Hamburger Klönschnack - November '10

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14-16 Einsamkeit_kloen 22.10.10 13:00 Seite 15

FOTO: ELISABETH RAWALD - FOTOLIA.COM

Einsamkeit ist ein Seelenzustand und doch erkennen wir einsame Menschen, als trügen sie ein rotes Mal auf der Stirn. Der Rentner, der vor der Kasse einen Plausch beginnt und die verdrehten Augen nicht bemerkt. Die alte Dame, deren psychosomatische Beschwerden Ärzte auf Trab halten. Der

junge Mann, der jeden Abend alleine am Tresen sitzt. Obwohl uns diese kleine Typologie bekannt vorkommen sollte, einsame Menschen also häufig sind, gelten sie als stigmatisiert. Wer einsam ist, so die Gleichung, hat wenig zu bieten, ist unterlegen im ewigen Wettlauf nach Aufmerksamkeit und Zuneigung. Annäherung an ein Phänomen.

H

Allein unter vielen

Die Last der

Einsamkeit

Dusche? Diese Fragen mögen despektierlich erscheinen, aber sie sind Dauerbrenner in den Statistiken der Boulevardpresse. Jeder Leser mit einem Funken Verstand weiß indessen, dass die Zahlen so gut wie nie stimmen. Auch wer es nicht lassen kann, seine Sexualmoral mit Reportern zu besprechen, wird sich dabei nicht unbedingt selbst diskreditieren. Erstaunlicherweise gilt das häufig auch für vermeintlich harmlose Fragen: Wie viele Freunde haben Sie? Wie viele Menschen haben Ihnen zum letzten Geburtstag gratuliert? Wann haben Sie das letzte Mal einen

Klönschnack 11 · 2010

aben Sie schon einmal die Dienste einer Prostituierten in Anspruch genommen? Wann haben Sie zuletzt Ihr Kind verprügelt? Wie oft in der Woche steigen Sie unter die

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