Deutsche Jazzfotografen - Karlheinz Fürst

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Deutsche Jazzfotografen:

Karlheinz Fürst

Männeles Verlag

Band 2





Deutsche Jazzfotografen:

Karlheinz Fürst



Deutsche Jazzfotografen:

Karlheinz Fürst Herausgegeben von Marion Fürst in Zusammenarbeit mit dem Jazzinstitut Darmstadt Mit Texten von Marion Fürst und Matthias Spindler

Männeles Verlag

Neckargemünd 2012 1


Deutsche Jazzfotografen: Karlheinz Fürst Herausgegeben von Marion Fürst in Zusammenarbeit mit dem Jazzinstitut Darmstadt (= Deutsche Jazzfotografen, Band 2) Mit Texten von Marion Fürst und Matthias Spindler

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Deutsche Jazzfotografen: Karlheinz Fürst Hrsg. v. Marion Fürst in Zusammenarbeit mit dem Jazzinstitut Darmstadt (= Deutsche Jazzfotografen, Band 2) Mit Texten von Marion Fürst und Matthias Spindler Neckargemünd: Männeles Verlag, 2012 ISBN 978-3-933968-20-3 Alle Rechte vorbehalten Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, das Werk oder einzelne Teile daraus nachzudrucken oder auf fotomechanischem Wege (Fotokopie, Mikrokopie o. ä.) zu vervielfältigen. Copyright 2012 bei Männeles Verlag Waldhilsbach Layout und Satz: Katja Marzina-Berlejung Herstellung: Strauss GmbH, 69509 Mörlenbach Umschlag: Foto von Karlheinz Fürst

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Inhalt

Vorwort

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Marion Fürst Matthias Spindler

Pfälzer Jazzgeschichten Portrait des Amateurfotografen Karlheinz Fürst Zwischen Keller und Konzertsaal Rückblicke auf den Jazz im Deutschland der Fünfziger – und frühen Sechzigerjahre

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)PSK[LPS \UK 2\YaIPVNYHÄLU der Jazzmusiker von Matthias Spindler

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Literaturverzeichnis Personenregister

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Joachim Ernst Berendt 4


Vorwort Draußen brennt die Sonne, drinnen ist es stickig und heiß: Drei Kinder und eine Frau sitzen in einem grünen Alfasud, der am Rand einer Landstraße geparkt ist, der Fahrer des Wagens hingegen scheint verschwunden. Dieses bizarre Bild bot sich dem unbeteiligten Zuschauer seit den 1970er Jahre an zahlreichen Orten Europas, in der toskanischen Hügellandschaft ebenso wie an der Felsenküste der Bretagne oder in den Lavendelfeldern der Provence. Während der Sommerurlaube mussten wir Op\ÄN ¶ NLTLPUZHT TP[ \UZLYLY IL^\UKLYUZ^LY[ NLK\SKPNLU Mama – in einem am Wegesrand abgestellten Wagen warten, da Papa mal wieder ein fotogenes Objekt entdeckt hatte und dringend eine Aufnahme machen wollte. Die Leidenschaft für die Bildmotive der Welt ist meinem Vater geblieben, bis auf KLU OL\[PNLU ;HN MV[VNYHÄLY[ LY 3HUKZJOHM[LU THJO[ 7VY[YHP[Z von Großen und Kleinen, Verwandten und Fremden, fertigt Detail- und Großaufnahmen sowie Panoramen an. Seine Fotos entstanden nicht nur bei Familienfesten und in Alltagssituationen, sondern auch während seiner zahlreichen Reisen in nahe und ferne Länder. Die Schwarzweiß- und Farbfotos entwickelte er früher in der heimischen Dunkelkammer – manche Stunde habe ich dort neben ihm sitzend zugebracht und war immer aufs Neue fasziniert, den Bildern beim Werden zuzusehen, den Vorgang des Belichtens, Entwickelns und anschließenden Fixierens eines Fotos mitzuerleben. Heute sitzt der Fotograf stundenlang am Computer und bearbeitet mit sehr viel Sorgfalt seine digitalen Bilder, verwandelt sie nicht selten in kleine Kunstwerke. Eine zweite Kindheitserinnerung: Wochentags, pünktlich wenige Minuten nach 17 Uhr, kam mein Vater von seiner Arbeit aus dem nahegelegenen Dupont-Werk in Neu Isenburg nach Hause. Kaum war er da, setzte er sich zunächst für ein Stündchen ins Wohn- oder Schlafzimmer, um einige Platten seiner Jazzsammlung anzuhören. Allerdings weitete sich in den folgenden Jahrzehnten sein Musikgeschmack: Er begann mehr und mehr auch klassische Musik zu hören, liebte besonders das Klavierspiel von Friedrich Gulda, auch weil bei diesem Pianisten „Bachs Musik so richtig schön swingt“. Die Liebe zum Klavier-

spiel hatte ihm bereits seine Mutter Hedwig zu vermitteln versucht, in Kindertagen allerdings vergebens. Nun aber, zu Beginn der Siebzigerjahre, wollte es der berufstätige Familienvater noch einmal wissen. Er nahm Klavierunterricht bei Kurt Kosel, einem am Wohnort Dreieich-Götzenhain ansässigen Kirchenmusiker im Ruhestand, besuchte an der Volkshochschule in Frankfurt einen Jazzharmonielehrekurs und träumte von einer Zukunft als Hobbyjazzpianist. Aus diesen Plänen wurde wenig, aber geblieben ist seine Liebe zur Musik, die er heute aktiv als Sänger in einer Kantorei, als Besucher von Konzerten und als Hörer von Jazzplatten im häuslichen Wohnzimmer nährt. ,Z NHI LPUL ALP[ PU KLY ZLPUL 3PLIL M Y KHZ -V[VNYHÄLYLU TP[ seiner Vorliebe für die Jazzmusik Hand in Hand gingen. Es ist die Zeit vor meiner Existenz. Fast in Eins fallen meine Geburt am Silvestertag des Jahre 1962 und seine letzte Fototätigkeit für Joachim Ernst Berendt Anfang Januar 1963. Während meine Mutter noch mit mir, der Neugeborenen, in der Klinik weilte, fuhr mein Vater zu einem vom Südwestfunk veranstalteten American-in-Europe-Konzert nach Koblenz. Vielleicht hat dieses Erlebnis mit dazu beigetragen, dass ihm eine fortgesetzte Tätigkeit als freier Fotograf mit dem Familienleben unvereinbar schien. Seine Entscheidung, keine Jazzfotos mehr zu machen, wurzelte auch in einer Enttäuschung: Schon 1961 hatte sich Karlheinz Fürst Hoffnungen gemacht, einen Bildband mit seinen 1HaaMV[VNYHÄLU ]LY MMLU[SPJOLU a\ R UULU 1VHJOPT ,YUZ[ )Lrendt hatte ihm empfohlen, bei Nymphenburger in München, seinem Hausverlag, anzufragen: „Die waren zunächst Feuer und Flamme, meinten aber, es könnten noch ein paar mehr Bilder sein, damit man eine größere Auswahl habe“, erinnert sich der Fotograf. Doch im Laufe des Jahres 1962 nahm die Verlagsleitung von einer Veröffentlichung Abstand, obwohl seine Auswahl an Portraits von Jazzmusikern erheblich angewachsen war. Die Begründung: Bilderbücher wären nicht ihr Ressort. Ein erster Dämpfer, doch noch wurde die Hoffnung, die Bilder zu publizieren, nicht aufgegeben. Nächste Anlauf-

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stelle war der Verlag terra magica, den Hanns Reich 1946 in München gegründet hatte. Lange Zeit hatte Karlheinz Fürst mit dem Verleger Kontakt: „Der hat mir schon Hoffnung gemacht“. Schließlich wurde durch Beschluss einer Redaktionskonferenz im Jahr 1963 das Projekt abgelehnt mit der Begründung, die Zeit für Jazzbilder sei vorbei, jetzt müsse man die Beatles oder die Rolling Stones bringen. Die Absage des Verlages empfand der Fotograf als Kränkung, er entschied sich, künftig keine Jazzbilder mehr zu machen und nur noch für sich selbst zu MV[VNYHÄLYLU +PLZLU =VYZH[a OH[ LY ZJOSPL SPJO TLOY VKLY ^LUPNLY RVUZLX\LU[ K\YJONLM OY[! :[H[[ 1HaaT\ZPRLY MV[VNYHÄLY[L er nun seine Tochter. Allerdings fanden auch diese Kinderbilder ihren Weg in die Fotoagentur Anthony, über die zudem auch das eine oder andere Jazzbild weiterhin publiziert wurde. Um so mehr war es mir ein Anliegen, seinen lang gehegten Traum zu verwirklichen, die für Joachim Ernst Berendt in der Zeit von 1958 bis 1963 entstandenen Jazzbilder als Buch zu veröffentlichen. Die Qualität der Bilder wurde damals nicht nur von diesem weltweit geachteten Fachmann und langjährigen Leiter der Jazzredaktion des damaligen Südwestfunks erkannt, sondern wird auch heute gewürdigt: Im Januar 2002 erhielten sie den Black-and-white Award und auch im amerikanischen Webportal all about Jazz wird eine Auswahl gezeigt. Als 1988 in Darmstadt auf der Mathildenhöhe die Ausstellung That’s Jazz präsentiert wurde, war Karlheinz Fürst mit wenigen Bildern vertreten. Beim gemeinsamen Besuch soll ich auf meinen Papa sehr stolz gewesen sein, was ich – ohne mich selbst an die Situation erinnern zu können – für sehr wahrscheinlich halte. Etwa zu dieser Zeit hegte ich erstmals den Plan, die väterlichen Jazzbilder zu veröffentlichen. Ich zeigte sie dem Jazz-Publizisten Peter Niklas Wilson (1957-2003), den ich durch mein Musikwissenschaftsstudium an der Universität Hamburg im Sommersemester 1986 kennengelernt hatte. Er schien von der Qualität der Bilder beeindruckt, ermutigte mich, sie zu veröffentlichen, warnte aber zugleich, es würde sicher ZJO^LY LPULU =LYSLNLY a\ ÄUKLU +HTHSZ ^HY PJO UVJO UPJO[ PU

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der Lage, die Publikation zu realisieren – insgeheim hatte ich sicher gehofft, dass Peter einen Weg aufzeigen und Kontakte anbahnen könnte. So vertagte ich das Projekt auf unbestimmte Zeit. Dank der Zusage des Verlegers Mathias Bielitz, den Bildband in das Programm seines Verlages aufzunehmen, kann er nun, fast 24 Jahre später, endlich erscheinen. +LY ]VYSPLNLUKL )PSKIHUK ]LYLPU[ 1HaaMV[VNYHÄLU KPL LPU PU teressantes Kapitel der deutschen Jazzgeschichte, insbesondere der Regionen Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen dokumentieren. Die Fotos entstanden überwiegend in Kaiserslautern, Karlsruhe, Baden-Baden, Ludwigshafen, Mannheim, Heidelberg, Frankfurt am Main und Koblenz, während der Proben zu Berendts Fernsehsendung Jazz gehört und gesehen, bei den JATP-Veranstaltungen im genannten Zeitraum, dem Americans-in-Europe-Konzert des Südwestfunks in Koblenz 1963 sowie bei zahlreichen Konzerten in KLU 1HaaJS\IZ KLY HUNLNLILULU :[pK[L ,Z ÄUKLU ZPJO :> Portraits von Jazzgrößen wie Art Blakey, Duke Ellington, Lionel Hampton, Thelonious Monk, Stéphane Grappelli, Art Taylor, Quincy Jones, dem Modern Jazz Quartet. Deutsche Jazzmusiker der Zeit sind in diesem Fotoband stark vertreten, so etwa Wolfgang Lauth, Hans Koller, Horst Jankowski, Fritz Münzer oder der aus der Westpfalz stammende legendäre Schlagzeuger Hartwig Bartz. Wenige Jazzmusikerinnen wurden von Karlheinz Fürst abgelichtet, neben den Sängerinnen Ella Fitzgerald, Velma Middleton auch Inge Brandenburg und Roswitha Robinson sowie die weiblichen Mitglieder der Quincy-JonesBigband, die Pianistin Patti Bown und die Posaunistin Melba Liston. Mit einem Essay zur deutschen Jazzgeschichte um 1960 erweckt der Historiker und Jazzkenner Matthias Spindler die damalige Zeit zum Leben, eine Zeit, „in der der Jazz noch bei sich selbst war“, wie er in einem unserer Gespräche einmal sagte. Mit seinen Ausführungen verortet er die Bilder von Karlheinz - YZ[ PU KLY KHTHSPNLU 4\ZPRZaLUL YLÅLR[PLY[ HILY H\JO ^VOPU


diese sich in der Folge entwickelte und resümiert, was aus dem 1Haa OL\[L NL^VYKLU PZ[ :LPUL 2\YaIPVNYHÄLU a\ KLU LPUaLSnen Jazzmusikern und Jazzmusikerinnen runden den Bildband ab und bereichern ihn. Matthias Spindler sei an dieser Stelle für die unkomplizierte Zusammenarbeit und seine Begeisterung für das Buchprojekt herzlich gedankt. Danken möchte ich zudem Dr. Wolfram Knauer und Doris Schröder vom Jazzinstitut Darmstadt, die das Buch in ihre Reihe Deutsche Jazzfotografen aufgenommen und zugleich eine Ausstellung in ihren schönen Räumlichkeiten ermöglicht haben. Bei Unklarheiten war Frau Schröder stets ein geduldiger und kompetenter Ansprechpartner. Für ihre Hilfestellungen sei auch den Bibliothekarinnen und Archivaren der Stadtarchive in Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg, der Bibliothek des Technoseums in Mannheim sowie der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe gedankt. Der Künstler Günther Berlejung und die Diplomkommunikationsdesignerin Katja Marzina-Berlejung zeichnen für das Layout des Buches sowie die Umschlaggestaltung verantwortlich, Doris Schröder, Dr. Nikolaus de Palézieux und Dr. Rüdiger Thomsen-Fürst übernahmen die kritische Durchsicht des Manuskripts. Last but not least gilt der Dank meinem Vater, der sich die Mühe machte, seine Bilder erneut digital zu bearbeiten und der auch manches Bild, das nicht seinen ästhetischen Vorstellungen und hohen Ansprüchen genügte, doch zum Druck freigegeben hat, da wir, Matthias Spindler und ich, ihn bedrängten, diese Fotos aufgrund ihres dokumentarischen Wertes gleichfalls in die Publikation einbeziehen zu dürfen. Marion Fürst

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Marion Fürst Pfälzer Jazzgeschichten Portrait des Amateurfotografen Karlheinz Fürst Man schreibt das Jahr 1936. Am 13. Juli kommt Karlheinz in Ludwigshafen am Rhein als erstes Kind des Ehepaares Adolf und Hedwig Fürst zur Welt. Sein Heimatort allerdings ist keine Stadt, sondern ein kleines Örtchen in der Pfalz, ein langgestrecktes Dorf mit einem noch längeren Namen: Hettenleidelheim. Die Pfälzer nennen diesen Ort kurz und zärtlich Hettrum. Dort gab es Tongruben, aus denen im Untertage-Abbau Tonerde gefördert wurde. Viele Bewohner des zwischen Grünstadt und Kaiserslautern gelegenen Ortes fanden ihre Arbeitsplätze bei der Gewinnung des Rohstoffes und dessen Weiterverarbeitung in der Chamotte-Industrie. Andreas Fürst, der Großvater ]VU 2HYSOLPUa WYVÄ[PLY[L H\M ZLPUL >LPZL ]LYRH\M[L LY KVJO ZLP[ 1899 in seiner Eisenhandlung neben Druckbrandöfen und Herden, Wasch- und Pfaffschen Nähmaschinen, Waffen und Messern, Werkzeugen und Nägeln auch Karbid en gros. Mit Gaslampen, die mit in Wasser gelöstem Karbid gespeist wurden, arbeiteten die Bergleute unter Tage. Mit Karbid trieben aber auch die Kinder ein gefährliches Spiel: Die in Dosen gepresste und mit Wasser vermischte Kalzium-Kohlenstoff-Verbindung entwickelte Explosionskraft, wenn ein brennendes Streichholz KHZ 2HYIPKNHZ LU[ÅHTT[L \UK ZJOSPL SPJO KLU +LJRLS TP[ SH\[LT 2UHSS K\YJO KPL 3\M[ ÅPLNLU SPLZ ,PU NLMpOYSPJOLZ HILY H\JO aufregendes Spiel. Adolf, Sohn des Andreas Fürst und späterer Vater von Karlheinz, hatte eine große Liebe, die sein Leben lang nicht erlosch: seine Begeisterung für die Technik. Schon als junger Mann hatte er sich für den aufkommenden Rundfunk interessiert, mit seinem Cousin einen Detektorempfänger gebaut, später sein Wissen erweitert, indem er verschiedene Praktika bei Radioherstellern wie Telefunken und Nordmende absolvierte. Während des Zweiten Weltkrieges hatte ihn die Wehrmacht zum technischen Inspektor der Luftwaffe ausgebildet; zu seinem Aufgabengebiet gehörte die Beschaffung und War[\UN ]VU -\UR \UK 9HKHYHUSHNLU PU 2HTWMÅ\NaL\NLU :JOVU THJO[L LY :JOTHSÄSTH\MUHOTLU M Y KPL KHTHSPNL ALP[ 8

LPU YLJO[ \UNL^ OUSPJOLZ /VII` \UK H\JO M Y KHZ -V[VNYHÄLren begeisterte er sich. Vielleicht ist diese Freude am Visuellen auf den Sohn und künftigen Fotografen übergegangen. Im Spätsommer 1945 war Adolf aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entlassen worden. Um die Familie zu ernähren, führte er schon bald Reparaturen an Radios und anderen technischen Geräten direkt vor Ort aus. Sein ältester Sohn Karlheinz hatte dabei eine besondere Aufgabe: Er musste vor dem Haus der Kunden den Motor eines Motorrades am Laufen halten, da sich die alte Viktoria sonst nicht mehr hätte starten lassen können. Als cleverer Geschäftsmann ersann sich Adolf ein besonderes Werbemittel: Mit einem Holzvergaser-Auto fuhr er ab den Jahren 1947/48, begleitet von Karlheinz, durch die umliegenden Ortschaften Wattenheim, Eisenberg, aber auch durch Kindenheim, nördlich von Grünstadt. An ausgewählten Plätzen wurde gehalten und der Junge durfte den Job eines Discjockeys übernehmen: Er bediente das mitgeführte Grammophon, legte Platten auf mit volkstümlichen Titeln wie Von den blauen Bergen kommen wir, aber auch damals populären Schlagern wie Du bist die Rose, die Rose vom Wörthersee oder Wenn bei Capri die Sonne im Meer versinkt, bis der Vater ihm das Zeichen gab, dass er nun seine selbstgedichteten Werbesprüche ins Megaphon rufen wolle: „Ist am Radio was entzwei, ruf’ nur Radio Fürst herbei“ und „Wer an den Kauf eines Radios denkt, zuerst an Radio Fürst sich wend’t“ – zwei Slogans, an die sich Karlheinz rückblickend erinnert. Waren Klassenkameraden unter den Menschen, die sich rasch als Trauben um das ungewöhnliche Werbefahrzeug bildeten, so war er besonders stolz und glücklich über seine Rolle. Und er erfüllte gelegentlich auch Hörerwünsche. Die Musik, die ihm am Herzen lag, konnte er in dieser Situation freilich nicht zum Klingen bringen. Da war allein schon sein Vater Adolf vor, der für die Jazzvorlieben seines Sohnes keinerlei Verständnis hatte.


0T (S[LY ]VU 1HOYLU ILNHUU 2HYSOLPUa a\ MV[VNYHĂ„LYLU „Vorher  hatte  er  schon  alle  erreichbaren  PhotobĂźcher  studieret,  so  daĂ&#x;  er  die  GrundzĂźge  der  Photographie  bereits  kannte“,  erfährt  man  aus  einem  1956  in  der  Zeitung  Der  Pfälzer  erschienenen  journalistischen  Portrait  des  jungen  Amateurfotografen  aus  Hettenleidelheim.  Bald  schon  durfte  er  mit  dem  Apparat  seines  Vaters  Aufnahmen  machen;  eine  eigene  Kamera,  mit  der  er  seinen  ambitionierten  Fotoprojekten  angemessen  nachkommen  konnte,  erhielt  er  jedoch  erst  1952.  Er  wurde  Mitglied  in  der  Fotobande,  einer  Jugendorganisation,  die  der  Gesellschaft  zur  FĂśrderung  der  Fotographie  angeschlossen  war.  Dort  fand  er  â€“  wie  es  im  bereits  erwähnten  Bericht  heiĂ&#x;t  â€“  â€žgleichaltrige  Freunde,  die  sich  wie  er  in  ihrer  Freizeit  mit  photographischen  7YVISLTLU ILMHZZLU /PLY LTWĂ„UN LY H\JO (UYLN\UNLU \UK Aufmunterung.“ -YL\UKL KLY -V[VNYHĂ„L NHI LZ PU /L[[LUSLPKLSOLPT \UK <TNLbung  offenbar  einige,  Freunde  der  Jazzmusik  am  Heimatort  zu  Ă„UKLU NLZ[HS[L[L ZPJO RVTWSPaPLY[LY ,Z NHI U\Y ^LUPNL 4LUschen,  die  den  Musikgeschmack  von  Karlheinz  FĂźrst  teilten.  In  der  Pfalz  war  der  Jazz  damals  noch  nicht  angekommen.  Wie der Jazz nach Hettrum kam Erste  Kontakte  ermĂśglichte  ihm  der  Radiosender  AFN,  den  er  gerne  hĂśrte,  auch  während   er  seine  Hausaufgaben  erledigte.  Sehr  zum  Leidwesen  seiner  Mutter,  die  ßber  die  â€žNegermusik“  schimpfte.  Zu  dieser  Zeit  wusste  er  selbst  nicht,  dass  die  von  ihm  geliebte  Musik  Jazz  genannt  wird,  einzig  durch  das  Ohr  erschloss  er  sie  sich.  Mehr  und  mehr  vertiefte  er  seine  Liebe  zur  Musik  der  Tanzorchester,  zu  den  Klängen  der  Swing-  und  Bebopmusik.  Da  er  selbst  kein  Musikinstrument  spielte,  blieb  es  beim  HĂśren. Das  Angebot  der  Eisenhandlung  seines  Vaters  in  der  Hauptstrasse  39  hatte  Adolf  FĂźrst  peu  à  peu  um  technische  Apparate  wie  Radios  und  später  auch  Fernsehgeräte  erweitert.  1950  stand  eines  Tages  in  der  Werkstatt  des  Geschäftes  ein  Schrank  mit  einem  eingebauten  Radio,  einem  Plattenspieler  sowie  einer  magnetischen  Tonspule,  einer  Art  Tonband.  Was  fĂźr  ein Â

Gerät  denn  das  sei,  wollte  der  wissbegierige  vierzehnjährige  Karlheinz  vom  fast  gleichaltrigen  Lehrbuben  Fritz  wissen.  Der  musste  gleichfalls  passen,  also  wurde  die  Apparatur  genauer  inspiziert.  Dabei  entdeckte  man  im  Schrank  auch  Schallplatten  mit  Jazzmusik.  Nun  war  kein  Halten  mehr,  Karlheinz  musste  sich  diese  Platten  â€“  wenn  auch  mit  schlechtem  Gewissen  â€“  einfach  anhĂśren,  darunter  auch  eine  mit  dem  Titel:  Andy  Kirk  and  his  clouds  of  joy.   Fritz  bekam  Order,  Bescheid  zu  geben,  wenn  der  Besitzer  das  reparierte  Gerät  abholen  wĂźrde.  Unbedingt  wollte  er  diesen  Mann  kennenlernen.  Tatsächlich  kam  wenige  Tage  später  ein  in  Kaiserslautern  stationierter  und  in  der  US-Siedlung  Vogelweh  lebender,  etwa  18  Jahre  alter  Soldat  ins  Geschäft,  der  sich  ßber  die  Liebe  des  Jungen  zur  Jazzmusik  freute  und  ihn  fortan  zu  Konzerten  in  den  Jazzclubs  Kaiserslauterns  mitnahm.  Unvergessen  ist  fĂźr  Karlheinz  auch  der  gemeinsame  Besuch  eines  Gospelgottesdienstes.  Verständigungsprobleme  gab  es  keine,  denn  der  Soldat  sprach  pfälzisch,  jedoch  kein  Wort  hochdeutsch.  Und  FĂźrst  junior  lernte  erste  Englischbrocken  in  der  Schule.  Die  ungewĂśhnliche  Freundschaft  verlief  sich,  als  der  Soldat  an  einem  anderen  Ort  stationiert  wurde.  Heute  erinnert  sich  Karlheinz  noch  gerne  an  den  Amerikaner,  der  ihn  in  seiner  Liebe  zur  Jazzmusik  bestärkt  hatte,  leider  jedoch  nicht  mehr  an  dessen  Namen. Zu  den  ersten  Jazzplatten,  die  er  sich  als  SchĂźler  kaufte,  gehĂśrte  die  Philips  Minigrove  Platte  Jazz,  auf  der  einzelne  Titel  der  KĂźnstler  Bunk  Johnson,  Bessie  Smith,  Louis  Armstrong,  Bix  Beiderbecke,  Teddy  Wilson,  Benny  Goodman,  Count  Basie,  Eddie  Condon,  Turk  Murphey,  Duke  Ellington,  Woody  Herman,  Pete  Rugolo,  Dave  Brubeck,  Jay  Jay  Johnson  und  Kai  Winding  zu  hĂśren  sind. Mit  dem  Wechsel  von  der  Grundschule  an  das  Progymnasium  in  GrĂźnstadt  (Schulbesuch  bis  Ende  der  10.  Klasse)  lernte  er  unter  seinen  Schulkameraden  erstmals  auch  Jazzfans  kennen:  Carola  (*1936)  und  Friedel  Lehn  (*1936),  die  Halbgeschwister  von  Erwin  Lehn  (1919-2010),  dem  GrĂźnder  des  SĂźdfunk-Tanzorchesters  des  SĂźddeutschen  Rundfunks  (SDR)  in  Stuttgart.  Friedel  klärte  Karlheinz  ßber  den  Jazz  theoretisch  auf,  machte  ihn  auch  auf  die  JazzbĂźcher  von  Joachim  Ernst  Berendt  auf9


merksam. Nun konnte Karlheinz seine Hörerfahrung mit jazzgeschichtlichem Wissen untermauern. Solchermaßen gestärkt befand er sich kompetent, um für die Schülerzeitung Die Luke einen Artikel über Jazzmusik zu schreiben. Seine Darstellung in der Schülerzeitung blieb jedoch nicht unwidersprochen: Friedel, mit dem Inhalt nicht einverstanden, schrieb eine Entgegnung, die gleichfalls abgedruckt wurde. Um in der Meinungsverschiedenheit Klarheit zu bekommen, wandte sich Karlheinz nun an Joachim Ernst Berendt. Sein Urteil gab ihm recht, auch dies war ein neuerlicher Beitrag, der in der Luke erschien. Dinge sehen, an denen andere vorübergehen Schon während der Schulzeit begann Karlheinz, Bilder in Zeitungen zu veröffentlichen. 1953 etwa erschien im Publikationsorgan der Fotobande eine kleine Auswahl an Reisebildern, die während einer Radtour nach und einem Aufenthalt in Paris entstanden waren, mitsamt einem Reisebericht. Aber auch als Pressefotograf betätigte er sich ab 1956 mehr und mehr, lichtete etwa die Fußballmannschaften aus Hettenleidelheim ab, dokumentierte die Faschingsaktivitäten des ansässigen KarUL]HS]LYLPUZ MV[VNYHÄLY[L HILY H\JO 3HUKZJOHM[ZPTWYLZZPVULU in der Erdekaut oder im Leiningerland. Im September 1956 gewann er mit dem Bild Aufspringender Wassertropfen den 1. Preis bei der Ausstellung Jugend hinter der Kamera, die im Essener Ruhrlandmuseum gezeigt wurde. In diesem Zusammenhang erläuterte der junge Mann einem Journalisten sein Kunstverständnis: „Wir Amateurfotographen sind nämlich vor allem bemüht, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und Dinge zu sehen, an denen andere vorübergehen, ohne sie zu bemerken. Diese belanglosen Dinge dann mit Beleuchtung, Bildkomposition und ein wenig Technik zu einem geschlossenen, bildwirksamen Photo zu gestalten, ist unsere Hauptaufgabe“ (Der Pfälzer 1956). 0U KPLZLY ALP[ L_WLYPTLU[PLY[L LY Op\ÄN H\JO TP[ 3PJO[ \UK Schattenspielen in seinem eigenen „kleinen phototechnischen Labor“, in dem er seine Aufnahmen selbst entwickelte und vergrößerte. Mit dem Erlös aus dem Verkauf seiner Fotos an 10

Tageszeitungen und Fotofachzeitschriften konnte er damals zumindest die Ausgaben für sein Hobby decken. 1956 war auch das Jahr, in dem Karlheinz an dem Bad Dürkheimer Gymnasium sein Abitur machte – es war der erste Jahrgang an diesem Ort überhaupt. Nun zog er nach Karlsruhe, um zunächst an der dortigen TH Elektrotechnik zu studieren. Schon nach einem Semester wechselte er ins Fach Physik, auch um seinen damaligen Berufswunsch, später in der optischen Industrie zu arbeiten, leichter verwirklichen zu können. Zahlreiche seiner Jazzbilder entstanden während der StudienaLP[ (ILY LY MV[VNYHÄLY[L UPJO[ U\Y ILP 1HaaRVUaLY[LU PU 2HYSZruhe und der Rhein-Main-Region, sondern ebenso im Theater, im Kaufhaus beim Winterschlußverkauf, auf Faschingsbällen, verfolgte Boxkämpfe mit der Kamera oder portraitierte seine Freundin und künftige Frau Ursula. Viele Erinnerungen und Erlebnisse verbinden sich mit den Aufnahmen. Ein Konzert Lionel Hamptons und seiner Big Band wollte Karlheinz Fürst mit einem Studienfreund besuchen. Da die Veranstaltung im Musensaal des Mannheimer Rosengartens ausverkauft war, gab es nur eine Möglichkeit, doch noch hineinzugelangen: Beide griffen sich je eine Kiste der gerade angelieferten Musikerutensilien und gelangten durch den Künstlereingang in den Saal. Lionel Hampton begeisterte nicht nur an diesem Abend mit seiner Show das jugendliche Publikum, darunter auch „viele farbige Gäste“. Die Atmosphäre bei seinen Auftritten in der kurpfälzischen Hauptstadt sowie die Reaktionen der Zuhörerschaft auf die dargebotene Musik beschrieb ein Rezensent in seinem Konzertbericht, der im Mannheimer Morgen vom 4. März 1958 erschien: „Wie merkwürdig: die Verwandlung von 1500 mehr oder minder friedlichen, wenn auch unreifen Bürgern in einen brodelnden Hexenkessel, geht von durchaus legitimen musikalischen Ausdrucksformen aus. Das erlebten wir mit ‚Hamp’ am Sonntagabend erneut, als er zum dritten Male in der Nachkriegszeit im Mannheimer Musensaal gastierte. Das psychologisch Bemerkenswerte dabei ist, daß von einer gewissen Stufe an Musiker und Publikum aneinander gegenseitig aufputschen.


Normalerweise entbehrliches, aber offenbar unentbehrliches Beiwerk` eines Lionel-Hampton-Konzertes [...]“. +\YJOH\Z RYP[PZJO ILÄUKL[ KLY 9LWVY[LY KHZZ /HTW[VUZ „Schau“ ohnehin Züge eines „Theaters der Massensuggestion“ trage. Weder Jung noch Alt hätten sich Hamptons „vitaler Musizierkraft“ entziehen können. Am 17. Februar 1959 besuchte Karlheinz Fürst ein in der Karlsruher Schwarzwaldhalle veranstaltetes Konzert mit Louis Armstrong, dem King of Jazz. „Der Armstrong wollte partout nicht ins Licht treten“, erinnert sich der Fotograf. Neben dem berühmten amerikanischen Jazztrompeter und Sänger, der auch KPL 1HaaZpUNLYPU =LSTH 4PKKSL[VU ]LYWÅPJO[L[ OH[[L T\ZPaPLYten an diesem Abend der Jazzposaunist Trummy Young, der Klarinettist Peanuts Hucko, der Pianist Billy Kyle, der Jazzbassist Mort Herbert und der Schlagzeuger Danny Barcelona. Die Musiker waren Mitglieder der Louis Armstrong All Stars, die in den Fünfziger- und frühen Sechzigerjahren durch die Welt tourten, mit mehr als dreihundert Konzerten im Jahr. Unter dem Titel The Faithful Hussar spielten sie sicher auch in Karlsruhe ihre Improvisation über das deutsche Volkslied Der treue Husar sowie die Nummern Stompin‘ at the Savoy und Basin Street Blues. Der Konzertkritiker der Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) lobt in seiner Besprechung vom 19. Februar 1959, die Leistungen von Louis Armstrong: „‚Satchmo’, wie er liebevoll von seinen Freunden und den ‚Fans’ genannt wird, ist immer noch der Alte. Die Spitzentöne kommen bei ihm so locker, als handele es sich um Töne in der Mittellage. Seine Technik und vor allen Dingen seine Atemführung sind unwahrscheinlich gut. Sein Ton besitzt alle Ausdrucksnuancen, die man sich auf der Trompete überhaupt denken und wünschen mag. Auch der stärkste Strahl des Forte hat bei Armstrong noch jenen schlichten choralartigen Hintergrund, der eine elementare und ganz innige Beziehung zu dem alten Blues offenbart.“ Streng ging der Kritiker mit der Sängerin Middelton ins Gericht, ihren Auftritt im zweiten Teil des Abends bezeichnete er gar als „dickes (Show-)Ende“ und fuhr fort: „Man gewann von ihren kurzen Songs leider gar keinen Ein-

druck über ihre Stimme und ihren Stil. Im Vergleich zu Armstrongs rauher, aber herzlicher und farbiger Stimme war die von Velma trotz ihrer überdimensionalen Konturen ebenso kommerziell gebleicht, wie die Musik, die sich fast genierte, daß ihr ab und zu andeutungsweise Jazzrhythmen unterlegt wurden. Zum Glück war diese zweite ‚Hälfte’ des Abends wohltuend kurz, so daß sie nicht ganz ausreichte, die großartigen Eindrücke, die wir vor der Pause gewonnen hatten, zu verwischen.“ )RWRJUDðHUHQ IşU -RDFKLP (UQVW %HUHQGW Im Theater oder in großen Veranstaltungsräumen wie etwa der Karlsruher Schwarzwaldhalle waren die Entfernungen zur Bühne stets ein Problem: „Bei diesen Konzerten, da kamst Du ja nicht dicht ran“, berichtet Karlheinz Fürst. Da war es von Vorteil, dass der Vater einer seiner Mitstudenten als Pressefotograf arbeitete; von ihm konnte er sich ein besonderes Objektiv leihen: „Olympia sonar, so hieß das Ding, das war so eine Kanone. Die Firma Zeiss hatte das Objektiv entwickelt, für die Sportfotografen, die es bei der Olympiade im Jahr 1936 erstmals einsetzten“. Nun konnte man zwar die Entfernung zur Bühne auch mit der Kamera überwinden, aber es gab weitere Probleme: Das schwere und lange Objektiv erhöhte die Gefahr, die Aufnahme zu verwackeln. Bei den ohnehin nötigen langen )LSPJO[\UNZaLP[LU ^HY KHZ 9PZPRV KHZ )PSK U\Y \UZJOHYM a\ Äxieren, sehr groß. :LOY Op\ÄN ^HYLU KPL 3PJO[]LYOpS[UPZZL ]VY 6Y[ RH[HZ[YVWOHS! „In vielen Jazzkellern war es annähernd so dunkel wie in einer Dunkelkammer“, erinnert sich Karlheinz Fürst an die Arbeitsbedingungen. Wenn man ohne Blitzlicht auskommen wollte – was sich aus Rücksichtnahme auf die Musiker von selbst verstand – mussten Fotografen in der Dunkelkammer mit allen Tricks arbeiten, um aus dem Negativ noch ein Optimum herauszukitzeln. Vergrößern war damals noch echte Handarbeit und wenn der Jazzfotograf heute versucht, mit modernen Bildbearbeitungen am Computer anhand der Negative die alten Abzüge zu reproduzieren, ist er oft erstaunt: „Ich kann oft am Computer nicht nachstellen, was ich auf dem Papier11


abzug habe, das war eine ganz andere Arbeit, da musstest du hier etwas abhalten, damit es nicht zu dunkel wird, da unten musstest Du hauchen, damit das noch ein bisschen besser rauskommt und so weiter.“ Sein Wunsch, Jazzmusiker beim Musizieren aus unmittelbarer Nähe ablichten zu können, erfüllte sich mit dem Angebot von Joachim Ernst Berendt, für ihn bei den Jazzproduktionen KLZ :>- a\ MV[VNYHÄLYLU +LY :[\KLU[ H\Z 2HYSZY\OL OH[[L ihm zuvor einige Bilder zugeschickt und angefragt, ob er sie brauchen könne. Berendt war begeistert und bot ihm eine Zusammenarbeit an. „Ich konnte nun auch auf die Bühne, um a\ MV[VNYHÄLYLU RHT PU KPL .HYKLYVILU KLY 2 UZ[SLY¸, erzählt Karlheinz Fürst. Dies war einer der großen Vorteile, die die Auftragsarbeit ihm brachte. Weniger verständlich scheint rückblickend, warum er für seine Tätigkeit kein Honorar verlangte. Auch die Regelung, dass der Jazzpapst Deutschlands die Bilder in sein Archiv aufnehmen und diese jederzeit ohne Angabe des Namens des Fotografen veröffentlichen durfte, mutet aus heutiger Sicht nicht gerade fair an. Allerdings konnte Karlheinz Fürst seine Rechte am Bild behalten und durfte die Aufnahmen auch eigenständig weiter zur Veröffentlichung anbieten, was er über die in Starnberg ansässige Agentur Anthony bis Mitte der Siebzigerjahre auch tat. „Für mich war das damals in Ordnung, M Y POU a\ HYILP[LU IYHJO[L TPY H\JO =VY[LPSL >PY WYVÄ[PLY[LU beide“, urteilt er rückblickend über die Kooperation mit dem großen Förderer und Vermittler des Jazz. Und ist mit seiner Einschätzung vielleicht doch etwas zu rücksichtsvoll. In jedem Fall spornte die Zusammenarbeit mit Joachim Ernst Berendt den Amateurfotografen an, sein Hobby weiter zu professionalisieren. Treffpunkt Jazz – so lautete der Titel einer Sendereihe, die Erwin Lehn gemeinsam mit Dieter Zimmerle und Wolfram Röhrig 1955 für den SDR ins Leben gerufen hatte. 1959 entschied man sich, künftig mit dem SWF zu kooperieren. Dies geschah auch, um Kosten zu sparen, wie ein Jazzkritiker in der Ausgabe der BNN vom 4. Juni 1959 wusste: „Die amerikanischen 12

Jazz-Stars verlangen nunmehr solche Honorare, daß ein Sender allein gar nicht mehr in der Lage ist, ein abendfüllendes Programm zu bezahlen. So haben sich Süddeutscher Rundfunk und Südwestfunk zusammengetan, um weiterhin repräsentative Jazzkonzerte veranstalten zu können. Der Schauplatz ihrer zukünftigen gemeinsamen Konzerte soll Karlsruhe sein.“ Der erste Abend der neuen Konzertreihe fand am Freitag, dem 29. Mai 1959, in der Stadthalle Karlsruhe statt, präsentiert wurden mehrere Jazzformationen, darunter das Gene-KrupaQuartet, Hans Kollers New Jazz Stars – mit Hans Hammerschmid am Klavier – sowie Ensembles um Gerry Mulligan und Jimmy Giuffre. Über den Verlauf der Veranstaltung berichtet der Rezensent der BNN: „Die eigentlichen Anziehungspunkte des Abends waren Gerry Mulligan und Jimmy Giuffre. Die Besetzungen: Mulligan: Saxophon, Trompete, Baß, Schlagzeug: Giuffre: Gitarre, Saxophon (Klarinette) Baß. [...] Bei Mulligan bestach besonders das spannungsgeladene Chorusspiel, alSLPU \UK ]VY HSSLT KPL R\YaLU YHMÄUPLY[ HS[LYUPLYLUKLU 7HZZHgen, bei Giuffre der phantastisch ausgewogene Klang, dessen Delikatesse wirklich ihresgleichen sucht.“ Über drei Stunden dauerte das Konzert, doch „der unterschiedliche ‚Sound’ der einzelnen Gruppen, dazu die Ausstrahlung der verschiedenen Künstlerpersönlichkeiten waren interessant genug [...] keine Langeweile aufkommen zu lassen. Natürlich hatte es die abschließende Gruppe Mulligan besonders schwer, Stimmung zu schaffen und Spannung zu halten [...].“ Amüsanterweise macht der Konzertkritiker auch Anmerkungen zu den anwesenden Jazzfotografen, durch die er sich offenkundig sehr gestört fühlte: É-V[VNYHÄLYLU PZ[ LPUL ZJO UL :HJOL \UK 1HaaMV[VNYHÄLU haben zweifellos ihren eigenen Reiz. Es ist aber nicht einzusehen, warum sich das Publikum eines Jazzkonzertes mehr als jedes andere Publikum von einer kleinen Gruppe von Knipstigern terrorisieren lassen soll. Sind denn Jazzmusiker so viel weniger jener primitiven Rücksicht auf die Ungestörtheit beim Spiel würdig, als alle anderen Musiker, denen man doch auch nicht während des Spielens minutenlang mit Blitzlicht, hin- und herlaufen und vorsichtigem Lärm die Spannung verdirbt? Das Klicken der Verschlüsse, das Geräusch der Schritte und Han-


tierungen (einschließlich Bodengymnastik) ist bei dem verhaltenen Klang des modernen Jazz nicht nur psychologisch, sondern auch effektiv (akustisch) störend – und hier beginnt die Sache ärgerlich zu werden.“ Die Grenzen des guten Geschmacks würden aber vollends überschritten „wenn jemand auf die Idee komme, die Bühne während des Spieles zu erklimmen(!), in der Kapelle herumzuturnen und die MusiRLY ]VU OPU[LU a\ MV[VNYHÄLYLU¸ Ob dieser Fotograf etwa mein Vater war? Diese Frage stellte sich mir beim ersten Lesen des Artikels. Zuzutrauen wäre es ihm, ist er schließlich zu Recht der Ansicht, dass die interessantesten Jazzfotos im Gegenlicht zu machen sind, wozu man eben auf die Bühne muss. Wenn der Kritiker sich über die so entstandenen Bilder ironisch lustig zu machen R UULU NSH\I[L ZV IL^PLZ LY QLKVJO U\Y ZLPUL MV[VNYHÄZJOL Unkenntnis. „Norman Granz schickt zu Beginn dieses Jahres gleich zwei JATP-Gruppen nach Europa. Im ersten Paket, das im Februar in Deutschland auftreten wird, sind Ella Fitzgerald, begleitet vom Pianisten Paul Smith, Roy Eldridge, das Jimmy Giuffre Trio und das Shelly Manne Quintett mit Richie Kamuca ts. [...] Mit dem zweiten JATP-Paket kommen im März das Miles Davis Quintett mit John Coltrane ts und Paul Chambers b, das Stan Getz Quartett in europäischer Besetzung und das Oscar Peterson Trio mit Ray Brown b und Ed Thigpen d.“ Dies vermeldete 1960 eine Pressenotiz in der Februar-Ausgabe der Zeitschrift Jazzpodium, sie gab auch die Tourneestationen unter Vorbehalt bekannt. In Karlsruhe hat Karlheinz Fürst beide JATP-Konzerte miterlebt und die auftretenden Künstler im Bild verewigt: Am 18. Februar 1960 gelang ihm von dem Trompeter Roy Eldridge, dem neben Louis Armstrong bedeutendsten Trompeter des Swing, ein Foto, das noch im selben Jahr auf der Photokina ausgezeichnet wurde (Abb. S.127). Beim zweiten Konzert, das am 4. April 1960 in der Stadthalle Karlsruhe stattfand, war er ebenfalls als visueller Chronist zugegen. Im ersten Teil spielte zunächst das Oscar Peter-

son Trio, für dessen Leistung der Rezensent der BNN anerkennende bis begeisterte Worte fand: Peterson sei „ein exzellenter Techniker, der die jagenden, rhythmischÄLIYPNLU -PN\YLU KLZ )LIVW TP[ LPULY \U^HOYZJOLPUSPchen Präzision spielt. Aber sein eigentlicher Trumpf am Flügel ist nicht diese handwerkliche Perfektion, sondern eine einfach umwerfende Vitalität und so auch ein ‚Drive’ in der Gestaltung, der den Zuhörer bannt. Die Begabung a\Y 0TWYV]PZH[PVU ZLPUL TLSVKPZJOL ,YÄUK\UNZRYHM[ ZLPU sensibles Gehör, das sich im harmonischen Reichtum seiner Klänge widerspiegelt, sind wirklich bewundernswert.“ Nach der Pause spielte das Miles Davis Quintet, an diesem Abend eine Formation, die neben dem Trompeter Miles Davis aus dem Tenorsaxophonisten John Coltrane, dem Bassisten Paul Chambers, dem Pianisten Wynton Kelly und dem Schlagzeuger Jimmy Cobb bestand. Auch diesen Musikern zollte der Kritiker seinen Respekt, hob insbesondere das Spiel von Miles Davis hervor: Er „bezauberte [...] durch sein transparentes Piano und überhaupt durch einen Trompetenton, der in seiner ästhetischen Formung und Abrundung im Jazz seinesgleichen sucht. Die Formulierung seiner melodischen Einwürfe ist kühn, teilweise sarkastisch, sein Stil eher abstrakt, als vital oder gar emotional, obwohl plötzliche expressive Ausbrüche die angestaute Spannung in Miles Davis erregend spiegeln.“ Es gehört vermutlich zu den menschlichen Verdrängungsmechanismen, dass Karlheinz Fürst sich nicht erinnern kann, Miles Davis jemals live gehört zu haben. Doch existieren Bilder, die das Gegenteil belegen: Den legendären Trompeter sieht man dort allerdings nur aus rückwärtiger Perspektive, und seine Silhouette verschwindet fast gänzlich im Schwarz des Hintergrunds. Miles Davis’ Trompetenspiel konnte der Fotograf – ganz anders als die meisten Jazzfans – nicht viel abgewinnen. Vielleicht existiert auch deshalb keine Nahaufnahme des legendären Jazzmusikers. Einer seiner liebsten Jazzpianisten war Bobby Timmons, 13


wenig verwunderlich ist daher, dass Karlheinz Fürst eines der zahlreichen Portraits, die er von ihm machte, zugleich für eines seiner besten Jazzbilder hält (Abb.S. 53). Hard Bop mit den Art Blakeys Jazz Messengers erlebte er in seiner Studienstadt zweimal, „einmal mit Wayne Shorter, einmal ohne“, erinnert er sich. Mit der Besetzung Lee Morgan, Wayne Shorter, Bobby Timmons und Jim Merrit – so der Autor Hannes Giese – „entstanden zwischen März 1960 und Mai 1961 in rascher Folge ein Dutzend Schallplatten und einige Rundfunkmitschnitte, die sämtlich Shorters Kompositionen und Arrangements enthalten“. Zum Jahresende 1960/61 kamen die Jazz Messengers nach Europa und gastierten auch in Deutschland. In der Stadthalle Karlsruhe lichtete Karlheinz Fürst die Musiker ab, die dort vielleicht in der Reihe SWF Jazz Session auftraten. 0U 2HYSZY\OL MV[VNYHÄLY[L LY H\JO PT Atlantik Jazzkeller, etwa bei einem Konzert mit der George Maycock-Combo: Neben dem Pianisten Maycock spielten der Tenorsaxophonist Wilton Gaynair, der Trompeter Bobby Sergrants, der Drummer Owen Big Fletchit Campbell und der Kontrabassist Noel George Gillespie, außerdem wirkte Roswitha Robinson als Sängerin mit. In der Fächerstadt dokumentierte er aber auch das Treiben ILPT 9P]LYIVH[ZO\MÅL Die Musiker des Albert-Mangelsdorff-Quintetts hat er bei einem Konzert Ende Januar, Anfang Februar 1961 in der Stadthalle Karlsruhe aufgenommen: Es spielten an diesem Abend neben dem Chef des Ensembles die Saxophonisten Bent Jædig und Günter Kronberg, der Bassist Peter Trunk und der Schlagzeuger Hartwig Bartz. Die BNN berichteten am Freitag, dem 3. Februar 1961: „Ohne besondere Vorbereitung, sogar ohne Plakatanschlag, kamen wieder über 800 jugendliche Hörer in die Stadthalle, um einem Konzert zu lauschen, dessen aparter Stil auch verwöhnten Geschmack befriedigen konnte. Es dürfte für die ältere Generation lohnend sein, darüber nachzudenken, warum wohl so viele junge Leute gerne in Jazzkonzerte gehen. Die Annahme, daß es sich dabei um lauter mindestens geschmacklich Verdorbene handele, ist geradezu absurd. Viel mehr geht es ja um die Frage der lebendigen, improvisierten 14

und deshalb im hohen Maße spannenden Musik, eines sozusagen sportlichen Elementes, das mit dem eigentlich Musischen in beinahe klassischem Sinne verschmilzt.“ Über das Albert-Mangelsdorff-Quintett befand der Kritiker: Es habe „den Vorzug, sehr gleichmäßig besetzt zu sein. An allen Positionen sind wirklich Könner. [...] Rühmenswert ist die vornehme, natürliche und taktvolle Art, mit der Chef Mangelsdorff selbst als Primus inter pares regiert und reagiert. [...] Seine Soli sind virtuos beherrscht und dennoch vital, seine Kompositionen geschmackvoll, und seine Tätigkeit als Leader zeigt sich beispielsweise in der prachtvollen Klangkultur der drei Bläserstimmen, die vollständig verschmelzen und feinster Nuancierung fähig sind.“ Peter Trunk wird als „vorzüglicher Bassist“ und ÉYHMÄUPLY[LY (YYHUNL\Y¸ gewürdigt: „Die Passagen, in denen er durch zweistimmige Führungen und gebrochene Akkorde sozusagen Harmoniefunktion übernahm, gehören zu den schönsten Momenten des Abends.“ Die Saxophonisten Bent Jædig und Günter Kronberg schätzt der Rezensent als ebenbürtig ein, dennoch weiß er auf Charakterunterschiede hinzuweisen: „Jædig ist strenger, asketischer, eckiger, Kronberg farbenreicher und wärmer.“ Ins Schwärmen aber gerät er, wenn er über den Schlagzeuger Hartwig Bartz schreibt: Er „brannte ein ganzes Brillantfeuerwerk rhythmischer Figuren ab. Nicht nur seine Chorusse, auch jeder seiner Begleitungen waren eine Ohrenweide“. Eine Angabe zum Programm macht der Rezensent im Zusammenhang mit einer grundsätzlichen Bemerkung: „Der Idealfall, daß in einer Band Komponist und Arrangeur zusammenarbeiten, und daß außerdem diese beiden stilistisch gut harmonieren, hat natürlich auf die Einheitlichkeit des Programms die angenehmsten Wirkungen. Selbst in Nummern, die aus heterogenen Elementen bestehen, wie beispielsweise ‚Ba-Hu-Cha’, wird dies stilistische Einheitlichkeit spürbar.“ In Frankfurt lichtete Karlheinz Fürst den in Jamaika geborenen Altsaxophonisten Joe Harriott bei einer musikalischen Darbietung im 1955 von Carlo Bohländer gegründeten Jazzclub Storyville ab und portraitierte den Jazzsänger und Schlagzeuger Frank Holder. Harriot spielte ab 1958 regelmäßig im Frankfurter


Storyville; da jedoch auch Frank Holder mitwirkte, ist es wahrscheinlicher, dass das Konzert, das der Fotograf besuchte, 1960 oder 1961 stattfand – aus diesen Jahren stammen auch Plattenaufnahmen des Joe Harriott Quintet bei Columbia, bei denen Frank Holder beteiligt war. Quincy Jones hatte seine Musiker eigentlich nach Paris bestellt, um dort Free And Easy, ein Bluesmusical in zwei Akten, erstmals aufzuführen und damit auf Tournee zu gehen. Die Show im Alhambra Theatre ÅVWW[L UHJO LPULT SL[a[LU (\M[YP[[ am 14. Februar 1960 lief das Engagement aus, die geplante ;V\YULL LU[ÄLS 5\U ZH LU :JOH\ZWPLSLY )PNIHUK 4\ZPRLY \UK ihre Familien ohne Beschäftigung in Paris fest und Jones hatte NYV L ÄUHUaPLSSL 5 [L RVZ[L[L POU KPL )HUK KVJO ^ JOLU[SPJO 4.000 $. Auf der Suche nach neuen Auftrittsmöglichkeiten entschloß er sich, mit der Free And Easy-Formation eine Tournee mit geändertem Programm zu veranstalten: ein Set von Originalkompositionen Jones’ und Jazzstandards wie I Remember Clifford oder Moanin’ und Walkin’. In Quincy Jones’ Band spielten die Musiker Benny Bailey, Floyd Standifer, Leonard Johnson, Jimmy Cleveland, Quentin Jackson, Melba Liston, Åke Persson, Julius Watkins, Jerome Richardson, Budd Johnson, Porter Kilbert, Phil Woods, Sahib Shihab, Patti Bown, Les Spann, Buddy Catlett und Joe Harris. Monate lang tourte diese Bigband durch Europa, gastierte in Stockholm und Lausanne, aber auch in Ludwigshafen. Dort trat man allerdings erst am 15. März 1961 auf. Karlheinz Fürst MV[VNYHÄLY[L KPL )HUK ILP POYLT 2VUaLY[ PT 7MHSaIH\ -YLKKPL Hubbard war mit von der Partie. Im Vorprogramm des Abends spielte der Drummer Art Taylor gemeinsam mit dem Altsaxophonisten Jackie McLean. „Swingen muss es“, war eine Maxime von Hans Georg Brunner-Schwer, die Karlheinz Fürst mit dem Enkel des Gründers der SABA-Radiowerke teilte. Brunner-Schwer liebte Pianojazz, spielte selbst Klavier und war federführend bei den Schallplattenaufnahmen, die SABA herausbrachte, später unter dem Label MPS. Die Nähe des Firmensitzes zu Baden-Baden und dem SWF brachte Vorteile: Zum einen bestand die Gelegen-

heit, erstklassige Rundfunk-Unterhaltungsorchester aufzunehmen, zum andern durch die Zusammenarbeit mit Joachim Ernst Berendt die Möglichkeit, ein breites Spektrum von Avantgardejazz herauszubringen. Karlheinz Fürst erinnert sich an eine Aufnahmesession mit dem 4VKLYU 1Haa 8\HY[L[ ILP KLY LY MV[VNYHÄLYLU K\YM[L 5HJO NLtaner Arbeit fuhr er schnell nach Karlsruhe zurück, entwickelte die Bilder und ließ sich am nächsten Tag von seinem Freund Günter Wey in dessen Goggomobil ins Studio bringen, um stolz die Fotos zu zeigen. John Lewis unterschrieb ihm eines der Fotos, leider ist dieses Autogramm heute nicht mehr im Besitz des Fotografen, da er es freigiebig für eine Ausstellung verlieh, aber nie zurück erhielt. Um die Veröffentlichung seiner Jazzbilder voranzutreiben und die Auswahl an Bildmotiven zu vergrößern, entschloss sich Karlheinz Fürst, auch in die Jazzmetropole Paris zu fahren, für einen Pfälzer ohnehin eine naheliegende Entscheidung. Im Frühjahr 1962 besuchte er in der französischen Hauptstadt den Hot Club de France, erlebte dort auch Stéphane Grappelli. Im seit 1952 existierenden Jazzclub Le Caméléon, 57 rue St(UKYt KLZ (Y[Z MV[VNYHÄLY[L LY KLU 7PHUPZ[LU 9LUt <Y[YLNLY \UK KLU ;LUVYZH_VWOVUPZ[LU .\` 3HÄ[[L KLY a\UpJOZ[ QLKVJO Klarinette spielte. In Paris sah und hörte er zudem den Trompeter Bill Coleman. Hier besuchte der Amateurfotograf aber auch das Alhambra, um das Ballett Fontessa Suite zu erleben, dessen Musik John Lewis vom Modern Jazz Quartet komponiert und bereits 1956 bei Atlantic Records aufgenommen hatte. In Paris wurde die Suite in einer szenischen Darbietung präsentiert, wobei die Rollen der handelnden Personen an Charakteren der Comedia dell’arte orientiert waren. (Abb. S. 158f) Jazz – gehört und gesehen Die Serie Jazz – gehört und gesehen, von Joachim Ernst Berendt produziert und moderiert, wurde erstmals am 11. Januar 1955 live ausgestrahlt: Eine kleine Geschichte der Jazzmusik, so lautete der Titel der 45-minütigen Sendung, bei der das Or-

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chester Edelhagen ebenso wie Marianne Lutz-Pastré, Caterina Valente und die Edelhagen All Stars zu Gast waren. Zwei weitere Sendungen gab es 1955, 1956 blieb es zunächst bei zwei Produktionen. Erst ab 1957 wurde die Ausstrahlungsfrequenz auf vier Sendungen erhöht, zudem gelegentlich die Sendedauer auf 90 Minuten ausgeweitet, so bei der Übertragung eines Jazzkonzertes aus der Festhalle Frankfurt, das anlässlich der deutschen Funk- und Fernsehausstellung stattfand: Es spielten die Spree City Stompers, die Formation Deutsche All Stars’ 57 sowie das Eddie Sauter-Orchester. Später ließ Joachim Ernst Berendt die Sendung auf 35mm-Film vorproduzieren und zu einem späteren Datum im Fernsehen ausstrahlen. 1962 war Karlheinz Fürst bei den Aufnahmen auf dem GelänKL KLZ :>- a\T -V[VNYHÄLYLU H\[VYPZPLY[! :V ILNSLP[L[L LY PT Sommer die Produktion der 27. Sendung Jazz – gesehen und gehört, die sich thematisch mit Jazz aus Jugoslawien befasste und am 15. August ausgestrahlt wurde. Zu Gast war damals die Big Band von Radio Belgrad unter der Leitung des serbischen Dirigenten Vojislav Simic. Schon Anfang der 1960er Jahre hatte Joachim Ernst Berendt die Konzertveranstalter Horst Lippmann und Fritz Rau auf die Idee gebracht, mit amerikanischen Bluesmusikern, die er für seine Sendung einladen wollte, ein American Folk Blues Festival auf deutsche und europäische Bühnen zu bringen, was beide ab 1962 bis 1966 erfolgreich taten und mit den Festivals entscheidend zur Entwicklung des Rock in Europa beitrugen. Die am 26. Oktober 1962 ausgestrahlte 29. Sendung von Jazz – gesehen und gehört widmete sich dem American Folk Blues Festival, an dem auch der Bluessänger und Mundharmonikaspieler Sonny Terry und der Gitarrist Brownie McGhee, der Bluessänger Shakey Jake, der Gitarrist T-Bone Walker, der Boogiepianist Memphis Slim, der Bluesbassist Willie Dixon sowie der Schlagzeuger Armand (Jump) Jackson teilgenommen hatten. Bei der Produktion der Sendung gelangen Karlheinz Fürst besonders schöne Portraits von Willie Dixon und Memphis Slim. Besonders gerne erinnert sich der Fotograf auch an die Ge-

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schichte vom „kaputten“ Instrument, an dem der bekannte amerikanische Jazz-Organist Lou Bennett Anfang Januar 1963 in Koblenz spielen sollte. Joachim Ernst Berendt befand, dass Karlheinz Fürst, der doch schließlich Physiker sei, sicher auch eine Hammondorgel reparieren könne. „Ich hab gedacht, der spinnt ja wohl, habe mir aber doch das Instrument einmal angesehen, alle Stecker gezogen und wieder rein gesteckt. Dann funktionierte sie wieder. Da war ich natürlich der Größte.“ In Koblenz musizierten Anfang Januar 1963 auch der Trompeter Idrees Sulieman und der Schlagzeuger Kenny Clarke. Mit Stolz erzählt Karlheinz Fürst, dass eines seiner Bilder – ein Portrait des Jazzpianisten Bud Powell – im legendären Jazzkalender, den Günther Kieser herausbrachte, das Juliblatt des Jahres 1968 zierte (Abb. S. 198). Zur visuellen Seite des Jazz -V[VNYHÄLYLU OLP [ LPULU 4VTLU[ KLZ 3LILUZ PT )PSK MLZ[OHSten. Einen Moment, der in dieser Form niemals wiederkehren wird. Fotos haben daher stets eine historische Dimension, sie dokumentieren Vergangenheit. In der vergleichsweise spärlichen Literatur zum Thema JazzMV[VNYHÄL ^PYK PTTLY ^PLKLY KPL ;OLZL ]LY[YL[LU KHZZ KPL 3Lbendigkeit der improvisierten Jazzmusik und der starke Körperausdruck ihrer Interpreten sich für eine Umsetzung in die -V[VNYHÄL VKLY PU KLU -PST ILZVUKLYZ LPNUL Möglicherweise gilt auch, dass der Jazz als improvisierte Musik noch vergänglicher ist als die komponierten Werke der Musikgeschichte, die durch ihre schriftliche Überlieferung reproduzier- und damit, wenn auch mit Einschränkungen, wiederholbar bleiben. Das Bedürfnis der Fixierung des Augenblicks wäre dort – im Jazz – noch notwendiger, da neben der akustischen Aufnahme dies die einzige Form ist, die Musik wieder zu erleben, zu hören. Entsprechend könnte man sich auch die im Vergleich zur klassischen Musik viel zahlreicher anzutreffenden Jazz-Bildbände erklären, die der Sonderstellung, die dem Visuellen in der Jazzmusik zukommt, entsprächen. Auch Zeitschriften ließen sich als Beleg dafür anführen, dass das Sehen


für das Jazzerleben eine besondere Bedeutung hat: Die Zeitschrift Schlagzeug etwa trägt den Untertitel Jazz in Wort und Bild. Beim stichprobenmäßigen Durchblättern der Ausgaben aus den späten Fünfziger- und frühen Sechzigerjahren gewinnt man den Eindruck, dass der Zusatz durchaus programmatisch zu verstehen ist: Den Abbildungen kommt in den Heften ein großer Stellenwert zu und es gibt regelrechte Bildreportagen (etwa die des Fotoreporters Claude Jacoby über New Orleans in der August-Ausgabe des Jahres 1959). Das Sprechen und Berichten über den Jazz fand in diesem Periodikum auch in Form des Abdrucks von Gedichten und Holzschnitten statt, so ergab sich ein interdisziplinär angelegter Diskurs über den Jazz, der selbst künstlerische Ambitionen zeigte.

Scheinwerferlicht umsäumten Silhouetten der Musiker oder der Kontrast Schwarz-Weiß, der im übertragenen Sinne ja auch im Leben der Musiker eine große Rolle spielt.“ Die Bewunderung für die musikalischen Leistungen der Musiker, die Sympathie mit der lebensfrohen Stimmung verschiedenster Jazzrichtungen sowie die Faszination der visuellen Möglichkeiten sind es, die der Fotograf mit seinen Bildern zum Ausdruck bringen wollte. Sein großes Vorbild war dabei unverkennbar der holländische Fotograf Ed van der Elsken, dessen Fotos Berendt 1959 im Verlag Nymphenburger herausgegeben hatte. „Er seziert mit seiner Kamera die Musikergesichter, geht in ihren Landschaften spazieren wie ein Archäologe auf Entdeckungsfahrt, und erzählt auf diese Weise optisch ganze Romane vom Jazz und denen, die ihn machen.“ So schrieb ein Rezensent namens Lukas in seiner Besprechung des Bildbandes für die Dezember-Ausgabe der Zeitschrift Schlagzeug im Jahr 1959. Ganz ähnlich interessierten Karlheinz Fürst vor allem die Details der Gesichter und nicht so sehr die dokumentarische AufnahTL :LPUL 1HaaMV[VNYHÄLU ILZP[aLU LPUL Z[HYRL (\ZKY\JRZRYHM[ auch da sie den Moment selbstversunkenen Musizierens in unnachahmlicher Weise wiedergeben. In einer ausdrucksstarken Bildsprache zeigt er neben künstlerisch gestalteten „Gesichtslandschaften“ auch Momentaufnahmen, die während der Proben, in Garderoben und hinter der Bühne entstanden, etwa von Willie Dixon, Memphis Slim und Inge Brandenburg (Abb. S. 99). Garderoben sind, so scheint es, besondere Orte: Hier kommt der Musiker vor dem Konzert zur Ruhe, entspannt und sammelt sich. Das Abbild des auf sich selbst konzentrierten Menschen bildet einen Kontrapunkt zu dem aktiven, auf der Bühne improvisierenden Musiker. Mit ihrem ästhetischen Prinzip einer „radikalen Annäherung an das menschliche Gesicht“ – eine Formulierung Michael Nauras, die sich ursprünglich auf Jazz-Portraits von Jan Putfarcken bezieht – wirken die Bilder von Karlheinz Fürst auch heute noch modern und zeitlos.

In der Februar-Ausgabe der Zeitschrift Foto-Magazin erschien 1961 ein Aufsatz mit dem Titel Jazz im Foto. Darin befasste sich Karlheinz Fürst mit der Frage, warum Jazzmusiker als Motiv für )PSKLY KHTHSZ UVJO LOLY ZLS[LU a\ ÄUKLU ZLPLU! „Das liegt wohl zunächst daran, daß bei Jazzveranstaltungen ein Schwarm von Fotografen meist nicht gerne gesehen wird, denn das unLU[^LN[L (\MÅHTTLU KLY )SP[aSPJO[LY Z[ Y[ UH[ YSPJO KPL 4\ZPRLY und auch das Publikum sehr. Will man jedoch unauffällig, also ohne Blitzgerät arbeiten, so hat man trotz der ‚schnellen’ Filme, die es heute gibt, große technische Schwierigkeiten zu überwinden, denn die Lichtverhältnisse in Konzerten und besonders in Jazzlokalen sind nicht gerade die besten. Dazu kommt die Tatsache, daß wirklich gute und ausdrucksstarke Jazzbilder nur dann entstehen können, wenn der Fotograf, ähnlich wie bei der Sport- oder Tierfotographie, mit dem Wesen und den Eigenheiten seines Aufnahmegebietes vertraut ist und er sich für dieses begeistern kann.“ (SZ 4V[P]L ZPJO KLY 1HaaMV[VNYHÄL a\a\^LUKLU ULUU[ 2HYSheinz Fürst folgende: „Einmal möchte ich zeigen, wie sich in den Gesichtern der Jazzmusiker die oft fast übermenschliche Konzentration bei ihren Improvisationen widerspiegelt. Ein anderes Mal reizt es mich, mit meiner Kamera der Lebensfreude nachzuspüren, die der Jazz den Musikern und Zuhörern ]LYTP[[LS[ +Ha\ RVTT[ UVJO KPL NYHÄZJOL >PYR\UN KLY ]VT Um solche Fotos machen zu können, bedarf es eines Ver-

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trauensverhältnisses zu den Musikern ebenso wie einer intensiven Beschäftigung mit der Musiksprache des Jazz. „Es ist eine sehr sensible Sache, wenn man versucht, die Musik und KHZ MV[VNYHÄZJOL )PSK PU ,PURSHUN a\ IYPUNLU ,PULU ;YVTWLter beim Trompetenspiel abzulichten, ist eine ziemlich einfache Übersetzung. Aber um das ganze Joie de Vivre, das Glücksgefühl und die Soulfulness ins Bild zu bekommen, muß man Jazz eine lange Zeit studieren“, urteilte der Jazzfotograf William Claxton im Gespräch mit Michael Huber. Er hatte 1959-1960 Joachim Ernst Berendt auf seiner Reise durch Amerika als visueller Chronist begleitet; aus den Aufnahmen entstand der 1961 erstmals veröffentlichte legendäre Band Jazzlife. Claxton OH[ PT NLUHUU[LU 0U[LY]PL^ ZLPUL LPNLUL +LÄUP[PVU LPULZ NLlungenen Jazzbildes gegeben: „Wenn man den Ausdruck der Musiker einfangen kann – die Art, wie ihre Körper stehen, wie sie das Licht aufnehmen – und wenn es dazu noch gelingt, das Umfeld abzubilden, dann kann man den Geist der Musik selbst erfassen. Es ist die Kombination all dieser Elemente, die in einem Bild zusammen kommen.“ In einigen seiner Jazzbilder ist auch dem Amateurfotografen und Jazzfreund Karlheinz Fürst das Zusammenspiel aller dieser Faktoren auf das Beste gelungen.

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Matthias Spindler Zwischen Keller und Konzertsaal Rückblicke auf den Jazz im Deutschland der Fünfzigerund frühen Sechzigerjahre Heute betrachtet, sind die Fotos von Karlheinz Fürst Bilder aus einer anderen Welt. Ein halbes Jahrhundert ist vergangen, und die Bedingungen, unter denen in Deutschland (aber nicht nur hier) Jazz gespielt wird, haben sich gründlich gewandelt. Keine Frage: Diese Musik ist in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen, erfreut sich allgemeiner Anerkennung als kulturell wertvolle künstlerische Ausdrucksform eigener Art. Der Jazz, von der „hohen“ Kultur quasi als Juniorpartner adoptiert, genießt wie diese eine weitgehend gesicherte Existenz aus den Subventionstöpfen. Nur durch öffentliche Fördermittel und privatwirtschaftliche Sponsorengelder wird das Füllhorn von Jazzkonzerten ermöglicht, das den Interessierten hierzulande Live-Begegnungen mit alten Meistern wie neuen Namen dieser Musik in verschwenderischer Breite anbietet. Dabei ist es ein Programm für Minderheiten, denn eine Mehrheit des Publikums fühlt sich nach wie vor vom Jazz nicht angesprochen: Zu Konzerten in Mannheims Alter Feuerwache oder im Jazzprogramm der örtlichen Klapsmühl‘ am Rathaus erscheinen manchmal nicht mal fünfzig Besucher; selbst bei Musikern, die längst einen Namen haben. Subventioniert wird, weil Kultur ein immer wichtiger werdender wirtschaftlicher Standortfaktor ist. Städte werben mit den reichhaltigen Konzert- und Theaterangeboten vor Ort um Investoren, Firmen um Fachkräfte, bei denen ein kulturelles Interesse vermutet wird. Und so verzichtet heute kaum noch eine größere Stadt in Deutschland auf das eigene Jazzfestival. In der Metropolregion Rhein-Neckar um Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg veranstaltet Enjoy Jazz jeden Herbst gar das vermutlich größte der Welt, mit an die hundert Konzerten. Zum Vergleich: Die gesamten 1950er Jahre über gab es PU KLY )\UKLZYLW\ISPR a\TPUKLZ[ M Y 7YVÄT\ZPRLY KLY KHTHSZ modernen Stilrichtung, nur ein einziges, ab 1953 existierendes Jazzfestival, das „Deutsche“ in Frankfurt am Main!

fOUSPJO ÅpJOLUKLJRLUK H\ZNLIH\[ ZPUK OL\[L KPL \UP]LYZP[pren Ausbildungsmöglichkeiten für den Jazz-Nachwuchs – in den Fünfzigern existierte allenfalls in Ansätzen die Möglichkeit, Jazz regelrecht studieren zu können. Freilich hat die heutige Situation auch ihre Schattenseiten: Jahr für Jahr machen Hunderte junger Leute ihren Abschluss an den Jazz-Studiengängen deutscher oder ausländischer Musikhochschulen. Professionell bestens geschult, drängen sie auf einen Arbeitsmarkt, der einen solchen Massenansturm beim besten Willen nicht verkraften kann. Zwar sind die Auftrittsgelegenheiten für Jazzmusiker (darunter immer mehr auch Jazzmusikerinnen) gegenüber früher gewiss zahlreicher geworden, mit der Nachfrage können sie jedoch nicht annähernd Schritt halten. Und die wirklich gut dotierten Auftritte, vor allem auf Festivals, sind wie früher fast ausschließlich reserviert für die Jazzstars aus den USA. 7HYHKV_L -VSNL! +LY 1Haa HU ZPJO ÅVYPLY[ ILP \UZ ^PL UPL a\]VY HILY KH]VU WYVÄ[PLYLU UPJO[ KPL 7LYZVULU KPL POU ZWPLSLU =VT Jazzspielen allein kann in Deutschland kaum jemand seinen Lebensunterhalt bestreiten. Fast alle müssen hinzuverdienen; in den meisten Fällen, indem sie in irgendeiner Form Unterricht geben, sei es privat oder an Musikschulen. Glücklich kann sich preisen, wer als fest angestellte und mit Professoren-Titel versehene Lehrkraft in den Jazz-Abteilungen der Hochschulen arbeitet – eine Karriere, die aber vorwiegend den erfahrenen Älteren unter ihnen offen steht. Oder vielmehr: stand, denn nachdem der Gründer-Boom jener Studiengänge vorüber ist, sind die offenen Stellen auch dort dünn gesät. Und die CD-Veröffentlichungen, die Monat für Monat in erklecklicher Anzahl von deutschen Musikern erscheinen? Die ZPUK VM[ NLU\N LPU A\ZJO\ZZ .LZJOpM[ ÄUHUaPLY[ TP[ KLT .LSK der Beteiligten. Von „Platten-Verträgen“, die dickes Geld einbringen, können nur Ahnungslose träumen. Durch den Eigenverkauf der Scheiben am Rande von Auftritten wenigstens die Unkosten einzuspielen oder einen bescheidenen Gewinn zu erzielen, ist da schon das Höchste der Gefühle. Immerhin, die teuer erkauften Tonträger sind wertvolle persönliche Dokumente, bewahren sie doch künstlerisches Schaffen 19


sozusagen für die Ewigkeit auf, und davon träumten deutsche Jazzer der Nachkriegsjahre allzu oft vergebens: Vom Schlagzeuger Hartwig Bartz, um 1960 hierzulande der Beste seines Fachs und damals bei einem repräsentativ besetzten Festival in Frankreich auch zum besten Drummer Europas gekürt, gibt es aus dieser Zeit überhaupt keine reguläre Plattenaufnahme; von Inge Brandenburg, vom selben Festival als Europas Jazzsängerin Nummer 1 zurückkehrend, nur wenige Aufnahmen, die ihrem Können gerecht werden. Erst in jüngsten Jahren wurden seinerzeit entstandene Radio- und Fernseheinspielungen von Brandenburg wie Bartz auf CD veröffentlicht und korrigierten das Bild. Aber davon hatten beide nichts mehr, sie waren bereits tot. Der Rundfunk als Korrektiv: Dies gilt für den Jazz in Nachkriegs-Deutschland in einem noch weit umfassenderen Sinne. Denn auch Schallplatten mit amerikanischem Jazz waren hier, in den Anfangsjahren nach Kriegsende, noch kaum erhältlich. Wer sich damals für Jazz interessierte, musste Radio hören; gerade auch die angehenden Jazzmusiker. Außerdem gab es für sie – anders als heute mit den in so genannten Real Books versammelten wichtigsten Standard-Melodien – so gut wie kein einschlägiges Notenmaterial. Also wurden die Noten eines Stücks am Radio mitgeschrieben, manchmal in zwei oder drei Anläufen, wenn‘s beim ersten Mal zu schnell vorüber war. Wolfgang Lauth, Pianist aus Ludwigshafen, der Jahrzehnte danach davon erzählte, war sich zugleich sicher, jüngeren Generationen von Jazzmusikern deswegen eine ungleich intensivere Kenntnis des traditionellen Repertoires voraus zu haben, mit einer Fülle von Jazzthemen, die unauslöschlich im Gedächtnis gespeichert waren. Solchermaßen abgehört wurde vorzugsweise der AFN, der Soldatensender der US-Besatzungstruppen. Seine Sendungen waren es ja auch, die vielen Deutschen, vor allem den jüngeren, die allererste Bekanntschaft mit den swingenden Sounds aus Übersee vermittelten, nachdem das NS-Regime sie aus dem Rundfunk verbannt hatte; selbst die noch so beschwingte Unterhaltungsmusik deutscher Provenienz, dort neben Märschen und Klassik gesendet, hatte darauf nur einen 20

blassen Vorgeschmack geliefert. Das erklärt die Begeisterung, mit der nun die aktuellen Hits der großen Swing-Orchester von den jungen Leuten in Deutschland aufgenommen und als der Sound einer neuen Zeit empfunden wurden. Allen voran Glenn Millers In The Mood, das der vierzehnjährige Fritz Rau, später ein berühmter Konzertveranstalter, wie seine persönliche EntUHaPÄaPLY\UN HU 2 YWLY \UK .LPZ[ LYSLI[L ,ILUZV WVW\SpY ^Hren Skyliner von Charlie Barnet und Sentimental Journey, ein Lied der jungen Doris Day; in der Südpfalz dichtete der Volksmund zu ihrem englischen Text eine zeitgemäße deutsche Variante: „Babbe guck, do liegt ä Ami-Kipp...“ Freilich waren die neuen Klänge nicht nach dem Geschmack aller Überlebenden des Dritten Reiches. Viele der Älteren begegneten ihnen mit tief sitzender Abneigung, die während der 5: ALP[ ]VU :[HH[Z ^LNLU ÅLP PN NLUpOY[ ^VYKLU ^HY (SZ KLY Vater des angehenden Jazzpianisten Wolfgang Lauth aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte und von ihm zum Konzert einer deutschen Swing-Bigband mitgenommen wurde, drohte er, von der Musik völlig vor den Kopf gestoßen, seinem Sohn mit Enterbung. Wozu es dann doch nicht kam; Lauth junior durfte sogar den schwarzen Pianisten Jimmy Bunn, der in Mannheim als GI stationiert war, ins elterliche Heim einladen und sich von ihm am Klavier im Wohnzimmer in die Eigenheiten des neuesten Jazz-Stils Bebop einweihen lassen. Im allgemeinen indes verschärfte sich die Abneigung gegen den Jazz, wenn dieser betont „schwarz“ klang, wie etwa in der Raspelstimme eines Louis Armstrong, die auf konservative Gemüter jener Zeit denn doch arg unfein und gar nicht künstlerisch wirkte. Dann war man rasch bei der Hand mit dem bösen Wort von der „Urwaldmusik“, wohl noch aus den 1920er Jahren stammend, als die jazzigen Klänge Mitteleuropa erstmals heimgesucht hatten. Wobei Abscheu sehr wohl gemischt sein konnte mit einer uneingestandenen Faszination durch das, was da so fremd und doch irgendwie verlockend klang. Von daher bedurfte es oft nur der allmählichen Gewöhnung, um Ablehnung, die eigentlich Unverständnis war, in Zustimmung zu verwandeln.


Nicht von ungefähr nannte sich 1947 die erste Jazz-Sendereihe des Stuttgarter Rundfunks Keine Angst vor Jazz. Es dauerte denn auch nur wenige Jahre, um Louis Armstrong in Deutschland zu einem Publikumsidol werden zu lassen, das nicht allein die Jazzfans begeisterte. Sonst hätte er nicht PU LPULT KL\[ZJOLU :WPLSÄST M Y KPL NHUaL -HTPSPL TP[^PYRLU können, in dem er mit einer kleinen Deutschen an seiner Seite Uncle Satchmo‘s Lullaby sang; ein Lied, das heute noch in den Schlager- und Volksmusikprogrammen des Rundfunks gerne gespielt wird. Überhaupt hatten die älteren Stile des Jazz, für die Onkel Satchmo stand, vergleichsweise leichtes Spiel in Nachkriegsdeutschland. Ein Großteil der deutschsprachigen Schlager, ob von Caterina Valente, Bill Ramsey oder Peter Alexander gesungen, war bis in die 60er Jahre hinein gekennzeichnet von einem elegant-lässigen Rhythmus, der seine Herkunft dem Swing-Jazz verdankte; ein Muster, das nach der Jahrtausendwende Roger Cicero und Götz Alsmann mit Erfolg wieder aufgegriffen haben. Und die noch früheren Spielweisen des Jazz, New Orleans und Dixieland, errangen nach 1945 in Deutschland wenn nicht massenhafte Popularität, so doch eine Attraktivität, deren Zugkraft sämtliche seitherigen Wechsel der Musik-Moden im wesentlichen unbeschadet überstanden hat. Es ist kein Zufall, dass in unseren Tagen die Liste der am längsten bestehenden deutschen Jazzformationen – lässt man die nicht immer U\Y KLT 1Haa ]LYWÅPJO[L[LU 9HKPV )PNIHUKZ H\ LY HJO[ ¶ TP[ gewaltigem Abstand angeführt wird von Trad-Bands wie der 1953 gegründeten Frankfurter Barrelhouse Jazzband. Die Fangemeinde der Traditionalisten bildet inzwischen so etwas wie ein abgeschlossenes Biotop unter den Jazzfans, geprägt von einer Lager-Mentalität, die den modernen Jazz zumeist mit Nichtbeachtung straft – was für dessen Anhänger in umgekehrter Richtung allerdings ebenfalls gilt. In den 50er Jahren scheint der Graben zwischen den beiden Lagern noch nicht so tief gewesen zu sein. Jedenfalls war er nicht unüberwindbar: Klaus Doldinger begann seine Laufbahn damals als Oldtime-Klarinettist bei den Düsseldorfer Feetwarmers, bevor

er zum Tenorsaxophon und entschieden modernerer Spielweise überwechselte. Emil Mangelsdorff spielte zu jener Zeit Klarinette in der Frankfurter Traditionsband Two Beat Stompers, ohne als Altsaxophonist des hr-Jazzensembles unter Leitung seines Bruders Albert Mangelsdorff den modernen Jazz aufzugeben. Frankfurts Jazzer traten um 1960 auch mit „History of Jazz“-Konzerten hervor, bei denen sie an einem Abend nacheinander alle bis dahin entstandenen Stilrichtungen dieser Musik demonstrierten. Und die Bandbreite des Jazz wurde schon 1957 von ihnen dokumentiert, als sie einer Festival-Einladung nach Polen folgten: Auf die seinerzeit reichlich abenteuerliche Reise hinter den Eisernen Vorhang nahmen Albert und Co. eine New-Orleans-Combo sowie als fetzigen Rhythmand-Blues-Sänger den jungen, außerhalb von Frankfurt noch unbekannten Ex-GI Bill Ramsey mit. Ansonsten aber blieben Musiker wie Fans des damals modernen Jazz doch weitgehend unter sich. Der Bebop, revolutionäre Jazzrichtung der 40er Jahre, erreichte in Deutschland (wie überall) anders als der Swing und seine Schlager-Ausläufer nur ein eng begrenztes Publikum. Zu spüren bekam es der einheimische Bigband-Leader Joe Wick, als er ein 1947 nach BopVorgaben zusammengestelltes Orchester wegen ErfolglosigRLP[ IHSK ^PLKLY H\Å ZLU T\ZZ[L \UK K\YJO LPUL a\T ;HUaLU besser geeignete Swing-Formation ersetzte. Hätten sich nicht Frankfurter Rundfunkeinspielungen von Wicks neutönerischer Truppe zufällig, durch private Tonbandmitschnitte eines Rüdesheimer Radiohörers, bis heute erhalten, wäre dieses in den Jazzbüchern nur unzureichend dargestellte Kapitel deutscher Jazzgeschichte buchstäblich vergessen worden. Der Bebop als Vorbild der Modern-Jazzer wurde in Deutschland ohnehin rasch, gegen 1950 bereits und ein Jahrzehnt lang anhaltend, verdrängt durch kühlere Töne ebenfalls aus den USA. Im Bigband-Bereich waren es die massiven, oftmals bombastisch auftrumpfenden Orchesterklänge eines Stan Kenton, an denen sich vor allem Kurt Edelhagen mit seiner Band orientierte. Ohne die neu entstandenen deutschen Rundfunksender wäre sie aber wohl kaum existenzfähig gewesen; 1949 wurde die Edelhagen-Formation vom Studio Nürnberg 21


des Bayerischen Rundfunk fest engagiert, wechselte 1952 nach Baden-Baden zum Südwestfunk und 1957 schließlich zum WDR in Köln. Maßgebend für den Jazz in kleineren Gruppen, und das war und ist das Hauptformat, in dem Jazz betrieben wird, wurde vor allem die Musik des amerikanischen Pianisten Lennie Tristano. In der zweiten Hälfte der Vierzigerjahre hatte er, vom Bebop ausgehend, die allerkühlste – aber keineswegs kalte, sondern mit Leidenschaft gespielte – Variante des Cool Jazz entwickelt. Aus welchen Gründen immer stieß sie in Deutschland auf stärkeren Widerhall als irgendwo sonst in der Welt, Schweden vielleicht ausgenommen. In Frankfurt, während der Fünfziger zur Jazz-Hauptstadt der Bundesrepublik aufsteigend, hatte sich die aus Leipzig stammende Pianistin Jutta Hipp Coolness à la Tristano derart nachhaltig zu eigen gemacht, dass sie beim Spielen, zeitgenössische Beobachter registrierten es mit bewunderndem Staunen, absolut keine Miene verzog. Ihre Bläser-Kollegen um Posaunist Albert Mangelsdorff eiferten derweil in ihren Improvisationen insbesondere Lee Konitz nach, Tristanos kongenialem Altsaxophonisten. Die Orte, an denen solche Töne erklangen, lagen nicht selten einige Meter unter der Erde: Keller-Clubs waren die für den jungen bundesdeutschen Jazz typischste Veranstaltungsstätte. Abend für Abend, in den größeren Städten wenigstens, boten sie Live-Musik, und die war ausschließlich Jazz. Modelliert waren diese Clubs nach dem Vorbild der „Existentialisten“-Keller im Paris der Nachkriegsjahre; damals das Jazz-Mekka Europas, zu dem nach der Devise „Jazz hören und Sartre lesen“ KPL KL\[ZJOL :aLUL H\MZJOH\[L :V ZLOY KHZZ KLY LPUÅ\ZZreichste Jazzkeller der Republik, derjenige in Frankfurts Kleiner Bockenheimer Straße, 1952 gegründet und heute noch bestehend, zunächst auf den Namen Domicile du Jazz hörte. Und auch der zweitwichtigste, das Cave in Heidelberg, wurde (und wird) nicht englisch, sondern französisch ausgesprochen. Musiker und Fans, die sich in der Enge höhlenartiger Etablissements auf Tuchfühlung nahe kamen und die Nächte (sie waren lang nach Auskunft von Zeitzeugen) um die Ohren schlugen: dieses Bild entbehrt nicht des Symbolcharakters. Von „Unter22

grund“ zu sprechen, wäre übertrieben; im Verborgenen ihrer Musik nachzugehen, hatten eingeschworene Jazz-Liebhaber zur NS-Zeit gezwungener Maßen auf sich nehmen müssen. +VJO KHZ KHILP a^HUNZSp\ÄN LU[^PJRLS[L \UK ILY ISV T\sikalische Dinge hinausreichende Sonder-Bewusstsein setzte sich nun fort in einer freiwilligen Absonderung vom Mainstream der Gesellschaft in der „Adenauer-Zeit“, die man als allzu konservativ empfand. Gegen die verachteten Spießbürger eine LOLY \UI YNLYSPJOL (Y[ KLY 3LILUZM OY\UN a\ WÅLNLU IPZ OPU zum zumindest unter Musikern damals nicht unüblichen Marihuana-Rauchen – das hatte schon Züge jener jugendlichen Subkulturen an sich, die in späteren Jahrzehnten von sich reden machen sollten. Und in rein musikalischen Dingen waren die überzeugten Jünger des Jazz so streng und unnachgiebig, wie es von einer verschworenen Gemeinschaft Gleichgesinnter erwartet werden darf. Wer da vom rechten Weg abwich, wurde als Verräter gebrandmarkt. Dem jungen Bill Ramsey widerfuhr es; sobald er gegen 1960 mit lustigen Schlagerliedchen in deutscher Sprache (Souvenirs, Souvenirs) Hit-Erfolge feierte, schnitt man ihn im Frankfurter Jazzkeller, wo er seit Jahren Stammgast gewesen war, auf schnödeste Weise. Dem als Schlagersänger (Es gibt kein Bier auf Hawaii) ähnlich erfolgreichen brillanten Jazzpianisten Paul Kuhn dürfte es unter seinen früheren Freunden kaum anders ergangen sein. Die Abwanderung ins Unterhaltungs-Fach hatte handfeste Gründe. „Wir gingen vom Jazz weg, weil wir endlich leben wollten“, sagt Saxophonist Jochen Brauer, bekannt aus Funk und Fernsehen der Sechziger- und Siebzigerjahre; unter anderem war sein Jochen-Brauer-Sextett die Hausband in Hans Rosenthals beliebter ZDF-Ratesendung Dalli Dalli. Begonnen aber hatte die dann zur Showband mutierte Combo in den Fünfzigern als lupenreine Cool-Jazz-Formation, die trotz eines viel beachteten Auftritts beim Deutschen Jazzfestival in Frankfurt/Main 1956 von den kümmerlichen Club-Gagen kaum existieren konnte. Kein Wunder, dass gerade damals zahlreiche am Jazzspielen interessierte junge Leute ihrer Leidenschaft lieber als Amateurmusiker nachgehen mochten.


Etwas gelindert wurde die notorische Finanz-Misere der deutschen Nachkriegsjazzer durch Engagements in den so genannten Ami-Clubs, die von der US-Besatzungsmacht für ihre im Süden des Landes stationierten Truppen eingerichtet worden waren. Oder man spielte fern der Heimat für die amerikanischen Soldaten, bei längeren Gastspielaufenthalten in den NATO-Stützpunkten der USA rund ums Mittelmeer. Was in Nordafrika nebenbei die Möglichkeit bot, direkt an der Quelle billig an „Gras“ zu kommen; von einem Schlagzeuger ^PYK RVSWVY[PLY[ LY OHIL KHTP[ ]VY KLT 9 JRÅ\N ZLPUL )HZZtrommel gefüllt und das Marihuana anstandslos durch den darauf seinerzeit nicht achtenden deutschen Zoll gebracht. Dieselbe zweifelhafte Pionierfunktion in Deutschland übten schwarze Schafe unter den Jazzmusiker jedoch auch für härtere Drogen aus, Heroin und aufputschende oder beruhigende Arzneimittel, die in Apotheken zum Teil noch rezeptfrei erhältlich waren. Ihr exzessiver Genuss hat ebenso wie die Alkohol-Sucht so manche Jazzer-Karriere überschattet, wenn nicht ruiniert; Namen sind den Biographien dieses Buches zu entnehmen. Drogenmissbrauch und die Verlockungen des „kommerziellen“ Musikmachens waren beides ärgerliche Störfaktoren, wenn für den Jazz ein Status vergleichbar der „ernsten“ Musik angestrebt wurde. Eben das war erklärtes Ziel einer kleinen, aber sehr wirkungsmächtigen Gruppe von Jazz-Enthusiasten, die als Fürsprecher und Förderer dieser Musik in der deutschen Öffentlichkeit auftraten. Dazu gehörten die rührigen Frankfurter Konzertveranstalter Horst Lippmann und Fritz Rau sowie die vorwiegend im Rundfunk tätigen Journalisten vom Fach. Allen voran Joachim Ernst Berendt: Radiomacher der ersten Stunde nach Kriegsende, hatte er im Jahr 1950 beim Südwestfunk in Baden-Baden eine Jazz-Redaktion aufgebaut, die dort von Anfang an in der Abteilung für ernste Musik angesiedelt war. Als Autor und Moderator viel gehörter Hörfunksendungen und ab 1955 der Fernseh-Reihe Jazz gehört und gesehen, als Veranstalter regelmäßiger Jazztime Baden-Baden- oder später SWF Jazz Session-Konzerte sowie als Mitarbeiter einer Vielzahl von Presseorganen, von musikwissenschaftlichen Zeitschriften und Fachblättern wie Jazz Podium und Jazz-Echo bis hin zum

Spiegel und später, um 1960, der Illustrierten Twen, entfaltete der von missionarischem Eifer erfüllte Berendt eine Werbetätigkeit ohnegleichen für den Jazz. Daneben fand er noch die Zeit, sein „Jazzbuch“ zu schreiben; 1953 erstmals und gleich als Taschenbuch erschienen, 1959 in einer aktualisierten Neuausgabe vorgelegt, lieferte es Hunderttausenden von Lesern einen Überblick über Geschichte und Gegenwart dieser Musik, den es so auch außerhalb Deutschlands zuvor nicht gegeben hatte. Die Musiker taten einiges dazu, dem Jazz zur Respektabilität zu verhelfen; ob in eben dieser Absicht oder aus musikimmanenten Gründen, lässt sich kaum voneinander trennen. Die Fünfziger jedenfalls waren das Jahrzehnt, in dem Johann Sebastian Bach gerade von den Modernisten unter ihnen, und das weltweit, verehrt wurde, als wäre er der Urvater des Jazz. Dessen Komponisten übten sich nun in barocker Kontrapunktik, orientierten sich an barocken Formen wie der Fuge, und gegen Ende des Jahrzehnts gründete ein französischer Pianist, Jacques Loussier, gleich seine Karriere darauf, Kompositionen Bachs jazzig zu interpretieren - „Play Bach“ war geboren. Am wirkungsvollsten realisiert wurde die Einbettung swingender Jazzimprovisation in die strengen Formen europäischer Tradition ausgerechnet von einem schwarzen Ensemble aus den USA, dem Modern Jazz Quartet. Auch rein äußerlich, durch Auftreten im Smoking, unterstrichen die Vier um Pianist und Komponist John Lewis sowie Vibraphonist Milt Jackson ihren Anspruch, künstlerisch so ernst genommen zu werden wie ihre Kollegen von der Klassik. In Deutschland sei das MJQ damals bejubelt worden wie nirgendwo sonst in der Welt, erinnerte sich Joachim Ernst Berendt, der das Quartett 1957 bei den renommierten Donaueschinger Musiktagen, eigentlich ein Forum zeitgenössischer E-Musik, präsentieren konnte. Im gleichen Jahr eröffnete das Kulturamt von Kaiserslautern die bundesweit vermutlich erste lokale Jazz-Konzertreihe in städtischer Regie – allerdings, kleiner Wermutstropfen für rebellisch gestimmte jugendliche Besucher: „Schlips und Kragen waren bei Konzerten in der -Y\JO[OHSSL 7ÅPJO[ ¸ Ansonsten scheint der Rollkragenpulli über 23


der Cordhose und den Ringelsocken seinerzeit das gängige 6\[Ä[ ILYaL\N[LY 1HaaHUOpUNLY NL^LZLU a\ ZLPU Auf die feinsten äußeren Bedingungen – Motto „Jazz at the Philharmonic“ – für seine Schützlinge legte ebenso der amerikanische Tour-Veranstalter Norman Granz Wert. Ihm vor allem ist es zu verdanken, dass in den ersten beiden Jahrzehnten seit Kriegsende die bedeutendsten Jazzmusiker aus den USA bei Gastspielreisen durch Europa auch in der Bundesrepublik live auf der Bühne zu erleben waren. Altstars wie Louis Armstrong und Duke Ellington, Gesangsprominenz wie Billie Holiday und Ella Fitzgerald, aber auch die Modernisten Miles Davis und John Coltrane, Sonny Rollins und Art Blakey, deren Gruppen die Dominanz der coolen Klänge brachen, mit heißem Hard Bop oder modaler Freizügigkeit in die Zukunft wiesen: Sie alle sind bis 1965 schon nach Deutschland gekommen, zum Teil mehrmals. Und nach ihren Auftritten im Konzertsaal kamen viele der Jazzgrößen aus Übersee noch in die Jazzclubs vor Ort, suchten dort das Kräftemessen mit ihren deutschen Kollegen beim zwanglos-unvorbereiteten und wohl auch unbezahlten „Jammen“ über allseits bekannte Standardmelodien des Jazz. Was heute aufgrund eines individuell ausdifferenzierten Stücke-Repertoires eher selten geworden ist, war damals alltägliche oder vielmehr allnächtliche Praxis im Jazz; vielleicht sein charakteristischstes Kennzeichen in jenen Jahren. So groß war die Spielfreude der Musiker, dass Pianist Wolfgang Lauth nach Dienstschluss im Heidelberger Cave, wo er ab 1954 die erste Hauscombo leitete, manchmal mitten in der Nacht noch nach Frankfurt fuhr, um im dortigen Jazzkeller für ein oder zwei Stunden „einzusteigen“. So hätte es auch weitergehen können mit dem Jazz. Die Weichen für seine gesellschaftliche Anerkennung waren gestellt, der weiteren Entwicklung konnte mit Zuversicht entgegengesehen werden. Dann kam der Beatles-Schock. Der Welterfolg der vier Liverpooler, und zeitgleich mit ihnen einer Fülle ähnlicher Bands, ließ den Jazz urplötzlich alt aussehen. Eine in ihrer Eigenart ganz neue Musikrichtung war entstanden, unliebsame Konkurrenz weniger um das ju24

gendliche Massen-Publikum; dieses war dem Jazz ja seit längerem bereits abhanden gekommen. Aber die Beat- oder Rock-Musik, wie sie bald genannt wurde, machte Jazzmusikern wie ihren Fans den bisherigen Alleinvertretungsanspruch auf progressive Klänge streitig. Ein übriges taten die mit der musikalischen Umwälzung einhergehenden Anzeichen einer allgemeinen Revolte der Jugend, um der neuen Welle die ungeteilte Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu sichern. Ironie der Geschichte: Gerade die Hauptförderer des Jazz in Deutschland hatten die Umwälzung unabsichtlich mit vorbereitet, durch das American Folk Blues Festival. Seit 1962 schickte die Frankfurter Agentur Lippmann & Rau auf Anregung Joachim Ernst Berendts alljährlich ausgewählte amerikanische Blues-Künstler auf Tournee durch Europa; England eingeschlossen, wo sie nicht nur den frühen Rolling Stones nachhaltige Impulse zur Herausbildung einer neuen, „weißen“ Art von Blues-geprägter Musik vermittelten. Deren Siegeszug bei Publikum und Medien wurde von den Jazzmusikern in aller Welt mehr oder weniger stark als existentielle Bedrohung wahrgenommen, die ihre eigenen Arbeitsmöglichkeiten einschränkte. Sofern man nicht in Gestalt des Jazzrock mit dem Neuen paktieren wollte, aber das brauchte seine Zeit und bedurfte einer jüngeren, vorurteilsfreien Generation von Musikern; die Älteren hatten schon den Rock‘n‘Roll der Fünfziger naserümpfend ignoriert. Für sie, die Vertreter der früheren Jazzstile, zu denen nun auch der Bebop zählte, begann sich der Horizont erst gegen Ende der Siebzigerjahre wieder aufzuhellen, als – bis heute anhaltend – eine internationale Renaissance des Jazz einsetzte. Dessen Bandbreite freilich ist inzwischen so weit gespannt, dass der Begriff „Jazz“ seine einstige Trennschärfe eingebüßt hat. Was Jazz ist und was nicht, lässt sich kaum noch eindeutig bestimmen; scheint auch an Bedeutung verloren zu haben angesichts ständiger Grenzüberschreitungen heutiger Jazzmusiker in alle möglichen anderen Musikbereiche, ob aktuelle Popular- oder zeitlose Weltmusik.


„Anything goes“ in der „neuen Unübersichtlichkeit im Jazz“ mit seinen immer weiter „ausfransenden Rändern“ – ergibt eine Musik, die sich ÉPU QLKLT (\NLUISPJR UL\ LYÄUKL[¸ und nicht mehr „swingen muss“. Auch in dieser Hinsicht, scheint mir, sind die Fotos von Karlheinz Fürst Bilder aus einer anderen Welt.

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$O Ăš)DWVĂŹ (GZDUGV 6ĂƒQJHU Karlheinz  FĂźrst  weiĂ&#x;  noch,  dass  er  sein  Foto  von  ihm  1958  in  Karlsruhe  gemacht  hat,  bei  einer  Konzert-  oder  auch  Tanzveranstaltung  im  Auditorium  der  Universität.  Ansonsten  sind  Informationen  zur  Person  des  vermutlich  aus  den  USA  stammenden  Sängers  rar,  auch  im  Internet.  Auf  der  Musikszene  von  Wien  aber  hat  er  seine  Spuren  hinterlassen:  â€žUnvergesslich“  nennt  ihn  im  RĂźckblick  die  Üsterreichische  Tradjazz-Band  Blue  Note  Six,  die  zusammen  mit  ihm  1985  in  zwei  Galakonzerten  in  Wien  den  85.  Geburtstag  von  Louis  Armstrong  gefeiert  hatte.  Schlagersängerin  Marianne  Mendt  erinnert  sich,  um  1970  mit  Edwards  auf  Tingel-Tour  gewesen  zu  sein.  Um  1960  wiederum  scheint  der  schwergewichtige  (was  der  ihm  verliehene  Beiname  bezeugt)  Vokalist  Üfter  in  der  Band  des  ebenfalls  nicht  schlanken  Wiener  Jazz-Originals  Fatty  George  (ein  Klarinettist,  der  eigentlich  Franz  PreĂ&#x;ler  hieĂ&#x;)  mitgewirkt  zu  haben,  und  im  Duett  mit  Kabarett-Legende  Helmut  Qualtinger  hat  er  damals  das  Lied  Die  Unterentwickelten  aufgenommen.  Unter  eigenem  Namen  sang  er  schätzungsweise  zur  gleichen  Zeit  einen  Titel  ein,  der  2008  auf  CD  verĂśffentlicht  wurde;  auf  deren  Coverfoto  trägt  Edwards  einen  alpenländischen  Trachtenhut,  darĂźber  steht  die  Titelzeile  seines  Liedchens:  â€žSchatzi,  Spatzi,  Schnuckiputzi,  Du  bist  viel  zu  dick“. 27


7UXPP\ <RXQJ 3RVDXQLVW Spielte  von  1937  bis  1943  im  Swing-Orchester  von  Jimmie  Lunceford,  wo  er  auch  als  Sänger  herausgestellt  wurde.  Feierte  dort  in  beiden  Funktionen  den  ersten  groĂ&#x;en  Plattenerfolg  mit  dem  StĂźck  Margie,  das  in  deutschen  Schul-Aulen  heute  noch  in  der  Originalaufnahme  erklingt,  wenn  Frankfurts  Jazz-Altmeister,  Saxophonist  Emil  Mangelsdorff  vor  jungen  Leuten,  die  seine  Urenkel  sein  kĂśnnten,  ßber  seine  eigene  Jugend  unter  dem  NS-Regime  erzählt:  Margie  ist  fĂźr  ihn  der  Inbegriff  aller  Qualitäten  swingender  schwarzer  Musik,  die  er  damals,  etwa  vierzehn  Jahre  alt,  wie  eine  Offenbarung  empfand,  als  er  sie  in  fast  schon  konspirativer  Manier  Rundfunksendungen  der  Auslandsstation  Radio  Luxemburg  ablauschte.  Mitten  im  jazzfeindlichen,  rassistischen  Dritten  Reich  erwachte  so  eine  lebenslang  anhaltende  Begeisterung  fĂźr  diese  Klänge,  der  Rest  ist  deutsche  Jazzgeschichte.  Erweckungshelfer  Trummy  Young  kam  nach  1945  mehrfach  selbst  nach  Deutschland,  zuerst  als  Mitglied  der  All  Stars  von  Trompeter  Louis  Armstrong,  denen  er  seit  1952  angehĂśrte.  Nun  begeisterte  sein  virtuoses  Spiel  auf  der  Posaune  ein  grĂśĂ&#x;eres  Publikum,  wie  unser  Foto  veranschaulicht. 28


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9HOPD 0LGGOHWRQ 6ĂƒQJHULQ War  seit  1942  fĂźr  Louis  Armstrong  tätig,  zuerst  bei  dessen  Big  Band,  dann  seinen  die  ganze  Welt  bereisenden  All  Stars.  Middletons  witzige  Gesangsnummern  ßberzeugten  puristisch  gestimmte  Kritiker  selten,  umso  mehr  schätzte  Armstrongs  Publikum,  und  ganz  gewiss  auch  Satchmo  selbst,  die  Sängerin  als  temperamentvolle  Stimmungskanone.  Zumal  sie  noch  ein  pittoreskes  Extra  zu  bieten  hatte:  In  Tanz-Einlagen  mit  akrobatischer  Note  schaffte  sie  trotz  ihres  Leibesumfangs  anstandslos  den  Spagat  auf  dem  BĂźhnenboden.  Kann  man  heute  noch  anschauen,  in  einem  Filmstreifen  mit  dem  Armstrong-Orchester  der  1940er  Jahre  (Swinging  On  Nothing). 30


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%HUOLQ -D]] 4XLQWHWW Ein unterbelichtetes Kapitel deutscher Jazzgeschichte: Nachgewiesenermaßen eröffnete eine Formation dieses Namens unter Mitwirkung von Helmut Brandt im Januar 1960 den Jazzclub Barbarossa 1959 in Kaiserslautern. Und in Leonard Feathers Encyclopedia of Jazz in the Seventies wird erwähnt, dass Saxophonist Gerd Dudek 1960-64 einem Berlin Jazz Quintet angehörte. Ansonsten bezeugen vor allem Fotos von Karlheinz Fürst die Existenz der Gruppe. Zu Helmut Brandt am Baritonsaxophon und Pianist Armin Rusch siehe die jeweiligen biographischen Angaben in diesem Buch. Gerd Dudek (*1938) wurde in einer CD-Besprechung des US-Fachmagazins Down Beat noch nach der Jahrtausendwende als "der beste Saxophonist, von dem man nie was gehört hat" bezeichnet. Auch in seiner Heimat wird er freilich notorisch unterschätzt: Seit einem halben Jahrhundert ist Dudek einer der Spitzensolisten des deutschen Jazz und zählt hierzulande auch zu den Pionieren der freien Improvisation, als Mitglied des Quintetts von Trompeter Manfred Schoof wie der Großformation Globe Unity Orchestra in der zweiten Hälfte der Sechzigerjahre. Zeitlebens der Bebop;YHKP[PVU ]LYWÅPJO[L[ ISPLI KHNLNLU KLY 7VZH\UPZ[ 9\KP -\Lsers (1928-2010). Am liebsten offenbar in Big Bands: 1964 bis 1969 war er bei Max Greger tätig, etwas später in Peter Herbolzheimers Rhythm Combination & Brass. Und um 1980 gründete Fuesers in München selbst zwei Großformationen, das Composers' Improvisation Ensemble und die den SalsaKlängen der Karibik gewidmete Connexion Latina. Bassist Klaus Gernhuber (*1929) hatte der 1959 aufgelösten Combo von Helmut Brandt angehört und daneben längere Zeit in einem Trio Barmusik in einer Hotelbar gespielt, wovon sogar zwei Langspielplatten veröffentlicht wurden. In der Zeit nach seinem Fototermin mit Karlheinz Fürst verliert sich seine Spur, während über Heinrich Schröder, Schlagzeuger im Berlin Jazz Quintett, nur in Erfahrung zu bringen war, dass er 1958 gleichfalls bei Helmut Brandt gespielt hatte. 33


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+HOPXW %UDQGW %DULWRQVD[RSKRQLVW Mit  einem  Auftritt  beim  3.  Deutschen  Jazz-Festival  Frankfurt  1955  wurde  der  Musiker  aus  Berlin  schlagartig  zum  Begriff  in  Jazz-Deutschland,  als  Leiter  eines  im  Cool-Stil  agierenden  Quintetts,  fĂźr  das  Brandt  die  kunstvoll  verzahnten  Arrangements  schrieb.  Ein  Talent,  das  er  in  den  Folgejahren  auch  in  grĂśĂ&#x;er  angelegten  Kompositionsformen  erprobte,  dann  in  einer  Vielzahl  von  Beiträgen  fĂźr  die  Notenpulte  des  RIAS-Tanzorchesters  in  Berlin,  dem  er  von  1959  bis  zur  Pensionierung  1996  angehĂśrte.  Als  Jazzsolist  trat  er  kaum  noch  hervor. 35


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Gerd Dudek und Heinrich Schröder 37


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Armin Rusch /HEHQVGDWHQ XQJHNDQQW Pianist Von  Karlheinz  FĂźrst  1960  oder  in  den  unmittelbaren  Folgejahren  als  Mitglied  im  Berlin  Jazz  Quartett  abgelichtet,  taucht  Rusch  1963  auf  der  Besetzungsliste  des  Orchesters  Max  Greger  auf,  verbunden  wohl  mit  dem  Umzug  nach  MĂźnchen.  Legte  hier  zu  Ende  des  Jahrzehnts  eigene  Plattenproduktionen  vor,  die  gefällige  Unterhaltung  boten  unter  Titeln  wie  Beat  fĂźr  Verliebte  und  Symphonie  in  Pop  (mit  Melodien  aus  der  klassischen  Musik,  in  Easy-Listening-Manier  eingespielt  von  einem  Munich  Pop  Orchestra).  In  den  Achtzigerjahren  war  Rusch  als  Pianist,  Organist  und  sogar  Akkordeonist  Mitarbeiter  des  FilmmusikKomponisten  Peer  Raben,  u.a.  beim  Fernseh-Mehrteiler  Berlin  Alexanderplatz  von  Regisseur  Rainer  Werner  Fassbinder.  JazzmäĂ&#x;iger  beschäftigte  ihn  1972  Schlagzeuger  Charly  Antolini  (LP  In  The  Groove),  1982  der  Klarinettist  und  Tenorsaxophonist  Billy  Gorlt  in  seiner  Swing  Combo. 39


%HQQ\ *ROVRQ 7HQRUVD[RSKRQLVW XQG Komponist/Arrangeur Ein  Jahr  Mitgliedschaft  bei  Art  Blakeys  Jazz  Messengers  1958/59  genĂźgte,  um  seinen  Namen  zum  Begriff  zu  machen.  Zum  einen  fĂźr  ein  volltĂśnend-robustes  Spiel  auf  dem  Tenorsaxophon,  das  an  die  groĂ&#x;en  Swing-Tenoristen  erinnerte,  aber  H\JO ]VU 1VOU *VS[YHUL ILLPUĂ…\ZZ[ ^HY ZLPULT -YL\UK H\Z Jugendtagen  in  Philadelphia.  Zum  andern  schrieb  Golson  fĂźr  Blakey  und  dann  auch  das  eigene,  zusammen  mit  FlĂźgelhornist  Art  Farmer  geleitete  Jazztet  StĂźcke  wie  Blues  March,  Whisper  Not  oder  Killer  Joe,  die  aufgrund  ihrer  Originalität  und  Eingängigkeit  sofort  zu  Jazz-Standards  wurden.  Eine  Begabung,  die  ihm  Mitte  der  Sechzigerjahre  eine  zweite  Karriere  erĂśffnete,  als  Komponist  und  Arrangeur  fĂźr  Funk,  Fernsehen  und  die  GrĂśĂ&#x;en  des  Show-Business  in  den  Musikstudios  von  Hollywood.  Während  dieser  Zeit  rĂźhrte  er  das  Saxophon  kaum  noch  an,  kehrte  aber  Ende  der  Siebziger  wieder  auf  die  Jazzszene  zurĂźck.  Nicht  nur,  um  sein  Jazztet  nahezu  in  der  Originalbesetzung  ^PLKLYH\Ă…LILU a\ SHZZLU" PU +L\[ZJOSHUK NHZ[PLY[L )LUU` Golson  in  den  Neunzigern  mit  einer  neuen  Quartettbesetzung  sowie  der  All-Star-Formation  Roots,  die  ihn  mit  AltsaxophonAvantgardist  Arthur  Blythe  zusammenfĂźhrte.  AuĂ&#x;erdem  kamen  nun  auch  E-Musik-Kompositionen  aus  seiner  Feder  zur  AuffĂźhrung.  Zugleich  widmete  er  sich  einer  dritten  Karriere  als  gesuchter,  1994  mit  dem  Ehrendoktortitel  ausgezeichneter  Dozent  an  Musikhochschulen  von  internationalem  Ruf. 40


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$UW %ODNH\ 6FKODJ]HXJHU Ein  Donnergott  des  Jazz  an  den  Trommeln,  mit  direktem  Draht  zu  den  Rhythmen  Afrikas,  die  er  Anfang  der  1950er  Jahre  eben  dort  studierte  und  in  sein  Spiel  integrierte;  stellte  danach  in  den  USA  fĂźr  Plattenaufnahmen  ganze  Schlagzeug-Orchester  zusammen.  War  zur  gleichen  Zeit  der  ideale  Partner  des  Pianisten  Thelonious  Monk.  WeltberĂźhmt  wurde  Blakey  indes  mit  seinen  Jazz  Messengers,  die  er  Mitte  der  FĂźnfziger  formierte;  ein  hoch  energetischen  Hard  Bop  spielendes  Quintett  oder  Sextett,  das  er  selbst  noch  leitete,  als  er  -  so  wurde  kolportiert  -  nahezu  taub  geworden  war  und  sich  vorwiegend  ßber  die  Wahrnehmung  von  Schwingungen  musikalisch  orientierte.  Kennzeichnend  fĂźr  die  Messengers  ßber  die  Jahrzehnte  hinweg  waren  regelmäĂ&#x;ige  Besetzungswechsel,  durch  die  der  Schlagzeuger  immer  wieder  neue,  junge  Musiker  hereinnahm.  In  seine  harte  Schule  gegangen,  stand  den  meisten  von  ihnen  hernach  die  Jazzwelt  fĂźr  eine  ansehnliche  weitere  Laufbahn  offen.  Nur  zwei  Beispiele:  1963  entlieĂ&#x;  Blakey  aus  seiner  Talentschmiede  den  Saxophonisten  Wayne  Shorter,  1982  Trompeten-Wunderkind  Wynton  Marsalis. 43


Lee Morgan und Benny Golson 44


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-\PLH 0HUULWW %DVVLVW Einer  der  weniger  auffälligen  Instrumentalisten  aus  der  ersten  Generation  des  Hard  Bop.  Bekannt  wurde  Merritt  durch  seine  vergleichsweise  lange  Mitgliedschaft  bei  den  Jazz  Messengers  von  Art  Blakey,  von  1958  bis  1963.  Danach  spielte  er  in  der  Gruppe  von  Max  Roach,  einem  anderen  Schlagzeuger  der  Extraklasse.  Um  1970  war  der  Bassist,  dann  auch  an  der  Bassgitarre,  bei  Trompeter  Lee  Morgan  beschäftigt,  der  wie  er  aus  Philadelphia  stammte.  Auch  ein  dritter  Musiker  aus  dieser  Stadt,  Tenorsaxophonist  Benny  Golson,  setzte  den  grundsoliden  Mann  am  Bass  auf  einer  LP  unter  eigenem  Namen  ein:  1958,  als  alle  drei  Genannten  zu  den  Messengers  gehĂśrten  -  zusammen  mit  einem  vierten  Musiker  aus  Philadelphia,  Pianist  Bobby  Timmons.  Klassischer  Fall  einer  Karriere-Seilschaft  im  Jazz,  bei  der  sich  alte  Bekannte,  die  so  genannten  â€žHome  Boys“,  nach  ihrer  Ankunft  im  Jazz-Mekka  New  York  gegenseitig  unter  die  Arme  greifen.  Ein  Schuft,  wer  schlecht  darĂźber  denkt!  In  späteren  Jahren  dann  ist  Jymie  Merritt  wieder  untergetaucht  in  der  (fĂźr  auswärtige  Beobachter)  Jazz-Anonymität  seiner  Heimatstadt  Philadelphia. 46


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/HH 0RUJDQ 7URPSHWHU Stand  bereits  als  Achtzehnjähriger  im  Rampenlicht  in  der  Big  Band  von  Dizzy  Gillespie,  der  seinen  jungen  Trompeterkollegen  auch  solistisch  herausstellte.  Zur  gleichen  Zeit  konnte  Morgan  erste  LPs  unter  eigenem  Namen  fĂźr  das  Plattenlabel  Blue  Note  aufnehmen,  dem  er  lebenslang  verbunden  blieb.  Zu  einem  groĂ&#x;en  Verkaufserfolg  aufgrund  des  selbst  komponierten,  schmissigen  TitelstĂźcks  geriet  1963  sein  Album  The  Sidewinder,  das  auch  in  den  restlichen  StĂźcken  absolut  hĂśrenswert  ist:  Die  dafĂźr  (wie  meistens  bei  Blue-Note-Platten)  eigens  zusammengestellte  Quintett-Besetzung  (typisch  fĂźr  den  Hard-Bop-Jazz)  agiert  mit  einer  Geschlossenheit,  als  wären  die  FĂźnf  seit  Jahren  schon  beisammen  gewesen.  Die  Einbindung  in  eine  feste  Gruppierung  erfuhr  Morgan,  ein  stahlharter,  feuriger  Improvisator  auf  der  Trompete,  dagegen  bei  Art  Blakeys  Jazz  Messengers,  denen  er  1958-1961  und  1964-66  angehĂśrte;  bei  einem  Konzert  dieser  Gruppe  1960  in  Karlsruhe  entstand  das  Foto.  Morgans  vieles  noch  versprechende  Karriere  wurde  jäh  beendet,  als  ihn  seine  langjährige  Geliebte  bei  einem  Auftritt  in  einem  New  Yorker  Jazzclub  erschoss 49


Lee  Morgan 50


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%REE\ 7LPPRQV 3LDQLVW Spielte  als  Heranwachsender  in  der  Kirche  Orgel  und  brachte  KPLZLU 9PJO[\UN :V\S ^LPZLUKLU ,PUĂ…\ZZ PU KLU /HYK )VW Jazz  der  späten  1950er  Jahre  ein,  zusammen  mit  viel  erdigem  Blues-Feeling:  â€žWar  neben  Horace  Silver  der  â€šFunky‘-Pianist  dieser  Zeit“  und  komponierte  auch  einige  der  charakteristischen  Themen  dafĂźr.  Sein  Moanin‘,  eingespielt  1958  mit  den  Jazz  Messengers  von  Schlagzeuger  Art  Blakey,  bescherte  der  langlebigen  Gruppe  einen  Langzeit-Hit,  der  noch  Jahrzehnte  danach  auf  ihrem  Konzertprogramm  stand.  Timmons  selbst  ^LJOZLS[L a\T MÂ…Y ZLPUL ZWLaPĂ„ZJOL )LNHI\UN ILZVUders  empfänglichen  Altsaxophonisten  Cannonball  Adderley,  bevor  er  sich  in  den  frĂźhen  Sechzigern  mit  eigenen  kleineren  Besetzungen  selbstständig  machte;  ohne  viel  Erfolg  freilich.  Sein  frĂźher  Tod  aufgrund  Leberzirrhose  war  seiner  Alkoholsucht  geschuldet.  Das  Foto  des  Pianisten  â€žgehĂśrt  zu  meinen  Favoriten“,  aufgenommen  hat  es  Karlheinz  FĂźrst  in  Karlsruhe,  bei  einem  Konzert  der  Jazz  Messengers  in  der  Stadthalle. 52


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Bobby  Timmons 54


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:D\QH 6KRUWHU 6D[RSKRQLVW Entwickelte  in  den  1960er  Jahren  zuerst  auf  dem  Tenor,  dann  auch  dem  Sopran  eine  ganz  eigenständige,  innovative  Spielweise;  nachdenklich,  manchmal  fast  zĂśgerlich  im  Duktus,  in   ihrer  intimen  Intensität  dabei  sehr  spannungsgeladen,  bildete  sie  den  Gegenpol  zur  wild  lodernden  Expressivität  eines  John  Coltrane.  Voll  entfalten  konnte  Shorter  seinen  Individual-Stil  nach  längerer  ZugehĂśrigkeit  zu  Art  Blakeys  Jazz  Messengers  ab  1964  im  Quintett  von  Trompeter  Miles  Davis,  das  er  auch  in  der  sehr  freizĂźgigen  Art  der  Interaktion  in  der  Gruppe  nachhaltig  prägte.  Entschied  sich  gegen  Ende  des  Jahrzehnts  wie  4PSLZ a\Y THZZP]LU ,SLR[YPĂ„aPLY\UN KLZ .Y\WWLURSHUNZ ULIZ[ Hereinnahme  von  Rhythmen  der  Rock-  und  Funk-Musik,  allerdings  in  einer  eigenen  Formation:  Bis  weit  in  die  Achtzigerjahre  hinein  leitete  er  gemeinsam  mit  dem  aus  Ă–sterreich  stammenden  Keyboarder  Joe  Zawnul  die  Fusion-Band  Weather  Report,  weltweit  mit  ihr  neue  Publikumsschichten  jenseits  der  JazzGemeinde  erobernd.  Daneben  traf  sich  der  Saxophonist  bald  auch  wieder  mit  ehemaligen  Miles-Davis-Bandkollegen,  und  seit  etwa  1985  spielt  er  in  Gruppen  unter  seinem  Namen  zumeist  ebenfalls  akustischen  Jazz.  Zuletzt  vornehmlich  mit  einer  seit  Jahren  unveränderten  Quartett-Besetzung  unterwegs,  genieĂ&#x;t  Shorter  den  Ausnahmestatus  eines  der  grĂśĂ&#x;ten  lebenden  Musiker  des  Jazz. 56


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Wayne  Shorter 59


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-RKQ &ROWUDQH 7HQRU XQG 6RSUDQVD[RSKRQLVW Ein  Titan  des  Jazz,  dessen  Ausstrahlung  auf  andere  Musiker  in  den  Sechzigerjahren  immer  stärker  fĂźhlbar  wurde  und  sich  in  den  Siebzigern,  lange  nach  Coltranes  Tod,  noch  deutlich  intensivierte;  kaum  ein  junger  Saxophonist  (und  auch  viele  unter  den  älteren),  der  damals  nicht  wie  Coltrane  zu  spielen  versuchte.  Eine  Spielweise,  die  Coltrane  selbst  in  einem  ungewĂśhnlich  langen  (und  ungewĂśhnlich  spannenden,  weil  UPL HINLZJOSVZZLULU 7YVaLZZ T\ZPRHSPZJOLY :LSIZ[Ă„UK\UN ausgebildet  hatte.  Das  erste  Jahrzehnt  seiner  Laufbahn  verbrachte  (oder  verschlief?)  er  als  ziemlich  unauffälliger  Sideman  in  Rhythm-and-Blues-Bands  und  der  Bebop-Big-Band  wie  -Combo  von  Trompeter  Dizzy  Gillespie;  nur  sein  typischer  Ton  auf  dem  Tenor,  den  man  als  â€žCello-Ton“  beschrieben  hat,  war  frĂźh  schon  ausgeprägt.  Rapide  in  den  Vordergrund  spielte  sich  der  Tenorist  erst  in  der  Gruppe  von  Trompeter  Miles  Davis,  der  er  von  1955  bis  1960  angehĂśrte,  mit  einer  längeren  Unterbrechung,  während  der  er  sich  Piano-Original  Thelonious  Monk  anschloss.  In  diesen  Jahren  entwickelte  er  seine  so  genannten  â€žSheets  of  Sound“,  rasend  schnell  geblasene  Tonfolgen,  die  KLU ,PUKY\JR LPULY LPUaPNLU ]PLSMHJO ]PIYPLYLUKLU 2SHUNĂ…pJOL erwecken  -  als  wollten  hundert  Leute  auf  einmal  durch  eine  TĂźr  gehen,  so  charakterisierte  es  sein  Tenor-Kollege  und  Jugendfreund  Benny  Golson  in  einem  Interview.  Ab  1959  (LP  Kind  Of  Blue)  kreierte  Coltrane  dann  zusammen  mit  Miles  Davis  die  modale  Improvisationsweise,  bei  der,  um  es  mit  den  Worten  von  Hans-JĂźrgen  Schaal  auszudrĂźcken,  anstelle  der  bis  dahin  ßblichen,  immer  komplexer  gewordenen  â€žSlalomläufe“  ßber  ständig  wechselnde  Harmonien  des  Ausgangsthemas  Minuten  lang  ßber  â€žstehende  Skalen  (‚Modi‘)“  improvisiert  wird.  Eine  Befreiung  von  gängelnden  Vorgaben,  die  Coltrane  anders  als  Miles  aber  nicht  zu  kalkulierter  Schlichtheit,  sondern  zum  AuftĂźrmen  wahrer  Klang-Gebirge  nutzte,  die  sich  in  seinen  nicht  enden  wollenden  Soli  stetig  weiter  ausdehnten.  Und  wo  die  Trompete  von  Miles  vor  stiller  Intensität  glĂźhte,  loderten  die  Flammen  der  Erregung  beim  Saxophonisten  John  Coltrane  hoch  auf.  Kein  Wunder,  dass  er  sich  damit  nicht  nur  Freunde Â

machte:  In  Fachkreisen  der  USA  wurde  von  â€žAnti-Jazz“  gesprochen,  und  als  Coltrane  im  FrĂźhjahr  1960  mit  dem  Quintett  von  Miles  Davis  erstmals  nach  Europa  kam,  redeten  sich  die  Fans  hinterher  ßber  sein  Spiel  die  KĂśpfe  heiĂ&#x;,  wie  sich  ein  Besucher  des  damaligen  Karlsruher  Konzertes  (bei  dem  Karlheinz  FĂźrst  den  Saxophonisten  fĂźr  dieses  Buch  ablichtete)  Jahrzehnte  danach  noch  erinnerte.  Kurios  aus  heutiger  Sicht,  denn  an  â€žfrenetische  Hochspannungs-Marathons“  (H.-J.  Schaal)  wie  bei  Coltrane  hat  man  sich  inzwischen  längst  gewĂśhnt,  durch  Free  Jazz,  Rockjazz  und  auch  eine  Vielzahl  â€žpurer“  Rock-Musiker,  die  von  seinem  Vorbild  angeleitet  wurden.  Der  Meister  selbst  verfolgte  den  Kurs  modaler  Steigerungsekstase  (die  sich  nach  bewältigtem  Gipfelsturm  in  pastoral  predigendes  WohlNLMHSSLU H\ŀZLU RVUU[L ILP ZWLaPLSSLU )HSSHKLU 7YVQLR[LU auf  Platte  sogar  unvermutet  zarter  Saxophon-Lyrik  wich)  ab  Ende  1960  mit  eigener  Gruppe;  jetzt  auch  auf  dem  Sopransaxophon,  das  er  mit  dem  StĂźck  My  Favorite  Things  auf  der  ersten  LP  seines  neuen  Quartetts  ein  fĂźr  allemal  im  modernen  Jazz  etablierte.  In  der  Radikalität  und  Unbedingheit,  die  ihm  eigen  war,  näherte  â€œTraneâ€?  sich  immer  mehr  der  noch  grĂśĂ&#x;eren  FreizĂźgigkeit  des  Free  Jazz,  von  jĂźngeren  Musikern  seinerzeit  bereits  praktiziert.  Den  entscheidenden  Schritt  vollzog  er  schlieĂ&#x;lich,  in  Zusammenarbeit  mit  einigen  von  ihnen  wie  etwa  Tenorist  Archie  Shepp,  1965  in  Ascension,  einem  LP-langen  StĂźck  Musik  â€žvon  der  Heftigkeit  eines  40  Minuten  währenden  Orgasmus“  (J.  E.  Berendt).  Das  bis  heute  am  meisten  gefeierte  Coltrane-Plattenalbum  ist  dagegen  A  Love  Supreme,  Ende  1964  von  seinem  Quartett  in  suitenähnlicher  Form  eingespielt;  ein  Dokument  seiner  tiefen  Religiosität,  die  Christliches  mit  den  ZWPYP[\LSSLU ,YMHOY\UNLU €Z[SPJOLY 2\S[\YLU ]LYIHUK ,PUĂ…Â…ZZL aus  Indien  und  dem  arabischen  Raum  haben  den  Saxophonisten  auch  musikalisch  inspiriert,  sie  machten  ihn  zum  frĂźhen  und  sicherlich  wichtigsten  Vorgänger  der  weltmusikalischen  Tendenzen  im  Jazz  späterer  Jahrzehnte.  John  Coltrane  starb  1967  an  einem  Leberleiden,  nachdem  Üfter  schon  schwere  ErschĂśpfungszustände  den  kaum  Vierzigjährigen  heimgesucht  hatten;  fĂźr  Joachim  Ernst  Berendt  die  Folge  eines  kräftezehrenden  â€žLebens  am  Rande  menschenmĂśglicher  Intensität“. 61


%LOO &ROHPDQ 7URPSHWHU Ein  Weltenbummler  unter  den  schwarzen  amerikanischen  Swingmusikern,  der  bis  1940  schon  in  Ă„gypten  und  längere  Zeit  in  Indien  gespielt  hatte,  1945/46  im  Rahmen  der  US-Truppenbetreuung  Auftritte  auf  den  Philippinen  und  in  Japan  absolvierte  und  in  den  1970ern  mehrfach  Gastspiele  in  Afrika  gab.  Am  wohlsten  fĂźhlte  sich  Coleman,  geboren  in  einem  Ort  namens  Paris  in  Kentucky,  offenbar  in  der  Stadt  gleichen  Namens  in  Europa.  Zum  ersten  Mal  besuchte  er  Paris  1933  auf  einer  Tournee,  1935  kam  er  wieder  fĂźr  gleich  mehrere  Jahre,  und  ab  1948  lieĂ&#x;  er  sich  fĂźr  den  Rest  seines  Lebens  in  Frankreich  nieder.  Das  Foto  von  ihm  machte  Karlheinz  FĂźrst  1962  bei  â€žDunkelkammer“-Beleuchtung  im  Pariser  Jazzclub  Le  CamĂŠlĂŠon. 62


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$UW 7D\ORU 6FKODJ]HXJHU „Eine  allgegenwärtige  PersĂśnlichkeit“  in  den  New  Yorker  Jazzclubs  und  Aufnahmestudios  nannte  ihn  Autor  Leonard  Feather  in  seiner  1960  ebenda  erschienenen  Encyclopedia  of  Jazz  -  um  Taylor  in  der  ßbernächsten  Ausgabe  dieses  Jazzlexikons,  1976,  dann  gar  nicht  mehr  zu  berĂźcksichtigen.  So  schnell  kann  ein  Musiker  aus  dem  Blickfeld  der  (auch  heute  noch  weitNLOLUK H\M KPL HTLYPRHUPZJOL :aLUL Ă„_PLY[LU <: 1HaaRYP[PR geraten,  wenn  er  im  Mutterland  des  Jazz  nicht  mehr  gegenwärtig  ist,  weil  er  es,  wie  Taylor  im  Jahr  1963,  Richtung  Europa  verlassen  hat.  Wo  er  als  anpassungsfähiger  Drummer  im  Rahmen  des  Bop-Idioms  reiche  BetätigungsmĂśglichkeiten  vor  allem  in  den  Clubs  und  Studios  von  Paris  vorfand  und  gegen  1970  von  kĂźhner  gestimmten  Mitexilanten  aus  den  USA  um  Saxophonist  Noah  Howard  sogar  (vorĂźbergehend)  zum  Free  Jazz  bekehrt  wurde.  Daneben  bat  der  Schlagzeuger  ausgewählte  Jazzer-Kollegen  zu  Interviews  vors  Mikrofon,  die  er  1978  als  Buch  verĂśffentlichte.  Bald  darauf  kehrte  Taylor  zurĂźck  nach  New  York,  wo  er,  viel  beschäftigt  wie  gewohnt,  seine  letzten  Lebensjahre  verbrachte.  Das  Foto  von  ihm  entstand  noch  vor  seiner  Zeit  in  Paris,  als  er  auf  Europatour  zusammen  mit  Altsaxophonist  Jackie  McLean  1961  im  Ludwigshafener  Pfalzbau  gastierte,  im  Rahmen  eines  Doppelkonzerts,  in  dem  nach  der  Gruppe  der  beiden  die  Big  Band  von  Quincy  Jones  auftrat.  In  der  Werbung  fĂźr  diese  von  der  Jazzredaktion  des  SĂźdwestfunks,  d.h.  Joachim  Ernst  Berendt  organisierte  Veranstaltung  wurde  angefĂźhrt,  Art  Taylor  sei  als  â€žBomber  von  New  York“  bekannt  -  ein  heute  nicht  mehr  bekannter  scherzhafter  Beiname. 65


Art Taylor 66


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-DFNLH 0F/HDQ $OWVD[RSKRQLVW Schenkt  man  seinem  Geburtsdatum  Glauben  (was  im  Jazz  nicht  nur  in  seinem  Fall,  in  dem  auch  1932  angegeben  wird,  einer  Nachfrage  wert  ist),  wurde  der  gebĂźrtige  New  Yorker  bereits  im  Alter  von  15  Jahren  Vater  (eines  Sohnes,  RenĂŠ  McLean,  der  seinerseits  Jazz-Saxophonist  wurde).  Hitziges  Temperament  legte  Papa  McLean  auch  als  Musiker  an  den  Tag.  Sein  emotional  hoch  aufgeladenes  Altsax  erklang  zunächst  an  der  Seite  von  Miles  Davis,  Charles  Mingus  und  Art  Blakey,  dessen  Jazz  Messengers  er  1956-58  angehĂśrte.  In  den  frĂźhen  Sechzigern  war  er  oft  in  Europa,  mit  eigener  Formation  sowie  als  Musiker  und  Schauspieler  des  BĂźhnenstĂźcks  The  Connection  ßber  die  Rauschgift-Problematik  im  modernen  Jazz  (die  er  am  eigenen  Leib  erfahren  hatte).  In  einer  Serie  sehr  empfehlenswerter  LPs  fĂźr  das  Label  Blue  Note  transformierte  McLean  zu  dieser  Zeit  sein  Bebop-geprägtes  Spielideal  in  Richtung  eines  gemäĂ&#x;igt  freien  Jazz.  Ab  1968  erĂśffnete  er  sich  mit  Vorlesungen  an  einem  College  dann  eine  Zweit-Karriere  als  Jazzpädagoge;  sie  trug  ihm  als  einem  der  ersten  Jazzmusiker  in  den  USA  den  Professoren-Titel  ein  (der  heute  auch,  und  gerade,  fĂźr  zahlreiche  deutsche  Musiker  mit  der  Dozententätigkeit  an  einem  der  OPLYa\SHUKL TP[[SLY^LPSL Ă…pJOLUKLJRLUK H\ZNLIH\[LU 1Haa Studiengänge  verbunden  ist).  Dennoch  trat  McLean  weiterhin  als  Saxophonist  in  Erscheinung,  in  Deutschland  allerdings  längst  nicht  mehr  so  beachtet  wie  zuvor. 69


Jackie McLean 70


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4XLQF\ -RQHV .RPSRQLVW Der  seltene  Fall  eines  Jazzmusikers,  der  es  nach  bĂźrgerlichen  Erfolgsvorstellungen  â€žgeschafft“  hat;  weit  ßberwiegend  freilich  mit  nicht  gerade  jazzmäĂ&#x;iger  Musik.  Diese  jedoch  hatte  er  grĂźndlich  in  der  Praxis  studiert,  als  Trompeter  anfangs,  der  mit  der  Big  Band  von  Lionel  Hampton  1953  erstmals  Europa  besuchte.  Konzentrierte  sich  danach  auf  sein  eigentliches  Talent  und  schrieb  Arrangements  fĂźr  grĂśĂ&#x;ere  Jazzformationen,  unter  ihnen  das  Orchester  von  Count  Basie.  Stellte  um  1960  mehrfach  auch  Big  Bands  in  eigener  Regie  zusammen,  von  denen  das  Star-gespickte  Ensemble,  mit  dem  er  im  FrĂźhjahr  1961  durch  Europa  tourte,  eines  der  bemerkenswertesten  war.  Zuvor  schon  in  seiner  Zusammenarbeit  mit  populären  Gesangssolisten  kein  Jazz-Purist,  komponierte  Jones  seit  Mitte  der  Sechziger  vor  allem  Musik  fĂźr  amerikanische  FernsehseriLU \UK /VSS`^VVK :WPLSĂ„STL ^PL L[^H KHZ ILRSLTTLUKL :Â…Kstaaten-Drama  In  der  Hitze  der  Nacht  1967.  Betätigte  sich  seit  den  Siebzigern  auch  als  allen  neuenTrends  aufgeschlossener  Plattenproduzent  der  Popmusik;  das  1982  von  ihm  betreute  Michael-Jackson-Album  Thriller  wurde  zum  gigantischen  Verkaufsschlager.  Ă‰,PUL KLY LPUĂ…\ZZYLPJOZ[LU 7LYZ€USPJORLP[LU KLY amerikanischen  Unterhaltungsindustrie,  mit  Grammys  und  Oscars  ausgezeichnet“  (Martin  Kunzler),  ist  Jones  gelegentlich  zu  seinen  Anfängen  im  Jazz  zurĂźckgekehrt.  1991  beim  Festival  von  Montreux  war  er  musikalischer  Leiter  eines  denkwĂźrdigen  Konzertes,in  dem  Trompeter  Miles  Davis  kurz  vor  seinem  Tod  die  orchestralen  Klänge  des  mit  ihm  verbundenen  Jazz  der  -Â…UMaPNLY ^PLKLY H\Ă…LILU SPLÂ? 72

Quincy  Jones  mit  Freddie  Hubbard


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)UHGGLH +XEEDUG 7URPSHWHU 2HYSOLPUa -Â…YZ[ MV[VNYHĂ„LY[L POU HSZ 4P[NSPLK KLY )PN )HUK ]VU Quincy  Jones,  die  im  März  1961  ein  Gastspiel  in  Ludwigshafen  gab.  FĂźr  Hubbard  aber  war  dieses  Orchester  nur  eine  fast  nebensächliche  (von  seinen  Biographen  auch  so  gut  wie  nie  erwähnte)  Episode.  Seinen  glänzenden  Ruf,  verbunden  mit  der  Vorbild-Funktion  fĂźr  eine  Legion  anderer  Trompeter,  erwarb  er  sich  vor  allem  während  seiner  Zeit  bei  den  Jazz  Messengers  von  Schlagzeuger  Art  Blakey  1961  bis  1964.  Technisch  wie  musikalisch  brillant  und  Neuem  gegenĂźber  aufgeschlossen,  wirkte  Hubbard  daneben  an  zwei  epochemachenden  Schallplattenaufnahmen  der  Jazz-Avantgarde  mit:  Free  Jazz  von  Ornette  Coleman  und  Ascension  von  John  Coltrane.  Im  Jahrzehnt  darauf  wiederum  zollte  er  dem  dann  aktuellen  Trend  zum  Rockjazz  Tribut,  nicht  zuletzt  aus  kommerziellen  Erwägungen,  die  sich  bei  einer  Reihe  eigener  LP-Einspielungen  im  Elektro-Sound  auch  bewahrheiteten.  Fand  um  1980,  zunächst  als  Platzhalter  fĂźr  Miles  Davis  in  der  nach  dessen  Quintett  der  Sechziger  modellierten  All-Star-Gruppe  V.S.O.P.,  wieder  zum  akustischen  Jazz  zurĂźck.  Eine  Lippenerkrankung,  die  offenbar  nicht  mehr  gänzlich  zu  kurieren  war,  verurteilte  den  groĂ&#x;en  Jazztrompeter  freilich  ab  Mitte  der  Neunziger  zu  längeren  Phasen  der  Untätigkeit. 75


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Posaunist der Quincy Jones Bigband 77


%HQQ\ %DLOH\ 7URPSHWHU In  den  Sechzigerjahren  eine  vertraute  Erscheinung  im  deutschen  Fernsehen,  denn  von  1963  bis  1968  saĂ&#x;  der  schwarze  Amerikaner  im  Orchester  von  Max  Greger,  damals  mit  von  der  Partie  bei  allen  groĂ&#x;en  Unterhaltungsshows  des  ZDF.  Auch  sonst  hatte  Bailey  eine  Vorliebe  fĂźr  europäische  Rundfunk-Tanzorchester;  vor  Greger  war  er  beim  SFB  in  Berlin  unter  Vertrag,  danach  in  Genf  beim  Radiosender  der  Westschweiz,  ab  1978  dann  in  der  Wiener  ORF-Big-Band.  Mit  Big  Bands  der  jazzigen  Art  war  er  aus  den  USA  nach  Europa  gekommen,  unter  den  Bandleadern  Dizzy  Gillespie  (1948),  Lionel  Hampton  (1953)  und  Quincy  Jones  (1960  und  1961),  mit  ihm  auch  zu  einem  Konzert  in  Ludwigshafen,  bei  dem  Karlheinz  FĂźrst  sein  Foto  von  Bailey  â€žschoss“.  Seither  auf  dem  alten  Kontinent  anZpZZPN WĂ…LN[L KLY ;YVTWL[LY ZLPU 1Haa ;HSLU[ ]VY HSSLT K\YJO Mitwirkung  in  einer  Vielzahl  kleinerer  Formationen.  Bis  zu  seinem  Tod  war  er  auch  in  Deutschland  die  erste  Wahl,  wenn  fĂźr  ein  Band-Projekt  ein  authentischer  Bebop-Improvisator  von  internationalem  Format  auf  der  Trompete  gesucht  wurde.  Betontes  Funky-Spiel  dagegen  war  gefragt,  als  Bailey  beim  Schweizer  Montreux  Jazz  Festival  des  Jahres  1969  in  einer  Gruppe  um  seine  Landsleute  Eddie  Harris  (Tenorsaxophon)  und  Les  McCann  (Keyboards)  auftrat;  dass  gerade  die  LiveLP  Swiss  Movement  von  diesem  Konzert  sich  mit  Hitnummern  wie  Compared  To  What  zum  Langzeit-Erfolg  entwickelte,  bis  in  die  Gegenwart  hinein  anhaltend,  war  fĂźr  den  Trompeter  darum  eher  ärgerlich.  Im  Gedächtnis  geblieben  wäre  er  lieber  mit  besser  zu  ihm  passenden  Klängen. 78


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3DWWL %RZQ 3LDQLVWLQ Geboren  und  aufgewachsen  im  jazzmäĂ&#x;ig  entlegenen  Seattle,  wo  sie  auch  ihren  Universitätsabschluss  in  (klassischer)  Musik  machte.  Kam  1956  nach  New  York  und  verdiente  ihren  Lebensunterhalt  zunächst,  wie  viele  andere  begabte  Jazzpianisten  es  gelegentlich  tun  mussten,  mit  gefällig  plätschernder  Hintergrundmusik  in  Cocktail  Lounges.  1959  holte  sie  Jugendfreund  Quincy  Jones  PU ZLPUL )PN )HUK PU KLYLU 5L\H\Ă…HNLU 7H[[P )V^U H\JO PU ZWp[LYLU 1HOYLU VM[ LPUNLZL[a[ ^\YKL nicht  zuletzt  zur  Einspielung  von  Film-Soundtracks.  Daneben  arbeitete  sie  in  Begleitbands  prominenter  Soul-Vokalisten  wie  Aretha  Franklin  und  James  Brown  oder  saĂ&#x;  bei  Musical-AuffĂźhrungen  am  Broadway  im  Orchestergraben.  Als  Jazzsolistin  unter  eigenem  Namen  schaffte  die  â€žmachtvoll  swingende“  Pianistin  (Leonard  Feather  1960)  den  Durchbruch  nicht. 81


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0HOED /LVWRQ 3RVDXQLVWLQ XQG Komponistin/Arrangeurin Ăœber  Jahrzehnte  hinweg  die  bedeutendste  Instrumentalistin  des  Jazz,  jenseits  des  von  weiblichen  Solisten  frĂźh  schon  eroberten  Pianos.  Und  weil  Frauen  im  instrumentalen  Jazz  so  lange  Zeit  kaum  in  Erscheinung  traten,  in  dessen  Männerwelt  auch  mit  massiven  Vorurteilen  zu  kämpfen  hatten,  blieb  den  wenigen  Ausnahmen  oft  nichts  anderes  ßbrig,  als  sich  zu  reinen  Frauenformationen  zu  verbĂźnden;  auch  Melba  Liston  unterhielt  zweimal  in  ihrer  Karriere,  1958  und  um  1980,  eine  derartige  Gruppe.  Ăœber  mangelnde  Anerkennung  ihres  KĂśnnens  brauchte  die  Posaunistin  trotzdem  nicht  zu  klagen.  In  jungen  Jahren  bereits  fand  sie  Aufnahme  in  prominenten  Big  Bands,  mit  derjenigen  von  Trompeter  Dizzy  Gillespie  bereiste  sie  1956/57  Lateinamerika  und  den  Nahen  Osten,  mit  der  Truppe  von  Quincy  Jones  1960  und   61  Europa.  Zur  gleichen  Zeit  ZJO\M ZPL ZPJO LPU a^LP[LZ ILY\Ă…PJOLZ :[HUKILPU HSZ 2VTWVUPZtin  und  Arrangeurin,  die  fĂźr  so  unterschiedliche  Auftraggeber  wie  Duke  Ellington,  ein  Sinfonieorchester  und  die  Soulplattenschmiede  des  Labels  Motown  arbeitete.  In  der  zweiten  Hälfte  der  Siebzigerjahre  als  Musikhochschullehrerin  auf  Jamaica  tätig,  kehrte  Melba  Liston  1979  auf  die  US-Jazzszene  zurĂźck,  musste  aber  nach  einem  Schlaganfall  1985  das  Posaunenspiel  aufgeben;  um  sich  dann,  und  das  mit  dem  gewohnten  Erfolg,  ausschlieĂ&#x;lich  dem  Notenschreiben  zu  widmen.  83


-XOLXV :DWNLQV :DOGKRUQEOĂƒVHU Habe,  mehr  als  jeder  andere,  sein  Instrument  â€žim  Jazz  durchgesetzt“,  befand  Jazz-Lexikon-Autor  Martin  Kunzler  wohl  etwas  zu  optimistisch.  Als  Soloinstrument,  auf  dem  improvisiert  wird,  ist  das  Waldhorn  mit  seinem  allzu  weichen  Klang  ohne  Ecken  und  Kanten  nach  wie  vor  eher  eine  Ausnahmeerscheinung  auf  den  JazzbĂźhnen.  Und  auch  als  Bestandteil  der  Blechbläsersätze  von  Big  Bands  hat  es  sich  bislang  nicht  wirklich  durchsetzen  kĂśnnen,  auĂ&#x;er  bei  Klang-Ă„stheten  wie  Gil  Evans,  dem  Meisterarrangeur  des  Cool  Jazz.  An  einigen  von  dessen  berĂźhmt  gewordenen  groĂ&#x;orchestralen  Einspielungen  zusammen  mit  Trompeter  Miles  Davis  hat  Watkins  mitgewirkt;  ansonsten  blies  er  sein  Waldhorn,  ob  aus  Neigung  oder  des  Ăœberlebens  wegen,  auch  im  klassischen  Sinfonieorchester  und  in  Theaterbands  am  New  Yorker  Broadway.  Als  beachtlicher  Jazzimprovisator,  der  er  war,  fand  er  um  1955  vor  allem  Anklang  beim  Bassisten  Oscar  Pettiford,  und  1956-59  unterhielt  er  zusammen  mit  dem  Tenorsaxophonisten  Charlie  Rouse  die  eigene  Combo  Les  Jazz  Modes,  um  1960  dann  mit  der  neu  gegrĂźndeten  Big  Band  von  Quincy  Jones  fĂźr  einige  Monate  nach  Europa  zu  gehen  sowie  im  Jahr  darauf  noch  einmal  fĂźr  eine  kĂźrzere  Gastspieltournee. 84


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Champion Jack Dupree YHUPXWOLFK >DXFK XQG ZHUGHQ JHQDQQW@ 3LDQLVW XQG 6ĂƒQJHU „Er  war  der  geborene  Entertainer“,  so  Paul  Oliver  in  Die  Story  des  Blues,  und  â€žseine  Schlagfertigkeit  war  ebenso  ungehobelt  wie  sein  Klavierspiel“.  Letzteres  hatte  er  in  seiner  Geburtsstadt  New  Orleans  bei  einem  der  Barrelhouse-Pianisten  gelernt,  deren  Arbeitsplatz  die  Billig-Kneipen  des  amerikanischen  SĂźdens  waren,  in  denen  Alkoholisches  direkt  aus  dem  Fass  ausgeschenkt  wurde.  Nach  einem  längeren  Abstecher  ins  Metier  des  Berufsboxens  (daher  sein  Beiname)  transferierte  Dupree  seine  urtĂźmliche  Spielweise  des  Blues-Pianos  1944  in  die  Clubs  und  Plattenstudios  von  New  York  und  Umgebung,  bis  hin  zu  eigenen  LPs  auf  dem  renommierten  Label  Atlantic.  1959  bereits  kam  der  Pianist  zu  Gastspielen  nach  Europa,  wo  er  sich  bald  auch  ansiedelte.  Lebte  und  arbeitete  hier  in  verschiedenen  Ländern  und  entfaltete  eine  rege  Aufnahmetätigkeit,  dabei  in  der  Zusammenarbeit  mit  jungen  europäischen  Musikern  Entwicklungshilfe  ßber  den  Blues-Bereich  hinaus  leistend:  1966  in  England  etwa  war  einer  seiner  Begleiter  an  der  Gitarre  der  kĂźnftige  Rock-Star  Eric  Clapton.  In  späteren  Lebensjahren  wurde  Dupree  in  Deutschland,  wo  er  dann  lebte,  fast  selbst  schon  zum  Pop-Star;  beliebt  aber  nicht  nur  als  Stimmungsmacher,  dessen  Auftritte  zu  frĂśhlichen  Parties  gerieten.  Denn  zwischendurch  erzählte  und  sang  er  immer  auch   ergreifend  traurig  von  Begebenheiten  wie  dem  frĂźhen  Feuertod  seiner  Eltern,  dass  den  Leuten  die  Tränen  in  die  Augen  traten. 86


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Champion Jack Dupree 88


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Das Thelonious Monk Quartett 91


7KHORQLRXV 0RQN 3LDQLVW XQG .RPSRQLVW „Seltsam  der  Mensch  und  seltsam  auch  seine  Musik“,  urteilte  nicht  nur  Arrigo  Polillo,  Jazzbuch-Autor  aus  Italien.  Schon  die  Art,  wie  dieser  Mensch  Klavier  spielte:  Die  langen  Finger  Ă…HJO H\ZNLZ[YLJR[ \UK UPJO[ LYNVUVTPZJO NLRYÂ…TT[ ^PLÂşZ PT Klavierunterricht  gelehrt  wird),  hämmerte  er  statt  wohlgeformter  Chorusse  (wie‘s  die  Jazz-Lehre  vorsieht)  beiĂ&#x;end  schräge  einzelne  Akkorde,  â€žgemurmelte“  Arpeggios  und  eigenartig  irrläufernde  Einzelnotenmotive  in  die  Tasten,  ohne  Zusammenhang  scheinbar  und  mit  vielen  Pausen  dazwischen.  Wenn  sich  der  Maestro  nicht  noch  längere  Auszeiten  genehmigte,  in  denen  er  aufstand  und  zu  den  Klängen  seiner  weiterspielenden  Bandmitglieder  tapsig  aussehende  (der  Mann  hatte  die  Statur  eines  Bären)  TanzĂźbungen  neben  dem  FlĂźgel  vollfĂźhrte.  Bis  auf  Letzteres  werden  Monks  Eigenheiten  seither  von  seinen  Jazzpiano-Kollegen  und  Kolleginnen  gerne  mal  nachgemacht,  zumeist  als  Gaghafte  Einlage,  die  dem  Original  dann  auch  so  ^LUPN NLYLJO[ ^PYK ^PL KLY UVJO ^LP[ Op\Ă„NLYL 4PZZIYH\JO von  Monk-Kompositionen  zu  Allerweltsimprovisationen,  bei  denen  ihr  reicher  melodischer  Gehalt  ßberhaupt  nicht  genutzt  wird.  Wie  viele  08/15-Blueschorusse  mĂśgen  schon  geblasen  worden  sein  ßber  sein  wunderbar  vertracktes,  wie  gegen  eine  92

Wand  anrennendes  Bluesform-Thema  Straight,  No  Chaser?  Geschrieben  hat  der  Pianist  seine  nicht  sehr  umfangreiche,  aber  exquisite  Kollektion  von  Jazz-Melodien  ßberwiegend  in  jungen  Jahren  und  in  eher  loser  Verbindung  zur  Bebop-Revolte.  Obwohl  als  einstiger  Hauspianist  des  Bop-Geburtslokals  Minton‘s  zu  deren  innerstem  kreativen  Zirkel  zählend,  blieb  Monk  zeitlebens  Einzelgänger.  Auf  Anerkennung  musste  er  lange  warten,  selbst  im  Kreis  der  Kollegen;  Mitte  der  FĂźnfziger  noch  verbat  sich  Miles  Davis  bei  einer  gemeinsamen  Plattenaufnahme  seine  Klavierbegleitung  während  der  eigenen  Soli  auf  der  Trompete.  Weltweiter  Erfolg,  verbunden  mit  regelmäĂ&#x;igen  Europa-Tourneen,  ereilte  Monk  und  seine  Musik  erst  in  den  Sechzigerjahren  durch  einen  Plattenvertrag  beim  damaligen  Branchenriesen  CBS,  in  dessen  Folge  der  reizvoll  rätselhafte  Jazz-MĂśnch  1964  sogar  das  Titelblatt  des  US-Magazins  Time  zierte.  Im  Text  dazu  wurde  Monks  Wahlspruch  zitiert,  der  eine  Ahnung  vermittelt,  wie  es  in  seinem  Inneren  aussah:  â€žIt‘s  always  night  or  we  wouldn‘t  need  light“  -  â€žEs  ist  immer  Nacht,  sonst  wĂźrden  wir  kein  Licht  benĂśtigen.“


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Das Thelonious Monk Quartett 95


&KDUOLH 5RXVH 7HQRUVD[RSKRQLVW In  ihm  fand  Pianist  Thelonious  Monk,  der  mit  einigen  der  grĂśĂ&#x;ten  Tenoristen  des  Jazz  immer  nur  vorĂźbergehend  zusammenspielte,  seinen  idealen  Partner  am  Saxophon.  Die  gesamten  Sechzigerjahre  ßber  gehĂśrte  Charlie  Rouse  zu  Monks  Quartett,  bereiste  mit  ihm  regelmäĂ&#x;ig  Europa  und  Japan  und  nahm  in  dieser  Besetzung  auch  eine  Reihe  von  LPs  auf.  Nicht  unbedingt  zum  eigenen  Vorteil:  Stets  der  gleiche  und  noch  dazu  nicht  gar  so  namhafte  Tenorsaxophonist  an  der  Seite  des  genialen  Jazz-MĂśnchs  empfanden  viele  HĂśrer  auf  die  Dauer  ebenso  ermĂźdend  wie  das  kaum  variierte  Repertoire  aus  MonkKompositionen  zumeist  älteren  Datums.  Mit  der  Folge,  dass  KLY 4HUU HT :H_VWOVU ZPJO ILP 4VUR UPJO[ ^PYRSPJO WYVĂ„SPLren  konnte  und  auch  nach  seinem  Ausstieg  1970  mit  eigenen  Projekten  dazu  verurteilt  schien,  die  lange  Liste  unterschätzter  Jazzsolisten  um  einen  weiteren  Eintrag  zu  verlängern. 96


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,QJH %UDQGHQEXUJ 6ĂƒQJHULQ Ein  Ausnahmetalent  im  mit  authentischen  Jazzstimmen  nicht  eben  gesegneten  Nachkriegsdeutschland.  Dennoch,  oder  vielleicht  gerade  deswegen,  konnte  Inge  Brandenburg  ihr  stimmliches  Potential  nicht  verwerten  zu  einer  dauerhaften  Karriere  als  Jazzvokalistin.  Gelernt  hatte  sie  das  Metier,  typisch  fĂźr  ihre  Generation,  während  der  FĂźnfzigerjahre  in  den  Ami-Clubs  SĂźddeutschlands.  Folgerichtig  war  dann  ihr  Umzug  nach  Frankfurt,  der  Jazzhauptstadt  der  Republik,  wo  sie  sich  mit  einem  Auftritt  beim  Deutschen  Jazzfestival  1958  und  Radio-Aufnahmen  mit  dem  hr-Jazzensemble  rasch  einen  Namen  in  Fachkreisen  machte;  in  den  Jahren  darauf  auch  auĂ&#x;erhalb  Deutschlands,  nachdem  sie  Festivals  in  Juan-les-Pins  und  Knokke  jeweils  zur  besten  teilnehmenden  Sängerin  gekĂźrt  hatten.  Von  einer  neuen  Billie  Holiday  gar  sprach  das  amerikanische  Magazin  Time;  ein  gerechtfertigter  Vergleich  angesichts  der  tief  gefĂźhlten  Intensität  ihres  vokalen  Vortrags,  der  nur  gelegentlich,  in  der  Hinsicht  an  Sarah  Vaughan  erinnernd,  zur  Ăœberspanntheit  neigte.  98

Was  die  deutsche  Schallplattenindustrie  nicht  daran  hinderte,  Inge  Brandenburg  bereitwillig  zu  vereinnahmen,  weniger  als  Jazz-  denn  als  Schlagersängerin  freilich.  Und  in  beiden  Eigenschaften  bekam  sie  kurz  danach  den  Beatles-Schock  mit  dem  damit  verbundenen  Wechsel  im  Publikums-  wie  Mediengeschmack  voll  zu  spßren.  Hinzu  kamen  persÜnliche  Probleme,  mit  dem  Alkohol  vor  allem  und  einem  explosiven  Hang  zur  Unbeherrschtheit  im  Umgang  mit  Menschen.  Ein  vorßbergehendes  Ausweichen  ins  schauspielerische  Fach  konnte  ihren  Abstieg  in  kßnstlerische  Untätigkeit  und  nackte  Armut  nicht  mehr  aufhalten.  Erst  kurz  vor  ihrem  Tod  erlebte  Inge  Brandenburg  noch  einmal  ein  bescheidenes  Comeback  als  Vokalistin.  Posthum  drehte  der  Berliner  Filmemacher  Marc  Boettcher  ßber  ihr  tragisch  verlaufenes  Leben  die  Dokumentation  Sing!  Inge,  sing!,  und  auf  einer  CD  zum  Film  erschienen  zuvor  unverÜffentlichte  Aufnahmen  aus  der  Glanzzeit  der  Sängerin  um  1960.


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Inge  Brandenburg 101


&RQQ\ -DFNHO 7URPSHWHU Bekannt  wurde  der  gebĂźrtige  Offenbacher  ab  1955  in  der  Cool-Jazz-Combo  des  Berliner  Baritonsaxophonisten  Helmut  Brandt,  1958  dann  auch  als  GrĂźndungsmitglied  des  hr-Jazzensembles  in  Frankfurt.  1961  schloss  er  sich  Erwin  Lehns  SĂźdfunk-Orchester  an  und  wechselte  1967  zur  Big  Band  des  Hessischen  Rundfunks,  damals  noch  von  Willy  Berking  geleitet  und  nur  selten  JazzmäĂ&#x;iges  spielend.  Der  Leidenschaft  dafĂźr  ging  Conny  Jackel  seither  vornehmlich  bei  Ürtlichen  Club-Sessions  und  Auftritten  in  Frankfurter  All-Star-Besetzungen  um  Tenorsaxophonist  Gustl  Mayer  und  Vibraphonist  Fritz  Hartschuh  nach.  Die  Wandlung  der  hr-Bigband  zu  einem  herausragenden  Jazzorchester  unter  der  Leitung  von  Kurt  Bong  und  dann  vor  allem  JĂśrg  Achim  Keller  erlebte  der  dazu  wie  geschaffene  Trompeter  vor  seiner  Pensionierung  nurmehr  in  den  Anfängen. 102


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+RUVW -DQNRZVNL 3LDQLVW Ein  Strahlemann  an  den  Tasten,  der  seine  brillante  pianistische  Technik  frÜhlich  zur  Schau  stellte:  Seht  her!  taufte  er  eines  seiner  Glanzstßcke  im  Stuttgarter  Orchester  von  Erwin  Lehn.  Schon  als  19jähriger  wurde  der  Pianist  dort  Mitglied  und  blieb  es  bis  1960,  als  er  sich  noch  gefälligeren  Klängen  zuwandte  und  mit  seiner  Nicht-Jazz-Komposition  Schwarzwaldfahrt  dann  auch  einen  weltweiten  Hit  landete.  Wieder  etwas  mehr  in  Richtung  Jazz  orientierte  sich  Jankowski  um  1970  mit  LPs  im  Solo-  oder  Trio-Format  sowie  ab  1975  als  Leiter  des  RIAS-Tanzorchesters  in  seiner  Geburtsstadt  Berlin. 105


:ROIJDQJ /DXWK 3LDQLVW XQG .RPSRQLVW  Aus  Ludwigshafen  am  Rhein  stammend,  später  in  Mannheim  lebend.  Leitete  im  1954  gegrĂźndeten  studentischen  Jazzclub  Cave  in  Heidelberg  die  erste  Hausband  und  formte  aus  ihr  ein  Quartett,  das  mit  barock  verspielten  Cool-Jazz-Themen  aus  seiner  Feder  den  Nerv  der  Zeit  traf:  1956  und  1957  wurde  Lauth  von  den  Lesern  des  Jazz-Echo  zu  Deutschlands  Jazzmusiker  des  Jahres  gewählt.  Die  von  ihm  angeregte,  zusammen  mit  Joachim  Ernst  Berendt  durchgefĂźhrte  Tournee  Jazz  und  Alte  Musik  erreichte  nach  Berendts  Angaben  damals  150  Vorstellungen.  Mit  jahrelangen  Laufzeiten  ähnlich  erfolgreich  waren  ab  1965  drei  von  Lauth  komponierte  Jazz-Ballette  am  Nationaltheater  Mannheim,  zu  denen  er  mit  eigener  Gruppe  jedes  Mal  live  spielte.  Seit  etwa  1960  allerdings  betätigte  er  sich  als  eine  Art  Allzweck-Komponist,  verfasste  Schlager  und  instrumentale  Tanz-,  Film-  und  (unter  Pseudonym)  Volksmusik.  Auch  die  Mannheim-Hymne  Mannem  vorne  entstand  am  Klavier  des  Pianisten,  der  sich  als  Akkordarbeiter  ins  Telefonbuch  eintragen  lieĂ&#x;  (und  sich  kĂśstlich  darĂźber  amĂźsierte,  als  ihn  mal  jemand  anrief,  der  ihn  zum  Kohlenschippen  im  Mannheimer  Hafen  anheuern  wollte).  Ăœber  seine  Erlebnisse  im  Jazz  verĂśffentlichte  Lauth  gegen  Ende  seines  Lebens  ein  AnekdotenbĂźchlein  mit  dem  sinnigen  (Jazzstandard-)Titel  These  Foolish  Things  -  typisch  fĂźr  sein  schlitzohriges  Naturell. 106


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)ULW] 0Ĺ&#x;Q]HU $OWVD[RSKRQLVW XQG Komponist/Arrangeur Als  gebĂźrtiger  Mannheimer  einer  der  Hauptvertreter  der  um  1960  sehr  regen  modernen  Jazzszene  seiner  Heimatstadt.  Trat  1962  mit  eigenem  Hard-Bop-Quintett  beim  Deutschen  Jazzfestival  in  Frankfurt  auf  und  bestritt  mit  der  inzwischen  gänzlich  neu  besetzten  Gruppe  im  Jahr  darauf  ein  Fernsehkonzert  des  Hessischen  Rundfunks,  das  in  der  Reihe  Jazz  fĂźr  junge  Leute  im  ARD-Nachmittagsprogramm  ausgestrahlt  wurde.  Sah  allerdings  damals  bereits  keine  Zukunft  fĂźr  sich  als  reiner  Jazzsolist  und  widmete  sich  in  den  folgenden  Jahrzehnten  vorwiegend  der  â€žkommerziellen“  Komposition  und  Musikproduktion,  oft  in  Zusammenarbeit  mit  seinem  ähnlich  denkenden  Landsmann  und  Geschäftspartner,  Pianist  Wolfgang  Lauth.  Kam  dann  aber  doch  ins  GrĂźbeln,  ob  diese  Karriereentscheidung  richtig  war,  als  er  um  das  Jahr  2000  die  Aufzeichnung  seines  TVAuftritts  von  1963  auf  CD  und  als  Video  verĂśffentlichte  und  selbst  spĂźrte,  welche  enormen  musikalischen  MĂśglichkeiten  seinerzeit  unerfĂźllt  blieben.  Immerhin  war  MĂźnzer  der  einzige  aus  der  nunmehrigen  Altherrenriege  des  Mannheimer  Jazz,  der  ab  Ende  der  1980er  Jahre  intensiven  Kontakt  zum  Jazz-Nachwuchs  hielt.  Einige  der  besten  jungen  Musiker  der  Region  vereinte  er  in  einem  von  ihm  geleiteten,  mit  seinen  Arrangements  versorgten  Tentett,  und  mit  zwei  von  ihnen,  Trompeter  Thomas  :PMĂ…PUN \UK (S[ZH_VWOVUPZ[ 6SHM :JO€UIVYU NYÂ…UKL[L LY KHZ heute  noch  bestehende  Plattenlabel  Jazz‘n‘Arts. 109


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Don Byas 111


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'RQ %\DV 7HQRUVD[RSKRQLVW Einer  der  â€žTenor-Titanen“  des  Jazz,  mit  voluminĂśsem  Ton  auf  seinem  Instrument  in  der  unmittelbaren  Nachfolge  von  Tenor-Urvater  Coleman  Hawkins.  Dann  aber  auch  ein  Mann  des  Ăœbergangs  zum  Bebop-Stil;  wirkte  1944  mit  in  der  ersten  regelmäĂ&#x;ig  auftretenden  Bop-Formation  an  der  Seite  von  Trompeter  Dizzy  Gillespie  und  Bassist  Oscar  Pettiford,  die  im  New  Yorker  Jazzclub  Onyx  ein  Engagement  bestritt.  Von  seiner  Heimat  USA  verabschiedete  sich  Byas  bereits  1946,  als  er  sich  dem  Orchester  von  Don  Redman  fĂźr  eine  Europatour  anschloss  und  dort  blieb,  zuerst  in  Frankreich,  später  in  Holland  wohnend.  1963  Teilnehmer  des  repräsentativen  Konzertes,  zu  dem  die  wichtigsten  der  damaligen  Americans  in  Europe  in  der  Stadthalle  von  Koblenz  zusammenkamen. 113


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$OEHUW 1LFKRODV .ODULQHWWLVW Authentischer  Vertreter  des  New-Orleans-Jazz  alter  Schule,  zumal  er  aus  der  Geburtsstadt  des  Jazz  stammte.  Kam  als  Musiker  schon  in  den  1920er  Jahren  bis  nach  Indien  und  China  und  gehĂśrte  in  den  DreiĂ&#x;igern  längere  Zeit  zum  Orchester  von  Louis  Armstrong.  Konnte  sich  mit  der  Musik  der  Swing-Ă„ra  offenbar  nicht  recht  anfreunden;  1941  gab  er  den  Beruf  auf.  Im  Zuge  des  einsetzenden  Dixieland-Revivals  wieder  gefragt,  spielte  er  ab  1946  in  wechselnden  Besetzungen  mit  anderen  New-Orleans-Veteranen  zusammen,  ab  1953  von  seiner  seitherigen  Wahl-Heimat  Paris  aus  in  europäischen  Formationen  KLZ 6SK[PTL 1Haa /p\Ă„N H\JO PU +L\[ZJOSHUK H\M[YL[LUK ^\Yde  Nicholas  1957  von  Frankfurter  Jazzmusikern  um  Posaunist  Albert  Mangelsdorff  (der  als  Modern  Jazzer  gerne  auch  mal  traditionell  jazzte,  dann  zur  Gitarre  greifend)  mitgenommen  auf  eine  Konzertreise  nach  Polen;  damals  zur  Hochzeit  des  kalten  Krieges,  ohne  UnterstĂźtzung  durch  die  Bundesregierung,  ein  abenteuerliches  Unternehmen.  Das  jazzmäĂ&#x;ig  ausgehungerte  polnische  Publikum  feierte  die  Gäste  aus  dem  Westen  wie  Pop-Stars,  und  junge  einheimische  Musiker  trugen  Klarinettist  Nicholas  nach  seinem  Auftritt  vor  gut  15000  Besuchern  im  Stadion  von  Sopot  auf  ihren  Schultern  von  der  BĂźhne. 115


'XNH (OOLQJWRQ HLJHQWOLFK (GZDUG .HQQHG\ Komponist/Arrangeur und Pianist Hätte  er  in  seinem  Leben  nur  eine  kleine  Melodie  von  der  Qualität  der  Spiritual-Ballade  Come  Sunday  komponiert  oder  einmal  nur  eine  Band  geleitet  vom  Format  des  star-gespickten  Ellington-Orchesters  der  frĂźhen  Vierzigerjahre,  wäre  ihm  ein  Platz  in  der  Ruhmeshalle  des  Jazz  sicher  gewesen.  Aber  Ellington  hat  Hunderte  hochwertiger  Jazzthemen  geschrieben  und  auch,  darin  war  er  ein  Pionier,  eine  beeindruckende  Reihe  groĂ&#x;formatiger  Orchesterwerke  bis  hin  zu  ganze  LPs  fĂźllenden  Suiten  (Black,  Brown  and  Beige)  und  den  geistlichen  Konzerten  (Sacred  Concerts)  seiner  späten  Jahre.  Alle  Kompositionen  entstanden  nicht  im  stillen  Kämmerlein,  sondern  mitten  im  TruILS KLY .HZ[ZWPLSYLPZLU ZLPULY Z[pUKPN H\M (JOZL ILĂ„UKSPJOLU Big  Band,  in  engem  Kontakt  und  oft  in  Zusammenarbeit  mit  deren  Musikern,  denen  â€žder  Duke“  seine  StĂźcke  musikalisch  H\M KLU 3LPI a\ ZJOULPKLYU WĂ…LN[L +HY\T OPLS[ LY KPLZL )HUK a ; \U[LY Ă„UHUaPLSSLU 6WMLYU VOUL <U[LYIYLJO\UN LPU OHSILZ Jahrhundert  lang  beisammen,  seit  Mitte  der  Zwanzigerjahre  bis  zu  seinem  Tod;  selbst  ßber  die  kritische  Phase  um  1950  hinweg,  als  in  den  USA  das  Interesse  des  Publikums  an  den  Orchestern  der  Swing-Ă„ra  erlahmt  war  und  auch  ein  Count  Basie  vorĂźbergehend  nur  in  Oktettbesetzung  auftreten  konnte.  Die  symbiotische  Beziehung  zwischen  Duke  Ellington  und  seinen  Band-Musikern  beantworteten  diese  mit  ungewĂśhnlicher  Loyalität  zu  ihrem  Bandleader,  dem  manche  Jahrzehnte  lang  die  Treue  hielten  -  Harry  Carney,  Ellingtons  Baritonsaxophonist,  sogar  sein  gesamtes  Musikerleben  lang.  Das  Orchester  war  eindeutig  Duke  Ellingtons  Hauptinstrument.  Dem  gegenĂźber  wird  von  vielen  ßberhĂśrt,  dass  er  -  zumindest  potenziell  -  auch  einer  der  grĂśĂ&#x;ten  Pianisten  des  Jazz  gewesen  ist,  in  seinem  Spiel  zu  eigenwillig  schroffer  Autorität  ebenso  fähig  wie  zur  >PLKLYNHIL aHY[LZ[LY WLYZ€USPJOLY ,TWĂ„UK\UNLU 116


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Harry  Carney 118


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Vor dem Auftritt 120


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(OOD )LW]JHUDOG 6ĂƒQJHULQ Ohne  Frage  die  First  Lady  des  Jazz,  als  die  man  sie  gerne  bezeichnet.  SprĂźhend  vor  Vitalität,  unfehlbar  in  ihrem  RhythmusgefĂźhl,  und  bis  heute  unerreicht  in  der  Rasanz  und  Brillanz  ihrer  wortlosen  Scat-Improvisationen,  die  den  Vergleich  mit  Solochorussen  der  besten  Instrumentalisten  bestehen  kĂśnnen.  Mit  anderen  Worten:  Ella  ist  die  Stimme  gewordene  VerkĂśrperung  der  swingenden  Qualität  des  Jazz.  In  den  Jahren  um  1960  befand  sie  sich  auf  dem  HĂśhepunkt  ihrer  Laufbahn,  wovon  ihre  Songbook-Plattenalben  Zeugnis  ablegen,  jeweils  einem  der  groĂ&#x;en  amerikanischen  Musical-Komponisten  gewidmet,  deren  Melodien  zu  Jazz-Standards  wurden.  Zur  gleiJOLU ALP[ ^HY KPL :pUNLYPU Op\Ă„N H\JO H\M L\YVWpPZJOLU )Â…Onen  zu  erleben,  ob  als  Mitwirkende  in  Jazz  at  the  Philharmonic  -Tourpaketen  (bei  einem  solchen  Konzertauftritt  in  Karlsruhe  entstand  unser  Foto)  oder  mit  Kleinformationen  unter  eigenem  Namen.  In  Quartettbegleitung  nahm  sie  1960  in  der  Berliner  Deutschlandhalle  die  berĂźhmt  gewordene  Live-LP  Ella  in  Berlin  auf. 123


5R\ (OGULGJH 7URPSHWHU Seiner  geringen  KĂśrpergrĂśĂ&#x;e  wegen  â€žLittle  Jazz“  genannt,  war  er  an  seinem  Instrument  ein  Riese:  der  expressivste  Trompetensolist  der  Swing-Ă„ra,  der  voller  UngestĂźm  und  gerade  noch  gebändigter  Kraft  weit  ausholende  MelodiebĂśgen  aus  dem  Horn  presste;  in  einem  reiĂ&#x;enden  Fluss  von  TĂśnen,  von  denen  Eldridge  jeden  einzelnen  so  ausdrucksvoll  wie  mĂśglich  formte  und  oft  auch  bewusst  verformte,  wie  es  in  keinem  Lehrbuch  stand.  Pionierfunktionen  erfĂźllte  der  Trompeter  auch  im  Kampf  gegen  die  in  den  USA  seinerzeit  selbst  im  Jazz  aufgerichteten  Rassenschranken:  1941  bis  1943  bei  Schlagzeuger  Gene  Krupa  und  1944/45  bei  Klarinettist  Artie  Shaw  war  er  einer  der  ersten  Musiker  dunkler  Hautfarbe  in  einem  ansonsten  weiĂ&#x;en  Orchester.  Keine  Rassentrennung,  dafĂźr  ausgeprägtes  Wettbewerbsdenken  herrschte  in  den  Tournee-Formationen,  die  US-Promoter  Norman  Granz  in  den  FĂźnfziger  und  Sechzigerjahren  unter  dem  Motto  â€žJazz  at  the  Philharmonic“  in  die  Konzertsäle  der  Welt  schickte.  Eldridge  war  oft  mit  dabei  und  lieferte  sich  mit  anderen  Trompetern  wie  etwa  Dizzy  Gillespie  heiĂ&#x;e  Improvisationsschlachten.  Bei  einem  solchen  Tourneeauftritt  in  der  Karlsruher  Schwarzwaldhalle  entstand  unser  Foto,  â€žeines  meiner  erfolgreichsten,  es  wurde  auf  Ausstellungen  gezeigt  \UK Op\Ă„N ]LY€MMLU[SPJO[¸ 124


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Roy Eldridge 126


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6WĂ’SKDQH *UDSSHOOL *HLJHU In  die  Jazzgeschichte  eingeschrieben  hat  sich  der  gebĂźrtige  Pariser  in  den  1930er  Jahren  durch  seine  Zusammenarbeit  mit  Gitarrist  Django  Reinhardt  im  franzĂśsischen  Quintette  du  Hot  Club  de  France.  Diese  schlagzeuglose,  nur  mit  Saiteninstrumenten  besetzte  Gruppe  gilt  als  erster  eigenständiger  Beitrag  Europas  zum  Jazz  und  ist  die  Urformation  des  Gypsy  oder  Sinti  Swing,  all  den  zahlreichen  Nachfolgeformationen  bis  heute  als  Vorbild  dienend;  zu  verbindlich  oft,  weil  es  die  Weiterentwicklung  des  Genres  nahezu  verhindert.  Auch  Grappelli  blieb  der  Partnerschaft  mit  Django  Reinhardt  bis  ßber  dessen  Tod  1953  hinaus  stets  verbunden,  eigene  Trio-  oder  Quartettbesetzungen  am  liebsten  mit  Gitarre  ausstattend.  LieĂ&#x;  sich  in  seiner  Kreativität  davon  aber  nicht  einschränken  und  setzte  sein  liebenswĂźrdiges,  elegant  swingendes  Geigenspiel  gerne  der  Konfrontation  mit  Vertretern  modernerer  Stilrichtungen  aus,  wie  etwa  den  Pianisten  McCoy  Tyner,  Martial  Solal  und  Michel  Petrucciani.  Insbesondere  aber  suchte  er  die  Begegnung  mit  anderen  Jazz-Geigern:  mit  buchstäblich  allen  von  Bedeutung  hat  er,  beginnend  1937  schon  mit  Eddie  South,  irgendwann  einmal  zusammengespielt;  nicht  zu  vergessen  vier  LPs  im  Duett  mit  Yehudi  Menuhin,  Geigen-Ass  der  klassischen  Musik.  Als  Grandseigneur  seines  Instrumentes  im  Jazz  weltweit  gefeiert,  war  StĂŠphane  Grappelli  bis  ins  hohe  Alter  aktiv.  Zuletzt  im  Rollstuhl;  â€žso  konnte  ich  ihn  nochmals,  nach  fast  vierzig  Jahren,  auf  dem  Jazzfestival  1996  in  Leipzig  erleben“,  erinnert  sich  Karlheinz  FĂźrst,  der  den  Geiger  zum  ersten  Mal  1962  im  Jazzclub  Le  CamĂŠlĂŠon PU 7HYPZ HUNL[YVMMLU \UK MV[VNYHĂ„LY[ OH[[L 128


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+DQV .ROOHU 6D[RSKRQLVW Galt,  obwohl  Ă–sterreicher,  in  den  1950er  Jahren  als  herausragender  und  international  am  meisten  beachteter  Solist  des  (bundes-)deutschen  Jazz.  Nach  Stationen  in  Wien  (wo  er  in  der  unmittelbaren  Nachkriegszeit  in  dem  Orchester  saĂ&#x;,  das  Theo  Lingen  bei  der  Originalaufnahme  des  Schlagerlieds  vom  Theodor  im  FuĂ&#x;balltor  begleitete),  MĂźnchen  und  Frankfurt  (Zusammenarbeit  mit  dem  jungen  Posaunisten  Albert  Mangelsdorff  in  eigener  Quintettbesetzung)  war  Koller  1957/58  in  BadenBaden  Mitglied  des  SĂźdwestfunk-Orchesters,  solange  es  von  US-Stararrangeur  Eddie  Sauter  geleitet  wurde.  Spielte  auch,  fĂźr  die  Dauer  jeweils  einer  Tournee,  in  den  Big  Bands  von  Stan  Kenton  und  Benny  Goodman,  daneben  in  kleineren  Gruppenprojekten  mit  hochrangigen  amerikanischen  Jazzsolisten  wie  den  Saxophonisten  Lee  Konitz  und  Zoot  Sims  zusammen.  1958/1959  unterhielt  er  so  auch  ein  Quartett  mit  dem  damals  in  Baden-Baden  lebenden  Bassisten  Oscar  Pettiford,  von  KarlOLPUa -Â…YZ[ MV[VNYHĂ„LY[ ILP LPULT (\M[YP[[ PU 2HYSZY\OL 2VSSLYZ ursprĂźnglich  supercoole  Spielweise  des  Tenorsaxophons,  entwickelt  unter  dem  Eindruck  der  Aufnahmen  des  Musikerkreises  um  Pianist  Lennie  Tristano,  hatte  sich  zu  dieser  Zeit  bereits  dem  heiĂ&#x;eren  Hauptstrom  des  Bebop-Jazz  angenähert.  In  den  Sechzigerjahren  musste  sich  Koller  dann,  wie  die  gesamte  Jaza^LS[ TP[ KLT ZJOPLY Â…ILYTpJO[PNLU ,PUĂ…\ZZ KLZ :H_VWOVnisten  John  Coltrane  auseinandersetzen  und  fand  ab  1971,  wieder  zurĂźck  in  Wien  und  jetzt  auch  am  Sopransaxophon,  mit  seiner  Gruppe  Free  Sound  zu  einer  eigenständigen  Form  von  freiem  Jazz.  Womit  seine  Schaffenskraft  noch  keineswegs  erschĂśpft  war;  sein  musikalisches  Spätwerk  gestaltete  er  äuĂ&#x;erst  vielfältig,  erprobte  immer  wieder  neue  Besetzungen  vom  Duo  bis  zu  groĂ&#x;orchestralen  Formaten  und  widmete  sich  dabei  intensiv  auch  kompositorischen  Aspekten. 131


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*HQH .UXSD 6FKODJ]HXJHU Auf  ihn  beziehen  sich,  ob  sie  es  wissen  oder  nicht,  sämtliche  Trommler  dieser  Welt,  wenn  sie  zu  einem  längeren  Solo  ansetzen:  Denn  Gene  Krupa  war  vielleicht  nicht  der  allererste  Schlagzeuger,  der  solche  Soli  spielte,  aber  ganz  sicher  derjenige,  der  sie  ein  fĂźr  allemal  als  Bestandteil  eines  zĂźnftigen  Jazz-  (oder  auch  Pop-  oder  Rock-)Konzertes  in  der  BĂźhnenpraxis  etablierte.  Entscheidend  dafĂźr  wurde  vor  allem  das  spektakuläre,  auf  Platte  festgehaltene  Solo,  das  er  am  16.  Januar  1938  in  dem  Titel  Sing,  Sing,  Sing  auf  die  Bretter  der  New  Yorker  Carnegie  Hall  legte,  als  Mitglied  der  Swing-Big  Band  von  Klarinettist  Benny  Goodman  beim  ersten  Jazz-Event  ßberhaupt  in  dieser  heiligen  Halle  der  E-Musik.  Kurz  darauf  grĂźndete  Gene  Krupa,  auch  durch  die  natĂźrliche  Show-Begabung  seines  extrovertierten  Naturells  ein  Publikumsliebling  der  Swing-Ă„ra,  eine  eigene  Big  Band  und  erfĂźllte  mit  ihr  ein  zweites  Mal  Pionierdienste:  1941  holte  er  als  einer  der  ersten  weiĂ&#x;en  Bandleader  einen  schwarzen  Musiker,  Trompeter  Roy  Eldridge,  in  sein  Orchester  und  scheute  sich  nicht,  ihn  dort  als  Duett-Partner  der  weiĂ&#x;en  Band-Sängerin  Anita  O‘Day  herauszustellen,  was  tumben  Verfechtern  von  Rassenvorurteilen  sicherlich  die  /HHYL a\ )LYNL Z[LOLU SPLÂ? 5HJO (\ŀZ\UN KLZ .LUL 2Y\pa-Orchesters  1951  spielte  der  Schlagzeuger  vornehmlich  in  Trio-  und  Quartettbesetzungen,  wenn  er  nicht  gerade  mit  Jazzat-the-Philharmonic-Tourpaketen  weltweit  unterwegs  war.  Und  immer  wieder  kam  es  bis  zu  seinem  Blutkrebs-Tod  1973  zu  5L\H\Ă…HNLU QLULY )LUU` .VVKTHU 2SLPUMVYTH[PVU PU KLY Gene  Krupa  1935-1938  schon  mit  Solisten  schwarzer  Hautfarbe,  Pianist  Teddy  Wilson  und  Vibraphonist  Lionel  Hampton,  zusammengespielt  hatte. 133


-LPP\ *LXIIUH 6D[RSKRQLVW .ODULQHWWLVW und FlĂśtist Ein  stiller  Revolutionär  des  modernen  Jazz,  der  in  verschiedenen  Stilrichtungen  seine  Spuren  hinterlassen  hat.  Ende  der  Vierzigerjahre  zunächst  im  Big-Band-Jazz  der  Cool-Ă„ra:  Mit  Four  Brothers  komponierte  der  akademisch  ausgebildete  Musiker  fĂźr  das  Orchester  von  Woody  Herman  das  repräsentative  StĂźck,  in  dem  der  kĂźhle  Klang  des  Saxophons  gleich  von  drei  Tenor-  und  einem  Bariton-Spieler  zelebriert  wurde.  Während  der  FĂźnfziger  gehĂśrte  Giuffre  dann,  auch  als  Instrumentalist,  zum  experimentierfreudig  gestimmten  harten  Kern  des  ansonsten  eher  harmlos-verspielten  weiĂ&#x;en  Westcoast  Jazz  Kaliforniens.  Hier  entwickelte  er  eine  Vorliebe  fĂźr  ungewĂśhnlich  besetzte  Kleinformationen,  in  denen  die  Rhythmusgruppe  bisweilen  reduziert  war  auf  lediglich  ein  Schlagzeug  oder  auch  nur  eine  Gitarre.  Noch  ungewĂśhnlicher  agierte  das  Trio,  mit  dem  Giuffre  1961  Europa  besuchte:  Sich  selbst  auf  die  Klarinette  beschränkend,  kreierte  er  zusammen  mit  Pianist  Paul  Bley  und  Bassist  Steve  Swallow  eine  dezidiert  lyrische,  leise  und  nachdenkliche  Spielart  von  freiem  Jazz.  Seinerzeit  ßbertĂśnt  von  der  lauten  Emotionalität  des  Free  Jazz  schwarzer  Prägung,  ßbten  diese  Klänge  eine  um  so  nachhaltigere  Langzeit-Wirkung  aus.  4HÂ?NLISPJO ]VU POULU ILLPUĂ…\ZZ[ ^\YKL ]VY HSSLT KHZ 2SHUN ideal  der  Aufnahmen,  mit  denen  das  MĂźnchner  Plattenlabel  ECM  seit  den  Siebzigerjahren  weltweit  Erfolg  hat.  Von  daher  war  es  nur  folgerichtig,  dass  ECM  in  den  Neunzigern  zwei  LPs  der  Jimmy  Giuffre  3  aus  dem  Jahr  1961  wieder  verĂśffentlichte  -  die  einzigen  Fremdproduktionen  im  Katalog  des  Labels.  Daneben  kam  es  auch  zu  neuen  Auftritten  und  Platteneinspielungen  jenes  Trios  in  der  alten  Besetzung  -  später  Triumph  fĂźr  den  lange  verkannten  Jazz-Pionier  Jimmy  Giuffre,  der  sich  in  seiner  zweiten  Lebenshälfte  vorwiegend  der  Lehrtätigkeit  an  amerikanischen  Universitäten  widmete. 134


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*HUU\ 0XOOLJDQ %DULWRQ VSĂƒWHU DXFK 6RSUDQVD[RSKRQLVW XQG .RPSRQLVW $UUDQJHXU Schrieb  sich  in  der  zuletzt  genannten  Funktion  schon  als  kaum  Zwanzigjähriger  in  die  Jazzgeschichte  ein,  denn  aus  seiner  Feder  stammen  einige  der  StĂźcke  im  Notenbuch  des  Nonetts  (Capitol  Orchestra)  um  Trompeter  Miles  Davis,  das  1949/50  den  kĂźhlen  Klang  im  Jazz  erstmals  orchestral  aufbereitete.  Obwohl  Mulligan  dabei  selbst  mitspielte,  erregte  der  innovative  Sound  seines  Baritonsaxophons,  statt  massiv  und  sperrig  leicht  und  beweglich  anmutend,  erst  einige  Jahre  später,  dann  aber  weltweit  Aufmerksamkeit:  ab  1952,  als  er,  inzwischen  nach  Kalifornien  umgezogen,  in  Los  Angeles  ein  pianoloses  Quartett  grĂźndete,  das  seinen  jungen  Trompeter  Chet  Baker  ebenfalls  sogleich  bekannt  machte.  Variantenreiche  polyphone  LinienfĂźhrung  ßber  unaufgeregt  swingenden  Rhythmen,  nach  eigener  Einschätzung  ein  â€žJazz  fĂźr  Pfeife  und  Pantoffeln“,  waren  Kennzeichen  von  Mulligans  Musik,  die  er  bald  auch  in  grĂśĂ&#x;eren  Besetzungen  erprobte,  ab  1960  schlieĂ&#x;lich  im  Big)HUK -VYTH[ ZLPULY *VUJLY[ 1Haa )HUK 5HJO KLYLU (\ŀsung  spielte  der  Baritonsaxophonist  um  1970  oft  als  Gastsolist  in  der  Gruppe  des  Pianisten  Dave  Brubeck,  später  war  er  erneut  mit  wechselnden  Formationen  unter  seinem  Namen  unterwegs,  darunter  um  1980  wieder  eine  Big  Band.  Ohne  der  SelbstgenĂźgsamkeit  zu  erliegen:  Neue  musikalische  Herausforderungen  reizten  Gerry  Mulligan  zeitlebens,  ob  in  Begegnungen  mit  illustren  JazzgrĂśĂ&#x;en  inklusive  Thelonious  Monk  fĂźr  eine  spezielle  Serie  von  LPs,  ob  in  der  auch  kompositorischen  Zusammenarbeit  mit  sinfonischen  Orchestern  oder  in  der  Erkundung  gänzlich  unbekannten  Terrains;  1974  war  Mulligan  der  erste  Jazzmusiker,  der  sich  auf  einem  gemeinsam  eingespielten  Plattenalbum  mit  dem  Tango  Nuevo  eines  Astor  Piazzolla  auseinandersetzte. 136



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$UW )DUPHU )OĹ&#x;JHOKRUQLVW ]XYRU 7URPSHWHU Hervorgegangen  aus  der  schwarzen  Bebop-Szene  Kaliforniens,  die  in  den  späten  1940er  Jahren  äuĂ&#x;erst  lebendig  war,  bevor  sie  vom  weiĂ&#x;en  Westcoast  Jazz  der  FĂźnfziger  in  der  Üffentlichen  Wahrnehmung  weitgehend  ßberschattet  wurde.  Farmers  Karriere  blieb  davon  unberĂźhrt;  kein  Hitzkopf  an  der  Trompete,  sondern  ein  ausgesprochen  eleganter  Improvisator,  konnte  er  mit  seinem  Spiel  BrĂźcken  schlagen:  vom  HardBop-Jazz  des  Pianisten  Horace  Silver,  zu  dessen  Quintett  der  Trompeter  1956-58  gehĂśrte,  zum  swingenden  Cool  Jazz  des  Baritonsaxophonisten  Gerry  Mulligan,  dessen  Quartett  er  sich  gleich  anschlieĂ&#x;end  anschloss,  als  erster  schwarzer  Musiker  in  dieser  durch  Vorgänger  Chet  Baker  einst  maĂ&#x;geblich  mitgeprägten  Formation.  Mit  ihr  kam  Art  Farmer  auch  nach  Europa  und  vor  die  Kamera  von  Karlheinz  FĂźrst.  Danach  wiederum  tat  er  sich,  nun  in  New  York  lebend,  mit  Tenorsaxophonist  Benny  Golson  zum  gemeinsam  geleiteten,  am  Hard  Bop  orientierten  Jazztet  zusammen.  Zur  gleichen  Zeit  ersetzte  er  fĂźr  sich  die  Trompete  durch  das  weicher  klingende  FlĂźgelhorn,  das  den  meisten  seiner  Kollegen  bis  heute  nur  als  gelegentlich  eingesetztes  Zweitinstrument  dient.  Mitte  der  Sechzigerjahre  lieĂ&#x;  der  nunmehrige  FlĂźgelhornist  die  Fachwelt  durch  die  betĂśrend  lyrisch  getĂśnten  Einspielungen  eines  eigenen  Quartetts  aufhorchen,  sah  aber  fĂźr  solche  Musik  wohl  keine  Perspektive  angesichts  der  Lärmorgien  des  Free-  und  dann  Rockjazz:  1968  wurde  Art  Farmer  festes  Mitglied  der  Big  Band  des  Üsterreichischen  Rundfunks  in  Wien,  um  dann  in  dem  Moment,  Ende  KLY :PLIaPNLY HSZ MYLPILY\Ă…PJOLY :VSPZ[ H\M KPL 1HaaZaLUL a\rĂźckzukehren,  als  sich  eine  Renaissance  der  frĂźheren  Stilarten  des  Jazz  abzeichnete  -  inbegriffen  die  Neuformierung  der  1962  aufgelĂśsten  Jazztet-Gruppe. 139


2VFDU 3HWWLIRUG %DVVLVW Realisierte  als  einer  der  ersten  die  AnstĂśĂ&#x;e  des  1942  sehr  jung  verstorbenen  Bass-Revolutionärs  Jimmy  Blanton  zur  solistischen  Nutzung  dieses  Instrumentes,  das  lange  Zeit  zu  reiner  Begleitarbeit  verurteilt  schien.  Erzählte  in  seinen  Improvisationen  auf  dem  Kontrabass  und  bald  auch  dem  hĂśherlagigen  Cello  (nach  dem  er  später  eins  seiner  Kinder  Cello  nannte)  regelrechte  Geschichten,  weniger  heftig  als  Altersgenosse  Charles  Mingus,  aber  mit  fein  abgestufter  Dynamik  nicht  minder  ausdrucksstark.  Aufgrund  einer  Einladung  Joachim  Ernst  Berendts  wohnte  Pettiford  ab  Herbst  1958  fast  ein  Jahr  lang  in  Baden-Baden  und  unterhielt  hier  mit  dem  Üsterreichischen  Saxophonisten  Hans  Koller  und  dem  ungarischen  Gitarristen  Attila  Zoller  â€ždie  beste  Combo,  die  es  damals  im  deutschen  Jazz  gab“  (Berendt).  Zog  dann  nach  Kopenhagen  um,  wo  er  -  vermutlich  -  an  den  Spätfolgen  eines  Autounfalls  starb,  den  er  bei  einer  Fahrt  von  Baden-Baden  nach  Wien  erlitten  hatte.  Heute  noch  zu  entdecken  wären  die  meisten  seiner  im  BebopIdiom  gehaltenen  Kompositionen.  Mit  ihrem  optimistischen  Schwung  eine  ganz  eigene  Note  aufweisend,  sind  sie  den  ungleich  bekannteren  Themen  von  Charlie  Parker  und  Dizzy  Gillespie  ebenbĂźrtig. 140


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Oscar  Pettiford 143


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$OEHUW 0DQJHOVGRUII 3RVDXQLVW

Albert  Mangelsdorff  und  Gßnther  Kronberg

Lernte  als  jĂźngerer  Bruder  des  Frankfurter  Klarinettisten  (und  später  vorwiegend  Altsaxophonisten)  Emil  Mangelsdorff  den  Jazz  schon  zur  NS-Zeit  kennen.  Begann  nach  Kriegsende  als  Gitarrist  und  wechselte  erst  mit  etwa  zwanzig  zur  Posaune  ßber.  Entwickelte  sich  1953/54  an  der  Seite  des  damals  in  Frankfurt  tätigen  Wiener  Saxophonisten  Hans  Koller  zu  einem  herausragenden  Improvisator,  zunächst  noch  ganz  unter  KLT ,PUĂ…\ZZ KLZ Z\WLYRÂ…OSLU *VVS 1Haa KLY 3LUUPL ;YPZ[HUV Richtung.  1958  ßbernahm  Mangelsdorff  die  Leitung  des  neu  gegrĂźndeten  Jazzensembles  des  Hessischen  Rundfunks,  die  er  bis  zu  seinem  Tod  innehaben  sollte.  Baute  sich  daneben  eine  Solokarriere  mit  eigenem  Quintett  auf,  das  während  der  Sechzigerjahre  durch  drei  LP-VerĂśffentlichungen  -  zu  der  Zeit  eine  Seltenheit  im  deutschen  Jazz  -  seinen  Namen  international  bekannt  machte.  Mit  dieser  Gruppe,  um  1970  auch  mal  zum  Quartett  verkleinert,  vollzog  der  Posaunist  sowohl  die  allmähliche  AblĂśsung  von  amerikanischen  Vorbildern  wie  eine  stetige  stilistische  Wandlung  hin  zu  einem  freien,  doch  immer  swingenden  Jazz  europäischer  Prägung.  Längst  schon  als  Deutschlands  Jazzmusiker  Nr.  1  anerkannt  und  seine  Ausnahmestellung  in  einer  Vielzahl  kurzfristig  zusammengestellter  Besetzungen  zusätzlich  bestätigend,  ßberraschte  Mangelsdorff  in  den  Siebzigern  die  Fachwelt  mit  einem  instrumentaltechnischen  Novum:  Als  Musiker  einen  Hang  zum  GrĂźblerischen,  ja  Kauzigen  aufweisend,  entdeckte  der  tagsĂźber  (zumeist  im  Frankfurter  Jazzkeller)  Stunden  lang  diszipliniert  Ăœbende  das  mehrstimmige  Spiel  auf  der  Posaune.  Dabei  wird  ein  Ton  geblasen,  gleichzeitig  ein  anderer  ins  Instrument  hinein  gesungen;  erweitert  noch  durch  die  bei  dieser  Prozedur  entstehenden  ObertĂśne,  werden  so  regelrechte  Akkorde  hĂśrbar.  Eine  von  ihm  meisterlich  beherrschte  Technik,  die  es  Albert  Mangelsdorff  erlaubte,  ganze  Konzerte  und  auch  eine  Reihe  viel  beachteter  Plattenalben  als  unbegleiteter  Solist  zu  bestreiten.  Die  er  aber  ebenso  einbrachte  in  Gruppen-Kontexte  wie  das  gemeinsam  mit  dem  Stuttgarter  Posaunisten  Wolfgang  Dauner  geleitete  Quintett,  das  den  nach  wie  vor  sehr  vielfältigen  Aktivitäten  seiner  letzten  Lebensjahre  Kontinuität  verlieh. 145


+DUWZLJ %DUW] 6FKODJ]HXJHU „Wie  der  Hartwig  Schlagzeug  gespielt  hat,  davon  ist  eine  Kraft  ausgegangen,  die  hat  es  damals  in  Europa  nicht  gegeben“:  FĂźr  Albert  Mangelsdorff  war  Bartz  der  erste  in  einer  längeren  Reihe  exzellenter  Drummer,  deren  Zusammenarbeit  der  Posaunist  aus  Frankfurt  ein  Musikerleben  lang  suchte.  Wobei  sich  â€ždamals“  auf  die  Jahre  um  1960  bezieht,  als  â€žder  Hartwig“  Mangelsdorff  aus  dem  kĂźhlen  Jazz  der  FĂźnfziger  regelrecht  heraustrommelte  in  den  rhythmisch  ungleich  vitaleren  Hard  Bop  der  frĂźhen  Sechziger.  Herangereift  war  dieses  nach  auĂ&#x;en  hin  ziemlich  schmächtig  wirkende  Kraftwerk  am  Schlagzeug  in  der  tiefen  Provinz  des  westpfälzischen  (Volks-)Musikantenlandes  um  das  Kleinstädtchen  Kusel.  In  nächster  Nähe  lagen  dort  die  US-TruppenstĂźtzpunkte  Baumholder  und  KaiserslauternRamstein;  in  ihren  Ami-Clubs  erlernte  der  junge  Hartwig  Bartz  sein  jazziges  Handwerk,  das  er  ins  Zusammenspiel  mit  Albert  Mangelsdorff  einbrachte.  Freilich  nur  fĂźr  knapp  zwei  Jahre  (siehe  dazu  die  AusfĂźhrungen  zu  Peter  Trunk)  und  auf  keiner  Platte  festgehalten.  Die  bislang  einzigen  Aufnahmen  aus  Bartz‘  Glanzzeit  erschienen  erst  Jahrzehnte  später  auf  CD,  seine  Mitwirkung  im  Quintett  des  Mannheimer  Altsaxophonisten  Fritz  MĂźnzer  dokumentierend,  das  1963  ein  Fernsehkonzert  beim  Hessischen  Rundfunk  gab.  In  den  Jahren  danach  verschwand  der  eben  noch  gefeierte  Schlagzeuger  rapide  aus  dem  Blickfeld  der  Ă–ffentlichkeit,  tauchte  ab  in  die  Durchschnittlichkeit  von  Jazzclub-Haustrios  in  verschiedenen  deutschen  Städten.  Neben  seiner  Rauschgiftsucht  machte  sich  nun  auch  eine  schwere  psychische  Erkrankung  bemerkbar.  Mit  schrecklichen  Folgen:  Im  Januar  1971,  wieder  zuhause  in  der  Pfalz,  erschlug  Hartwig  Bartz  seine  Ehefrau  Lore  mit  einem  Ausbeulhammer;  im  Zustand  unheilbarer  Schizophrenie,  wie  im  Jahr  darauf  das  Landgericht  Kaiserslautern  entschied.  Bartz  wurde  in  die  psychiatrische  Klinik  Landeck  eingewiesen,  1989  dann  in  eine  betreute  Wohngemeinschaft  in  Kusel  entlassen.  Obwohl  er  mit  7YVILU ZLPULZ 2€UULUZ HT :JOSHNaL\N fYa[L \UK 7Ă…LNLY ]LYblĂźffte,  war  er  zu  einer  geregelten  Tätigkeit  als  Musiker  nicht  mehr  in  der  Lage. 146


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3HWHU 7UXQN %DVVLVW GebĂźrtiger  Frankfurter,  dessen  auĂ&#x;ergewĂśhnliches  Talent  von  den  Modern-Jazz-Kollegen  in  der  Main-Metropole  rasch  erkannt  wurde.  1958  holte  ihn  Posaunist  Albert  Mangelsdorff  ins  von  ihm  geleitete,  gerade  gegrĂźndete  Jazzensemble  des  Hessischen  Rundfunks  und  zugleich  auch  in  sein  eigenes  Quintett.  In  beiden  Formationen  bildete  der  Bassist  ab  1960  zusammen  mit  dem  aus  der  Westpfalz  stammenden  Schlagzeuger  Hartwig  Bartz  ein  legendäres  Rhythmus-Team,  das  freilich  bereits  im  Jahr  darauf  in  unversĂśhnlichem  Streit  auseinander  ging;  4HUNLSZKVYMM a\MVSNL ^LPS ;Y\UR \U[LY ,PUĂ…\ZZ ZLPULY -YH\ KLY Sängerin  Stella  Banks,  â€žclean“  geworden  war,  woraufhin  ihn  Bartz,  der  vom  Drogengenuss  nicht  lassen  wollte,  wĂźst  beschimpft  habe.  US-JazzgrĂśĂ&#x;en  in  Europa,  wie  die  Saxophonisten  Don  Byas,  Ben  Webster  und  Lucky  Thompson,  suchten  KHNLNLU KPL A\ZHTTLUHYILP[ TP[ KLT ^LS[Sp\Ă„NLU aLP[^LPZL in  Paris  und  in  Spanien  lebenden  Bassisten,  dessen  expressives,  â€žschwarzes“  Spiel  fĂźr  sie  von  amerikanischer  Qualität  war.  Daher  war  er  Mitte  der  Sechziger  auch  der  ideale  Partner  von  Klaus  Doldinger,  dessen  Tenorsaxophon  damals  selbst  fĂźr  amerikanische  Kritiker  nach  Harlem  klang.  Ăœber  die  Tradition  von  Swing  und  Bebop  hinaus  stieĂ&#x;  Trunk,  nach  einer  längeren  Zwischenstation  im  Orchester  von  Kurt  Edelhagen,  um  1970  mit  dem  New  Jazz  Trio  von  Trompeter  Manfred  Schoof  bis  in  den  Free  Jazz,  1973  mit  eigener  Gruppe  auch  in  den  Rockjazz  vor.  In  der  Silvesternacht  danach  kam  er  in  New  York  bei  einem  unverschuldeten  Autounfall  ums  Leben.  Einer  seiner  berufenen  Nachfolger  im  heutigen  deutschen  Jazz,  Bassist  Manfred  BrĂźndl,  widmete  dem  groĂ&#x;en  Vorgänger  im  Jahr  2011  eine  ganze  CD  (Tip  Of  The  Tongue,  2012  mit  dem  Jazzpreis  des  SWR  und  des  Landes  Rheinland-Pfalz  ausgezeichnet). 148


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*X\ /DĂ°WWH 7HQRUVD[RSKRQLVW Von  Anfang  an  sich  fĂźr  den  Swing-Stil  auf  dem  Saxophon  entZJOLPKLUK ^\YKL 3HĂ„[[L a\T Op\Ă„NLU )LNSLP[LY LPUZJOSpNPNLY US-amerikanischer  Solisten,  die  sich  vorĂźbergehend  oder  auf  Dauer  in  Frankreich  aufhielten,  von  Trompeter  Bill  Coleman  bis  zum  Golden-Gate-Gesangsquartett.  Selbst  bei  einem  franzĂśsischen  Label  unter  Exklusivvertrag,  war  der  Tenorist  Mitte  der  Sechzigerjahre  bereits  auf  ßber  einem  halben  Hundert  LPs  in  Erscheinung  getreten.  Als  sein  musikalisches  Credo  nannte  er  damals  das  Ziel,  mĂśglichst  einfach  zu  spielen  -  eine  wohltuende  Einstellung  zu  einer  (bis  heute  anhaltenden)  Zeit,  in  der  die  ßbergroĂ&#x;e  Mehrheit  seiner  Kollegen  immer  noch  schneller  und  noch  komplizierter  zu  spielen  versuchte.

5HQĂ’ 8UWUHJHU 3LDQLVW Filmliebhaber  haben  ihn  bestimmt  schon  mal  gehĂśrt,  denn  RenĂŠ  Urtreger  war  der  Mann  am  Klavier  in  der  amerikanischfranzĂśsischen  Gruppe  um  Trompeter  Miles  Davis,  die  1957  in  Paris  die  berĂźhmt  gewordene  Filmmusik  zu  Regisseur  Louis  Malles  Erstlingswerk  Fahrstuhl  zum  Schafott  einspielte.  Auch  mit  anderen  Jazzstars  aus  den  USA  hat  der  in  Swing  und  Bebop  gleichermaĂ&#x;en  versierte  Pianist  im  Laufe  seiner  Karriere  zusammengearbeitet,  unter  ihnen  Trompeter  Chet  Baker,  Tenorsaxophonist  Lester  Young  und  Vibraphonist  Lionel  Hampton;  und  natĂźrlich  mit  vielen  GrĂśĂ&#x;en  des  franzĂśsischen  Jazz  ^PL ;LUVYPZ[ .\` 3HĂ„[[L VKLY .LPNLY :[tWOHUL .YHWWLSSP <UK die  Faszination  des  bewegten  Bildes  hat  Urtreger  ebenfalls  nicht  mehr  losgelassen,  ist  er  doch  seit  etwa  1970  auch  als  Filmmusik-Komponist  hervorgetreten. 150


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6KHOO\ 0DQQH 6FKODJ]HXJHU Als  solcher  der  berufene  Antipode  seines  schwarzen  Kollegen  Art  Blakey:  Anstelle  von  dessen  wilder,  kaum  zu  bändigender  2YHM[ ILOLYYZJO[LU Â…ILYSLN[L A\YÂ…JROHS[\UN \UK LPU Ă„SPNYHULY Sinn  fĂźr  leise  perkussive  TĂśne  das  Schlagzeugspiel  von  Shelly  Manne.  Der  bei  Bedarf  aber  auch  den  Powerdrummer  spielen  konnte,  sonst  hätte  er  sich  gegen  die  geballte  Lautstärke  des  Orchesters  von  Stan  Kenton,  dem  er  in  den  späten  Vierzigerjahren  angehĂśrte,  nicht  durchsetzen  kĂśnnen.  Mit  ihm  kam  der  gebĂźrtige  New  Yorker  1951  nach  Kalifornien  und  entwickelte  sich  dort  dann  zu  einer  zentralen  PersĂśnlichkeit  des  so  genannten  Westcoast  Jazz,  als  gesuchter  Schlagzeugbegleiter  bei  einer  Vielzahl  einschlägiger  Aufnahmen;  nicht  zuletzt  der  wagemutig  experimentellen  in  ungewĂśhnlichen  Besetzungen,  wie  einer  mit  auĂ&#x;er  ihm  nur  noch  Trompete  (Shorty  Rogers)  und  Saxophon  oder  Klarinette  (Jimmy  Giuffre)  1954.  Seit  etwa  dieser  Zeit  unterhielt  Shelly  Manne  auch  eine  eigene  feste  Band,  anfangs  im  Quintett-,  später  eher  im  Trio-  oder  Quartettformat,  mit  der  er  auftrat,  so  oft  ihm  seine  Tätigkeit  als  Studiomusiker  in  Los  Angeles  dafĂźr  Zeit  lieĂ&#x;.  Auch  als  Komponist  fĂźr  Film  und  Fernsehen  ist  der  Schlagzeuger  in  Erscheinung  getreten,  am  bekanntesten  wurden  seine  exotischen  Soundtracks  zu  der  in  Afrika  spielenden  TV-Serie  Daktari.  Gegen  Ende  seines  Lebens,  ab  1974,  gehĂśrte  Shelly  Manne  auĂ&#x;erdem  der  Formation  L.A.  4  an,  die  manche  Elemente  des  damals  längst  schon  Historie  gewordenen  Westcoast  Jazz  in  erneuerter  Form  wiederH\Ă…LILU SPLÂ? 152


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-RH *RUGRQ 7URPSHWHU War  1956  Mitglied  der  Big  Band  von  Dizzy  Gillespie,  die  damals  mit  UnterstĂźtzung  des  US-AuĂ&#x;enministeriums  Monate  lang  durch  SĂźdosteuropa  und  den  Nahen  Osten  tourte.  Ging  danach  nach  Kalifornien  und  konnte  dort  als  einer  von  nur  wenigen  Musikern  dunkler  Hautfarbe  in  den  von  WeiĂ&#x;en  dominierten  engeren  Zirkel  des  Westcoast  Jazz  vordringen.  GehĂśrte  zum  Quintett  von  Schlagzeuger  Shelly  Manne,  das  1959  bei  einem  Club-Engagement  in  San  Francisco  vom  verdienstvollen  Plattenlabel  Contemporary  live  mitgeschnitten  wurde;  die  (allerdings  nicht  mehr  ganz  so  Westcoast-typischen)  Aufnahmen  von  zeitlosem  Charme  erschienen  seinerzeit  auf  gleich  vier  Einzel-LPs:  At  The  Black  Hawk.  1960  kam  Gordon  mit  Jazz  at  the  Philharmonic  erneut  nach  Europa  und  spielte  auch  â€žviel  in  den  Jazzkellern  von  St-Germain-des-Pres  in  Paris,  wo  dieses  Foto  entstand“.  ZurĂźck  in  Kalifornien,  starb  er  in  Santa  Monica  an  Verbrennungen,  die  er  bei  einem  BrandunglĂźck  erlitt.  Erfuhr  als  Jazzsolist  â€žnie  die  Anerkennung,  die  er  verdient  gehabt  hätte“  (Kritiker  Leonard  Feather  1966). 155


-RH +DUULRWW 6D[RSKRQLVW GebĂźrtiger  Jamaicaner,  der  1951  nach  England  ging  und  sich  auf  der  dortigen  Jazzszene  bald  einen  guten  Namen  machte,  allerdings  eher  unter  den  Musikern  als  beim  Publikum.  Was  auch  weiterhin  sein  Problem  war,  als  er  ab  1960  mit  eigenem  Quintett  zum  Vorkämpfer  des  Free  Jazz  in  Europa  wurde;  seiULY +HYZ[LSS\UN a\MVSNL ]€SSPN \UILLPUĂ…\ZZ[ ]VU KLU KHTHSZ -\rore  machenden  ersten  Free-Einspielungen  Ornette  Colemans  in  den  USA.  Harriotts  1961  eingespielte  einschlägige  LP  Abstract  erhielt  in  der  Fachpresse  â€ženthusiastische  Kritiken“  (Leonard  Feather),  doch  bei  Auftritten  seiner  Gruppe  wagte  der  Saxophonist  sein  kĂźhnes  neues  Konzept  zunächst  jeweils  nur  in  der  zweiten  Konzerthälfte  zu  präsentieren,  während  er  die  erste  konventionell  gestaltete.  Auf  grĂśĂ&#x;eres  Verständnis  beim  Publikum  stieĂ&#x;  wohl  auch  nicht,  ab  Mitte  der  Sechzigerjahre,  Harriotts  Idee  einer  Verbindung  von  Jazz  und  indischer  Musik,  mit  der  er  zu  einem  (allzu)  frĂźhen  Pionier  heute  weithin  ßblicher  Grenzgänge  wurde.  â€žZuletzt“,  schreibt  Martin  Kunzler  im  JazzLexikon,  â€žwar  er,  verbittert  ßber  mangelnde  Anerkennung  und  verarmt,  wieder  als  Solist  unterwegs“,  der  laut  Leonard  Feather  in  einer  Vielzahl  unterschiedlicher  musikalischer  Kontexte  tätig  war. 156


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Harlekin aus dem Ballett Fontessa Suite 158


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Percy Heath, Kontrabassist des MJQ 161


-RKQ /HZLV 3LDQLVW XQG .RPSRQLVW Oder  auch:  â€žMaestro“  -  so  titulierte  alle  Jazzwelt  den  Musiker  mit  Universitätsabschluss,  was  unter  Jazzern  seiner  Zeit  noch  eine  Seltenheit  darstellte.  Weit  mehr  noch  aber  galt  die  Respektsbezeugung  dem  musikalischen  Kopf  des  Modern  Jazz  Quartet.  Seit  den  frĂźhen  FĂźnfzigerjahren  (und  mit  nur  kurzen  Unterbrechungen  bis  in  die  späten  Neunziger  hinein)  prägte  der  schwarze  Pianist  mit  seinen  kompositorischen  Konzepten  dieses  auĂ&#x;ergewĂśhnliche  Quartett,  das  aus  der  Rhythmusgruppe  des  Bebop-Orchesters  von  Trompeter  Dizzy  Gillespie  hervorgegangen  war;  auch  mit  anderen  GrĂźndervätern  des  modernen  Jazz  wie  Saxophonist  Charlie  Parker  und  Trompeter  Miles  Davis  hatte  Lewis  zuvor  zusammengespielt  und  fĂźr  sie  komponiert  oder  Arrangements  geschrieben.  Kennzeichnend  fĂźr  seine  Arbeit  im  Modern  Jazz  Quartet  wurde  dann  die  Verbindung  von  Bebop-Jazz  mit  Elementen  aus  der  europäischen  E-Musik,  vor  allem  den  Formen  und  kontrapunktischen  Spielweisen  des  Barock-Zeitalters.  Kultiviert  kĂźhl  im  Klangbild,  lieĂ&#x;  das  MJQ  doch  durch  die  expressiven  Improvisationen  des  Vibraphonisten  Milt  Jackson  an  jazzmäĂ&#x;igem  Drive  nichts  vermissen,  und  auch  John  Lewis  am  Piano  verleugnete  in  der  betont  sparsamen  Strenge  seiner  Solobeiträge  nicht  die  swingende  Qualität  des  Jazz.  Das  Konzept  einer  â€žThird  Stream“  genannten  Fusion  von  Jazz  und  Konzertmusik  vertrat  Lewis  ebenso  162

mit  Film-,  BĂźhnen-  und  Ballettmusik-Kompositionen  fĂźr  grĂśĂ&#x;ere  Besetzungen  sowie  der  GrĂźndung  eines  einschlägig  tätigen  Orchestra  USA  im  Jahr  1962.  Ohne  sich  selbst  damit  Scheuklappen  anzulegen:  Zur  gleichen  Zeit  fĂśrderte  er  nachhaltig  die  Karriere  des  seinerzeit  noch  von  vielen  verlachten  Free-Jazz-Pioniers  Ornette  Coleman.  Und  John  Lewis  war  es  auch,  der  damals  das  Interesse  der  deutschen  Jazzpromoter  Joachim  Ernst  Berendt  und  Horst  Lippmann  auf  den  urtĂźmlichen,  ganz  und  gar  ungeschliffenen  Folk  Blues  in  den  USA  lenkte  -  mit  den  an  anderen  Stellen  in  diesem  Buch  besprochenen  Folgen.  Ein  souveräner  musikalischer  Vordenker  also,  ßber  den  Kritiker  Leonard  Feather  1960  schon  das  abschlieĂ&#x;ende  Urteil  fällte:  â€žJohn  Lewis  ist  einer  der  brillantesten  KĂśpfe,  die  sich  je  mit  Jazz  befasst  haben.“


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/LRQHO +DPSWRQ 9LEUDSKRQLVW War  ursprĂźnglich  (und  auch  späterhin  noch  in  effektvollen  Trommel-Einlagen)  Schlagzeuger;  entdeckte  dann,  Anfang  der  1930er  Jahre,  das  eben  erst  erfundene  Vibraphon  und  wurde  auf  dem  Instrument  mit  dem  gläsernen  Klang  der  erste  bedeutende  Jazzsolist.  Spielte  es  in  ausgesprochen  tänzerischer  Manier,  die  beiden  Schlägel  (der  Einsatz  von  vieren  kam  erst  Jahrzehnte  später  auf)  wie  in  Trippelschritten  ßber  die  Metallplättchen  fĂźhrend.  Und  so,  wenngleich  nicht  ganz  so  subtil  im  Anschlag,  gelegentlich  auch  Klavier  spielend:  mit  nur  zwei  Fingern.  Bekannt  geworden  durch  seine  Mitgliedschaft  im  Quartett  von  King  of  Swing  Benny  Goodman,  stellte  â€žHamp“  1940  eine  eigene  Big  Band  auf  die  Beine,  die  er  ßber  Jahrzehnte  hinweg  immer  wieder  aufs  Neue  formierte,  falls  er  nicht  in  kleineren  Besetzungen  unterwegs  war.  Mit  hart  swingenden  StĂźcken  nahe  am  Rhythm-and-Blues  trieb  er  sich  und  seine  Musiker  gnadenlos  voran  und  das  Publikum,  gerade  in  den  1950er  Jahren,  oft  bis  zur  Raserei.  In  der  dann  schon  mal,  wie  bei  einem  Gastspiel  1953  im  Mannheimer  Rosengarten,  StĂźhle  zu  Bruch  gingen,  weswegen  der  junge  Fritz  Rau,  später  selbst  Konzertveranstalter,  damals  von  Ordnern  des  Saales  verwiesen  wurde.  In  all  dem  von  ihm  ausgelĂśsten  Tumult  blieb  Lionel  Hampton  aber  ein  begnadeter  Improvisator,  der  auch  Balladen  hĂśchst  einfallsreich  interpretierte;  â€žLionel,  du  Schelm!“  rief  ihm  LPUTHS ^PLKLY PU 4HUUOLPT UHJO LPULY ILZVUKLYZ YHMĂ„UPLY[ ausgedachten  Passage  ein  Amateur-Jazzer  unter  den  Besuchern  zu.  Und  zum  krĂśnenden  Abschluss  eben  dieses  CapitolKonzertes  der  Achtzigerjahre  lotste  Lionel  dann  seine  gesamte  Mannschaft  von  der  BĂźhne  herunter,  um,  er  vorneweg  wie  ein  Tambourmajor,  zu  den  Klängen  des  New-Orleans-Gassenhauers  When  The  Saints  Go  Marching  In  im  Gänsemarsch  an  der  Wand  entlang  durch  den  Saal  zu  tänzeln. 164


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Trompeter bei Lionel Hampton 167


Lionel  Hampton 168


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2ZHQ %LJ )OHWFKLW 6FKODJ]HXJHU Unter  seinem  bßrgerlichen  Namen  Owen  Campbell  in  Panama  aufgewachsen.  Arbeitete  dort  in  den  1940er  Jahren  in  der  Gruppe  des  Pianisten  und  Landsmanns  George  Maycock,  mit  der  er  1949  nach  Europa  kam.  Blieb  auch  bei  ihm,  als  Maycock  hier  eine  Jazz-Combo  bildete,  die  zwei  Jahrzehnte  lang  vor  allem  in  deutschen  Jazzclubs  auftrat.  Ab  1976  dann  eine  eigene  Triobesetzung  unterhaltend,  lebte  der  mit  einer  Deutschen  verheiratete  Big  Fletchit  bis  zu  seinem  Tod  in  Dßsseldorf. 170


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:LOWRQ *D\QDLU 6D[RSKRQLVW Geboren  in  Kingston  auf  Jamaica,  versuchte  er  in  der  Nachkriegszeit  sein  GlĂźck  in  Europa  und  fand  es  ab  1956  in  der  Combo  von  George  Maycock.  Dieser  aus  Panama  stammende,  nun  im  KĂśln/DĂźsseldorfer  Raum  residierende  Pianist  versammelte  um  sich  lauter  Landsleute  aus  der  Karibik,  die  mit  handfest  swingender,  im  Blues  verankerter  Musik  Deutschlands  Jazzclubs  bereisten:  â€ždie  einzige  schwarze  Combo“  (Berendt)  der  noch  jungen  Bundesrepublik.  1964  nahm  Saxophonist  Gaynair,  ihr  musikalisch  wohl  auffälligstes  Mitglied,  ein  Angebot  von  Kurt  Edelhagen  an,  in  seine  beim  WDR  in  KĂśln  angesiedelte  Big  Band  ßberzuwechseln.  Wurde  einer  der  Starsolisten  der  Band  und  war  auch  dabei,  als  Edelhagens  Orchester  1972  bei  der  ErĂśffnungsfeier  der  Olympischen  Spiele  in  MĂźnchen  zum  Einmarsch  der  Sportler  aus  aller  Welt  aufspielte.  Nahm  daneben  teil  an  Platteneinspielungen  zum  Beispiel  von  Schlagzeuger  Charly  Antolini.  1983  erlitt  Gaynair  während  eines  Konzertes  einen  Schlaganfall,  der  seine  Karriere  vorzeitig  beendete. 172


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Roswita  Robinson 175


:LOOLH 'L[RQ %DVVLVW XQG 6ĂƒQJHU +LY LOLTHSPNL 7YVĂ„IV_LY KHUHJO TP[ NLWĂ…LN[LT )HYQHaa LYMVSNYLPJO ^\YKL PU KLU LY 1HOYLU a\Y ALU[YHSĂ„N\Y KLY Blues-Szene  von  Chicago;  nicht  nur,  weil  im  Blues  wie  im  Jazz  gerade  Bassisten  viel  gefragte  Leute  sind.  Mit  Dixon  in  der  Rhythmusgruppe  nahmen  Blues-GrĂśĂ&#x;en  vom  Format  eines  Muddy  Waters,  Howlin‘  Wolf  oder  Buddy  Guy  viele  ihrer  zu  Klassikern  des  Genres  gewordenen  Platten  auf.  Dabei  fungierte  der  gemĂźtliche  Dicke  am  Kontrabass  meist  auch  als  AufnahTLSLP[LY" KPL €Y[SPJOL 7SH[[LUĂ„YTH KLY .LIYÂ…KLY *OLZZ OH[[L POU 1954  zu  ihrem  Hausproduzenten  bestellt.  In  dieser  Eigenschaft  komponierte  und  textete  Dixon  fĂźr  die  von  ihm  betreuten  Kollegen  zahlreiche  Blues-Songs,  von  denen  etliche  dann  von  jungen  britischen  Rock-Musikern  ßbernommen  wurden.  Deren  Bekanntschaft  mit  dem  Blues  fĂśrderten  ab  1962  die  jährlichen  Europatourneen  des  American  Folk  Blues  Festivals,  und  bei  deren  personeller  Zusammenstellung  spielte  Dixon  als  sachkundiger  Berater  des  Frankfurter  Tourveranstalters  Horst  Lippmann  ebenfalls  eine  zentrale  Rolle.  Mehr  in  den  Vordergrund  der  BĂźhne  trat  der  ausdrucksstark  singende  Bassist  ab  Ende  der  Sechzigerjahre  als  Bandleader  der  Chicago  Blues  All  Stars,  mit  denen  er,  in  wechselnder  Besetzung,  auch  in  reiferem  Alter  noch  eine  Reihe  von  Plattenalben  verĂśffentlichte. 176


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Willie  Dixon 179


Willie  Dixon 180


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6KDNH\ -DNH 0XQGKDUPRQLNDVSLHOHU und Sänger Der  in  Arkansas  geborene,  in  Chicago  aufgewachsene  James  D.  Harris  verdankt  den  Namen  Shakey  Jake,  unter  dem  er  in  KLY )S\LZ :aLUL NLSp\Ă„N ^HY ZLPULY 3LPKLUZJOHM[ MÂ…YZ .SÂ…JRZspiel;  zeitweise  ging  er  ihr  sogar  berufsmäĂ&#x;ig  nach.  Als  MusiRLY OH[[L LY PU KLU -Â…UMaPNLY \UK :LJOaPNLYQHOYLU Op\Ă„N ZLPnen  Neffen  Magic  Sam  an  der  Seite,  dessen  Aufstieg  zu  einem  der  wichtigsten  Gitarristen  der  Blues-Hochburg  Chicago  damit  nachhaltig  gefĂśrdert  wurde.  In  ähnlicher  Weise  unterstĂźtzte  Shakey  Jake  später,  nun  in  Kalifornien  lebend,  die  Karriere  des  jungen  Gitarristen  Luther  Allison,  während  er  selbst  nie  so  bekannt  geworden  ist  wie  seine  beiden  SchĂźtzlinge.  Immerhin  gelangte  er  1962  mit  dem  ersten  American  Folk  Blues  Festival  nach  Europa,  wo  Karlheinz  FĂźrst  ihn  (wie  auch  die  anderen  Tour-Teilnehmer)  bei  Aufnahmen  fĂźr  eine  Fernsehproduktion  Joachim  Ernst  Berendts  in  den  Baden-Badener  Studios  des  SĂźdwestfunks  vor  seine  Fotokamera  bekam. 182


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0HPSKLV 6OLP 3LDQLVW XQG 6ĂƒQJHU Ein  Urgestein  des  Blues,  typisch  auch  in  der  Herkunft  aus  dem  SĂźden  der  USA  (geboren  in  Memphis,  Tennessee,  mit  Familiennamen  Chatman  heiĂ&#x;end)  nebst  späterer  Nord-wärtsWanderung  nach  Chicago,  wo  er  um  1940  Klavierbegleiter  des  damals  bereits  USA-weit  bekannten  Bluesgitarristen  und  -sängers  Big  Bill  Broonzy  wurde.  Danach  verschwand  Memphis  Slim  in  der  Obskurität  der  Ürtlichen  Blueskneipen,  aus  der  ihn  erst  der  Erfolg  einer  seiner  Kompositionen  herausholte:  Mitte  der  FĂźnfzigerjahre  hatte  Joe  Williams  als  Bandsänger  des  Orchesters  von  Count  Basie  Every  Day  I  Have  The  Blues  zur  Hitnummer  gemacht.  Im  Zuge  der  wachsenden  Folk-Music-Bewegung  in  den  USA  konnte  dann  auch  Memphis  Slim  selbst,  begleitet  vom  Bassisten  Willie  Dixon,  bei  wichtigen  Konzerten  dieses  Genres  auftreten.  Es  folgten  erste  Gastspiele  von  ihm  in  England  und  Frankreich  1961,  und  1962  wie  1963  die  Teilnahme  am  Tournee-Unternehmen  American  Folk  Blues  Festival,  das  Auftritte  in  Deutschland  einschloss.  â€žVon  Frankreich  hingerissen“  (GĂŠrard  Herzhaft  in  Enzyklopädie  des  Blues),  blieb  er  in  Paris;  bis  an  sein  Lebensende,  vor  dem  der  singende  Bluespianist  noch  oft  auf  deutschen  BĂźhnen  zu  erleben  war. 185


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%URZQLH 0F*KHH *LWDUULVW XQG 6ĂƒQJHU  Durch  ein  verkrĂźppeltes  Bein  infolge  Kinderlähmung  war  der  Sohn  eines  Farmers  in  Tennessee  fĂźr  die  Feldarbeit  untauglich  und  aufs  Musikmachen  angewiesen.  Auf  einem  selbst  gebastelten  primitiven  Banjo  brachte  ihm  ein  Onkel  die  ersten  Griffe  bei,  dann  beschaffte  sich  der  junge  McGhee  eine  richtige  Gitarre  und  spielte  und  sang  auf  der  StraĂ&#x;e,  in  Wirtshäusern  und  auf  den  BĂźhnen  von  Minstrel  Shows  den  Blues  im  Stil  seiner  ländlichen  Umgebung.  In  den  späten  DreiĂ&#x;igerjahren  traf  er  hier  erstmals  mit  dem  Mundharmonika-Virtuosen  Sonny  Terry  zusammen,  dem  er  bald  nach  New  York  folgte.  Dort  hielten  sich  die  beiden  mit  kleinen  Rollen  in  BĂźhnenstĂźcken  wie  Tennessee  Williams‘  Die  Katze  auf  dem  heiĂ&#x;en  Blechdach,  McGhee  auch  durch  die  Einrichtung  einer  privaten  Blues-Schule  mitten  in  Harlem  ßber  Wasser,  bevor  sie  als  glänzend  aufeinander  eingespieltes  Blues-Duo  dauerhaften  Erfolg  hatten;  zunächst  im  Zuge  der  Folk-Begeisterung  in  den  USA,  dann  auch  im  plĂśtzlich  sich  fĂźr  den  Blues  erwärmenden  Europa. 187


6RQQ\ 7HUU\ 0XQGKDUPRQLNDVSLHOHU und Sänger Während  seiner  Kindheit  im  SĂźden  der  USA  durch  zwei  Unfälle  auf  beiden  Augen  erblindet,  blieb  ihm  kaum  eine  andere  MĂśglichkeit,  als  seinen  Lebensunterhalt  mit  Musikmachen  zu  bestreiten.  Entwickelte  sich  zu  einem  Virtuosen  der  â€žBlues  Harp“,  der  diatonischen  Mundharmonika,  das  Spiel  darauf  mit  Kurzeinsätzen  seiner  Stimme  wirkungsvoll  punktierend.  Nach  Wanderjahren  auf  den  StraĂ&#x;en  des  SĂźdens  und  ersten  Plattenaufnahmen  fĂźr  ein  rein  schwarzes  Publikum  holte  ihn  John  Hammond,  entdeckungsfreudiger  FĂśrderer  zahlreicher  Jazz-  und  Bluesmusiker,  1938  in  die  vornehme  New  Yorker  Carnegie  Hall;  zu  einem  Auftritt  im  Rahmen  des  von  ihm  organisierten  Konzertabends  From  Spirituals  to  Swing,  gewidmet  allen  damaligen  Spielarten  amerikanischer  â€žNegermusik“  (wie  man  damals  noch  ohne  heutiger  politischer  Korrektheit  geschuldete  Gewissenbisse  sagen  durfte).  Terry  blieb  in  New  York  und  bildete  mit  dem  Gitarristen  und  Sänger  Brownie  McGhee  ein  Jahrzehnte  lang  bestehendes  Duo,  das  ab  1958  und  nicht  erst  mit  dem  American  Folk  Blues  Festival  regelmäĂ&#x;ig  nach  Europa  kam.  Vielen  Konzertbesuchern  hierzulande  vermittelte  es  eine  sehr  nachhaltige  erste  Begegnung  mit  Blues-Klängen  urtĂźmlich  ländlicher  Provenienz. 188


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/RX %HQQHWW 2UJDQLVW Verlegte  sich  als  ausgebildeter  Pianist  (der  sein  Geld  allerdings  eine  Zeitlang  als  Schuhmacher  verdienen  musste)  ab  1956  auf  die  Orgel;  vermutlich,  wie  etliche  seiner  Kollegen  in  den  USA,  unter  dem  Eindruck  der  bahnbrechenden  Schallplattenaufnahmen,  die  Jimmy  Smith  damals  auf  der  Hammond-Orgel  vorlegte,  das  Instrument  damit  im  modernen  Jazz  etablierend.  Bennett  wiederum  etablierte  den  typischen,  stark  blueslastigen  Orgel-Jazz  auf  den  BĂźhnen  Europas,  wohin  er  1960  ßbersiedelte,  mit  Hauptquartier  Paris.  1963  wirkte  er  mit  an  einem  von  SĂźdwestfunkRedakteur  Joachim  Ernst  Berendt  organisierten  repräsentativen  Konzert,  zu  dem  die  wichtigsten  der  damaligen  Americans  in  Europe  in  Koblenz  zusammenkamen:  â€žWo  ich  zuerst  seine  Orgel  reparieren  musste,  bevor  er  sich  porträtieren  lieĂ&#x;“  vom  Fotografen  Karlheinz  FĂźrst. 191


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.HQQ\ &ODUNH 6FKODJ]HXJHU War  als  Mitglied  der  Hausband  vor  Ort,  als  Anfang  der  1940er  Jahre  bei  nächtelangen  Jam  Sessions  im  New  Yorker  Musikerlokal  Minton‘s  die  Grundlagen  fĂźr  den  neuen  Jazzstil  BeIVW NLSLN[ ^\YKLU ;Y\N ZLPU :JOLYĂ…LPU KHa\ ILP PUKLT LY am  Schlagzeug  den  durchlaufenden  Beat  auf  dem  ständig  am  Klingen  gehaltenen  groĂ&#x;en  Becken  markierte,  mit  der  linken  Hand  vor  allem  auf  der  kleinen  Trommel  frei  gewählte  Off-BeatAkzente  dagegen  setzte  und  so  die  â€žmoderne  Schlagweise“  (Berendt)  schuf.  Wandte  sie  später  als  Trommler  von  Dizzy  Gillespies  Bebop-Big-Band  und  von  1952  bis  1955  im  Modern  Jazz  Quartet  in  weithin  wirkenden  SchlĂźssel-Formationen  an,  bevor  er  im  Jahr  darauf  sein  Tätigkeitsfeld  nach  Europa  verlegte.  War  hier,  mit  Hauptquartier  in  Paris,  bis  an  sein  Lebensende  die  erste  Wahl  am  Schlagzeug  fĂźr  einschlägige  Band-Projekte;  so  etwa  1963  in  Koblenz.  Anfang  der  Sechzigerjahre  grĂźndete  Clarke  zusammen  mit  dem  belgischen  Pianisten  und  Arrangeur  Francy  Boland  eine  eigene  Big  Band;  in  All-Star-Besetzung  aus  europäischen  und  in  Europa  lebenden  amerikanischen  Solisten  bildete  sie  bis  in  die  frĂźhen  Siebziger  das  fĂźhrende  Jazz-Orchester  des  Kontinents. 193


Kenny  Clarke 194


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%XG 3RZHOO 3LDQLVW GehĂśrte  um  1945  in  New  York  zur  GrĂźndergeneration  des  Bebop,  fĂźr  dessen  Klavier-Spielweise  er  stilprägend  wurde.  Kreierte  in  seinen  Improvisationen  jene  â€žscharf  ziselierten  Linien“  der  rechten  Hand,  die  nach  der  klassischen  Jazzbuch-Formulierung  von  Joachim  Ernst  Berendt  â€žsobald  sie  erklingen,  wie  glĂźhendes  Metall,  das  erstarrt  ist,  im  Raum  zu  stehen  scheinen“.  1959  bis  1964  lebte  Powell  in  Paris  und  kam  von  hier  aus  zu  Gastspielauftritten  in  andere  europäische  Länder.  Nahm  1963  in  Koblenz  an  dem  von  Berendt  organisierten  Konzert  prominenter  Americans  in  Europe  teil,  dort  sind  die  Fotos  unseres  Buches  entstanden.  Zu  dieser  Zeit  konnte  Powell  aber  nur  noch  selten  an  seine  frĂźheren  pianistischen  Glanzleistungen  anknĂźpfen.  Seine  Karriere  wurde  ßberschattet  von  schweren  psychischen  Problemen,  die  mehrfach  zur  Einweisung  in  Nervenheilanstalten  fĂźhrten,  wo  man  ihn  fataler  Weise  auch  mit  Elektroschocks  behandelte.  Eine  tragische  KĂźnstlerexistenz,  KLY PU )LY[YHUK ;H]LYUPLYZ :WPLSĂ„ST Round  Midnight  ein  adäquates  Denkmal  gesetzt  wurde:  In  die  von  Dexter  Gordon  NLZWPLS[L /H\W[Ă„N\Y KLZ :H_VWOVUPZ[LU +HSL ;\YULY ZPUK ULben  Eigenheiten  der  ähnlich  tragischen  Jazzer-PersĂśnlichkeit  Lester  Youngs  vor  allem  WesenszĂźge  von  Bud  Powell  eingeĂ…VZZLU 197


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Bud  Powell 199


Bud  Powell 200


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,GUHHV 6XOLHPDQ 7URPSHWHU  Wurde  als  Leonard  Graham  in  Florida  geboren;  ersetzte  Anfang  der  1940er  Jahre  seinen  Geburtsnamen  durch  einen  islamischen.  War  damit  vielleicht  der  erste  einer  ganzen  Reihe  schwarzer  Jazzmusiker  seiner  Generation  in  den  USA  (andere  Beispiele  sind  die  Schlagzeuger  Kenny  Clarke  und  Art  Blakey),  die  sich  aus  Protest  gegen  die  Rassendiskriminierung  zu  dieser  Religion  bekannten.  Musikalisch  bekannte  sich  Sulieman  zum  Bebop;  war  nach  Durchgangsstationen  in  diversen  Big  Bands  von  Count  Basie  bis  Dizzy  Gillespie  1947  an  den  ersten  Platteneinspielungen  des  damals  noch  kaum  bekannten  Pianisten  und  Komponisten  Thelonious  Monk  beteiligt.  Ăœbersiedelte  1961  nach  Stockholm,  1970  nach  Kopenhagen.  Sowohl  in  den  USA  wie  in  Europa  rege  Aufnahmetätigkeit  in  verschiedensten  Gruppierungen,  wenn  auch  eher  selten  unter  seinem  Namen.  War  dennoch  namhaft  genug,  um  1963  zum  Koblenzer  Konzert  der  Americans  in  Europe  eingeladen  zu  werden. 203


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Idrees  Sulieman 205


9RMLVODY 6LPLF 2UFKHVWHUOHLWHU Bei  Aufnahmen  fĂźr  die  von  Joachim  Ernst  Berendt  betreute  SWF-Fernseh-Reihe  Jazz  -  gehĂśrt  und  gesehen MV[VNYHĂ„LY[L Karlheinz  FĂźrst  in  Baden-Baden  eine  Big  Band,  die  aus  Jugoslawien  angereist  war.  Unter  den  kommunistisch  regierten  Ländern  war  es  seinerzeit  das  weltoffenste;  die  Stadt  Bled  in  der  (damals  noch  nicht  selbstständigen)  Teilrepublik  Slowenien  veranstaltete  um  1960  zum  Beispiel  ein  international  besetztes  Jazzfestival,  bei  dem  aus  Deutschland  Albert  Mangelsdorff  mit  seiner  Gruppe  auftreten  konnte.  Das  jugoslawische  Orchester,  das  Vojislav  Simic  seit  1953  leitete,  residierte  in  der  Hauptstadt  Belgrad  und  war  als  Einrichtung  des  dortigen  Fernsehsenders  sicher  nicht  mit  Jazzmusik  allein  befasst.  Nichtsdestoweniger  wird  sein  bis  1985  amtierender  Bandchef  Simic  heute  als  Pionier  des  â€žserbischen  Ethno-Jazz“  beschrieben,  einer  Anreicherung  des  Jazz  mit  sĂźdslawischen  Folklore-Elementen,  die  auch  von  anderen  Musikern  aus  dem  ehemaligen  Jugoslawien  praktiziert  wurde  (und  wird);  frĂźh  schon  vom  in  Deutschland  lebenden  Trompeter  Dusko  Goykovich  auf  seiner  1966  erschienenen  LP  Swinging  Macedonia. 206


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Vojislav Simic 208


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/LWHUDWXU $QRQ\P  â€žOuincy  Jonces.  Young  bandleader  seeks  revival  of  big  bands  with  exciting  19-piece  groupâ€?,  in:  Ebony  ,  Vol.  XVI,1961,  March,  S.  69-73 $QRQ\P  â€žDinge,  an  denen  andere  vorĂźbergehen.  Ein  junger  Amateurphotograph  â€“  Karlheinz  FĂźrstâ€?,  in:  Der  Pfälzer  1956 $QRQ\P  â€žZwei  JATP-Paketeâ€?,  in:  Jazz  Podium,  9.  Jg.,1960,  Nr.  2,  S.  27 %HUHQGW -RDFKLP (UQVW  Das  Neue  Jazzbuch.  Entwicklung  und  Bedeutung  der  Jazzmusik,  Frankfurt  am  Main  1959;  und  diverse  spätere  Ausgaben  des  Jazzbuchs %HUHQGW -RDFKLP (UQVW  Ein  Fenster  aus  Jazz.  Essays  Por[YHP[Z 9LĂ…L_PVULU,  Frankfurt  am  Main  1977 %LHOHIHOGHU .DWDORJ -D]]  Compact  Discs,  MusiCassetten,  Schallplatten,  Stuttgart  1999;  und  diverse  frĂźhere  Ausgaben  dieses  Katalogs  zurĂźckreichend  bis  1968/69 %RKOĂƒQGHU &DUOR +ROOHU .DUO +HLQ]  Reclams  JazzfĂźhrer,  Stuttgart  1970;  Neuausgabe  zusammen  mit  Christian  Pfarr,  Stuttgart  1989 %ULJO .DWKULQ 6FKPLGW -RRV 6LHJIULHG  Fritz  Rau  -  Buchhalter  der  Träume,  Berlin  1985 ( : 9  â€žOld-time-  und  Commercial-Jazz.  Louis  Armstrong  und  seine  All  Stars  in  der  Schwarzwaldhalleâ€?,  in:  BNN1959,  Nr.  41,19.  Februar,  S.  10

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)Ĺ&#x;UVW .DUOKHLQ]  â€žJazz  im  Fotoâ€?,  in:  Foto  Magazin,  1961,  Heft  Februar,  S.  44-49 *DPPRQG 3HWHU +J  Duke  Ellington.  Sein  Leben  -  Seine  Musik,  MĂźnchen  1961 *LHVH +DQQHV  Art  Blakey.  Sein  Leben,  seine  Musik,  seine  Schallplatten  (=  Collection  Jazz,  Band  13),  Schaftlach:  Oreos  Verlag  1990 *UDII *DU\ 'X /DF -RVK )UHHGRP 0F)DUOLQ -LP  MusicHound  R&B.  The  Essential  Guide,  Detroit  1998 +HU]KDIW *Ă’UDUG  Enzyklopädie  des  Blues,  St.  Andrä/WĂśrdern  1998 +XEHU 0LFKDHO  â€žJazz  Seen.  Interview  mit  William  Claxtonâ€?,  in:  Jazzzeit,  57.  Jg.,  2005,  Heft  November  /Dezember,   S.  24-28 .RÄ‘PDQQ %HUQKDUG +J  Deutsches  Jazz-Festival  Frankfurt  1953  -  1992.  Bestandsverzeichnis,  Frankfurt  am  Main  (Hessischer  Rundfunk)  1994 .XQ]OHU 0DUWLQ  Jazz-Lexikon,  2  Bände,  Neuausgabe  Reinbek  bei  Hamburg  2002 /DXWK :ROIJDQJ  These  Foolish  Things.  Jazztime  in  Deutschland.  Ein  swingender  RĂźckblick,  Mannheim  1999 /XNDV +  â€žEd  van  der  Elsken.  Foto-Jazzâ€?,  in:  Schlagzeug  1959,  Heft  Dezember,  S.  17

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2OLYHU 3DXO  Die  Story  des  Blues.  Worksongs,  Ragtime,  Rhythm  and  Blues,  Reinbek  bei  Hamburg  1978

)HDWKHU /HRQDUG  The  Encyclopedia  Of  Jazz  In  The  Sixties,  o.O.  1966

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-D]]LQVWLWXW 'DUPVWDGW +J  â€žJoachim  Ernst  Berendts  Fernsehsendung  â€˜Jazz  -  gehĂśrt  und  gesehen’/_Joachim  Ernst  Berendt‘s  TV  production  â€˜Jazz  -  heard  and  seen’â€?,  in:  Jazzbrief  aus  Darmstadt,  April  2007,  http://www.jazzinstitut.de/ Jazzbrief/jazzbrief200704.htm#200704berendt  [15.03.2012] Zu  +DQV *HRUJ %UXQQHU 6FKZHU http://www.hgbs.de/mps/index_de.html  und  http://www. hgbs.de/mps/avantgarde.html  [15.03.2012]

6FKDDO +DQV -Ĺ&#x;UJHQ  Jazz-Standards.  Das  Lexikon,  2.  Auflage,  Kassel  2002 6FKZDE -Ĺ&#x;UJHQ  Der  Frankfurt  Sound.  Eine  Stadt  und  ihre  Jazzgeschichte(n),  Frankfurt  am  Main  2004 6KDSLUR 1DW +HQWRII 1DW  Jazz  erzählt.  Von  New  Orleans  bis  West  Coast,  MĂźnchen  1962 :ĹŒOIHU -Ĺ&#x;UJHQ  Handbuch  des  Jazz,  MĂźnchen  1979

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5HJLVWHU (QVHPEOHV

Albert Mangelsdorff Quintett, 14, 145, 148 All-Star-Formation Roots, 40 All-Star-Gruppe V.S.O.P., 75 Art Blakeys Jazz Messengers, 14, 40, 43, 46, 49, 52, 56, 69, 75 Beatles, 6, 24, 98 Benny Goodman Big Band, 131, 133 Benny Goodman Quartett, 164 Berlin Jazz Quintett, 33, 39 Blue Note Six, 27 Chicago Blues All Stars, 176 Combo Les Jazz Modes, 84 Composers‘ Improvisation Ensemble, 33 Concert Jazz Band, 136 Connexion Latina, 33 Count Basie Big Band, 203 Count Basie Oktett, 116 Deutsche All Stars’ 57, 16 Dizzy Gillespie Big Band, 49, 61, 83, 155, 162, 193, 203 Dizzy Gillespie Combo, 61 Don Redman Orchester, 113 Duke Ellington Big Band, 116, 119, 121 Eddie Sauter-Orchester, 16, 131 Edelhagen All Stars, 16 Edelhagen Big Band, 16, 148, 172 Erwin Lehns Südfunk-Orchester, 102, 105 Frankfurter Barrelhouse Jazzband, 21 Free Sound, 131 Fritz Münzer Quintett, 146 Fritz Münzer Tentett, 109 Gene Krupa Orchester, 133 Gene Krupa Quartet, 12 Genfer Rundfunk-Tanzorchester, 78 George Maycock-Combo, 11, 170, 172 Gerry Mulligan Quartett, 136, 139 Globe Unity Orchestra, 33 Golden-Gate Gesangsquartett, 150 Hans Koller New Jazz Stars, 12, 131 Helmut Brandt Quintett, 35 Horace Silver Quintett, 139

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hr-Big Band, 102 hr-Jazzensemble, 98, 102, 145, 148 Jimmie Lunceford Swing-Orchester, 28 Jimmy Giuffre Trio, 13 Jochen Brauer Sextett, 22 Joe Harriott Quintet, 15, 156 Kenny Clarke Big Band, 193 L.A. 4, 152 Lionel Hampton Big Band, 72, 164, 167 Louis Armstrong All Stars, 11, 28, 30 Louis Armstrong Orchester, 115 Miles Davis Nonett, 136 Miles Davis Quintett, 13, 75 Modern Jazz Quartet, 6, 15, 23, 161, 162, 193 New Jazz Trio, 148 Orchestra USA, 162 Oscar Peterson Trio, 13 Peter Herbolzheimers Rhythm Combination & Brass, 33 Quincy Jones Bigband, 6, 75, 77, 81, 83, 84 Quintett du Hot Club de France, 128 RIAS Tanzorchester Berlin, 35, 78, 105 Rolling Stones, 6 SFB Orchester Berlin, 79 Shelly Manne Quintett, 13 Spree City Stompers, 16 Stan Getz Quartett, 13 Stan Kenton Big Band, 131, 152 Südwestfunk-Orchester, 131 Thelonious Monk Quartett, 91, 95, 96 Two Beat Stompers, 21 Vojislav Simic Big Band, 206 WDR Big Band, 172 Weather Report, 56 Wiener ORF Big Band, 79, 139


Personenregister Adderley, Cannonball, 52 Alexander, Peter, 21 Allison, Luther, 182 Alsmann, Götz, 21 Antolini, Charly, 39, 172 Armstrong, Louis, 9, 11, 20, 21, 24, 27, 28, 30, 115 Bach, Johann Sebastian, 23 Bailey, Benny, 15, 78 Baker, Chet, 136, 139, 150 Banks, Stella, 148 Barcelona, Danny, 11 Barnet, Charlie, 20 Bartz, Hartwig, 6, 14, 20, 146, 148 Bartz, Lore, 146 Basie, Count, 9, 72, 185, 203 Beiderbecke, Bix, 9 Bennett, Lou, 16, 191 Berendt, Joachim Ernst, 5, 6, 9, 10, 12, 15, 23, 24, 61, 65, 106,140, 162, 191, 193,197, 206 Berking, Willy, 102 Berlejung, Günther, 7 Bielitz, Mathias, 6 Blakey, Art, 6, 24, 40, 43, 46, 69, 75, 152, 203 Blanton, Jimmy, 140 Bley, Paul, 134 Blythe, Arthur, 40 Boettcher, Marc, 98 Bohländer, Carlo, 14 Boland, Francy, 193 Bong, Kurt, 102 Bown, Patti, 6, 15, 81 Brandenburg, Inge, 6, 17, 20, 98, 101 Brandt, Helmut, 33, 35, 102 Brauer, Jochen, 22 Broonzy, Big Bill, 185 Brown, James, 81 Brown, Ray, 13 Brubeck, Dave, 9, 136 Bründl, Manfred, 148 Brunner-Schwer, Hans Georg, 15 Bunk, Johnson, 9

Bunn, Jimmy, 20 Byas, Don, 111, 113, 148 Campbell, Owen (Big Fletchit), 14, 170 Carney, Harry, 116, 118 Catlett, Buddy, 15 Chambers, Paul, 13 Chatman, 185 Chess, Gebrüder, 176 Cicero, Roger, 21 Clapton, Eric, 86 Clarke, Kenny, 16, 193, 194, 203 Claxton, William, 18 Cleveland, Jimmy, 15 Cobb, Jimmy, 13 Coleman, Bill, 15, 62, 150, 156 Coleman, Ornette, 75, 162 Coltrane, John, 13, 24, 40, 56, 61, 75, 131 Condon, Eddie, 9 Dauner, Wolfgang, 145 Davis, Miles, 13, 24, 56, 61, 69, 72, 75, 84, 92, 136, 150, 162 Day, Doris, 20 Dixon, Willie, 16, 17, 176, 179, 180, 185 Doldinger, Klaus, 148 Dudek, Gerd, 33, 37 Dupree, Champion Jack, 86 Edelhagen, Kurt, 16, 21, 148, 172 Edwards, Al „Fats, 27 Eldridge, Roy, 13, 124, 126, 133 Ellington, Duke, 6, 9, 24, 83, 116 Elsken, Ed van der, 17 Evans, Gil, 84 Farmer, Art, 40, 139 Fassbinder, Rainer Werner, 39 Fitzgerald, Ella, 6, 13, 24, 123 Franklin, Aretha, 81 Fritz (Lehrbub), 9 Fuesers, Rudi, 33 Fürst, Adolf, 8 Fürst, Andreas, 8 Fürst, Hedwig, 5, 8 213


Fürst, Ursula, 5,10 Gaynair, Wilton, 14, 172 Gernhuber, Klaus, 33 Gillespie, Dizzy, 49, 61, 78, 83, 113, 124, 140, 155, 193, 203 Gillespie, Noel George, 14 Giuffre, Jimmy, 12, 134, 152 Golson, Benny, 40, 44, 46, 61, 139 Goodman, Benny, 9, 131, 133, 164 Gordon, Dexter, 197 Gordon, Joe, 155 Gorlt, Billy, 39 Goykovich, Dusko, 206 Graham, Leonard (s. Sulieman, Idrees) Granz, Norman, 13, 24, 124 Grappelli, Stéphane, 6, 15, 128, 150 Greger, Max, 33, 39, 78 Gulda, Friedrich, 5 Guy, Buddy, 176 Hammerschmid, Hans, 12 Hammond, John, 188 Hampton, Lionel, 6, 10, 72, 78, 133, 150, 164, 167, 168 Harriott, Joe, 14, 156 Harris, Eddie, 78 Harris, James D. (s. Shakey Jake) Harris, Joe, 15 Hartschuh, Fritz, 102 Hawkins, Coleman, 113 Heath, Percy, 161 Herbert, Mort, 11 Herbolzheimer, Peter, 33 Herman, Woody, 9, 134 Hipp, Jutta, 22 Holder, Frank, 14, 15 Holiday, Billie, 24, 98 Howard, Noah, 65 Hubbard, Freddie, 15, 72, 75 Huber, Michael, 18 Hucko, Peanuts, 11 Jackel, Conny, 102 Jackson, Armand (Jump), 16

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Jackson, Michael, 72 Jackson, Milt, 23, 162 Jackson, Quentin, 15 Jacoby, Claude, 17 Jædig, Bent, 14 Jankowski, Horst, 6, 105 Johnson, Budd, 15 Johnson, Bunk, 9 Johnson, Jay Jay, 9 Johnson, Leonard, 15 Jones, Quincy, 6, 15, 65, 72, 75, 78, 81 Kamuca, Richie, 13 Keller, Jörg Achim, 102 Kelly, Wynton, 13 Kenton, Stan, 21, 131, 152 Kieser, Günther, 16 Kilbert, Porter, 15 Knauer, Wolfram, 7 Koller, Hans, 6, 130, 131, 140, 145 Konitz, Lee, 131 Kosel, Kurt, 5 Kronberg, Günter, 14, 144 Krupa, Gene, 124, 133 Kuhn, Paul, 22 Kyle, Billy, 11 3HÄ[[L .\` Lauth, Wolfgang, 6, 20, 24, 106, 109 Lehn, Carola, 9 Lehn, Erwin, 9, 12, 105 Lehn, Friedel, 9, 10 Lewis, John, 15, 23, 162 Lingen, Theo, 131 Lippmann, Horst, 16, 23, 24, 162, 176 Liston, Melba, 6, 15, 83 Loussier, Jacques, 23 Lukas, H., 17 Lunceford, Jimmie, 28 Lutz-Pastré, Marianne, 16 Magic Sam, 182 Malle, Louis, 150


Mangelsdorff, Albert, 14, 21, 115, 131, 144, 145, 146, 148, 206 Mangelsdorff, Emil, 21, 28, 145 Manne, Shelly, 152, 155 Marsalis, Wynton, 43 Marzina-Berlejung, Katja, 7 Maycock, George, 14, 170, 172 Mayer, Gustl, 102 McCann, Les, 78 McGhee, Brownie, 16, 187, 188 McLean, Jackie, 15, 65, 69, 70 McLean, René, 69 Memphis Slim, 16, 17, 185 Mendt, Marianne, 27 Menuhin, Yehudi, 128 Merrit, Jim, 14, 46 Middleton, Velma, 6, 11, 30 Miller, Glen, 20 Mingus, Charles, 69, 140 Monk, Thelonious, 6, 61, 92, 96, 136, 203 Morgan, Lee, 14, 44, 49, 50 Mulligan, Gerry, 12, 136, 139 Münzer, Fritz, 6, 109, 146 Murphey, Turk, 9 Naura, Michael, 17 Nicholas, Albert, 115 O’Day, Anita, 153 Oliver, Paul, 86 Palézieux, Nikolaus de, 7 Parker, Charlie, 140, 162 Persson, Åke, 15 Peterson, Oscar, 13 Petrucciani, Michel, 128 Pettiford, Oscar, 84, 113, 131, 140, 143 Piazzolla, Astor, 136 Powell, Bud, 16, 197, 199, 200 Preßler, Franz (Fatty George), 27 Putfarcken, Jan, 17 Qualtinger, Helmut, 27 Raben, Peer, 39

Ramsey, Bill, 21, 22 Rau, Fritz, 16, 20, 23, 24, 164 Redman, Don, 113 Reich, Hanns, 6 Reinhardt, Django, 128 Richardson, Jerome, 15 Roach, Max, 46 Robinson, Roswitha, 6, 14, 175 Rogers, Shorty, 152 Röhrig, Wolfram, 12 Rollins, Sonny, 24 Rosenthal, Hans, 22 Rouse, Charlie, 84, 96 Rugolo, Pete, 9 Rusch, Armin, 33, 39 Sauter, Eddie, 131 Schönborn, Olaf, 109 Schoof, Manfred, 33, 148 Schröder, Doris, 7 Schröder, Heinrich, 33, 37 Sergrants, Bobby, 14 Shakey Jake, 16, 182 Shaw, Artie, 124 Shepp, Archie, 61 Shihab, Sahib, 15 Shorter, Wayne, 14, 43, 56, 59 :PMÅPUN ;OVTHZ Silver, Horace, 52, 139 Simic, Vojislav, 206 Sims, Zoot, 131 Smith, Bessie, 9 Smith, Jimmy, 191 Smith, Paul, 13 Solal, Martial, 128 South, Eddie, 128 Spann, Les, 15 Spindler, Matthias, 6, 7 Standifer, Floyd, 15 Sulieman, Idrees, 16, 203, 205 Swallow, Steve, 134

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Tavernier, Bertrand, 197 Taylor, Art, 6, 15, 65, 66 Terry, Sonny, 16, 187, 188 Thigpen, Ed, 13 Thompson, Lucky, 148 Thomsen-Fürst, Rüdiger, 7 Timmons, Bobby, 13, 46, 52 Tristano, Lennie, 22, 131, 145 Trunk, Peter, 14, 146, 148 Turner, Dale, 197 Tyner, McCoy, 128 Urtreger, René, 15, 150 Valente, Caterina, 16, 21 Vaughan, Sarah, 98 Walker, T-Bone,16 Waters, Muddy, 176 Watkins, Julius, 15, 84 Webster, Ben, 148 Wey, Günter, 15 Wick, Joe, 21 Williams, Joe, 185 Williams, Tennessee, 187 Wilson, Peter Niklas, 6 Wilson,Teddy, 9, 133 Winding, Kai, 9 Wolf, Howlin‘, 176 Woods, Phil, 15 Young, Lester, 150 Young, Trummy, 11, 28 Zawinul, Joe, 56 Zimmerle, Dieter, 12 Zoller, Attila, 140

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ISBN 978-3-933968-20-3


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