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Jan Wenzel

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Diese Bewegungsfähigkeit von Publikationen ist sehr erstaunlich. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass es in den letzten Jahren verstärkt eine Vernetzung gab zwischen Produzenten und Leuten, die Publikationen als Ausgangspunkt nehmen für Aktionen, für Seiten im Internet, die sehr stark für die Verteilung und Streuung verantwortlich sind. Das ist enorm wichtig, wenn man sich bewusst macht, dass Kunstproduktion heute eine Sache ist, die global abläuft und sehr international organisiert ist. Deshalb sind Bücher oder Magazine, die gleichzeitig in Leipzig, Berlin, Seoul, New York oder London sein können, etwas, das einfach eine räumliche Streuung schafft. Die Zirkulationsfähigkeit von Druckprodukten ermöglicht es außerdem, genau die Leute zu finden, die ähnliche Interessen haben wie man selbst, und so Leidenschaften zu organisieren. Ich glaube, dass die Artikulationsweisen heute oft so verschieden sind, dass es vielleicht für bestimmte Druckprodukte weltweit 200 Leute gibt, die das tatsächlich interessiert, die genau an diesem Punkt auch ein eigenes Interesse haben. D21: Worin liegt für dich der Reiz beim Self-Publishing? JW: Ich glaube, es ist ein großer Unterschied, ob man für einen Künstler ein Buch macht oder ob man selbst eine Publikation herausgibt. Das Magazin als Bühne, die man sich selbst baut, ist ein wichtiger Punkt. Seien es Künstler, Autoren oder Gestalter — sie haben mit diesen Publikationen, die sie in all ihren Teilen entscheiden und gestalten, etwas, womit sie selbst sichtbar werden können. Auf der Ebene der Autorschaft ist es, wenn man als Dienstleister tätig ist, immer jemand Anderes, dem das Produkt zufällt. Im Fall von Artzines oder anderen kleinen Magazinen ist es dann allerdings das eigene Produkt — ein Produkt, mit dem man sichtbar ist, eine bestimmte Haltung zur Geltung bringen kann und mit dem einem das symbolische Kapital, das man erwirtschaftet, auch selbst zufällt. Anders als wenn ein Verlag oder eine Institution in eine Publikation hineinreden, ist es möglich, die eigene Subjektivität zu artikulieren. Ich glaube, dass sich heute vieles über diese Verschaltung von unterschiedlichem Material artikuliert, so dass es gar nicht darum geht, welches Thema ich wähle, It’s a Book, It’s a Stage, It’s a Public Place war ein eintägiges Treffen von unabhängigen Verlegern und sieht sich als Knotenpunkt eines internationalen Netzwerkes von unabhängigen Autoren, Grafikdesignern und Künstlern. Initiiert wurde es von Spector cut + paste.

Videostill aus einem Interview mit Nicolas Bourriaud, dem Kurator der Tate Trienale 2009. „We’re not in a multicultural era anymore. [ … ] the artists are inventing this new modernity which is global from scratch.“


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