Kinki Magazine - #10

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kinki

nr. 1 2009 chf 6.– ˆ 4.–


DAS LG RENOIR 8 MP: ALLES AUS EINER HAND.

Das 8-Megapixel-Handy mit Full-Touchscreen-Oberfl채che erkennt Gesichter, ein L채cheln sowie jedes Zwinkern und sorgt immer f체r perfekte Fotos. Die neueste Dolby Mobile Generation holt den besten Sound aus Ihrer Musik. Dazu WiFi, A-GPS, Handschrift-Erkennung: Das LG Renoir hat einfach alles!

LG KC910 www.lge.com


‹ editorial› Don’t eat yellow snow. Liebe Leser. Im Schneegestöber des neuen Jahres verliert man leicht den Blickkontakt zum Vordermann. Und der ist dringend nötig, wenn man den Anschluss nicht verlieren möchte. Übersetzt könnte das bedeuten: Es ist wichtig, im Kopf zu behalten, was wirklich zählt im Leben. Oder: Nimm nicht so viel Koks, sonst hast du bald keine Freunde mehr. Obwohl die zweite Auslegung unter Umständen auch richtig ist, bleiben wir mal bei Variante Eins. Mit den Selbstdarstellungsmöglichkeiten in der digitalen Welt kann aus Jedem ein Jemand werden. Je mehr Menschen um uns herum zu scheinbaren Persönlichkeiten mutieren, desto normaler erscheint uns die Demokratisierung der VIPs, Promis und Celebs. Die Frage drängt sich auf: Wie kann ich mich selbst als Person angrenzen und wie gestalte ich ein auffälligeres Profil? Welche Möglichkeiten soll ich nutzen, um besser wahrgenommen zu werden? Dabei sollte doch vielleicht noch eine andere Frage zuerst geklärt werden: Brauche ich das alles oder kann ich auch mit weniger zufrieden sein? Wie zum Beispiel mit echten Freunden, einem Zuhause und einer gesunden Familie. Alles nicht so wichtig? OK, mag sein. Dann können wir ja gleich zur Variante Zwei kommen… Wir pinkeln unseren Namen in den Schnee! Deine kichernde kinki-Redaktion. kinki

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WE ARE ANIMALS


Amy Gunther, Jason Lee & Giovanni Ribisi in “A Superlative Day“. See the whole photo series in the palm / pocket sized WeSC winter catalogue 2008.

photo: Vincent Skoglund

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‹content› Standard 03 Editorial 10 Content 12 Gossip 12 Agenda 16 Klagemauer 19 Figaro 20 Was läuft… 94 Abo / Impressum 96 Media 98 Versammelt

22 34 Mehr Ufer!

Sonnenbaden vor den Villen der Millionäre? Ökologie oder Klassenkampf? Das Initiativkomitee mehr-ufer.ch fordert eine Herabsenkung des Zürichseespiegels. Der dadurch erlangte Uferplatz an der Goldküste soll danach nicht mehr nur den besser Verdienenden als Gartensitzplatz dienen, sondern allen Bevölkerungsschichten als Nah­erholungsgebiet offen stehen. kinki-Autor Christoph Dubler machte sich Gedanken über die Hintergründe und Ziele der tollkühnen Visionäre.

Report 22 Konsum ist Krieg. Versteckt euch! 28 Querschläger: Sven Beikircher 30 Non existent: Somaliland 34 Mehr Ufer! 36 Weltmeister Afghanistan 40 10 Minuten mit Mark de Vere 42 Star-Branding

Sound 44 Soundcheck 46 Album des Monats 48 Average Girl: Maria Mena 50 Playlist: Turntable-Babes

Fashion 52 ‹Peace, Love and Rock ’n’ Roll› von Raphael Just 60 Herzliches Beinkleid: Denim vom Feinsten

62 ‹Seriös? Niemals! Spassig? Immer!› 66 Vertreter: UGG-Boots 68 ‹Weissblut› von Martina Woerz 76 Vive la Fragrance

Art & Co 78 Maphia: Image à trois 86 Luca Schenardi: Don’t take it easy! 88 The Future is bright: Bright-Tradeshow 90 Oliver Vernon: Behind the straps, beyond the loops 95 Top Notch Gallery: Circleculture

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Konsum ist Krieg. Versteckt euch!

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Wenn sich die Parkplatzsuche vor dem Einkaufszentrum als ‹Mission Impossible› herausstellt und der Shopping-Ausflug zum Nahkampf am Wühltisch wird, fragt man sich immer wieder, wie man sich nur auf diesen Konsumkrieg einlassen konnte! Genau diese Idee inspirierte die beiden Kommunikationsdesignerinnen Yvonne Bayer und Sabine Keric zu ihrem Kunstprojekt ‹Urban Camouflage›. Denn wenn man sich schon aufs Battlefield moderner Shoppingtempel wagt, dann sollte man sich auch richtig zu tarnen wissen. So fertigten die beiden Studentinnen im Rahmen ihres Auslandaufenthalts in Schweden Tarnanzüge aus Konsumgütern wie Taschen oder Putzlappen an, mit welchen sie auf ihren Shoppingtrips nicht nur bei den Kunden, sondern auch beim Personal für offene Münder sorgten.

Average Girl: Maria Mena Maria Mena begann ihre Karriere bereits im zarten Alter von fünfzehn Jahren, und zwar nicht an Casting-Shows oder in Nebenrollen drittklassiger Musicals, sondern schon damals als ernstzunehmende Singer/ Songwriterin.Trotz ihres weltweiten Erfolges in den letzten zwei Jahren scheint die Norwegerin, wenn sie gerade nicht auf der Bühne steht, ein ganz normales Mädchen geblieben zu sein. Vania Kukleta traf sich mit ihr zum Prosecco…


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‹contributors›

36 Olivier Joliat

Maphia: Image à trois Das Schweizer Künstlerkollektiv Maphia verwandelt leere Räume und Wände in tagelanger Arbeit in eindrückliche Kunstwerke. Verblüffend ist dabei nicht nur die Grösse und Dichte dieser ‹Parallelwelten in Schwarz-Weiss›, sondern auch das Phänomen, dass die drei Zeichner es immer wieder schaffen, zu dritt so zu harmonieren, als seien ihre Ideen und Vorstellungen, wie ein Bild auszusehen hat, aufeinander geeicht. kinki-Redaktor Rainer Brenner traf sich mit ‹Maphioso› Silvio Meier in den verlassenen Gemäuern des Zürcher Maag-Areals.

Ob Olivier Joliat die Championsleague verfolgt und bei Weltmeisterschaftsspielen johlend vor Grossleinwänden sitzt, wissen wir nicht. Sicher ist aber, dass sich der freie Journalist bestens mit den hiesigen Strassenleagues auskennt, denn Olivier ist Medienverantwortlicher der Schweizer Homeless Kickers und Projektleiter von Surprise-Strassensport. Wenn er gerade nicht auf dem Rasen steht oder hinter seinem Laptop sitzt, haut der Autor des Artikels ‹Weltmeister Afghanistan› bei der Band Lombego Surfers auf die Töpfe. Rocking your Balls off!

52 Raphael Just

Palmers, Swarovski oder er macht Bilder für Magazine wie Sepp, Achtung, Deutsch, Indie und viele mehr. Für kinki kreierte er zusammen mit seiner Bündner Frau Nadja Putzi und der Stylistin und Designerin Guya Marini als PingPong Styling Duo, die Geschichte ‹Love, Peace and Rock ’n’ Roll› mit vielen Kleidern und Accessoires des Schweizer Überflieger-Labels Ikou Tschüss.

68 Martina Wörz

Adoleszenz, Gender und das menschliche Körperbild in der inszenierten Mode-, Musikund Porträtfotografie sind die Themen von Martina Wörz. In ihren fotografisch-künstlerischen Untersuchungen beobachtet sie vor allem die Vielfalt von Bedeutungen und die Ungewissheit von Menschenbildern im Zeitalter kultureller Überlagerungen und multimedialer Verfügbarkeit. Besonderes Interesse gilt dem Porträt – wie in ihrer Diplomarbeit ‹Weissblut› zu sehen – als Ausdruck psychischer Befindlichkeiten, allerdings mit erweiterten formalen Mitteln und inhaltlichen Akzenten. www.martinawoerz.de

Als gebürtiger Wiener war für Raphael Just (36) natürlich von Vornherein klar, was es am Shooting zu essen geben würde: Wiener Schnitzel, natürlich! So war für ihn auch in der Mittagspause arbeiten angesagt, denn ein echtes Wiener Schnitzel will schliesslich auch von österreichischer Hand live vor Ort gebacken werden! (Hierzu ein grosses Dankeschön an Bärbel aus Wien fürs Herausbacken!!) Wenn Raffael keine Schnitzel bäckt, fotografiert er für Joop, kinki

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‹gossip›

skates of glory in die wilden Achtziger zurückversetzen oder sich von den als Roll­ hostessen beschäftigten Damen des Zürcher Theaters der Künste mit bunten Drinks verwöhnen lassen. Natürlich erschienen die Be­sucher zahlreich und passend gekleidet: Praktisch jedes Mitglied der Village People sowie unzählige mit Neon Marker geschminkte Frauen waren vertreten und tanzten Was genau assoziiert man mit dem und ‹rollschuhten› ausgelassen Rollschuhsport? Soft-Ice viel­zu den Beats der DJs Malente, P.Bell, leicht, oder Discomucke und Neon- Malik, Robby Naish, Rumory und kleider. All das und vieles mehr M T Dancefloor. Je später der Abend wurde den Besuchern der Crashwurde, desto wackliger wurde es Flow-Rollerdisco-Party am so manchem mit dem fahrbaren Un19. Dezember in der Alten Börse in tersatz an den Füssen, weshalb Zürich geboten. Wer seine Rol­l­ gegen zwölf Uhr die weniger Fanatischuhe nicht selbst mitbrachte, durf- schen sich lieber wieder auf sichete sich beim Guru persönlich ren Boden begaben und die Rollwelche ausleihen, denn Özel Özkan gegen Tanzschuhe eintauschten. vermietete die bunten Vierrad­Den Veranstaltern Adi Ehrat und schuhe an alle, die sich in den Acht- Werni Sage ist mit ihrer RollerdiscoParty eine Zeitreise gelun­zigern nicht selbst welche ge­kauft haben und diese für den Anlass gen, die uns wieder einmal beweist: Die Menschen in den 80ern sahen endlich mal wieder aus dem zwar beschissen aus, wussten aber Kellerabteil gruben! Wem die Fahrt definitiv, wie man Spass hat! (rb) in der Rollerdisco zu anstren­gend wurde, der konnte sich entwe- www.alteboerse.com der am Soft-Ice-Stand kulinarisch

die sprache der strasse Don’t believe the hype! Oder vielleicht doch?

‹agenda›

01 23.01. Fr

slut (d)

Mariaberg Rorschach 21.–23.01.

bread & butter fashion tradeshow barcelona

avenida reina mª cristina s/n barcelona 24.–25.01.

bright tradeshow

Friedrich-Ebert-Anlage 11, Frankfurt 25.01. So

kira kira (isl) Mariaberg Rorschach 26.–29.01.

fashion week Paris 29.01. Do

ugly duckling (usa) Mascotte Zürich, 19.30 30.01. Fr

fashion week

Berlin 31.01 Sa

wendy mcneill (swe)

02 Grabenhalle St.Gallen

06.02. Fr

crystal stilts (usa), selfish cunt (uk) Palace St.Gallen, 22.00

kaiser chiefs (uk) Volkshaus Zürich 07.02. Sa

nordklang festival 2009 diverse Locations, St.Gallen 08.-09.02.

margin fashion tradeshow london The Music Rooms London 13.02. Fr

patent ochsner Casino Herisau, 20.30

Aus Helsinki gibt’s rote Lippen mit blonden Haaren, aus London die Hosen im Karotten-Format, die passende Bluse aus der OmaFaktory, doch treffen tun sie sich auf Schweizer Strassen. Wer schon immer wissen wollte, was auf den Strassen der Welt vor sich geht, geht an den Rechner und fängt an zu tippen: ‹we, we, we, punkt. ha, ypsilon, pe, e, em, und so weiter...›. Was Hype ist und was Out, sagt 12

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euch seit Sommer letzten Jahres das Hypemag. Als Online-Plattform fokussieren sich die drei Autoren inhaltlich auf die nationale und in­ ternationale Streetwear-Szene. Dadurch entsteht eine enge Bindung zwischen Macher, Plattform und Lesern und stellt den direkten Kontakt zur ‹Quelle› her: den Labels, den Shopbesitzern und anderen Aktivisten. (cf) www.hypemag.ch

francis international airport (a), ben martin (a) Gare de Lion Wil 16.02. Mo

emiliana torrini (isl/ita) Mascotte Zürich, 19.00 19.02 Do

itchy poopzkind (d) Dynamo Zürich 20.02. Fr

max tundra (uk) Mariaberg Rorschach



hundert schritte Hundert Treter für eine bessere Welt: Converse geht einen Schritt in die richtige Richtung.

Seit nunmehr einem Jahrhundert bemalen, dekorieren oder bekritzeln Menschen auf der ganzen Welt ihre Chuck Taylor All Star – sei es mit dem Namen des ersten Schwarms, mit Pins und Buttons oder mit aufwändigen, selbst kreierten Prints. Aus dieser Tradition entstand 1 HUND(RED), ein weltweites Projekt, das von Peking bis Brasilien, von New York bis in die Niederlande, von Ghana bis nach Grossbritannien reicht. Kunststudenten und

bambi in fesseln

Starkünstler, Modedesigner und die Band von nebenan schlos­sen sich zusammen, um gemeinsam zu helfen. In Zusammenarbeit mit dem Schuhhersteller Converse verbindet sich Kreativität mit einer guten Tat. An 100 ausgewählte Per- www.converse.ch sonen wurden Converse Schuhe verschickt, auf denen die Empfänger ihrer Fantasie freien Lauf lassen konnten. So gestaltete Andrew Mania ein Künstler aus England das Modell 94. Er ist mit namhaften

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tanztage

Sie sind Milchreis mit Erdbeeren. Rotweisse Lollis. Bubblegum mit Kirschgeschmack. Was auch immer einem zum personifizierten Mädchen-Klischee namens ‹Those Dancing Days› einfällt, es ist süss. Bereits vor drei Jahren hatten die fünf schwedischen Milchgesichter schlüpferfarbene Kleidchen und türkise Klapsbänder wieder salonfähig gemacht. Ein mit Blümchentapete dekoriertes MySpace-Profil und ein Player voller Friede-Freude-Eierkuchen-Pop inspirierten MTV zur spontanen Nominierung des albumlosen Zucker-Quintetts für die Europe Music Awards. Auf dem Debüt-Longplayer ‹In Our Space Hero Suits› folgten im letzten Jahr zwölf sprudelnde LimonadenLieder, die in den Beinen und im Gehörgang prickeln. Und jetzt kommen die Mädels in die Schweiz: endlich wieder Tanzen! (ms) ww.myspace.com/thosedancingdays

porno mucke

‹Stock aus dem Arsch: hier kommt Maallkkkk›. Das sind Songtitel, die das pfeifende Publikum zu amüsieren scheinen. Gemischt mit einer Art Techno-Beat, Rap-Groove, einer Brise Punkrock, Trash und Hardrock. Die Jungs und das Mädel von Malk nennen das den ‹Maximal-Stil›. Na dann! Viel besser als der musikalische Ansatz sind die Bandfotos Mit Rehen, Herzen und Knochen hades Kölner Fotografen Alexandre Kurek. Werdet lieber Models, nicht ben ‹Oh Dear› ihre Lücke im hippen Schmuckmarkt gefunden. Die skurri- Musiker! Mit Gestöhne und halb len Motive, wie zum Beispiel das nackten Tanzeinlagen versuchen Bambi mit gefesselten Füssen und Jeanne, The Winning Weasel und umschlungenen Sack um den Kopf Teen.Age.Angst ihre Konzerte zum sind gewöhnungsbedürftig und sicher Ausnahmezustand zu bewegen. Das nicht als Geschenk für Vegetarier Prinzip der Drei ist eindeutig: Sex geeignet. An den kreativen Ideen von sells. Das soll durch provokante Bühnenshows und primitive Video‹Oh Dear› ist aber zu sehen, dass Clips erreicht werden. Vielleicht sich das Schweizer Label viele Gemöchte man damit eine Nische im danken macht, ihren Schmuck zu ‹umschmücken›. Es werden Zitate zu Musik-Business füllen? If so, viel Glück dabei… (cf) jeder Kollektion mitgeliefert und www.myspace.com/malkmalkmalk um das Konzept abzurunden, auch Ausstellungen in Kooperation mit verschiedenen Künstlern organisiert. (cf) www.ohdear.cc

Galerien in London und Chelsea vernetzt und setzt sich in kon­ zeptionellen Arbeiten mit berühmten Kunstwerken auseinander. Für 1HUND(RED) schuf er eine eigene Version des Margritte Kunst­ klassikers ‹This is not a pipe›. Erste Modelle der 1HUND(RED) Kol­ lektion kann man schon in diesem Winter erwerben. Die restlichen der 100 designten Schuhe folgen bis zur Frühjahr/Sommer Kollektion 2009. 1HUND(RED) ist Teil der wirtschaftlich orientierten (PRODUCT)RED Initiative, die im Frühjahr 2006 von Bono und Bobby Shriver gegründet wurde. Zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria wird im öffentlichen Bereich konstant Geld für den Global Fund gesammelt. Ein Teil des Verkaufspreises der Converse (PRODUCT)RED Schuhe geht an afrikanische AIDS-Hilfsprogramme. 100 Schuhe, 100 Künstler, 100 Visionen einer besseren Welt. (cf)

Wer nicht hören will, soll sehen! Malk setzen auf optische Reize.


backe backe zuckerwatte mit ihrem Partner Adam Pallin einen Neubeginn – zuvor waren die Beiden mit mässigem Erfolg nur solo unterwegs. Auf dem Album ‹The Stoop› versprechen sie jedenfalls ei­ ne Mischung ausgewählter und erprobter Zutaten: süsse Melodien gefüllt mit würzig-fetten Vocals. Besonders gut gelingt das Rezept bei dem Song ‹The World Should Revolve Around Me›. Er gefällt, egal wo man ihn hört. Imani singt und rappt frei heraus: Geschichten über Zigaretten, Alkohol, Partys und die Vorteile lesbischer Liebe. Sind jedoch die 34 Minuten des Al­bums verstrichen, kommen mir Bedenken, ob dieser süsse Kuchen am Ende nicht doch für ein leichtes Völlegefühl sorgt. Vielleicht haben wir in der letzten Zeit zu viel von den ganzen Retro-Soul-Diven genascht. Nach so viel guter Laune ist mir auf Tempo und Rhythmus in meine Adern. jeden Fall mal wieder nach einem Wo nimmt die Sängerin Imani soliden Katertag zumute … (rz) Coppola wohl so viel Gefühl her? www.littlejackie.net Mit groovigem Retro-Soul-Pop wagt die New Yorker Songwriterin Little Jackie servieren Altbackenes mit süssen Streuseln.

Tage, an denen ich die Welt erobern könnte, liebe ich! Das Aufstehen fällt mir leicht, ich finde es nicht schlimm, wenn mein Kaffee auf meinem Schoss landet und irgendwie

riecht es dann immer nach Zuckerwatte und Lakritz. Heute möchte ich es wissen, und die Soul-CD ‹The Stoop› von Little Jackie, die ich bis zum Anschlag aufdrehe, treibt

heimat to go

Wie oft hat man sich schon gewünscht, eine Schnecke zu sein. Nicht wegen ihrer gemütlichen Voran­ kommensweise. Sondern vielmehr wegen der Möglichkeit, sich in sein Schneckenhaus zurückziehen zu können, sobald ein Haufen Probleme vor der Türe stehen. RAUM(ZEIT)KLEIDER hält einem zwar nicht allen Ärger vom Hals, ist aber ein räumliches System, das sich über das Falten eines zweidimensionalen Filzstoffes zu einem dreidimensionalen Körper

verändern lässt. Das System ist

d­erreihen. Vor allem bei einer Performance verblüfft die Verwandlung lässt sich zu Kleidung, Möbel­ der grauen und roten Flächen zu eistücken bis hin zu Behausungen nem körperhaften Objekt, das formen. Dabei werden Flächen durch den Träger erschaffen und be­ lebt wird. Als vierte Dimension und Volumen zu einer Art zweiten des Bekleidens und Bauens zeigt Haut. Gabi Schilling, geboren 1977 in Coburg, schuf dieses philo- sich dem Betrachter die Zeit, die als Veränderung wahrgenommen wird. sophische Spiel während eines Stipendiums an der Stuttgarter Aka- Ihre Inspiration schöpft die stu­dierte Architektin und Designerin demie Schloss Solitude 2007/08. Die textilen Flächen sind seitlich mit Gabi Schilling aus den Grundfragen Reissverschlüssen versehen und des menschlichen Schaffens und lassen sich fast beliebig aneinan­Zusammenlebens. Als Mangelwesen unterschiedlich funktionsfähig und

mit nackter Haut ist der Einzelne dem Raum schutzlos ausgeliefert. RAUM(ZEIT)KLEIDER schafft Bewusstsein für persönliche Grenzziehungen und neue Ansätze in Kleidung und Architektur. Das tragbare Schneckenhaus für jeder­mann wird möglicherweise bald kein unerfüllter Wunsch mehr sein. (rz) www.gabischillig.de

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klagemauer

Dein Meerschweinchen hat dich heute gebissen? Deine Freundin steht auf DJ Bobo? Die Welt ist böse? Zürich geht dir auf den Sack? Dein Lover hat deinen Geburtstag vergessen? Egal was dich gerade stresst oder nervt: auf kinkimag.com unter ‹Klagemauer› kannst du Dampf ablassen. Die besten Einträge werden hier veröffentlicht.

Mich nerven nörgelnde Rentner. Als hätten die auf ihre letzten Tage nix besseres zu tun. Tzzz…tzzz… Anonymous | Ich hasse all jene, die meinen, sie seien was schlechteres! Ivanhoe | mich nervern janelanes die den begriff newsletter noch nie gehört haben. fantischer leser | Ich wäre dafür die Weihnachten abzuschaffen. Ist ja nur stress, hecktig und am Weihnachtsabend vorgespielte Liebe und Fröhlichkeit. merowinger | Wäre ich heute arbeiten gegangen, könnte ich heute abend in den ausgang! Rentier | mich nervt es dass ich heute zur Mutter meiner Freundin muss!! will lieber snowboarden und den Schnee geniessen!!! juck | Endlich Ferien, und doch nur so wenig Zeit für mich. Französischvortrag, Matheund Physiktest machen mir einen Strich durch die Rechnung. Dendu | und dass der idiot nicht antwortet macht mich gerade auch sauer. mechanismus | haha. hey, find dieses game voll scheisse, grow up! hab dich – zu deiner beruhigung – von skype und facebook entfernt… domnag | Finds scheisse dass de jan uf NY gaht ohni mich mitznäh. halllo?? sonia | beschissene erkaeltung, kann nichts tun pansen | Ich hasse es wenn männer sagen ‹Sie lieben dich und möchten mit dir zusamensein› aber 2 tage später mit einer anderen herum machen und molly05 16

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sie hat die hosen an

Obwohl das Tragen von Hosenanzügen, Jeans und dergleichen unter Frauen bereits längst Usus ist und nicht mehr solche Eklats hervor­ruft wie Marlene Dietrich 1930 im Smoking, bereitet die Frauenwelt einen neuen Anschlag auf eine weitere Männerdomäne vor. Denn spätestens seit Katie Holmes’ New Yorker Herbst ist das Wort ‹Boyfriend-Jeans› in aller Munde und ruft für das Modejahr 2009 zur Revo­lution gegen beengende, Hüftgold-zur-Schaustellende Röhrchenjeans auf. Somit sind nun wieder lässig getragene Blaue Trend, die aus­sehen, als hätte man sie aus dem

Kleiderschrank des Freundes geklaut. Und sollte dieser nicht-existent sein, so gibt es eine nicht minder er­freuliche Lösung für dieses Beziehungsproblem. Dem japanischen Jeanslabel Prps sei Dank, ist nämlich ein absolut stylisches Exemplar auf dem Markt, das – wenn auch recht teuer (bei Trois Pommes in Zürich ab CHF 575.–) – dem fortschreitenden Oversized Look (unter anderem gesehen bei Marc Jacobs) richtig schön die Stange hält. Und Frau hinsicht-lich Tragekomfort wie auch Stil absolut glücklich macht.

Enjoy responsibly.

MARTINI® Extra Dry & Lemonade

(is) www.prpsgoods.com is a registred trademark.

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erin küsst rvca

Gewalt, Drogen, Dauergrinsen. Aus der Riege der Top-Models müs­sen wir zurzeit einiges ertragen. Doch Erin Wasson überrascht uns po­sitiv. Das amerikanische Model ist bekannt aus namhaften Werbe­ kampagnen und zierte das Cover zahlreicher Zeitschriften. Der Pirelli Kalender rief sie 2005 zum Fotoshooting und seit 2002 ist sie das Gesicht von Maybelline Kosmetik. Während der New York Fashion Week im September 2008 präsentierte die texanische Schönheit ihre Damenkollektion in Kooperation mit RVCA. Unter dem Label ‹Erin Wasson x RVCA› zeigte Wasson natürliche und ungezwungene Kleidungsstücke von sexy Hotpants bis hin zum mädchenhaften Blümchenkleid. Die Kollek­tion bekommt eine besondere Ästhetik durch Erins unbeschwerte, charmante Person und die Marke RVCA, die ihre Wurzeln im Action Sport hat. Das Model liess sich von besonderen Orten und unter­ schiedlichen Lebensgefühlen inspi-

rieren. Geschickt verbindet sie den Style der New Yorker City mit der Strandkultur Südkaliforniens. RVCA versteht sich als Marke zwischen traditioneller Sport-Bekleidung und Design-LifestyleProdukten, die neue Trends setzen möchte. PM Tenore, der Creative Director und Firmengründer, ist immer auf der Suche nach Verknüpfungen und Verbindungen zu Kunst, Musik und einem modernen Lebensstil. Mit dem kreativen Potential von Erin Wasson gelingt RVCA der Jump von der Half Pipe auf den Asphalt. (is) www.rvca.com

Erin Wasson x RVCA = Streetcouture!

zum rum grooven

this month on the web

Natürlich müsst ihr auch diesen Monat das Wort kinki nach beendeter Lektüre dieses Heftes nicht bis zur nächsten Ausgabe aus eurem Gedächtnis streichen! Auf www.kinkimag.com erwarten euch nämlich jede Menge neue Mu­ sicclips, News und Wettbewerbe. Ausserdem haben wir natürlich auch wie jeden Monat einige exklusive Online-Schmankerl für euch bereit: Da wäre zum Beispiel Florian Hennefarths Bericht über die rätselhafte Droge ‹Spice›, deren Vermarktung sich in der Grau­zone des Justizsystems bewegt und die dadurch in den letzten Wochen für einiges Aufsehen sorgte. Des Weiteren erwarten euch eine sexy Dessous-Fotostrecke des Fotografen Filippo del Vita sowie die skurrilen Werke des Graffiti-Künst­ lers Karl 110, der urbane Umge­ bungen anscheinend ein wenig anders wahrnimmt als andere Menschen. Ausserdem besuchte kinki-Autorin Rahel Zoller für euch die Circle Culture Gallery in Berlin und unterhielt sich dort mit den beiden Gründern der Galerie, die in den letzten acht Jahren zum begehrtesten Forum und zur Plattform der florierenden StreetartKultur geworden ist (siehe auch Die kleine Erfolgsgeschichte ist schon über zehn Jahre her, aus den ‹Top Notch Gallery› dieser Ausgabe). Natürlich ist das noch lange nicht Jungs sind Männer mit den be­ alles, was die­sen Monat auf kannten Ermüdungserscheinungen www.kinkimag.com für viereckige des Musikbusiness geworden Augen sorgt, aber ein paar und die Welt steht vor dem FinanzAsse behalten wir noch im Ärmel. kollaps. Nichtdestotrotz haben die Briten ein neues und das mittler- Reinschauen lohnt also auf jeden Fall! Und wem nicht gefällt, weile siebte Werk als Mini-Album aus dem T-Shirt geschüttelt, das zu- was er sieht, oder wer einfach sammen mit Bacardi im grossen sonst irgendwie mit dem falschen Stil präsentiert wird. Soll heissen: es Bein aufgestanden ist, der darf wird jede Menge Partys mit Groove sich umgehend an der Klagemauer Armada als Live-Act und viel Rum abreagieren und hemmungslos zum Trinken geben. Das mögen wir. rumnörgeln! (rs) www.groovearmada.com

www.kinkimag.com

Die Jungs von Groove Armada haben es immer noch drauf: sie mischen Beats mit Rum – das schmeckt!

Wer erinnert sich nicht gerne an ‹Northern Star›, das 1999 erschienene erste Album der beiden englischen Soundboys Andy Cato und Tom Findlay, die sich vier Jahre vor Veröffentlichung unter dem grossspurigen Pseudonym ‹Groove Armada› formierten. Eine Armada sind 18

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die Teenager bei Gott nicht, eher zwei Jungs vom Land, die ihren verkifften Äuglein nicht trauen woll­ten, als ihre Platte internationalen Respekt einfährt und mit einer Mischung aus Funk, Disco und Downbeat alle Tanzböden zwischen London und Luzern nass aufwischt.

kinki Werbespot


‹figaro›

das toupet Herkunft 80er Mindset ‹ich-seh-nur-so-alt-aus› Geschlecht männlich Passt gut zu Anzug, weissem Hemd, Krawatte

E

in schlichter Haarkranz umrandet ein weitgehend kahles Schädeldach, auf dem ein einsames schwarzes Haarbüschel sein tristes Dasein fristet. Es hört sich schlimmer an, als es ist. Haarausfall ist ein schwieriges Thema – vor allem bei jungen Burschen. Wo das Haar sich schon in den zarten 20igern ver­ abschiedet. Oftmals werden verschie­dene Cremes, Shampoos oder Tabletten zur Bewältigung des Problems genommen. Vor allem ein Adonis lässt sich von solch einem Makel schnell aus der Ruhe bringen. Aber keine Sorge: Abhilfe, die den kahlen Kopf wärmt und verschönert, ist von dem aufklebbaren Haarbüschel zu erwarten, das man auch Toupet nennt. Das Haarteil war in den 80ern ein Hype. Durch Stars wie Sean Connery (James Bond) oder Horst Tappert (Derrick) wurden Toupets salonfähig. Auch Promis wie John Travolta wurden mit einem nicht sehr gut angebrachten Haarbüschel auf dem Kopf gesichtet. Die einen schämen sich für ihren Schönheitsfehler, die anderen eben nicht. So wie der deutsche Schlagersän-

ger Tony Marshall, der nach 35 Jahren sein ‹HaarGeheimnis› an seinem 70. lüftet. Super Tony! Das Toupet wurde früher überwiegend handge­knüpft. Heutzutage werden die Haare entweder auf einer Kunststoffglatze verklebt oder in eine trans­ parente Folie gestochen. So kann das Toupet sogar für Wochen auf die Kopfhaut ‹geklebt› werden. Wichtig ist auch das fachgerechte Zu­ schneiden der Perücke oder des Toupets, denn sonst erkennt man leicht, dass es sich um einen Ersatz handelt. Die Industrie liefert normalerweise nur Rohlinge. Speziell beim Toupet führt das häufig zu Problemen, denn meist ist das fremde Haar länger oder dichter als das Haar des Trägers. Vorsicht ist geboten. Text: Christina Fix Illustration: Lina Müller

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‹was läuft›

basel

luzern

sein Comeback gefeiert oder Saddams Söhne hätten endlich die verschwundene A-Bomb gefunden! Mehr als 15 verschiedene DJs feierten sich und das Publikum selbst Der ‹1.STOCK› existiert seit Sommer und stiessen um Punkt Mitter­2006. Eine Bar und ein Club, mit nacht auf weitere spannende Welteinem siebenköpfigen Betreiberkolwirtschaftskrisen an. Ab 04.00 lektiv, dahinter Handwerker, Teil­ Uhr wurde an der obligaten After Hour zeitweltreisende und Studierende. mit der gesamten ‹Cheesy-HouseMisst nur gerade vier Meter in Prominenz› von Luzern bis Zürich der Breite, ist dafür aber rund siebweitergefeiert. Auch wenn wir alle wieDas alte Industrieareal ‹Walzwerk› in zig Meter lang – Konzertraum, der um ein Jahr gealtert sind, (die Münchenstein ist zehn Tram- res­ Lounge, Terrasse, Grillzone und Bou- Habt ihr diese Weihnachten zu House einen deprimiert’s, die anderen gefeiert? Seit ihr generell an den pektive zwölfeinhalb Fahrradminuten lebahn zusammengerechnet. Dafreut’s, weil sie nun endlich den guten vom Bahnhof SBB Basel entfernt. durch entsteht eine spezielle Drama- Festtagen zu House? Meiner Einer Stoff kaufen dürfen), sollten wir mag ja den gängigen ‹Familien­Früher produzierte dort eine riesige turgie: Durch ein schlauchartiges doch alle mit wehenden Fahnen untertürk› nicht, weshalb ich den vergan- respektive ins neue Jahr über­Aluminiumstangenpresserei. Gebilde geht ein Sog, der alles vor genen vierten Advent nicht zu Zwei Jahre lang lag alles brach. Nun die Bühne spuckt. Im ‹1.STOCK› gehen. Ich probier’s mal aus und werHouse sondern in der Bar 59 zu House de darüber berichten. Falls ihr kehrt das Leben zurück, in Form wird ein kluges, in der Region und gefeiert habe. Für feinsten Mini­von Kleingewerbe und Kunst, Sport der Schweiz verankertes Pro­nach einem Monat noch immer nichts und Alternativkultur, koordiniert gramm an Musik, Film und Sprache mal- respektive Deep-House sorgvon mir hört, dann ruft doch bitte ten die DJs Cockboy p.t.h., Par­durch die Kantensprung AG, welche geboten. die Polizei… www.schoolyard.ch ti(e)kel, Bienemeier und Aulay Puck. www.myspace.com/korsettevents auch schon das BurckhardtFür das alljährliche Fondue Chi­ Sulzer-Areal im ‹Gundeli› wiederbenoise, die sauren Zwiebeln und leben konnte – ein Areal mit Grossmutters Schoggi-Creme blieb ganz ähnlicher Geschichte. Der ‹1. mir Zeit, danach wurden aber auf STOCK› ist auf dem ‹Walzwerk› schnellstem Wege die ledernen Kinnicht der einzige Betrieb im Gastrodersärge montiert und Abgang. und Alternativkulturbereich. Mit dem ‹Presswerk› findet sich dort ein Die Räumlichkeiten der ehemaligen Man munkelt, dass selbst I.N.R.I den Ich steh also beim Kebap-Dealer meines Aluminium-Strang-Presserei, in Vertrauens, als ich auf dem Regal Weg vom unbequem hölzernen weit über die Kantons- und auch Landesgrenzen hinaus bekannter Elec- denen bis im Jahr 1999 rund um die Bett in der Senkrechten, den Weg auf neben mir einen bunten Flyer mit der tro- und Technoklub. Dazu kommt Uhr gearbeitet wurde, bilden im Aufschrift ‹CMYK – Disco mit den Dancefloor gefunden hat, die ‹Fahrbar› – ein Familienbetrieb Originalzustand zeitlose Kulissen, wel- gesehen hab ich den Bärtigen aller- Alles› entdecke. Zuerst habe ich ge­ ehemaliger Clubbetreiber in dacht, es handle sich dabei um eine che durch elektronische Musik, dings nicht. Ach ja, Schnee gab’s Einladung zur Generalversammlung einem Eisenbahnwagen. Lichteinfälle und Videoprojektionen da übrigens auch… www.walzwerk.ch www.myspace.com/korsett des örtlich ansässigen Dürümbetont werden. Die Presswerkwww.bar59.ch Fanclubs mit anschliessender AfterWände erzittern, der Rost bröckelt, party oder um die alljährliche Lob­ wenn monatlich die pulsierende preisung des Hammelfleisches. Da Stimmung der elektronischen Beats weder DJ Willy Boogner noch DJ und der tanzenden Menschen ‹Als wir das erste Mal auf dem InHarald Seemann halbwegs geniessdas über 100-jährige Areal flutweldustriegelände Walzwerk waren, hat lenartig durchspült und unaus­ bares Baklava-Gebäck auf die uns die Atmosphäre so fasziniert, Reihe kriegen, muss es sich dabei um weichlich ins Leben zurückruft. Das Ganz Genau! An Silvester wurde dass wir hier einfach etwas machen internationale Line up kann sich DEN Kultevent im Vierfarbenmodus scharf geschossen. Das Korsett Kol- handeln. Die Location hat gewechselt, mussten. Zuerst wollten wir eine hören lassen: Am 31. Januar steht lektiv lud zum Jahresende noch­Halle mieten. Doch als wir die Schie- ‹Toni Rios› (Coccon, Frankfurt) das Konzept bleibt unverändert. Da nen auf dem Gelände sahen, war und am 28. Februar die ‹Wighnomy mals zur ultimativen Feierei in die Bar wird in ‹Sven Väth’scher› Art und Weise Stimmung gemacht und Gas gege59 und hat das neue Jahr ebenso die Idee mit dem Eisenbahnwagen Brothers› (Freude am Tanzen, fulminant eingeläutet, wie das alte auf- ben und weil dies wirklich eine ‹Disco geboren. Nach drei Monaten UmJena) hinter den ‹Vinyl-Pressen›. mit Alles› ist, wird zusätzlich Berlin gehört hat. An der Silvesternacht bauzeit stand die Fahrbar.› – So die www.gelbesbillett.ch 2008 wurde nochmals alles verballert, mit Ben Mono vertreten sein, welcher Ideenfindung und Inspiration des mit ordentlich New Wave und was der Verein Korsett und weitere Bar-Teams. Die Fahrbar im 50er JahMusikschaffende aus deren Umfeld zu Shoegaze im Gepäck die Zuhörer zur re-Style ist zugleich Ess-, TrinkEkstase kitzeln wird. Los geht’s bieten hatten. Auf zwei Floors und Spielbar. Offeriert werden flogen Dubstep- und Street Bass-Sal- am 30.01.09 um 22.00 Uhr. Eintritt: Crêpes in allen Variationen und GeCHF 5.– ven, Bailefunk- und Baltimoresellschaftsspiele runden das Feeling Bomben gingen hoch, man hatte das www.myspace.com/discomitalles in urbaner Umgebung ab. www.myspace.com/benmono www.fahrbar.li Gefühl, der Vietnam-Krieg habe Korrespondent: Philipp Bibbo Brogli Alter: ein wenig älter Beruf/Berufung: Schneemann Lieblingsbar: Fahrbar Lieblingsclub: Presswerk Hotspot des ­M onats: 50 Jahre Barbie- und Legoausstellung – Messezentrum

‹zum langen schlauch›

Korrespondent: KackmusikK Alter: 26 Beruf/Berufung: Anti Alles Lieblingsbar: Bar ack Obama Lieblingsclub: AA (seit Silvester) Hotspot des Monats: Permanence (seit Silvester)

weihnachten zu house feiern

aufschwung ‹walzwerk›

vinylpresse

erlebnisbar

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cmyk @ bar 59

parram pam pam


bern

st.gallen

Die Veranstaltungen zur Tour de Lor- Korrespondent: Die Gebrüder Gallus Alter: 30/31 raine im Café Kairo, der Brasserie, Beruf/Berufung: Barkeeper/ im DuNord, O’bolles, dem PROGR Journalist Lieblingsbar: Sawadee Bar und natürlich der ganzen Reit­Lieblingsclub: Club Med schule sollen zur Mobilisierung geHotspot des monats: Eishalle Lerchenfeld gen das WEF aufrufen. Nach den Filmvorführungen und Diskussionsrunden zu Themen wie sozi­aler Gerechtigkeit und Chancengleichheit können die Tourbesucher Ohne das schöne Rattergeräusch im zur Musik von Copy/Paste, Die Hintergrund, dafür mit Reeto von Prinzessin Hans, Sintflutimaquarium Guntens Stimme wird am 28. Januar oder Casino Gitano politisch korrekt Neues Jahr, neues Glück. Hat sich auch der Rouven von HipHopShows im Bierhübeli der Diaabend entabtanzen. www.cafe-kairo.ch gedacht. Mashup, die Partyserie, mit staubt. Unter einem Bildersturm der er sich letztes Jahr von seiner, schlängeln sich Reeto von Guntens ähm, Kernkompetenz etwas entfernt Geschichten durch Phantasien, hat, gibt’s nicht mehr. Mit Discotron Unwahrheiten, Erfundenes und Rea3000 im Kugl macht er im neuen les. Bei solch verwobenen Ge­ Jahr ganz auf Electro, und zwar die dankengängen ist es schwer, sich Brecheisendisko-Variante. Was nicht im Wald zu verlaufen, denn das für den Stil bedeutet, müsst Ihr bei diesem Fabulierer werden MärEuch selber denken. Stargast chen wahr – und Berndeutsch wird Zurzeit werden wir von Löchern verbeim ersten Versuch am 30.Juni sind poetisch. www.reetovongunten.com folgt. Der Januar verfolgt uns mit Punks Jump Up vom französischen Eventlosigkeit, unser Portemonnaie Label Kitsune, die am Franzosenbratzmit Finanzkrisen, unsere Zähne Boom der letzten zwei Jahre haben Löcher von den vielen Süssig- nicht unschuldig sind. Offensichtliche keiten, die die Winterdepression Knarz-Bässe auf Bumm-Tschack. erträglich machen und als wäre das Drunks Jump Up wäre deshalb ein noch nicht genug – schliesst nun mindestens so guter weil ehr­Im Januar versammelt sich der Berner auch der Wasserwerk Club endgültig licher Name für die Franzosen. Mit Bär in der Dampfzentrale. Na­seine Schleusen. Wann die Bäche dabei sind die Friends With Distürlich nicht das Blatt, das sich höchs- in unseren Augen fliessen, ist noch plays, die Discotron-Residents sein tens für die Bärenfuttertütchen nicht genau bekannt, aber die werden. Hoffen wir, dass ihnen eignet, sondern Berner, die den Bär Vorfreude auf etwas Neues schleicht nicht das gleiche Missgeschick paslos lassen. Für den 10.01. hat sich schon durchs Hintertürchen siert wie an der Toxic-Party, wo sich das Partylabel Moustache mal rein… das Serato nicht funktionierte und www.wasserwerkclub.ch wieder ’nen ganz feschen Schnauz sie gar nicht auflegen konnten… www.discotron3000.ch geschnitten: Munk, Mastermind des deutschen Gomma Labels, dessen Output ‹die unbewusste Summe aus dem Scheiss ist, den ich mir in den Kopf ziehe›. Wem Von der offensichtlichen Partymucke das noch nicht heiss genug ist, der zum offensichtlichen Partygetränk. braucht am 31. Januar ‹Lieder Nuttendiesel hat vor einer Weile jegegen Kälte›. Endo Anaconda, Pedmand patentieren lassen und auf ro Lenz, Aernschd Born und Kutti Blöterliweinflaschen geschrieben, an­ MC geben dann ihr Bestes und ihre statt das sprudlige Zeug nur so zu Gagen für das Strassenmagazin nennen. Das Gesöff geht auf PromoSurprise. www.dampfzentrale.ch Tour und soll im Baracca über­laufen. Dort sieht man in letzter Zeit nicht mehr so viel Leute drin, zu­ mindest nicht unter der Woche. Stehen immer alle draussen rum, zum Rauchen. Am Samstag, den 24.Januar sollte man aber besser Das lebendigste Quartier Berns wird rauchen. Die Turntablebabes, am 17. Januar noch verrückter. Pimp The System und Mitsutek ma-

Korrespondent: Xymna Engel Alter: 23 Beruf/Berufung: MöchtenichtStudentin Lieblingsbar: Café Kairo Lieblingsclub: Berghain Berlin

gelogene wahrheiten

discotron 3000

nicht endende enden

dampfende bären

chen Musik, und scheinbar wird ab und zu gratis Chlöpfmoscht ausgeschenkt. Draussen verpasst man das natürlich. www.baracca.ch

gold­ ständer

Erst im März findet diese Party statt. Aber es gibt Leute, die munkeln, dass die San City Freaks Guillaume & the Coutu Dumonts für die nächste Goldständer-Party im Kugl gebucht haben sollen. Angaben bleiben ohne Gewähr, weil aus etwas neidischer Quelle stammend. Die neidische Quelle will dafür Remute ins Rümpeltum holen, auch im März. Im Februar passiert gar nichts, weil nicht nur die neidische Quelle, sondern auch sonst halb St.Gallen in Japan weilt. Die GallusBrothers nehmen an, das sei, weil dort das Rauchverbot noch nicht um sich gegriffen hat. Wäre zumindest ein guter Grund. www.kugl.ch

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kurze touren

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Konsum ist Krieg. Versteckt euch!

Im Supermarkt ist Vorsicht geboten. Berge von Pappkartons, Haufen gelber Taschen und Putzlappen haben Füsse bekommen. Das kennt man normalerweise nur von abgelaufenen Lebensmitteln. Gibt es nicht? Doch, das ‹Urban Camouflage›-Performance Projekt belehrt uns eines Besseren. 22

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Die Gefahr bei Urban Camouflage? Man wird selber gekauft!

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‹Einfach nicht bewegen…› Lumpige Spezialeinheit lauert dem ultimativen Sonderangebot auf.

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Mission Alpha Cobra: Die Bergung von Kommode ‹Kullen› und Regal ‹Billy›.

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Dass wir uns bei IkeaBesuchen auf feindliches Terrain begeben, ist uns ja eigentlich sowieso bewusst‌

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Schwedisches Spezialkommando auf dem Weg zur Kasse.

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s ist Freitagnachmittag. Gestresst von der Arbeit, heisst es noch schnell einkaufen, um endlich ins Wochenende starten zu können. Auf dem Einkaufszettel steht schon seit längerem das Billy-Regal, doch der Feierabendverkehr raubt einem den letzten Nerv. Im schwedischen Möbelhaus angekommen, verirrt man sich zuletzt in den grossen Gängen der Warenabholhalle. Als einziger Wunsch bleibt: das Regal schnell in den Händen halten. Doch was ist das? Ein riesiger Haufen aus Kartons versperrt den Weg? Er bewegt sich! Ist das ein Traum? Viel mehr ein Teil von ‹Urban Camouflage› mit einer Performance im öffentlichen Raum. Das Projekt konfrontiert uns mit der Frage, wie man sich in einem kommerziellen Raum tarnen kann. Dabei orientieren sich die zwei Kommunikationsdesign-Studentinnen Yvonne Bayer und Sabine Keric bei ihrer objekthaften Kleidung an ‹Ghillie Suits›, den Tarnanzügen von Scharfschützen in kriegerischen Auseinandersetzungen. Und fraglos reissen sie damit den unvorbereiteten Passanten aus seinem Alltag. Neugierig aber verwirrt, weiss der Betrachter nicht, wie er darauf reagieren soll. Ignoriert er den sich bewegenden Anzug aus 30 Ikea-Taschen? Oder sucht er lieber so schnell wie möglich das Weite? Einen Sicherheitsabstand einhalten? Oder einfach hingehen, um ihn aus der Nähe zu betrachten?

So wurde der Einsatz der Kostüme vor Ort zum Abenteuer, da die Aktion natürlich auch zu Konflikten mit dem Personal und der Marktleitung führte. Andererseits war es ein Tarntest unter realen Bedingungen, der die Reaktion der Kunden mit einbezog. Die nachhaltige Irritation des Publikums wurde gefilmt und dokumentiert den Eingriff in die unbeschwerte Konsumwelt der Marken und Preisschilder.

Wo ist der Mensch unter dem Tarnanzug geblieben?

tern› wurden sie bei diesem Projekt von dem schwedischen Künstler Juan-Pedro Fabra betreut. Wer in Zukunft also im Kaufhaus bewegliche Ware trifft, braucht nicht zu erschrecken. Es wird sicher eine neue originelle Idee der beiden Kommunikationsdesignerinnen Yvonne Bayer und Sabine Keric sein. Text: Rahel Zoller Fotos: Yvonne Bayer www.urbancamouflage.de

Mit die grösste Erkenntnis für die Akteure war, dass man durch die Verhüllung des Körpers und Gesichtes seine Identität verbirgt und vor äusseren Einflüssen schützt. Beängstigend ist dabei, wie man Skrupel und Scheu vergisst und in kürzester Zeit seinen Charakter verändert. Das führte den Studentinnen vor Augen, wie getarnte Soldaten gerade in kritischen Situationen ihr eigenes Ich ablegen, wie ferngesteuert arbeiten und dabei Gefahr laufen, ihre Menschlichkeit zu verlieren. Die Arbeit entstand während eines Auslandsaufenthaltes der beiden Studentinnen an der Konstfack in Stockholm. Im Seminar ‹Speed, Stealth and Patkinki

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‹querschläger› Alles, ausser angepasst. Sven Beikircher: ‹Der Mensch ist nicht für den Bürotisch geschaffen.›

Du hattest ziemlich viele verschie­ dene Jobs und bist viel in der Welt herumgekommen, oder?

Meine Mutter ist Deutsche. Ich wuchs aber in Italien auf und besuchte dort schon früh eine Klosterschule. Aus­ gebildet bin ich als Personenschüt­ zer, Verkäufer und Waffenhändler, ausserdem besitze ich ein drei Sprach­diplome, arbeitete als Über­ setzer. In Amerika arbeitete ich als Maler, hatte dort mein eigenes Maler­ geschäft und lebte ein Jahr lang alleine in der Wüste... Was hast du denn dort gemacht?

...naja, ich war auf der Suche nach mir selbst. Einmal sechs Monate lang, dann nochmals sechs Monate, weil’s nicht gereicht hatte. Ausser­ dem war ich in Zentral- und Südame­ rika und im Amazonas auf Expeditio­ nen. Ich reiste nie ‹vom Hilton zum Swiss Inn›, übernachtete draussen in der Wildnis. Wahrscheinlich waren diese Reisen meine wichtigste Aus­ bildung. Und jetzt bist du zum ersten Mal in deinem Leben zur Ruhe gekom­ men, wie es scheint.

Ja, und ich geniesse diesen Zustand sehr. Nun fängt eine neue SurvivalExpedition an. Das Leben in der Zivi­ lisation birgt auf lange Zeit hinaus nämlich viel mehr Schwierigkeiten als das Überleben im Dschungel. In der Natur stirbt man über Nacht, hier in der Zivilisation wird einem langsam die Luft abgeschnürt (lacht)… Was war denn dein brenzligster Moment in der Wildnis?

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ven beliefert schweizweit Mitglieder von archäolo­ gischen und biologischen Expeditionsteams, Kri­ senjournalisten, Sicherheitsdienste, das Militär und die Polizei mit Spe­ zialausrüstungen. Egal ob schusssi­ chere Weste, Morselampen oder gepanzerte Fototaschen: Bei Sven kriegt man alles, was einem in einer brenzligen Situation vielleicht das Leben retten könnte. In seinem Luzerner Büro, das ein bisschen an ein Rebellenlager erinnert, sitzt der muskulöse Mann zwischen seinen Spezialhandschuhen vor ei­ nem gepanzerten Laptopkoffer. Umso verwunderlicher stimmt uns

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Zufall will. Ich lebte zwölf Jahre im In­ ternat, habe meinen Vater deshalb nie richtig kennengelernt, da sich meine Eltern auch ziemlich früh schei­ den liessen. Aber natürlich war ich immer auf der Suche nach mei­ nen Wurzeln. Jeder will erfahren, wo er herkommt. Laut den Berichten, in die ich nach seinem Tod Einblick kriegte, quälte und tötete er keine Ge­ fangenen, das beruhigte mich schon sehr. All die Papiere und Aus­ zeichnungen, die ich von der Fremdenlegion kriegte, brachten mich meinem Vater schon um einiges näher. Hast du dir nie überlegt, selbst der Legion beizutreten?

Nein. Ich habe ein Problem damit, einfach Befehle entgegenzunehmen. Ich will mich nicht immer für andere Menschen aufopfern, deshalb ist das Militär nichts für mich. Ich gehöre mir selbst! Ich liefere mich nicht gerne der Willkür fremder Menschen aus. Du warst eigentlich dein ganzes Leben lang auf dich selbst gestellt, sowohl gezwungenermassen als auch freiwillig. Ist Freiheit etwas Erstrebenswertes, oder eher etwas Beängstigendes?

Ich setzte einfach im Erwachsenenalter das fort, was ich von Kindesalter an gewohnt war. Ich setzte mich der Natur aus und fühlte mich teilweise extrem verloren. Ich will zwar betonen, dass ich keinesfalls eine unglück­liche Kindheit erlebt habe, im Gegen­ teil, die Nonnen, welche mich gross­ zogen waren sehr gütige Menschen! Aber man sagte mir immer, wer ich bin, und was ich zu tun habe, da­ von hatte ich genug, als ich ein er­ wachsener Mann war. Diese Fluchten waren also einerseits ein Automa­ tismus, andererseits wollte ich auch all diesen Autoritäten entfliehen und mein eigener Herr sein.

Wahrscheinlich als ich im Amazonas­ gebiet plötzlich hohes Fieber be­kam. Niemand wusste, was genau ich habe, also nahm ich die Ma­laria-Profilaxe ein. Keine Ahnung, ob das das Denguefieber oder die Malaria war, aber eigentlich hätte ich ins Bett gehört, denn das Laufen schwächte mein Immunsystem enorm. Bleibst du jetzt endgültig zu Hause? Oft braucht man wirklich auch Früher zerriss ich jeweils meine Re­ sein buntes und helles Zuhause. Dort eine ordentliche Portion Glück, man tourtickets, die nach einem Jahr so­ merkt, wie klein man eigentlich ist. setzen wir uns ins Wohnzimmer, wieso abgelaufen wären. Das würde wo uns seine Freundin und ihr Sohn Dein Vater war bei der Fremden­ ich heute nicht mehr machen, aber japanische Kekse servieren. ‹Wir ich würde gerne Brigid und Noah ein­ Menschen sind nicht dafür geschaf­ legion. Wie war das für euch als Familie damals, nicht zu wissen, mal zeigen, wo ich früher war. Aller­ fen, am Schreibtisch zu sitzen und Dateien zu öffnen, die man dann ob Papa von einem Einsatz zurück­ dings ohne Risiko und mit Rückreise­ kommt oder nicht? tickets. Ich möchte nicht mehr alleine nicht einmal lesen kann!›, erklärt sein, denn viele meiner Erinnerungen Sven seinen Drang nach Abenteuer Nun, mein Vater hat diese Entschei­ dung getroffen. Es gibt verschiedene kann ich heute mit niemandem teilen, und Risiko. Während er gestiku­Gründe, warum man der Fremden­ weil ich so oft alleine unterwegs war. liert, kommt eine Tätowierung von legion beitritt: Entweder du hast Hun­ Das soll sich von nun an ändern. Peter Pan unter seinem T-Shirt zum Vorschein; der fliegende Tausend­ ger oder du suchst das Abenteuer Laut Sven Beikircher, 45, sind es die es­ sasa, der in seinen Abenteuern oder was auch immer. Natürlich präg­ sentiellen Dinge, welche einem in der Wildnis das Leben retten, Wagnis, Un­ immer auf sich selbst gestellt ist und ten mich mein Vater und meine Kind­ terwürfigkeit und natürlich eine Flasche trotzdem sein Leben lang ein Kind heit. Das Kloster und die Fremdenle­ Benzin, ein Feuerzeug, gute Schuhe und ein Messer. bleibt. Keine Figur könnte sinnbildli­ gion sind ja beides verschwiegene Text und Interview: Rainer Brenner cher für Svens Leben stehen… und geschlossene Orte, wie es der Foto: Daniel Tischler



Non existent Somaliland. Nein, nicht Somalia. Sondern Somaliland, ein Staat am Horn von Afrika, der offiziell nicht zu existieren scheint und international nicht anerkannt wird.

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iese Geschichte handelt von einem afrikanischen Land, das ‹teilweise frei› ist und aus eigener Kraft ein relativ stabiles demokratisches System aufgebaut hat. Noch hat Somaliland nicht durch Afrika-typische negative Schlagzeilen auf sich aufmerksam gemacht – eigentlich hat es noch gar nicht auf sich aufmerksam gemacht. Für den 31-jährigen Briten Nabik Daniel Hunt war die geheimnisvolle Existenz des Landes einer der Gründe, Somaliland zu bereisen und in seinen Fotografien festzuhalten. Er wollte zumindest einen Teil von Afrika einmal in ein positives Licht rücken.

Koloniales Erbe überschattet einen jungen Staat

Im Juni 1960 wurde Britisch-Somaliland, fast zeitgleich mit Italienisch-Somaliland, in die Unabhängigkeit entlassen. Durch den Zusammenschluss dieser ehemaligen Kolonialgebiete entstand noch im selben Jahr Somalia mit Mogadischu als Hauptstadt. Gedanke des Zusammenschlusses war die Vereinigung aller Somalier in einem einheitlichen Staat, nachdem dieses Volk lange auf verschiedene Staaten verteilt und unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt war. Das ausgeprägte Gefälle – ein Erbe der Kolonialzeit – zwischen dem durch die Kolonialmacht eher vernachlässigten Norden (ehem. Britisch-Somaliland) und dem von der Kolonialmacht unterstützten Süden (ehem. ItalienischSomaliland) in puncto Entwicklungsstand, Bildungswesen sowie Verwaltungsstruktur erschwerte die nationale Integration. Viele Bewohner des jungen Staates begannen schon bald, sich im Gesamtgebilde Somalia benachteiligt zu fühlen. Nach Ansicht vieler Nordsomalier unternahm der wirtschaftlich und politisch dominierende, ressourcenreichere Süden zu wenig, um die bestehenden Unterschiede aufzuheben und die Entwicklung des Nordens zu fördern.

Im Strudel einer autoritären Regierung, sich bekämpfender Clans, Warlords und Bürgerkriegen

militärisch und politische Anführer begrenzter Gebiete – haben eine erfolgreiche Nachfolgeregierung bis zur Bildung einer international anerkannten Übergangsregierung im Jahre 2000 verhindert.

Ein Land, das laut Karte nicht zu existieren scheint

Ehemals Britisch-Somaliland hat sich nach einem langen und äusserst brutalen Bürgerkrieg 1991 von Somalia gelöst und für unabhängig erklärt – einseitig unabhängig. Denn bis heute ist Somaliland ein ‹de facto› (nach Tatsachen, in der Praxis), nicht jedoch ‹de jure› (laut Gesetz, offiziell) anerkannter Staat. Ein armer, jedoch friedlicher Staat, der eine eigene Flagge, Armee und Währung sowie eine demokratisch gewählte Regierung besitzt – aufgebaut aus eigener Kraft, ohne die geringste internationale Unterstützung. Nach wie vor ist der 137 000 km² grosse, ca. 3,5 Millionen Einwohner zählende Staat, was medizinische Institutionen, Schulen und die allgemeine Infrastruktur anbelangt, jedoch auf internationale Hilfe angewiesen. Doch bis dieses Land seitens der UNO offiziell als unabhängig anerkannt wird, wird Somaliland weiter um Hilfe kämpfen müssen – stets mit dem Handicap, von Negativschlagzeilen wie blutigen Kämpfen oder den jüngsten Piraterien vor der Küste Somalias überschattet zu werden.

Irgendwo in Ost-Afrika

Die Machtergreifung durch Siad Barre 1969 und die Errichtung einer autoritären Regierung rief zahlreiche Rebellenbewegungen ins Leben; so beispielsweise die ‹Somali National Movement› (SNM). Eine politische und militärische Organisation oppositioneller Somalier, die in Nordsomalia mit dem bewaffneten Kampf gegen die Regierung begann. Ziel somalischer Oppositionsbewegungen war unter anderem der Sturz der Regierung unter dem diktatorisch herrschenden Barre sowie ein damit verbundenes Ende der Repressionsmassnahmen, die letztlich in der Bombardierung verschiedener Städte mit Abertausenden von Toten gipfelten. 1991 gelang schliesslich die Entmachtung Barres. Doch Konflikte zwischen Clans und Kriegsherren – sogenannten Warlords, brutale, kinki

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m die Negativschlagzeilen der Medien ein wenig zu ‹korrigieren› und zu zeigen, dass Afrika auch positive Meldungen hervorbringt, reiste der Fotograf Nabik Daniel Hunt im Juli 2008 nach Somaliland. Während seines einmonatigen Aufenthaltes versuchte er unterschiedliche Aspekte der Entwicklung des Landes in einem Essay festzuhalten, die aktuelle Situation Somalilands in einem snap-shot einzufangen. kinki-Autorin Isabelle Haklar hat sich mit Daniel über seine Reise unterhalten. kinki: Daniel, was hat dich motiviert, gerade Somaliland in Bildern festzuhalten?

Daniel: Bereits seit den frühen 90ern verfolge ich Aidan Hartleys (Journalist kenianischen Ursprungs) Reportagen zu Somalia und war gefesselt davon. Ich habe stets nach Nachrichten betreffend Somalia Ausschau gehalten und bin erstaunt gewesen, wie die dortige Situation von den Medien grösstenteils einfach ignoriert wird. Der Gedanke an ein Land, das viele Jahre ohne funktionierende Regierung war und von der UNO im Stich gelassen worden ist, ist faszinierend und aufwühlend zugleich. Zudem wurde und wird man in den britischen Medien stets nur mit ‹bad news› aus Afrika konfrontiert. Ich wollte zeigen, dass es ein afrikanisches Land gibt, das positive Geschichten hervorbringt. Immer schon hatte ich den Plan im Hinterkopf, irgendwann einmal in das ‹unabhängige› Nachbarland Somalias, Somaliland, zu reisen, um mir ein eigenes Bild von diesem Staat zu machen.

‹Die Somalilander sind sehr stolz auf das, was sie in den letzten zwei Jahrzehnten erreicht haben.› Wie hast du die Ankunft, deine ersten Stunden in Somaliland in Erinnerung?

Ich bin auf dem Landweg über Äthiopien nach Somaliland gereist. Drei Tage habe ich in Bussen und Taxen verbracht. Spät nachts habe ich dann die Grenze zu Somaliland erreicht. Da mein Minibus nahe der Grenze eine Panne gehabt hatte, musste ich das letzte Stück in der Dunkelheit und bei strömendem Regen laufen. Zu dieser nächtlichen Stunde bin ich einzig einer Gruppe von Leuten begegnet, die in einem Truck auf dem Weg nach Äthiopien war. Die staubige Strasse nach Somaliland war komplett dunkel, weit und breit war kein einziges Licht zu sehen. So stand ich etwa zehn Minuten da, ohne wirklich zu wissen, was ich tun sollte. Plötzlich hörte es zu regnen auf und ein Lastwagen näherte sich. Der hintere Teil des Wagens war voll Khat-kauender Männer (ein Blatt, mit leicht narkotisierender Wirkung). Sie waren total high und konnten kaum glauben, dass ein Weisser nachts an der Grenze zu Somaliland steht. Alle wollten sie meine Freunde sein, schüttelten meine Hand und sprachen auf Somali und Amaringha auf mich ein. Mit ihnen 32

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bin ich über die holprige Strasse nach Somaliland gefahren – mit dem Gefühl, jeden Moment aus dem Wagen geschleudert zu werden. Wir haben unglaublich viel gelacht. Dies sind wohl die freundlichsten Menschen gewesen, die ich je getroffen habe. Es war eine grossartige Erfahrung. Denke ich an diesen Moment zurück, muss ich stets lächeln. Wie bist du von der dort heimischen Bevölkerung aufgenommen worden?

Die Menschen haben mich herzlich willkommen geheissen. Praktisch jede halbe Stunde musste ich irgendwo einen kurzen Stopp einlegen, um mit jemandem zu plaudern. Erstaunlich war, wie gut die Kinder die englische Sprache beherrschen. Häufig waren es dann auch sie, die mir geholfen haben, mich mit der Bevölkerung zu verständigen. Die Somalilander sind sehr stolz auf das, was sie in den letzten sechzehn Jahren erreicht haben. Für sie ist es nur schwer nachvollziehbar, dass die UNO Somaliland nicht als souveränen, von Somalia unabhängigen Staat akzeptiert. Sehr erstaunt waren sie über die Tatsache, dass ihre Heimat in Grossbritannien kaum bekannt ist, obgleich es sich um eine ehemals britische Kolonie handelt. Sie würden es sehr schätzen, wenn vermehrt Journalisten ihr Land besuchen kämen. Ich kann mir vorstellen, dass eine Reise durch Somaliland nicht gerade ungefährlich ist. Konntest du dich überall frei umherbewegen, hin, wo immer du wolltest?

Plan war, alleine zu reisen. Da in den letzten Jahren jedoch des öfteren Ausländer und NGOMitarbeiter gekidnappt oder getötet worden sind, habe ich vom Verteidigungsminister zwei Bodyguards zur Verfügung gestellt bekommen. Diese haben mich während meiner ganzen Reise begleitet – Khat kauend und schweigend. Ihnen hatte ich eine Tagespauschale von umgerechnet etwa fünf Dollar zu bezahlen – Übernachtungen in Guest-Houses extra. Eigentlich konnte ich hingehen, wo immer ich wollte; in die Hauptstadt sogar ohne Bodyguards. Meinen Vorschlag, einen Ausflug an die Grenze zu Somalia zu machen, haben meine Beschützer jedoch abgelehnt. Da sie einem bestimmten Clan angehören, hatten sie Angst, bei der Grenze auf Mitglieder eines verfeindeten Clans zu stossen und in eine Schiesserei zu geraten. Zudem befürchteten sie, dass man mich aus politischen Gründen als Geisel nehmen könnte. Interview und Text: Isabelle Haklar Fotografie: Nabik Daniel Hunt


Hoffnung nach 16 Jahren Kampf

3,5 Millionen Einwohner

Land mit Zukunft

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Mehr Ufer!

Das Initiativkomitee mehr-ufer.ch fordert eine Herabsenkung des Zürichseespiegels um mindestens einen Meter. Die Initianten führen vor allem ökologische Gründe ins Feld, während sich das Gros der Unterzeichner klassenkämpferisch gibt.

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ie Seeuferlinie des Zürichsees, so wie sie sich heute präsentiert, ist eine vor allem von Menschenhand geschaffene: Erste grosse Eingriffe erfolgten Mitte des 19.Jahrhunderts dem städtischen Seebecken entlang, wo der Ingenieur Bürkli die Quaibrücke baute und Aufschüttungen vornahm, um die heutige Promenadensituation vom Zürichhorn bis zur Landiwiese zu schaffen. Dieser Stand ist vorläufiger Endpunkt einer Entwicklung, bei welcher sich das mittelalterliche Gesicht Zürichs von der Limmat weg zum See hin wandte. Während die Ufer von stehenden Gewässern aufgrund von sumpfigem Baugrund, erhöhter Seuchengefahr (See und Fluss = Abfalleimer und Abort) und allgemein schlechter Erschliessungslage lange Zeit gemieden wurden, entfachte mit der Industrialisierung der Trend, aus der Stadt hinauszuziehen, um der schlechten Luft und dem aufkommenden Verkehr zu entrinnen. Dieses Privileg wurde vorerst ausschliesslich einer schmalen Oberschicht zuteil. Mit dem Bau der Seestrasse zu Anfang des 20. Jahrhunderts wurden weitere grosse Aufschüttungen entlang der ‹goldenen› und der ‹verpfnüselten› Küste vorgenommen. Dieses Land, sogenanntes kantonales Konzessionsland, wurde unter anderem dazu verwendet, die durch den Bau der Seestrasse enteigneten oder benachteiligten Landbesitzer zu entgelten. Im Laufe der Zeit haben sich diese Besitzverhältnisse jedoch stark verändert. Kaum noch ein Grundstück am See, welches nicht seinen Besitzer gewechselt hat. Diese Entwicklung wird bei der Diskussion und der Forderung nach einem öffentlichen Seeuferweg oftmals vergessen.

chung von Visionen. 2. Nachhaltig garantierter Hochwasserschutz durch die Vergrösserung des Rückhaltevermögens des Sees. 3. Dem See wird geholfen, zu seinem ursprünglichen Gleichgewicht zurück zu finden. 4. Klärung der Besitzverhältnisse dem See entlang 5. Vorbildcharakter für andere Binnenseen mit ähnlicher Problematik.

hierbei mit voller Kraft aufeinander. Der InitiativText verweist insbesondere auf ökologische Vorteile, welche eine Senkung des Seespiegels mit sich bringen würde, das angestrebte Bild vermittelt jedoch einen anderen Eindruck. An prominenter Lage soll öffentlicher Raum geschaffen werden, um allen Bewohnern attraktiven Naherholungsraum zu gewährleisten. Dabei soll die ganze Bevölkerung durch Ideen und Projekte mit einbezogen werden. Die Senkung des Spiegels hilft dabei, die rechtlichen Hürden zu umschiffen, welche bei Rückforderungs-Gelüsten des Kantons unweigerlich zu Tage träten. Die Herabsenkung des Zürichseeufers hat dann gemäss Initiativkomitee folgende Auswirkungen für Natur und Bevölkerung: 1. Neuland wird entstehen – Raum für Phantasie und die Verwirkli-

Text: Christoph Dubler Illustration: Raffinerie

Ökommunismus? Privateigentum und öffentliches Interesse prallen

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Bademeister gegen Finanzhaie

Auf der originellen Internetseite www.mehr-ufer.ch wird dann auch heftig diskutiert. Der Wunsch nach ‹reclaim the beach› ist dabei eindeutig in der Überzahl. Ein Bademeister meint zum Beispiel: ‹Erst kürzen wir den Finanzhaien die Boni und jetzt knallen wir ihnen auch noch die Gummiboote vor ihre Villen. Die Häuser und ihren ganzen Reichtum haben sie sowieso letztlich den kleinen Leuten geraubt, die täglich ihrer Arbeit nachgehen.› Und Edgar antwortet: ‹Jawoll, Bademeister! In der Schweiz gehören 0.3% der Bevölkerung die Hälfte des Gesamtvermögens. Das ist schlimmer als die französische Aristokratie vor dem Sturm auf die Bastille. Schon nur um denen eins auszuwischen, werde ich fleissig Unterschriften sammeln.› Das Bild von einem langen öffentlichen Strand, Surfen, Sonnenbaden und den dicken Onkel, während er schläft, in den Sand einbuddeln, könnte genug Spreng-Kraft entwickeln, um eine echte Diskussion über eine Zukunft des Seeuferwegs zu entfachen. Im kantonalen Richtplan als Forderung eingetragen, ist der öffentliche Zugang zum See bis anhin blosser Traum aller Wasserratten und Sonnenanbeter. Sollte der Strand tatsächlich einst umgesetzt werden, werde ich dort sein. Der Bademeister sicherlich auch.

Wenn der Wasserspiegel des Zürichsees gesenkt würde, hätten mehr Menschen Zugang zum kühlen Nass, argumentiert das Initiativkomitee mehr-ufer.ch.


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Weltmeister Afghanistan

Die besten obdachlosen Fussballer der Welt spielten in Melbourne um den sechsten Homeless World Cup. Wichtiger als der Titel ist für die Spielerinnen und Spieler jedoch, ihr Leben weiterzuentwickeln und zu feiern. Für einige haben sich die Zukunftsaussichten in Melbourne definitiv geändert. Mitmachen ist zwar alles, aber Gewinnen noch besser: der Pokal geht an die Afghanen.

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omeless People aus 56 Nationen sollten sich Anfang Dezember Downunder zur Weltmeisterschaft treffen. Nicht alle schafften es. Kroatien, Slowenien und das Frauenteam der Elfenbeinküste blieben im Flughafenchaos von Bangkok hängen, Kasachstan anscheinend am Zoll – wegen Einfuhr unerlaubter Mittel. Ein Gerücht, welches von offizieller Seite jedoch nicht bestätigt wurde. Wenn es denn so war, handelte es sich bei den Mitteln eher um Doping-Substanzen als Drogen. Denn wer beim Homeless World Cup (HWC)

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gewinnen will, muss Fussball auf Topniveau zeigen. Was 2003 in Graz begann, hat nur noch wenig zu tun mit dem Herz rührenden Gekicke einiger Sozial-Benachteiligter. Die Spieler aus Schweden, Belgien oder Neuseeland erfüllen vielleicht das Schweizer Klischee von Obdachlosen. Die Topteams überraschen jedoch mit physischer wie technischer Stärke. Das kommt daher, dass die Nationalspieler aus England oder Frankreich von Manchester United beziehungsweise Paris Saint Germain unterstützt werden. Vom Talent der brasilianischen Strassenkicker weiss man ja schon länger.

Professionell ist auch der Anlass. Nicht ganz Melbourne stand im Zeichen des HWC, aber das Herz der 3,8-Millionen-Stadt pulsierte definitiv für die obdachlosen Fussballer. Die rund 450 Spielerinnen und Spieler fanden im Hauptstadion auf dem Federation Square sowie auf zwei Feldern entlang der Yarra River Promenade eine Heimat. Und der HWC entpuppte sich als Publikumsmagnet. Bereits beim Eröffnungsspiel wollten nebst den 800 Zuschauern auf den Stadiontribünen weitere 2000 Leute wissen, wie sich das Heimteam gegen Österreich schlägt. Wer nicht direkt aufs Spielfeld


Wie bei den Profis: Fans und Spieler feiern sich gegenseitig.

blicken konnte, verfolgte das Spiel auf der Grossleinwand nebenan. Der Star auf dem Feld war diesmal der Schiedsrichter. Der ehemalige FIFASchiedsrichter Kim Milton Nielsen opferte erneut seinen Urlaub, nachdem er letztes Jahr in Kopenhagen erstmals für den Homeless World Cup gepfiffen hatte (siehe Interview). Das Spiel wird fair geführt. Trotzdem schickt der dänische Referee kurz vor der Pause einen Österreicher vom Feld. Allerdings nur per blauer Karte. So darf der Sünder nach zwei Minuten wieder ins Spiel eingreifen – nur einer der vielen Unterschiede des beim HWC gespielten Street Soccers zur Grossfeldvariante. Gespielt wird mit drei Feldspielern plus Goalie auf einem 22 × 16 Meter messenden Spielfeld mit Banden. Schlussendlich muss aber auch hier das Runde ins Eckige. Street Soccer ist schnell und es fallen viele Tore. Den nicht sonderlich fussballkun­digen Australiern gefällt das Spek­t akel. Trotz brütender Hitze bemützt mit gelb-grün gestreiften Woll-Käppis, feuern sie ihre ‹Street Socceroos› unablässig an mit ‹Aussi, Aussi, Aussi oi-oi-oi›-Rufen. Doch selbst der aufopfernde Einsatz ihres besten Kämpfers Stephen Maloney kann sie nicht retten. Österreich gewinnt 0:3. Viel Mühe bekundete danach der amtierende Weltmeister Schottland. Ihre Gegner aus Afghanistan trainieren daheim täglich zwei Stunden und spielten die Bravehearts mit schnellem Passspiel schwind-

lig. Die Schotten kamen über den Kampf zurück ins Spiel und die beiden Teams lieferten sich einen offenen Schlagabtausch auf höchstem Niveau. Beim entscheidenden Elfmeterschiessen im SuddenDeath-Modus gewannen dennoch die Afghanen.

‹Nach den Spielen sind Sieger und Verlierer schwer auseinanderzuhalten: Die Teams liegen sich in den Armen und tanzen Ringel-Reihe zu Waltzing Mathilda›. Ein Spiel ist schliesslich bloss ein Spiel und wichtiger als das Resultat ist für diese Fussballer das Erlebnis Australien und der Austausch mit Spielern anderer Nationen. Enttäuschungen haben sie alle schon ganz andere wegstecken müssen. Die Gründe, warum die Spieler obdachlos sind, sind jedoch so unterschiedlich wie die Länder, aus de-

nen sie kommen. Schottlands Team Captain Stephen Docherty streunte wie ein Hund als Drogenabhängiger durch die Gassen Glasgows. Seit drei Jahren ist der 37-Jährige nun clean und nur noch süchtig nach Fitness. Auf ein Spiel bereitet er sich mit 50 Liegestützen vor. Was es ihm bedeutet am HWC als Team Captain mit dem schottischen Trikot einzulaufen? ‹Es macht mich stolz und vor allem macht es meine 16-jährige Tochter stolz. Dieses Trikot fühlt sich so viel besser an als ein gestreiftes Gefängnis-Shirt.› Das afghanische Team dagegen besteht vor allem aus Waisenkindern, denen die nach dem afghanischen Poeten Hazart Hakeem Sanayee (1088–1166) benannte Sanayee Development Organisation Heimat und Bildung bietet. Um Ländern wie Afghanistan, Kambodscha oder auch afrikanischen Staaten die Teilnahme am HWC zu ermöglichen, wurde die Homeless World Cup Foundation gegründet. Sie kümmert sich mit internationalen Sponsoren und lokalen Hilfswerken um den Support der armen Nationen. So wird übers ganze Jahr wirkungsvolle Hilfe zur Reintegration Sozial-Benachteiligter geleistet. Das neuste Projekt ist die Förderung der Frauen. Erstmals nahmen mit Australien, Kamerun, Kolumbien, Paraguay, Kirgistan, Uganda, Sambia und Liberia acht Frauenteams am HWC teil. Die Arbeit der Foundation ist statistisch belegt nicht bloss Gewissensberuhigung. Das Barbecue, welches der australische Rotary Club für die kinki

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Spieler in einem Cricket Stadion organisiert hat, dagegen schon. Vom Advent-Geist erfüllt, fütterten die gesetzten Damen und Herren die Spieler. ‹Oh, nimm ruhig zwei Burger. Du siehst wie ein hungriger junger Mann aus. Ja, solche Burger siehst du wohl nicht jeden Tag! Und versuche unsere typisch australische Barbecue-Sauce. Gibt es so was bei euch?› Ja, wir nennen es ‹Heinz Tomaten Ketchup›. Man hätte den Gutmenschen die Almosen-Burger am liebsten in ihre verfetteten Gesichter geschmiert. Die Spieler hier leben nicht mehr am Abgrund. Wer es ins Nationalteam geschafft hat, bewältigte bereits einen langen Weg. Die Woche beim HWC ist für die Spieler der Anlass, dies mit Leuten aus

danach im Freudenrausch beinahe das Spielfeld. Als die Mannschaft mit dem Pokal das Stadion verlässt und die Treppe runter zur Uferpromenade des Yarra Rivers nimmt, verschwinden Trophäe und Spieler in den feiernden Massen. Es ist ein wunderbares Volksfest, auch wenn die frenetischen Fans in ihrem masslosen Jubel an die Bilder aufgebrachter Demonstranten erinnern, wie man sie vom Fernsehen kennt, wenn am Hindukusch USFahnen verbrannt werden. Dass sich mit dem Homeless World Cup nicht alle Probleme der Spielerinnen und Spieler in Luft auflösen, zeigte der Frauenfinal. Bei Liberia, den Gegnerinnen Sambias, fehlen vier Spielerinnen der Startformation. Sie zogen die Ungewissheit eines

‹Die Atmosphäre ist unglaublich.› Im Gespräch mit dem dänischen Schiri Kim M. Nielsen.

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ur Person: Der 48-jährige Kim Milton Nielsen erhielt bereits 1988 die FIFALizenz, pfiff bis zu seinem altersbedingten Rücktritt vor drei Jahren 134 internationale Spiele und hält mit 44 Champions League Spielen den Schiedsrichter-Rekord. Der 1,96 grosse Däne ist neben Pierluigi Colina eine der gro-

Die Afghanen haben wieder hart gekämpft – beim ObdachlosenFussball aber ohne Tote.

der ganzen Welt zu feiern und das Leben einfach mal zu geniessen. So sind auf dem Uni-Campus, wo die Teams schlafen, nach vier Tagen die Kondom-Automaten leergeräumt. Viele Spieler aus England, Schottland oder Irland schlafen sowieso nicht mehr dort. Die frisch gebackenen Fussballstars haben in Melbourne Groupies gefunden und verbringen die Nächte in deren Betten. Der Gipfel der ausgelassenen Stimmung ist jedoch der Final. Afghanistan besiegt in einem packenden und ausgeglichenen Spiel Russland mit 5:4. Eine Hundertschaft afghanischer Fans stürmt 38

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Neuanfangs in Australien einer Zukunft in ihrem von Krieg gebeutelten Land vor. Sambia gewann gegen das mit australischen Spielerinnen ergänzte Team Liberias mit 7:1. Bleibt zu hoffen, dass die geflüchteten Spielerinnen ihr Glück finden. Sicher ist dagegen, dass beim Homeless World Cup 2009 auch die Schweiz wieder mit einem Team dabei ist. Wegen organisatorischen und logistischen Problemen scheiterte die Teilnahme in Melbourne.

ssen Schiedsrichter-Figuren. In die Annalen eingegangen ist sein Platzverweis von David Beckham, wegen Nachtretens gegen Diego Simeone beim WM 98 Achtelfinale England – Argentinien. Beckham wurde daraufhin zum Sündenbock für das Ausscheiden der Engländer. Zu seinen Auftritten gehören neben 3 Europaund 2 Weltmeisterschaften auch die FIFA World Futsal Championship 1989 in den Niederlanden, die Friendship & Peace Games im gleichen Jahr in Kuwait, der World Youth Cup 1993 in Australien, der Confederations Cup 2001 in Japan/Korea


Die Feier ist mindestens so wichtig wie das Spiel.

und für einen europäischen Referee völlig untypisch der African Nations Cup in Burkina Faso im Jahre 1998. Herr Nielsen, ich habe beobachtet, wie Sie zwischen den Spielen mit den Linienrichtern tanzten. Schiedsrichter am Homeless World Cup zu sein, scheint Spass zu machen.

Definitiv. Die Atmosphäre hier ist auch unglaublich. Es scheint allen Spass zu machen. Selbst wenn die Spieler verlieren, tanzen beide Teams am Schluss gemeinsam. Pfeifen Sie denn auch etwas relaxter?

vergleichen. Sicher ist es hier relaxter. Bei einer Weltmeisterschaft der FIFA stehst du jede Sekunde unter Hochspannung, musst eine Topleistung zeigen und wirst von allen Seiten beobachtet und kritisiert. Da stehst du unter enormem Druck. Aber es ist natürlich eine tolle Herausforderung, ein Erlebnis und auch eine Auszeichnung dafür, auf höchstem Niveau zu pfeifen.

‹Hier ist ein Spiel noch ein Spiel.›

Wie beurteilen Sie das Fussball-Niveau beim Homeless World Cup?

Nein. Da sind wir Schiedsrichter wie die Spieler: Zweimal sieben Minuten wird alles gegeben. Die gehen ja teilweise ziemlich heftig zu Sache. Ausserdem erwarten sie von einem ehemaligen FIFA-Schiedsrichter eine Topleistung. Das hab ich schon mitbekommen. Aber hier ist ein Spiel noch ein Spiel. Die Freude daran überwiegt den Frust über eine Niederlage. Beim professionellen Fussball erlebt man Spieler und Leute aus dem Umfeld, die lange nach dem Spiel noch traurig, gereizt oder richtig sauer sind.

Es hat viele exzellente Teams, die sehr professionell daherkommen. Aber das Level ist so unterschiedlich wie die Teams. Die afrikanischen Mannschaften sind unglaublich athletisch, während die Spieler aus Belgien oder Schweden direkt von der Strasse zu kommen scheinen.

Das heisst, hier Schiedsrichter zu sein macht mehr Freude wie an einer WM oder EM?

Davon habe ich noch nichts gehört. Aber ich kann die Gerüchte verstehen. Es hat einige Spieler, die technisch und auch konditionell sehr

(Lässt Luft raus) Ja und Nein. Das kann man nicht

Im Spielerfeld kursieren Gerüchte, dass einige Mannschaften Semi- oder gar VollProfis angeheuert haben, um den HWC zu gewinnen.

gut sind. Falls dem tatsächlich so wäre, wäre es sehr schade, weil es definitiv nicht der Idee und dem Ziel des HWC entspricht. Allerdings ist es auch schwierig ‹Homeless› zu definieren. In Afrika, Südamerika oder Südost-Asien sind Leute aus anderen Gründen homeless wie in Europa. Dementsprechend sind das ganz andere Leute. Da taugt unsere europäische Sicht nicht viel. Glauben Sie ein einwöchiger Event wie der Homeless World Cup kann ein Leben verändern?

Bei gewissen Leuten sicher. Ich habe ein zwei Beispiele in Dänemark verfolgt, bei denen der HWC enorm viel bewirkt hat. Klar waren sie nur kurzfristig Stars und medial präsent, aber ihr Selbstvertrauen wurde längerfristig gestärkt und ihr Leben und die Einstellung dazu hat sich definitiv verändert. Und das gilt ja nicht nur für die dänischen Spieler. Wenn man die Statistiken der HWC-Foundation ansieht, dann ist dieser Event definitiv eine sehr sinnvolle Sache. Text und Interview: Olivier Joliat Fotos: www.homelessworldcup.org

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‹ zehn minuten mit› Zeitgenossen und Weltbürgern. Mark de Vere: ‹Man muss die Menschen für Wein begeistern können.›

Landstrich, welcher eingespannt zwischen den Cordilleren und dem Meer liegt, kommen hervorragende und eigenständige Weine. Die geo­ graphische Lage bestimmt den Das kommt sehr auf den Wein an! Wein. Kein Regenfall im Sommer, Es gibt unzählige Weine auf der dafür mehr als genug im Winter. Re­ Welt, welche von eher durchschnitt­ lativ nahe am Äquator mit viel Son­ licher Qualität sind und ich würde nenschein. Aber die Hitze und der niemandem im Wege stehen, diese Sonnenschein werden vom Wind, mit klebrigen Zusätzen zu mischen. welcher vom Meer her kommt, ge­ Einer Person, welche dies mit einem kühlt. Und das sind ideale Bedin­ Bordeaux Chateau Petrus 1982 gungen für einen guten Wein. Weil oder einem Cheval blanc 1990 macht, er die Sonne und die Hitze für das sollte man allerdings unverzüglich Wachstum der Trauben braucht und die Zunge ausreissen! – das sollte gleichzeitig die Kühle, um die Fri­ ein Scherz sein. Diese Weine sche und Leichtigkeit zu behalten. sind Kunstwerke. Sie mit süssem Spru­ Chile hat eine grosse Weintradition. del zu mixen, wäre in etwa so, wie ein Bild von Piet Mondrian schräg Wie starte ich am besten meinen eigenen Weinkeller? aufzuhängen. Wein mit Zusatz Nun, vielleicht mit einer kleinen Samm­ oder in reiner Form sind zwei völlig lung in der Küche, welche sich im­verschiedene Welten. Aber von mir aus sollen die Leute machen, was mer wieder erneuern lässt, zum Bei­ spiel. Das Problem ist doch, dass sie wollen! die meisten Zwanzig- bis Vierzig-Jäh­ Was bedeutet dir dein Titel rigen aus Platzgründen keinen ei­ ‹Master of Wine›? genen Weinkeller haben können und Zum einen hilft er mir, Zugang zu in­ dass der eingekaufte Wein sofort getrunken wird. Ich empfehle daher, mit teressanten Kreisen zu erhalten, zum anderen ist es die Bestätigung einer kleinen Auswahl zu beginnen, welche ständig erneuert und ausge­ einer gewissen Kompetenz. Ein Titel alleine nützt jedoch nichts. Man baut werden kann. muss die Menschen für Wein be­ Worin liegt das Wunder des Weins? geistern können. ‹Take away the mystery – but keep Welchen Eindruck hast du von the magic.› Mark de Vere, was hälst du von Menschen, welche ‹kontaminierten› Wein wie beispielsweise gesprit­ zten Weisswein oder gar Sangria trinken?

Schweizer Weinen?

Ich glaube der Weinplatz Schweiz hat grosse Fortschritte gemacht. Es gibt ein paar wirklich ausgezeich­ nete Weine aus dem Tessin, der Bündner Herrschaft oder dem Waadt­ land und Wallis. Gleichzeitig wird Schweizer Wein aber kaum exportiert. So bin ich in Kalifornien noch bei­ Weinexperte im nahe nie auf Schweizer Wein ges­ Schwiegersohn-Look: tossen. Er wird vor allem in der Mark de Vere hat einen Job in Kalifornien ge­ Schweiz selbst getrunken. Darum funden. habe ich auch keine grosse Er­ fahrung mit Schweizer Weinen. ark de Vere ist ein Master das klassische British-English Selbst auf einem Swiss Flug wird of Wine. Von seiner und ist ungemein freundlich und ge­ kalifornischer Chardonnay an­ Gattung exi­stieren welt­ duldig. Seine grossen Gliedmassen geboten, was mich natürlich trotz­ weit weniger als 300 fal­ten sich auf dem Sofa zusammen, dem sehr gefreut hat (Mark ar­Geschöpfe, womit er den höchsten um Platz zu finden, während beitet für Robert Mondavi Winery in Ausbildungsgrad besitzt, welchen meine Zehenspitzen knapp am Boden Kalifornien, Anm. d. Red.). Auf man in der Welt des Bacchus der anderen Seite glaube ich, dass kratzen. Ein Riese wenn es da­erreichen kann. Der Titel eines Pro­ rum geht, die mannigfaltige Kultur Schweizer Weintrinker sehr ge­ fessoren gewissermassen. Wenn bildete Weintrinker und Kenner sind. des Weins in der Welt zu repräTrauben also Beine und Köpfe und Meine Erfahrung aus England hat sentieren. So treffe ich in der Lobby Ohren und Hände hätten, in gezeigt, dass, gerade weil England des Hotel Seefeld auf ihn, mu­ denen Gewehre lägen, wäre Mark sikalisch begleitet von einer Opern­ kaum eigenen Wein anbaut, die de Vere so was wie ihr General. Sensibilität und das Interesse und sängerin, welche wiederholt zum So sieht er jedoch nicht aus: schliesslich auch die Kenntnisse Schlussbouquet ansetzt. Nicht die verräterische Röte im Ge­ für Weltweine viel höher als in einem sicht, welche den jovialen Soldaten französischen Weinanbaugebiet sind. als herrischen Diktator entlarvt, Ist es sinnvoll, Wein aus Chile sondern die bordeauxroten Backen oder gar Australien zu trinken? eines Lausbuben, im Körper ei­Absolut! Von diesem langen dünnen nes Basketball-Spielers. Er spricht

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Wie viel Wein trinkst du am Tag?

Wird das auch aufgenommen? (Lacht). Nein, um ehrlich zu sein, 2 Gläser am Tag sind das Minimum. Manchmal auch mehr, eigentlich scheine ich die Menge gut kontrollieren zu können. Mein Grossvater hat schon immer ge­ sagt, dass ein Glas Wein am Tag die Lebensgeister wachhält. Als du an der Universität einem Weinklub beigetreten bist, war das wirklich aus purem Interesse oder dann doch eher um deine Kommilitoninnen zu beeindrucken mit dem Ziel einer gegenseitigen ‹Degustation›?

Meine Absichten waren absolut hehr. Aus reinem Interesse und Lust. Ich kann jedoch nicht bestreiten, dass Wein durchaus ein gutes Umfeld bietet, um das andere Geschlecht zu bezirzen. (Vor allem wenn man den Wein vorher mit einem Schuss Wodka versetzt, Anmerkung und Tipp des Verfassers). Trinkst du auch Bier?

Hey, ich bin Engländer! Natürlich trinke ich Bier. Text: Christoph Dubler Foto: Robert Mondavi Winery


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Star-Branding

Der Rapper Q Da Kid sprüht sich ein mit einem Deo-Spray, dann tritt er auf die schmutzigen Strassen von NYC. In einem heruntergekommenen Hinterhof trifft er auf seinen Opponenten – einen gegnerischen Rapper, der mit verschränkten Armen und grimmiger Miene bereits auf ihn wartet.

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wischen Autowracks und Graffiti-besprühten Wänden wird ein Freestyle Battle abgehalten. Q Da Kid tritt in den Kreis, der sich aus Hip Hop-Fans gebildet hat. Alle warten gespannt, mit welcher Wortakrobatik er seinen Gegner attackieren wird. Doch Q Da Kid spricht kein einziges Wort – stattdessen lässt er mit gebieterischer Geste die Frische seines Deos verströmen. Der gegnerische Rapper ist der kraftvollen Deo-Frische nicht gewachsen: Er kippt nach hinten weg und Q Da Kid wird von den Umstehenden euphorisch als Sieger gefeiert. Im aktuellen TV-Spot der Deo-Marke Tag wird Frische als neuestes Status-Symbol für Hip HopFans glorifiziert. Tag richtet sich speziell an eine ‹urbane› Zielgruppe und ist damit der erste Hip HopDeo-Spray. Der Name des Sprays ist geschickt gewählt, impliziert er doch eine Verbindung mit der Graffiti-Szene – Taggen und sich mit Deo einsprühen ist ja schliesslich fast dasselbe. Um die Zielgruppe der Hip Hopper zu erreichen, bedient sich Tag einer neuen Strategie, von der wir in Zukunft sicherlich noch mehr hören werden: StarBranding. Bei Star-Branding geht es darum, dass Marken ihre eigenen Stars erschaffen, um sie zu Werbezwecken einzusetzen. Das Prinzip ist ähnlich wie bei Casting Bands: Musiker werden aufgebaut und dahingehend modelliert, dass sie eine bestimmte Markenästhetik nach aussen repräsentieren. Die Verbindung von Künstler und Werbung bekommt dabei eine neue Dimension: Anders als bei üblichen Werbeverträgen, bei denen bereits etablierte Stars für eine Marke Werbung machen, verschmelzen Brand-Stars vollkommen mit der jeweiligen Marke – einem personifizierten MarkenLogo gleich. Q Da Kid, ein 20-jähriger NewcomerRapper aus New York, ist der erste Brand-Star, den die Tag-Marketingmaschinerie hervorgebracht hat – weitere Musiker sind bereits in der Pipeline. Um sich Marken-Stars heranzuziehen, hat Tag in Zusammenarbeit mit der Plattenfirma Def Jam ein Rap-Label namens Tag Records gegründet. Präsident des neuen Labels ist der Rapper und Producer Jermaine Dupri, bekannt durch seine Tracks mit Mariah Carey, Jay-Z und Usher. Dupris Aufgabe ist es, neue, noch unentdeckte Rap-Talente zu finden und diese als Tag-Rapper aufzubauen. Nachwuchs-Rapper können sich direkt bei Tag Records bewerben, indem sie ihre Songs auf die Tag-Website hochladen. Daneben werden Casting Events veranstaltet, an welchen sich hoffnungsvolle Rap-Talente präsentieren können. Die besten Rapper werden von Tag Records unter Vertrag genommen – und danach einem totalen Makeover unterzogen, um sie an die Marke Tag anzupassen. Da es Tag Records in erster Linie um die Vermarktung des Deo-Sprays geht, werden die Rapper nicht als eigenständige Künstler vermarktet. Stattdessen fungieren sie als Aushängeschilder und Markenbotschafter im Dienste von Tag: Es gehört zum Plattenvertrag, dass die Rapper in DeoWerbungen auftreten, an Konzerten das Tag Deo bewerben und auch darüber hinaus als MarkenGesichter für Werbezwecke zur Verfügung stehen. Die Musikkarriere der Tag-Rapper wird damit zu einem einzigen, endlosen Werbespot. Adam Weber, Brand Manager bei Tag Records, erklärt: ‹Was wir machen ist etwas anderes als die übli-

chen Endorsement Deals, bei denen Artists für eine Marke Werbung machen. Normale Werbeverträge haben einen Anfang und ein Ende. Bei uns sind die Rapper während ihrer ganzen Karriere mit dem Tag Deo verbunden. Die Botschaft von Tag und die der Künstler wird damit ein und dieselbe.› Star-Branding nach dem Modell von Tag basiert somit auf der vollständigen Verschmelzung von Künstler- und Markenpersönlichkeit. BrandStars sind nichts anderes als Marken-Logos aus Fleisch und Blut: So wie das Michelin-Männchen für die Reifenmarke steht, agieren die Tag-Rapper als lebende Galionsfiguren für den Deo-Spray. Aus Rappern werden damit Deo-Rapper. Die eigene Persönlichkeit wird aufgegeben als Opfer für den allmächtigen Marken-Gott.

Was nicht im Einklang mit dem Markenimage des Deo-Sprays steht, wird radikal aussortiert.

Zur Zeit produziert Tag Records gerade das erste Album von Q Da Kid – über den Sound von Tag Records ist somit noch nicht allzu viel bekannt. Es ist aber davon auszugehen, dass Tag auf die SongTexte der Rapper massiv Einfluss nehmen wird: Was nicht im Einklang mit dem Marken-Image des Deo-Sprays steht, wird radikal aussortiert. Gleichzeitig wird es darum gehen, die Marke Tag und die dazugehörige Thematik in den Musikstücken unterzubringen. Man kann sich also darauf gefasst machen, in Zukunft Rap-Songs über Deo-Sprays und frischen Duft zu hören. Das Rapper-Image erfährt damit eine interessante Wandlung: Selling dope und Drive-bys sind heute out – gut riechen ist in.

Konservierte Freshness aus der Dose?

der Prime Time im Fernsehen oder auf einer 20 mal 30 Meter grossen New Yorker Plakatwand zu sehen. Tag Records wird somit keine Mühe haben, menschlichen Nachschub für die Produktion von Deo-Rappern zu finden. Es liegt auf der Hand, dass der riesige Marketingaufwand nur deshalb möglich ist, weil mit den Alben gleichzeitig auch der Tag Deo-Spray beworben wird: Der angekurbelte Deo-Verkauf soll – so die Kalkulation – das Plattenlabel finanzieren. Damit zeichnet sich mit Tag Records auch ein zukünftiges Modell für die darbende Musikindustrie ab: Da durch den grassierenden Musik-Tausch per Internet immer weniger Einnahmen mit CDVerkäufen gemacht werden, muss sich die Musikindustrie nach neuen Business-Modellen umsehen. Eine Möglichkeit wäre die Werbefinanzierung von Musik nach dem Vorbild des Zeitschriftenmarkts: Bekanntlich stellt Werbung die Haupteinnahmequelle für Zeitungen und Magazine dar – der Verkaufspreis allein könnte niemals die Produktionskosten decken. Ähnlich könnte man auch mit Musik verfahren: Plattenfirmen geben die Tracks umsonst heraus und platzieren dafür Werbung in den Song-Texten. Schon heute sind Markenbotschaften in Musikstücken weit verbreitet: Seit Run DMC im Jahr 1986 über ‹My Addidas› rappten, gehören Marken zum festen Inventar von Hip Hop-Songs: Tim Dog rappt über seine Timberlands, Missy Elliot über ihren Kangol Hat, Kool Keith nippt am Dom Perignon und Busta Rhymes fordert dazu auf, den Courvoisier rüberzureichen. Ob es sich dabei um bezahlte Werbung oder um reine Fan-Bezeugungen handelt, ist nicht bekannt. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass Marken-Dropping gegen Bezahlung in Zukunft stark zunehmen wird. Die Schwierigkeit besteht einzig darin, einen Weg zu finden, die Werbebotschaften sinnvoll in die Hip HopSongs zu integrieren. Jermaine Dupri jedenfalls hat hierfür schon den Dreh raus. Wie sagt er doch auf der Tag Records Website: ‹Der Tag Deo passt perfekt zum Rap. Schliesslich haben wir Rapper doch alle ein Ziel: Wir wollen immer möglichst fresh sein. Dafür gibt’s jetzt Tag: Man sprayt sich einfach ein – und schon ist man frisch.› Text: Max Celko Illustration: Raffinerie

Für die Rapper, die sich bei Tag Records verdingen, lohnt sich die Selbstaufgabe insofern, als dass sie auf die geballte Marketing-Kraft von Tag und Def Jam zählen können. Die Alben der Tag Records-Artists werden mit einem so kolossalen Aufwand beworben, wie es für unbekannte Rapper, die gerade ihr erstes Album herausgeben, normalerweise unvorstellbar ist: ‹Wir nehmen einen neuen Artist und verschaffen ihm eine so grosse Öffentlichkeit, wie sie nur die berühmtesten Hip Hop-Stars haben› , schwärmt Dupri. ‹Normalerweise müssen Rapper Unmengen von Alben verkaufen, um auf eine solche Stufe zu kommen. Wir hingegen geben unseren Künstlern diese Plattform vom ersten Tag an. So etwas gab es noch nie in der Musikindustrie.› Der Tag Reccords-Deal heisst somit: Augenblickliche Berühmtheit im Tausch für ein Dasein als Marionette einer Deo-Marke. Es ist der klassische Pakt mit dem Teufel: Ruhm für den Preis der eigenen Seele. Es gibt genug junge Rapper da draussen, die alles tun würden, um ihr Gesicht in kinki 43


‹soundcheck› Nach diesem Sound wirst du süchtig. Zugegeben, auf den ersten Blick wirkt die Henne-Skala sehr simpel. Doch lasst euch von der Erscheinung nicht täuschen, denn dahinter verbirgt sich ein kompliziertes algorithmisches System aus quadrierten Beat-Potenzen und Gitarren-Gleichungen! Natürlich machte sich Florian aber auch diesen Monat die Mühe, seine Ergebnisse der Einfachheit halber auf ganze Zahlen abzurunden. Weg vom Beatmungsgerät

Badezimmer mit einer guten Flasche Rotwein und heult sich bei einem heissen Bad den Frust der letzten Wochen vom Leib – und zückt am besten gleich die Rasierklinge und macht Schluss mit diesem Elend, das sich auch Leben schimpft. Oder, man erkennt die tiefe Liebe zu all den Facetten des Lebens, zur Schönheit des Seins in der schier un­ endlichen Melancholie dieser verstörend-himmlischen Platte und lernt zum ersten Mal, dass hinter allem auch immer ein Fünkchen Hoffnung und ein Schimmer Licht darauf warten, entdeckt zu werden – so The Rifles: düs­ter der Schleier auch ist. Und ‹The The Great Escape Crying Light› lässt kaum die Hände Pulp sind tot, Blur vor den Augen sehen. hängen derzeit noch Piano, Gitarre und Gesang geam Beatmungs­gerät hen auf ‹The Crying Light› eine der fast schon komaharmonische Symbiose ein, die man tös anmutenden Kreativ­pause von so selten zu Gehör bekommt. Frontsau Damon Alburn und OaDies mag zum einen an Songs wie sis geben inzwischen auch nicht viel ‹Another World› liegen, die mehr her als eine halbe Tablette Asdurch Sphäre und Ambiente sofort pirin. Doch Heilung naht: The Rifles in ihren düsteren Bann ziehen, melden sich mit ‹The Great Escape› zum anderen aber auch an dem auszurück auf dem Britpop-Parkett sergewöhnlichen Organ von und treten dem typisch insulanischen Frontmann Antony Hegarty. Stets Stil kräftig in den Hintern – und songdienlich und nie zu aufge­zwar streng nach dem Motto ‹Back setzt fügt sich das voluminös-zitternto the Roots›. de Stimmchen des pausbäckigen Irgendwo zwischen The Clash, Barden in die Stücke auf der bereits Morrissey und eben oben benannten dritten Platte des New Yorker EnEnglischmusikapellen bewegen sembles ein und schafft so KlangwelAnthony and sich The Rifles und schaffen endlich ten, die sich auch gut in apoka­ The Johnsons: mal wieder den Spagat zwischen lyptischen Streifen wie Donnie Darko The Crying Light Indierock für Liebhaber und Britpop gemacht hätten – der perfekte Anthony und seine für die Massen – auch ausserhalb Soundtrack für alle, die sich gerne Johnsons machen des Empires. Denn wo manch heutimal im eigenen Leid suhlen, traurige Musik – und ge Kapelle einfach einen Tick zu aber auch wissen, sich den emotiozwar so richtig. Am besten verkriecht nalen Bleiumhang auch wieder verschrammelt, zu versifft, zu verschroben daherkommt, präsentieren man sich zu ‹The Crying Light› ins abzustreifen.

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The Rifles auf ‹The Great Escape› eingängige Riffs, harmonische HookLines und mitsingtaugliche Lyrics. Während sich die letzten Scheiben des Londoner Vierers eher noch in den Plattenregalen eingefleischter Indieanhänger finden lassen dürf­­ten, könnte der neue Sil­berling dieser sympathischen Truppe vielleicht schon bald die Hitpara­den, auch in unseren Gefilden, erobern. Zu wünschen wäre es den Buben in jedem Falle, denn wer so echt, ungekünstelt und aut­hentisch daherkommt wie The Rifles, der kann sich eigentlich nur noch in die Herzen der Hörer spielen – meines haben sie zumindest schon mal in der Tasche!

Zwischen Liebe und Trauer

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Grande Dame des New Pop

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Moke: Shorland

Sie sind die Lieblinge von internationalen Stilikonen wie Karl Lagerfeld oder Paul Weller – und das ist auch kein Wunder: Moke machen Musik für Styler von Stylern, Gitarrenpop für Anspruchs­ konsumenten und Rockhymnen für Stadiongröler. Kurzum: Moke liefern mit ihrem Langspieler ‹Shorland› endlich mal wieder ein Scheibchen ab, dessen zehn leckere Tracks SIA: nicht nur Clubs und Hallen, sondern Some Stadien und Arenen füllen könnten. People Moke zelebrieren die Rückkehr Have Real zum massentauglichen Stadionrock Problems mit musikalischem Anspruch – ‹Durchgetreibend, mitreissend, romantisch knallt› ist schon viel mehr als sound zu jedem Zeitpunkt kurzweilig. phisticated: es ist ein derzeitiger ‹Heart without a home› und ‹Here Strom, der schon viele grosse comes the summer› stürmen der Talente, aber auch eine Unmenge Platte plakativ voraus: Zum einen in an zweitklassigen Songwriterin­Form der perfekten Rockballade, nen hervorgebracht hat. SIA gehört die mit zerbrechlichen Pianolinien und Gott sei Dank zu ersteren und sphärischen Stratsounds aufwar­spendiert uns mit ihrer ‹Some Peop- tet, zum anderen in süsslicher Gestalt le Have Real Problems› eine des nächsten Frühlingshits, schon Ode an das Leben und die Liebe, mitten in der kalten Jahreszeit, gezum Mitsingen, Mitlachen und zeichnet durch eingängige Riffs und auch -heulen. Licks, und eine derbe treibende Irgendwo zwischen Santogold, Rhythmussektion. Vergleichbar sind Amy McDonald, der Zerbrech­ Moke dabei mit vielen Bands – The lichkeit einer Adele und den Fertig- Cure, The Editors oder Snow Patrol keiten einer Aimee Mann be­– und dennoch bewahren sich wegt sich die süsse Australierin – die fünf Mannen stets ihren ganz eiklingt abgefahren und das ist genen Charme. Um Moke genies­es auch. Irgendwie aber auch nicht. sen zu können, heisst es für den HöDenn SIA macht nichts anderes, rer, Kopf ausschalten, alles andere als ihr Herz, ihre Kraft und Energie in ausblenden und sich auf eine Band ihre Songs zu stecken und sie so einlassen, die als erste niederländizu einem persönlichen Erlebnis zu sche Kombo den ganz grossen machen, das man heuer, im Wahn Sprung schaffen könnte – und wenn der Massenproduktionen, leider nicht: den Sprung ins kinki haben allzu selten serviert bekommt. Es sie ja immerhin geschafft, und wer wäre an dieser Stelle eine echte kann das schon von sich behaupten. Frechheit, einzelne Tracks aus dem harmonischen Gesamtkonstrukt zu reissen, denn egal ob man nun eher auf Pop, Soul, Jazz oder doch eher auf Kuschelbärchen steht, SIA hat etwas für jeden Geschmack zu bieten. Oder kurzum: hier haben wir die nächste Grande Dame des New Pop!!!

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Obstbrand, Zirkus und Zigeuner

Niederländer auf dem Sprung

rischen Pálinka-Distillerie und einen Berg Elliot-Smith-Platten in einen Raum steckt? Richtig, nach einiger Zeit entwächst diesem Biotop vermutlich ein musikalischer Bastard aus Folkklängen, Indie-Gitarren und Zigeunergejohle. Diesem Obstbrand geschwängertem Gemenge gilt es nun nur noch einen adäquaten Namen zu verpassen und auf die Menschheit loszulassen – schon findet sich der geneigte Hörer mit einem Sieben-Tage-Bart, offenem ver­ schwitztem Hemd und reichlich volltrunken auf der Tanzfläche einer hippen Indie-Disco wieder. Der Soundtrack dazu kommt von ‹The Great Bertholinis›, einer acht­ köpfigen Band, die alle den Familiennamen Bertholini tragen und behaupten, Nachfahren einer berühmten Zirkusfamilie zu sein. Ungarische Provinz-Zirkusmusiker also. Ihre Geschichte lautet wie folgt: Aus einem Dorf tief in der ungarischen Pussta zog eine Artis­ tendynastie hinaus ins grosse, unbekannte Westeuropa. Zur Akrobatik kam zwangsläufig Musik, die Kinder spielten bald mit allen denkbaren Schallerzeugern wundersame Musik und so weiter. Ist na­ türlich ausgesprochener Quatsch. Die Wahrheit kennt man allerdings auch nicht wirklich. Im Netz wird gemunkelt, dass sie alle aus dem Frankfurter Raum stammen und fliessend Deutsch sprechen. Wie auch immer, mit ‹Planting A Tree Next To A Book› haben die Jungs eine Platte vorgelegt, die zwar nicht so ideenreich und stilsicher wie die aktuellen Neuerscheinungen der Kollegen von Bowerbirds oder etwa Bon Iver daherkommt, aber dennoch total gefühlvoll und authentisch wirkt. Na dann: ‹Egészségedre! – Auf dein Wohl!› Bewertungsskala 1–10 (1 = voll beschissen, 10 = megacool)

Florian Hennefarth

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The Great Bertholinis: Planting A Tree Next To A Book

Was passiert, wenn man einen Haufen schmutziger Musiker, die Halbjahresausbeute einer ungakinki 45


‹album des monats› Von der Redaktion gekürt. The Black Box Revelation: Set Your Head On Fire.

1.

7.

Love, Love Is On My Mind:

Cold Cold Hands:

Zu diesem Song braucht ihr keine Drogen, um warm zu werden, denn in den 3 Minuten unseres Openers injizieren wir euch pures Adrenalin in allerhöchster Dosis! Das wird euch die ganze Nacht lang wachhalten!

Ein richtig dreckiger Mix: Die KickSchläge tönen wie detonierende Bomben und das Gitarrenriff ist super cool! Dries erinnert der Song immer ein wenig an Nirvana. Sie waren übrigens der Grund dafür, dass er anfing, sich für Musik zu interessieren.

2.

I Think I Like You: Dieser Track war unser erster Hit hier in Belgien. Der Song fühlt sich an wie ein Schnellzug, durch die hypnotischen Rhythmen und die Geschwindigkeit ist ein schwindliges Gefühl von Anfang an vorprogrammiert. Wenn die Vocals einsetzen, durchstösst dieser Schnellzug dann endgültig die Schallmauer! Die Bridge-Teile werden euer Bewusstsein dann durch psychede­ lische Percussions und Delays in höhere Gefilde entgleisen lassen! Den Clip zu diesem Song drehten wir übrigens passenderweise in einem Tunnel in Antwerpen.

3.

Gravity Blues: Ich glaube, die Magie, die im Gravity Blues zwischen dem Killer-Riff der Gitarre und den Drums entsteht, müssen wir nicht weiter erklären. Hört euch den Track einfach an und ihr werdet verstehen, was wir damit meinen! Die Bridge und der poetische Chorus später im Song schaffen dann noch einen zusätzlichen Kontrast. Das Video zu diesem Song ist so melancholisch gelungen wie der Inhalt der Lyrics selbst.

8.

We Never Wondered Why: Die Kuhglocken gönnen euch schon wieder keine Verschnaufpause! Bewegt euch, schüttelt eure Ärsche und versucht zu diesem Sound ein Mädchen rumzukriegen, bevor der Song zu Ende ist!

9.

Set Your Head On Fire: Dieser Song bringt eure Köpfe im wahrsten Sinne des Wortes zum Brennen! Hier geht es mit dreckigem Gitarrensound direkt in die Südstaaten, back to the roots of blues! Ein killer Song mit einem grossartigen Vibe, einer unserer absoluten gemeinsamen Favoriten also. Solltet ihr uns jemals live diesen Track performen sehen, werdet ihr ausserdem ein ausgesprochen ausgedehntes Crescendo zum Schluss des Liedes geniessen!

10.

I Don’t Want It: ‹Great vibe, dirty voice. simple but attractive!›

4.

Love In Your Head:

A

ntwerpen mag man mit Schokolade, Mode und Kunst verbinden, al­ lerdings hätte wohl kaum jemand die belgische Stadt als Hochburg des Rock’n’Roll be­ zeichnet. Wahrscheinlich wird sich das nach dem Debüt-Album von The Black Box Revelation schlagartig ändern, denn die beiden jungen Musiker mit den klingenden Namen Jan Paternoster und Dries Van Dijck haben mit ‹Set Your Head On Fire› eine Platte hingelegt, die die Clubs und Konzerthallen Europas in schwitzende Anarchie ver­wan­deln wird! Irgendwo zwischen Süd­ staaten-Blues und Punkrock lie­fern die beiden Jünglinge uns eine dreckige Version der White Stripes, vermischen den PsychedelicRock der Sixties mit der Wut des Grunge und schrammeln sich scheinbar mühelos in Richtung der obersten Liga des Rock’n’Roll. Zum Sound der belgischen New­ comer, die in ihrer Heimat schon zu

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richtigen Stars geworden sind, lässt sich sowohl tanzen, die Einrich­ tung zerdeppern, Bier trinken, mitsingen und Dampf ablassen. Aus­ serdem macht die Scheibe richtig Bock auf ein Live-Konzert, welches uns auch bald vergönnt sein wird: Ende Januar und Mitte März werden The Black Box Revelation auch das Schweizer Publikum in eine klitsch­ nasse tobende Meute verwandeln. Nicht verpassen also! Wer nämlich keine Lust mehr zum Stillsitzen hat, der wird in diesem Album einen wahren Grund für spastische Bewe­ gungen bis zur Ohnmacht und grunzende Urlaute finden, und all jene, die sich keine Musik kaufen, welche nach 1977 erschienen ist, sollten lieber mal einen Platz im CD-Regal frei machen. Am besten gleich zwischen Led Zeppelin und den Stooges, genau da gehören diese Jungs nämlich hin! Jan und Dries führen euch durch die Songs ihres vielversprechenden Debut-Al­ bums.

Der erste Song, den wir geschrieben haben! Für den ersten Teil verwendeten wir eine Drum Machine und am Ende des Songs wollten wir eine höllische Explosion, welche Dries mit seinem Kit-Kit definitiv gelungen ist. Von diesem Song existiert übrigens auch ein Remix, den wir für unser ‹dancy› Wackzords-Projekt gemischt haben.

5.

Stand Your Ground: Dieser Song erinnert viele Leute an die Rolling Stones. Kein Wunder, denn diese Band ist unserer Meinung nach die beste der Welt und gehört definitiv zu unseren grössten Einflüssen! Tighter Rhythmus, Klatschgeräusche und Kuhglocken sorgen dafür, dass sich auch das müdeste Bein zu diesem Song bewegen wird, egal ob ihr nun wollt oder nicht! ‹It makes me happy if I listen to it›, meint Jan zu diesem Track.

6.

6. Never Alone / Always Together: Der schleppendste Song des Albums und Jans Favorit: ‹I take you with me through the desert in a dark ballad about schizophrenia. Some people tell me I make them think of Mick Jagger or Iggy Pop, which are quite nice compliments...›

The Black Box Revelation: ‹Set Your Head On Fire› (Musikvertrieb) erscheint am 27.Februar 2009. Text: Rainer Brenner Foto: Eddy Petroons


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Average Girl: Maria Mena

Die Presse preist sie als Goldkehlchen, als Naturtalent, als aussergewöhnliche und frühreife Songwriterin. Dabei ist ‹Musik doch wie Mathematik›, sagt Maria Mena und meint es ernst.

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inter Musik verbirgt sich ein natürlicher Code, und den glaubt sie geknackt zu haben. Mit 21 Jahren. Oder eigentlich schon damals mit 15, als sie im Bus ihres Vaters die Melodie sang, die ihr wenig später zu ihrem ersten Plattenvertrag bei einem Majorlabel verhelfen sollte. Wir treffen die Sängerin in einem Hotelrestaurant im Zürcher Seefeld. Sie ist eine grossgewachsene junge Frau mit grossen, dunklen Augen, vollen Lippen und einem riesigen Lachen. Zur Begrüssung drei Küsschen und ein fröhliches, sehr mädchenhaftes Hallo. Maria Mena geht’s blendend. Wenn da nicht die vielen Interviews wären. Obwohl sie eigentlich ganz gerne Interviews gibt, aber heute würde sie eigentlich viel lieber shoppen. Sie liebt Vintage-Sachen, vor allem von Chanel wie die Tasche auf ihrem Schoss. Eine echte Chanel-Stepptasche mit den goldenen Kettenträgern, ihr ganzer Stolz. ‹Trinkst du einen Prosecco mit mir? Ich komme mir immer so blöd vor, wenn ich nachmittags alleine Prosecco bestelle.› Sie liebt es über ihre Musik zu sprechen, aber sie interessiert sich auch sehr für Mode, für Kunst und für Gossip. Aber am allerliebsten spricht sie zur Zeit über ihren Freund. ‹Weisst du wie es ist, wenn man so wahnsinnig verliebt ist, dass man keinen halben Tag ohne einander sein kann? Ich vermisse es sogar, dass er am Frühstückstisch Zeitung liest und mir darum nicht zuhört. (Lacht). Und es ist ja auch so schön hier, ich werde nie wieder ohne ihn irgendwo hinfahren!› Das Leben auf Tour fiel der jungen Norwegerin nicht immer so leicht. Dem Erfolg ihres ersten Albums in den amerikanischen Billboard-Charts folgte eine ausgedehnte Promotour, die zum schlimmsten gehörte, was sie im Musikbusiness je erlebt hat: ‹Ich fühlte mich nach wenigen Wochen um Jahrzehnte gealtert und bekam Essstörungen, weil ich dem Druck der ständigen Beobachtung nicht standhalten konnte.› Da half es auch nichts, dass Kanye West und andere Stars sich als Fans outeten. Sie setzte dem Trip durch die USA ein Ende, um eigene Wege zu gehen.

‹Ehrlich gesagt war es nie mein Ziel, ausserhalb Norwegens zu arbeiten.›

‹Als Künstlerin aus Norwegen konnte ich nicht das tun, was ich wollte. Ich habe mich plötzlich wie ein Produkt gefühlt. Und das war so seltsam. Da war so viel Leidenschaft für das Ganze, aber ich bin kein Produkt, ich bin nicht hergestellt worden, 48

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ich mache das alles selbst. Dort drüben wird ein Grossteil des Künstlers und des Talents mit Werbung verbunden. Und ich dachte, es geht nicht mehr um Musik, sondern um Posing, das Richtige sagen, hübsch aussehen. Nach einer Weile war es einfach nur ermüdend! Ehrlich gesagt war es nie mein Ziel, ausserhalb Norwegens zu arbeiten. Wenn es klappt, ist es toll, aber es war nicht der Plan. Wenn die Plattenfirma mich anruft und sagt «Wir wollen das wirklich probieren», dann kommen wir, aber ohne Ansprüche. So «OK, lass uns nach Deutschland fahren». Und wenn es gut läuft, läuft es gut, und wenn nicht, dann nicht.›

‹Ich bin sozusagen ins Leben hineingestolpert.›

Menas Karriere begann mit 15, als ihr Vater, ein Profischlagzeuger, das Mädchen ein Lied trällern hörte, dass sie sich ‹selbst ausgedacht› hatte. Der Vater nutzte seine Kontakte und Maria Mena unterschrieb schon bald einen Vertrag bei Sony. Die Single ‹My Lullaby›, ein Lied über die Scheidung der Eltern, wurde in Norwegen zum Hit und erreichte Platinstatus. 2002 veröffentlichte sie in ihrer Heimat ihr erstes Album, mit dem sie in Norwegen einen Grammy gewann und es auch in die internationalen Charts schaffte. ‹Ich bin sozusagen in mein Leben hineingestolpert. Am einen Tag gehe ich noch wie jedes andere Mädchen brav zur Schule – am nächsten Tag kommt schon mein Vater zu mir und sagt: Du hast einen Manager und einen Plattenvertrag, schreib Songs!› Wenn sie einen musikalischen Gedanken festhalten möchte, benutzt sie den Voice Recorder ihres Handys. Darauf finden sich zwischen 50 und 60 Aufnahmen, in denen sie sich ganz leise von der Leber singt, was ihr gerade so einfällt. Kleine Fetzen, die sie später zu Songs zusammensetzt. ‹Ich weiss, es ist sehr einfach und primitiv. Aber für mich ist es der simpelste Weg, mich auch morgen noch an meine Ideen erinnern zu können. Wenn ich sie nicht aufnehme, kommen sie nie wieder. Es ist mir schon passiert, dass ich einen Song zweimal geschrieben habe, weil ich mich nicht mehr an meine alten Ideen erinnern konnte. (Lacht).› Ein Instrument spielt sie nicht, das würde ihr beim Komponieren Grenzen setzen, sagt sie. So könne sie sich beim Erarbeiten der Arrangements freier entfalten, auch wenn sie ihre Produzenten mit ihren Vorstellungen manchmal in den Wahnsinn treibt. ‹Meine Arbeit ist sehr facettenreich, sie bedient wirklich die unterschiedlichsten Musikgenres.

Ich spiele zwar kein Instrument, fühle mich aber in so vielen Kategorien wohl, dass ich sie alle auf meinem Album vereinen möchte. Ich ändere mich ständig und das spiegelt sich auch in meiner Musik wider. Und so sind auf dem Album sowohl Jazz- und Soul- als auch Rock- und Popstücke vertreten.› Wie viele ihrer Kolleginnen schreibt sie Songs über Liebe und Kummer, über kleine und grössere Geschichten aus ihrem Leben. Ihre Stimme ist überwältigend, ihr Sinn für Melodien und Arrangements aussergewöhnlich. In Interviews gibt sie sich betont erwachsen, um nicht immer nur mit den Attributen jung und süss in Verbindung gebracht zu werden. Auf ihrem Blog grinst und post sie um die Wette, präsentiert sich der Öffentlichkeit in einem Mosaik aus Selbstprortraits und tagebuchartigen Einträgen. ‹Manche Leute sagen, ich sei zu ehrlich. Für mich ist das aber überhaupt kein Problem, ich kann meine Grenzen ja selbst setzen und sagen, wie viel ich von mir preisgeben will.› Sollte die Karriere als Musikerin nicht klappen, würde Maria Mena gern ihren Schulabschluss nachholen, dann Modedesign studieren und vielleicht ein eigenes Label gründen. Mit ihren Freunden rumhängen und ein ganz normales Mädchen sein. ‹Mein Management weiss jetzt, dass sie mir beim nächsten Mal mehr Zeit geben müssen. Ansonsten würde ich mich wohl umbringen, sagte ich ihnen. Vielleicht geben sie mir dann Zeit (lacht)! Und wenn ich wieder komme, dann gehen wir shoppen, ja?› Zum Abschied fragen wir sie, ob sie ein dringendes Anliegen habe, das sie der Welt mitteilen möchte. ‹Nicht der Welt, aber meinem Freund›, kichert sie: ‹Heirate mich!› Text: Vania Kukleta Foto: Sony BMG Maria Mena – Cause and Effect (Sony BMG)

Maria Mena könnte ein ganz normales Mädchen sein, wären da nicht diese Melodien in ihrem hübschen Kopf.


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‹playlist› Die besten DJs der Schweiz stellen ihre All Time Favourites vor. Turntable-Babes: aka Creaminal & Nadia Naas

Nadia Naas’ Favourites:

05:48

04:22

Ein schöner Oldschool-Track aus den 80ern. Back in the days, als Adidas Superstars noch cool waren und sie wirklich jeder getragen hat. Doch man glaubt es kaum: dieser Typ hat fast keine Clicks auf seiner Myspace-Seite. Und seine restlichen Remixes sind nichts als Sülze! Auf jeden Fall find ich den Track fett und tanzbar und setze ihn gerne ein als Übergang vom funkigen in den elektronischen Teil des Sets. Frag mich nur, wie ich auf diesen Track gestossen bin. Limewire?

Dieser Song darf definitiv in keiner Plattensammlung fehlen! Creaminals Feelgood-Track schlechthin. Ob als Original oder als einer der diversen Remixes, dieser Track wird von uns praktisch in jedem Set gespielt, so wie’s ein Meisterstück der Musikgeschichte nicht anders verdient hat. Jawoll!

Run DMC: My Adidas (Pilotpriest Remix)

05:08

Busy P: To Protect and Entertain (Crookers Remix) Kuckt man diese Picture Disc an, so weiss man sofort, aus welcher Ecke der Wind weht. Busy P, der electro DJ/ Produzent und Inhaber des Edbanger Labels hat sich von den zwei verrückten Crookers-Vögel einen für sie typischen ‹bang your head with your hands up› Track remixen lassen. Einige Leute tätowieren sich Sterne – ich lass mir CROOOOKERs auf den Arm tätowieren.

03:37

DJ Beware feat. Mc Gringo: Tamborzao So wie DJ Beware (FM4 Resident) verschiedene Stile mit einer Leichtigkeit zusammenmixt, so auch passt dieser Track einfach überall rein. Luftig und mit diesem Touch Baile Funk. Bisher hat er den Dancefloor immer zum Tanzen gebracht. Eins weiss ich mit Sicherheit: 2009 fahr ich ans Melt’ Festival!

05:29

Nathan Fake: You are here (Tet Four Remix)

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wei Mädels, die rocken wie Aschenputtel auf Speed! Nix da mit ‹Babes› im herkömmlichen Sinne. Sie sind störrisch, lassen sich nichts sagen und schon gar nicht in den Sound reinreden! Und dies gleich im Doppelpack. Die Turntable-Babes kommen aus Zürich und sind ein Garant für groo­ vige, manchmal auch knallharte Sets. Kickende Beats und tiefe Bässe sind eindeutige Merkmale der Babes. Miami Bass, Electro oder sonstige elektronische Musikrichtungen werden mit Elementen aus Rock, Hip Hop oder Funk gemixt. Stilgrenzen gibt es nicht. Hauptsache es kickt, hat Groove, funkt gehörig und zaubert den Leuten ein Schmun­zeln aufs Gesicht. Sie haben eine klare Vorstellung von dem, was sie über die Platten­ teller laufen lassen. Am besten stellt man sich ein Soundfondue vor – jetzt mal ohne Käse! Rezept des Hau50

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ses: scharfen Knoblauch für den Kick, einen deftigen Schuss Kirsch für die Würze, einen vollmundigen Wein in den Käse als Grundlage und das Maizena, um alles perfekt zu vereinen. Raus kommt eine feine Mischung aus Bassline Pressure, Funky Breaks, Electrothrash und zum Schluss die nicht wegzudenkenden Mini-Breaks. Zurzeit gibt’s auch mal einen Baile Funk oder Nu Rave Track auf die Ohren.... En Guete! Ein weiteres Geheimnis lautet 1+1=3… Ab und zu begibt sich eines der Babes auf Abwege und erkundet neue Musiktrends und erlaubt sich diese Stile oder die neuen Eroberungen stinkfrech ins Set einzubringen. Das löst dann manchmal Erstaunen bei der Anderen aus. Aber was wäre das Auflegen ohne Her­ ausforderungen und Überraschungen? Langweilig. Und die Babes haben sich ein Ziel gesetzt: nicht stehen zu bleiben… www.myspace.com/djturntablebabes

Creaminal’s Favourites:

Ein Song passend zu lauwarmen Sommernächten am Strand. Voll aufdrehen, hinlegen, den Geruch des salzigen Meerwassers einatmen und die Sterne beobachten… psssst! Ausgekoppelt aus seinem letzten Album ‹Drowning In A Sea Of Love›, baut sich der Track ganz langsam und verheissungsvoll auf und bündelt sich aber erst im letzten Drittel zu einem effektgetränkten Höhepunkt. Und dann plötzlich – wrummmmm – ist das Lied zu Ende. Aha – das meint er wohl mit ‹drowning›. Mein Tipp: im Loop anhören. Herzzerreissend!

08:03

Simian Mobile Disco: Hustler (Joakim Remix) Vom Simian Mobile Disco Album ‹Sample and Hold›. Der Remix von Joakim beginnt mit schönen romantischen Strings und wird abrupt gestoppt. Aber nichtsdestotrotz… als Hustler fühle ich mich dann allemal und geniesse die Minuten bis er so richtig deftig abgeht. Auch so ein Turntable-Babes Song… immer dabei.

Cameo: Word Up

06:28

Fine Cut Bodies: Huncut Hacuka Ein in unseren Sets etwas atypischer Song, für uns jedoch einer der absoluten Clubbörner vom 2008. Anfangs flockig leicht verspielt wummert sich dieser Track ganz unauffällig immer mehr in die Tanzbeine und spätestens wenn er so schön ins acidhafte abdriftet, wird auch dem Letzten klar sein, warum wir diesen Song so lieben.

08:39

Depeche Mode: Enjoy the Silence (Ewan Pearson Extended Remix) Hach, der Ewan… Eigentlich ist das Original von Depeche Moden nicht zu übertreffen, dieser Remix aber hat unsere Herzen im Sturm erobert. Wunderschön treibend lässt er graue Alltage vergessen und versüsst mit seinem Groove jede frühe Stunde. Ein Opener auf den wir zählen können. Auf Ewans Doppelalbum ‹Piece Work› warten übrigens noch viele andere Perlen darauf, entdeckt zu werden!

07:06

D.Y.S.O.T.S: Acces Denied Deeper Mini Breaks Track, verdammt fett und sauber produziert, ausgestattet mit kickenden Beats und einem Break, der zur späten Stunde nicht nur uns eine Wahnsinns-Gänsehaut verleiht. ‹Goosebumps (kiss my neck)›.

05:38

Nine Inch Nails: Closer Keine andere Band hat zumindest mich musikalisch so geprägt wie die NIN. Und darum muss zumindest ein Song von Genie Trent Reznor erwähnt werden. Zugegeben, schwere Kost, aber so als aller, aller, aller und wirklich allerletztes Lied hat es seine Wirkung noch nie verfehlt. Ab und zu spielen wir auch die MashUp Version mit dem Beatlessample; ist noch ein wenig schmooviger und je nach Publikum ein bisschen leichter zu verdauen… Und hey Leute, geht die Band live hören, selten was besseres gesehen und gehört! Foto: Tobias Siebrecht


INTRODUCING HEADPHONES nixonnow.com

BRING THE NOISE


LOV E ,

P E AC E

A N D

RO C K ’ N ’ RO LL

Photographed by Raphael Just Challenged Styling Ping-Pong between Nadja Putzi & Guya Ikou Tschüss

Rückenfreies Seidenkleid Sommer 07 / Ikou Tschüss; Vintage Zylinder / Meine Garderobe; Federn Flohmarkt

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Handmade Bauhaus Seidenkleid Winter 08 / Ikou Tschüss; Handprintet X-mas Seidenfoulard Karoprint Winter 08 / Ikou Tschüss: Classic Line Seiden­foulard / Ikou Tschüss; Handknitet Kaschmir-Woll Schal Winter 08 / Ikou Tschüss

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Handmade Bauhaus Seidenkleid Winter 08 / Ikou Tsch端ss; Handknitet Multicolor Wollschal Winter 07 / Ikou Tsch端ss; Vintage Jeans H&M; Vintage Schmuck / Meine Garderobe; Fell-Denim M端tze M端hlbauer / erbudak.com

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Von links: Seidenfoulards Classic Line, Handprintet, Uhren Seidenfoulard Sommer 07, Handprintet X-mas Karo Seidenfoulard Winter 08, Handprintet Hunde Seiden­foulard Sommer 08 / Ikou Tschüss; Handbemalte Federflügel Sommer 08 / Ikou Tschüss; Vintage Gürtel Felisi; Schmuck Saskia Diez / tworooms.ch; Vintage Strumpfhose Falke

Handprintet Clown T-Shirt Winter 08 / Ikou Tschüss; Handmade Schulter-Ärmel Sommer 07 / Ikou Tschüss; Vintage Jeans Wrangler; Vintage Clocks / Meine Garderobe; Schmuck Saskia Diez / tworooms.ch

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Gestricktes Ski-Kleid Winter 07 / Ikou Tsch端ss; Vintage Brasilianische Bohnenkette; Federpony Flohmarkt

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Classic Line Seidenfoulrad-Fahne / Ikou Tsch端ss; Mulitcolor Handknitet Dreieckschal Winter 08 / Ikou Tsch端ss; Zweifarbiger Handknitet Dreieckschal Winter 07 / Ikou Tsch端ss; Vintage Jumpsuit Andre Walker; Lederg端rtel mit Pocket Forte Forte / vestibule.ch

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Spitzenstrumpfhose Fogal / vestibule.ch; Handprintet Lucio Battisti T-Shirt Sommer 07 / Ikou Tsch端ss; Vintage Hahnentritt-Rock Fiorucci; Handknitet Bird-Head-Scarf Winter 07 / Ikou Tsch端ss; Fell-Denim M端tze M端hlbauer / erbudak.com

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Handknitet Bauhaus Cardigan Winter 08 / Ikou Tschüss; Strukturierte Bakalit Armreifen / Thema Selection; Alle anderen Armreifen / Stylist own; Afrikanische Perlenkette mit Classic Line Ikou Tschüss Seidenfoulard; Blumen-Strumpfhose Emilio Cavallini

Y E S

I

C A N !

Special Thanks to Bärbel, Alex & Tara

Fotograf: Raphael Just@raphaeljust.com Ikou Tschüss: Guya Marini@style-council.ch / ikoutschuss.com Styling: Nadja Putzi@nadjaputzi.com MakeUp: Nicola Fischer@style-council.ch Hair: Tanya K.@time-model.com Model: Ilvie Wittek@wienermodels.com Wiener Schnitzel Catering: Barbarella Dete Bärbel Studio: BlowUp@blowup-studio.ch Bildbearbeitung: Alex Herzog@reddepartment.ch

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Jeans gelten als demokratischstes Kleidungsstück und nach aktuellen Schätzungen besitzen 67,8 Prozent der Weltbevölkerung mindestens ein Paar der blauen Nietenhosen. Die Frage nach Individualität kann sich nichtsdestotrotz jeder selbst beantworten, denn mittlerweile gibt es für jeden Hintern und jeden Gusto das passende Label. Wir haben mal die spannendsten Neuzugänge unter die Lupe genommen. Frisches, blaues Blut

Cali Jeans

Ihre geographische Positionierung hielt die beiden Schweden Per Norell und Andreas Korsnike nicht davon ab, sich ganz und gar der Californication zu verschreiben. Im Klartext heisst das: die Jungs lieben Westcoast-Flair, Skateboards, Surfen und vor allem die Klamotten aus dem Golden State. 2005 eröffneten sie ihren Shop ‹Caliroots› und bieten seither ein fein selektiertes Sortiment internationaler Streetwear, das mittlerweile auch ausserhalb Stockholms grösste Anerkennung findet. Nach hauseigenen T-Shirts wurde 2006 Cali Jeans als Missing Link zu den Produkten gelauncht, die die Jungs bis dato verkauften. So verfügen die Hosen beispielsweise über den ‹Cali Sneaker Protector›, ein eigens am Ende des Hosenbeins installiertes Stoffstück, das Abfärben unterbindet. Alle Hosen sind an Schnitte der 1940er Jahre mit oben lockerem Sitz und schmalem Bein angelehnt und aus wertvollem, japanischem Selvage-Denim gefertigt. In den Rücktaschen versteckte Nieten verhindern das Verkratzen wertvoller Möbel. Ein Highlight der Kollektion ist die Triple Black Jeans: Denim, Patches, Nähte, Nieten – alles schwarz! Das schönste an Cali ist aber eigentlich der schmale Kurs fürs weite Bein, die Hosen gibt’s nämlich schon ab CHF 119.– und zudem bequem per Onlineshop frei Haus. www.caliroots.com

PRPS Wenn einer sich schon so weit aus dem Fenster

lehnt und sein Label PRPS – ‹product with a purpose› – nennt, sollte er schon einige Asse in petto haben. Donwan Harrell hat und deshalb gehören seine ‹sinnreichen›, handgenähten Hosen zum derzeit exklusivsten, was der Markt zu bieten hat. Ein bisschen Extra-Einkaufsgeld sollte man allerdings auf Tasche haben, denn die edlen Bläulinge sind nicht unter 300 Franken zu haben. Dafür gibt es aber Authentizität und Funktionalität bis in die kleinste Naht. Denn tatsächlich hat Harrell für jedes Produkt einen ganz bestimmten Zweck im 60

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Hinterkopf. Wie einem Sternkoch sind ihm dabei nur die besten Zutaten gut genug: es wird ausschliesslich die beste afrikanische Baumwolle auf historischen Webstühlen versponnen, bevor sie in Japan von Denim-Meistern von Hand zusammengenäht wird. Donwans Leidenschaft für Funktionalität stammt übrigens aus seiner Kindheit, die er in der Abgeschiedenheit North Carolinas verbrachte. Die Kleidung der hiesigen Holzfäller und Jäger faszinierte ihn und inspiriert heute die Schnitte seiner Jeans. Mechaniker-, Maler- und Rennfahreranzüge liefern weitere Details wie Flecken, Falten oder Abnutzungen. www.prpsgoods.com

Kuyichi Es sollte sich mittlerweile rumgesprochen haben,

dass man Klamotten auch fair und ökologisch korrekt produzieren kann. Das holländische Label Kuyichi, das 2000 auf Initiative der Organisation Solidarid, vier NGOs und einer Bank für ethische Investments gegründet wurde, erkannte das bereits frühzeitig. Respekt für die Arbeiter und Arbeiterinnen sowie das Interesse für soziale und ökologische Belange im Herstellerland sind feste Bestandteile in der Firmenphilosophie von Kuyichi. So erhalten die Produzenten die Möglichkeit, Aktionär im Unternehmen zu werden, die Baumwolle ist selbstredend ‹bio›. Das Gros der Jeans stammt aus Peru, dem Land das der Marke ihren Namen schenkte, denn ‹Kuyichi› ist das peruanische Wort für Regenbogen und zudem die Bezeichnung einer Gottheit. Einer Legende nach verärgerte der Indianerstamm der Taquilen diesen Gott, woraufhin er ihnen die Farben wegnahm. Durch ihre grosse Kreativität und Fertigkeit in der Webkunst gelang es den Indianern, die Farben alsbald zurückzuholen. Auch wenn der Wahrheitsgehalt solcher Legenden fragwürdig ist, schön ist die Geschichte allemal. Und zusätzlich zum coolen Look wandert auch eine ordentliche Portion guten Gewissens in die Einkaufstüte. www.kuyichi.com


Atelier LaDurance

Die Rückkehr der blauen Beinkleider ist ein Euphemismus: sie waren niemals weg!

Die Mitarbeiter der Jeans-Marke Atelier LaDurance können gut und gerne behaupten, da zu arbeiten, wo andere Leute Urlaub machen. Im Süden Frankreichs, im pittoresken Saint-Remy-de-Provence eröffnete Gerard Brackx 2002 sein kleines DesignStudio und wählte die Location nicht ohne Grund, denn der Jeans-Liebhaber wollte jenseits der trendbeeinflussten Städte arbeiten. Atelier LaDurance-Produkte sind zeitlos und machen ihrem Namen alle Ehre, denn Brackx verwendet ausschliesslich haltbare, ungewaschene Denimstoffe und setzt bis ins kleinste Detail auf reine Handarbeit. Die Schnitte sind schlicht und von Workwear der 1940er und 50er Jahre inspiriert, Details wie Vichy-Karo-Innenfutter, aufwendige Taschenstickereien und eine aufwendige Verpackung verleihen ihnen Profil. Damit man für alle Eventualitäten gerüstet ist, wird zu jeder Jeans ein kleines Reparatur-Set mitgeliefert – Knopf annähen unterwegs? Kein Problem! Mittlerweile ergänzen Kaschmirpullis, Gürtel und eine kleine Kinderkollektion das Sortiment. Von Marketing-Gags und PR-Bohei hält Brackx nichts und findet: ‹Es gib, gab und wird immer Menschen geben, die die Stärke eines Produkts schlichtweg an seiner Qualität und der ihm zu Grunde liegenden Handwerklichkeit bewerten können.› Und limitiert sind ALD-Teile schon deshalb, weil die kleine, südfranzösische Fabrik nur geringe Stückzahlen produzieren kann.

Die Hosen von PRPS liefern maximale Authentizität. Sie ist im Preis inbegriffen.

www.atelierladurance.com Text: Romy Uebel Fotos: Promo

Kuyichi Jeans haben die Globalisierung verinnerlicht: immer und überall tragbar.

Jeans kommen heute als universales Gesamtkonzept – Gürtel inklusive.

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‹ Seriös? Niemals! Spassig? Immer!›

Mit Anpassung haben’s Katja Schlegel und Kai Seifried eher nicht. So verzierten sie die langweiligen, standardweissen Stoffbahnen, die ihr kleines Büdchen auf der Messe ‹Copenhagen Vision› begrenzten, flugs mit dem ‹Starstyling›-Schriftzug und einer Heerschar bunter Buttons – der Ärger war vorprogrammiert…

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Ist das noch Kunst oder schon Mode? Die Designer Schlegel und Seifried bewegen sich bewusst auf schmalem Grat. Ihre Klamotten sind trotzdem, oder gerade deswegen sehr schรถn.

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ie Schändung der skandinavisch-demokratischen Idee musste letztendlich mit einer Strafzahlung gesühnt werden, für das Berliner Duo Grund genug, Dänemark in Zukunft zu meiden. Auch wenn Humor bei ‹Starstyling› immer eine wichtige Rolle spielt, die Butter lassen sich die Macher nicht vom Brot nehmen, schliesslich sind sie mit 8 Jahren Firmenhistorie Veteranen im Mode-Showbiz und längst der Kategorie Jungdesigner entwachsen. Auch wenn Humor bei Starstyling immer eine wichtige Rolle spielt, die Butter lassen sich die Macher nicht vom Brot nehmen, schliesslich sind sie mit 8 Jahren Firmenhistorie Veteranen im Mode-Showbiz und längst der Kategorie ‹Jungdesigner› entwachsen. Dass ‹kritisch› nicht gleich ‹spiessig› ist, zeigten ihre provokativen Entwürfe von Anfang an und unterstrichen die Forderung der Designer, Klamotten und Styling nicht immer ganz so ernst zu nehmen. Ob die schlichten T-Shirts mit Unterschriften von Hedi S., Martin M. und Bernhard W., das aus Hufeisen geformte Chanel-Logo, ein Pulli mit ‹blahblahblah›-Druck oder gigantische Schmuckbroschen in Steinform: viele der einfallsreichen Styles sind längst über Berlins Grenzen hinaus legendär, ganz weit vorn und oft ganz schnell kopiert! Katja, die gelernte Bühnen- und Kostümbildnerin und Kai, der Kommunikationsdesigner, sehen’s gelassen und schiessen munter weiter auf intellektuelle Mode-Paradigmen und Styling-Klischees. Obgleich mittlerweile an die 50 Läden in aller Herren Länder die Kollektionen der beiden verkaufen und sie sogar ein honoriges Fleckchen im Kultkonsumtempel Topshop ergattern konnten: Starambitionen haben sie nicht. Für eine anstehende Präsentation zur Labelgründung war schlichtweg kein Name zur Hand, eine Schachtel des Pizzabringdienstes ‹Star› brachte die Spontanerlösung. Allen Berlin-Besuchern sei der neu gestaltete Starstyling-Shop empfohlen, der seit Dezember mit tischtennisplattengrünem Boden, Alufolienwänden und schwebenden Pflanzenregalen den Grossstadtdschungel adaptiert. Der Beweis, dass zwischen Improvisation und Dilettantismus Welten liegen und Trash eben nicht gleich Trash ist, wurde ein weiteres Mal erbracht. Oder wie Katja und Kai einhellig verkünden: Love it or leave it! Text: Romy Uebel Fotos: Starstyling www.starstyling.net

Das Berliner Schreckgespenst der Fashionszene? Warme Erdtöne und Pastell treffen auf grossstädtisches Neon: eine Anleitung, wie man sich in der Modewelt durchsetzt.

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‹vertreter› Über die wichtigsten Schuhe von 1900 bis heute. Name: UGG-Boots Geburtsjahr: 1960er Typ: Sheepskin-Boot Hersteller: UGG

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as ist zu warm, stinkt und ist schlecht für die Füsse: die UGGBoots! Aber warum sind die Felltreter denn dann immer noch so beliebt? Wir werden der Sache auf den Grund gehen… Die UGG-Boots stammen ursprünglich aus Australien. Der flauschige Stiefel besteht aus Schafwolle und Kunststoffsohle, was viele Träger dazu verleitet, gleich barfuss in die Treter zu schlüpfen. Wer jedoch vorhat, sie irgendwann auch wieder einmal auszuziehen, sollte das in diesem Falle fernab von besiedelten Gebieten tun! Denn die wolligen Boots waren ursprünglich als Fusserwärmer für Surfer, Piloten und Bauern gedacht. Trendsetter entdeckten allerdings schon bald, dass dieser Schafschuh zu mehr als nur zum gemütlichen Aufwärmgerät taugt und brachten den Trend nach Übersee. Im Jahr 2000 schwappte der Trend endgültig über. Für einen grossen Hype sorgte er vor allem in Hollywood. Stars wie Reese Witherspoon und Pamela Anderson schwören auf den Schuh und tragen ihn bei jeder Gelegenheit. Wenn High Heels nicht noch immer zum Pflichtprogramm gehörten, würden sie ihre Wollboots wohl sogar auf dem roten Teppich tragen. Sogar die Kinder

der Promis bleiben nicht verschont und werden mit den kleinen pelzigen Boots bestückt. Auch in England stürmen die Jungs und Mädels die UGG-Stores und plündern die Regale. Denn sobald eine Frau Moss mit so einem Klumpen am Fuss fotografiert wird, bricht auch im Königreich Massenhysterie aus. Der Geschäftsführer von Kate Kuba, Cos Constantinou, erzählt direkt vom Tatort: In seinem Laden werden schon ab August bis Ende des Jahres über 70.000 Paar Stiefel verkauft, ausserdem werden 200 bis 300 Bestellungen pro Woche auf einer Warteliste aufgenommen und bereits wenige Stunden nach der Lieferung sind bis zu 600 Paar verkauft! Der UGG-Trend ist in einigen Regionen anscheinend also auch nach über acht Jahren einfach nicht tot zu kriegen.

Sobald eine Frau Moss mit so einem Klumpen am Fuss fotografiert wird, bricht auch im Königreich Massenhysterie aus. Doch der Grund für die Begeisterung

liegt scheinbar nicht nur an den prominenten Mode-Ikonen, sondern auch an der Vermutung, dass die dicken Boots die Beine der Trägerinnen dünner wirken lassen. Dafür gibt man dann auch gerne 500 Franken aus. Aber aufgepasst, der Schuss kann auch nach hinten losgehen: Zu kleine Personen wirken durch den klobigen Fellstiefel nämlich nicht graziler und eleganter, sondern eher… naja, unvorteilhaft eben. Vorsicht also, sonst wirkt der gebärmutterwarme Schuh am Ende noch als Verhütungsmittel. Für die Australier sind diese Schuhe zum National-Witz avanciert – deshalb werden sie nämlich auch UGG alias ‹ugly› genannt. Wer damit leben kann, sollte sie mit erhobenem Haupt tragen. Text: Christina Fix Illustration: Raffinerie Wohlig warm und schaurig stinkig: Die Surflatschen der Aussies haben es bis an die Füsschen der Bohème geschafft!

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Weissblut Photography: Martina wรถrz www.martinawoerz.de Photoassistance: Sandra Models: Sabine, Alex, Sabrina, Leonardo, Gerrit, Chris, Marta, Sebastian Artwork: Recom www.recom.de Artproduction: Michael Kless www.ksproduktionsagentur.de

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‹vive la fragrance › Wohlgerüche für Fortgeschrittene. Männerduft, Geschlechterkampf und Liebesreigen frei nach der Devise: neues Jahr, neues Glück!

Dieser Hermès-Duft verleiht sowohl den Herren als auch den Damen der Schöpfung das gewisse Etwas: ‹Un Jardin après la Mousson›.

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nlässlich meines gescheiterten Beziehungsversuches 2008 und ausreichenden Aufenthaltes im ‹Heartbreak Hotel› habe ich mir die Ratschläge einer FacebookBrieffreundin ‹(…) setz doch deinen «Amor Heroes» endlich ein Ende, lass Gras drüber wachsen und geniess das Leben (…)› sehr zu Herzen genommen. Und mich darum ganz nach der Devise ‹Neues Jahr, neues Glück› mit Wonne in herzerfrischende Liebesreigen gestürzt. Wie es nun amouröse Abenteuer mit sich bringen, hat man dabei ab und an die Möglichkeit, neue Wohnwelten kennen zu lernen, was hinsichtlich Duft oder Design sehr inspirierend sein kann. Vorausgesetzt natürlich, dass das Erwachen in solch einer – insbesondere am frühen Morgen verwirrenden – Umgebung (oder die Person im Bett neben dran) nicht das dringende Bedürfnis auslöst, sofort Reissaus zu nehmen oder sich mit Lichtgeschwindigkeit in einen fernen Punkt am Horizont zu verwandeln. Bacchus sei Dank, blieb mir bei meiner letzten Schnitzler’schen Eroberung ein derartiges ‹rude awakening› erspart, weshalb ich mir die genannte Wohnwelt nach erfolgter Schlüsselübergabe in aller Ruhe zu Gemüte führen konnte. Bei dieser morgendlichen Entdeckungsreise löste nun nicht nur die Pipistrello-Stehleuchte von Gae Aulenti helle Begeisterung in mir aus, sondern auch der Flakon ‹Un Jardin après la Mousson› (Eau de Toilette, 100ml um CHF 129.–) im Badezimmerschrank des werten Herren. Denn zum einen hat mich dieser würzige Unisexduft aus der fabelhaften Jardin-Reihe von HermèsHausparfumeur Jean-Claude Ellena mittels Ingredienzien wie Schmetterlingsingwer, Kardamom, Koriander, Pfeffer sowie Vetiver vor einem Katermorgen voller Reue bewahrt und

mir zum anderen das Gefühl gegeben – gleich der Vegetation Indiens nach einem heftigen Monsunregen – wieder zu neuem Leben zu erwachen. So war es mir denn auch an jenem grauen Januarmorgen möglich, meinen Heimweg trotz Louboutins und Bleistiftrock vom Vorabend frischen Mutes in Angriff zu nehmen. Einen weiteren olfaktorischen Lebensretter für den Morgen danach findet Frau übrigens (und hoffentlich in der Parfumsammlung ihres Liebhabers) auch in Diors legendärem Herrenduft ‹Eau Sauvage› (Eau de Toilette, 100ml ab CHF 96.90), der 1966 von Edmond Roudnitska kreiert wurde. Dabei wollte die Meisternase ein verwegenes Parfum schaffen, das schlicht bleibt, was infolge der Kombination von Zitrusnoten, holziger Untertöne und insbesondere der fast schon genialen Verwendung von Hedionakkorden à la perfection gelungen ist. Nicht umsonst verführt dieser Duft nämlich seit seinem Bestehen Männer wie Frauen gleichermassen. Sollte Mann jedoch angesichts dieser Emanzipation der Herrenparfums in Rage geraten, sei zu folgendem duftenden Kunstwerk geraten: ‹Askew› von Humiecki & Graf (Eau de Toilette, 100ml um CHF 241.50), wobei diese Komposition das Thema Wut geruchlich ganz wunderbar interpretiert. Als Herrenduft angelegt, gehören zu seinen Inhaltsstoffen Leder-, Ingwer- und Grapefruit-Aromen. Verantwortlich für diese Kreation sind nun die Kölner Designer Sebastian Fischenich und Tobias Müksch, welche es sich mit Christian Laudamiel – dem grossen Exzentriker der Parfumbranche – zur Aufgabe gemacht haben, extreme Emotionen in einen Duft zu packen. Weshalb es das starke Geschlecht trotz allem nicht verwundern dürfte, wenn sich die Liebste auch in diesem Fall an SEINEM Toilettenschrank vergreift. Denn wie es die göttliche Greta Garbo und Hollywoods ‹Hosenweib› der Stunde dereinst äusserst treffend formuliert hat: ‹Das schwächere Geschlecht ist das Stärkere – wegen der Schwäche des stärkeren für das schwächere.› Schon als kleines Kind bewies Irène Schäppi, unsere Kolumnistin und Duft-Fetschistin, einen guten Riecher. So zum Beispiel, als sie mit vier Jahren den elterlichen Schlafzimmerteppich mit dem damals angesagten Eau de Parfum (!) von Valentino tränkte. Illustration: Raffinerie

Für die französische Dusche vom Feinsten empfiehlt das Haus Dior das ‹Eau de Sauvage›. Wut für die Nase? ‹Askew› ist der Duft der wahren Kerle!

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‚We crossed the border› Work in progress, 2008 Maphia im Kunstraum Baden



Image à trois

Das Zürcher Künstlerkollektiv ‹Maphia› zeichnet grossflächig und dennoch erschreckend detailgetreu. Ihre Werke verleihen den Räumen und Wänden neue Perspektiven und verraten nur bei sehr genauem Hinsehen, dass sie nicht einem, sondern drei verschiedenen Köpfen entsprungen sind.

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n der Schweiz schreibt sich die Mafia mit ‹ph›, genauer gesagt, sie zeichnet sich. Wie es aussieht, ist der Name nicht die einzige Gemeinsamkeit, welche die drei jungen Schweizer mit den sizilianischen Kartellen verbindet. Genau wie ihre italienischen ‹Fast-Namensgenossen› haust auch das Maphia-Mitglied Silvio Meier in dunklen Gemäuern. Im Zürcher Maag-Areal sieht es aus wie nach einem Katastrophen-Szenario: Als seien die Menschen vor einem drohenden Angriff geflohen, erzählen liegen gelassene Stühle und schiefe Firmenschilder von einer vergangenen Zeit. Wüsste ich nicht, dass der alte Herr, den ich vorher nach dem Weg durchs Baustellenlabyrinth gefragt hatte, mich durch die Videokamera beobachtet, könnte man meinen, hier drin sei schon vor Jahren der Strom lahmgelegt worden. Es dauert eine ganze Weile, bis ich den Maphioso in einer erleuchteten Kammer der weitläufigen Büroräumlichkeiten entdecke. Silvio sitzt ganz und gar schwarz gekleidet vor seinem Schreibtisch und zeigt mir Bilder und Videos, auf denen er mit seinen Freunden beim Zeichnen zu sehen ist. ‹Wir machen eigentlich nie Skizzen, die Ideen entstehen vor Ort.› Schwarz und Weiss dominieren ihre Wandmalereien in Läden und an Ausstellungen inund ausserhalb der Schweiz. ‹Es ist einfacher, nur mit Schwarz zu zeichnen, gerade wenn man zu dritt arbeitet. Man konzentriert sich einfach mehr auf die Formen›, meint Silvio, auch wenn er seine eigene Vorliebe zur Grundfarbe nicht verleugnen kann.

Zeichnen in der Mehrzahl

Obwohl die drei Herren in ihren Bildern fast schon zu einer Einheit verschmolzen sind, wohnen die drei gelernten Grafiker dennoch an verschiedenen Orten und gehen auch nebenbei eigenen künstlerischen Projekten nach. Jan Eichenberger lebt im Aargau, Luca Basello in Wien, doch wie bei ‹La Familia› ist es wohl auch hier die technische und mentale Vernetztheit und die tiefe Freundschaft, welche die drei verbindet, egal wo auf der Welt sie sich gerade befinden. Doch wie arbeitet man eigentlich zu dritt? ‹Mal gibt jemand eine Form vor und jemand anderes geht darauf ein, oder jeder beginnt an einer anderen Ecke und jemand anderes mischt sich ein.› So sitzen die drei oft über zehn Stunden am Stück und über Wochen hinweg auf engstem Raum vor Linien und Formen, ohne sich gegenseitig auf die Füsse zu treten. ‹Natürlich kann es mal Streit geben, wenn man so lange auf84

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einanderhockt, aber da geht’s dann meistens um kleine Dinge, eigentlich streiten wir nie um den Verlauf des Bildes›, meint Silvio mit ruhiger Stimme und lehnt sich zurück. Tatsächlich scheint sich dem Kollektiv nie die Frage nach einem Anfang oder einem Ende ihrer Zeichnungen zu stellen, jeder arbeitet für sich und dennoch sind die drei früheren Klassenkameraden anscheinend durch eine beruhigende Gewissheit ihrer Einheit verbunden. ‹Bis vor zwei Jahren teilten wir uns noch ein Atelier, Luca arbeitet jetzt allerdings in Wien und wir müssen uns leider auch immer wieder durch verschiedene Grafik-Jobs über Wasser halten. Doch wir treffen uns eigentlich immer noch ziemlich oft. Nicht nur zum Malen übrigens›, meint Silvio. Jeder der drei Künstler arbeitet auch für sich selbst, somit entwickeln sich nicht nur die einzelnen Mitglieder, sondern die ganze Maphia weiter.

Einzelgänger auf Zeit

Von Silvios Fenster aus überblickt man fast das gesamte ehemalige Industriequartier, von den Bahngeleisen bis hin zu den in Clubs und Restaurants umgewandelten Arbeiterhäuschen vergangener Tage. Er scheint sich in den verlassenen Räumlichkeiten des weitläufigen Areals alles andere als unwohl zu fühlen. Ein Einzelgänger auf Zeit, sozusagen. Hier ritzt er mit einem Messerchen minimalistische Formen aus Schabkartons, detailverliebte Formen auf winzig kleine und grössere Rechtecke. Wie auch die Maphia-Bilder sind Silvios Werke geschlossene Welten, teilweise geprägt durch geometrische Gebilde, manchmal legen sie Bezüge zur Quelle der Inspiration offen. Doch auf die Arbeit im Kollektiv möchte er auf keinen Fall verzichten: ‹Jeder bringt seinen Stil mit ins Bild, man arbeitet lange miteinander an so einem Bild und verbindet viele Erinnerungen damit.› Auch nach einem einstündigen Gespräch kann ich mir noch immer nicht vorstellen, wie drei Menschen aus einem leeren Raum ohne jegliche Skizzen ein Gesamtkunstwerk gestalten. Silvio zeigt mir in einem Film die Zeitraffer-Version der Entstehung, auf der es aussieht, als sei das Bild schon vor dem ersten Pinselstrich in ihren Köpfen längst fertig gezeichnet. Lange wird auch Silvio im Maag-Areal nicht mehr seine Tage und Nächte verbringen, denn die Bagger stehen schon fast vor der Tür. Wenn ihr diesen Artikel hier lest, hat er wahrscheinlich schon die grossflächigen Holzmalereien und Leinwände, die er zusammen mit seinen Kollegen bemalt hat, in seinen alten Volvo ge-

zwängt und braust damit in einen neuen Atelierraum, wo auch immer der sein mag. Doch eigentlich ist es ja egal, wo es ihn, Jan oder Luca auch hinziehen mag, die Maphia wird schwieriger aufzulösen sein als jede sizilianische Familienbande. Text: Rainer Brenner Weitere Info unter www.maphia.ch



Don’t take it easy!

Luca Schenardi fühlt sich oft, als sei er in die falsche Zeit hineingeboren worden. Dennoch überzeugt der reizbare Innerschweizer, der eigentlich viel lieber zu Zeiten Hoffmanns, Kleists und Kaspar David Friedrichs gelebt hätte, durch äusserst zeitgenössische Illustrationen und Collagen.

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uca Schenardi macht sich’s nicht einfach. ‹Ich glaube schon, dass ich überdurchschnittlich viel Aggressionen in mir trage. Die kleinen Dinge im Alltag, seien es politische Themen, der Job oder was auch immer, ich nehme alles sehr ernst. Es scheint, als könnten andere Menschen diese Sachen super abstrahieren, ich persönlich kann das nicht.› Trotzdem wirkt der junge Künstler am Telefon ziemlich gelassen, als er die Inspirationsquellen seiner Arbeit kommentiert. Natürlich ist es genau dieser Zorn, diese kritische Auseinandersetzung mit der modernen Welt zwischen Massenmedien, Konsum und Technisierung, welche den Innerschweizer zu seinen Werken anspornt. Geboren und aufgewachsen im Kanton Uri – wohin er auch jetzt noch gerne flüchtet, wenn ihm Luzern und der Rest der Welt zu viel wird – bekam er den starken Bezug zur Natur, deren Schönheit sozusagen in die Wiege gelegt: ‹Seit Kindsbeinen fühle ich mich am wohlsten, wenn ich in der Natur bin›, schwärmt Luca. So oft wie möglich entflieht er dem hektischen Treiben dieser Zeit, in der er sich eigentlich so ganz und gar nicht heimisch fühlt, und sucht als Ornithologe für die Vogelwarte Sempach auf Wanderungen oder im kleinen Häuschen am Klausenpass seinen Frieden. ‹Umso schwerer fällt es mir dann, mich wieder ins städtische Leben einzugliedern, wenn ich zurückkomme.› Doch natürlich ist Luca sich auch bewusst, dass er dieser Welt nie ganz entfliehen können wird, denn so sehr er sich Probleme wie die Kontrolle der Menschen durch Massenmedien und die Verblödung unserer Gesellschaft durch Starkult und Selbstbehauptung auch zu Herzen nimmt, genau diese Themen bilden oftmals auch den Inhalt seiner zynischen und düsteren Illustrationen, Bilder und Plakate.

Romantische Fluchten

Lucas Bilder und Einstellung haben viele Parallelen zur Epoche der Schwarzromantik: Geisterhafte Wesen, deren Existenz wir uns nicht erklären können, Absagen an die moderne Welt, Flucht in die Natur… ‹Ich fühle mich total verbunden mit Autoren wie E.T.A. Hoffmann! Wenn ich durch Zürich gehe, erinnern mich die Menschen oftmals an die Figur der Olympia, das frankensteinartige Wesen aus Hoffmanns «Sandmann».› So bewegen sich Lucas Werke auch zwischen Naturlandschaften, Geisterwesen und zynischer Sozialkritik. ‹Meine Grossmutter war eine richtige Urnerin, sehr religiös und mit einem starken Bezug zur jenseiti86

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gen Welt.› Allerdings wurde Luca nicht nur über ihre Erzählungen, welche er sich in einem kleinen Büchlein notierte, sondern auch durch eine seltsame Begebenheit von der Existenz schicksalhafter Momente und Figuren überzeugt: Als er Jahre später dieses Buch nämlich verloren hatte, war es ausgerechnet Lina Müller, welche zufälligerweise auf denselben Vornamen wie seine Grossmutter getauft und am gleichen Tag wie sie geboren ist, die ihm das Buch zurückbrachte. So lernten sich Lina und Luca durch diesen seltsamen Zufall kennen, und merkten schnell, dass sie viel mehr als nur diese augenscheinlichen Übereinstimmungen verband. Lina und Luca sind durch diese Begegnung ein Paar geworden, wohnen (‹hoffentlich bald auf dem Land›) zusammen und teilen die Leidenschaft zu Natur und Kunst. Beide arbeiten als Illustratoren, stellten vergangenes Jahr an der Illustrative und diesen Februar im Künstlerhaus Solothurn sogar zusammen ihre jeweiligen Werke aus. ‹Ich bin also nicht immer nur scheisse drauf und niedergeschlagen, es gibt auch sehr viele Dinge, die mir gefallen, ich geniesse das Leben schon sehr.› Dennoch entspricht Luca so überzeugend authentisch dem Bild des romantischen Künstlers, leidend und fremd, auch wenn ihm das eigentlich nicht wirklich passt, denn ‹das tönt doch immer so aufgesetzt›.

an Luca Schenardis Einzelausstellung anfangs Juni in Basel begeben. Trotz Wut und Widerstand werden politische Themen und Figuren wohl auch weiterhin ein wichtiger Teil von Schenardis Arbeit bleiben, auch wenn ihn das viel Nerven kostet. Aber schwarzromantische Romanfiguren fanden ihre Erfüllung jeweils auch nur zwischen Lebenstraum und Realität, und genau dort dürfte sich Luca wohl befinden. Ausserdem ‹wäre es ja auch irgendwie langweilig, wenn ich keine Gegner mehr hätte, zumindest für meine Arbeit›. Das ist ja das Schöne daran. Luca Schenardis Buch erscheint im Rahmen seiner Einzelausstellung am Fumetto Comix-Festival in Luzern (28. März–5.April) bei Edition Moderne. Weitere Ausstellungstermine und Informationen unter www.lucaschenardi.ch Text: Rainer Brenner

Das Schöne am Ganzen

Im Rahmen des Fumetto Festivals in Luzern wird Luca dieses Jahr im Rahmen einer Einzelausstellung seine neuen Werke präsentieren und die Veröffentlichung seines Buchs ‹D.I.J.D.S.D.› feiern. Die Abkürzung des Buchtitels steht für ‹Das ist ja das Schöne daran› und ist eine weitere zynische Kritik am Abkürzungswahn einer Zeit, in der nichts schnell genug gehen kann. Darin präsentiert Luca Collagen, welche auf veränderten oder selbst inszenierten Fotografien aufbauen, Verfremdungen der Realität sozusagen. Die Arbeit am Buch unterschied sich von Lucas Auftragsarbeiten insofern, dass er dabei ‹sein eigener Regisseur› war, niemand gab das Thema vor. ‹Trotzdem würde ich wahrscheinlich durchdrehen, wenn ich immer nur für mich selbst arbeiten würde, obwohl ich es sehr geniesse. Es macht sehr einsam, finde ich. Wahrscheinlich brauche ich beides ein bisschen.› Wer sich also ein Bild von Lucas beeindruckender Arbeit zwischen bedrückenden Geisterwelten und sehr ernst gemeinter Gesellschaftskritik machen will, der sollte sich unbedingt ans Fumetto Festival oder

‹Lob und Tadel›


‹Das vermeintlich leichte Spiel›

‹Erscheinung› ‹Abschied vom letzten Affen›

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The future is bright

Skateboarding is dead? Auf der Bright-Messe in Frankfurt kann man sich auch dieses Jahr davon überzeugen, dass wir es bei dieser Szene mit einem wahren Meister der Reinkarnation zu tun haben! Die Bright-Tradeshow vereint verschiedene Streetcultures unter einem Dach.

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ein Business ist so oft für tot erklärt worden wie die Skateboard-Industrie. Immer wieder prophezeite man den Untergang des Sports, sowohl als Industriezweig, als auch als Lifestyle-Kultur. Natürlich schafft auch die Finanzkrise wieder mal viel Boden für pessimistische Prognosen und Niedergangsszenarien, doch was viele Schwarzseher offenbar vergessen haben, ist, dass dieser Sport und die damit verbundenen Firmen schon viele Tode durchgestanden haben und (alles andere als komatös) mit kreativen Ideen und neuen Trends irgendwie immer wieder den Rank kriegten. Fast schon sinnbildlich rappelt sich die Industrie nach harten Slams wieder auf, um mit einigen Schrammen versehen den nächsten Versuch zu wagen, wofür die Branche mit ebenso vielen Booms wie Untergangsprophezeiungen belohnt wurde. Auch dieses Mal werden wohl also nicht so viele Leute vom Brett fallen und auf der Strasse landen, wie vermutet. Um sich selbst ein Bild von der durchaus vitalen Stimmung in der Szene zu machen, dürfte die BrightMesse, die auch diesen Januar wieder Tür und Tor für Vertreter und Fans des Rollsports öffnet, wohl die beste Adresse sein.

von 50 auf 300 Stände. ‹Ich denke, dass Skateboarden ein sehr innovativer Sport ist, und somit auch die Mode und der Lifestyle, der durch die Akteure kreiert wird. Auch wenn es kein Massensport ist, werden die Einflüsse in anderen Bereichen immer präsent sein. Diese Inspiration spiegelt sich nicht nur in der Mode, sondern auch in der Musik oder Kunst wider›, meint Thomas Martini, Mitbegründer und Co-Veranstalter der Frankfurter Lifestyle-Messe. Fernab vom kalifornischen Epizentrum des Skateboardings beschlossen Thomas Martini und Marco Aslim vor drei Jahren, der Streetwear- und Skateboard-Kultur einen Platz für Trends und Neuentdeckungen einzuräumen. Die Szene reagierte von Anfang an positiv und präsentierte sich Jahr für Jahr in all ihren Facetten: ‹Die Aussteller-Struktur hat sich, was die Verhältnismässigkeiten der einzelnen Segmente betrifft, nur gering verschoben. Es war von Anfang an die komplette Skateboardszene vertreten, die Segmente Streetwear und Sneaker haben sich allerdings in den letzten 2 Jahren immer mehr zum nun stärksten Element der Bright entwickelt›, kommentieren die Veranstalter die Entwicklung der Messe in den letzten Jahren. Daraus dürfte auch klar hervorgehen, dass die Skateboardindustrie in den letzten Jahren viel mehr als nur das angefressene Rollbrett-Publikum bedient. Die Industrie reagiert unheimlich schnell und gekonnt auf Fashion-, LifeSeit ihrem Debüt im Jahr 2005 hat sich der Besu- style- und Musiktrends und setzt diese gekonnt cherandrang an der Bright verzehnfacht, die Zahl um. Man denke dabei nur an die Unmengen von der Aussteller stieg in den letzten beiden Jahren Holzfällerhemden, Röhrenjeans und Batik-Shirts,

Die Halle gehört den Strassen 88

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die bereits, lange bevor der Mainstream diese Trends für sich entdeckte, schon die Tische der Skateshops bedeckten. Doch die Szene überwindet ihre Krisen nicht nur, indem sie einfach Trends adaptiert und neu ausspuckt, sondern erschafft über ihre eigenen Ikonen Styles und Strömungen, welche sich auch auf die Aussenwelt ausprägen. Spätestens seit der Eroberung der Playstations durch die erfolgreichen Tony Hawk-Spiele hat es der Sport mitsamt seinen schillerndsten Persönlichkeit auch in die Wohnzimmer und an die Kleiderstangen der weniger Sportlichen geschafft. Man muss sich also wohl nur geringe Sorgen um die Skateboardindustrie machen, so schnell ist dieses Business wohl nicht tot zu kriegen! Natürlich wird die Bright-Messe auch diesen Januar ihren Besuchern wieder einen breit gefächerten Überblick über das Schaffen der StreetCulture bieten. Neben den neusten Angeboten im Textil- und Sportartikelbereich darf man dieses Jahr auf ein Bookrelease und Ausstellungen zeitgenössischer Fotografen (Alex Flach, Alexis Zavialoff!) sowie auf die angekündigte Modeschau in Kollaboration mit dem Code Magazine gespannt sein: ‹Wir werden eine Fashionshow organisieren, wie es sie in ihrer Art und Darstellung meines Wissens noch nie gegeben hat›, freuen sich die Veranstalter. Doch für sie wird der Messealltag natürlich alles andere als eine entspannende Zeit werden: ‹Eigentlich ist die ganze Messe ziemlich verrückt, ein ständiges Auf und Ab der Gefühle. Wir sorgen uns jedes Jahr, ob unsere Nachbarn, die Hells Angels, kurzfristig beschliessen, unseren Messeparklatz zu übernehmen oder das Bauamt am Tag vor der Messe die Auflagen verändert und 50 weitere elektrische Türschliesser fordert, Vertreter aufgrund von nächtlichen Exzessen ihre Personalien verlieren und mit Amnesie den nächsten Messetag versäumen, irgendetwas passiert immer›. Doch natürlich gehören solche Zwischenfälle auf jeder Messe zum notwendigen Übel. Vor allem, wenn man etwas zu feiern hat: Nämlich einen weiteren bald überstandenen Tod des Skateboardsports. Die Bright Tradeshow findet vom 24.–25.Januar 2009 in Frankfurt a. M. statt. Weitere Info unter www.brighttradeshow.com Text: Rainer Brenner



Behind the straps, beyond the loops

Oliver Vernons Werke schm체cken die W채nde der renommiertesten New Yorker Clubs, Galerien und die Hallen der Privatsammler. Verst채ndlich, denn jedes seiner Bilder ist ein wahrer Mikrokosmos, in welchen man als Betrachter durch Schleifen und Loops wie auf den Geleisen einer Achterbahn gef체hrt wird.

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n den vergangenen Jahren machte der New Yorker Künstler Oliver Vernon immer wieder mit eindrucksvollen ‹Live Painting›-Performances von sich reden. Sozusagen aus dem Nichts zaubert der 36-Jährige Parallelwelten auf Leinwänden und Mauern, welche uns manchmal in Mandala-artige Strukturen versinken lassen, manchmal wie traumartige Erinnerungen an eine Reise durch ferne Universen wirken. Mal lässt uns Vernon von oben herab auf neblige Bahnen blicken, mal scheinen wir ihn auf seiner Expedition ins Innere dieser Mikrokosmen mit beinahe Lichtgeschwindigkeit zu begleiten. Es ist also mehr als verständlich, dass nicht nur Kunstsammler und Galeristen gerne in diesen Parallelwelten versinken. kinki-Autorin Maria-Dolores Lopez traf den humorvollen und nebenbei auch noch sehr gut aussehenden Künstler in New York. Erinnerst du dich an dein allererstes Mal, als du einen jungfräulichen Pinsel in der Hand gehalten hast? Wann war das? Warum? Kannst du dich an das Gefühl erinnern?

Ich denke, dass es einiges an Hypnose bräuchte, meine Erinnerung zu den sehr frühen Tagen meiner Existenz zurückzuführen. Meine Mutter hat eine Mappe meiner kindlichen Kunst. Wenn ich die frühen Zeichnungen und Gemälde anschaue, kann ich mich an den Geist der Schöpfung erinnern, der schon damals in mir lebte. Er gab mir einen Sinn der Freiheit, noch unverschmutzt von ausgebildetem Kunstgemüt, das ich später entwickelte. Was begeistert dich? Wo holst du dir Inspiration?

Alles inspiriert mich, besonders das Nichts, dem alles unterliegt. Erschrickt dich eine weisse Leinwand manchmal?

Eigentlich ist mir eine weisse Leinwand das wenigst erschreckende Ding. Sobald ich aber Farbe draufstreiche, fängt es an, richtig beängstigend zu werden. Eine weisse Leinwand vertritt grenzenlose Freiheit. Alles ist möglich. Meine Gemälde sind eine Reise zur Erforschung mysteriöser Bereiche, und umso näher sie der Vollendung kommen, desto herausfordernder wird es, Antworten zu den entstandenen Problemen zu finden.

Die Arbeiten werden wie Spiegel für die Psyche des Zuschauers. Schöpferische Blockaden?

In Olivers mehrdimensionalen Gemälden spiegeln sich die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des ganzen Kunst-Kosmos wider. ‹Temple Alps› (2007–2008).

Wie alle Künstler stosse auch ich wiederholt auf Phasen künstlerischer und schöpferischer Stagnation, während denen ich denke, es sei unmöglich weiterzumachen. Es gibt dann fast nichts, das ich tun kann, um diese Momente zu ändern. Aber die Natur hilft mir dann mit ihrer unaufhaltsamen Kraft zyklischer Veränderung. Ich weiss aus langer Erfahrung, dass auf das Haltmachen meiner schöpferischen Energie stets eine Offenbarung, ein Durchbruch folgen wird. Und

dann ein Schritt nach vorne auf dem evolutionären Pfad. Was bedeutet dir Anerkennung?

In den letzten Jahren ist es zu meinem Erstaunen und meiner Verwunderung geschehen, dass Leute aus einem breiten Spektrum diverser Nationalitäten und Konfessionen meine Arbeit entdeckt haben. Du weisst schon, durch Ausstellungen, Mund-zu-Mund-Propaganda, verschiedene Presse und dieses mächtige Medium Internet. Anerkennung ist mir was wert, indem sie mir bestätigt: Was ich in der schöpferischen Einsamkeit im Studio mache, erreicht dort draussen Menschen.

Wenn sich die Arbeit ständig weiterentwickelt, dann werden Leute davon Notiz nehmen und es weitererzählen.

Wie hart war oder ist es noch immer, deine Kunst in Galerien zu etablieren?

Ich kann nicht sagen, ob es schwierig oder leicht war. Die ganzen Galerienbeziehungen haben sich auf natürlichem Weg entwickelt, ohne dass ich mich zu fest hätte aufdrängen müssen. Das Schwierige ist, sich bei der Kunstmacherei treu zu bleiben. Wenn die Leidenschaft da und die Sicht klar ist, in die Richtung, die man gehen will… Dann glaube ich, dass das Universum heimlich notwendige Kontakte plant und einem hilft, offener zu werden, Gelegenheiten zu sehen, die einen umzingeln. Wenn sich die Arbeit ständig weiterentwickelt, dann werden Leute davon Notiz nehmen und es weitererzählen. Welche Motive würdest du niemals malen?

Häufig beziehe ich mich bei der Darstellung von Dingen auf die islamische dekorative Tradition, die erkennbare Bilder zurückweist. Die Muslime vertreten die Ansicht, dass der einzige Weg zum Göttlichen über die Abstraktion geht. Wer sollte deine Bilder kaufen?

Einer meiner grossen Lehrer sagte mal: ‹Es gibt kein Sollte.› Ich glaube nicht, dass irgendwer irgendwas tun SOLLTE. Wenn eine Person eine Erfahrung mit einem Kunststück macht, das sie dazu anregt, es kaufen zu wollen, entsteht eine Art Kommunikationsereignis. Eine starke Arbeit ist in der Lage, über Zeit zu inspirieren. Ich arbeite intuitiv mit einer abstrakten Sehsprache. Es gibt keine spezifische, beabsichtigte Bedeutung, die sich sofort offenbart. Die Arbeiten werden wie Spiegel für die Psyche des Zuschauers. Ich hoffe, dass man beschliesst, eines meiner Bilder zu kaufen, weil es im Betrachter etwas aufweckt und eine gewisse Verbindung entsteht. kinki

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Wer ist dein persönlicher Lieblingskünstler?

Einen bestimmten Liebling zu nennen ist unmöglich, weil sich mein Temperament von Tag zu Tag oder von Minute zu Minute mit den hineilenden Gezeiten der Welt ringsherum und in mir bewegt – sowie es auch meine Vorlieben tun. Ich habe eine lange Liste von grossen Meistern, deren Arbeiten mich auf die beste Weise verfolgen. Aber ich bringe niemanden an die Spitze der Liste. Hast du neben der Malerei eigentlich noch andere Interessen, oder füllt dich dieser Beruf ganz und gar aus?

Obwohl seit Jahren die Malerei fast meine gesamte Zeit aufbraucht und wenig für meine früheren Interessen bleibt – du weisst schon, DJing, Snowboarding, Wandern/Camping, Yoga – gewöhne ich mir das Reisen nicht ab. Zu neuen Plätzen reisen, offenbart neue Perspektiven, dehnt den Horizont aus. Ich liebe reisen, es öffnet neue Grenzen.

Der einzige Weg zum Göttlichen geht über die Abstraktion.

Wie würdest du reagieren, riefe dich Tom Ford an und sagte dir: ‹Ich kaufe eine ganze Serie, sagen wir, 20 deiner Bilder, aber nur wenn du für mich nackt modelst.›

Ich würde sagen: ‹Lass uns daraus zwei Deals machen.› Gewinnt Vanille Eclair, Randensalat oder Käsefondue?

Vanille Eclair bestimmt nicht – ich bin ein Schokoladenjunkie. Ich liebe Rande, aber die gibt’s ja überall und dauernd. Ein echtes Schweizer Käsefondue ist eine Seltenheit in New York und zweifelsohne der Sieger. Interview und Text: Maria-Dolores Lopez

Fast wie in einem Wimmelbild: selbst nach stundenlanger Betrachtung kann man in Olivers Arbeiten neue Aspekte und Details entdecken. ‹Untitled› (2008).

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Fotografie: Yvonne Bayer, Nabik Daniel Hunt, Charlie Isoe, Jayboe aka Monk, Raphael Just, Sandi Kozjek, Tobias Siebrecht, Daniel Tischler, Martina Wörz, Marvin Zilm, Eddy Patroons, www.homelesscup.org Illustration: Raffinerie AG für Gestaltung, Maphia, Lina Müller, Luca Schenardi, Oliver Vernon Bildbearbeitung und Grafische Gestaltung: Cyrill Frick | cyrill.frick@kinkimag.ch Lektorat: Peter Rösch | peter.roesch@kinkimag.ch Marketing International: Jiri Katter | jiri.katter@kinkimag .ch Events: Hanna Lauer | hanna.lauer@kinkimag.ch

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‹ top notch gallery › Europas wichtigste Galerien für junge Kunst. CircleCulture Gallery Berlin

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erlin Transit, staubige Schuhe und die Nase voller schwarzem Dreck. Doch das Auge liebt die Farbe. Fremde Kulturen, Graffitis und Aktionen ziehen den modernen Nomaden in der Hauptstadt Deutschlands in den Bann. Zugang zu dieser aufregenden Welt verschafft die CircleCulture Gallery, die seit 2001 als Projektraum für urbane Kunst dient. Sie bietet Raum für Künstler der florierenden Street Art Bewegung und versteht sich als Sprungbrett für Berliner und internationale Künstler. Jaybo aka Monk, Anton Unai, Charlie Isoe, Daniel Tagno, Adriana Ciudad Witzel, XOOOX, Marok und Taro Hirano werden von der Galerie vertreten. In Zusammenarbeit mit Kuratoren und Künstlern der internationalen

Szene – wie Aaron Rose, Shepard Fairy, Adrian Nabi und JR – machten Johann Haehling von Lanzenauer und Dirk Staudinger ihre Räume bei den Hackeschen Höfen zu einer subkulturellen Begegnungsstätte. Bis Ende Januar zeigt CircleCulture die Einzelausstellung von Jaybo aka Monk ‹As Far As You Can See›, die zwischen Pop Art, Graffiti und Street Art verortet ist. Der Künstler knüpft an berühmte Vorbilder wie Andy Warhol an. Doch Jaybo hinterfragt die Welt des Konsums und der Medien. Aktuell setzt er sich mit Themen wie Wasserknappheit, aber auch mit der Hoffnung auf Veränderung auseinander. Sein wichtigstes Stilmittel ist die Hand von Mickey Mouse, die er seriell einsetzt und damit komplexe Bilder schafft. Vier verhüllte Finger demaskieren die keinesfalls heitere Comic-Welt. Warum trägt der ehemals dunkelfarbige Mickey seit 80 Jahren weisse Handschuhe? Ab 12. Februar 2009 macht Charlie Isoe in der Galerie Station. Der 26-jährige Australier reist mit seinem Schlafsack und Skateboard um die Welt. Seine gesamten Einnahmen, die er durch den Kunstverkauf erhält, investiert er in seine Tattoos. Charlie Isoe, ein aufstrebendes Talent der Street Art Szene, ist einen Besuch wert. Einmal mehr zeigt sich die CircleCulture Gallery als Ort der Begegnung internationaler Einflüsse. Für den Besucher heisst es: Das Auge geniesst, der Verstand bekommt Futter. Text: Rahel Zoller Fotos: Charlie Isoe, Jaybo aka Monk, Gipsstrasse 11 10119 Berlin-Mitte Germany +49 (0) 30 275 81 78 86 Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 14:00 bis 18:00 Uhr www.circleculture.com

oben: Charlie Isoe. ‹Berliner Strasse›. 2008. 244 x 422 cm. exhibition view. (In courtesy of the artist and CircleCulture Gallery.) unten: Jaybo aka Monk. ‹New Wave›. 2008. 200 x 300 cm. (In courtesy of the artist and CircleCulture Gallery.)

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‹media› Vom Umschlag bis zum Abspann. Wenn’s draussen schneit und regnet, mutiert so mancher zum Tier: Aus dem einen wird eine Leseratte und selbst eingefleischte Partylöwen entpuppen sich bei winterlichen Minustemperaturen plötzlich als Couchtiger, wenn sie erst einmal eine DVD in den Recorder geschoben haben oder gemütlich im Kino­ sessel sitzen. Die spannendsten Seiten und Streifen zur Metamorphose findet ihr natürlich bei uns.

BUCH Zeitreise

nostalgisch oder utopisch zu erscheinen, erzählt Migels in Blindlings von einem abenteuerlichen Leben zwischen Leid und Hoffnung und zeichnet mit Cippicos Monolog einen eindrücklichen Querschnitt durch das letzte Jahrhundert. Es ist also schwer zu sagen, mit was wir es da zu tun haben: Chronik, Roman oder Autobiographie? Be­lassen wir es doch einfach bei einem sehr lesenswerten ‹Lebens­rückblick›. Erschienen bei dtv, CHF 20.50

Claudio Migels: Blindlings Silvester liegt noch nicht allzu lange zurück. Und wie jedes Jahr überschwemmten uns auch dieses Jahr die Zeitungen und Fernsehsen­der mit Jahresrückblicken: Die Präsidentschaftswahl, die Finanzkrise… Was sich alleine in einem Jahr an Ge­schichte sammelt, ist fast schon erschreckend. Salvatore Cippico, die Hauptfigur in Claudio Migels’ neuem Roman, wagt ebenfalls einen solchen Rückblick – allerdings auf sein gesamtes Leben. Als Sohn eines italienischen Auswanderers und einer tasmanischen Mutter kommt Cippico schon früh mit so manchem geschichtsträchtigem Ereignis in Kontakt: Die politischen Kämpfe in Australien und dem spanischen Bürgerkrieg, Dachau und Titos Gefangeneninsel Goli Otok erlebt er hautnah mit, erinnert sich an Menschen, Geschichten, gute und traurige Momente eines Lebens im 20. Jahrhundert. Ohne jemals 96

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Schlafenszeit

mit seinen Bildern die Geschichte einer Kleinstadt in Finnland, wo er fast ein Jahr lang nächtliche Strassen und Umgebungen einfing, und Porträts seines Vaters nach dessen Nachtschichten in der Papiermühle schuf. So blickt der Fotograf nicht nur in Situationen seiner eigenen Kindheit zurück, welche er teils anhand inszenierter Foto­grafien in sein Buch einfliessen lässt, sondern schafft immer auch genug Raum für eigene Interpretationen und Fantasien. Night Shift fügt sich perfekt in Lehtinens autobiographisch geprägtes Werk und vermittelt uns trotz aller Intimität viel mehr als nur einen Einblick in seine Erinnerungen. Night Shift ist eine Ballade in Bildern, ein Tribut an die Dunkelheit und vermischt auf eindrücklichste Weise Kunst und Realität im Mantel der Nacht. Ein Buch, das man immer wieder mit neuen Augen betrachten wird! Erschienen bei Hatje-Cantz, CHF 69.–

Janne Lehtinen: Night Shift Die sogenannte ‹Helsinki School› brachte in den letzten Jahren einige vielversprechende Fotografen hervor. Für den grössten Aufruhr dürften dabei die Arbeiten Janne Lehtinens gesorgt haben: Die Werke des 38-Jährigen schafften es über den Polarkreis hinaus bis in die angesagtesten Galerien dieser Welt. Lehtinen wird als einer der wichtigsten Vertreter der jungen finnischen Fotografie gehandelt. In seinem dritten Buch Night Shift präsentiert uns der Finne eine eindrückliche Mischung aus Fiktion und Autobiographie und erzählt

Mahlzeit

James Hamilton-Paterson: Einarmsegeln mit Millie Wer Gerald Samper nicht bereits aus dem Buch ‹Kochen mit Fernet

Branca› kennt, dem sei nur soviel verraten: Dieser Herr ist ein ausserordentlicher Feinschmecker, hat es eigentlich sehr gerne ruhig und gemütlich, doch leider lässt man ihn einfach nie in Ruhe. Seinen Lebensunterhalt verdient sich Mister Samper, indem er die fragwürdigen Geschichten aus den fragwürdigen Leben ebenso fragwürdiger Prominenter niederschreibt. Nachdem der Ghostwriter und Biograph sich nun endlich von seinem Kampf mit seiner Nachbarin Marta erholt hat, welche ihm im letzten Roman das Leben schwer machte, wird er auch schon in diesem Buch wieder mit neuen Problemen konfrontiert. Die abenteuerlustige Seglerin Millie Cleat verlangt nach einer Biographie über ihr Leben als einarmige RekordSeglerin. In ihrem High-tech-Trimaran durchsegelt die Mittfünfzigerin nämlich die Weltmeere, stets auf der Jagd nach neuen Rekorden und Bestleistungen – und das alles mit nur einem Arm. Spätestens als Gerald Millie kennen lernt, dürfte ihm bewusst werden, dass dieser Auftrag alles andere als einfach werden wird. Das Aufeinanderprallen dieser beiden schrulligen Charaktere sorgt nämlich für eine ungemein lustige Geschichte und bietet dem Leser einen grosszügigen Einblick in die kulinarischen Gefilde des Feinschmeckers Samper! Ein würdiger Nachfolger also. Dennoch würden wir doch eigentlich hoffen, dass Gerald Samper seine wohlverdiente Ruhe nach diesem Roman endlich einmal vergönnt sei! Erschienen bei btb, CHF 16.90


FILM

kämpft und als erster offen männerliebender Mann ein politisches Amt erobert. Als Stadtrat von San Francisco wird er zur populären Ikone, für seinen konservativen Kollegen Dan White aber zur Reiz­figur, auf die sich Wut und Frustration entladen. Konventionell erzählt, entfernt sich Gus van Sants biografisches Drama von den letzten ex­ perimentelleren assoziativen Arbeiten des Regisseurs. ‹Milk› ist fragmentarisch, weil beschränkt auf Henry Diltz: Rock On die letzten acht Jahre im Leben Jeder kennt sie, die Fotos aus seiner Hauptfigur, und setzt den Woodstock: Jimi Hendrix in Schwerpunkt auf deren politische Twilight – Biss zum exstatischer Solopose, Janis Joplin Entwicklung. Doch Sean Penns mit geschlossenen Augen im weiten Morgengrauen sensitive Darstellung würdigt auch Twilight ist eine aufwühlende Vampir- den Menschen, um den man am weissen Kleid, die das Publikum mit geschichte für Teens, basierend den ungeahnten Tiefen ihrer Ende trauert wie vor 30 Jahren ganz auf der Bestsellerreihe von Stephanie San Francisco. Seine hervor­rauchigen Stimme beeindruckt… Meyers. Der Film startete in den Henry Diltz hatte sie alle vor seiner ragende Leistung hat ihm eine GolUSA mit einem Rekordeinspielergeb- den Globe und Oscarnomination Kamera. Als offizieller Fotograf des Woodstock- und Moneterey-Festivals nis und verdrängte James Bond beschert. von der Spitze. Der Film lebt von der Ab 19. Februar 2009 im Kino fing er grosse Augenblicke ein und stimmigen Chemie zwischen prägte mit seinen Bildern die Geschichte des Rock’n’Roll wohl fast den beiden Jungdarstellern Kristin Stewart (‹Into The Wild›) und auf ähnliche Art und Weise wie die Robert Pattison (Cedric aus ‹Harry Künstler selbst. Diltz verlieh der Potter und der Feuerkelch›), Musik einer Epoche ein Gesicht. deren Romanze vor dem Hintergrund Doch nicht nur die Stars der des vampirtypischen Serien­Rock-Szene, sondern auch die mord-Motivs spielt. Als Bella zu ihwichtigsten Namen aus der rem Vater, dem Polizeichef im Fashion- und Kultur-Szene zählte Küstenort Forks, zieht, schliesst sie Henry Diltz zu seinen engen an ihrer neuen Highschool schnell Freunden und porträtierte sie neue Freundschaften. Nur der coole dadurch sowohl im öffentlichen als Edward – bleichgesichtig schön auch im privaten Umfeld. Der siebzigjährige Amerikaner versuchte wie eine griechische Statue – verhält sich distanziert. Dabei fühlt er sich ausserdem auch selbst erfolgreich als Musiker und gehört zu sich unwiderstehlich von Bella angeden Mitbegründern des ‹Modern Folk zogen, doch befürchtet er, sie im Quartet›. Wahre Berühmtheit dürften Blutrausch zu töten. Dabei ernähren sich Edward und seine Familie seine Arbeiten jedoch durch die Fotografien auf den Covers von über ausschliesslich von Tierblut – anders Never Back Down Jake Tyler fühlt sich für den Unfalltod als ein durchreisendes Trio von 200 Alben erlangt haben. Darunter seines Vaters verantwortlich und Blutsaugern. befinden sich so herausragende Ab 2. Februar 2009 im Kino leidet seither unter Zornausbrüchen. Bilder wie jenes auf der Platte Eine dadurch provozierte Massen‹Morrison Hotel› der Doors. Wer also schlägerei macht auf YouTube die Woodstock verpasst hat, weil er Runde, so dass er in seiner neuen entweder zu weit weg war oder (und Schule in Florida sogleich als das dürfte wahrscheinlich die Milk Schläger bekannt ist. Der aalglatte meisten von uns betreffen) schlicht Ryan McCarthy ist Mixed Martial und einfach noch nicht auf der Welt Arts-Champion und lädt Jake zu eiwar, dem gewährt dieses Buch einen ner Party ein, nur um ihn vor ver­ Einblick auf und hinter die Bühnen sammelter Mannschaft fertig zu maeiner bewegenden Zeit voller chen. Der Brasilianer Jean Roqua schillernder Persönlichkeiten. Erschienen bei Steidl, ca. CHF 75.– nimmt sich des geschlagenen Jake an, formt seine Kampfkunst und sein Temperament. ‹Fight Club›Juniorenausgabe meets ‹Karate Gus Van Sants bewegendes biogra- Kid› in diesem Teen-Kampfsportfilm, fisches Drama über Leben und in dem nicht mehr nur Karate pra­ Sterben des populären schwulen ktiziert wird, sondern eine Mischung Bürgerrechtlers Harvey Milk. Als aus Ringen, Kickboxen, Jiu-Jitsu, Harvey Milk 1972 mit Lover Scott Smith Capoeira und Karate. Jeff Wadlow nach Kalifornien zieht, hat sein inszeniert sein junges Team nach Leben noch keine Spuren hinterlas- gängigen Genre-Konventionen und sen. Das ändert sich, als er gegen baut, der Zeit angepasst, Handy­ die Diskriminierung der Schwulen filme und YouTube mit ein. Vor der

Alte Zeiten

Verbissen

DVD

Verprügelt

sonnigen Kulisse Floridas und unterlegt mit rockigem Sound gibt es handfeste Action mit einer Portion Romantik. Ab 14. Januar 2009 im DVD-Handel

Verliebt

Bangkok Dangerous Die Regisseure des ‹The Eye›Franchise legen ein US-Remake ihres eigenen Profikiller-Thrillers von 1999 vor. Der abgebrühte Profikiller Joe soll in Bangkok gleich vier Aufträge für den lokalen Banden­ chef Surat erledigen. Danach will er aus dem Geschäft aussteigen. Um seine Identität zu schützen, be­ auftragt er den kleinen Taschendieb Kong, sein Laufbursche zu sein. Doch bricht er bald seine eigenen Regeln, freundet sich mit dem Jungen an und verliebt sich in eine taubstumme, thailändische Apo­ thekerin. Beim US-Remake ihres gleichnamigen Profikiller-Thrillers aus dem Jahr 1999 bleiben die Brüder Danny und Oxide Pang ihrer Devise treu, visuelles Flair vor eine stringente Story zu stellen. Sie punkten bei den an John Woos Filmen orientierten durchkomponierten Action-Choreographien und vor allem der elektrisierenden Darstellung der Stadt Bangkok. Ab 22.01.2009 im DVD-Handel Buchbesprechungen: Rainer Brenner Filmbesprechungen: Valerio Bonadei

Verewigt

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‹versammelt › Mit Anspruch auf Vollständigkeit. Name, Vorname

Güttinger, Roman www.movieprops.ch Wohnort

Zürich Beginn der Sammel­tätigkeit

1988 Erstes Stück

Ein 2 Meter grosses Alien Letztes Stück

Lebensgrosse Batman Figur aus ‹The Dark Knight› und die dazu passende Büste von Heath Ledger als Joker Teuerstes Stück

Eine 4 Meter hohe und 8 Meter lange Alien Königin aus James Camerons ‹Aliens› Beste Fundorte

Keller und Estriche meiner Freunde in Hollywood Gesamtzahl

Über 5 000 Stück (es könnten aber gut auch 8 000 sein) Andere Sammelgewohnheiten

DVDs, Filmbücher, Filmplakate, Filmfotos, Autogramme…

Bist du auch Sammler? Oder kennst du jemanden, der Kakteen, Autorückspiegel oder mundgeblasene Glasfiguren aus der vorderen Mongolei sammelt? Dann schick uns eine Mail an: info@kinkimag.com, Stichwort ‹versammelt›. Wir schicken dir einen Fotografen und schon im nächsten Heft wird dein Sammeltrieb verewigt. Foto: Marvin Zilm

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AMBER HEARD So Süss. So Sexy. Zum Sterben schön.

© 2009 ASCOT ELITE HOME ENTERTAINMENT AG

WWW.ASCOT-ELITE.CH

Release 05.02.2009



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