Vivai 2016 3 de

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MIGROSKIND

Gegen alle Widerstände Bis zu ihrem 33. Altersjahr war Tilly Egger-Winkler (88) ein heimliches Migroskind. Sie erinnert sich noch gut an die Zeit, in der Einkaufen bei der Migros im Dorf verpönt und vom Arbeitgeber verboten war. Text: Stephanie Rebonati Foto: Michael Sieber (Montage: Vivai)

Wann haben Sie zum ersten Mal in der Migros eingekauft, Frau Egger?

Das war um 1938 in Bad Ragaz. Ich war mit einer Freundin auf dem Nachhauseweg von der Schule, als wir das MigrosAuto an der Bahnhofstrasse entdeckten. In der Nähe stand eine Wirtin, die uns fragte, welche von uns beiden für sie zwei Flaschen Öl besorgen würde. Natürlich ich! Als Dank schenkte sie mir zwei Basler Läckerli. Meine Mutter hatte gar keine Freude an der Geschichte. Warum nicht?

Daheim erzählte ich voller Stolz am Mittagstisch, weshalb ich die Läckerli bekommen hatte. Meine Mutter gab mir eine sanfte Ohrfeige und sagte: «Du weisst genau, dass wir nicht bei der Migros einkaufen. Hoffentlich hat dich niemand gesehen!» Ihnen wurde die Migros verboten?

Früher war es oft überhaupt nicht erwünscht, in der Migros einzukaufen. Meine Eltern besassen eine Schlossereiund Sanitärwerkstatt, und aus Loyalität mit den Lebensmittelläden im Dorf ging man nicht zur Migros. An die MicamuRahmbonbons, die ich so mochte, kam ich aber trotzdem immer wieder ran. Wie gelang Ihnen das?

Durch eine Tante, die ganz in der Nähe wohnte und die auch nicht in der Migros

einkaufen durfte. Eine Bekannte kaufte heimlich für sie dort ein. Am Abend, wenn es dunkel war und sie den Einkauf bei meiner Tante ablud, öffnete ich mein Schlafzimmerfenster, und da kamen die Micamu geflogen. Das durften meine Eltern natürlich niemals erfahren! Als Erwachsene durften Sie aber selbst entscheiden?

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jeden Abend vor

dem Nachtessen.

Seit wann stehen sie offiziell dazu, ein Migroskind zu sein?

Vor 55 Jahren wechselte mein Mann nochmals die Stelle. Und seither kaufe ich gern und ohne schlechtes Gewissen bei der Migros ein. Was kaufen Sie heute am liebsten in der Migros?

Das Bifidus-Joghurt mit Mango. Das gönne ich mir fast jeden Abend vor dem Nachtessen. l

Da wird man fast neidisch: Migroskind Tilly Egger-Winkler isst ihr Bifidus Mango am liebsten vor dem Znacht, nicht danach.

Nein, das ging bis ins Erwachsenenalter so weiter. Mein Mann war Chemiker in einer Seifenfabrik. Schon bald bekamen wir einen Brief von der Geschäftsleitung: Einkaufen bei der Migros nicht gestattet! Später war mein Mann in einem grossen Konzern tätig, und wieder war das Einkaufen bei der Migros nicht erlaubt. Das waren die Fünfziger! Wenn ich ausserhalb unseres Wohnorts war, schlich ich mich aber immer wieder in eine MigrosFiliale.

Sind auch Sie ein Migroskind? Melden Sie sich! vivai@migrosmedien.ch

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” Gönne ich mir fast

Facts

& Figures

Von allen Bifidus-Fruchtjoghurts, die in der Migros erhältlich sind, ist Mango die beliebteste Geschmacksrichtung. 2015 wurden mehr als 2,3 Millionen Becher verkauft. Bifidus Mango existiert auch als Trinkjoghurt, allerdings ohne Fruchtstücke.


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