgänger) abheben. Die Drehbuchautoren John Huston und Ray Bradbury benutzten viele Dialogzeilen aus der Buchvorlage von Hermann Melville und hielten sich auch sonst so eng wie möglich an den Roman. So wurde Moby Dick zu einem Klassiker, dem man seine Jahre bis heute nicht ansieht.

Nicht ganz so gut wie die Kinofassung, aber immer noch sehr sehenswert ist der TV-Film aus dem Jahr 1998 mit Patrick »Picard« Steward spielt hier den Kapitän Ahab. Auch Gregory Peck taucht in einer kleineren Rolle als Verbeugung an die ältere Moby Dick-Verfilmung noch einmal auf.


HISTORISCHE REISEBERICHTE Interview mit Gudrun Kolb-Rothermel (Edition Erdmann)

■ Wie sind Sie dazu gekommen, sich für dieses sehr spezielle Genre zu engagieren?

ten interessierten Leser die Möglichkeit zu eröffnen, sich durch die Jahrhunderte hinweg auf den Spuren der großen Entdecker zu bewegen. ■ Warum lohnt es sich auch heute noch, trotz aktueller Informationen aus anderen Medien, historische Reisebeschreibungen zu lesen? Vor allem dort, wo das echte Nacherleben einer berühmten Reise oder Entdeckungsfahrt heute aus politischen oder infrastrukturellen Gründen nur schwer oder gar nicht möglich ist, bietet die Beschäftigung mit authentischen Reiseberichten eine Möglichkeit, Fantasie und Wirklichkeit zu vereinen. Gerade in einer Zeit, in der Mythen und Fantasiewelten verstärkt das Interesse des Lesepublikums gewonnen haben, ist es doch äußerst spannend nachzuerleben, dass vieles von dem, was wir heute in aufwändigen Kinoproduktionen oder auch Adventure-Games präsentiert bekommen, seinen Ursprung in tatsächlich erlebten Abenteuern hat.

■ Gibt es ein Werk, das Ihnen besonders am Herzen liegt oder auf das Sie besonders stolz sind? Diese Frage sollte eigentlich unbeantwortet bleiben. Eine Auswahl wäre rein subjektiv und würde der Bedeutung der anderen Texte, die wir im Programm haben, nicht gerecht. Ich selbst lese mit Begeisterung diejenigen Berichte, die sich mit dem Aufeinandertreffen westlicher Reisender mit dem orientalischen Kulturkreis befassen, wie dies beispielsweise bei Richard Francis Burton oder Baron Nolde der Fall ist. Aber es gibt Berichte, die historisch bedeutender sein mögen, wie die Logbücher Captain Cooks oder die Reiseberichte der großen Polarforscher wie Amundsen oder Scott. ■ Welche nächsten Projekte befinden sich im Augenblick bei der Edition Erdmann in Planung? Derzeit haben wir die deutsche Übersetzung der Tagebücher der Lewis &

Die Edition Erdmann, obwohl erst seit 2003 wieder selbständig, ist kein neuer Verlag. Sie wurde vor 40 Jahren in Tübingen als Verlag für Kulturaustausch gegründet und dann mehrfach verkauft. Es ist das persönliche Interesse der heutigen drei Verleger gewesen, sich mit historischen Themen in einer nicht-fiktionalen Weise auseinanderzusetzen und dem an authentischen Tex-

sionen über den Sinn von Lost wie an Interneträtseln der Produzenten beteiligt, die weitere Hinweise auf die Mysterien der Insel geben könnten. Shogun Für viele deutsche Zuschauer war die Erstausstrahlung der TV-Serie nach dem gleichnamigen Roman die erste Begegnung mit Japan. Als einer der ersten »Gaijin« entdeckt der Seemann John Blackthorne (Richard Chamber-

Foto: Edition Erdmann

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er in deutscher Sprache historische Reiseberichte lesen möchte, ist in einer beneidenswert guten Lage, denn die Edition Erdmann aus Lennigen widmet sich diesem Genre höchst engagiert. Neben vielen der bereits im Artikel genannten Originalwerke bietet die Edition Erdmann eine ganze Reihe ebenso wichtiger Reiseautoren, so unter anderem Sven Hedin, James Cook und Heinrich Schliemann, und sie versammelt darüber hinaus solche Raritäten wie die Berichte von Heinrich dem Seefahrer aus dem 15. Jahrhundert. Im Augenblick sind über achtzig Titel lieferbar, die auf überzeugende Weise das Motto des Verlages illustrieren: »Die Welt ist wie ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon« (Augustinus). Gudrun Kolb-Rothermel von der Edition Erdmann war freundlicherweise bereit, der NAUTILUS per Interview einige grundsätzliche Fragen zu diesem Thema zu beantworten.

Clark-Expedition in den damals tatsächlich noch Wilden Westen der USA in Arbeit; weiterhin interessiert uns das Thema Marokko vor der Kolonialisierung. ■ Gibt es ein Buch, das Sie Lesern, die sich bisher noch gar nicht mit diesem Genre beschäftigt haben, als Einstieg empfehlen können? Das hängt sehr stark vom geographischen Interesse des jeweiligen Lesers ab. Man darf nicht vergessen, dass historische Reiseberichte keine historischen Romane sind und daher in der Regel auch nicht mit wilden Kampfszenen oder Lovestorys aufwarten. Als Einstieg würde ich eines der oben genannten Bücher empfehlen, oder aber den Titel Mit Napoleon nach Ägypten von Vivant Denon, für den beim breiten Publikum wohl eine Grundlage an Geschichtswissen vorhanden sein dürfte. ■ Vielen Dank für diese interessanten Anregungen. Die Fragen stellte Martin Ruf b

lain) das Japan des Tokugawa-Shogunats und gerät schnell in eine Intrige zwischen verfeindeten Samurai-Familien. Als sich Blackthorne dann auch noch in die Tochter seines Mentors Toranaga verliebt, nimmt seine Reise nach Japan endgültig eine dramatische Wendung. Shogun basiert lose auf der historischen Machtergreifung Tokugawa Ieasus im Japan des 17. Jahrhunderts und prägte jahrelang die Vorstellungen vom Land der aufgehenden Sonne und seiner Samurai-Kultur. Bezeichnend ist hierbei, dass sich der Autor des Romans, James Clavell, bei seinem Bild der japanischen Kultur einige Freiheiten nahm. Inzwischen sind die Informationsquellen über Japan gewachsen, als Abenteuergeschichte ist Shogun aber nach wie vor ein Klassiker, der

zeigt, wie gut TV-Produktionen sein können. Empfehlenswert ist vor allem die sechsteilige Original-TV Serie, die auf die komplette Geschichte von Blackthorne eingeht und viele Details zeigt, die in der Filmfassung herausgekürzt wurden. Bei seiner Erstausstrahlung konnte Shogun Traumquoten erzielen und sorgte dadurch für eine ganze Welle von TV-Miniserien mit historischen Themen. Survivor Keine TV-Serie im eigentlichen Sinne ist die in den USA sehr beliebte Reality Show Survivor, in der seit inzwischen sieben Jahren zwei Teams auf einer einsamen Insel ausgesetzt werden, und neben verschiedenen Aufgaben auch eine noch größere Herausforde-

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rung bestehen müssen: Mit wenig mehr als der eigenen Kleidung auf einer einsamen Insel, in der Mitte von Afrika oder in anderen entfernten Gegenden zu überleben. Woche für Woche scheidet ein Mitglied eines der Teams aus, bis der letzte Überlebende mit einem satten Gewinn nach Hause gehen kann. Survivor wurde mit zwei Emmys ausgezeichnet - eine Übersetzung (oder Umsetzung) ist aber noch nicht geplant. Sebastian Geiger b

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ES WAR EINMAL DIE BEKANNTESTEN MÄRCHENFIGUREN

W Die deutschen Top 20 Was die deutschen Volksmärchen angeht, haben die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm die Nase vorn: Ihre 1812 erstmals erschienenen Kinder- und Hausmärchen erfuhren mehrere Neuauflagen und teilweise drastische inhaltliche Veränderungen. Neben den Gebrüdern Grimm ist auch Ludwig Bechsteins Märchensammlung bedeutend, die kurz darauf erstmals veröffentlicht wurde. Mehrere heute als typisch deutsch geltende Märchen gehen allerdings bis ins Jahr 1695 zurück, als sie erstmals von Charles Perrault in Frankreich aufgeschrieben und gedruckt wurden, darunter Aschenputtel, der Gestiefelte Kater und Dornröschen. Da sie aber später auch von den Grimms aufgeschrieben wurden, erscheinen sie an dieser Stelle. 20. Tischlein, deck Dich Drei Schneidersöhne müssen nacheinander eine Ziege hüten, die jedesmal ihren Hirten fälschlicherweise beschuldigt, ihr nichts zu fressen gegeben zu haben. Der Vater jagt einen Sohn nach dem anderen aus dem Haus, sodass diese in die Lehre gehen müssen. Jeder von ihnen erhält am Ende der Lehrzeit ein magisches Geschenk: Der älteste das »Tischlein, deck dich« (das auf Kommando an Speis und Trank alles auftischt, was man möchte), der mittlere den Goldesel (der auf das Zauberwort »Bricklebrit« vorne wie hinten Goldstücke ausspuckt) und der jüngste einen Zauberknüppel (der auf Zuruf aus dem Tragesack fährt und alle verprügelt,

die ihm sein Besitzer zuweist). Alle drei beschließen, nach Hause zurückzukehren, und alle der drei machen nacheinander im gleichen Gasthof Halt: Doch der Wirt betrügt die beiden älteren Brüder, die mit ihren Geschenken geprahlt haben, und tauscht ihre kostbaren Gaben gegen wertlose Duplikate ein, sodass sie sich und ihren Vater zuhause blamieren. Der Jüngste aber ist schlauer und tut mit seinem Geschenk besonders geheimnisvoll. Als der Wirt den Sack zu stehlen versucht, fährt der Knüppel aus dem Sack und prügelt ihn windelweich, bis er auch die beiden anderen Zaubergeschenke wieder herausgibt. Damit sind alle drei Brüder beim Vater wieder rehabilitiert, während die bösartige Ziege davongejagt wird. 19. Der Fischer und seine Frau In einem Pisspott leben der Fischer und seine Frau Ilsebill; als der Fischer eines Tages einen Butt fängt, überzeugt ihn dieser, er sei ein verwunschener Prinz und verdiene es, wieder freigelassen zu werden. Ilsebill ist wütend auf ihren Mann, weil dieser die Zauberkraft des Fisches nicht ausgenutzt hat, worauf dieser zurück zum Meer geht, sich an den Fisch wendet und von Ilsebills Wünschen erzählt. Der Butt erfüllt die Wünsche Ilsebills, die immer grotesker werden - sie wird zum König, Kaiser und schließlich sogar Papst. Als sie jedoch verlangt, Gott zu werden, überstrapaziert sie die Langmut des Butts und landet wieder da, wo alles anfing: in einem Pisspott.

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ährend viele Jahrhunderte lang die Menschen mit vielen Verweisen auf einige wenige Werke der Weltliteratur und natürlich die Bibel aufgewachsen sind, ist uns in den letzten fünfzig Jahren diese Art Anspielungen allmählich verloren gegangen. Sie wurde verdrängt durch die ansteigende Zahl von literarischen Werken und, natürlich, die bewegten Bilder in Kino und TV. Aber es gibt einige Anspielungen, die jeder westliche Mensch des 21. Jahrhunderts sofort versteht, weil sie auf eine besonders hartnäckige Literaturgattung verweisen: auf die Märchen. Der Erfolg der parodistischen Märchenstunde auf Pro Sieben und vieler Märchenverfilmungen von Disney (beispielsweise Aladdin, Cinderella oder Bambi) oder osteuropäischen Anbietern (Klassiker sind mittlerweile Drei Haselnüsse für Aschenbrödel oder Die Märchenbraut) belegen dies. Was wir als Kinder von Eltern und Großeltern gehört, selbst gelesen oder auch verfilmt leibhaftig vor Augen geführt bekommen haben, sind und bleiben die Märchen. Auf den folgenden Seiten stellen wir eine Auswahl bekannter Märchenfiguren aus Volks- und Kunstmärchen quer durch alle Länder vor.

18. Der Wolf und die sieben Geißlein Eine Ziegenmutter warnt ihre sieben Kinder davor, dass sie niemandem während ihrer Abwesenheit die Türe öffnen sollten, da der Wolf in der Gegend hause. Nachdem sie zum Einkaufen das Haus verlassen hat, klopft tatsächlich der Wolf an und versucht, die Geißlein dazu zu überreden, ihn einzulassen - zweimal durchschauen die Geißlein seine Verstellungskünste (beim ersten Mal an der Stimme, beim zweiten Mal an der schwarzen Pfote), aber beim dritten Mal hat er alles bedacht und sie lassen ihn ein. Der Wolf verschlingt sechs der sieben Geißlein, das kleinste Geißlein aber hat sich im Uhrkasten der großen Standuhr versteckt und wird übersehen. Als die Mutter nach Hause kommt, erfährt sie vom jüngsten Geißlein, was geschehen ist, und macht sich an die Verfolgung des Bösewichts. Sie findet ihn schlafend auf der Wiese, schneidet ihm den Bauch auf und befreit ihre Kinder. Gemeinsam füllen sie den Bauch mit Steinen und nähen ihn wieder zu. Als der Wolf erwacht und es im Bauch rumpeln fühlt, geht er zum nächsten Brunnen, um zu trinken, verliert aber der Steine wegen das Gleichgewicht, fällt hinein und ersäuft.

17. Hase und Igel Den Wettlauf zu Buxtehude zwischen dem angeberischen, vornehmen Hasen und dem einfachen, krummbeinigen Igel in zwei parallel verlaufenden Ackerfurchen gewinnt nicht der schnelle Hase, sondern der bedächtige Igel: Er selbst befindet sich nur am Start und duckt sich nach Rennbeginn weg, während seine von ihm nicht unterscheidbare Frau am Ziel in einer Ackerfurche liegt und kurz vor dem Eintreffen des Hasen aufsteht. Dem Hasen kommt es so vor, als sei der Igel viel schneller, und er verlangt ein ums andere Mal Revanche, bis er vor Erschöpfung tot zusammenbricht. 16. Rapunzel Ein lange kinderloses Paar erwartet ein Kind; als die schwangere Frau Feldsalat (Rapunzeln) im Garten nebenan sieht,


LITERATUR

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ine junge Frau wird unter einem Torbogen mit Goldstücken übergossen, eine andere mit Pech. Zwei kleine Mädchen spielen ausgelassen mit einem riesigen Bären. Eine böse Stiefmutter muss so lange in glühenden Eisenpantoffeln tanzen, bis sie tot umfällt. Die Tränen der Geliebten heilen einen jungen Mann, der durch den Sturz in einen Dornbusch sein Augenlicht verloren hat - kein Zweifel: Märchen, wie auch andere große Dichtungen, wirken vor allem durch ihre intensiven Bilder. Sie sind es, an die man sich manchmal noch Jahre und Jahrzehnte nach der Lektüre erinnert, wenn man viele Details der Handlung längst vergessen hat. Natürlich werden das nicht immer dieselben Bilder sein, denn alleine die Märchen der Brüder Grimm, aus denen die genannten Beispiele stammen, bieten eine so überreiche Fülle an visuellen Eindrücken, dass das Gedächtnis des einzelnen Lesers unweigerlich eine gewisse Auswahl treffen wird. Und doch

sind es eben immer wieder diese grausamen und zärtlichen, traurigen und hoffnungsvollen und manchmal schlichtweg verrückten Bilder, die die meisten Leser spontan mit Märchen verbinden. Allenfalls noch das große Thema der poetischen Gerechtigkeit, das viele Märchen darstellen, mag dem Leser ähnlich deutlich in Erinnerung bleiben auch weil es oft ganz direkt mit diesen Bildern verbunden ist. Dass Leiden gelindert, die Guten belohnt und die Bösen bestraft werden, steht manchmal in einem so krassen Gegensatz zu den realen Verhältnissen in dieser Welt, dass die Schilderung einer in mancher Hinsicht düsteren, aber eben auch gerechten Welt einen tiefen Eindruck hinterlässt. Und wenn Lohn und Strafe überdies sehr deutlich ausfallen, dann ist die tiefe Befriedigung des Lesers umso größer. Intensive Bilder und eine Antwort auf die Sehnsucht nach Gerechtigkeit

sind so fundamental für diese Art von Geschichten, dass man kaum glauben mag, es gebe noch einen anderem Aspekt von Märchen, der eine ebenso wichtige Bedeutung besitzt. Und doch gibt es ihn: Es handelt sich dabei um die so genannte Erzählstruktur, also die Art und Weise, wie ein Märchen aufgebaut ist und wie die einzelnen Schritte der Handlung aufeinander folgen. Mit diesem Thema hat sich in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts der Märchenforscher Vladimir Propp beschäftigt. Streng genommen untersuchte er nur die Strukturen russischer Volksmärchen, doch es zeigte sich, dass diese Muster auch bei vielen anderen Märchen zu finden sind. Propp entdeckte 31 Elemente (auch »narrative Funktionen« genannt), die in der scheinbar chaotischen Überfülle verschiedenster Geschichten immer wiederkehren. Natürlich verwendet nicht jedes einzelne Märchen alle diese Elemente, doch

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Märchen weisen eine universelle Erzählstruktur auf, dessen Muster auch in modernen Geschichten wiederzufinden ist


Riesenechsen zwischen Buchdeckeln

Literatur

Tintendrachen Die bedeutendsten Fantasy-Romane um Drachen

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n der modernen Fantasy-Literatur spielen Drachen eine wichtige Rolle. Vor allem als mächtigstes Hindernis für den Helden, aber auch als uralte Wesenheit, häufig vom Anfang der Schöpfung selbst stammend, und im

Besitz großer Weisheit. Im folgenden Beitrag stellen wir die wichtigsten Erzähler um die großen Drachen der Literatur und Fiktion vor:

Drachenbeinthron In Deutschland ist die mehrbändige Reihe epischen Ausmaßes Das Geheimnis der großen Schwerter als Osten Ard Saga oder Drachenbeinthron-Saga bekannt, im Original heißt sie Memory, Sorrow and Thorn. Auf tausenden von Seiten zeichnet Tad Williams (Otherland) handwerklich sauber und auf unterschiedlichsten Ebenen das Bild einer Welt, die kurz vor dem Zusammenbruch steht: König Johan hatte vor langer Zeit den letzten und größten Drachen töten und alle Länder unter einer Krone vereinen können. Von der Festung Hochhorst aus regierte er weise und gerecht. Doch er ist alt geworden, und nach seinem Tode bricht ein Streit zwischen seinen Söhnen Elias und Josua aus - bald schon zeigt sich, dass der ältere Sohn und neue König, Elias, sich einen Verbündeten ausgesucht hat, um die Welt zu beherrschen: den Sturmkönig Ineluki. Rasch überzieht ein Krieg die Welt Osten Ard, der ihre Grundfesten erschüttern wird. Ineluki und die Nornenkönigin Utuk’ku wollen die Menschen und das uralte Volk der Sithi vernichten, und es sieht so aus, als ob der junge, naive Simon Schneelocke, der zu Beginn der Geschichte aus dem Hochhorst fließen musste, weil er zuviel gesehen hatte, eine ganz besondere Rolle spielen soll. Tad Williams Osten Ard ist eine kulturell reichhaltig ausgestaltete Welt, deren Völker realen Vorbildern folgt und deren Komplexität in Struktur und Inhalt

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an J.R.R. Tolkiens mythologische Welt Mittelerde erinnert. Williams wird auch oft als Nachfolger Tolkiens bezeichnet, aber der einzig wirklich vergleichbare Punkt bei diesen beiden Autoren ist ihr Hang zu extrem langen und komplexen Erzählungen. Eine erzählerische Technik beherrscht Williams aber genauso gut wie der Altmeister selbst, und das ist, historische Tiefe zu suggerieren. Die Festung Hochhorst war einst ein Ort der Sithi, dann besiegte Johan Presbyter den Drachen und vergrub seine Knochen in den Höhlen unterhalb der Festung. Schicht um Schicht legt sich übereinander und verlangt einen geduldigen Leser, der aber spätestens nach der ersten Hälfte des ersten Bands die Erzählung nicht mehr aus der Hand legt.

Smaug und Glaurung Die besondere Komplexität und erzählerische Dichte, die J.R.R. Tolkiens Werke so auszeichnen, lassen sich unter anderem damit erklären, dass er als Experte für Angelsächsisch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit vielen Sagen und Mythen suchte - und in diesen spielen Drachen eine nicht unwesentliche Rolle. In mehreren seiner Bücher sind sie daher von Bedeutung: In Der Hobbit ist es Smaug, der die Zwerge aus dem Königreich unter dem Berg Erebor vertreibt und sich auf ihrem Gold niederlässt. Wie Bilbo Beutlin mit Thorin Eichenschild und den Zwergen den Drachen besiegen und Zwerge, Menschen und Elben von diesem Fluch befreien hilft, das ist ein sehr erfolgreiches Kinderbuch geworden. Jedoch ist beim Hobbit nichts von der Verniedlichung der Drachen zu spüren, die gerade in den letzten zwanzig Jahren stattgefunden hat: Smaug ist mächtig, hinterhältig und verschlagen, gnadenlos und unbesiegbar, gäbe es nicht seine eine, einzige Schwachstelle. Auch wenn Der Herr der Ringe Drachen nicht zum zentralen Thema hat, so


Wortspiele und Zauberwesen

Das magische Land Xanth Eine Beschreibung der Personen, Völker und Schauplätze

A

ls 1977 in Amerika der erste Band der Saga vom magischen Lande Xanth erscheint, kann dessen Autor, Piers Anthony, bereits auf ein Œvre von mehr als 30 Romanen und Kurzgeschichten zurückblicken. Der 1934 geborene, zum Lehrer ausgebildete Schriftsteller begann mit einer verstärkten Romanproduktion allerdings erst Mitte der 70er Jahre. In dieser Zeit entsand der im Original mittlerweile auf 31 Bände angewachsene Xanth-Zyklus, der im Laufe der Zeit zu Amerikas beliebtester Fantasy-Reihe geworden ist. Seit dem Erscheinen des ersten XanthRomans hat Piers Anthony durchschnittlich jedes Jahr eine Fortsetzung veröffentlicht, ohne dabei seine anderen Romanzyklen und Trilogien zu vernachlässigen, zu denen u.a. die Titanen-Trilogie oder der Zyklus Die Inkarnation der Unsterblichkeit gehört. Wie diese Werke erscheint auch die Xanth-Saga in Deutschland bei Bastei-Lübbe.

Welt und Umwelt Das magische Land Xanth grenzt an die magie- und phantasielose Welt von Mundania, die sehr viel Ähnlichkeit mit unserer heutigen Welt hat. Anders als in Mundania tummeln sich in Xanth neben den Menschen Zentauren, Oger, Drachen und viele andere Lebewesen, die ihre Existenz entweder der Magie verdanken oder ein magisches Talent besitzen, also zaubern können. Anthony verfolgt als Chronist die Schicksale und Abenteuer der Bewohner Xanths seit der Zeit, als der Magier Trent aus seiner mundanischen Verbannung nach Xanth zurückkehrt und dort König der Menschen wird. Die Helden der Romane sind jedoch nicht nur Menschen, sondern unter anderem ein Oger, ein Gespenst, ein handgroßer Golem sowie ein Alpträume transportierendes Pferd. Häufig gehen allerdings auch Gruppen auf Queste. Der Zusammenhalt der Xanth-Reihe wird sowohl durch den allen Romanen gemeinsamen Handlungsort - Xanth als auch durch chronologische Hinwei-

se gewährleistet, deren wichtigste die Familienbildungen und Altersangaben der Protagonisten sowie die Bezugnahme auf früher geschilderte Abenteuer sind. So liegen zwischen der Handlung des ersten und der des 13. Bandes ungefähr 50 Jahre. Da Anthony mit der Zeit dazu übergegangen ist, die Xanth-Romane um immer jüngere Hauptpersonen zu bilden und mit immer mehr Figuren anzureichern, hat er Gelegenheit im Überfluss, Probleme, Fetische, Irrtümer und Vorurteile zwischen Kindern und Erwachsenen, aber auch zwischen den verschiedenen Völkern zu beleuchten und zu ironisieren. Dies gelingt ihm, ohne belehrend zu sein.

Die Welt Xanth Xanth ist eine längliche Halbinsel auf einer großen mundanischen Weltkugel Die einzige Landverbindung nach Mundania ist der Isthmus im Nordwesten, doch kann man auch über das Meer in diese wenig geschätzte Welt gelangen. Xanth ist wenig erforscht und kaum kartographiert, denn das gesamte bekannte Gebiet besteht aus einer sich ständig wandelnden Wildnis, in der man leicht auf fleischfressendes Gras, Lethargiebäume, Giftquellen, Tentakelbäume, Illusionen, explodierende Feuerfliegen und andere Gefahren treffen kann. Einen fremdartigen Zug erhält die Flora durch die weitverbreiteten Büsche und Bäume, an denen z.B. Brote, Kissen, Schuhe, Glocken, Türknäufe oder Bekleidung wachsen. Daneben gibt es natürlich auch die anzapfbaren Limonaden- und Bierbäume. Die Fauna besteht durchweg aus nicht-mundanischen Tieren, d.h. Hunde, Pferde, Kühe und dergleichen gibt es in Xanth nicht oder nur in Form von Abarten wie dem Einhorn oder der Stacheln verschießenden Kaktuskatze. Daneben gibt es vielerlei Mischformen wie Mantikore, Ameisenlöwen oder die Catoblepas, geschuppte Vierbeiner mit Gorgonenhaupt.

Magie Diese Mischformen werden durch die

Existenz der im ganzen Lande gegenwärtigen Magie ermöglicht, ebenso der Umstand, dass in Xanth alle vernunftbegabten Lebewesen dieselbe Sprache sprechen: Zudem haben alle Angehörigen bestimmter Völker, wie Menschen oder Zentauren, individuelle magische Talente, die stärker oder schwächer ausgeprägt sein können: Jedes dieser Individuen hat seinen persönlichen Zauberspruch, auf den es beschränkt ist und den es beliebig oft und manchmal auch unbewusst einsetzen kann. Ob das Talent als groß, mittel oder klein gilt, hängt davon ab, wie vielfältig einsetzbar es ist. Andere Wesen, wie die Oger, haben alle dasselbe Talent, nämlich Schlagen und Reimen, während Kobolde und Harpyien je ein halbes individuelles Talent besitzen, das nur in Erscheinung tritt, wenn ein Kobold und eine Harpyie sich berühren. Viele andere Wesen wie die Drachen haben kein magisches Talent. Die Quelle aller Magie ist der Dämon X(A/N)th, der sich tief unter der Erdoberfläche im Gestein befindet und über seinem nächsten Zug im Spiel der interplanetarischen Dämonen brütet. Ziel ist es, an die Spitze der Hierarchie zu gelangen. Einst kam er nach Xanth, um eine Spielstrafe abzusitzen, die gut 2.000 Jahre dauerte. In dieser Zeit sonderte sein Körper Magie ab, die das Land durchtränkte und Einfluss auf die Lebensformen nahm. Da für ihn die Bewohner von Xanth unwichtige und kaum wahrnehmbare Wesen sind, verschwand er nach Ablauf der Strafe und mit ihm die Magie, was in kurzer Zeit den Tod aller magischen Kreaturen und die Mundanisierung des Landes nach sich gezogen hätte, wäre X(A/N)th nicht nach wenigen Stunden zurückgekehrt, um in jahrhundertelanger Ruhe die neuen Regeln des kosmischen Spiels zu lernen und seine Strategie zu überlegen.

Menschen Die Hauptpersonen rekrutieren sich vor allem aus der Königsfamilie. In der ersten Generation haben wir König Trent

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Xanth ist witzig erzählt, allerdings sind viele Witze Wortspiele, die bei der Übersetzung manchmal verlorengehen


M

arkus Heitz ist vor allem dank seiner Die ZwergeReihe (Die Zwerge, Der Krieg der Zwerge, Die Rache der Zwerge sowie das Spielbuch Die dritte Expedition) einer der erfolgreichsten deutschen FantasySchriftsteller. Sein neuer Roman Die Mächte des Feuers spielt nicht in einer Fantasy-Welt, sondern in unserer Erde des zwanzigsten Jahrhunderts - bereichert um feuerspeiende Drachen. Unser Mitarbeiter Sebastian Geiger hatte im August die Gelegenheit, den Autoren über Drachen, Fantasy-Erzählungen und Schriftstellerei zu befragen. ■ Die Mächte des Feuers ist anders als Ihre bisherigen Fantasy-Romane: Denn er spielt auf unserer Welt, in den zwanziger Jahren. Woher kam diese Idee? Die meisten Leserinnen und Leser werden wissen, dass der Heilige Georg als der Drachentöter schlechthin in der katholischen Kirche gilt. Aber der gute Mann ist da nicht alleine. Bei einer Recherche für ein anderes Projekt stolperte ich über den Hinweis, dass die Kirche mehr als 60 Drachenheilige kennt. Das machte mich stutzig, ich recherchierte: Mal sind es nur Beschützer, mal sind es aktive Kämpfer gegen Drachen gewesen. Und da hatte ich die Idee: Wie wäre es, wenn es deren Nachfahren noch immer gäbe? Sowohl die der Drachen als auch die der Drachentöter? Ein Szenario in der heutigen Zeit anzusiedeln reizte mich nicht, es sollte et-

»Kreativität kann ein Fluch sein«

Drachen, Zwerge, dunkle Zeiten Interview mit Markus Heitz

was zwischen Moderne und Vergangenheit sein. Ich wollte Nostalgie, aber nicht das bekannte viktorianische Setting. Die zwanziger Jahre fand ich am reizvollsten: mysteriöse Séancen, nicht zu viel Technik, knatternde Doppeldecker, majestätische Zeppeline, Umbruch und Revolution, Monarchie, Absinthduft die goldenen Zwanziger eben. Daneben habe ich noch ein wenig die Geschichtslinie nach dem Ersten Weltkrieg verändert, und voilà: Heraus kam das Buch um Drachentöterin Silena, das französische Medium Madame Sàtra, den russischen Fürsten und Hellseher Zadornov sowie den britischen Versicherungsdetektiv Skelton. Vier ganz unterschiedliche Typen mit beinahe den gleichen Zielen. Mir ist es wichtig, den Leserinnen und Lesern zu zeigen, dass ich Neues anpacke. Dass es mehr gibt als die Zwerge-Serie, auch wenn die bislang der größte Erfolg ist. Das bedeutet für mich aber nicht, dass ich mich gemütlich zurücklehne oder die nächsten Jahre hundert Zwergenbücher schreibe. Deswegen gibt es auch weiterhin Ausflüge in den Bereich der dunklen Spannung, die Bücher Ritus und Sanctum waren nur der Anfang. Ich brauche die Vielfalt, die Abwechslung. Es wird daher niemanden wundern, wenn ich sage, dass ich ein Konzept für eine Space-Opera in der Hinterhand habe. Aber dafür ist die Zeit noch nicht reif. Das Schöne ist: Ich mache das Gleiche wie vor ei-

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nigen Jahren. Ich erfinde Geschichten, und es bereitet mir höllisches Vergnügen, sie zu schreiben. Nur dass ich jetzt erfreulicherweise davon leben kann. Es gibt keinen besseren Beruf für mich ... eventuell Taxifahrer und danach Außenminister. ■ Ist es schwieriger, in der echten Welt zu schreiben? Es fiel mir nicht besonders schwer. Es macht mir sogar großen Spaß, echte Elemente der Zwanziger mit Erfundenem zu verschmelzen. Das ergibt eine Mischung, bei der sich die Leserinnen und Leser im besten Fall darin verlieren, ohne eine Sekunde darüber nachzudenken, was Fiktion und was Realität ist. ■ Was macht mehr Spaß, Fantasy oder phantastische Geschichten, die in unserer Welt spielen? Ich mag beides sehr gern, auch wenn man sich durch Geschichten in unserer Welt als Schreiber angreifbarer macht. In der Fantasy bestimmt der Autor alles selbst, bis hin zur Gravitation und anderen störenden Elementen aus der Physik. Kommt die Realität ins Spiel, sind plötzlich viele Stolpersteine vorhanden. Das geht los bei Bezeichnungen und endet bei Dingen des Alltags: Wie viele PS hatte das Auto der Zwanziger? Trugen Frauen Mieder oder Büstenhalter? Welche Währung war gerade aktuell? Welche Musik wurde gespielt? Aber es gibt einen Trick, auf den man sich als Autor notfalls berufen kann: künstlerische Freiheit. Andere Schreiberinnen und Schreiber werden Ihnen außerdem bestätigen,

dass es Fehler niemals gibt. Es wurde alles absichtlich eingebaut, um die Aufmerksamkeit der Leserinnen und Leser zu schulen. Wie bei Tageszeitungen, Journalen, Einblendungen bei Nachrichtensendungen, Videotext ... ■ Kann man heute denn überhaupt noch etwas Neues über Drachen schreiben? Wie über Liebe, Mord, Krieg, Verrat, Treue, Schätze ... eigentlich alles, was der Mensch so kennt, nicht wahr? Es gibt dennoch Facetten und Details in diesen Themen, die herausgeschliffen werden können, andere wurden noch nicht entdeckt. Ich hatte an der Uni ein Seminar über Märchenforschung belegt, mein Spezialthema war der Ursprung des Drachenmythos (nein, Tolkien hat den Drachen nicht erfunden) sowie der Vergleich der unterschiedlichen Drachenbilder. Hochinteressant ... also für jemanden, der sich dafür interessiert. Mathematiker und Lebensmittelchemiker hätte es eher kalt gelassen, nehme ich an. Dabei entdeckte ich den russischen Märchendrachen für mich, der ausgesprochen fies, aber ebenso ausgesprochen unterhaltsam ist. Er vermag zu reiten, hält sein Mittagsschläfchen, raucht Pfeife, geht auch mal eben in den Keller, um eine Flasche Wein zu holen, wenn ihm danach ist, vereinbart mit dem Helden Kampfart und -pausen oder veranstaltet gemeinsame Trinkgelage. Bevor er ihn dann doch umbringt. Sehr charmant. Das war der Beginn. Zusammen mit eigenen Aspekten habe ich meine Drachenevolutionstheorie gebaut und das Vorhandene sowie das Bekannte integriert, so dass ein Gesamtbild entsteht, das die Drachen in meinem Universum in ein anderes Licht rückt. In unserer Realität gibt es vermutlich sehr wenige Menschen, die an die Existenz von Drachen glauben; in Die Mächte des Feuers gibt es sehr wenige Menschen, welche die Existenz verleugnen. Was auch schwer ist, wenn ein Drache auftaucht und vor aller Augen eine Her-


Literatur

Interview mit Bernhard Hennen

Der Elfenerzähler W

eihnachtsbäume ducken sich unter schwankenden Lichterketten, während eine Sturmbö nasses Laub über den verwaisten Kirmesplatz treibt. Es ist viel zu warm für einen Dezember, aber gemütlich ist es nicht. Ich lasse die Straßenbahnhaltestelle und den Tannenbaumhändler hinter mir und hoffe, dass ich das Rennen gegen die heraufziehende Regenfront gewinnen werde. Es ist nicht weit bis zur Wohnung des Autors Bernhard Hennen. Eine Seitenstraße noch. Kaum hundert Schritt. Natürlich verliere ich. Nass und vom Wind zerzaust drücke ich mich gegen die Tür und klingele. »Frau Lanz, äh ... Es gibt da ein Problem«, hallt es blechern aus der Sprechanlage. Kalter Regen peitscht mir in den Nakken. »Können wir das drinnen besprechen?« Ein Brummen. Die Tür geht auf. Fröstelnd trete ich in das hell erleuchtete Treppenhaus. Sieht alles ein bisschen bieder aus für einen Fantasy-Autor, geht es mir durch den Sinn. Überraschend normal. Herr Hennen steht mit leicht gequältem Gesichtsausdruck an der Tür am obersten Treppenabsatz. »Hatten Sie schon die Windpocken? Ich hab den ganzen Tag versucht, Sie noch zu ...« Ein Wutschrei lässt ihn mitten im Satz stocken. Herr Hennen verschwindet. Ich trete ein, und mein Blick wird von einem breiten Babygrinsen im mit roten Pusteln übersäten Gesicht gefangen. Zufrieden glucksend sitzt der Kleine inmitten der Ruine eines halb eingestürzten Holzbausteinpalastes, während Herr Hennen einer etwa Dreijährigen einen faustgroßen Holzklotz aus der Hand ringt, mit dem sie offensichtlich gerade blutige Rache an dem kleinen Abrissunternehmer üben wollte. Inmitten des Trubels taucht eine Frau mit langem, schwarzem Haar auf. »Hallo, Frau Lanz. Sie trinken Tee, nicht wahr?« Sie runzelt die Stirn. »Darf ich Ihnen ein Handtuch und eine Strickjacke bringen?« Fünf Minuten später sitze ich warm eingepackt in dem großen Arbeitszimmer unter dem Giebel. Hier sieht es noch genauso aus wie bei meinem letzten Besuch vor etwa fünf Jahren. Gebraucht aussehende Schwerter lehnen an der Wand, ein halb fertig gebastelter Raddampfer reckt seine Schornsteine zwi-

schen Farbtöpfchen empor, die von einer Schar Zinnfiguren eingekreist sind. Auf dem Schreibtisch türmen sich Stapel von Büchern. Renaissance War Galley, Die Condottiere, Tudor Knight, Geißeln der Menschheit sind einige der Titel, die mir ins Auge springen. Es ist unaufgeräumt behaglich. Ich zücke den Block mit meinen Fragen. ■ Herr Hennen, hat sich Ihr Leben verändert, seit Sie Bestsellerautor sind? Diesem Titel stehe ich etwas skeptisch gegenüber. Natürlich freue ich mich darüber, aber Erfolg ist ein vergängliches Gut. Ich wage nicht, damit Zukunftspläne zu machen. Was mein Leben wirklich grundlegend verändert hat, ist die Geburt meiner beiden Kinder. Ich hätte niemals geglaubt, mit wie wenig Schlaf man über die Runden kommt. Auch lernt man die Welt noch einmal mit anderen Augen zu sehen. Ich werde jeden Tag in längst verlorene Welten gezerrt, ob ich nun will oder nicht. Vor ein paar Wochen hat mich meine Tochter zum Beispiel eingeladen, neben ihr auf einem Mäuerchen zu sitzen und mit in den Nacken gelegtem Kopf in den Himmel zu schauen. Dabei ist mir aufgegangen, dass ich das seit bestimmt zwanzig Jahren nicht mehr getan habe. Sie lächeln - natürlich ist das nur eine Kleinigkeit, aber die Summe der Kleinigkeiten ergibt einen veränderten Blick auf die Welt, was für mich als Schriftsteller ein großer Schatz ist, denn dadurch werden auch die Bücher reicher, die ich schreibe. ■ Haben Sie Ihre Kinder denn in Ihren Büchern verewigt? In Nebenan kommen ja auch einige Ihrer Freunde als Romanfiguren vor. Und die Redaktion der NAUTILUS. Aber zu meinen Kindern ... Bewusst habe ich sie nicht eingebaut. Aber es gibt in Elfenwinter das Mädchen Kadlin, das einiges mit meiner Tochter Melike gemein hat. Eine Szene mit ihr beruht sogar auf einem tatsächlichen Erlebnis: Meine Eltern haben einen großen, schwarzen Schäferhund. Eigentlich ein liebes Tier, aber man muss schon recht standhaft sein, wenn einem vierzig Kilo Liebe mit Anlauf entgegenkommen. Nun stellen sie sich ein kleines Mädchen vor, das nicht einmal zehn Kilo wiegt, erst seit ein paar Wochen laufen

kann, diesem Hund auf Augenhöhe begegnet und ihm freundschaftlich auf die Nase patscht. Das sind Augenblicke, da bleibt einem als Vater fast das Herz stehen. Und dieses Ereignis hat fast ungefiltert Eingang in den Roman Elfenwinter gefunden. Diese Szene benutze ich sehr oft bei Lesungen, und meist herrscht atemlose Stille im Saal, weil sich jeder, ganz gleich zu welcher Altersgruppe er gehört, sehr gut in die Situation hineinversetzen kann. Etwas, was bei Fantasy-Romanen ja nicht selbstverständlich ist. ■ Ihr Elfen-Zyklus umfasst mittlerweile drei Bände. Werden Sie nun, so wie Markus Heitz bei seinen Zwergen-Romanen, eine Pause einlegen, um etwas ganz anderes zu schreiben? Nein. Das Konzept für einen Elfenroman, der noch einmal etwa 900 Seiten umfassen wird, ist schon sehr weit gediehen. Zunächst aber werde ich eine Trilogie schreiben, deren Ereignisse unmittelbar vor dem Ende des Romans Die Elfen angesiedelt sind. Die Geschichte wird überwiegend aus der Sicht menschlicher Helden geschildert sein. Der erste Band wird vorrangig an einer Ordensschule der Tjuredpriesterschaft spielen. ■ Gibt es da Anklänge an Harry Potter? Nein. Einmal abgesehen davon, dass der Schauplatz eine Schule ist, gibt es kaum Parallelen. Gezaubert wird bei mir so gut wie gar nicht. Das Thema dieses Buches mit dem Arbeitstitel »Das Pestkind« ist Erziehung in ihrer düstersten Form. Die Schüler dort werden von klein auf im Sinne eines fragwürdigen Weltbildes erzogen. Vorbilder für mich waren die Eliteschulen des Dritten Reiches, Militärakademien wie zum Beispiel West Point, aber auch Jesuitenseminare. Es geht um die Ausbildung einer Elite, die später ohne Hemmung durch moralische Skrupel ihrem Staat dienen wird, weil sie zutiefst von der Überzeugung durchdrungen ist, dass alles, was sie tut, gut und richtig ist und einem höheren Wohle dient. Weiter kann man von Harry Potter wohl nicht entfernt sein. ■ Ihr Roman Die Elfen, den Sie gemein-

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sam mit James Sullivan verfasst haben, erschien kurz nach den Bestsellern Die Orks und Die Zwerge. War das Buch eine Auftragsarbeit? Nein, ich glaube, dann wäre es auch nicht so gut angekommen. Allerdings lässt sich nicht leugnen, dass ich mich sehr bewusst dieser Welle angeschlossen habe. Nach dem Erscheinen von Die Zwerge war es naheliegend, einen Roman mit dem Titel Die Elfen zu bringen. Ich habe ein Exposé erarbeitet und es dem Heyne Verlag vorgelegt. Der erste Entwurf wurde als zu radikal abgelehnt. Das Elfenbild in diesem Buch wäre zu düster und gebrochen gewesen. Nun sind die Elfen auch in dem Roman, der dann zusammen mit James entstanden ist, keineswegs makellose Lichtgestalten, aber sie entsprechen doch mehr dem allgemeinen Elfenbild im Fantasygenre. ■ Wie kam es dazu, dass Sie den ersten Band des Elfen-Zyklus gemeinsam mit einem anderen Autor verfasst haben? Und wie schreibt man überhaupt ein Buch zu zweit? (Lacht.) Nachdem ich unmittelbar zuvor bei Das Geheimnis der Gezeitenwelt mit drei anderen Autoren an einem Buch gearbeitet habe, war es geradezu eine Erholung, ein Buch zu zweit zu schreiben. Aber Scherz beiseite, so ein Projekt lässt sich nur mit sehr viel Disziplin realisieren. Als die Verhandlungen zum Exposé von Die Elfen abgeschlossen waren, blieben nach der ursprünglichen Planung gerade einmal noch sechs Monate, um ein Buch zu schreiben, das nach Wunsch des Verlags 700 oder mehr Seiten haben sollte. Zu dem Zeitpunkt ist es mir zum Glück gelungen, James Sullivan zu überreden, in das Projekt mit einzusteigen. Gemeinsam haben wir dann eine sehr detaillierte Inhaltsangabe mit einer fertigen Gliederung in Kapitel entworfen. Jeder von uns hat sich entschieden, welche Romanfiguren er in der Geschichte führen wird. Da jedes Kapitel strikt aus der Perspektive einer dieser Figuren erzählt ist, hatten wir damit gleichzeitig festgelegt, wer welche Szenen schreiben sollte. Dann haben wir losgelegt und uns fast täglich per Mail gegenseitig unsere Texte geschickt. Etwa einmal die Wo-

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»Seine Stimme kam einfach aus dem Buch heraus«

Dschinnenbeschwörer Bartimäus-Autor Jonathan Stroud im Interview

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er Brite Jonathan Stroud war Lektor, ehe er sich dazu entschloss, nur noch vom Schreiben zu leben. Momo Evers und Lars Schiele sprachen mit dem sympathischen Verfasser der BartimäusTrilogie, der für den abschließenden Band im September mit dem Literaturpreis Corine (in der Sparte Jugendbuch 2006) ausgezeichnet wird. ■ Wie kamen Sie auf die Idee, den Dschinn Bartimäus zur Hauptfigur zu machen? Jüngst bat mich der britische Guardian, eine Liste meiner liebsten Fantasy-Bücher zu erstellen, das war ganz schön schwierig (lacht). Eines, das ich wählte, heißt Monkey, ein chinesischer Roman aus dem 16. Jahrhundert. Dieser Monkey beschützt einen Priester und ist ein sehr zerrissener Charakter, er bekämpft die Götter und so. Die Geschichte basiert auf chinesischen Legenden und Volksmärchen. Jedenfalls ist Monkey ein Schlitzohr, ein sehr starker, ambivalenter Charakter, teils gut, teils böse. Solch einem Charakter ist Bartimäus nachempfunden. Seinen Namen verdanken Buch und Dschinn meiner Zeit als Lektor. Ich arbeitete damals an einer Kinderbibel, und im Neuen Testament gibt es einen blinden Bettler diesen Namens (Markus 10,46; Anmerkung der Red.) Ich mag den Namen; er klingt so ehrwürdig und alt und erinnert trotzdem an »Bart« (grinst). Ambivalenz ist für mich ein zentraler Aspekt. Viele Fantasy-Titel basieren auf einem einfachen Kampf zwischen Gut und Böse. Ich hingegen wollte ein Buch schreiben, in dem die Grenzen weniger klar gezogen sind. Meine anderen Lieblingsbücher sind Grettir’s Saga von Anon aus

dem 14. Jahrhundert. 600 Jahre vor Tolkien und trotzdem Phantastik vom Feinsten mit einem blauhäutigen Ungetüm (lacht). Dann das bereits genannte Monkey: Dämonen, Götter und Heilige in einem Buch, das sowohl Allegorie als auch Satire und Märchen ist. Es adaptiert vorhandene literarische Aspekte auf eine ähnliche Art wie Malory die Arthus-Geschichte, aber Wu Ch’eng-en hat die besseren Witze (grinst). Auch Swifts Gulliver liebe ich. Natürlich Tolkiens Hobbit. Und Gormenghast (von Mervyn Peake, Anm. der Red.), die ideale Jugendbuchlektüre und mit einer herrlichen Figur: einem Mörder, mit dem der Leser nicht sympathisieren sollte, es aber dennoch tut. Der Wind in den Weiden von Kenneth Grahame ist eine mystische Ode an England, rund um die Abenteuer dreier befreundeter Tiere. Ein wunderschönes Kinderbuch zum Vorlesen. Wundervolle Märchen für Erwachsene hat Angela Carter in The Bloody Chamber (Blaubarts Zimmer: Märchen aus der Zwischenwelt) zusammengestellt. Diana Wyrne Jones hat sich mit Humor und Brillanz bereits zwei Jahrzehnte vor Beginn des Fantasy-Hypes dieses Genres angenommen. Mein Favorit ist The Ogre downstairs (1974). Dann noch War in Heaven, ein okkulter Roman von Charles Williams. Und zu guter Letzt Jack Vances dunkle Zukunftsvision Dying Earth (FanPro, A.d.R.) Nicht aufgeführt habe ich Italo Calvino, aber er gehört trotz-

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dem zu meinen liebsten phantastischen Autoren, allerdings im Erwachsenenbuch. ■ Welches ist Ihre persönliche Lieblingsszene aus Bartimäus? Das erste Kapitel. Als ich zu schreiben begann, wusste ich noch nichts über Art oder Verlauf der Geschichte oder wer Simon Lovelace war, ich wusste gar nichts (lacht). Eines Tages war die Stimme von Bartimäus einfach da, und binnen zweier Tage schrieb ich die ersten vier Kapitel. Danach musste ich mich am Riemen reißen, denn ich hätte ewig so weiter schreiben können. Das war im November 2002. Ich war eigentlich gerade dabei, ein anderes Buchprojekt abzuschließen. Erst anschließend setzte ich mich noch einmal an Bartimäus, erstellte aber zunächst ein Konzept und einen groben Handlungsverlauf. Große Teile dieses ersten Kapitels sind dennoch in Urform erhalten geblieben. Manches hat sich aber grundlegend geändert. Ich habe zum Beispiel in einem Zwischenstadium versucht, Nathanaels Verbindung zu seinen Eltern nicht ganz zu kappen. Sie sahen sich jedes Wochenende. Aber spätestens bei der Sache mit dem Geburtsnamen hat mir das Probleme bereitet, und auch sonst hat es Nathanael etwas von der Schwere seines Charakters genommen, die mir wichtig war. Und darum habe ich diesen Aspekt später komplett umgeschrieben.

■ Wie kamen Sie auf die Idee mit den Fußnoten? Das ist einfach so passiert (grinst). Die Stimme von Bartimäus kam einfach aus dem Buch heraus. Ich wusste, dass er ein Besserwisser ist, der zu allem seine Meinung kundtun und den Leser belehren will. Da war es logisch, ihm diese kleinen, naseweisen Zusätze zu geben. Außerdem war ich schon immer ein großer Freund von Fußnoten. In akademischen Büchern zählen sie oft zu den besten Passagen (lacht). ■ Die Dämonen in den BartimäusRomanen stammen nicht aus der Hölle - warum müssen sie stets gehorchen, wenn ein Zauberer sie beschwört? Ich versuche, die Gesetze der Magie einheitlich zu gestalten, ohne dass sie in der Erzählung genau definiert werden. Das ganze Buch dreht sich ja darum, dass Bartimäus genau dieses Problem hat: dass er auf diese Welt kommen muss, wenn er beschworen wird, und seinem Beschwörer gehorchen muss. Dieser Mechanismus, der ihn aus seiner Existenz herausreißt und versklavt, ist das wirkliche Thema des ganzen Buches. Im dritten Buch (Die Pforte des Magiers) wird diese Frage auch gestellt: Gibt es eine Möglichkeit für Dämonen, die Spielregeln zu ändern? Kann Bartimäus auf diese Welt kommen, ohne ein Sklave zu sein? Kann jemand, der kein Magier ist, ihn beschwören? Können Magier und Gewöhnliche jemals in Frieden miteinander leben? Im abschließenden Roman Die Pforte des Magiers steht mehr darüber. ■ Die Mitglieder von Kittys Widerstandsbewegung verfügen über ei-


»SCHÄBIG UND EIN BISSCHEN SELTSAM«

DÄMONEN SIND FEEN Interview mit Eoin Colfer, Autor von Artemis Fowl

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nsere Mitarbeiterin Verena Stöcklein befragte den Autor der beliebten Jugendbuchreihe über seine Jugend, Artemis’ Abenteuer in Film und Comic und über den neuesten Artemis-Band Die verlorene Kolonie Anfang März in Hamburg: ■ Mister Colfer: Was heißt eigentlich D’Arvit? Das ist ganz einfach: Ich wollte ein Schimpfwort in meinen Büchern haben, aber ich konnte kein echtes nehmen, weil Artemis Fowl ja für Kinder ist. Deswegen habe ich Darn it genommen, das ist englisch und heißt »Verdammt!« Dann habe ich einfach einige Buchstaben verändert und einen Apostroph eingefügt, und schon hatte ich ein gnomisches Schimpfwort. »D’Arvit« heißt also »Verdammt«. Ich fand, dass das Wort auch so klingt, als könnte man es sagen, wenn man sich sehr ärgert. Wenn mir ein Hammer auf den Fuß fällt, könnte ich durchaus mal »D’Arvit!« brüllen. ■ In Die verlorene Kolonie führen Sie die Dämonen als neues Feenvolk ein. Wird es jetzt in jedem neuen Artemis Fowl-Band eine neue Feenart geben? Ich weiß noch nicht genau. Ich glaube schon, dass ich noch weitere Feenfamilien einführen werde. Ich habe ja geschrieben, dass die Dämonen die achte Feenfamilie sind, aber ich habe wohlweislich nie erwähnt, wie viele Völker es insgesamt gibt. Das könnten auch zwanzig sein. Im nächsten Buch werde ich jedenfalls keine neue Feenart einführen ... nun, doch, es wird eine neue Kreatur geben. Wissen Sie, in meinen Büchern spielen Überraschungen eine sehr große Rolle, und mit neuen Charakteren, die man nicht erwartet, kann man die Leser ziemlich gut überraschen. Ich meine, man kennt Holly, und

man kennt Mulch. Das war beim ersten Mal witzig, vielleicht auch beim zweiten Mal, aber irgendwann wird es fad. Dann muss jemand Neues kommen. In Die verlorene Kolonie ist das Nummer eins. Ich fand ihn wirklich toll. Andererseits habe ich schon so viele Charaktere eingeführt, dass ich wirklich aufpassen muss, um die Leute nicht zu verwirren. ■ Ich muss zugeben, dass ich noch auf eine typisch deutsche Fee in Ihren Büchern warte. Haben Sie vom Wolpertinger gehört? Von wem? Nein. ■ Eigentlich ist der Wolpertinger eine bayrische Fee. Ich muss wegen der Hörbücher oft daran denken, weil Rufus Beck den Zwerg Mulch Diggums mit einem bayrischen Akzent spricht: Der Wolpertinger ist ein kleiner Hase mit Hirschgeweih und Entenfüßen, der im Wald lebt und nur von einer schönen Frau herausgelockt werden kann. Das ist großartig! Ich glaube, dann kommt Rufus Beck bestimmt auch aus Bayern. Mit einer schönen Dame kann man ihn auch aus jedem Wald herauslocken. (Lacht) der Wolpertinger! Das ist spitze, den merke ich mir. Wissen Sie, ich kann mich aus einem riesigen Fundus bedienen, wenn ich neue Charaktere für meine Bücher brauche, aber der Wolpertinger steht jetzt ganz oben auf der Liste. Ich bin hin und weg. ■ Sehr schön! Aber lassen Sie uns noch einmal zu Ihren Dämonen zurückkommen. Ich habe gehört, dass Sie als Kind unglaublich gerne Bücher über Wikinger gelesen haben. Sind die Dämonen aus Artemis Fowl deswegen so? Vielleicht haben die Wikinger eine Rolle gespielt. Das erste Theaterstück, das ich

geschrieben habe, drehte sich um die Wikinger und um nordische Götter. Aber was das Krampfen angeht, also die Verwandlung von einem Knirps in einen echten Dämon, habe ich viel mehr an eine irische Sagengestalt gedacht, nämlich an den berühmten Krieger Cuchulainn (mehr über diesen irischen Helden in der NAUTILUS 23, Anm. der Red.). Wenn er in die Schlacht zog, bekam er einen sogenannten Kampfanfall. Er wurde riesengroß, fast wie der Hulk, und er war so kampfeslustig, dass seine Kameraden ihn nach jeder Schlacht in einen See schubsen mussten, damit er nicht auf seine eigenen Leute losging. So ähnlich habe ich mir die Dämonen beim Krampfen vorgestellt. ■ Wie sind Sie eigentlich auf die Idee kommen, für die Welt von Artemis Fowl eine hochentwickelte Technologie mit Feen zu mischen? Ich habe mich schon immer für irische Mythologie und Feenlegenden interessiert. Das habe ich meinem Vater zu verdanken, der uns diese Geschichten erzählte. Er war Historiker, und deshalb unternahmen wir gemeinsam lange Autofahrten, um uns Schlösser und archäologische Ausgrabungen anzusehen. Allerdings hatte ich noch fünf BrüEIN IRE UNTERWEGS

EOIN COLFER Eoin Colfer wurde 1965 in Wexford, Irland geboren. Er studierte in Dublin, wurde Lehrer und arbeitete zwischen 1992 und 1996 in Saudi-Arabien, Tunesien und Italien. 2001 wurde der erste Band der Jugendbuchreihe Artemis Fowl veröffentlicht. Der gewaltige Erfolg ermöglichte es Colfer, dem Lehrberuf den Rücken zu kehren und sich ausschließlich aufs Schreiben zu konzentrieren. Heute lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in Irland. Mark Twains Huckleberry Finn, Die Brautprinzessin von William Goldman und Eines Menschen Herz von William Boyd zählen zu Colfers absoluten Lieblingsbüchern.

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Fotos: Klatt-Cotta

UNENDLICHE RÄUME »Ich hab immer noch Alpträume. Oft sogar - so oft, dass ich mich langsam

MARK Z. DANIELEWSKIS EPOCHALER ROMAN DAS HAUS

daran gewöhnt haben müsste. Hab ich aber nicht. An Alpträume gewöhnt man sich nicht.«

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ls im Jahr 2000 der Erstlingsroman von Mark Z. Danielewski unter dem Titel House of Leaves in Amerika erschien, war das nicht nur ein Datum der englischsprachigen Literatur. Schon bald wurde das geradezu hymnisch gefeierte Buch auch in französischer, holländischer und japanischer Übersetzung veröffentlicht, und unermüdlich wies eine kleine Handvoll deutscher Kritiker auf dieses Monstrum von einem Roman hin, nach dessen Lektüre für lange Zeit nichts mehr so ist, wie es einmal war. Auch in der NAUTILUS 24 erschien bereits 2004 eine nachdrückliche Empfehlung des Originals.

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Nun hat Klett-Cotta das Buch in der Übersetzung von Christa Schuenke (unter Mitarbeit von Olaf Schenk) auch deutschen Lesern zugänglich gemacht, und die dürfen sich auf eine der komplexesten literarischen Erfahrungen freuen, die man überhaupt machen kann. Dabei fängt alles zwar hoch spannend und unheimlich, aber zunächst noch so trügerisch leicht an, wie es der unscheinbare deutsche Titel Das Haus vermuten lässt: Erzählt wird die Geschichte von Johnny Truant, einem jungen Mann aus Los Angeles, der sein Leben nicht im Griff hat. Sein Vater, ein Pilot, ist bei einem Autounfall gestorben, und seine Mutter Pelafina hat sich nach langen Jahren in einer Nervenklinik umgebracht. Truants Beziehungen zu Frauen sind katastrophal. Da er alle möglichen Drogen konsumiert, leidet er unter üblen Flashbacks. Und seine Arbeit in einem Tätowierungsstudio ist auch nicht gerade krisenfest. Durch seinen einzigen Freund Lude gerät er an den literarischen Nachlass eines alten Mannes namens Zampanò, der unter mysteriösen Umständen gestorben ist. Dieser Nachlass besteht aus einem einzigen gewaltigen Werk, dem sogenannten »Navidson Record«. Zampanòs Werk ist auf Tausenden von Notizzetteln völlig ungeordnet, und es verlangt einen um-

fangreichen Kommentar. Doch das schreckt Johnny Truant nicht ab. Alles sieht vielmehr wie eine Chance aus, dank der Truant seinem Leben endlich ein Ziel und eine Richtung geben kann, wenn auch auf ungewöhnliche Weise. Der »Navidson Record« ist nämlich eine Horrorgeschichte ersten Ranges. Er berichtet davon, wie der Fotojournalist Will Navidson entdeckt, dass er in einem Spukhaus lebt. Navidson hat einen Film darüber gedreht, in dem er dokumentiert, wie er das anscheinend unendliche Haus erkundet. Später hat Zampanò alles Material gesammelt, das mit dieser filmischen Erkundung zusammenhängt. Als jedoch Truant aus diesem Material ein ordentliches Buch machen will, verwandelt sich seine eigene Welt in einen Albtraum. Er entdeckt, dass Zampanò blind war. Zampanò kann also nie Filme gesehen haben, ganz zu schweigen von einem angeblich dokumentarischen Horrorfilm. Auch sonst weiß niemand etwas über diesen Film. Am Ende bleibt nur eins: Truant wird sich aufmachen, um das Spukhaus selbst zu suchen, doch dabei wird er unweigerlich immer tiefer in seine eigene, düstere Geschichte hineingeraten, und auch in seinem gegenwärtigen Leben stehen ihm einige schmerzliche Überraschungen bevor.


er neuste Roman von Joanne Harris, der Verfasserin der Romanvorlage des Films Chocolat (2000) mit Juliette Binoche und Johnny Depp, ist Feuervolk (cbj, siehe auch Beilage und Besprechung in der NAUTILUS 42), ein humorvolles Jugendbuch um die mühsame Wiederkehr der nordischen GötINTERVIEW MIT JOANNE HARRIS ter in eine Welt, in der ein neuer, monotheistischer Glaube gesiegt hat. Unser Mitarbeiter Lars Schiele erhielt durch die freundliche Vermittlung des Verlags die Möglichkeit, mit der britischen Autorin ein Interview zu führen: gen über sich hinaus. Bedeutet freier ■ Die chaotischen Kobolde beleben Wille auch, dass andere über uns be- die Handlung ganz erheblich - aber sie ■ Wie sind Sie darauf gekommen, die stimmen können, wenn wir unser Le- stammen eigentlich nicht aus der Edda, alten skandinavischen Göttersagen um ben passiv hinnehmen? oder? Odin und Loki in einer mittelalterlichen Welt teilweise mit grober heutiger Um- Ganz bestimmt. Ich stehe nicht voll- Ich hatte einen Riesenspaß, als ich die gangssprache zu verbinden? kommen hinter einer der beiden Mög- Kobolde geschrieben habe. Aber nein,

RUNEN UND INQUISITION

lichkeiten (vollkommene Willensfreiheit Eine der großartigen Eigenschaften der oder unentrinnbares Schicksal): Aber nordischen Sagen ist ja ihre zutiefst menschliche Seite: Die nordischen Götter wirken sehr glaubwürdig, wie Menschen, daher fällt es so leicht, sich in sie hineinzuversetzen. Schon die ursprünglichen Sagen enthalten viele witzige Stellen, und diesen Witz habe ich in meine ausgedachte Welt übertragen. Es gibt ja viel zu viel Fantasy, die sich selbst zu ernst nimmt - mein Buch soll Spaß machen. ■ Am Schluss von Feuervolk gibt es ein ich glaube, dass Menschen eher große paar lose Fäden: Planen Sie eine Fort- Veränderungen erleben, wenn sie ihr setzung? Leben selbst in die Hand nehmen, als wenn sie alles hinnehmen, was ihnen Ziemlich sicher ja - ich hatte zu viel zustößt. Spaß an der Geschichte, als dass ich sie in dieser Situation wirklich enden las- ■ Feuervolk erinnert ein wenig an sen könnte. American Gods von Neil Gaiman ... ■ Die Hauptfigur Maddy findet heraus, dass ihr eigenes Erscheinen vorhergesagt worden ist; ein uralter Vers scheint Lokis und Odins Tod zu prophezeien. Glauben Sie an Willensfreiheit oder an ein festgelegtes Schicksal?

Ja, das habe ich gelesen. Es ist großartig: Und es zeigt besonders deutlich, wie lebendig all diese alten Mythen bis heute sind.

sie stammen eigentlich nicht aus der Edda. Bloß bieten die Quellen eben nur

eine beschränkte Auswahl, deshalb fiel es mir leicht, anderes Material aus der europäischen Folklore einzufügen und Kobolde gibt es in der einen oder anderen Form fast überall in Europa. Die Edda erwähnt immerhin dunkle oder schwarze Elfen, die hätte ich, da sie ziemlich ähnlich sind, auch nehmen können - aber ich brauchte vor allem comic relief, eine lustige Entspannung. Und daher muss ich gestehen, dass meine Kobolde den kleinen Wesen von

Sowohl als auch - ich glaube, um das eigene Schicksal zu erfüllen, muss man hart arbeiten. Und manchmal kann man etwas anderes tun, als das Schicksal für einen vorgesehen hat: Darin besteht die Freiheit des Willens. ■ Viele der Dorfbewohner in Feuervolk sind entweder unwissend oder fällen ziemlich fragwürdige Entscheidungen (wie Nat Parson und Adam Scattergood). Andere werden ohne eigenes Zutun oder auch nur eigene Zustimmung selbst zu Göttern. Wieder andere wachsen infolge eigener Entscheidun-

Brian Froud aus dem Film Labyrinth (1986) am ähnlichsten sind. ■ Die Magie in Feuervolk ist teils Runenmagie und teils Namensmagie. Fanden Sie Zaubersprüche (wie in Harry Potter) für diesen Hintergrund unpassend? Ich habe die Runenmagie, die in der skandinavischen Kultur vorherrschend war, passend interpretiert. Die Zauberei bei Harry Potter mit Zauberstäben, Zaubersprüchen und Verzauberungen ist vergleichsweise geläufig. Ich brauchte etwas besonderes, das man auch sehen und darstellen kann. ■ Wie sieht ein typischer Arbeitstag für Sie aus? Ich stehe früh auf und bringe meine Tochter zur Schule. Auch in den Ferien stehe ich früh auf - um ein bisschen Arbeit zu schaffen, bevor alle anderen nach unten kommen. Morgens geht das Schreiben am besten, daher höre ich mittags meistens auf, und nach dem Mittagessen erledige ich andere Dinge: Lesen des bis dahin verfassten Textes, Überarbeiten, aber auch Fernsehen mit meiner Tochter. Neue Ideen können mir überall einfallen: während einer Zugfahrt, in der Zeitung oder von Menschen, denen ich während meiner Lesereisen begegne. Ich sammle Geschichten, und ich sammle interessante Charaktere. ■ Wie lange hat es von der ersten Idee bis zur Abgabe des Manuskripts beim Verlag gedauert, Feuervolk fertigzustellen? Vier Jahre, obwohl es noch eine ältere Version gibt, die ich als Teenager geschrieben habe - von daher gibt es die Erzählung schon sehr, sehr lange. Ich habe mit der aktuellen Version angefangen, als meine Tochter neun Jahre alt war, und ich habe ihr Feuervolk Kapitel für Kapitel vorgelesen, während es entstanden ist. Es hat ihr so gut gefallen, dass ich schließlich zugestimmt habe, es zu veröffentlichen - und meine Tochter ist ganz wesentlich für das Ende verantwortlich: Immer, wenn ich versucht habe, einen ihrer Lieblingscharaktere umzubringen, musste ich ihn irgendwie wieder ins Leben zurückrufen. ■ Vielen Dank! Die Fragen stellte Lars Schiele b

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LITERATUR

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HÖRBÜCHER +++ HÖRSPIELE +++ HÖRBÜCHER +++ HÖRSPIELE ++ William Golding: Herr der Fliegen

Charles Dickens: Oliver Twist

Sir Arthur Conan Doyle: Die Vergessene Welt

Der Hörverlag ❙ 1 CD ❙ 57 min ❙ Hörspiel ❙ Produktion: MDR Kultur ❙ Bearbeitung: Gisela Pankratz ❙ Regie: Joachim Staritz ❙ Sprecher: Axel Wandtke, Ulrich Wildgruber, Christoph Zapatka u.v.a. ❙ Musik: Wolfgang Lenk und Tobias Künzel von den Prinzen

Der Hörverlag ❙ 2 CDs ❙ 130 min ❙ Hörspiel ❙ Bearbeitung und Regie: Sven Stricker ❙ Erzähler: Hannes Hellmann ❙ Sprecher: Anton Sprick als Oliver Twist, Gerd Baltrus als Mr. Brownlo, Jürg Plever als Fagin

Lübbe Audio ❙ 2 CDs ❙ 122 min ❙ Hörspiel ❙ Regie: Frank Gustavus ❙ Sprecher: Klaus Sonnenschein, Jürgen Thormann, Ronald Nitschke u.v.a. ❙ Musik: Jan-Peter Pflug

Der Wissenschaftler Prof. Challenger behauptet in London im Jahre 1912, auf einem Hochplateau im südamerikanischen Dschungel lebendige Dinosaurier entdeckt zu haben. Obwohl seine Kollegen ihn für verrückt halten, wird eine Expedition zum Amazonas gesandt. The Lost World wurde neben Werken wie 20.000 Meilen unter den Meeren und Die Zeitmaschine zum Meilenstein der phantastischen Literatur. An Hörspielen von The Lost World gibt es aber lediglich eine amerikanische Bühnenversion, die 1997 auf CD gebannt wurde, ansonsten schreckte der große Stoff Hörbuch-Verlage und Radiosender ab. In deutscher Sprache kann Die Vergessene Welt erst heute, 93 Jahre nach ihrem Erscheinen, akustisch entdeckt werden. Und es lohnt sich: unbedingt anhören.

Einige Schuljungen stürzen mit dem Flugzeug ab und können sich auf eine fruchtbare, aber menschenleere Insel in den Tropen retten. Beste Voraussetzungen für ein Paradies? Zunächst scheint es so. Die Jungen halten auf dem Berg ein Feuer in Gang, um Rauchzeichen zu geben, sie bauen Hütten und kümmern sich um die Ernährung. Doch die Gruppe zerfällt bald, die Situation eskaliert. Das Paradies wird zur Hölle, und aus der Gemeinschaft entwickelt sich Unterdrückung, Willkür und Brutalität. Die Zivilisation hat keine Chance. Die Inszenierung des Hörspiels hebt deutlich die albtraumhafte und wahnwitzige Situation der Schuljungen auf der Insel hervor.

Die Abenteuer des berühmtesten Waisenkindes der Literatur wurden hier in einem filmreifen Hörspiel umgesetzt. Die Inszenierung unter Sven Strickers Regie kommt wuchtig und eindrucksvoll daher. Musik und Geräusche schaffen eine authentische Atmosphäre. Die Sprecher, meistens Schauspieler, beweisen, dass zum gutem Schauspiel auch Sprachbegabung gehört. Als der Waisenjunge Oliver Twist Hunger, Armut und Prügel nicht mehr erträgt, reißt er nach London aus, um dort sein Glück zu versuchen. Doch er findet es erst nach vielen Abenteuern. Oliver Twist, 2005 von Roman Polanski verfilmt , ist gerade auf DVD erschienen. In den Hauptrollen glänzen Ben Kingsley, Jamie Foreman und Barney Clark.

Tonke Dragt: Der Brief für den König

Oscar Wilde: Das Gespenst von Canterville

H.G. Wells: The War of the Worlds

Der Hörverlag ❙ 1 CD ❙ 65 min ❙ Hörspiel ❙ Produktion: Bayerischer Rundfunk ❙ Bearbeitung und Regie: Lilian Westphal ❙ Sprecher: Dorothee Hartinger, Henning Schlüter u.v.a.

Der Hörverlag ❙ 1 CD ❙ 58 Minuten ❙ Hörspiel im Originalton ❙ CBS Radio Adaption: Howard Koch ❙ Regie: Orson Welles ❙ Sprecher: Orson Welles, Joseph Cotten u.v.a.

Es spukt auf Schloss Canterville. Doch das stört die aufgeklärte Familie Otis nicht, die das Anwesen von Lord Canterville erworben hat und nun aus Amerika direkt in ein altes englisches Geisterschloss zieht. Das gefällt dem altehrwürdigen Gespenst des Schlosses, Sir Simon, allerdings überhaupt nicht, es will die Otis so schnell wie möglich wieder loswerden. Es lärmt, verteilt Blutflecken und spukt, was das Zeug hält - ohne Erfolg. Einzig die liebenswürdige Tochter Virginia empfindet Mitleid mit dem bald zermürbten0 Geist. Die Hörspielversion von Lilian Westphal fängt erfrischend und liebevoll-gruselig die Atmosphäre im Schloss ein. Die amüsant-schauderhaften Szenen zwischen Gespenst und Familie werden hinreißend von den Sprechern Peter Fricke, Dorothee Hartinger, Henning Schlüter u.a. dargestellt.

Eine Massenpanik bricht aus: Menschen flüchten aus den Städten, Priester werden zur Beichte gerufen, eine Frau nimmt sich das Leben, halb verlassene Städte werden geplündert, und in New Jersey macht die Nationalgarde mobil. Orson Welles produzierte 1938 das berühmteste Hörspiel aller Zeiten. Ein Radioreporter berichtet mit aufgeregter Stimme live von der Landung der Marsmenschen in New Jersey und ihrem Angriff auf die Bevölkerung. Der Hörer erlebt ein beklemmendes Szenario, bis Orson Welles es in der Absage zum HalloweenScherz erklärt. Nur wer das Originalhörspiel von 1938 gehört hat, kann verstehen, warum damals in den USA hunderttausende Hörer an das Ende der Welt glaubten. Der Krieg der Welten ebnete Orson Welles den Weg nach Hollywood und genießt bis heute Kultstatus. Uwe Wibben b

Der Hörverlag ❙ 4 CDs ❙ 271 Minuten ❙ Autorisierte Lesefassung ❙ Erzähler: Thomas M. Meinhardt ❙ Gelesen von Sebastian Goder

Diese schöne Geschichte um einen jugendlichen Helden, der in der Nacht seiner Ritterweihe von einem geheimnisvollen Unbekannten gebeten wird, einen wichtigen Brief zu überbringen, ist bei uns unverdienter Weise wenig bekannt - wie die für diesen Roman preisgekrönte holländische Autorin Tonke Dragt überhaupt. Doch leider leistet Sebastian Goder der Geschichte keinen guten Dienst, liest er doch stellenweise so undeutlich und mit beispiellos schlechter Betonung, dass seine Helden beinahe gelangweilt wirken. Wie kann dies einem Schauspieler passieren, würde er doch eine Rolle vor der Kamera nie so betonen? Und wie können es Produktion und Regie zulassen, dass derartiges abgenommen wird? Doch die Autorin sollte man sich merken, steckt doch eine spannende und interessante Moral in der Geschichte. Also den Roman (Beltz & Gelberg) besorgen, und ganz schnell das Hörbuch vergessen!

Kyan’Kor und Todesengel Teil 1: Das Amulett von Kyan´Kor Teil 2: Der Todesengel ❙ Ein Hörspiel von Günter Merlau ❙ Nach einem Expose von Patrick Grieser ❙ Sprecher: Torsten Michaelis, Lutz Riedel, Kasper Eichel, Frank Hildebrandt u.a. ❙ Verlag: Lausch ❙ 1 CD

Das Amulett von Kyan´Kor Das Hörspiel Caine handelt von dem Auftragskiller Steven Caine, der bei seiner Hinrichtung, von einer dunklen Macht, dem Volk von Kyan’Kor, vor dem sicheren Tod gerettet wird. Dieses Volk lebt seit Jahrtausenden im Verborgenen, von wo es die Geschicke der Erde lenkt. Caine ist dazu auserkoren, der neue Träger

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des Penumbra-Amulettes zu werden, in dem der Geist eines der grausamsten Kämpfer der Kyan’Kor gebannt ist. Mit Hilfe dieses überirdische Kräfte verleihenden Amulettes soll sich Caine den Feinden der Kyan’Kor, den schrecklichen Aganoi stellen, die mit diesen um die Herrschaft auf der Erde kämpfen. Der Todesengel Die dunklen Mächte, die den Auftragskiller Steven Caine vor dem sicheren Tod bewahrt haben, fordern auch im zweiten Teil der Reihe ihr Recht ein. Caine soll seinen Erzfeind Moretti töten, der ebenfalls für geheimnisvolle Mächte arbeitet. Doch Caine kann das Amulett, welches ihm erlaubt, mit der Dunkelheit zu verschmelzen, noch nicht richtig kontrollieren, und so gewinnt das Wesen, das im Amulett gebannt ist, die Oberhand: Es labt sich an der Gewalt und am Leid seiner Opfer. Caine erkennt, dass er ebenso dem

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Bösen zur Hand geht, wie die Mächte, die er eigentlich bekämpfen will: Anscheinend streiten zwei unbekannte, gewaltige und gefährliche Mächte auf der Erde um die Vorherrschaft - von den Menschen unbemerkt. Das Hörspiel kommt wuchtig und eindrucksvoll, mit sorgfältig aufgenommenen Geräuschen und Effekten daher. Man meint, mit geschlossenen Augen im Kinosaal zu sitzen. Allerdings stellt sich die Frage, ob wir einen weiteren Helden brauchen, der sich dem absolut bösen Horror erst ergibt und dann doch wieder sich und die Welt retten muss. Caine ist sehr zynisch und gewalttätig. Daher wohl auch die Altersfreigabe ab 16 Jahren. Auch der Psychotest auf der Webseite des Verlages (www.merlausch.de) »Bin ich ein guter Auftragsmörder?« passt zwar zum Inhalt, ist aber nicht jedermanns Geschmack: Vielen Hörern führt solch ungezügelter Horror zu weit, auch wenn das alles sicherlich ironisch gemeint ist. Uwe Wibben b


Faszination Gehörtes Buch - Tipps zum Hören Offenbarung 23 Vier Titel sind bereits erschienen: Wer erschoss Tupac? Tupacs Geheimnis Die Titanic darf nie ankommen Die Krebs-Macher Lübbe-Audio/ LPL Records je Folge 1 CD, ca. 60 Min. Spielzeit, Hörspiel. Idee, Konzeption, Recherche & Buch: Jan Gaspard. Regie, Produktion & Dramaturgie: Lars Peter Lueg. Produktion, Beratung & Inspiration: Marc Sieper. Schnitt, Musik & Tontechnik: Andy Matern

Eine Mystery-Serie rund um die Geheimnisse unserer Welt, das ist Offenbarung 23. Was bisher bloße Verschwörungstheorie war, wird Realität. Die unmöglichsten Tragödien, die skrupellosesten Verbrechen werden nun entschlüsselt, und die Welt wird nicht mehr die gleiche sein, denn auch das letzte Rätsel wird gelöst. Die Sprachaufnahmen für die ersten acht Folgen sind mit 23 bekannten Stimmen bereits fertiggestellt. Derzeit sind die ersten vier Titel erschienen. Fast alle Dialoge dieser Hörspiele wurden mit mehreren Schauspielern gleichzeitig aufgenommen - nach einigen Schauspiel-Proben. Dafür ließ sich Regisseur Lars Peter Lueg viel Zeit. Diese Art der Hörspiel-Aufnahme ist mittlerweile leider recht selten geworden. Bei den meisten der heutigen Hörspiele werden die Sprecher einzeln aufgenommen und erst später zurechtgeschnitten. Bei Offenbarung 23 hingegen wurde extra ein Aufnahmeleiter aus der Filmbranche engagiert. Dieser brachte die Schauspieler im Studio zusammen. Trotz vieler Synchron- und Studiotermine kam es so zu einem gemeinsamen Aufnahme-Erlebnis. Herausgekommen sind spannende Geschichten, die dank der vielen routinierten Sprecher glaubwürdig erscheinen. Die Tontechnik lässt eine dichte Atmosphäre entstehen. Schnell wird man von der Geschichte gefesselt. Gebannt hört man zu und nimmt jede Nuance im Tonfall der Sprecher auf - als stehe man daneben und sei selbst beteiligt - eindrucksvoll.

Terry Pratchett: Wachen, Wachen! Lübbe-Audio, 5 CDs, 321 min, Hörspiel. Produktion: Bookonear 2004. Bearbeitung und Regie: Raphael Burri. Sprecher: Ludwig Schütze, Armin Kopp, Thomas Monn, Rolf Strub u. v. a.

Eine geheimnisvolle Bruderschaft um den noch geheimnisvolleren Obersten Größten Magier beschwört einen Drachen, um die Metropole Ankh-Morpork auf der Scheibenwelt zu destabilisieren. Im entscheidenden Augenblick soll das Ungeheuer mit Magie wieder zum Verschwinden gebracht werden. Der vermeintliche Drachentöter will sich dann als Retter erweisen und den Thron besteigen. Als der Plan schiefgeht, der Drache zurückkehrt und Jungfrauen und Gold verlangt, leistet nur noch eine kleine Gruppe Widerstand: Hauptmann Mumm und seine Nachtwache geben alles, um den Drachen wieder zu vertreiben. Ein tolles Hörspiel. Man merkt den Sprechern an, dass sie ihren Spaß dabei haben. Souverän und professionell.

Edgar Allan Poe Lübbe-Audio, je Titel 1 CD, mit jeweils ca. 65 Minuten Spielzeit. Nach Ideen von Dicky Hank, Marc Sieper und Thomas Weigelt. Regie, Hörspielmusik und Ton: Christian Hagitte und Simon Bertling. Sprecher: Ulrich Pleitgen, Gerald Schaale, Till Hagen, Iris Berben u.v.a.

Die Hörspielserie um Edgar Allan Poe wurde ausgezeichnet mit dem Deutschen Fantasy Preis und ist für den Hörspielpreis 2006 nominiert. Die Reihe umfasst bis jetzt über 20 Titel. Auch wenn die einzelnen Geschichten von Poe nicht in einem Zusammenhang geschrieben wurden, sondern im Abstand von vielen Jahren entstanden sind, ist doch, wenn man Poes wechselhaftes Leben hinzunimmt, ein roter Faden zu erkennen. Nicht umsonst heißt es, dass Poes Leben das Gleichnis seines Schaffens sei und sein Schaffen das Gleichnis seines Lebens. Poe befasste sich Zeit seines Lebens mit dem Psychologischen, mehr noch, dem pathologischen. Vielen Schicksalsschlägen, zeitweiligen Depressionen und Anfeindungen hatte er sich zu erwehren. Er war als Romantiker der alten Welt hineingeworfen in die neue Welt, in eine Welt, die begann, sich zu technisieren, und in der Verbrechen skrupelloser und vor allem öffentli-

Kenneth Oppel: Wolkenpiraten

cher wurden. Er selbst war zerrissen zwischen Romantik und Wahn. Aus all seinen Dichtungen blickt daher meist der Tod hervor, und jede Romantik scheint von Morbidität durchdrungen. Man braucht daher all seine Erzählungen nur gedanklich miteinander zu verbinden und sich vorzustellen, wie das Ganze dann wirken würde - verbunden mit einer tragenden Figur und der Lebensgeschichte Poes, so hätte man Edgar Allan Poes Lebensroman. Natürlich bieten die vielen Lücken im Lebenslauf von Poe viel Raum für Spekulationen. Marc Sieper hat diese Idee kunstvoll aufgegriffen und eine phantastische Hörspielreihe geschaffen, in der die wichtigsten Erzählungen Poes zu einer unglaublichen Geschichte verwoben werden. Und so beginnt die Hörspielreihe mit einem Mann ohne Gedächtnis und Identität, der aus einem Asyl für psychisch Kranke entlassen wird. Während er versucht, sich an die Freiheit zu gewöhnen und sich zu erinnern, wird er von schrecklichen Alpträumen geplagt. Er kann oft Wahrheit nicht von Wahn unterscheiden. Als erstes Kapitel wurde daher von den Autoren des Hörspiels Poes wohl bekannteste Erzählung, Die Grube und das Pendel, ausgewählt. Bekannte Stimmen wie Iris Berben als Leona und Ulrich Pleitgen als Edgar Allan Poe geben dem Hörspiel ein unnachahmliches, gruseliges, mystisches Flair. Unglaublich gut.

Roverandom

Verlag: Beltz und Gelberg; 4 CDs, 304 Min., autorisierte Hörfassung, gelesen von Marian Funk

Zwar gibt es viele Geschichten von Geisterschiffen - aktuell beweist dies der zweite Teil von Der Fluch der Karibik - doch Kenneth Oppel gelingt es, dem Thema eine neue ungewöhnliche und spannende Seite abzugewinnen: Das Geisterschiff Hyperion irrt nicht über die Weltmeere oder durch die Tiefen des Weltalls. Oppel verlegt seine Abenteuergeschichte in den Raum dazwischen, in die Lüfte, in das Reich der Flugzeuge, Zeppeline und Luftschiffe. Unvorstellbare Reichtümer sollen sich an Bord des Luftschiffes Hyperion befinden, das in großer Höhe durch den Himmel scheinbar steuerlos dahintreibt. Matt Cruse als Navigatorgehilfe an Bord der Treibgut ist dabei, als das Geisterschiff gesichtet wird. Der Kapitän der Treibgut riskiert beinahe sein Schiff, um die Hyperion in Schlepp zu nehmen - doch der Plan misslingt. Wieder zurück in Paris wird Matt von verschiedenen Seiten angesprochen, die Koordinaten der letzten Sichtung des geheimnisvollen Schiffes zu verraten. Dadurch gerät Matt in ein haarsträubendes Abenteuer. Als sie schließlich an Bord der Hyperion gehen, ahnt niemand, welche Kreaturen die Schatzsucher weit über den Wolken in dem mysteriösen Schiff antreffen werden. Marian Funk liest den Roman von Kenneth Oppel ohne viel Schnörkel und Getöse, und doch behält man die verschiedenen Betonungen und Nuancen der stimmreich vorgetragenen Charaktere im Gedächtnis. Eine großartige Lesung eines großartigen Buches.

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J.R.R. Tolkien: Roverandom Hörverlag; 3 CDs, 158 Min., vollständige Lesung, gelesen von Ulrich Noethen

Als kleiner Hund legt man sich besser nicht mit einem schlecht gelaunten Zauberer an, denn sonst wird man - schneller als man blinzeln kann - in ein Spielzeug verwandelt. Als der Hund Rover in ein kleines Spielzeug verzaubert und an einen unbekannten Ort versetzt wird, muss er erkennen, dass es äußerst schwierig ist, in seine Welt zurückzufinden und den Zauber rückgängig zu machen. Ist er zuerst nur ein unbewegliches Spielzeug, so gewinnt er langsam wieder an Beweglichkeit - aber nicht an Größe. Außergewöhnliche Dinge stoßen ihm zu, und er beginnt zu begreifen, dass er mehr ist als nur ein kleines Spielzeug. Tolkien bewies mit dieser bereits 1927 entstandenen, aber erst 1998 veröffentlichten Geschichte erneut, dass er ein meisterhafter Autor ist. Er hatte sich die Geschichte als Trost für seinen Sohn Michael ausgedacht, der seinen geliebten Spielzeughund am Strand verloren hatte. Tolkiens Kurzgeschichten sind weise erdacht und von leichter Hand geschrieben. Man erkennt, dass Tolkiens Hauptwerk Der Herr der Ringe keineswegs eine Ausnahmeerzählung ist. Wie auch schon in Bauer Giles von Ham, die ebenfalls im Hörverlag erschienen ist, ist Roverandom ein kleines, aber tolles Märchen für jung und alt: Ulrich Noethen liest mit warmer, ruhiger Stimme. Es scheint, als lese Großvater mit feiner Betonung und vielen Nuancen aus einem seiner Lieblingsbücher vor. Uwe Wibben

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DIE ZWEI TÜRME - KOMPLETT GELESEN

DER ERBE DER RINGE WERKSTATTBESUCH: GERT HEIDENREICH ALS STIMME MITTELERDES

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Foto: Der Hörverlag

n Deutschland ist der Hörverlag aus München seit Jahren Marktführer beim beliebten Medium Hörbuch. Als man vor etlichen Jahren mit der Bearbeitung unterschiedlichster Texte J.R.R. Tolkiens begann, hatte man ernsthafte Zweifel, ob die Fans an Gesamtlesungen mit einem Volumen von fünfzehn oder mehr CDs Interesse hätten. Seit dem Erfolg des Silmarillion gibt es diese Zweifel nicht mehr, und Achim Höppner begann mit Die Gefährten die dreiteilige, vollständige Lesung von Der Herr der Ringe. Als der sympathische Sprecher im letzten Jahr überraschend verstarb, stand der Hörverlag vor der Herausforderung, eine neue Stimme zu finden, die das schwere Erbe des äußerst beliebten Synchronsprechers von Gandalf in den drei Kinofilmen antreten könnte. Höppners langjähriger Freund und Weggefährte Gert Heidenreich stellt sich der Herausforderung.

Neue Stimme Pressesprecherin Heike Völker-Sieber vom Hörverlag betont, dass nach dem Tod Achim Höppners keine schnelle Rückkehr zur normalen Produktion möglich war: »Die Betroffenheit im Verlag war groß, Achim Höppner war nicht nur ein Ausnahmekünstler, er war auch ein sehr sympathischer Mensch. Einen Ersatz zu finden, und das auch noch unter Zeitdruck, erschien uns nach dem ersten Schock unmöglich.« Mit dem Silmarillion, dem ersten Teil der Der Herr der Ringe-Gesamtlesung und natürlich seiner Stimme als Gandalf in der Filmtrilogie war Höppner zum Inbegriff Mittelerdes beim Hörverlag geworden, und der Erfolg der Gesamtlesungen unterstrich die Faszination, die von seiner Stimme ausging.

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»Für uns war es wichtig, ein klares Konzept für die Zukunft zu entwickeln, denn Tolkien ist ein wichtiger Titel, und wir haben den Fans gegenüber eine große Verantwortung. Gerade aus dem Kreis der Mittelerdebegeisterten haben wir viel Feedback erhalten, in welche Richtung wir gehen sollten. Man schlug vor, den vollkommenen Bruch mit der bisherigen Besetzung zu wagen, indem man eine Frauenstimme wählte - aber genauso wurde der Wunsch geäußert, mit einer nahezu identischen Stimme der Tradition zu folgen«, berichtet Völker-Sieber. »Nach sehr langer, intensiver Suche haben wir unserer Meinung nach den einzig richtigen für diese schwere Aufgabe gefunden: Gert Heidenreich.«

Aufnahmen Heidenreich und Höppner sind langjährige Weggefährten, schon 1970 gründeten sie in München gemeinsam das Theater in der Kreide. Heidenreich legte aber andere Schwerpunkte seiner kreativen Tätigkeit, schrieb Romane, Theaterstücke und Lyrik und wurde zum Sprecher für Rundfunk, Fernsehen und Hörbücher. Bis heute reist er im Auftrag des Goethe-Instituts durch die Welt. Auch als Übersetzer und Reiseschriftsteller hat er sich einen Namen gemacht und zahlreiche Preise erhalten wie etwa den Adolf-Grimme-Preis. Zu Beginn des Besuchs bei den Aufnahmen ist die Stimmung gelockert, aber konzentriert. Der eine oder andere Scherz über die Aussprache aus der von Tolkien erdachten Welt (»Tharkûn wird wie “t” ausgesprochen - oder hast Du schon mal einen lispelnden Zwerg gesehen?«) kommt vor, doch wie Höppner erweist sich Heidenreich als erstklassiger, ausdauernder Sprecher, bei dem


VOM COMPUTERSPIEL ZUM HÖRSPIEL

WERKSTATTBERICHT LEGEND: HAND OF GOD - DIE CHRONIKEN VON ARIS 1

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örspiele erleben derzeit einen echten Boom. Neben Mittdreißigern, die sich ein Stück ihrer Kindheit zurückerobern, werden auch mehr und mehr junge Fans für dieses Medium gewonnen. Doch wie entsteht so ein Hörspiel überhaupt? Um diese Frage zu beantworten. schauen wir uns die Produktionsgeschichte eines Fantasy-Hörspiel an, das dieser Tage in den Regalen der Fachgeschäfte angekommen ist, nämlich Legend: Hand of God - Die Chroniken von Aris I. »Moment mal«, werden die Zokker unter den NAUTILUS-Lesern nun vielleicht sagen. »Legend? Ist das nicht ein Computerspiel?« Und diese Zocker haben natürlich Recht. Die Chroniken von Aris beruhen auf dem Action-Rollenspiel Legend: Hand of God, das von der deutschen Spieleschmiede Master Creating realisiert wurde und vom DTPLabel Anaconda vertrieben wird (Anaconda hat sich u.a. mit Adventures wie Black Mirror einen guten Ruf erarbeitet). Die spannende Frage, der in diesem Werkstattbericht nachgegangen werden soll, lautet also konkret: Wie setzt man ein Computer- oder Videospiel als Hörspiel um? Ganz am Anfang steht eine Idee im Kopf eines kreativen Menschen, aus der dann im Laufe der Produktion ein hörbares Vergnügen entstehen soll, mit dem man problemlos und gut unterhalten eine Stunde Zeit totschlagen kann. In diesem Fall ist man im Hause Translocacell - einem Düsseldorfer Unternehmen, das sich auf die Lokalisierung von Video- und Computerspielen spezialisiert hat - auf den entscheidenden Einfall gekommen. Computerspiele sind beliebt; Hörspiele sind beliebt. Warum also diese beiden Dinge nicht zueinander führen? So oder so ähnlich war der Gedankengang von Firmengründer Martin Ruiz Torreblanca, der schon seit längerem davon geträumt hatte, zwei seiner großen Leidenschaften zusammenzubringen. Flugs hob man ein eigenes Hörspiellabel mit dem Namen Weirdoz aus der Taufe, und flugs war auch ein passendes Motto gefunden: »Games zum Hören« will man produzieren. Dieser

Ansatz hat einen großen Vorteil, aber auch einen kleinen Nachteil: Der große Vorteil besteht darin, dass man sich nicht die Mühe machen muss, eine eigene Welt zu ersinnen, in der man seine Geschichten erzählen will. Diese Aufgabe haben einem die Entwickler des jeweiligen Computerspiels bereits abgenommen. Natürlich sind die Entwickler nicht dazu bereit, ihr geistiges Eigentum kostenfrei abzutreten - will meinen, der Produzent des Hörspiels muss Lizenzgebühren zahlen. Die Zahlung dieser Lizenzgebühren wiederum setzt Verhandlungen voraus, und diese brauchen Zeit. Ganz abgesehen davon, dass man zunächst einmal schauen sollte, welches Computerspiel man eigentlich als Hörspiel umsetzen möchte: So sind beispielsweise Sport- oder Partyspiele denkbar ungeeignet. Wie soll man ein Hörspiel zu FIFA Soccer oder Singstar machen? Anders gesagt: Man braucht ein Spiel mit einer ansprechenden Story - und Weirdoz wurde schließlich bei Legend fündig. Nach diesem ganzen Vorlauf muss zunächst ein Drehbuch verfasst werden - und hier kommt der Autor dieses Werkstattberichts ins Spiel. Im Idealfall kann man sich als Autor dabei auf eine Vollversion des PC-Spiels, ein umfangreiches Glossar oder Ähnliches stützen; in der Regel finden die Lizenzverhandlungen allerdings zu einem Zeitpunkt statt, da das Spiel noch nicht ganz fertig ist. Also nimmt man alles, was man ansonsten in die Finger kriegen kann eine Outline der Story, Trailer, Screenshots, willige und kompetente Mitarbeiter des Entwicklungsstudios, die sich mit nervigen Fragen löchern lassen, und so weiter und so fort. Um die zehntausend Worte zu schreiben, die ein Hörspieldrehbuch inklusive aller Regieanweisungen üblicherweise besitzt, hat man zu Beginn eine Entscheidung zu treffen: Orientiert man sich stark am Handlungsverlauf des Spiels und benutzt die dort eingeführten Figuren, oder wagt man es, sich weiter von der Vorlage zu entfernen? Immerhin sollen die Fans des Compu-

terspiels schon beim ersten Durchlauf erkennen, dass sie da gerade ihr Spiel zu hören bekommen. Andererseits will man sie weder spoilern (ihnen Geheimnisse der Handlung vorab verraten) noch mit Details langweilen, die sie bereits kennen. Für Die Chroniken von Aris haben wir uns für einen Mittelweg entschieden: Die Handlung folgt im Groben dem Spielverlauf, aber einigen Figuren wurden neue Nuancen abgewonnen (nicht zuletzt durch eine ordentliche Prise Humor), und der Plot wurde an einigen Stellen erheblich gestrafft (ein Hörspiel dauert meist nicht länger als eine gute Stunde, wohingegen der Käufer eines Computerspiels bitterlich enttäuscht wäre, wenn man ihm ein Spiel von derart jämmerlicher Länge präsentieren würde). Der zweite große Knackpunkt beim Umsetzen eines Computerspiels als Hörspiel liegt auf der Hand: Ein Computerspiel ist ein audiovisuelles Medium,

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während man sich beim Hörspiel ... nun ja, beim Hörspiel hat eben alles über die Ohren des Publikums zu laufen. Daher steht man bisweilen vor dem Problem, eine Änderung vornehmen zu müssen, die von der Vorlage deutlich abweicht. Ein Beispiel aus Legend - Die Chroniken von Aris: Targon, der Held der Geschichte, erhält im Computerspiel ein magisches Artefakt, mit Hilfe dessen er einen Drachen bezwingen kann, indem er das ursprünglich gewaltige Echsenvieh einfach auf eine leichter zu bezwingende Größe zurechtschrumpft. Das mag auf dem Monitor echt cool aussehen, funktioniert im Hörspiel allerdings gar nicht. Was tun?

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Das schwarze Auge: Drakensang

Rückkehr nach Aventurien Das kommende RPG-Erlebnis im DSA-Universum

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roße Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Dass nach über zehn Jahren wieder ein auf der populären Pen & Paper-Rollenspielserie Das Schwarze Auge basierendes PC-Game erscheinen soll, entlockt nicht nur der DSA-Fangemeinde ein freudiges Raunen. Nach der Nordland-Trilogie mit den Titeln Schicksalsklinge (1992), Sternenschweif (1994) und Schatten über Riva (1996) warteten PC-Spieler nämlich bislang sehnsüchtig, aber vergebens auf einen weiteren Ausflug nach Aventurien. Doch bis das geplante RPG mit dem Titel Das schwarze Auge: Drakensang endlich erscheint, müssen sich die PCAbenteurer noch eine Weile in Geduld üben. Die Veröffentlichung des sehnsüchtig erwarteten Spiels ist erst für Ende nächsten Jahres vorgesehen, das Interesse an Informationen ist aber schon jetzt groß. Während eines Besuches bei dem verantwortlichen Entwicklerstudio Radon Labs in Berlin (in der Zweigniederlassung in Halle wird ebenfalls eifrig an dem Projekt gewerkelt) erfuhren die NAUTILUS-Mitarbeiter Mark Wachholz und Chris Peller alles Wissenswerte aus erster Hand. Zudem konnten sie sich anhand einer eigens für die diesjährige E3-Spielemesse in Los Angeles zusammengestellten Präsentation auch visuell einen ersten Eindruck von der RPG-Hoffnung Made In Germany verschaffen.

Hauptmerkmale Das Wichtigste zuerst: Drakensang wird ein Party-Rollenspiel. Die Entwickler umschreiben das gewünschte Ergebnis selbst als »eine Art Baldur’s Gate in 3D«. Im Gegensatz zu Oblivion oder Gothic 3 durchstreift der vom Spieler erschaffene

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Held nicht alleine, sondern in Begleitung die virtuelle Welt. Jedes Mitglied der (höchstwahrscheinlich vierköpfigen) Gruppe wird dabei steuerbar sein. Als Ansicht dient eine Third-Person-Perspektive, bei der mit Hilfe einer Zoomfunktion Charaktere und Umgebung sogar aus nächster Nähe betrachtet werden können. Die Bedienung soll entweder via herkömmlicher Point & ClickSteuerung oder mittels zusätzlicher Zuhilfenahme der Tastatur erfolgen. Wie in jedem RPG werden Interaktionen, insbesondere Gespräche, mit NPCs eine wichtige Rolle spielen. Dabei sind für den Verlauf einer Konversation die Wahl des jeweiligen Helden sowie dessen Attribute - etwa sein Überredungsgeschick - von wesentlicher Bedeutung. Eine hübsche Elfin kann vielen Gesprächspartnern mehr Informationen entlocken als ein hässlicher Zwerg. Sollte das Gegenüber aber ein Zwerg sein, sollte dieser die Unterhaltung führen. Die Kämpfe werden laut Aussagen der Entwickler im Prinzip rundenbasiert ablaufen. Da das jedoch modern aufbereitet wird, entsprechen die Gefechte auf den ersten Blick eher Echtzeit-Auseinandersetzungen. Damit dabei keine Hektik aufkommt, lässt sich das Geschehen jederzeit pausieren. Stupide Klickorgien mit der Maus sind aber ohnehin nutzlos: Vielmehr entscheiden die Zusammensetzung der Party, die Skills der Charaktere und die ausgewählten Waffen über Sieg oder Niederlage. Radon Labs ist übrigens bestrebt, die vierte DSA-Regeledition so umfassend wie möglich zu übernehmen. Inwiefern Abstriche bezüglich der Komplexität gemacht werden müssen, bleibt abzuwarten.


Folge dem schwarzen Leoparden

PC-Spiele

Irgendwo in Afrika Paradise - Benoit Sokals neues Adventure

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006 meint es gut mit dem Adventure Genre. Nach dem wunderschönen Dreamfall - the Longest Journey steht mit Paradise gleich noch ein echtes Highlight ins Haus. Entsprungen aus der Feder des Comic-Autors Benoit Sokal entführt Paradise die Spieler dieses Mal nach Afrika. Adventure-Fans kennen den Autoren schon aus seiner Arbeit an den Adventure-Klassikern Syberia und Syberia 2. Die beiden Spiele rund um Kate Walker gelten bis heute als Meilensteine des Adventure Genres und stehen Urvätern des Genres wie Secret of Monkey Island kaum nach. Um so trauriger stimmte es die Fangemeinde, als der ehemalige Comiczeichner und -Autor Benoit Sokal nach Fertigstellung von Syberia 2 klarstellte, dass zumindest von seiner Seite keine Fortsetzung der Reihe geplant war. Dafür habe er aber, wie Sokal in verschiedenen Interviews andeutete, schon andere Projekte in Arbeit. Eines davon sollte in Afrika spielen und zumindest technisch Syberia 2 nicht unähnlich sein. Inzwischen hat das Projekt einen Namen: Paradise wird schon bald für den PC erhältlich sein. Inhaltlich soll es dabei psychologisch um einiges tiefgründiger und tragischer zugehen als bei den Abenteuern von Kate Walker. So weiß die Heldin von Paradise, Ann Smith, zunächst nicht einmal, wie sie eigentlich nach Zentralafrika gekommen ist. Durch einen Flugzeugabsturz hat sie das Gedächtnis verloren und irrt verloren durch die Gassen einer ihr unbekannten Stadt. Schlimmer noch, der einzige Weg, aus dieser Stadt herauszukommen, ist mit Erlaubnis ihres Herrschers, eines mysteriösen arabischen Prinzen, der sich allerdings in seinem Palast versteckt hat.

Als Ann den Prinzen schließlich nach einer längeren Suche stellt, lässt der sie tatsächlich gehen - allerdings nur unter einer Bedingung: Ann muss einen schwarzen Leoparden aus dem Besitz des Prinzen zurück zu seiner Geburtsstätte bringen. Die Suche nach dem Geburtsort des Leoparden treibt Ann immer tiefer in die dunklen Tiefen des afrikanischen Kontinents - und ausgerechnet dort scheinen die Leute Ann sogar zu kennen. Was hat es mit dem Diktator auf sich, der hier im Herzen Afrikas herrscht und dessen Tochter sie angeblich ist? Und dann wäre da noch der Leopard selbst, dessen Schicksal untrennbar mit dem von Ann verbunden zu sein scheint (und den man in nächtlichen Echtzeitsequenzen auch selbst lenkt). Dass Adventures erwachsen geworden sind, ist schon seit längerem bekannt. Krimigeschichten wie Runaway oder Okkultthriller wie Fahrenheit beweisen, dass anspruchsvolle Rätselkost auch in sehr guten Geschichten verpackt werden kann. Jetzt meldet sich einer der Urheber dieser anspruchsvolleren Spielekost zurück - und Paradise kann anscheinend ohne Probleme in die Fußstapfen seiner beiden Vorgänger treten. Eingebunden in wunderschöne Graphiken und eine atmosphärische Soundkulisse erzählt Paradise eine Geschichte um Liebe, Hass und eine Reise ins Ungewisse. Damit auch alles nach seinen Vorstellungen abläuft, behielt Sokal dieses Mal die vollkommene Kontrolle über das Projekt. Neben der Geschichte zeichnete er außerdem einen Großteil der Hintergründe, führte die Dialogregie und war auch sonst in jede Entscheidung eingebunden. Dabei verzichtete er auch weitgehend auf die Einführung von ActionElementen, wie sie etwa in Dreamfall enthalten sind. Paradise ist ein klassisches Point-and-Click-Spiel der alten Schule. Adventure-Freunde können sich also, wenn der erste Eindruck nicht

trügt - schon einmal auf einen heißen Sommer einstellen. Ob das (laut Publisher Ubisoft) „erste Adventure, das jemals in Afrika gespielt hat“ auch hält, was es verspricht, kann man bald selbst testen: Paradise soll ab dem 23. Juni 2006 erhältlich sein. Sebastian Geiger b

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ONLINE-SPIEL

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in weiteres MMORPG (Massive Multiplayer Online Role-PlayingGame) namens Herr der Ringe Online: Die Schatten von Angmar (HdR Online) kommt auf den überfüllten Markt. Und es bietet eine mächtige Lizenz: Mittelerde, die Welt von J.R.R. Tolkiens Der Herr der Ringe. Aber tauchen die Leser und Fans des Romans auch gerne in ein Online-Rollenspiel ab? Und können Fans von Peter Jacksons Verfilmung sich mit einem Mittelerde anfreunden, das aus Lizenzgründen nicht deckungsgleich mit dem cineastischen Erlebnis sein darf?

Neue Spieler Bei der Erstellung eines Charakters hat man auf den ersten Blick zahllose Möglichkeiten (Haut-, Haar- und Augenfarbe, zusätzlicher Schmuck usw.), diese bewirken jedoch nicht viel am Aussehen des Charakters. Nachdem man seinem Helden einen Namen und ein gewisses Maß an Individualität verliehen hat, betritt man Mittelerde.

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ir schreiben das Jahr 1729. Im Auftrag seiner Majestät des englischen Königs verschlägt es den Ermittler Amadey Finvinerro auf die nebelverhangene Atlantik-Insel Dead Reefs. Der Erbe des örtlichen Landadligen ist bei einem Spaziergang entlang der Klippen einem tragischen Unfall zum Opfer gefallen - oder hat jemand den jungen Mann etwa auf die Sprünge geholfen? Dieses und natürlich eine ganze Menge weiterer Rätsel gilt es für den Spieler von Dead Reefs - Das Relikt des Bösen zu knacken. Die Programmierer des kanadischen Studios Streko Graphics haben es geschafft, eine tolle Atmosphäre zu erzeugen. Je mehr man über die Vorgänge auf der Insel erfährt (von den Umtrieben skrupelloser Strandräuber vor hundert Jahren über die Projekte eines ansässigen Alchimisten bis hin zu unheimlichen Flüchen und Geistererscheinungen), desto passender wirken die Anzeichen von Zerfall und Morbidität, die überall in die fein umgesetzten 3D-Schauplätze eingestreut wurden. Dead Reefs ist kein klassisches Point & Click-Adventure. Vielmehr steuert man die Hauptfigur mit den WASDTasten über die Insel, was nach einer kurzen Eingewöhnungsphase recht gut von der Hand geht. Mit den Pfeiltasten kann man sich bestimmte Dinge näher ansehen, mit anderen Personen sprechen oder Aktionen ausführen, sobald das entsprechende Icon auf dem Bildschirm erscheint. Dies gestaltet sich einfacher, als es zunächst klingen mag - insgesamt vermittelt einem diese für Adventures eher ungewohnte, mauslose Bewegungsfreiheit sehr schnell das Gefühl, echten Ermittlungsarbeiten nachzugehen. Dass man sich mühelos mit Amadey Finvinerro identifizieren kann, liegt auch daran, dass diese Figur unüber-

SCHAURIG-SCHÖNES ADVENTURE MIT TOLLER ATMOSPHÄRE

DEAD REEFS DAS RELIKT DES BÖSEN sehbar an die Rolle Johnny Depps in Tim Burtons Gruselschocker Sleepy Hollow angelehnt ist (etwas schade ist allerdings, dass Finvinnero im Gegensatz zu Ichabod Crane nicht zu Ohnmachtsanfällen neigt, sondern selbst bei den schauerlichsten Geistererscheinungen höchstens kurz mit der Wimper zuckt, um dann wacker weiterzuforschen). Auch die anderen Figuren sind liebevoll und sehr detailliert gestaltet (so kann man beispielsweise erkennen, dass der Wirt des Gasthauses einmal zur See gefahren sein muss, da er einen großen silbernen Ohrring trägt).

Die Synchronisation ist tadellos, und die beteiligten Sprecher liefern eine sehr gute Leistung ab (was es leicht macht, über die in den Untertiteln auftauchende Tippfehler hinwegzusehen). Außerdem sorgt ein gelungener Soundtrack an den richtigen Stellen für adäquate Untermalung. Kommen wir zu dem, was ein gutes Adventure ausmacht: die Rätsel. Ihr Schwierigkeitsgrad lässt sich ruhigen Gewissens als »mittel« bezeichnen (wobei Genre-Neulinge dies womöglich für eine maßlose Untertreibung hal-

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ten könnten, aber man muss es Neulingen in diesem Genre ja nicht unnötig leicht machen). Besonders erwähnenswert ist, dass es in Dead Reefs einige Klang- und Musikrätsel gibt, die entgegen dem schlechten Ruf solcher Knobeleien fürs Gehör wirklich hervorragend funktionieren. Ein großer Pluspunkt bei Dead Reefs ist außerdem der, dass einem nerviges (und die Spielzeit künstlich streckendes) Gelatsche durch die Gegend größtenteils erspart bleibt. Es gibt eine feine Kartenfunktion, mit der man sich mühelos zum gewünschten Schauplatz befördern kann. »Die Entscheidungen des Spielers bestimmen den Verlauf und das Ende des Spiels«, steht auf der Packung von Dead Reefs, und das ist - im Gegensatz zu vielen anderen vollmundigen Behauptungen, die man sonst gerne auf Computer- und Videospielverpackungen zu lesen bekommt - in diesem Fall nicht gelogen. An einer Stelle des Spiels sieht man sich nämlich gezwungen, einen Schuldigen für die ganze Misere auf der abgelegenen Insel zu nennen; tippt man daneben, ist das Spiel vorüber. Liegt man richtig, hat man noch eine ganze Weile länger Spaß und bekommt noch mehr schöne, insgesamt rund 40 Minuten lange Videosequenzen zu sehen. Publisher cdv hat mit Dead Reefs ein wirklich sehenswertes Adventure auf den Markt gebracht. Einzig einige Programmierfehler - mal kommt man aus einem Dialog nicht mehr hinaus, mal ist ein Autosafe unbrauchbar - verhindern, dass Dead Reefs es mit echten Genre-Klassikern wie Black Mirror oder Still Life aufnehmen kann. Nichtsdestotrotz macht Dead Reefs Laune und Lust auf weitere Spiele von Streko Graphics. Thomas Plischke b

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PC-SPIELE

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amstag, 4. August 2007: Wir befinden uns auf dem Rittergut Brokelohe etwa 50 km nordwestlich von Hannover, auf dem seit 2004 jährlich für fünf Tage das LIVERollenspiel (LARP) Conquest mit mehreren Tausend Teilnehmern stattfindet. In den letzten Jahren erfreuten sich Online-Fantasy-Rollenspiele wie World of Warcraft und Dark Age of Camelot großer Beliebtheit, doch hier kann man fantastische Abenteuer auch in echt erleben. Für die Dauer des Spiels verwandelt sich das Rittergut in die Fantasy-Welt Mythodea, und jeder einzelne Spieler kann als Krieger, Priester, Magier, Dieb, Ork oder etwas anderes am Schicksal dieser Welt teilhaben. Alles ist vorhanden: Es gibt mehrere große La-

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ger mit je einer Kultstätte und Palisaden, eine Tempelanlage, die Handelsstadt mit dem Markt, der Kneipe und dem Friedhof und sogar einen riesigen Dungeon (ein unterirdisches Gewölbe), der schon Tage vor der Veranstaltung von zwei Dutzend Leuten aufgebaut wurde. Die einzelnen Spieler tragen durch ihre Gewandungen und die Ausstattung ihrer Zelte zum farbenfrohen Ambiente bei. Die Bandbreite der Charaktere reicht von Klassikern wie Ritter, Barbaren, Zwerge, Magier, Römer, Musketiere und Piraten bis hin zu Helden, die aus einem Fantasy-Rollenspiel entsprungen sein könnten. Aber auch die Bösen wie Orks und Goblins sind stark vertreten manchmal hat man sogar den Eindruck, dass gerade diese Spieler den meisten Spaß haben. Gekämpft wird in diesen Tagen genug, ob nun in einzelnen Duellen, Scharmützeln oder großen Gefechten. Damit sich aber mit den gepolsterten Latex-Waffen niemand wirklich verletzt, führen die Spielleiter strenge Waffenkontrollen durch. Natürlich gibt es für das Spiel Regeln, diese kann man sich einfach von der Webseite der Veranstalter herunterladen und sich schon vor dem Spiel damit vertraut machen. Bei

der Endschlacht am frühen Samstagabend ist die Wiese voll mit Leuten. Hier führt die Spielleitung über drei Meter große Kreaturen ins Feld. Als dann die Heere aufeinanderprallen, fühlt man sich wirklich mitten im Getümmel. Ein solches Spektakel kann natürlich nur mit engagierten Leuten hinter den Kulissen umgesetzt werden, die viel Zeit und Arbeit investieren. Um einen Eindruck vom Aufwand zu erhalten, hat Britta Klütsch von der Conquest-Organisation der NAUTILUS einige Fragen beantwortet. ■ Wie laufen die Vorbereitungen ab? Wir sind eigentlich andauernd mit der Arbeit an Conquest beschäftigt, denn nach dem Ende unseres jährlichen Treffens beginnen schon die Vorbereitungen für das nächste Jahr. Die Homepage muss aktualisiert werden, Teilnehmer und das Spielleiter-Team (SL) wollen betreut werden. Das ca. 500 Seiten umfassende Plotbuch entsteht auch nicht an einem Tag. Ab Frühjahr trifft sich dann das gesamte Team in Regensburg zu sogenannten Bauwochenenden, um die Kulissen zu bauen, sich näher kennenzulernen und weitere Abläufe zu bespre-


Die Mutter aller Schlachten ist zurück!

TableTop

Krieg in der Alten Welt Warhammer Fantasy - ein TableTop-Dauerbrenner

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enn Menschen kunstvoll bemalte Miniatursoldaten über Wohnzimmertische schieben, um wilde Schlachten darzustellen, nennt man das Wargaming (englisch: Kriegsspielen) oder TableTop. Wenn man mit dem Verkauf von MiniaturenRohlingen, Pinseln, Farben, Spezialwürfeln und Spielregeln auch noch Geld verdient (und das seit fast 25 Jahren), dann nennt man das Ganze Warhammer. Obwohl die meisten TableTop-Spieler aussehen, als gehörten sie zu den Hell’s Angels, sind sie in der Regel sehr friedfertig und detailverliebt. Denn das Bemalen von Miniaturen, das Basteln von Terrainelementen und das Studium langer Spielregeln verlangt Geduld und viel freie Zeit. In der Regel beginnt man das Hobby in einem Alter, in dem andere in Fußballclubs eintreten. Und wie man diesen Organisationen oft untreu wird, wenn später Beruf oder Familie ihr Recht fordern, so muss auch ein TableTop-System ständig neue Spieler rekrutieren. Instrumente einer solchen steten Neurekrutierung sind die Basis-Sets Grundregeln plus erste Miniaturen - die in regelmäßigen Neuauflagen unters Volk gebracht werden müssen. So ist es auch mit Angriff auf den Schädelpass, der neuesten Warhammer-Starterbox der Spieleschmiede Games Workshop (GW), deren Erscheinen den Anlass zu einer Stippvisite ins Warhammer-Universum bietet. TableTops gibt es wie Sand am Meer, von selbstgeschriebenen Regeln aus dem Internet bis hin zu professionellen Publikationen. Manche haben brillante Spielregeln, viele haben ansehnliche Miniaturen. Doch nur das märchenhafte Gemetzel Warhammer Fantasy Battle (sowie seit 1987 dessen SF-Ableger Warhammer 40.000) hat seine Erfolgsserie bis in eine dritte Dekade hinein verlängern können. Neben einem robusten, modular aufgebauten Regelsystem und ansprechenden (wenn auch teuren) Miniaturen dürften vor allem die Spielwelt und die Ver-

triebsphilosophie von Games Workshop dafür verantwortlich sein. Und last but not least der typisch grimmige Warhammer-Look.

Basis-Spiel Das neue Grundset Angriff auf den Schädelpass ist eine prallgefüllte Großbox, die allerdings noch Bastelarbeiten erfordert: 20 Zwerge mit fünf Sondereinheiten, 70 Goblins mit zwei Sondereinheiten, ein Monster, Geländeelemente, Spezialwürfel, Schablonen für Flächeneffekte und natürlich zwei Regelhefte bieten einen sehr vernünftigen Gegenwert für den Kaufpreis. Die Modelle sind allerdings unbemalt und aus Plastik. Hat man die Modelle zusammengebastelt, kann das erste Gefecht beginnen. Da TableTop-Regeln aber naturgemäß sehr lang und komplex sind das beiliegende Starter-Regelbuch umfasst fast 130 Seiten - ermöglicht ein Einsteigerheft eine schrittweise Heranführung an die grundlegenden Spielelemente Einheitenaufstellung, Bewegung, Nah- und Fernkampf. In einfachen Lektionen werden die einzelnen Spielphasen erläutert, so dass man am Ende dieser Grundlektionen bereits eine erste Schlacht - wenn auch noch ohne Magie und mit nur wenig Gelände - schlagen kann.

Das Spielgeschehen gliedert sich in fünf Phasen: Start- und Verwaltungsphase, Bewegung (mit Kampfansage), Magie, Fernkampf und Nahkampf. Eine Partie dauert stets genau sechs Spielzüge lang. Das Gros der Miniaturen wird dabei zu Einheiten zusammengefasst, was die Bewegungen erleichtert. Natürlich gibt es unzählige Spezialfälle, aber die Gesamtheit aller Boni und Mali dürfen einen gewissen Wert nie überschreiten. Und der modulartige Regelaufbau sorgt dafür, dass man nie alle Regeln auf einmal benötigt: Spielen beispielsweise keine Zauberer mit, entfällt schlicht die gesamte Magiephase. Das eigentliche Spielgeschehen wird von einer großen Zahl sechsseitiger Würfel dominiert. Zunächst legt ein Trefferwurf pro Modell die Zahl der nicht vollkommen fehlgegangenen Schläge bzw. Schüsse fest, dann zeigt ein Verwundungswurf (mit den Würfeln, die »trafen«) potentielle Verletzungen an, wel-

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Hörspiel-Texte und Musik

Musik

Metal trifft Fantasy Die neuen Konzept-Alben von WinterDome und Rhapsody of Fire

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Illustrationen aus Weltendämmerung

ass sich Metal und Fantasy schon seit längerem nahe stehen, ist spätestens seit dem Erfolg von Bands wie Manowar, Blind Guardian und Nightwish kein großes Geheimnis mehr. Selbst bei Metal-Bands, deren Texte sich nicht explizit um Fantasy-Inhalte drehen, findet man häufig Albumcover, die man eher auf einem Fantasy-Roman oder einem Rollenspielbuch vermuten würde. Das andere Ende des Spektrums dieser Durchdringung stellen Konzeptalben dar, bei denen eine eigenständige Fantasy-Geschichte erzählt wird, und zwei neuere dieser Scheiben sind just im Herbst 2006 erschienen: Weltendämmerung von WinterDome sowie Triumph or Agony von Rhapsody of Fire.

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Den Hannoveraner Musikern von WinterDome reicht es dabei nicht, sich nur in ihren Songs zur Fantasy zu bekennen. Ihre gesamte Bühnenshow inklusive der Kostüme ist komplett auf die dunkle Fantasy-Welt zugeschnitten, die sie sich erdacht haben. Und weil sich die Geschichte einer solchen Welt nur bedingt in Songs erzählen lässt, haben sie gleich Nägel mit Köpfen und aus ihrem neuesten Werk Weltendämmerung eine durchaus gelungene Mischung aus Hörbuch und Gothic Metal-Album gemacht. Von den insgesamt 18 Tracks sind die Hälfte längere Erzählpassagen, in denen Sprecher Dr. Berndt Seestaedt den Hörer am Schicksal des Volks der Elasaj teilhaben läßt. Die Elasaj haben wie es die epische Fantasy nun einmal verlangt - dereinst eine schwere Schuld auf sich geladen und wurden von ihren Göttern dementsprechend hart bestraft. In rund 70 Minuten begleitet man den Helden Ashaj bei seinen Abenteuern, gewinnt aber auch Einblicke in die Gefühlslage diverser Nebenfiguren der

Erzählung. Titel wie »Leid und Qual«, »Ein stiller Schrei« oder »Land der Nacht«, zeigen bereits, dass es auf diesem Album recht düster zugeht. Wer also ein Faible für Mittelalter-Metal à la Haggard oder Doom Metal im Stile von My Dying Bride hat, kann sich bestimmt auch mit WinterDome anfreunden. Die Fachpresse zeigt sich durchweg begeistert über den neuartigen Ansatz, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein dürfte, dass hier kluges Marketing im Spiel ist: So machen WinterDome zum einen keinen Hehl daraus, dass sie mit ihrer Musik ausdrücklich auch Fantasy-Rollenspieler ansprechen wollen. Zum anderen erwirbt man beim Kauf von Weltendämmerung nicht nur eine, sondern gleich zwei CDs: Der eine Silberling enthält sowohl die hörspielartigen Tracks als auch die Songs, wohingegen die zweite Scheibe Musik pur liefert - nur für den Fall, dass man die Geschichte der Elasaj nicht immer in ihrer Gänze hören will. Ein paar Jahre länger als WinterDome und auch auf internationaler Ebene sind Rhapsody of Fire im Geschäft, die zuvor unter dem Namen Rhapsody auftraten (Copyrightprobleme machten das Anhängsel »of Fire« für die Veröffentlichung ihres neuen Albums Triumph or Agony erforderlich). Diese in Triest gegründete Band, zu deren Lineup auch ein deutscher Drummer zählt, hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Metal-Kosmos um Chöre und Orchester zu erweitern. Heraus kommt dabei ein Stil, den die Band selbst als Film Score Metal bezeichnet. Doch was hat das genau mit Fantasy zu tun? Rhapsody of Fire vertonen eine Fantasy-Geschichte aus der Feder ihres Gitarristen Luca Turilli - und das nun schon seit sechs Alben und zwei EPs. Ähnlich wie bei WinterDome bedienen sich Rhapsody of Fire immer wieder stimmungsvoller Erzählpassagen, um


Die Nautilus-Bibliothek mane und Reiseberichte, Die Ziele der Entdecker - Reisen bis ans Ende der Welt, Weltreisende im Hörbuch, LOST - Gestrandet auf der Insel, Bounty Bay Online - Piraten & Entdecker im Online-Game, Interview mit Artemis Fowl-Autor Eoin Colfer, Extra-Zugabe: Hörbuch »Captain Blood: Die Rebellion« per Download

Ausgabe 40 Shrek der Dritte, Enzyklopädie der Märchenfiguren, Wie Märchen funktionieren, Harry Potter und der Orden des Phönix, Literarische Magie, Harry Dresden - Detektiv mit Zauberstab, Zauberer im Kino und TV, Studiobesuch zur Lesung »Der Herr der Ringe: Die zwei Türme«, Interview mit Sprecher Gert Heidenreich, Zugabe: »Lineage 2« Online-Rollenspiel DVD

Ausgabe 41 Zombies im Kino: die wichtigsten Filme, Typologie der Zombies, 28 Weeks Later: Interviews mit Regisseur und Hauptdarstellerm, Seuchen in der Realität und der Phantastik, Interviews: Wolfgang Hohlbein, Anthony Horowitz und Brian Keene, Interview mit dem Hörbuchsprecher Peter G. Dirmeier, Der Herr der Ringe Online

Ausgabe 24

Herr der Ringe - Die Herkunft der Hobbits, Wer ist Gollum, Interview: Grima, Haldir und Rosie Hüttinger, Nautilus-Szenario »Nacht über den Hügelgräbern«, Mittelerde alternativ: Gandalf als Verräter, Der Fluch der Mumie: Grabräuber und Bestattungsriten, Mumien in Film, Buch & Spiel, Von Narnia bis Otherland, Autorenporträt Stephen King, Interview: Tad Williams, Extra-Gimick: 28-seitiger Comic »Kriegfried, Lávendell und Zauberer Randalf«

Mad Scientists - irre Wissenschaftler, Pulp & Steampunk: Dampfmaschinen und Magie, verrückte Erfindungen, Monika Feltens »Nebelsängerin« - exklusive Kurzgeschichte als Beihefter, Musik & Zauberei Alben für Fantasy-Fans, Literatur-Werkstatt: Die Elfen, Cthulhu: Interview mit Spiele-Erfinder Sandy Petersen, History: der historische Alexander der Große

Ausgabe 12 Harry Potter: Drachen, Trolle, Zaubertiere, Hexer, Pocket-Enzyklopädie: »Geheimtinte« - Zaubertinten, unsichtbare Schriften, D&D - der Film: Interview mit Justin Whalin, Literatur-Werkstatt: Bernhard Hennen Unterschiede von Romanen & Rollenspiel-Abenteuern, Harald Evers: Höhlenwelt, Michael Schönenbröcher: Maddrax

Ausgabe 13 Alles zum Thema Roboter & Künstliche Intelligenz, Heft-CD: Sprach-KIs für den PC, Interactive Fiction, Fantasy- und Story-Generatoren, MYST Soundtrack, Roboter & Künstliche Menschen in der fantastischen Literatur, Porträt Douglas Adams, William Gibsons Cyberpunk, Tad Williams Otherland, DSA-Spielewerkstatt: Der Basiliskenkönig, Rollenspiel für Profis: Shadowrun - Spiel mit der KI

Ausgabe 19 - Doppelheft Herr der Ringe - Saurons dunkle Macht, Palantiri - Sehende Steine, Der Bund der Istari, Interviews: Gandalf, Saruman & Gamling, Verschwörungen & Geheime Zirkel: Geheimbünde, Traumwelten & Alpträume, Rollenspiel für Profis: Träume im Rollenspiel, Moorcocks Traumdiebe, Manipulierte Realität, Die Kunst des Träumens bei Lovecraft, Die Matrix, DSAWerkstatt: Götter & Dämonen

Ausgabe 20 - Doppelheft

Alles zu Der Herr der Ringe in Film, Buch, Comic, Musik, Hörspiel, PC-Game, Brettspiel, Sammelkarten- & Abenteuerspiel, Tolkien-Epigonen, Orks & Hobbits, Supplement: »Die Hobbits von Langgrund« Auenland-Dorfbeschreibung, Elfen & Feen: Wege in die Anderswelt, Interview mit B. Hennen, Harry Potter: Ewiger Held

Herr der Ringe - Baumbart und die Ents, Fangorn, Lórien, Film-Ents aus dem Computer, Rat der Elben, Elben im Abenteuerspiel, Interview mit Elbenkönig Gil-galad, Elbischer Bogenbau, Legolas, Freibeuter & Korsaren in Historie, Film, Roman, Comic, Abenteuerspiel & PC-Game, Schatzsuche heute, Berühmte Piraten, Rollenspiel für Profis: Piraten im Rollenspiel + 2 Schiffsschauplätze + spielfertiges Nautilus LIVE-Rollenspiel: »Käptn Plankenhagens Seelenverkäufer« + SeeräuberBrettspiel »Auf Kaperfahrt« als Beihefter

Ausgabe 15

Ausgabe 21

Abenteuer Unterwasser in Film, Buch, Spiel & PC-Game, A3 Originalplan der Nautilus aus »20.000 Meilen unter dem Meer«, Werkstatt-Bericht: Nautilus - das Brettspiel: die Autoren und Graphiker Franz Vohwinkel berichten, Special Cthulhu: die kompletten Einsteiger-Regeln als Beihefter: Special Mage Knight: Kurzregeln & kompletter Booster als Beilage

Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs: Film, Roman, Spiele, Extra-Gimmick: Darsteller-Lexikon, Aragorn, Ringgeister, Ringe der Macht, Arwen, Legolas & Gimli, Kankras Lauer, Saurons Verliese, Interview: Sauron-Darsteller Sala Baker, Komplettes Herr der Ringe-Rollenspiel Regelwerk + Szenario als Beihefter, Nautilus Mittelerde-Szenario: »Ein Traum von Macht«, Besuch im Synchron-Studio, Tolkien und die Inklings, Literatur-Werkstatt: Markus Heitz »Die Zwerge«, Wolfgang Hohlbein-Jubiläum, Phänomen Hörspiele

Ausgabe 14

Ausgabe 16 Magie & Zauberei: Formen der Magie, die größten Zauberer in Literatur & Wirklichkeit, Schamanen: Geheimnisse alter Naturreligionen, Rollenspiel für Profis: Magie in Rollenspiel & LIVE-Rollenspiel, Spiele für Magier, Magie in der Literatur von Homer bis Rowling, Kornkreise: Wirbel um Nichts, Geschichte der Online-Rollenspiele, Superhelden: Spider-Man, Neil Gaimans Sandman, HeroClix, Beihefter: Vampir Story »Necros« von Brian Lumley

Ausgabe 17 Der Herr der Ringe - Die zwei Türme, Interview mit John Howe, Fotobericht: Schmieden des Einen Rings, Orks - das klassische Monster, A2-Poster: Der Eine Ring, Enzyklopädie: »Mittelerde A bis Z«, Fantastische Sprachen: Sindarin & Quenja, Rotwelsch: Geheimsprache der Bettler, Rollenspiel für Profis: Akzente & Dialekte, Autorenwerkstatt: Ulldart, Gezeitenwelt, Steinprinzessin, Moorcocks Multiversum, Atlantis: Fiktion - Wahrheit, Rollenspiel für Profis: Abenteuer in Conans Zeitalter

Ausgabe 22 Orakel & Wahrsagekünste: von Delphi bis zur Quantenphysik, Extra-Gimmick: »Das Glück der Zwerge« - 24-seitiges Abenteuer & Tarot-Regelwerk + großformatige Zwergen Tarotkarte als Beilage, Herr der Ringe: Zwerge in Mittelerde, Interview mit Gimli-Darsteller John Rhys-Davis, Der Kampf um Troja, Griechische Helden, Das Ende der World of Darkness, Führer durch die Gezeitenwelt-Romane

Ausgabe 23 Monster - Mythen - Märchen, Serienkiller, Enzyklopädie der Schreckenswesen, Shrek - der nette Oger, Faszination des Bösen, Die Keltenlüge, Die wahre Herkunft der Elfen, König Artus, Rollenspiel für Profis: Märchen, Im Land der Menschenfresser, Extra-Gimmick: Herr der Ringe-Abenteuer »Der Morgen des Unlichts«, Walter Moers Zamonien

Ausgabe 26 Star Wars: 16seitiges Lexikon der Eposiden 1-6, SF oder Realität: technische Erfindungen, Ist die SF tot - Literatur & Wirklichkeit, H.G. Wells; Douglas Adams: Per Anhalter durch die Galaxis, Aliens im Kino, Interviews mit Tad Williams, Star WarsAutor Kevin Anderson, Star Trek Captain Patrick Stewart, Zugaben: DVD: MMORGP The Saga of Ryzom + Aufkleber zu DAoC

Ausgabe 28 - Doppelheft Interview mit Bartimäus Autor Jonathan Stroud, Preview DSA PC-Adventure: Drakensang, Autorenwerkstatt Thomas Finn: Das unendliche Licht, Nachruf Stanislaw Lem, Dark Fantasy: Quellen des Grauen, DVD-Filmjuwelen, Artemis Fowl, Die Klippenland-Chroniken, Fantasy-Werkstatt: Universen der Superhelden

Ausgabe 29 - Doppelheft Piraten im Kino, Roman & Spiel, Geisterschiffe & Schatzschiffe, Seemannsgarn im Licht der Wissenschaft, Interviews mit Kai Meyer, Benoit Sokal und StörtebekerAutor H.G. Stelling, Die Geschichte der Abenteuerspiele von Talisman bis heute, Nautilus-Szenario: Das Spukschiff, Fantasy-Werkstatt: der ewige Held

Ausgabe 30 - Doppelheft Filmemacher M. Night Shyamalan, Superhelden gibt es nicht: Alan Moores Watchmen, Abenteuerspiele & Online-Rollenspiel mit Superhelden, die Geschichte Supermans, Interview Luca Truggenberger: Die Wege des Drachen, Lexikon: das magische Land Xanth, Meerjungfrauen: Geister des Wassers, Wundermaschine der Antike: der Antikythera-Mechanismus

Ausgabe 31 - Doppelheft Lexikon-Beihefter: Chroniken von Narnia von A-Z, Tiergeschichten in der phantastischen Literatur, Tierfantasy im Kino von 1927 bis 2007, Garry Kilworth: Gewiefte Wiesel, Alan Dean Fosters Bannsänger: Rock’n Roll mit Tieren, Interview & Nachruf: Heroic-Autor David Gemmel, Werkstattbericht: Achim Höppner liest Der Herr der Ringe, Faszination gehörtes Buch, Die Zwerge als Abenteuer-Spielebuch Ausgabe 32 - Doppelheft Erstkontakt: Aliens auf der Kinoleinwand, die Herkunft der grünen Marsmännchen, Historische Astronauten - Mythos und Wahrheit, der echte Warp-Antrieb, 40 Jahre Star Trek: Interview mit Spock Leonard Nimoy, Interview mit Alan D. Foster; Drachen & Zwerge: Interview + Romanauszug Markus Heitz, Preview World of Warcraft: Burning Crusade

Ausgabe 33 - Doppelheft Interviews mit Filmemachern: Zack Sny-

der zu »300«, Leonard McLeod zu »Das Cabinett des Dr. Caligari«, Andreas Goralczyk zu »Elephants Dream«, Schauerromantik - das Schöne im Grauen, Sherlock Holmes, Miss Marple & Hercule Poirot Meisterdetektive auf DVD, Monsterjagd am Spieltisch, Aktuelle Crime-Games, Making of Dunkelelf Drizzt Do’Urden als Hörbuch, Warhammer Online-Rollenspiel, TableTop & Fantasy-Rollenspiel

Ausgabe 36 Zahlenmystik - Das Rätsel der wiederkehrenden Zahlen, PC-Games werden Filme: Computerspiel-Verfilmungen, Gemalte Welten - die Geschichte des phantastischen Zeichentrickfilms, Filmemacher im Interview: Regissier Shawn Levy und die Drehbuch-Autorin Melinda Snodgrass, Neue Phantastik-Serien im TV, Werkstatt-Bericht: Story-Design beim DSA PC-Game »Drakensang«

Ausgabe 37 Frank Millers »300« im Kino: Interviews mit dem Regisseur Zack Snyder und den Darstellern Gerard Butler und Rodrigo Santoro, Das historische Sparta, Interview mit »Pathfinder«-Regisseur Marcus Nispel, Werkstatt-Bericht »Die Trolle«, Mordsspaß: Mörderische Dinnerparty, Edgar Wallace-Krimis auf DVD, Das Locked Room-Mystery, Superschurken: Im Dienste des Bösen, Historie trifft Fantasy: Strategiespiele; Dark Age of Camelot OnlineRollenspiel inkl. 14 Tage Trial-DVD

Ausgabe 38 30 Jahre Star Wars: Fan-Filme - Interview mit dem Produzent von »Tydirium«, Setbesuch bei »Operation Incom«, Interview mit Cast & Crew von »Sunshine«, Space Operas von 1949 bis heute, Interview mit Chief Tyrol aus »Battlestar Galactica«, Unsichtbare Gegener - die Angst vor der Unterwanderung, Apokalypse - der Weltuntergang in den Vorstellungen der Kulturen, Superhelden auf DVD

Ausgabe 39

41 Fluch der Karibik 3, die besten Piratenfiilme von 1926 bis heute, Abenteuerrro-

oder online bestellen per Internet unter www.abenteuermedien.de

Ausgabe 43 Die Heldenreise in ein fantastisches Land, Set-Bericht und Reiseführer durch die Welt von »Der Sternwanderer«, Interview mit dem Autor Neil Gaiman, Interview mit dem Regisseur von »Der Sternwanderer« und den Hauptdarstellern, Interview mit Quentin Tarantino, Interview mit Shia LaBeouf zu »Transformers« und »Indiana Jones«, Hinter den Kulissen von »Ratatouille: Interview mit dem Animator von Remy, Erste Preview auf »Der Goldene Kompass«, 200 Folgen »Stargate SG-1«: Interviews und Anekdoten vom Set

Hiermit bestelle ich: Ausgabe 01* mit Ausgabe 09* Pocket mit 2 Ausgabe 10 Pockets mit Ausgabe 11* Pocket mit Ausgabe 12 Pocket mit Ausgabe 13* CD-ROM mit Ausgabe 14* Gimmick mit Ausgabe 15 Booster mit Ausgabe 16* Gimmick mit 2 Ausgabe 17* Gimmicks mit Ausgabe 18 Comic Ausgabe 19* mit 2 Ausgabe 20* Gimmicks mit 2 Ausgabe 21 Gimmicks mit 2 Ausgabe 22 Gimmicks mit Ausgabe 23 Gimmick Ausgabe 24 mit 3 Ausgabe 26* Gimmicks mit Ausgabe 28 Kartefakt mit Ausgabe 29 Kartefakt mit Ausgabe 30 Kartefakt mit Ausgabe 31 Lexikon mit Ausgabe 32 Romanpro. mit Ausgabe 33 Kartefakt mit Ausgabe 34 Kalender mit Ausgabe 35 Romanpro. Ausgabe 36 mit Ausgabe 37 DVD mit Ausgabe 38 DVD mit Ausgabe 39* Hörbuch mit Ausgabe 40 Lineage 2 Ausgabe 41 Ausgabe 42 Ausgabe 43 mit Ausgabe 44 Hörbuch mit Ausgabe 45 Hörbuch mit Ausgabe 46 Hörbuch Porto/Verpack.

Ausgabe 34 - Doppelheft Fazination Drachen: Enzyklopädie der großen Drachen der Welt, Tintendrachen von Smaug bis Morkeleb, Drachenmythen, Die besten Drachenfilme im TV und Kino von 1924 bis heute, Eragon im Kino: Interview mit dem Autor Christopher Paolini, Drachen am Spieltisch, Feuerspeiende Bestien in World of Warcraft, Dungeons & Dragons - Die Mutter aller Drachen, Drachen zum Hören: Hörbuch-Tipps Ausgabe 35 - Doppelheft Helden: vom mythischen Jäger zum Monsterslayer, Beowulf und Grendel, Mythos Robin Hood, Interview mit Kobolde Autor Karl-Heinz Witzko, Der Elfenerzähler - Interview mit Bernhard Hennen, Elfenwelten im Kino: Guillermo del Toros »Pan's Labyrinth« und Luc Bessons »Arthur un die Minimoys«, Interaktiver Mystik-Krimi Interview mit »In Memoriam«-Entwickler Djamil Kemal, Machinima - Filme selber machen mit Game-Tools, Finale Realität Schauspieler aus dem Computer im Kino

Mythos Vampir, Vampire in der Wissenschaft, der literarische Vampir, Vampire auf Zelluloid - die wichtigsten Filme, Galerie der Vampire, Vampire im Wächter-Zyklus, Blood Ties: Interview mit der Autorin Tanya Huff, Was macht Vampires erotisch, Stirb Langsam 4: Interview mit dem Darsteller Justin Long, Graf Dracula als Hörbuch: Interview mit dem Script-Regisseur, Mark Brandis als Hörbuch: Interview mit dem Produzenten, 2 Leseproben als Beilagen

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Ausgabe 18 - Doppelheft

Harry Potter: Hogwarts, Beilage: »Harrys kleines Zauberbuch der arkanen Künste«, Interview Barbara Hambly, Dampfmaschinen & Zauberei, Einsteiger-Rollenspiele im Test, Rollenspiel für Profis: Die ersten 5 Minuten, Cthulhu LIVE im Barock, TableTop für Einsteiger

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