Luna Atra - Der schwarze Mond

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Luna Atra – Der schwarze Mond

Melanie Vogltanz

So unauffällig wie möglich trat ich ein paar Schritte zurück. Sofort schloss der Schwarzhaarige zu mir auf. »Ich will nirgendwo hin. Wollte nur frische Luft schnappen.« »Bei diesem Wetter?« »Ja.« »Dann hast du sicher nichts dagegen, wenn ich dich wieder hinein begleite?« Ich lächelte gequält. »Nicht doch. Du bist auch Schüler an dieser Schule?« »Nein. Nein, das nun nicht.« »Ehemaliger Schüler?« Der Schwarzhaarige grinste schweigend, und mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Ich schluckte krampfhaft, suchte in den Augenwinkeln nach einem Fluchtweg. Die Hand des Mannes war in die Tasche seines zerschlissenen Ledermantels geglitten, und es gelang mir kaum, meinen Blick davon abzuwenden. »Ich muss jetzt wirklich wieder rein«, brachte ich hervor. »Mein Freund wartet bestimmt schon auf mich. Er wird sich Sorgen machen, wenn ich so lange wegbleibe.« »Natürlich.« Ich konnte sehen, dass der Schwarzhaarige meiner Geschichte ebenso viel Glauben schenkte wie Camryn zuvor. War er etwa näher gekommen? Er war ganz eindeutig näher gekommen. Meine Hände ballten sich zu Fäusten und meine Beinmuskulatur spannte sich an. Mir blieb keine andere Wahl, ich musste rennen. Rennen und beten, dass der Schwarzhaarige schwerfälliger war, als er aussah. »Da bist du ja!« Der plötzliche Ruf ließ mich heftig zusammenzucken, und auch der Kopf des Schwarzhaarigen fuhr ruckartig auf. Seine Zähne fletschten sich zu einem lautlosen Knurren. Hinter mir war ein junger Mann aufgetaucht, den ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Zuerst dachte ich, ich bildete mir die schlanke Gestalt bloß ein, die, einem stillen Engel gleich, auf uns zugeschritten kam. Der Fremde schien 4


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