Bildkorrekturen 2011

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Bildkorrekturen Biologische Vielfalt schützen und nutzen – Kulturelle Vielfalt erhalten Journalistenkonferenz 24.-26. November 2011 im Internationalen Bildungszentrum der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) Starnberger See in Feldafing


Editorial

Mehr als Artenvielfalt Die internationale Konvention über die biologische Vielfalt, die 1992 auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio verabschiedet wurde, rückte den Begriff „Biologische Vielfalt (Biodiversität)“ sehr stark ins öffentliche Bewusstsein im Norden und Süden. Für viele ist der Begriff dennoch inhaltlich noch sehr abstrakt, sie können deshalb das Ausmaß der Gefährdung der Vielfalt nicht realistisch einschätzen oder gar in Verbindung mit ihrem alltäglichen Handeln bringen. Im Brennpunkt der öffentlichen Diskussion über biologische Vielfalt steht heute die Vielfalt der Arten (Tier- und Pflanzenwelt). Biodiversität ist jedoch ein vielschichtiges Konzept, das die Organisationsstufen von Leben betrachtet und von Systemen und Vernetzungen handelt. Damit reicht es weit über die bloße Addition der Beschreibung einzelner Arten hinaus. Zudem sind pflanzliche Artenvielfalt und menschliche Kultur untrennbar miteinander verwoben. Medien sollen gemäß des Artikels 13 der Biodiversitätskonvention eine erhebliche Rolle bei der Stärkung des Bewusstseins für die Bedeutung des The-

Dr. F. Kayode Salau, GIZ-Projektleiter.

menkomplexes „Biodiversität und Entwicklung“ in der breiten Öffentlichkeit spielen. In dieser Broschüre geben die teilnehmenden jungen und erfahrenen JournalistInnen der zehnten „Bildkorrekturen“ in Feldafing Antwort auf Fragen, wie die Medien über das komplexe Thema „biologische Vielfalt“ angemessen berichten können, ohne einerseits zu stark zu vereinfachen oder andererseits ihr Zielpublikum zu überfordern: „Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler“, fasst Peter Laufmann, Redakteur bei „natur+kosmos“ die Anforderungen an einen druckfähigen Beitrag zum Thema kurz und treffend zusammen.

Veranstalter Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH Regionalzentren Süd Dr. F. Kayode Salau (Projektleiter) Wielinger Straße 52 82340 Feldafing am Starnberger See Fon +49 8157 938-101 kayode.salau@giz.org

In Kooperation mit Bayerischer Rundfunk, Bayern 2 Redaktion Gesellschaft & Familie Sybille Giel Fon +49 89 5900-2810 notizbuch@bayern2.de Deutsche Journalistenschule e.V. (DJS) Jörg Sadrozinski Fon +49 89 235574-0 sadrozinski@djs-online.de Deutsche Welle-Akademie Prof. Dr. Christoph Schmidt Wissenschaftlicher Leiter Fon +49 228 429 2031 christoph.schmidt@dw-world.de

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Institut für Kommunikationswissenschaft Prof. Dr. Markus Behmer Otto-Friedrich-Universität Bamberg Fon +49 951 863 2213 markus.behmer@uni-bamberg.de Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung Bernhard Goodwin, M.A. Ludwig-Maximilians-Universität München Fon +49 89 2180-9494 bernhard.goodwin@ifkw.lmu.de Nachwuchsjournalisten in Bayern e.V. Dr. Julia Schmitt-Thiel Fon +49 176 22777923 julia@schmitt-thiel.de World Future Council Alexandra Wandel Fon +49 40 3070914-22 alexandra.wandel@worldfuturecouncil.org

Titelfoto (Absalom Shighweda): Hoodia-Farmer in Maltahohe im Süden von Namibia.

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Inhalt Editorial Veranstalter Inhalt

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Meilensteine – Keynotes

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Biodiversität und Entwicklungszusammenarbeit – Heiko Warnken, BMZ Biodiversität und gerechte Aufteilung der Vorteile: Ohne Wissen kein Überleben – Suman Sahai Zankapfel Yasuní-Nationalpark Heiko Warnken: „Unsere Absage ist kein Sonderweg“ Jorge Jurado: „Gegen die Grundregeln“

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Schutz des Ökosystems – Regenwald/Palmöl: Palmöl-Bauer mit Power

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Weil kein Palmöl auch keine Lösung ist Rette sie. Wer kann? Das Problem mit dem Problem – Kommentar Zehn Tage ohne Palmöl

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Sicherung der Welternährung – Andines Bergland/Kartoffeln: (T)olle Knolle

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Das unterschätzte Gemüse Eine Kartoffelnation ist auf Vielfalt angewiesen Der gerechte Preis für ein Kilo Kartoffeln Den Reichtum nutzen

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Gerechte Aufteilung der Vorteile – Trockengebiete/Hoodia: Survival of the (pro)fittest

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Von der Frühzeit in die Moderne im Schnelldurchlauf Entwicklungshelfer der besonderen Art Erfolgshunger

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Beispiele aus dem/für das Leben: Schutzkonzepte

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Vorbildlicher Schutz von Mensch, Tier und Pflanzen Der namibische Weg, um Biodiversität zu erhalten Artenvielfalt „on top“ in den Städten Biodiversität zwischen Grabsteinen Genetische Oasen Pflanzenschutz per Mausklick

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Wie kommt das Thema ins Blatt?

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Das Bewusstsein für Biodiversität in den Medien anregen Die Art als Wert an sich – Podiumsdiskussion Ökologie passt in keine Schublade – Interview mit Prof. Dr. Walter Hömberg Biodiversität vor der Haustüre – Interview mit Dr. Christian Magerl, MdL Eine Frage der Gerechtigkeit – Interview mit Sebastian Tilch Bekannter als bekannt ist Dos and Don’ts in der Berichterstattung über Biodiversität „Willkommen Fremder“ – Abdruck aus Natur+Kosmos

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Impressionen/Feedback/Impressum

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Stimmen zur Tagung Impressionen Impressum

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Meilensteine Auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio wurde die Konvention über die Biologische Vielfalt (CBD) verabschiedet. Wesentliche Meilensteine der Vertragsstaatenkonferenzen (CoP) sind auf der Weltkarte dokumentiert.

2002 CoP6 – Den Haag (NED)

1994 CoP1 – Nassau (BAH) Die Vollversammlung der UN deklariert auf Empfehlung der CoP1 den 29. Dezember, den Tag des Inkrafttretens der Konvention, als „International Day for Biological Diversity“. Die Errichtung eines Clearing-House-Mechanismus zur Förderung technischer und wissenschaftlicher Zusammenarbeit zur Umsetzung der Konvention wurde beschlossen.

Verabschiedung der Richtlinie „Global Strategy for Plant Conservation“, um der Zerstörung der Pflanzenvielfalt Einhalt zu gebieten. Diese soll der globalen Armutsminderung wie der nachhaltigen Entwicklung dienen; die CoP beschloss auch Leitlinien zur Verhinderung zunehmender Bedrohung ökologischer Systeme, die durch das Eindringen gebietsfremder Arten – vor allem im Rahmen internationalen Handels, Transport und Tourismus – verursacht werden.

2006 CoP8 – Curitiba (BRA)

1996 CoP3 – Buenos Aires (ARG) Wege zur nachhaltigen Nutzung der Agrobiodiversität und Schutz der Naturvielfalt wurden vereinbart. Die Konvention wurde als ein wichtiges globales Instrument zur Umsetzung der Ziele der Agenda 21 in konkreten Aktionen hervorgehoben.

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Der Gouverneur des brasilianischen Bundesstaates Paraná und der Exekutiv-Sekretär der Biodiversitätskonvention vereinbarten, bis Ende 2006 im Bundesstaat Paraná 2.000 Bäume für jeden der 4.000 Besucher (insgesamt 8 Millionen Bäume) zu pflanzen – als Kompensation für die Umweltschäden, die die neuntägige Konferenzveranstaltung verursachte.

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2008 CoP9 – Bonn (GER) Die Auswirkungen der Produktion und Verbrauch von Biokraftstoffen auf biologische Vielfalt wurden behandelt. Kanzlerin Merkel kündigte an, für den Schutz der Biodiversität höhere finanzielle Beiträge zu leisten: Für 2009-2012 insgesamt 500 Millionen Euro und ab 2013 jährlich 500 Millionen Euro.

2011 – Feldafing GIZ-Journalistenkonferenz „Bildkorrekturen“ zum Beginn der UN-Dekade der Biodiversität

2010 CoP10 – Nagoya (JPN) Ein Protokoll über den Zugang zu genetischen Ressourcen für umweltverträgliche Nutzung und gerechten Vorteilsausgleich wurde vereinbart. Unterzeichnungsfrist 1. Februar 2012. Sitten, Traditionen, Werte und übliche Gebräuche eingeborener und ortsansässiger Gemeinschaften müssen respektiert werden. Deren Bitten um Information ist nachzukommen. Auf Empfehlung der CoP wurden die Jahre 2011 bis 2020 zur UN-Dekade der Biodiversität erklärt. Bis 2020, so der in Nagoya überarbeite strategische Plan (Strategic Plan for Biodiversity 2011-2020), soll jeder über den Wert der Biodiversität und Wege, sie zu schützen, Bescheid wissen.

2004 CoP7 – Kuala Lumpur (MAS) Forderung nach deutlicher Verbesserung der Managementseffektivität der regionalen und nationalen Schutzgebiete, die 11 % der Gesamtfläche beanspruchen. Als Beitrag zu einer signifikanten Reduzierung der Verlustrate der Biodiversität ist zu den bereits existierenden Schutzgebieten (Nationalparke, Biosphärenreservate etc.) ein umfassendes, repräsentatives und globales terrestrisches (bis 2010) und marines Schutzgebietsnetzwerk (bis 2012) unterschiedlicher Ökosysteme und Arten einzurichten.

1995 CoP2 – Jakarta (INA) Die Bedeutung der regionalen und internationalen Kooperation für die Umsetzung der Ziele der Konvention wurde unterstrichen.

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Keynote: Biodiversität und Entwicklungszusammenarbeit

Biodiversität und Entwicklungszusammenarbeit Biodiversität – Ein Thema nur für Insider oder romantisierende Naturschützer? Foto: vg

Respekt vor der Natur und Erhalt der Schöpfung ist grundsätzlich ein sehr stark ethisch verankertes Verhalten des Menschen. Alle Naturreligionen und auch alle Weltreligionen beinhalten diese ethische „Aufgabe“ für ihre Gläubigen. Dem Thema Erhalt der globalen Biodiversität wurde beim Erdgipfel von Rio vor 20 Jahren (1992) so viel Bedeutung beigemessen, dass ein eigenes globales Abkommen – die sogenannte Biodiversitätskonvention, oder kurz CBD – ins Leben gerufen wurde. Die CBD ist im Kern eine Nachhaltigkeitskonvention mit drei gleichgewichtigen Ansätzen: Schutz (= erhalten), nachhaltig nutzen (= entwickeln) und Vorteilsausgleich (= Nutzen gerecht verteilen). Der CBD sind inzwischen nahezu alle Länder der Welt (derzeit 193 Vertragsstaaten) beigetreten. Eine Ausnahme bilden die USA, die die Konvention zwar gezeichnet, aber nicht ratifiziert haben. Deutschland hat die Bedeutung und Brisanz des Themas auch aus entwicklungspolitischer Perspektive aktiv aufgegriffen. Für die deutsche Bundesregierung hat die Frage der Erhaltung der biologischen Vielfalt dieselbe Dimension und Bedeutung wie die Frage des Klimaschutzes. Beide globalen Herausforderungen lassen sich nicht trennen, sie sind unmittelbar miteinander verschränkt. Um einen wirksamen Beitrag zum globalen Erhalt der biologischen Vielfalt leisten zu können, hat die Bundesregierung daher die verfügbaren Mittel für den Förderbereich Biodiversität/Tropenwald in den letzten Jahren deutlich aufgestockt. 2010 hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) für diesen wichtigen Bereich 257 Millionen Euro neu zur Verfügung gestellt, eine deutliche Steigerung gegenüber den Vorjahren (2008: 169 Millionen Euro, 2009: 196 Millionen Euro). Ab 2013 werden jährlich 500 Millionen Euro für den Erhalt und die nachhaltige Nutzung von Wäldern und anderen Ökosystemen auf internationaler Ebene zur Verfügung gestellt. Auch Teile des kürzlich von der Bundesregierung eingerichteten Sondervermögens „Energie- und Klimafonds (EKF)“, das gemeinsam vom BMZ und dem Bundesministerium für Umwelt (BMU) bewirt-

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Heiko Warnken, Leiter des Umweltreferats im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hielt bei der Tagung „Bildkorrekturen“ ein Grundsatzreferat, das hier auszugsweise abgedruckt ist.

schaftet wird, werden für Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität weltweit eingesetzt. Die (Entwicklungs-)politik befasst sich also mit dem Thema, aber treibt es auch die Menschen um? Wie oft in solchen politischen und wissenschaftlich dominierten Fragestellungen gibt es eine Fülle von Spezialisten, die sich mit der Frage beschäftigen, und eine Fülle von Büchern, Internetangeboten, die in ihrer Vielfalt fast nicht mehr zu überblicken sind. Leider sind diese Angebote nur sehr bedingt für die Öffentlichkeit interessant und verständlich. Genau hier, an dieser Schnittstelle, brauchen wir daher die Unterstützung der Medien, also Ihre Unterstützung, sonst ist der notwendige Wandel in Einund Ansichten sowie zum Handeln in der Gesellschaft nicht möglich. Und wir brauchen ein verstärktes Engagement jedes Einzelnen für den Erhalt der „Schatzkammer Natur“. Ich denke, das ist auch der Kern der heute beginnenden Journalistenkonferenz „Bildkorrekturen“. Wir erwarten uns davon jedenfalls durchaus aktive Hilfe und Unterstützung. Was genau ist überhaupt Biodiversität, was ist biologische Vielfalt? Oft wird der Begriff Biodiversität gleichgesetzt mit „Artenvielfalt“. Ein Blick auf die Definition gemäß der CBD zeigt allerdings, dass der Begriff viel mehr umfasst: „Biologische Vielfalt bedeutet die Verschiedenheit unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft […], und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören: Dies umfasst die Vielfalt der Gene, die Vielfalt zwischen den Arten sowie die Vielfalt der Ökosysteme.“ Brechen wir die Definition von Biodiversität anhand eines vereinfachten Beispiels mal für uns herunter: Wir im Raum sind alle Menschen, also Teil der Spezies „Homo Sapiens“. Wir sind aber sehr vielfältig in Aussehen, Begabungen und anderen Eigenschaften. Dahinter stecken zum Teil die uns mit-

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gegebenen Gene, also die individuellen Erbinformationen. (Kindermund: Was wäre das langweilig, wenn alle gleich wären, man kann sich nicht für Freunde entscheiden und man kann keine Namen zuordnen). Würden wir in unseren Kreis zum Beispiel noch einen Elefanten, einen Fisch oder eine Palme mit aufnehmen, kämen wir sehr schnell zu den Arten unterschiedlicher Lebewesen, die sich von uns, aber auch untereinander sehr stark unterscheiden. Diese vielfältigen Arten – von denen bis Anfang des 21. Jahrhundert etwa 1,5 Millionen wissenschaftlich beschrieben wurden – bevölkern wiederum unterschiedliche Lebensräume der Erde, mit denen sie in ganz spezieller Wechselwirkung stehen. Der Elefant beispielsweise die afrikanische Savanne, der Baum den Regenwald oder der Fisch den See. Diese Vielfalt der Lebensräume beschreibt die Ökosysteme, von denen die Konvention spricht. Diese umfassen aber nicht nur die Lebewesen an sich, sondern auch andere wichtige Elemente, wie beispielsweise das Wasser und den Boden. Von allen Arten – und nach Schätzungen gibt es noch viele Millionen unentdeckter Arten – hat sich bisher der Mensch mit seiner ausgeprägten Anpassungsfähigkeit bis auf Extremstandorte überall auf der Erde ausgebreitet. Ein ganz zentraler Punkt dabei sind die zahlreichen komplexen Interaktionen und Abhängigkeiten zwischen den Arten (Jäger und Gejagte, Symbiosen etc.) und innerhalb der Ökosysteme, die komplett auf Wechselwirkungen zwischen den Lebewesen und den natürlichen Elementen aufgebaut sind. Fällt eines oder mehrere Glieder in dieser Kette aus, kommt das komplexe System ins Wanken – es sei denn, es gibt Möglichkeiten der Funktionsübernahme durch Andere/Ähnliche. Oft verlören aber Ökosysteme ihre Leistungsfähigkeit, auch für den Menschen. Das können bereitstellende Leistungen sein, beispielsweise in Form von Nahrung, das können regulierende Leistungen sein, wie etwa die Selbstreinigung von Gewässern, die Aufnahme von CO2 zur Klimaregulierung oder unterstützende Leistungen, wie der Wasserkreislauf oder auch die Bodenbildung – weltweit Grundlage jeglichen, also auch menschlichen Lebens. Es geht also beim Begriff Biodiversität um weit mehr als Artenvielfalt, um mehr als schöne Orchideen und Schmetterlinge. „Survival of the fittest“ Wenn wir versuchen, im Detail vorauszuschauen, wie sich solche Systeme durch den Eingriff des Menschen verändern oder versuchen, die Vernetzung unter den vielen Einzelfaktoren solcher komplexer Systeme zu erfassen, stoßen wir schnell an unsere Grenzen. Das bedeutet, dass wir schon schlicht aus Vorsicht angesichts unserer mangelnden Einflussmöglichkeiten, aber auch aus Unkenntnis der Zusammenhänge das Vorsorgeprinzip anwenden sollten und dem Erhalt der Umwelt einen höheren Stellenwert beimessen müssen. Denn letztlich bilden die

Natur und ihre Leistungen weltweit für den Menschen die Lebens-, Wirtschafts- und Innovationsgrundlage. Der Komplexität der Biodiversität liegen im Grunde zwei evolutionäre Grundprinzipien zugrunde. 1. Die Erschließung und damit verbunden die Nutzung nahezu aller Lebensräume auf der Erde durch biologische Organismen. Dies reicht von den Polarregionen, über den Tropengürtel bis in die 10.000 Meter tiefen Tiefseegräben. Ein ungeheures „Lernfeld“ für Anpassung. 2. Die Reproduktion und damit eng verbunden die Weiterentwicklung der Arten. Darwins Aussage „Survival of the fittest“ wird häufig interpretiert als die Durchsetzung des Stärksten, Schnellsten, Schönsten. Für Darwin war aber derjenige mit dem besten Anpassungspotenzial an Veränderungen der „Fittest“. Der „Tipping Point“ Damit kommen wir zu einem zentralen Dilemma unserer Zeit, dem zeitlichen Auseinanderklaffen zwischen evolutionären Anpassungen und vom Menschen (Bevölkerungszuwachs, Klimaeffekte) induzierten Veränderungen. Evolutionäre Anpassungen haben lange „Laufzeiten“ und die Natur sorgt durch frühes Ausgleichen von „Fehlentwicklungen“ relativ sicher und nachhaltig vor. Vom Menschen induzierte Umweltveränderungen nehmen dagegen an Geschwindigkeit laufend zu und die evolutionäre Antwort auf Veränderungen ist in diesem Zeitrahmen nicht mehr zu leisten. Die Aussterberate von Arten, die es immer gegeben hat und geben wird, liegt um den Faktor 1.000 höher als die natürliche Rate, d.h. wir „verarmen“ an Vielfalt und schränken damit unsere Anpassungsoptionen drastisch ein. Und dabei kennen wir eine Vielzahl von Arten und ihren potenziellen Anwendungsbereichen für den Menschen noch gar nicht, da sie noch nicht entdeckt und wissenschaftlich beschrieben wurden. Einfacher gesagt heißt das, dass wir sozusagen die „Festplatte der Natur“ löschen (so der ehemalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel), ohne zu wissen, welche Informationen eigentlich darauf gespeichert sind und wofür sie verwendet werden könnten. Das wird unser Innovationspotenzial, das seit jeher Grundlage menschlicher Entwicklung – beispielsweise in der Medizin – war, in Zukunft erheblich einschränken. Auch größere Einheiten – die Ökosysteme – werden zunehmend geschädigt (Tropenwald, Weltmeere etc.) und kommen ihrer natürlichen Ausgleichswirkung (Kleinklima, Wasserrückhaltung, Wasserreinigung, CO2-Bindung etc.) nicht mehr nach. Generell haben Ökosysteme und Populationen einen „Tipping Point“, d.h. ab diesem Zeitpunkt der Verarmung oder Schädigung führt kein Weg mehr zurück in ein stabiles Verhältnis. Die Population bricht zusammen, die Art stirbt aus, Ökosysteme verlieren ihre Leistungsfähigkeit.

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Alles sehr Schlimm – aber weit weg? Arten sterben immer aus, Seen und Bäche fallen periodisch trocken, warum also die Aufregung, meine Sorgen gelten dem Jetzt – der Stabilität des Euros und der Banken. So oder ähnlich reagieren Menschen häufig in unseren Breiten: Wo schränkt mich dies in meinem Lebensstil ein (oder was kümmern mich die Menschen am anderen Ende der Welt?). Es gibt aber zum Glück immer mehr weiter denkende Menschen, die sich fragen: Was bedeutet dies für unsere Mitmenschen – hier und in anderen Kontinenten. Und dann gibt es noch den eher atypischen „Langdenker“, der sich fragt: Was könnte dies für meine Kinder bedeuten? Indirekt fragen also fast alle nach dem Nutzen für sich, die Menschheit oder für nachfolgende Generationen. Die ethische Komponente, die wir zu Anfang angeführt haben, kommt selten ins Spiel. Bei uns hat sich ein Wertekanon entwickelt, der einerseits stets nach dem individuellen Nutzen fragt, der alles ökonomisch bewerten möchte und der relativ rigoros zwischen „ökonomisch Wertvollem“ und „unökonomisch und damit Überflüssigem/Wertlosem“ unterscheidet. Um rationale Entscheidungen bei der Nutzung unserer natürlichen Ressourcen treffen zu können, müssen wir also Ökosystemen und ihren Leistungen, die sie für den Menschen und für unsere Volkswirtschaften erbringen, einen wirtschaftlichen Wert geben. Welche ökonomische Bedeutung hat eine intakte Umwelt für uns? Auf welche Leistungen der Natur möchten wir bewusst verzichten, wie können wir diesen „Verlust“ kompensieren? Die TEEB-Studie (The Economics of Ecosystems and Biodiversity), also Ökonomie der Ökosysteme und der Biologischen Vielfalt, unter anderen 2008 von Deutschland initiiert, lieferte in den letzten Jahren erste beeindruckende Zahlen und Informationen darüber, welchen finanziellen und wirtschaftlichen Nutzen Naturleistungen, wie z. B. Küstenschutz , Bestäubung oder Wassereinzugsgebiete für den Menschen erbringen: 1. Der Erhalt von Wäldern weltweit vermeidet beispielsweise Treibhausgasemissionen in Höhe von 3,7 Billionen US-Dollar. 2. Die rund 120.000 Schutzgebiete der Erde erwirtschaften jährlich 4,4 bis 5,2 Billionen US-Dollar. Ihre Zerstörung würde also enorme Kosten verursachen. 3. Durch die Bestäubung von Obst sichern die Bienenvölker der Erde eine Agrarproduktion im Wert von vielen Milliarden US-Dollar. Allein in der Schweiz sichert diese Ökosystemleistung eine landwirtschaftliche Produktion von etwa 213 Millionen US-Dollar jährlich. 4. Neben Holz liefert der Wald zahlreiche Produkte und Güter als Lebens- und Wirtschaftsgrundlage von mehr als 1,6 Mrd. Menschen; allein der globale Handel mit sog. Nicht-Holz Waldprodukten umfasst jährlich weltweit 11 Mrd. US-Dollar.

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Was hat die Menschheit also am Nutzen dieser Vielfalt – oder warum ist es wert, diese Vielfalt zu erhalten? Dazu einige, auf den ersten Blick sehr schlichte Thesen: Erste These: Die Menschheit wird auch in Zukunft, trotz allen technologischen Fortschritts ohne Leistungen aus der Natur (Ökosystemleistungen) nicht überleben können. Diese direkte Abhängigkeit ist aufgrund unseres Gesellschaftsmodells nicht immer so leicht für uns und unsere Kinder nachvollziehbar. „Natur ist Zoo, Spaziergang am Wochenende und vielleicht noch Schnorcheln im Urlaub.“ Zweite These: Vielfalt ist ein Garant für Risikoabsicherung und ermöglicht Anpassungs- und Entwicklungsoptionen für die Zukunft. Ein kurzes Beispiel aus Bangladesch. Bangladesch, dicht besiedelt, von Reis abhängig, großteils auf Schwemmland lebend. Die Bauern pflanzen auf ihren Reisfeldern drei Sorten, die unterschiedliche Überflutungshöhen vertragen (kurz, lang und im Wasser schwimmend). Ihr erstes Ziel ist die Risikoabsicherung und nicht der Maximalertrag. Sie kaufen sich durch „Vielfalt“ Überlebenssicherheit ein. Zweites Beispiel: Die mobilen Tierhalter dieser Welt („Pastoralisten“) ziehen traditionell mit ihren Tieren dem natürlichen Nahrungsangebot nach, für sie ist überlebenswichtig, dass die Tiere die entsprechenden Distanzen möglichst schadlos überstehen. Ein sogenanntes Hochleistungsrind würde dies nicht überleben. Auch hier ist Vielfalt Risikoabsicherung. Dritte These: Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass bei ökonomischen Vergleichen/Alternativen der Naturerhalt häufig den Kürzeren zieht, weil der Appell an Moral, Ethik/Gottes Schöpfung wohl gehört wird, aber die ökonomische Vergleichsbasis fehlt. Auch das vielzitierte Vorsorgeprinzip, das auf Langfristigkeit und Bewahren ausgelegt ist, wird häufig zugunsten von kurzfristigen Entwicklungszielen gekippt. Dies ist verständlicherweise gerade in Entwicklungsländern oftmals so. Das heißt, einfach gesagt, globale öffentliche Güter, wie Biodiversität, Klima, oder Wasser, werden bei politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen zu wenig berücksichtigt, sind unterbewertet oder werden „externalisiert“, also auf die Allgemeinheit abgewälzt; wir haben es mit einem Fall von „Marktversagen“ zu tun. Darauf ist die soeben erwähnte TEEB-Studie eingegangen. Vierte These: Natürliche Vorbilder, menschliche Neugier und Genie waren die Grundlage vieler technologischer Entwicklungen. Dieser Wissenschaftsund zunehmend auch Wirtschaftszweig (Bionik) ist aktuell stark im Anstieg begriffen. Im Vergleich zu den Leistungen der belebten Natur sind die vom Menschen entwickelten Technologien noch fast am Anfang. Diese Entwicklung ist rasant, es werden Roboter auf der Basis der Bewegung von Insekten entwickelt, Roboter, die unter Nutzung der Technologie

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des Geckos an den Wänden hochklettern. Es werden Anleihen aus der Schwarmforschung für die Logistik von Containerterminals und dem Management von Verkehrsflüssen aufgenommen. Selbst die Computertechnologie richtet sich in ihrer Entwicklungsarbeit auf natürliche Vorbilder aus. Unsere Wissenschaftsbasis und unsere Möglichkeiten haben sich dank natürlicher Vorbilder stark verbessert. Umso wichtiger und logischer erscheint es, diese umfangreiche Wissensbibliothek zu erhalten. Wo stehen wir heute, was macht uns Hoffnung oder auch Sorge – und noch einmal: Warum ein Thema für die Entwicklungspolitik? So weit, so schlecht. Wie können wir nun diesen Trend zur „Einfalt“ umkehren? Zunächst einmal setzt eine Umkehr m.E. ein breites Verständnis voraus, dass der Erhalt von Biodiversität Natur- und Menschenschutz ist. Dies lässt sich schlicht nicht trennen. Wir brauchen außerdem eine neue „Bewegung der Massen“, ein Umdenken, eine echte neue Weichenstellung. Warum aber beschäftigen wir im BMZ uns so intensiv mit dem Thema? 80% der biologischen Vielfalt liegt in den Tropen und damit in den Partnerländern der deutschen Entwicklungspolitik. Sie ist häufig konzentriert in sogenannten „Hotspots“ oder wertvollen ökologischen Regionen (sog. Eco-Regions). Die Anstrengungen unserer Partnerländer zum Erhalt dieser Vielfalt liegen also in unserem ureigensten Interesse und können auch als globale Dienstleistung gesehen werden. Den Erhalt der Biodiversität gibt es nicht umsonst, es sind Investitionen in den Faktor Naturkapital. Viele Länder sind jedoch aufgrund anderer Prioritäten (Gesundheit, Bildung, Ernährung) nicht in der Lage oder auch von sich aus nicht von der Priorität überzeugt, diese globale Dienstleistung eigenständig und nachhaltig zu erbringen. Hier setzen die Fördermaßnahmen der Bundesregierung an, ich reiße hier nur kurz zwei Bereiche an: 1. Derzeit werden als „Sicherungsnetz“ weltweit viele Schutzgebiete (ca. 120.000) unterschiedlicher Typen mehr oder weniger gut verwaltet. Die Fläche der weltweit unter Schutz gestellten Gebiete entspricht ungefähr der Fläche Russlands oder der Fläche von China und Indien zusammen. Ein Großteil davon liegt in den Partnerländern des Südens. Das BMZ und auch das BMU sind daher massiv engagiert, die Partnerländer bei Ausweisung und Management von Schutzgebieten zu unterstützen. Eine Akzeptanz durch die Bevölkerung ist in aller Welt (auch in Deutschland) stark daran gebunden, ob sich ein Mehrwert für die Bevölkerung ergibt – und fast noch wichtiger, inwieweit sie in Entscheidungen aktiv eingebunden werden. Es gilt daher, beispielsweise das Potenzial für nachhaltigen Tourismus, der direkt zu Beschäftigung und Einkommen bei der Bevölkerung führt, zu nutzen.

2. Schutzgebiete alleine werden aber den „Niedergang“ der Biodiversität nicht stoppen können, wir müssen uns klar darüber sein, dass der gesamte ländliche und städtische Raum und deren nachhaltige Nutzung für den Erhalt der Schatzkammer Natur und ihrer wichtigen Leistungen für den Menschen von hoher Bedeutung ist. In den Ländern des Südens kommen noch Bevölkerungsentwicklung, Armut, unzureichende Ausbildung, fehlende Rechtssicherheit als „Zerstörfaktoren“ dazu. Auch dies sind natürlich Themenbereiche, in denen wir im Rahmen unserer Entwicklungszusammenarbeit Unterstützung leisten. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass es noch unendlich viele Chancen gibt, die Natur nachhaltig für uns Menschen zu nutzen, sei es im Bereich der Anpassung an den Klimawandel, in verschiedenen technologischen Verfahren, in der Sicherung der Welternährung, in der Bekämpfung der Wasserkrise und generell der Armutsbekämpfung. Lassen Sie mich zum Abschluss kommen Es klingt vielleicht weltfremd für Sie, aber von unserem Herangehen an die Umwelt (wir stehen als Krönung der Schöpfung und vernunftbegabte Wesen im Zentrum und die Umwelt ist drum herum) müssen wir uns – aus Eigeninteresse – wegbewegen, hin zu einer Ebene des Respekts, der gleichen Augenhöhe und der Akzeptanz der einseitigen Abhängigkeit. Die für viele überraschende Rede des Papstes im Bundestag war hierzu ein erster, wichtiger Schritt. Der Mensch ist doch im Vergleich mit anderen Geschöpfen ausgesprochen mittelmäßig. Er bewegt sich langsam, sieht schlecht, hört schlecht, schwimmt mittelmäßig, kann nicht fliegen und riecht im Vergleich fast nichts. In jedem dieser Bereiche wird er um Längen von anderen Geschöpfen geschlagen. Das einzige, was ihn wirklich auszeichnet, ist sein Gehirn und damit die Fähigkeit, zu denken und „vernunftbegabt“ zu handeln. Diese und damit die Fähigkeit, sich mithilfe von Innovation und Technologie über seine „Mittelmäßigkeit“ und seine körperlichen Grenzen hinauszubewegen, sollten wir dann auch nutzen, um die geschilderten globalen Herausforderungen in Angriff zu nehmen. Um es an dieser Stelle aber auch ganz klar zu sagen: Wir „predigen“ weder Verzicht noch den „Rückfall in die Steinzeit“, sondern befürworten ein vernünftiges Verhalten und einen besseren Umgang mit unseren wertvollen Naturressourcen. Dazu gehören grundsätzliche politische und wirtschaftliche Entscheidungen, die die richtigen Anreize für einen ressourcenschonenderen Lebensstil setzen, aber auch zunehmend Spitzentechnologie – beispielsweise in Richtung Energieeffizienz. Viele kluge Leute sind sich einig, dass dazu auch eine stärkere Besteuerung des Faktors Ressourcenverbrauch statt des Faktors Arbeit gehört.

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Keynote: Biodiversität und gerechte Aufteilung der Vorteile

Ohne Wissen kein Überleben Kentnisse, die von Generation zu Generation überliefert werden, sichern die nächste Ernte. Indische Kleinbauern kämpfen für ihr geistiges Eigentum. Indische Kleinbauern werden von Großkonzernen übervorteilt. Sie verlieren die Rechte an ihrem geistigen Eigentum und letztendlich auch das Wissen, mit dem sie dem Klimawandel trotzen könnten. „Gene Campaign“ setzt sich für sie ein. Artenvielfalt ist der „Plan B“ der Natur. Die Vielfalt an Arten gewährt eine Vielfalt an Möglichkeiten: Eine Pflanze kann in ihrem angestammten Gebiet nicht mehr gedeihen, nachdem dieses überschwemmt wurde? Die Verwandtschaft hat nichts gegen nasse Füße und sprießt auch im Schlamm. Höhere Temperaturen aufgrund des Klimawandels führen zu erschwerten Wachstumsbedingungen für altbekannte Kulturpflanzen? Mutter Natur wirft den Biodiversitäts-Joker ins Spiel: Wenn nicht diese Pflanze, dann eben eine andere, die unter den neuen Bedingungen wächst. Schon toll, diese Natur. Irgendwie sollte man sich das doch gezielt zunutze machen können? Und genau das tun Menschen seit Anbeginn des Ackerbaus. Man weiß nicht nur um die medizinische Wirkung von Pflanzen, sondern auch, ob sie der Dürre trotzen. Oder dem Regen. Oder ob sie bei Wind leicht umknicken. All diese durch Trial-and-Error

Von Generation zu Generation wird das Wissen über den Anbau von Kulturpflanzen weitergegeben.

Foto: Gene Campaign

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Foto: Tim Wessling Dr. Suman Sahai, Gründerin der indischen „Gene Campaign“, kämpft für eine gerechte Aufteilung der Vorteile, die aus dem überlieferten Wissen über die Eigenschaften von Pflanzen entstehen.

errungenen und von Generation zu Generation überlieferten Kenntnisse sichern die nächste Ernte, und somit das Überleben in einer sich immerfort verändernden Umwelt. „Ich will meinem Land helfen!“ Weltweit kämpfen Menschen um den Erhalt und Schutz dieses Wissens – in Indien setzt sich Dr. Suman Sahai mit der von ihr gegründeten NGO* „Gene Campaign“ für die Rechte indischer Kleinbauern an ihrem geistigen Eigentum ein. Die habilitierte Genetikerin kann auf eine lange und erfolgreiche naturwissenschaftliche Karriere zurückblicken. Sie forschte und lehrte an Universitäten in Indien, Kanada, USA und Deutschland. „Es war keine berufliche Midlife-Crisis, die mich raus aus der Forschung und zu ‘Gene Campaign’ brachte. Ich war erfolgreich als Wissenschaftlerin und habe meine Arbeit sehr genossen,“ kommentiert Sahai ihren Berufswechsel. „Es war meine Identität als Inderin. Ich will meinem Land helfen.“ Wie genau sieht der Dienst am indischen Volke aus, von dem Dr. Sahai sagt, er fülle sie aus? International kämpft „Gene Campaign“ für den fairen Umgang mit indigenem geistigen Eigentum. Ausgehend von der Prämisse, dass niemand Rechenschaft über sein Eigentum ablegen muss, stellt Su-

* NGO: Non-Governmental Organisation, NichtRegierungsorganisation

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man Sahai Wissenschaftler, Pharma- und Agrarkonzerne als „Biopiraten“ an den Pranger und klagt profitgierige Regierungen an. Diese missachten nicht nur die von Sahai eingeforderten moralischen Grundsätze. Die „Ausbeuter“ setzen sich zudem über auf der CBD (Convention on Biodiversity) festgelegte Ziele und Verpflichtungen hinweg. Alles unter dem Schutz der WTO (World Trade Organization). Die angestrebte und vielbeschworene gerechte Verteilung der Vorteile („benefit sharing“) bleibt nur ein Ideal. Denn aus dem Wissen um die Nutzbarkeit von Pflanzen lässt sich Geld schlagen. Viel Geld. Suman Sahai rechnet ein in ihren Augen gerechtes „benefit sharing“ vor: Eine Milliarde US-Dollar investierten Pharmaunternehmen von der Entdeckung einer Pflanze bis zur Markteinführung des Produktes. Abzüglich der Mittel, die für Werbung und Standardisierung für den westlichen Markt aufgebracht werden (rund 400 Millionen Dollar), beliefe sich der Geldwert dieser Pflanze auf 600 Millionen Dollar. Dies sei die angemessene Basis für Verhandlungen. Nun stelle sich lediglich die Frage: Was wäre fair? Fünf Prozent für die Schöpfer und Bewahrer des Wissens? Oder fünfzig? „Plus Gewinnbeteiligung natürlich“, meint Dr. Suman Sahai. Dass diese Rechnung bei den „Biopiraten“ auf wenig Gegenliebe stößt, überrascht nicht. Hier hilft Sahais Reputation als Wissenschaftlerin: „Sie hören mir zu, die Regierungen. Auch wenn sie nicht gerne hören was ich zu sagen habe. Meine naturwissenschaftliche Karriere gibt mir Autorität“. Diese Autorität und die Überzeugung, für das Richtige einzutreten, zeigen sich in ihrem gesamten Auftreten. Im knappen, fast schon ruppigen Parieren von Einwänden. Und in der Selbstverständlichkeit, mit der sie ein Umdenken verlangt. Starke Forderungen, vorgetragen von einer starken Persönlichkeit. Die Wissenschaft in die Dörfer bringen Doch „Gene Campaign“ betreibt nicht nur internationale Aufklärungsarbeit und fordert die Rechte der Bauern ein. Die Organisation leistet auch Hilfe vor Ort. Denn mit der Vermarktung der Artenvielfalt durch Industrienationen werden die Kleinbauern nicht nur übervorteilt. Auch ihr wertvolles Wissen wird nach und nach verdrängt. Optimierte Samen beherrschen den Markt. Einheimische Nicht-Hochleistungssorten und alternative Nahrungsquellen geraten in Vergessenheit. Drastisch ausgedrückt: Damit ist das Überleben der Bauern an nur eine Pflanze geknüpft. Um das indigene Wissen zu erhalten, bringt die NGO „die Wissenschaft dort hin, wo sie gebraucht wird“: In die Dörfer. Einfache Samenbanken werden mit Hilfe der lokalen Gemeinde errichtet. Die Dorfbewohner werden in der Verwaltung der Samenvorräte geschult und übernehmen diese letztendlich in Eigenverantwortung. Die Banken garantieren so die Vielfalt der Pflanzen und bewahren das Wissen um deren Nutzung.

Bildung für einen gerechten Umgang Diese Maßnahme zur Existenzsicherung der Kleinbauern durch Schutz der Artenvielfalt wird in den Dörfern dankbar angenommen. Um jedoch gerechtes „benefit sharing“ durchzusetzen, wird es noch viele Schlachten gegen mächtige Gegner zu schlagen geben. Sahai hofft, dass künftige Generationen, durch Bildung und Aufklärung, einen respektvollen und gerechten Umgang mit Ressourcen lernen – sowohl mit geistigen als auch mit materiellen. Verena Orth

Einfache Samenbanken werden – initiiert von „Gene Campaign“ – mit Hilfe der indischen Dorfbewohner eingerichtet, die diese Vorräte auch in Eigenverantwortung verwalten.

Foto: Gene Campaign

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Disput: Streitpunkt Yasuní-Nationalpark

Zankapfel Das Konzept Ecuadors für den Schutz des Yasuní-Nationalparks stößt auf Widerspruch. Warum finden die Akteure für den Schutz eines einzigartigen Naturparadieses nicht zueinander?

Foto: Yasuni ITT

Nationalpark Yasuní Der Nationalpark Yasuní gehört zum Territorium Ecuadors und bietet eine weltweit kaum übertroffene Fülle an Biodiversität. Hier finden sich auf einer Fläche von 9.820 km² mehr verschiedene Baumarten als in ganz Nordamerika, die Dichte an Amphibien-, Säugetier-, Vogel- und Pflanzenarten ist die höchste im ganzen Amazonasgebiet. Viele dieser Arten sind endemisch und somit absolut einmalig. Zudem ist der Park Heimat zweier indigener Volksgruppen. Seit 1989 ist der Yasuní-Nationalpark ein Biosphärenreservat der Unesco. Der Grundkonflikt: Es wird geschätzt, dass 20 Prozent des gesamten Ölvorkommens Ecuadors unter dem Park ruhen, ein geschätztes Gesamtvolumen von etwa 950 Millionen Barrel. Würde das Öl gefördert werden, wären Einnahmen in Höhe von 12,5 Milliarden US-Dollar möglich. Ecuador ist Mitglied der OPEC, der Export fossiler Brennstoffe ist die wichtigste Geldquelle des Entwicklungslandes. Doch die Förderung des Erdöls im Park könnte verheerende Folgen für das Ökosystem Yasunís haben. Selbst bei der technisch akkuratesten und umweltschonendsten Vorgehensweise blieben die Auswirkungen unkalkulierbar. Die Yasuní-ITT-Initiative: 2007 erklärte sich Ecuador dazu bereit, das Öl unter der Erde zu belassen, um den Nationalpark weiterhin in dessen Urform zu erhalten. Als Gegenleistung erbat die Regierung einen solidarischen Finanzausgleich von der internationalen Gemeinschaft, der mindestens 50% des entgangenen Umsatzes beträgt. Ecuador sieht in der eigenen Offerte eine zweifache globale Dienst-

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leistung für die Menschheit: Zum einen werde ein einzigartiges Naturparadies erhalten, zum anderen der durch die Bohrungen verursachte CO2-Ausstoß von 407 Millionen Tonnen vermieden. Das Geld soll in einen UNO-Treuhandfonds fließen und dem Umbau Ecuadors zu einer vom Öl emanzipierten „green economy“ dienen. Politische Probleme: Zunächst stieß die innovative Initiative auf große internationale Zustimmung. Inzwischen ist das Pilotprojekt jedoch politisch umstritten. Unter der Leitung von Minister Dirk Niebel verweigerte Deutschland als erster wichtiger Akteur im Herbst 2011 seine Beteiligung an der Yasuní-Inititative. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) lehnte es ab, präventiv für „Nichthandlungen“ zu bezahlen und bezweifelte die dauerhafte Verbindlichkeit der Initiative. Stattdessen präferiert das BMZ offiziell eine Umsetzung des REDD-Konzeptes in Ecuador, welches dem Kohlenstoffspeicher des Waldes einen Wert zumisst und somit durch Nicht-Abholzung vermiedene Emissionen finanziell belohnt (Kompensationsmechanismus). Ecuadors Ziel – bis zum Jahresende 100 Millionen Dollar für den Fonds zu sammeln – wird voraussichtlich verfehlt. Im Jahr 2012 will Ecuador neue Verhandlungsrunden initiieren. Währenddessen steigt der Ölpreis konstant an. Kritiker befürchten deshalb, dass mit den weiteren Verhandlungsverzögerungen der Anreiz zur Ölförderung und der Preis zur Rettung des Yasuní-Parks steigen werden. CH

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„Unsere Absage ist kein Sonderweg“ Von der Idee begeistert. Aber an der Argumentation bestehen Zweifel.

Seit 20 Jahren arbeitet Heiko Warnken für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). In seiner Keynote plädierte er für ein umfangreicheres Verständnis von Biodiversität und nannte Projekte des BMZ, welche die Vielfalt der Arten sicherstellen sollen. Der Yasuní-Initiative erteilte er jedoch erneut eine Absage. Herr Warnken, wie wichtig ist dem BMZ das Thema „Biodiversität“? Heiko Warnken: Biodiversität ist ganz oben auf unserer Agenda und uns genauso wichtig wie der Klimawandel. In der CDU/CSU gab es einen Ruck zu Umweltthemen. Diese sind im Koalitionsvertrag niedergeschrieben und werden unter Dirk Niebel abgearbeitet. Das ist wunderbar, denn es ist nicht selbstverständlich, dass ein FDP-Minister diese Themen abdeckt. Die Kanzlerin hat 500 Millionen Euro jährlich für Biodiversitätsprojekte in Aussicht gestellt. Der Jahresetat des BMZ wurde kürzlich um 163 Millionen erhöht.

Bei der Yasuní-Initiative, die dem Erhalt von einer der biodiversitätsreichsten Regionen der Welt dienen soll, lehnen Sie jedoch jegliche finanzielle Beteiligung ab. Warum? Die Höhe des Geldes ist nicht das Problem, die Begründung ist das Problem. Minister Niebel sagte „Wir zahlen nicht dafür, das etwas unterlassen wird“. Damit hat er im Kern recht. Wir würden hier einen Präzedenzfall schaffen, der bei anderen Ländern Begehrlichkeiten wecken könnte. Dann würden beispielsweise auch die Rinderfarmer aus Argentinien oder Brasilien fordern, dass wir ihnen Kompensationszahlungen dafür geben, dass sie keine Rinder mehr halten und dadurch den CO2-Ausstoß verringern. Zudem halte ich es für problematisch, einem Entwicklungsland 3,5 Milliarden Euro für das Nichtantasten ihrer Rohstoffe zuzusagen. Wer garantiert uns, dass wenn der Ölpreis weiter steigt, nicht doch in zehn Jahren gebohrt und der Park zerstört wird? Ecuador ist bereits vielen Forderungen der internationalen Gemeinschaft nachgekommen. Ein rechtsverbindlicher Treuhandfond wurde eingerichtet. Die ecuadorianische Regierung hat einen Plan für die genaue Verwendung des Geldes vorgelegt, der den Wandel in eine „Green Economy“, also die Emanzipation der Wirtschaft vom Ölhandel, festlegt. Warum trauen Sie Ecuador trotzdem nicht? Im Gegenteil, als ich das erste Mal von der YasuníInitiative hörte, war ich von der Idee sehr begeistert und überzeugt. Ich dachte, wir hätten hier wirklich einen guten Ansatz zum Umweltschutz gefunden. Je Heiko Warnken (BMZ, Mitte) war gefragter Gesprächspartner bei den Teilnehmern der Journalistenkonferenz „Bildkorrekturen 2011“.

Foto: vg

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intensiver ich mich mit dem Projekt befasste, umso mehr wuchsen allerdings meine Zweifel. Es ist nicht so, dass wir Ecuador nicht trauen, uns gefällt nur die Argumentation nicht. Bei der Yasuní-Initiative wurde eine Drohkulisse aufgebaut, die besagt „Wenn die Weltgemeinschaft nicht zahlt, dann wird sofort gebohrt und der Regenwald mit Öl überschwemmt“. Wir wollen, dass der Wald „des Waldes wegen“ geschützt wird. Die Initiative verfolgt hingegen den Ansatz, dass man den Wald „trotz des Öls“ stehen lässt. Deshalb halten wir das REDD-Konzept* für geeigneter im Fall Yasuní. Ist REDD denn wirklich nachhaltig effizienter als die Yasuní-Initiative? Oder einfach nur günstiger für Deutschland? Ich betone nochmal, dass es uns wirklich nicht um die Höhe der Zahlungen geht. Wir wollen mit REDD nicht den Preis zum Erhalt von Yasuní drücken. Wir wollen alles tun, um diesen Regenwald zu retten. Dafür gibt es allerdings bessere und wirksamere Mittel, als 3,5 Milliarden Euro als veranschlagten Wert für das Öl unter dem Park zu zahlen. Geht Deutschland also einen Sonderweg? Unsere Absage an die Yasuní Initiative ist kein Sonderweg. Die internationale Gemeinschaft hat bereits viel Geld für REDD gesammelt, allein Norwegen wäre bereit, eine Milliarde bereitzustellen. Auch Großbritannien will sich an dem Projekt beteiligen. Mittlerweile ist sogar die ecuadorianische Umweltministerin von REDD überzeugt. Wie haben Sie die Berichterstattung über die Haltung des BMZ zum Yasuní-Konzept empfunden? Manchmal habe ich mich über die einseitige Berichterstattung zugunsten der Position Ecuadors geärgert. Gerne wären wir zu einem Pressegespräch in sachlicher Atmosphäre bereit gewesen, dieses Angebot wurde allerdings nicht wahrgenommen. Manchmal fragte ich mich, ob den Journalisten einfach die fachliche Kompetenz fehlt, um den Sachverhalt ausgewogen darzustellen. Oder ob es nicht auch oft darum ging, die Personalie Niebel vorzuführen. Im Dezember verstreicht das Ultimatum der ecuadorianischen Regierung für die Kompensationszahlungen. Beide Fronten scheinen verhärtet. Wie sehen Sie die Zukunft des Nationalparks? Es ist schon so, dass beide Seiten in ihrer Position sehr festgefahren sind. Nun geht es darum, eine Lösung zu finden, bei der beide Parteien ihr Gesicht wahren können. Nächste Woche haben wir ein Treffen mit ecuadorianischen Repräsentanten angesetzt, bei dem wir neue Ansätze ausdiskutieren wollen. Ich bin mir also sicher, dass in den nächsten Jahren im Park nicht gebohrt werden wird. Das gäbe einen weltweiten Aufschrei. Den kann sich keiner leisten. Interview: Charlotte Haunhorst, Dima Romaschkan

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Gegen die Grundregeln „Wir wollen weg vom Öl, hin zu einer Green Economy“, so Ecuadors Botschafter Jorge Jurado.

Jorge Jurado ist Botschafter Ecuadors in Deutschland. Er war 15 Jahre lang als internationaler Ratgeber für Industrie-Förderung, Entwicklungsplanung und Umweltfragen tätig. In seiner Keynote sprach er über den politischen Wandel seines Landes und betonte die immense Bedeutung des Yasuní-Nationalparks für die globale Biodiversität. Hierbei appellierte er erneut an die internationale Gemeinschaft, die Yasuní-Initiative zu unterstützen. Warum denken Sie wurde die Yasuní-Initiative vom BMZ** abgelehnt? Jorge Jurado: Wir waren fähig, ein gutes Modell zu finden, das allerdings gegen die Grundregeln der freien Marktwirtschaft verstößt. Ich denke, dass das Projekt zu stark gegen bestimmte Ansätze von Industrienationen geht und deshalb für diese bedrohlich scheint. Sie können die Argumente der deutschen Regierung bei der Ablehnung zur Yasuní-Initiative also nicht nachvollziehen? Minister Dirk Niebel argumentierte, dass man nicht „fürs Nichts-Tun zahlen“ würde. Das stimmt einfach nicht. Zum einen tut der Wald sehr viel, er arbeitet für die gesamte Menschheit. Zum anderen vollziehen wir mit dem Geld der internationalen Gemeinschaft unsere Energiewende. Wir wollen weg von der Abhängigkeit von Öl, hin zu einer Green Economy. Ein Hauptargument bei der Ablehnung war, dass man durch die Zahlung einen Präzedenzfall schaffen würde, der eine Lawine von Kompensationszahlungen auslösen könnte... 3,5 Milliarden Euro sind für die Weltgemeinschaft doch ein Witz. Vor allem, da die Zahlungen auf mehrere Jahre verteilt sind. Jährlich müssten somit weniger als 300 Millionen Euro ausgeschüttet wer-

* Reducing Emissions from Deforestation and Degradation ** Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

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Foto: Tim Wessling Jorge Jurado (rechts am Rednerpult), der Botschafter Ecuadors in Deutschland, warb für das Yasuní-Projekt, das den Regenwald auf einem Erdöl-Vorkommen vor der Abholzung schützen soll.

den. Es wird gerade sehr viel mehr Geld für die Bankenrettung ausgegeben. Zudem gibt es weltweit 13 andere Entwicklungsländer, die sich in ähnlichen Konflikten wie Ecuador befinden. Wir sind allerdings das einzige Land, das sich bisher um einen Lösungsansatz bemüht hat. Zudem wird befürchtet, dass, wenn der Ölpreis weiterhin derart rasant steigt, das Öl später doch gefördert wird... Wie von der BRD gefordert, haben wir Garantien gegeben, dass das Öl auf unbestimmte Zeit nicht angetastet wird. Unter der großen Koalition in Deutschland konnten wir deshalb wohlwollende Verhandlungen aufnehmen. Die Absage von Deutschland unter Minister Niebel hat uns deshalb überrascht. Leider entfaltete sie eine starke Signalwirkung. Auf einmal sind auch andere Staaten nicht mehr sicher, ob sie die Initiative mittragen wollen. Als Alternative hat das BMZ das REDD-Konzept* vorgeschlagen. Warum halten Sie dieses Konzept für ungeeignet? Der Ansatz von REDD reicht für die Erhaltung und den Schutz eines Parks. Aber nicht für die Entwicklung eines Landes. Stellen Sie sich das einmal am Beispiel des Bayerischen Waldes vor: Mit REDD können die Bäume dort geschützt werden. Deutschland ist ein hoch entwickeltes Land, es benötigt kein zusätzliches Kapital, um eine funktionierende Infra-

struktur zu schaffen. Ihr habt Kapital in Anleihen! Ihr habt Kapital im monetären Sinne. Ihr habt Kapital in Menschen. Deutschland kann es sich leisten, nachhaltig zu wachsen. Ecuador nicht. Wie haben Sie die Berichterstattung über das YasuníKonzept empfunden? Der Hauptfehler ist, dass nur der Park in den Medien wahrgenommen wird. Dabei sprechen wir doch von einer viel breiteren Größenordnung, nämlich der Entwicklung eines ganzen Landes. Das müssten Journalisten viel mehr hervorheben. Im Dezember 2011 verstreicht das Ultimatum der ecuadorianischen Regierung für die Kompensationszahlungen. Beide Fronten scheinen verhärtet. Wie sehen Sie die Zukunft des Nationalparks? Nächste Woche bin ich zu einem Gespräch im BMZ eingeladen. Dort gehe ich mit offenen Ohren hin. Letztlich ist die Yasuní-Initiative nicht allein vom deutschen Beitrag abhängig. Sollte sie trotzdem scheitern, werden wir leider das Öl unter den besten technischen Bedingungen fördern müssen. Interview: Charlotte Haunhorst, Dima Romaschkan

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Schutz des Ökosystems: Regenwald/Palmöl

Palmöl-Bauer mit Power Palmöl ist ein moderner Tausendsassa. Es soll als erneuerbarer Kraftstoff helfen, den Klimawandel zu bremsen. Auch viele Kosmetikoder Lebensmittelprodukte enthalten Palmöl. Aber welche Probleme damit verbunden sind, steht nicht auf der Verpackung. Probleme? Welche Probleme? 16

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Foto: G. Hohlstein, BGBM So sehen die Früchte der Ölpalme (Elaies guineensis) aus (oben). In vielen Regionen werden für PalmölPlantagen Regenwälder gerodet (unten) – und oft werden Einheimische unter Druck gesetzt.

Fotos (2): Christiane Zander

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Weil kein Palmöl auch keine Lösung ist Nahrungsmittel, Kosmetika, Brennstoff – überall ist Palmöl enthalten. Besonders komplex ist die Frage der Zertifizierung.

Seit Jahren gibt es sowohl weltweite als auch nationale Initiativen von NGOs* und der freien Wirtschaft zur Zertifizierung von nachhaltigem Palmöl. Ob sie helfen, die Natur zu schützen, ist umstritten. Jüngste Anstrengungen lassen dennoch hoffen – ein wenig. Laut dem wissenschaftlichen Pressedienst „LCI moderne Ernährung heute“ sind es zwei Ereignisse, die als Schlüsselfaktoren dafür dienen, dass sich die Palmölproduktion in knapp 30 Jahren verzehnfacht hat, auf ein Volumen von mittlerweile etwa 50 Millionen Tonnen jährlich. Rein vom Gewicht her entspricht das dem 135-fachen des Empire State Buildings. 1997 rief Indonesien den Notstand aus, weil die Wälder des Landes monatelang unter Feuer standen; Brände, die, wie eine Studie des WWF zeigte, größtenteils absichtlich gelegt wurden, um anschließend freie Flächen für Palmöl-Plantagen zur Verfügung zu haben. Ein Vorgehen, das erklärt, warum Indonesien direkt hinter den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China den höchsten CO2-Ausstoß zu verantworten hat. Denn Torfböden, die es in Indonesien zahlreich gibt, speichern bis zu zehnmal so viel Kohlendioxid wie normaler Boden. Bei der Rodung und Inbrandsetzung von besagten Wäldern gelangt das Gas in die Atmosphäre. 1999 befasste sich die dem amerikanischen Gesundheitsministerium unterstellte „Food and Drug Administration“ mit sogenannten trans-Fettsäuren, die besonders in industriell hergestellten Nahrungsmitteln verwendet werden. Wissenschaftlichen Studien zufolge erhöhen diese Fette das Risiko eines Schlaganfalls, weswegen die Lebensmittelhersteller in der Folge verstärkt nach Alternativen suchten und auf Grund der vielseitigen Einsetzbarkeit beim Palmöl fündig wurden: Es ist extrem effizient einsetzbar, bedeckt zwar nur fünf Prozent der weltweiten Anbauflächen für fettliefernde Nutzpflanzen, liefert allerdings knapp 36 Prozent des Ertrages.

* NGO: Non-Governmental Organisation, NichtRegierungsorganisation

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Die Gründung eines Runden Tisches In diesem Kontext ist die Gründung des Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) zu sehen, das unter der Federführung des WWF am 8. April 2004 ins Leben gerufen wurde. Grundsätzlich wird der Runde Tisch auch von der Bundesregierung unterstützt: „Das RSPO ist eine wichtige Initiative, um die gravierenden Probleme der Palmölproduktion anzugehen“, sagt Evita Schmieg vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Zum RSPO gehören mittlerweile knapp 660 Mitglieder (davon etwa 100 ohne Stimmrecht), die zusammengenommen mehr als 50 Prozent der globalen Palmölproduktion abdecken. Das selbsterklärte Ziel des Runden Tisches ist es, anhand von definierten Standards nachhaltig produziertes Palmöl als Branchenstandard zu etablieren. Der RSPO zufolge ist Palmöl unter anderem dann nachhaltig produziert, wenn: • kein Primärwald vernichtet wurde (Stichtag hierbei ist der 1.1.2005), • gefährdete Arten geschützt werden, • eine Zustimmung der lokalen Bevölkerung vorliegt, falls auf ihrem Gebiet Plantagen entstehen sollen, • Kinderarbeit untersagt ist, • ein angemessener Lohn ausbezahlt wird, • indonesische Landnutzungsrechte beachtet und • die im Rotterdamer Übereinkommen gelisteten Pestizide nicht benutzt werden. Doch damit ein Unternehmen nachhaltiges Palmöl für seine Produkte verwenden kann, muss jeder weitere Schritt in der Lieferkette ebenfalls überprüfbar sein. So müssen auch die Raffinerien zertifiziert werden und noch wichtiger ist es, dass der Weg des Palmöls zurückverfolgt werden kann. Dafür hat das RSPO vier Modelle entwickelt, zwischen denen sich die Unternehmen entscheiden können: a) Identity Preserved Die Lieferwege sind komplett nachzuvollziehen und das Palmöl wird an keiner Stelle der Produktion mit anderem Palmöl vermischt, selbst wenn es sich dabei ebenfalls um Palmöl mit RSPO-Zertifikat handelt.

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b) Segregation Das Palmöl stammt nur aus zertifizierten Stellen; da es jedoch während der Lieferkette vermischt wird, ist es nicht möglich, Produktionsorte zu benennen. c) Mass Balance Bei dieser Variante wird kein Unterschied mehr zwischen RSPO- und nicht-zertifiziertem Palmöl gemacht. Stattdessen wird sichergestellt, dass das Endprodukt zu einem definierten Anteil aus Palmöl besteht. d) Book and Claim Für RSPO-Palmölproduzenten wird ein Zertifikat ausgestellt. Dieses wird an weitere Abnehmer verkauft. Das Öl wird für deren Produkte verwendet. Eine Rückverfolgung der Lieferkette ist nicht erwünscht. Kritik am RSPO Das erste zertifizierte Palmöl konnte im Jahr 2009 ausgeliefert werden. Doch vielen NGOs wie Greenpeace oder Rettet den Regenwald e.V. gehen die Vorgaben des RSPO nicht weit genug. So wird erstens kritisiert, dass alle Öl-Plantagen, die vor dem Januar 2005 entstanden sind, automatisch das Nachhaltigkeits-Siegel bekommen. Damit werde Landraub, Brandrodung und Regenwaldvernichtung, die faktisch stattgefunden haben, im Nachhinein legalisiert. Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf die Sitzverteilung beim RSPO. So gebe es eine strukturelle Übermacht der Industrie. Tatsächlich stehen zwar Nichtregierungsorganisationen vier der 16 Plätze im Vorstand zu, grundsätzlich jedoch stammen mehr als 75 Prozent der Mitglieder aus der Industrie – dies wirke sich insofern aus, als dass die Probleme der indigenen Bevölkerung und die Sorgen der NGOs

entweder nicht gehört oder strikt unter ökonomischen Aspekten durchleuchtet würden. Zudem wird stets der Vorwurf des „Greenwashings“ erhoben: Die Unternehmen würden sich gegenseitig zertifizieren. Ilka Petersen vom WWF entgegnet dem: „Im RSPO können sich die Unternehmen nicht gegenseitig zertifizieren.“ Nichtsdestotrotz haben ihr zufolge „viele Unternehmen noch einen langen Weg vor sich.“ Zuletzt betrifft einer der Hauptkritikpunkte das Siegel selbst: Es sei schlicht zu lasch. So wird bemängelt, dass Unternehmen sich zertifizieren lassen können, auch wenn sie hochgiftige Pestizide wie „Paraquat“ einsetzen – im RSPO-Statut wird zwar gefordert, dass die Nutzung reduziert werde, von einem kategorischen Ausschluss ist jedoch nicht die Rede. Und schließlich wird dem RSPO angekreidet, dass Unternehmen, die ein Siegel des RSPO haben, unverändert Landraub begehen würden. Im August 2011 erhoben NGOs den schweren Vorwurf, dass eines der größeren Unternehmen mit Waffengewalt gegen die indigene Bevölkerung vorgegangen sei. Unter diesem Aspekt sei das Siegel als Versuch zu verstehen, zahlende Konsumenten per „Greenwashing“ in die Irre zu führen. Die Rolle der Europäischen Union Unabhängig davon bleibt das Problem aber bestehen, denn „kein Palmöl ist auch keine Lösung“ sagt Gesche Jürgens, Kampaignerin für Biodiversität bei Greenpeace. Denn jenseits der weltweiten Zunahme von Palmölprodukten, vor allem in Indien und China, hat auch die EU dem Öl jüngst zu zusätzlicher Attraktivität verholfen – insbesondere durch eine Richtlinie. Die deutsche Nachfrage nach Palmöl wächst zweistellig.

Grafik: Tim Wessling

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Auch wenn die Nutzung von Palmöl in Nahrungsmitteln den mit Abstand größten Verwendungszweig darstellt: Die Pflanze wird auch zur Beimischung von Bio-Diesel genutzt. Im Zuge der auch medial verstärkt in den Blick genommenen Klimaschutzproblematik hat die EU-Kommission 2009 die „Biosprit-Richtlinie“ verabschiedet. Hierin wird jedes Mitgliedsland darauf verpflichtet, bis 2020 mindestens zehn Prozent der eigens verbrauchten Energie innerhalb des Transportsektors aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen – neben Hybridfahrzeugen kann dies beispielsweise eben auch durch Biosprit erreicht werden. Welche Form der Durchsetzung ein Land wählt, bleibt ihm dabei selbst überlassen, einzig der nachhaltige Import muss dokumentiert und zertifiziert sein. Palmöl als klimafreundliche Kraftstoffvariante Deutschland überführte diese Bestimmungen mit dem Gesetz zum Vorrang erneuerbarer Energien, der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung und einigen Bestimmungen mehr bereits in die nationale Gesetzgebung. Zur Überprüfung der Einhaltung der Richtlinien und Zertifizierung der Unternehmen wurden inzwischen drei Zertifizierungssysteme durch das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung zugelassen und inzwischen kontrolliert. Das erste deutsche Siegel, das auch von der EU-Kommission bestätigt wurde, ist ISCC (International Sustainability and Carbon Certification), nach dem beispielsweise auch TÜV oder Dekra zertifizie-

„Kein Palmöl ist auch keine Lösung“ sagt Gesche Jürgens, Kampaignerin für Biodiversität bei Greenpeace.

Foto: Simon Heinrich

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ren. Nur Unternehmen, die mit diesem (oder vergleichbaren) Siegeln ausgestattet sind, dürfen ihre Produkte auf dem deutschen – bzw. im Fall von ISCC auch europäischen und weltweiten – Energieund Spritmarkt anbieten. Palmöl ist nur eine der Beimischmöglichkeiten für Bio-Dieselkraftstoffe. Doch ist es eine recht preiswerte und vor allem scheinbar klimafreundliche Lösung. Ohne Palmöl scheint es also nicht zu gehen. Laut des Öko-Instituts setzt Palmöldiesel verglichen mit dem herkömmlichen Kraftstoff nur etwa ein Sechstel, höchstens aber ein Drittel dessen CO2-Emmissionen frei, wobei sich diese Zahlen auf den kompletten Herstellungsweg beziehen. Somit wird durch die Verwendung von Palmöl eine weitere Bedingung der EU erfüllt: Sie schreibt vor, dass nur jene Kraftstoffe als nachhaltig klassifiziert werden dürfen, die weniger Treibhausgasemmissionen verursachen, als die fossilen Energieträger – und das um mindestens 35 Prozent. „ISCC ist sicherlich noch das Beste, was derzeit auf dem Markt ist“, sagt Gesche Jürgens von Greenpeace. Denn neben ökologischen sollen auch soziale Aspekte Berücksichtigung finden. Sichere Arbeitsbedingungen, Schulungen und die ordnungsgemäße Verwendung von Schutzkleidung sind ebenso Kriterien, die als Voraussetzung zur Siegelvergabe nötig sind, wie die ökologischen Komponenten des allgemeinen Schutzes von Wasser, Luft und Boden. Doch einzelne Kritikpunkte gibt es bereits. So kann ISCC keine kompletten Unternehmen zertifizieren, sondern überprüft auf Antrag in der Regel einzelne Anlagen bzw. Elemente des zu zertifizierenden Herstellungsprozesses. Über die anderweitigen Initiativen des betreffenden Konzerns zur Einsparung von Kohlendioxidemissionen und dem Schutz des Regenwaldes ist damit noch nichts gesagt. Derzeit gibt es neben ISCC nur sieben weitere europaweit anerkannte Zertifizierungsstellen. Es wird demnach noch einige Jahre dauern, ehe ISCC auch im Lichte anderer Siegel betrachtet werden kann. Gesche Jürgens sieht daher die Gefahr eines „Race to the bottom“ innerhalb der EU: „Wer die schwächsten Kriterien hat, kriegt am Ende auch die meiste Nachfrage – aber dennoch“, sagt die GreenpeaceMitarbeiterin, „immerhin hat Deutschland überhaupt etwas getan.“ Inzwischen wurden über 750 ISCC-Zertifikate an Unternehmen aus 45 Ländern ausgestellt. Wer einen Blick auf die Zertifikate-Datenbank wirft, die auf der eigenen Homepage zu finden ist, dem wird allerdings schnell klar: Einfach zu durchschauen ist die Praxis nicht. Und noch etwas ist erwähnenswert: Sowohl im Vorstand von ISCC, als auch in jenem des RSPO sitzen Vertreter der weltweit agierenden Palmölhändler. Nicolas Diekmann und Hakan Tanriverdi

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Rette sie. Wer kann? Ohne Skrupel, aber mit Geld werden Land und Leute Sumatras ausgebeutet.

8. August 2011: Pak Zainal ist mit einem Lastwagen voll Palmölfrüchten unterwegs. Als Bewohner eines kleinen Dorfes auf der indonesischen Insel Sumatra lebt er vom Verkauf der Früchte. Plötzlich wird er von bewaffneten Männern aufgehalten. Sie beschlagnahmen den Laster und beschuldigen ihn, die Palmölfrüchte von der nahegelegenen Plantage gestohlen zu haben. Doch das Land, auf dem ein großer Palmölkonzern anbaut, gehört nach indonesischem Recht den Indigenen und damit dem Dorf von Zainal. Er protestiert. Zainal versteht nicht, warum er Früchte, die auf seinem Land wachsen, nicht verkaufen darf. Die Situation eskaliert. Schüsse fallen, Menschen fliehen panisch in den Wald. Zainal und seine Familie werden festgenommen. Später wird behauptet, sie haben Waffen der BRIMOP gestohlen. BRIMOP bedeutet „mobile police brigade“. Für das Unternehmen steht sie für Sicherheit vor Erntediebstählen, für die Bewohner der Siedlung Sungai Beruang für Bedrohung und Zerstörung. Denn am nächsten Tag kommen die bewaffneten Männer mit Bulldozern zurück in das Dorf, das inmitten der Plantage liegt. Sie zerstören Häuser, vertreiben Einwohner und plündern, was sie finden. Die Beschreibung geht aus einer den Organisationen HuMa, Sawit Watch und Forest Peoples Programme nach unabhängigen Untersuchung hervor. Sie wurde von ihnen in Auftrag gegeben, um das Vorgehen der großen Palmölkonzerne an die Öffentlichkeit zu bringen. Immer wieder wird den Unternehmen vorgeworfen, Land, das rechtmäßig den Dörfern gehört, zu stehlen, Regenwälder zu roden und durch chemische Mittel zu vergiften. Damit zerstören sie die Lebensgrundlage der Indigenen, die den Wald zum Hausbau und als Nahrungs- und Medizinquelle nutzen. Auch die Mitglieder anderer NGOs versuchen immer wieder, auf dieses Problem aufmerksam zu machen. So auch Christiane Zander. Als Aktivistin von „Rettet den Regenwald e.V.“ war sie 2009 zum ersten Mal in Indonesien. Obwohl sie sich intensiv mit der dortigen Lage beschäftigt, traf sie der Anblick des „verwundeten Lands“ unvorbereitet. „Ich

Foto: vg Ist vom Ausmaß der Zerstörung des Regenwalds schockiert: Christiane Zander (Rettet den Regenwald e.V.).

war völlig schockiert. Wenn man das nicht gesehen hat, hat man keine Ahnung.“ Neun Millionen Hektar Regenwald (1/4 der Fläche Deutschlands) mussten den Palmölplantagen bereits weichen. 20 Millionen weitere Hektar seien geplant. Lokale Bewegungen in den Siedlungen gegen die Konzerne bekommen internationale Hilfe von NGOs wie „Rettet den Regenwald e.V.“. Doch die Unterstützung in den eigenen Dörfern bleibt oft aus, was in Anbetracht der angeblich katastrophalen Folgen der Palmölproduktion überrascht. „Die Dörfer sind gespalten“, erklärt Christiane Zander. Viele der Dorfbewohner seien von den Konzernen gekauft worden, oder arbeiten für einen erschreckend geringen Tageslohn auf den Plantagen. Mit dem Geld erhoffen sie sich, Schulen oder Kirchen bauen zu können. Doch dafür reiche das Geld häufig nicht. Einmal zugestimmt, „gibt es für sie kein Zurück mehr“, wie Christiane Zander die Situation schildert. Einwohner, die sich gegen die Konzerne zur Wehr setzen, werden in solchen Dörfern häufig ausgegrenzt. Ganze Familien geraten in Feindseligkeiten gegeneinander. Es ist schwer, den Menschen dort zu helfen, noch schwerer, wenn sich viele nicht helfen lassen wollen. Eine langfristige Lösung des Problems ist nicht abzusehen. Trotzdem arbeiten die Organisationen weiter, um zumindest kleine Erfolge zu erzielen, wie zum Beispiel die Freilassung von Zainal. Er sitzt noch immer im Gefängnis – und wartet auf seinen Prozess. Teresa Fries

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Kommentar Das Problem mit dem Problem Umweltschutzorganisationen verwenden oft viel Zeit und Geld darauf, die Menschen über ein Problem aufzuklären. Dadurch, so hoffen sie, entsteht ein Bewusstsein in der Bevölkerung und das Problem wird angegangen. Im Falle der Palmöl-Produktion reicht es aber nicht, nur auf den Fall hinzuweisen. Lösungsansätze müssen her. Der Anbau von Palmöl ist ein Problem. Das steht außer Frage. Durch die Plantagen wird indonesischer Regenwald unwiederbringlich zerstört, viele Tier- und Pflanzenarten, darunter auch die Orang-Utans, stehen kurz vorm Aussterben. Dazu verlieren Ureinwohner, Menschen, die schon seit Generationen im Regenwald leben, ihr Zuhause. Dass das so ist, weiß die Öffentlichkeit vor allem durch die Aufklärungsarbeit von Umweltschutzorganisationen. Sie sensibilisieren die Menschen für dieses Problem und das erfolgreich. Die Leute glauben danach auch, dass es ein Problem ist. Und dann? Das Problem an dem Problem: Eine Lösung ist nicht in Sicht. Das hat drei Gründe. Erstens: Palmöl ist das effizienteste aller pflanzlichen Öle. Um die gleiche Menge Rohstoff aus beispielsweise Raps zu erhalten, müsste ein Vielfaches an Anbaufläche herhalten. Außerdem hat die Substanz Eigenschaften, die sie einzigartig und besser machen, als vergleichbare Rohstoffe. Eine richtige Alternative gibt es also nicht. Zweitens: Der weltweite Bedarf an Palmöl wird nicht fallen. Schon jetzt geht ein Großteil der Nachfrage von China und Indien aus. Und deren Wirtschaft und Wohlstand wächst unaufhörlich. Die Welt wird immer mehr Palmöl brauchen, ergo muss mehr angebaut werden. Drittens: Es ist als Verbraucher, selbst in einem Wohlstandsland wie Deutschland, quasi unmöglich, auf Palmöl zu verzichten. Es steckt einfach überall drin. In Suppe, Margarine, Fertigprodukten, Duschgel, Seife und so weiter. Das wissen aber viele gar nicht, weil sie es nicht wissen können. Eine Kennzeichnungspflicht für Palmöl gibt es bisher nicht. Keine Alternative, steigende Nachfrage, noch nicht mal die Möglichkeit, selbst etwas zu tun. Diese drei Punkte führen dazu, dass der aufgeklärte Mensch frustriert vor dem Palmöl-Paradox steht. Er weiß, dass es ein Problem ist, wenn in Indonesien Regenwälder abgeholzt werden. Er weiß, dass Arten aussterben werden. Aber er sieht nicht die kleinste Möglichkeit, irgendetwas daran zu ändern. Alle Beteiligten, sowohl Regierungen, Firmen als auch Umweltschutzorganisationen, sollten zumindest einmal einen Ansatz herausarbeiten, mit dem man das Problem angehen kann. Einen Ansatz, der über die Idee eines runden Tisches hinausgeht. Solange das nicht geschieht, bleibt selbst der perfekt informierte Konsument ratlos und denkt sich. „Das ist schlimm, aber was kann ich tun?“ Bisher hat darauf niemand eine Antwort. Martin Schneider

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Zehn Tage ohne Palmöl Um Platz für Palmölplantagen zu schaffen, werden jedes Jahr weltweit mehrere Millionen Hektar Regenwald abgeholzt. Ich habe den festen Vorsatz, den Wald als das Zuhause vieler Arten zu schützen und verzichte zehn Tage lang auf Produkte, die Palmöl enthalten. Die Idee zu meinem Selbstversuch entstand nach der Journalistenkonferenz „Bildkorrekturen“, bei der folgende Problematik thematisiert wurde: 1. Palmöl steckt in einem Großteil der Lebensmittel, die im Supermarkt erhältlich sind. 2. Die Nachfrage nach Produkten, die Palmöl enthalten, wächst stetig. 3. Die steigende Nachfrage nach Palmöl führt zur klimagefährdenden Abholzung des Regenwaldes. 4. Es gibt keine wirtschaftlich oder ökologisch sinnvolle Alternative zu Palmöl. Der absolute Verzicht auf Palmöl scheint demnach für den Endverbraucher der plausibelste Weg zu sein, die Rodung des Regenwaldes zu mindern und so die darin lebenden Arten vor dem Aussterben zu bewahren. Der Versuch beginnt zuhause Zu Beginn des Versuches zerlege ich zunächst alle gehorteten Lebensmittel in ihre Bestandteile. Da es für Lebensmittelkonzerne nicht verpflichtend ist, Palmöl als Inhaltsstoff auf den Verpackungen zu kennzeichnen, sortiere ich alles aus, was pflanzliches Öl oder pflanzliches Fett enthält. Ich nehme sämtliche Produkte unter die Lupe und atme erleichtert auf, als ich feststelle, dass nicht einmal das rote Fertig-Pesto pflanzliches Fett enthält. Dafür müssen andere Köstlichkeiten dran glauben: Auf Nutella, Schokolade, Tiefkühlpizza, Margarine und Tütensuppe muss ich in den kommenden Tagen verzichten. „No problemo!“, denke ich und sehe dem Ganzen ziemlich gelassen entgegen. Und tatsächlich gestalten sich die kommenden Tage entspannter als erwartet. Ich koche mir Spaghetti Bolognese, Thai Curry, Pfannkuchen mit Apfelmus und allerlei andere Schmankerl – alles frisch, versteht sich. Erste Probleme tauchen auf, als ich Mitte der Woche zu einem Adventsessen bei einer Freundin eingeladen bin. Enttäuscht stelle ich fest, dass ich die Erbsensuppe, die sie als Vorspeise serviert, nicht essen darf,

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seine Inhaltsstoffe untersucht habe, jucken meine Augen vom Lesen des Kleingedruckten. Ich finde ein Duschgel für acht Euro, das nach meiner Erkenntnis kein Palmöl enthält. Genervt vom Preis ziehe ich weiter in die Shampoo-Abteilung. Neben Cetyl Alcohol finde ich in vielen Shampoos – ebenso wie in den meisten Duschgels – die palmölhaltige Substanz Sodium Laureth Sulfate. Es gibt bei den Shampoos jedoch einige palmölfreie Alternativen für günstige zwei Euro. Anders sieht es bei den Flüssigseifen aus: Nicht eine einzige Flüssigseife in dem Drogeriemarkt enthält keine Sodium Laureth Sulfate. Ich finde eine Blockseife, die meiner Liste nach palmölfrei sein sollte. Allerdings enthält sie Sodium Palmate, was für mich verdächtig nach Palmöl klingt. Verwirrt, und um etwa 13 Euro ärmer, verlasse ich den Drogeriemarkt.

Fotos/Montage: Tim Wessling Palmöl wird selten direkt als Bestandteil angegeben. Es kann sich hinter „pflanzlichen Fetten“ oder schwer verständlichen Begriffen im Kleingedruckten verstecken.

weil diese mit Instant-Gemüsebrühe gewürzt wurde, die pflanzliches Öl enthält. Auch die Knödel, die es als Beilage zum Hauptgang gibt, landen nicht auf meinem Teller, weil der fertige Teig pflanzliches Fett enthält. Als meine Freundin uns zum Dessert Vanilleeis mit heißen Himbeeren auftischen will, bin ich leicht gereizt – Eis aus dem Supermarkt enthält nach meiner Recherche so gut wie immer pflanzliches Fett. Ich stelle fest, dass es tatsächlich nicht so einfach ist, ohne pflanzliches Fett zu leben, vor allem dann nicht, wenn man außer Haus isst und keinerlei Kontrolle über die Zutaten hat. Im Kleingedruckten steckt viel Palmöl Die nächste schockierende Erkenntnis gewinne ich am Tag darauf: Ich untersuche alle meine Kosmetikartikel auf Palmöl. Ich nehme eine Liste von der Internetseite der Borneo-Orang-Utan-Hilfe zur Hand, die mir 27 kosmetische Inhaltsstoffe auflistet, die Palmöl enthalten. Dazu zählen Cetyl Alcohol, Hydrated Palm Glycerides, Sodium Isostearoyl Lactylaye und viele weitere komplizierte Erzeugnisse. Überrascht stelle ich fest, dass nicht nur mein Shampoo und Duschgel Palmöl enthalten, sondern auch meine Bodylotion, Seife und Handcreme. Auf Handcreme und Bodylotion kann ich verzichten, denke ich. Aber auf Seife, Shampoo und Duschgel? Völlig unmöglich. Auf in den Drogeriemarkt Noch frohen Mutes trete ich den Weg zum Drogeriemarkt an, um dort nach Ersatz zu suchen. Nachdem ich das komplette Duschgel-Sortiment auf

Fazit: genereller Verzicht unmöglich Nach zehn Tagen beende ich mein Experiment. Zusammenfassend stelle ich fest, dass sich meine palmölfreien Tage in puncto Lebensmittel als wesentlich leichter gestaltet haben, als zunächst angenommen – allerdings nur dann, wenn ich zu Hause frisch gekocht habe. Sobald ich aus Zeitmangel oder Faulheit auf Fertigprodukte zurückgreifen oder im Restaurant essen wollte, gab es Probleme. Auch der generelle Verzicht auf palmölhaltige Kosmetikprodukte scheint mir fast unmöglich. Kein normaler Mensch – auch wenn sein Beschützerinstinkt für den Regenwald noch so stark ausgeprägt ist – stellt sich stundenlang in den Drogeriemarkt und liest sich alle Inhaltsstoffe durch. Wichtig wären deshalb konkrete und verständliche Angaben zu den Inhaltsstoffen. Sinn oder Unsinn? Bleibt noch die Frage, ob mein Selbstversuch tatsächlich sinnvoll war. Denn das Problem, dass es für Palmöl aus rein ökologischer Perspektive keine Alternativen gibt, ist durch meinen Verzicht nicht gelöst. Auch für Raps- oder Sonnenblumenöl beispielsweise müssten Flächen gerodet werden – für den gleichen Ertrag an Öl sogar noch mehr Hektar als für Palmölplantagen. Hannah Loeffler Für ein Leben ohne Palmöl muss man auf sehr viele Produkte aus dem Supermarkt verzichten.

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Sicherung der Welternährung. Andines Bergland/Kartoffeln

(T)olle Knolle 150 Kartoffelsorten gibt es in Deutschland – 500 Jahre nach der „Entdeckung“ der Pflanze. Tausende Sorten sind es dagegen in Peru, wo die Kartoffel eine Heimat hat. Als Nahrungsmittel wie als Rohstofflieferant für die Pharmaindustrie wird sie in vielfältiger Weise genutzt. Aber gereicht der Artenreichtum den Einheimischen zum Reichtum?

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Richtig große Dinger sind die Kartoffeln in Peru im Vergleich zu den Miniaturen auf einem deutschen Markt. Doch die Feldarbeit der peruanischen Hochlandbauern (großes Foto) ist mühsam. Fotos: Knut Henkel (große Aufnahme), Leslie Searles

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Das unterschätzte Gemüse Schneewittchen sollte mit einer Kartoffel vergiftet werden, nicht mit einem Apfel.

Sie hört auf die Namen Krumbeer und Erdapfel, dient als Taschenwärmer oder kommt als Gegenstand erotischer Kunst zum Einsatz: Die Kartoffel, online auch gerne „K.Toffel“ genannt. Klein, gelb bis braun, oft schrumplig, manchmal keimend, mal mehlig, mal fest. Schnaps kann man aus ihr natürlich auch brennen. Sie gilt als typisch deutsches Gemüse, ihren Ursprung hat die Knolle, die „papa“, aber in Peru. Deutschland ist reich an Kartoffelvielfalt: „150 verschiedene Sorten gibt es hier“, berichtet Barbara Kosler, die Geschäftsführerin des Münchner Kartoffelmuseums. Sie warnt jedoch vor dem Verlust der Biodiversität durch Gentechnik. Kosler runzelt die Stirn: „Es gibt Sorten, die für die industrielle Verwertung bestimmt und gegen Antiobiotika resistent sind.“ Die Sorge von Frau Kosler und auch die einiger NGOs ist, dass diese Resistenzen beispielsweise durch Recycling und anschließende Kompostierung in den Lebensmittelkreislauf gelangen können, auch wenn die Kartoffeln nicht zum Verzehr angebaut werden. Momentan findet dieses Thema in Deutschland kaum Aufmerksamkeit. Damit hier und im Ausland die biologische Vielfalt der Kartoffel gewahrt werden kann, muss die Bevölkerung erst einmal für das Thema „Kartoffel“ sensibilisiert werden. So sieht das zumindest Barbara Kosler „Viele Schulkinder kennen heute keine keimenden Kartoffeln mehr“, sagt sie, während sie durch das Museum läuft. Ihrer Meinung nach wird die Kartoffel unterschätzt. Sie möchte im Kleinen beginnen, Menschen für Biodiversität zu interessieren. Kosler will andere für die Kartoffel begeistern. Hierfür hat sie einige Anekdoten auf Lager. „Die Kartoffel war beispielsweise die erste Pflanze im Weltraum“, erzählt die Frau mit dem kurzen grauen Haar. Laut Kosler hat Wilhelm Tell seinem Sohn Walter in der Ursprungsgeschichte auch keinen Apfel vom Kopf geschossen, sondern einen Erdapfel. Ähnlich verhält es sich der Kartoffelexpertin zufolge bei dem Vergif-

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Foto: Tim Wessling Barbara Kosler, Geschäftsführerin des Kartoffelmuseums in München.

tungsobjekt von Schneewittchen. Denn „grüne Äpfel sind nicht giftig, grüne Erdäpfel aber sehr wohl. Ursprünglich war also in dem Märchen eine Kartoffel gemeint“. Im Kartoffelmuseum im Münchner Osten erfährt man außerdem, dass man sich sein ganzes Leben lang ohne Nährstoffmangel nur von Kartoffeln ernähren könnte. Es hängt auch das Gedicht „Ode an die Kartoffel“ des chilenischen Dichters Pablo Neruda an der Wand. Er beschwört die Kartoffel darin als „reinste unter den weißen Rosen“, die so „unergründlich“ und „mild“ und deren „Fruchtfleisch makellos“ sei. Egal, um welches Thema es geht, Barbara Kosler findet immer einen Bezug zur Kartoffel. In Seminaren doziert sie über blaue Chips, die Unterschiede zwischen katholischen und evangelischen Knödeln und die Kartoffel in der Kunst. Soviel Kreativität wünscht sie sich auch von Journalisten bei der Umsetzung des BiodiversitätsThemas: „Man muss den Zugang zum Leser kriegen. Das funktioniert über spannende Geschichten. Und spannende Geschichten kann man über die Kartoffel sehr viele erzählen“.

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Lisa Kathrin Altmeier


Eine Kartoffelnation ist auf Vielfalt angewiesen Die Berichterstattung über Biodiversität wird in Zukunft stark an Bedeutung gewinnen.

Es begann mit einer winzigen Meldung über Kartoffeln aus Peru. Dann blühte das Thema auf wie eine Pflanze und warf am Ende reichlich Ertrag ab. Zehn Mal verkaufte der Journalist Knut Henkel seine Reportage über die peruanische Kartoffelwirtschaft, darunter an den Spiegel und die Neue Züricher Zeitung. Dabei ging es nicht um Korruption oder Ausbeutung, sondern um die Vielfalt peruanischer Kartoffelsorten. Eine gute Nachricht über den Erhalt von Biodiversität war das – und eine Kombination, die Journalisten zukünftig öfters anwenden sollten, wenn es nach Henkel geht. Die Frage, warum Biodiversität mehr Präsenz auf der medialen Bühne verdient, beantwortet Henkel mit seiner eigenen Geschichte über die peruanische Kartoffel. Vor vier Jahren besuchte er mehrere Indiogemeinden in den peruanischen Anden, die seit rund 8.000 Jahren die Hochlandkartoffel anbauen. Heute kultivieren die Bauern in den Anden rund 3.000 verschiedene Kartoffelsorten, in Lima lagert ein Kartoffelinstitut 4.000 Arten in einer Samenbank. Eine genetische Schatzkiste, die Forscher und Bauern in Peru unbedingt erhalten wollen – was auch im Interesse der Deutschen liegt: „Wir sind als kartoffelkonsumierende Nation darauf angewiesen, dass das Saatgut der Kartoffel ab und zu aufgefrischt wird, damit wir weiter versorgt werden“, so Henkel während seines Vortrags in Feldafing. Das Zusammenspiel zwischen Pflanzen und menschlichen Bedürfnissen lässt sich auch in ande-

Foto: Tim Wessling Der studierte Politikwissenschaftler Knut Henkel ist als freier Journalist regelmäßig in Lateinamerika unterwegs und berichtet über Bergbau, Menschenrechte, Politik, Soziales – und Biodiversität.

ren Bereichen beobachten. Die Pharmazie benötigt Pflanzen für die Entwicklung neuer Medikamente, die Industrie für ihre Produktion – so werden aus Kartoffelstärke zum Beispiel Trinkbecher hergestellt. Je mehr Pflanzenarten es gibt, desto größer ist auch die Chance, neue Medikamente zu erforschen oder neue Produktionsverfahren zu testen. Wenn die Artenvielfalt allerdings sinkt, „verlieren wir große Zukunftschancen“, sagte Henkel. Die Journalisten, findet Henkel, sollten daher zukünftig noch ausführlicher als bisher über Artenvielfalt und deren Verlust berichten: „Die Thematik muss in Zukunft relevant sein. Wir müssen den Bewohnern der Welt klarmachen, dass wir die Ressourcen, die wir haben, schützen müssen. Wenn wir das nicht langfristig nach vorne schieben, werden wir den Planeten zu Tode reiten.“ Wer über Biodiversität berichten will, muss allerdings hohe Hürden überqueren. Die Einarbeitungszeit sei lang, die Redaktionen reißen den Reportern die Themen nicht unbedingt aus der Hand, gibt Henkel zu. Wer die Themen originell verpackt, findet trotzdem Abnehmer. Dazu muss man das Wort „Biodiversität“ übrigens gar nicht erwähnen, wie in Henkels Kartoffel-Reportage. Manchmal tut es eine Kartoffel-Samenbank genauso. Johannes Knuth

Foto: Musuk Nolte

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Der gerechte Preis für ein Kilo Kartoffeln Nur ein angemessener Preis versetzt die Bauern in die Lage, Kartoffeln nach traditionellen Methoden anzubauen, meint Jorge Santa Cruz Diaz.

„Agro enfoque“ ist eine peruanische Fachzeitschrift für Landwirtschaft. Sie thematisiert technologische Neuerungen ebenso wie traditionelle Anbaumethoden. Jorge Santa Cruz Diaz, der Gründer von „Agro enfoque“, interviewt Wissenschaftler und andine Bauern. Vor acht Jahren hat sich Cruz Diaz dafür eingesetzt, dass die „Papas Nativas“, also die vielen einheimischen, ursprünglichen Kartoffelsorten, mehr geschätzt werden und die Bauern dafür einen angemessenen Preis erhalten. Herr Cruz Diaz, was ist das Besondere an der Zeitschrift „Agro enfoque“? Jorge Santa Cruz Diaz: Die Zeitschrift vereint die größten Spezialisten, wenn es um Saatgut, Düngemittel, Bewässerungssysteme, den Anbau und die Ernte von allen möglichen Frucht-, Getreide- und Pflanzensorten geht. Wir wollen weder politisch motivierte Artikel publizieren, noch eine Zeitschrift für Kontroversen sein. Unser Interesse ist es, dem Landwirt Technologien nahe zu bringen und der Welt die Landwirtschaft in Peru ist Handarbeit.

Foto: Tim Wessling Jorge Santa Cruz Diaz kämpft als Direktor eine peruanischen Fachzeitschrift für einen angemessenen Preis für einheimische Kartoffelsorten.

Diversität Perus zu zeigen – vor allem die der Kartoffel. Weltweit gibt es über 5.000 verschiedene Sorten, 4.235 sind im CIP*, dem internationalen Kartoffelzentrum mit Sitz in Lima, registriert. Zusammen haben wir eine Kampagne gestartet, damit den andinen Bauern ein gerechter Preis für die von ihnen produzierten Papas Nativas gezahlt wird. Und das ist nicht politisch? Sagen wir: Ja, es ist politisch. Aber es ist keine konventionelle Politik, sondern eine Politik der Gerechtigkeit, des Notwendigen. Sie bezieht sich auf eine Bevölkerungsgruppe von andinen Bauern, die unter unsicheren Bedingungen lebt. Wie hat sich das Preisniveau der Kartoffeln und die damit verbundenen Lebensbedingungen der Bauern denn verändert? Bis vor acht Jahren wurden die Bauern des andinen Hochlandes noch sehr schlecht bezahlt und lebten in sehr ärmlichen Verhältnissen. Sie bekamen 0,10 Soles pro Kilo Kartoffeln. Ein Euro entspricht etwa 3,5 Soles. Dieser Preis war also gar nichts. „Agro enfoque“ hat damals mit anderen Medien zusammen eine Kampagne begonnen. Das wurde von der Zentralregierung aufgegriffen, die uns zuhörte und sich bereit erklärte, die Bezahlung der andinen Bauern zu verbessern.

* CIP: Centro Internacional de la Papa

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Es gehört natürlich auch dazu, die Notwendigkeit dieser angemessenen Bezahlung den Käufern und vor allem auch den Zwischenhändlern bewusst zu machen. Heute zahlen sie 1,80 Soles für das Kilo andiner Kartoffeln. Das ist ein außergewöhnlicher Erfolg, denn dem Produzenten stehen mehr Mittel zur Verfügung und er kann jetzt mit größtmöglichem Nachdruck seine Kartoffeln kultivieren. Und dieser Preis bleibt stabil? Ja, und es gibt einen Trend, der das unterstützt: Die peruanische Gastronomie boomt momentan, auch weltweit vor allem durch den Koch Gastón Acurio, der nicht nur in Lateinamerika, sondern auch in den USA und Spanien Restaurants besitzt. In Peru gibt es immer mehr Kochschulen, es gibt ein großes Gastronomiefestival, das Mistura. Hier werden alle möglichen Früchte und Gemüsesorten vorgestellt, verarbeitet und vermarktet. Und so wird die peruanische Küche exportiert – die Kartoffel an vorderster Front mit mehr als 2.000 verschiedenen Gerichten. Wenn es einen größeren Konsum gibt, verbessert sich auch der Status der Produzenten – ein absoluter Multiplikatoreffekt also. Es gibt Programme und Fonds, zum Beispiel von der Weltbank, die für die Erforschung besserer Technologien und Methoden eingesetzt werden, um den Ertrag erhöhen zu können und den Produzenten unter den schwierigen Lebensbedingungen des andinen Berglandes Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung zu ermöglichen.

Ich möchte das am Beispiel der Maca erklären. Das ist eine Knollenfrucht wie die Kartoffel. Als ich 1993 nach Deutschland kam, war ich sehr überrascht, als ich feststellen musste, dass die Maca als ein deutsches Produkt registriert war. Ich fragte, wie viel denn für das peruanische Saatgut bezahlt wurde. Nichts. Es gab keine Kontrollmöglichkeit und somit hat sich Deutschland den Samen der Maca patentieren lassen. Peru müsste als Ursprungsproduzent Deutschland dafür bezahlen, wenn es das Patent zurückhaben will. Das ist eine Ungerechtigkeit. Interview: Steffi Fetz

Peruanische Kartoffelsorten in verschiedenen Farben.

Welche Methoden werden beispielsweise angewandt? Es werden unter anderem Methoden der Prä-InkaZeit wie das Terrassen-System wieder aufgegriffen, um in den Hochanden Regenwasser aufzufangen und die landwirtschaftlich nutzbare Fläche in den Höhenlagen zu vergrößern. Es ist wichtig, das Bewusstsein dafür zu wecken, Ressourcen richtig zu nutzen. Das versucht „Agro Enfoque“ in seiner Berichterstattung: Mit Klarheit und Objektivität Informationen weitergeben und die Moral der Leute ansprechen. Der Preis der nährstoffreichen „Papa Nativa“ ist mittlerweile höher ist als der Preis für die „Papas Blancas“ [Anm. d. Red.: weiße Kartoffelsorte], die an der Küste Perus angebaut werden. Besteht darin nicht die Gefahr, dass die andine Kartoffel zu einem Luxusprodukt wird? Nein, absolut nicht. Vor acht Jahren lag der jährliche Durchschnittskonsum in Peru bei 30 Kilo, heute sind es 80 Kilo – und das im Durchschnitt. Wir sind in einer Etappe der Wiederaufwertung unserer autochthonen Produkte. Von den 150 Sorten, die in Peru angebaut werden, werden zwei Drittel exportiert. Wie werden die für Peru besonderen Kartoffelsorten wertgeschätzt?

Fotos: Agro Enfoque

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Den Reichtum nutzen Carlos Herz glaubt, dass sich die peruanischen Bauern nicht alleine auf Basis der Landwirtschaft entwickeln können – und bringt den Öko-Tourismus ins Spiel. 84 verschiedene Lebensräume. 27 Klimazonen. 23.000 Tier- und Pflanzenarten. Carlos Herz, peruanischer Aktivist und Journalist, lenkt den Blick auf die hohe Armutsquote des Landes und fragt: „Wie kann es sein, dass ein so reiches Land gleichzeitig das zweitärmste in Südamerika ist?“ Herr Herz, inwiefern trägt der Schutz der Biodiversität zur Armutsbekämpfung bei? Carlos Herz: Perus Meer ist kalt. Die Touristen kommen nicht zum Baden. Warum dann? Um die Natur und die Kultur zu sehen! Wir haben so gute Voraussetzungen und nutzen sie nicht. Ich glaube sowieso nicht, dass sich die Bauern nur auf Basis der Landwirtschaft entwickeln können. Bei ländlicher Entwicklung dürfen wir nicht nur an sowas denken, sondern zum Beispiel auch an Öko-Tourismus. Ein Bauer am Titicacasee kümmert sich natürlich weiter um sein Land und produziert seinen Käse, aber er verkauft ihn halt an Touristen. Und warum nutzt Peru sein Potential nicht? Es gibt ja viele kleine Projekte, die gut funktionieren, gerade im Öko-Tourismus, wo es KooperatioIm Rahmen des Tourismus-Projekts „Colores de Antioquía“ (Farben von Antioquía) haben Bewohner, Gemeinde, eine NGO und Geschäftsleute die Kirche von Sogai – eine ländlich geprägte Region 1.000 Kilometer südlich von Lima – bemalt.

Foto: Tim Wessling „Zeigen, welchen Reichtum Peru besitzt“, fordert der Aktivist und Journalist Carlos Herz, auch mit Blick auf viele kleine Projekte, die im Öko-Tourismus gut funktionieren.

nen mit lokalen Köchen gibt, mit Bauern in den Anden, mit Indigenen. Aber diese Projekte sind zu punktuell, zu kurzfristig. Wenn eins endet, steckt man das Geld ins nächste. Fordern Sie mehr Geld aus dem Ausland für solche Projekte? Nein! Peru hat ja Geld aus dem Bergbau. Von heute auf morgen stiegen die Preise für Mineralien stark an und auf einmal besaßen Gemeinden viel Geld, die vorher fast gar nichts hatten. Die wussten gar nicht, was sie damit anstellen sollten. Sie hatten keine Beamten, die ausreichend qualifiziert gewesen wären, und weil das Gesetz es nicht erlaubte, konnten sie auch nicht mehr einstellen. Außerdem haben die Politiker keine Vision für das Land. Also geben sie das Geld vollkommen ungeplant aus. Was halten Sie von der Kampagne der Zeitung Agro Enfoque, die sich für höhere Preise für die „Papa Nativa“ eingesetzt hat? Es ist eine Lüge oder jedenfalls realitätsfern, wenn man sagt, alles wird besser, wenn die Preise für Kartoffeln steigen. Die Papa Nativa – die einheimischen Kartoffelsorten – kosten so viel, dass die Armen sie sich nicht leisten können. Von diesen Sorten werden nicht einmal zehn Tonnen pro Hektar produziert, das macht sie teuer. Also ein Luxusprodukt? In der Stadt, ja. Auf dem Land unterscheidet natür-

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lich keiner, da isst man einfach, egal ob Papa Nativa oder Industriekartoffel. Aber in der Stadt findet man sie nur in den Supermärkten der Mittelklasse oder auf Öko-Märkten. Das hat natürlich auch was Gutes, gerade was Lima betrifft. Warum? Lima ist kein Teil von Peru, die Leute aus Lima kennen nichts außerhalb der Stadt. Wenn man ihnen die Vielfalt näher bringt, kriegen sie einen anderen Blick und sagen, schau, was für vielfältige Ressourcen wir haben! Welchen Beitrag zum Erhalt dieser Vielfalt können Gen-Banken wie das Centro Internacional de la Papa (CIP) leisten? Das kann dem Guten dienen – oder eben nicht. Die Leute hantieren mit genetischen Ressourcen herum und du weißt nicht, ob sie ihre Forschungen benutzen, um etwas zu verändern oder um Patente herzustellen. Was müsste man tun? Wir müssen die Aktivitäten des CIP besser kontrollieren: Wie geht man mit den genetischen Informationen um? Und dann ist da die Frage, wer finanziert das CIP? Private Unternehmen mit eigenen Interessen? Das ist eine Sache, in der man nie klar sehen wird. Daher habe ich Zweifel an Gen-Banken. Damit kontrollierst du die Welt. Du kontrollierst die wichtigsten Lebensmittel! Kann es grünes Wachstum geben? Es ist notwendig, ja. (Carlos Herz lacht)

Eine „casita rural“ in Sogai als Ferienwohnung.

Sehr diplomatisch. Das ist ein sehr komplexes Thema, es hängt viel von der Politik ab. Vom Willen. Peru hat die Voraussetzungen dafür, das Klima, die Umwelt, die Kultur. Aber die Umsetzung hängt nicht von einem Land ab, sondern von der Wirtschaft und der Politik. Da ist Lateinamerika im Vorteil. Warum? Ich habe in vier Nationen gearbeitet, in Peru, Bolivien, Ecuador und Kolumbien. Wir haben eine einzige gemeinsame Geschichte, eine gemeinsame Sprache, ein Gebirge als gemeinsamen Ursprung. Es eint uns mehr, als uns trennt. Was fehlt, ist eine Nachricht, eine Message. Die Frage ist: Wer macht diese Nachricht? Ich habe vielleicht noch zwanzig Jahre, keine Ahnung, was ich in der Zeit noch machen kann. Ihr lebt noch länger, ihr habt mehr Zeit, etwas zu tun! Was können die Medien tun? Zeigen, welchen Reichtum Peru besitzt! Damit die Leute einen anderen Blickwinkel bekommen. Und sie sollten mit dem Thema Biodiversität ganz anders umgehen. Da liest man von speziellen Projekten auf speziellen Seiten und eben nur da, das muss sich ändern! Das Argument „Das verkauft sich nicht!“ ist relativ. Man muss auch das anbieten, was gegen den Strom geht. Ich versuche, Unternehmer davon zu überzeugen, dass sie mehr verkaufen, wenn sie die Biodiversität und die Kultur beschützen. Mit Tourismus kann man Geld verdienen, mit Landwirtschaft, mit Forstwirtschaft. Wenn die Unternehmer das verstehen, dann sind sie interessierter und dann berichtet auch die Presse. Interview: Susanne Dickel

Fotos: Carlos Herz GIZ – Bildkorrekturen 2011 „Biologische und kulturelle Vielfalt – Herausforderung für die Medien“

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Gerechte Aufteilung der Vorteile. Trockengebiete/Hoodia

Survival of the (pro)fittest Die namibische Steinwüste hält harte Bedingungen für Mensch, Tier und Pflanze bereit. Dennoch haben sich mannigfaltige Arten des Lebens entwickeln können. Hier leben 36.000 Menschen des San-Volks. Aus dem Wissen dieser indigenen Völker können auch andere Profit ziehen. Aber wie können wir die Vorteile aus der Nutzung gerecht verteilt und Biopiraterie verhindern?

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Fotos: Helge Denker, Absalom Shigwedha (2), Gerrit Schrödel (großes Bild) Hoodia-Farmer (oben), Giraffe (Mitte) und Hoodia-Kultur (unten) müssen sich unter schwierigen Bedingungen durchs Leben schlagen.

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Von der Frühzeit in die Moderne im Schnelldurchlauf Wie ein uraltes Volk aus dem südlichen Afrika in der modernen Welt lebt. Sengende Hitze, staubiger Sand, trockene Gräser: Die meiste Zeit des Jahres ist die Kalahari-Wüste eine lebensfeindliche Einöde. Ausgerechnet hier lebt das vermutlich älteste noch existierende Volk der Welt: Die San. Die einstigen Nomaden mussten in der bis zur Kolonisation buchstäblich grenzenlosen Kalahari sesshaft werden: Die Wüste erstreckt sich von Namibia und Botswana bis nach Angola, Sambia und Südafrika. Während der Kolonialzeit drängten die Europäer – und nach den Unabhängigkeitsbewegungen auch afrikanische Völker – etliche San-Gruppen in Reservate, die zu klein sind, um in der ertragsarmen Wüste als Nomade überleben zu können. Gegenwärtig gibt es etwa 100.000 San – das ist weniger als ein Zehntel der indigenen Bevölkerung vor der Kolonialzeit. Die Hälfte der San lebt in Botswana, 36.000 in Namibia, rund 13.000 in Südafrika und jeweils einige weitere Tausend in Angola, Sambia und Simbabwe. Überall dort sind sie eine verschwindend kleine Minderheit. Innerhalb weniger Jahrzehnte müssen die San nun eine Entwicklung durchleben, die in Europa Jahrhunderte dauerte: den Wechsel von der frühzeitlichen Lebensweise in die Moderne. Der Umgang mit Geld, geregelten Jobs und Eigentumsrechten sind nur ein paar Beispiele für die Herausforderungen, die das Wüstenvolk meistern muss. Eine Sprache aus Klick- und Schnalzlauten Andries Steenkamp ist Präsident des sogenannten „South African San Council“ (SASC), einer Vereinigung südafrikanischer San-Gruppen. In Feldafing erzählt er vom Leben der San. „Ich bin einer der letzten in meinem Dorf, die die alte Sprache noch sprechen“, sagt er. Um die Khoisan-Sprache aus Klickund Schnalzlauten zu wahren, versuchten die Großeltern, sie den Kindern beizubringen. Steenkamp lebt auf seiner Farm und reist viel, um sich für den SASC einzusetzen. Trotzdem sagt er von sich: „Ich bin ein Buschmann. Ich brauche den Himmel über mir.“ Wie viele andere sesshafte südafrikanische San ziehe es ihn regelmäßig für einige Wochen in die Wüste. „Dann muss ich unter den

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Foto: Simon Heinrich Andries Steenkamp gehört zum Volk der San: „Ich bin ein Buschmann. Ich brauche den Himmel über mir!“

Sternen schlafen, jagen, ich selbst sein.“ Auf bittere Weise musste sein Volk moderne Geschäftspraktiken kennenlernen: Dort hätten Forscher sie vor rund zehn Jahren um ihre Entdeckung betrogen – die appetitzügelnde Wirkung der Hoodia-Pflanze: Um niemanden am Gewinn beteiligen zu müssen, hätten sie die San kurzerhand für ausgestorben erklärt, so Steenkamp. Das enttäuschte Volk sieht den Fall trotzdem als Chance: „Die San kennen viele weitere wertvolle Wirkstoffe von Kalahari-Pflanzen.“ Die würden sie nur noch nach den Regeln der Biodiversitäts-Konvention teilen. „Unsere intellektuellen Eigentumsrechte kennen wir jetzt“, sagt Steenkamp. Ihm zufolge laufen momentan Verhandlungen um Rechte für einen pflanzlichen Wirkstoff gegen Depressionen, den die San entdeckt haben. Er ist überzeugt: „Diesmal werden wir am Gewinn beteiligt.“ Das Geld soll dann in einen Fond für Schulbildung und Landkäufe fließen. Es gibt also Hoffnung für das verdrängte Volk. „Die Kalahari ist eine Schatzkammer an vielfältigen Bio-Ressourcen“, sagt der namibische Journalist Absalom Shigwedha. Das Wissen darum könnte ein Schlüssel zu Anerkennung und Fortschritt von und durch eigene Traditionen sein. Daniel Schrödel und Laura Hertreiter

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Entwicklungshelfer der besonderen Art Der namibische Journalist Absalom Shigwedha berichtet in seiner Heimat seit Jahren über Naturschutz. Mit Erfolg. Wer mit Absalom Shigwedha spricht, dem werden zuerst seine eigenen Klischees vor Augen geführt. Der Journalist kommt aus Namibia, einem Land im Süden Afrikas, das viele reflexartig mit Armut, Unterentwicklung und instabilen politischen Verhältnissen verbinden. Im besten Fall noch mit exklusiven Safaris für wohlhabende Westeuropäer. Dass uns die Namibier aber auf einem wichtigen Gebiet weit voraus sind, weiß kaum jemand. „Das Bewusstsein für Umweltthemen und die Bedeutung von nachhaltiger Entwicklung ist in Namibia extrem groß, vor allem in den Schulen wird intensiv darüber gesprochen“, sagt der Vierzigjährige. Auch in den Medien ist das Thema präsent, woran er selbst einen großen Anteil hat. Nachdem er für den „Namibian“, die größte englischsprachige Zeitung des Landes, zunächst über Lokales, Gesellschaft und Politik berichtete hatte, erschien 1997 auf seine Initiative hin zum ersten Mal „Environmental Issues“, eine wöchentlich Sonderseite für Umweltthemen. Medienpreise für Umweltberichte Seitdem ist Absalom Shigwedha mit verschiedenen Medienpreisen für Umweltberichterstattung ausgezeichnet worden. Zusätzlich erhielt er 2010 das Prince Bernhard-Stipendium der NaturschutzorganiMagdalena Schmude im Gespräch mit Absalom Shigwedha.

sation WWF, das ihm ermöglichte, an einem viermonatigen Wildlife-Management-Kurs in Tansania teilzunehmen. „Es ist wichtig, immer weiter zu lernen, damit man fundiert über bestimmte Themen berichten kann“, sagt er. Deshalb hat er im Frühjahr seine Festanstellung beim „Namibian“ aufgegeben. Er arbeitet seitdem als Freiberufler, um gleichzeitig einen Lehrgang über Internationales Umweltrecht absolvieren zu können. Und was er lernt, gibt er weiter. Netzwerk für Umweltjournalisten In Namibia hat er zu diesem Zweck ein Netzwerk von Umweltjournalisten gegründet. Als dessen Vorsitzender organisiert er Workshops und versucht, dem Nachwuchs seine engagierte Arbeitsweise zu vermitteln. „Vor dem Hintergrund des Klimawandels steigt das Interesse an Berichterstattung zu Umweltthemen. Aber nur, wer hinter seinen Themen steht, wird auch überzeugen“, sagt der erfahrene Journalist. Die Menschen sind Teil der Natur Dabei ist es wichtig für ihn, in größeren Maßstäben zu denken, über die Grenzen eines Landes oder Kontinents hinaus: „Ökosysteme sind auf vielfältige Weise miteinander verbunden. Wenn die Bestände bestimmter Zugvogelarten zurückgehen, weil in Afrika deren Lebensräume zerstört werden, beeinflusst das indirekt auch die Regionen, wo diese Vögel den Sommer verbringen und eine spezifische Rolle im entsprechenden Ökosystem übernehmen.“ Deshalb möchte Absalom Shigwedha seine Leser nicht nur informieren, sondern auch ein Stück weit erziehen: „Die Menschen müssen begreifen, dass sie selbst Teil der Natur ist. Wir alle sind auf deren Reichtum angewiesen und genauso direkt betroffen, wenn dieser Reichtum verloren geht.“ Ein Satz, den jeder schon mal irgendwo gehört hat. Aber selten wirkt er so eindrücklich wie bei Absalom Shigwedha. Magdalena Schmude

Foto: Tim Wessling

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Erfolgshunger Erst feierte man Hoodia als ultimatives Abspeckmittel – dann scheiterte das Projekt plötzlich. Eine Deutsche in Namibia glaubt weiter an den Durchbruch.

Ulrike Kaderli sah früher aus wie ein Elefant, sagt sie. Früher, das war, bevor sie fast vierzig Kilo abgenommen hat. Nicht etwa durch Sport oder Radikaldiät: sie hatte einfach weniger Hunger. Und das, sagt die 53-Jährige, verdankt sie der afrikanischen Hoodia-Pflanze. Was wie der Werbetext für ein dubioses Abspeckmittel klingt, hat Kaderli am eigenen Leib bewiesen. Gleichzeitig ist es auch ihr Beweis dafür, dass in ihrer Wahlheimat Namibia seit Jahren etwas verdammt schief läuft: Hoodia wird noch immer nicht weltweit als Appetithemmer vermarktet. Deshalb ist Kaderli nach 24 Jahren wieder in Deutschland. Die alte Heimat ist ihr fremd geworden, sie erkennt kaum etwas wieder. Und sie friert. Aber das stört sie alles nicht, denn sie hat eine Mission: Sie sucht einen Geldgeber! Kaderli wickelt sich fest in ihren knallpinken Mantel; sie raucht und lacht viel. Das Haar trägt sie kurz mit blonden Strähnen. Die Frau fällt auf: eine Mischung aus rheinischer Frohnatur und Mama Afrika. Den Taxifahrer

Hoodia 1996 Wissenschaftler des Südafrikanischen Forschungsbeirates für Wissenschaft und Industrie (CSIR) untersuchen die Hoodia-Pflanze. 1997 Lizenz zur weltweiten Vermarktung des Appetitzüglers P57 wird an Phytopharm verkauft. 2001 Pfizer (größtes Pharmaunternehmen der Welt, berühmtestes Produkt: Viagra®) kauft die Lizenzrechte für 32 Millionen US-Dollar. 2002 San klagen Gewinnanteile an der Vermarktung ein – Pfizer gibt Lizenz zurück an Phytopharm. 2004 Unilever wird neuer Partner von Phytofarm Hoodia wird unter Artenschutz gestellt. 2008 Unilever steigt aus, die klinischen Tests werden abgebrochen, die Lizenz geht zurück an Phytopharm. 2010 Phytofarm gibt die Lizenz zurück an den CSIR. JS

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Foto: Simon Heinrich Ulrike Kaderli ist nach Namibia ausgewandert und Farmerin geworden.

duzt sie sofort, und überhaupt sollen alle sie einfach Molly nennen, wie das auch in Namibia jeder mache. 1984 wanderte sie dorthin aus. Ihre Familie dachte zuerst, das Ganze sei ein Urlaubstrip. Aber Ulrike Kaderli packte ihre Koffer für immer – ohne den Kontinent jemals besucht zu haben. Sie sagt: „Ich wusste schon als Kind: Wenn ich groß bin, geh’ ich nach Afrika.“ Erst arbeitete sie in ihrem erlernten Beruf als Reitlehrerin und Pferdezüchterin, später begann sie, einheimische Pflanzen zu kultivieren. Sie stieß auf Hoodia und war verblüfft: Das Fleisch dieser Pflanze unterdrückt Hunger und Durst, deshalb wird es traditionell von den Einheimischen als Energiespender gegessen. Hoodia wächst in Südafrika, einem kleinen Teil Botswanas und in Namibia. Hoodia sieht wie ein Kaktus aus, ist aber keiner. Man entfernt die Stacheln und kann dann das bittere Fleisch essen. Kaderli dachte sich: Wenn die Afrikaner damit ihren Hunger unterdrücken, weil zu wenig da ist, dann kann Hoodia auch den Hunger unterdrücken, wo zu viel da ist. Sie wurde 2005 die erste kommerzielle Hoodia-Farmerin Namibias. „Einer muss ja der Pionier sein“, sagt sie. „All die Ausprobiererei und die Fehler fanden bei uns statt.“ „Wunderwaffe“ gegen Fett Etwa zur selben Zeit begann auch der Großkonzern Unilever, sich für Hoodia zu interessieren. Abnehmen ohne Schinderei und Selbstdisziplin – das klang nach einem Bombengeschäft in der Wohlstandsgesellschaft. „Das klang zu gut, um wahr zu sein“, sagt Edzard Ernst, emeritierter Professor für Komplementärmedizin und Experte für Alternativmedizin. Er erinnert sich: „Ich hörte das erste Mal vor etwa zehn Jahren von diesem ,Wundermittel‘,

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zunächst sah es nach einer goldenen Zukunft für die Hoodia-Story aus.“ Der Boom begann in Südafrika: „Unilever ist dort regelrecht eingefallen und hat sofort angefangen, riesengroße kommerzielle Farmen unter Kontrakt zu nehmen“, sagt Kaderli. „Plötzlich tauchten auch überall in Namibia Schwarzhändler mit LKWs auf und boten Wahnsinnssummen.“ Zeitungen waren voll von Berichten; Fernsehsender besuchten Kaderlis Farm. Wo früher drei Mitarbeiter geerntet hatten, beschäftigte sie nun bis zu 35. Die Pflanze wurde als „Wunderwaffe“ gegen Fett gefeiert, und man erforschte ihr „Geheimnis“: Hoodia enthält einen Stoff namens P57, der dem Gehirn einen hohen Blutzuckerspiegel vorgaukelt. Plötzlich wollte jeder Geschäfte mit dieser Pflanze machen, das Angebot deckte die Nachfrage nicht. Der Kilopreis von ein paar Euro kletterte auf 200 Euro, im Internet tauchten dubiose Hoodia-Produkte aus China auf: Kapseln, die mit pulverisierten Kaktusfeigen oder gefärbtem Sägemehl gefüllt waren. Susanne Honnef, Artenschutzexpertin der Umweltorganisation WWF, sagt: „Es gab einen unglaublichen Run und eine unglaubliche Zerstörung: die Pflanzen wurden überall herausgerissen, und das empfindliche Ökosystem stark gestört.“ Die Regierung Namibias erließ harte Gesetze und veranlasste Kontrollen. Unilever stellte mehrere Millionen Euro für wissenschaftliche Tests bereit: Man wollte die Zulassung auf dem amerikanischen und europäischen Markt erreichen. Ulrike Kaderli freute sich über diese Entwicklung – nicht nur als Geschäftsfrau. Sie sah hier eine Chance für die regionalen Kleinbauern. Auch heute ist sie noch sicher: „Diese Pflanze kann dafür sorgen, dass der gesamte Süden Namibias aus der Armut herausgeholt wird.“ Auch Susanne Honnef vom WWF sagt: „Hoodia hätte eine immense Winwin-Situation für die Einheimischen und die Natur bringen können.“

„Plötzlich brach der Markt ein“ Umso härter der Schlag 2008: Unilever stieg aus und brach die Forschungen ab. Die Ergebnisse der Studien wurden nie publiziert. „Durch den Ausstieg von Unilever entstand überall der Eindruck: Oh Gott, Hoodia funktioniert nicht“, sagt Kaderli. „Wir konnten diesen Berichten nie entgegenwirken, die Publicity um Unilever herum war viel zu groß.“ Der Preis pro Kilo verfiel; Farmer, die mit Unilever Verträge abgeschlossen hatten, mussten ihre Ernte zerstören. „Der Markt brach sehr stark ein, Millionen von Pflanzen und große Investitionen wurden vernichtet“, bestätigt auch Susanne Honnef. Der Grund ist bis heute unklar. Die wahrscheinlichste Erklärung lautet: Unilever wollte seinen Drink „Slim Fast“ mit Hoodia aufwerten, doch anscheinend funktioniert der Stoff P57 in Flüssigkeiten nicht. „Die Ergebnisse waren nicht das, was man sich erhofft hatte. Das bezieht sich auch auf die Zulassung; ohne gute Daten läuft da nichts“, sagt Alternativmediziner Edzard Ernst. Das alles sei ein „Beispiel für eine Sache, die von der Presse anfänglich viel zu sehr gepuscht wurde. Ganz offenbar haben sich die hohen Erwartungen nicht erfüllt.“ The show must go on Für Ulrike Kaderli ist die „Hoodia-Story“ noch lange nicht zu Ende. „Es fehlt nur ein Geldgeber, der die wissenschaftlichen Tests weiterführt“, sagt sie. Dann könne man Hoodia-Produkte in der EU zulassen und vermarkten. Deshalb ist sie nach Deutschland gekommen, mit ihrer Mission. Sie sei „mit einem großen Medienunternehmen im Gespräch.“ Genaues dürfe sie nicht verraten. In ein paar Tagen hat sie dort einen entscheidenden Termin. Dann fliegt sie zurück nach Afrika. Vielleicht mit so etwas wie einem Happy End im Gepäck. Juliane Schiemenz Hoodia-Farmer bei der Ernte.

Foto: Molly Kaderli

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Beispiele aus dem/für das Leben

Schutzkonzepte Die Arten, ob Tier oder Pflanze, sterben schneller aus, als die Evolution neue bildet. Unsere Welt verarmt, bevor wir sie genau kennen. Wie können wir zum Schutz von Fauna und Flora beitragen?

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Das kennt jeder: Ein schwarzer Vogel auf weißem Grund im grünen Dreieck weist auf ein Schutzgebiet hin. Moderne Schutzgebiete sind sogar im (noch) ewigen Eis zu finden, wie die Samenbank auf einer norwegischen Insel (oben). Auch Botanische Gärten, in denen wir Pflanzen aus Afrika, Asien oder Lateinamerika ganzjährig bewundern und darüber lernen können (unten), bewahren ex-situ die Vielfalt.

Fotos: Mari Tefre/Svalbard Global Seed Vault, BGBM, Atif Tauqueer, Helge Denker (großes Bild)

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Vorbildlicher Schutz von Mensch, Tier und Pflanze Das Biodiversitätsgesetz von Costa Rica wurde vom World Future Council als beispielhaft ausgezeichnet.

Mit großen Augen schaut ein kleines Mädchen namens Janelle zu einem Äffchen, das in einem Baum mit saftgrünen Blättern spielt. Geschickt klettert das Äffchen von einem Ast zum anderen. Sie ist fasziniert. Janelle gehört der Bribri-Gemeinschaft aus Talamanca in Costa Rica an. Die Bribri sind ein indigenes Volk, das im Südosten des Landes lebt. Wie alle Costa Ricaner lieben die Bribri ihr Land – nicht zuletzt, weil dort tausende Tiere und Pflanzen leben. Damit das auch so bleibt, verabschiedete Costa Rica 1998 ein Biodiversitätsgesetz. Dessen beispielhafte Umsetzung wurde von der gemeinnützigen Stiftung World Future Council (www.worldfuturecouncil.org) mit dem Future Policy Award 2010 ausgezeichnet. Ein Grund für die Auszeichung war, dass Vertreter aller Interessengruppen an der Entstehung des Gesetzes beteiligt waren. „Sowohl Parteien als auch Wissenschaftler, Unternehmer, Umweltorganisationen, Bauern und Ureinwohner Costa Ricas konnten ihre Wünsche und Vorstellungen in das Biodiversitätsgesetz einbringen“, erklärt Alexandra Wandel, Leiterin des WFC-Generalsekretariats in Hamburg . Mit dem Gesetz wurde eine nationale Kommission für Biodiversität ins Leben gerufen, die aus Vertretern der verschiedenen Interessengruppen besteht. Die Kommission schlägt den verschiedenen Ministerien neue Gesetze vor, um biologische Vielfalt zu schützen. Es wird versucht, Biodiversität in alle Politikfelder zu integrieren – Experten nennen das „mainstreaming“. Der Ansatz, allen Bevölkerungsgruppen eine Stimme zu geben, spiegelt sich auch in den Naturschutzgebieten wieder. Durch das Biodiversitätsgesetz hat jedes Naturschutzreservat in Costa Rica einen demokratisch gewählten Rat erhalten. Der Rat, in dem Mitglieder der verschiedenen Interessensgruppe aus der Region sitzen, kann bestimmen, was in dem Naturschutzgebiet passiert. Außerdem bezahlt Costa Rica seine Bewohner dafür, dass sie den Wald pflegen und aufforsten oder organische Landwirtschaft sowie Ökotourismus fördern. Finanziert wird das Biodiversitätsgesetz mit einer Steuer auf Benzin und Autokennzeichen sowie durch eine Abgabe von Energie- und Wasserunternehmen.

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Foto: Simon Heinrich Gesetze zum Schutz der Biodiversität müssen auch umgesetzt werden, so Alexandra Wandel (WFC Hamburg).

Diese Steuer soll auch dazu beitragen, die Emissionen zu senken und dem Klimawandel entgegen zu wirken. Auch für „Bioprospecting“ – der kommerziellen Nutzung genetischer Biodiversität – wurden mit dem Biodiversitätsgesetz neue Regeln aufgestellt. Firmen, die genetische Daten von Pflanzen nutzen möchten, brauchen dazu die Erlaubnis der nationalen Kommission für Biodiversität. Wenn indigene oder lokale Völker den Zugang zu ihren Ressourcen verweigern und die Kommission für Biodiversität das für gerechtfertigt hält, kann sie dem Unternehmen sogar verbieten, ein Patent anzumelden. Damit ein Gesetz für den Future Policy Award in Frage kommt, muss es nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität funktionieren. Alexandra Wandel betont: „Es ist wichtig, dass die Gesetze nicht gerade erst verabschiedet wurden, sondern schon drei bis vier Jahre bestehen, damit wir sehen können, ob sie gut umgesetzt wurden.“ Das Biodiversitätsgesetz überzeugte die Jury. Nicht nur, weil es die drei Prinzipien der Biodiversitätskonvention integriert, sondern vor allem, weil es gut umgesetzt ist und alle Bevölkerungsgruppen an der Entstehung des Gesetzes beteiligt waren. Platz 1 im Happy Planet Index Costa Rica rangierte 2009 auf Platz eins des Happy Planet Index, der von der New Economics Foundation und Friends of the Earth publiziert wird. Dieser Index bezieht sowohl die Lebenszufriedenheit, die Lebenserwartung als auch den ökologischen Fußabdruck der Einwohner mit ein. Darüber hinaus gilt Costa Rica heute als Pionier beim Ökotourismus und organischer Landwirtschaft. Außerdem steht mittlerweile ein Viertel von Costa Rica unter Naturschutz – darunter das Reservat der Bribris. Franziska Broich

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Der namibische Weg, um Biodiversität zu erhalten Helge Denker, Mitarbeiter des WWF in Namibia, erklärte beim Kamingespräch das Konzept der kommunalen Schutzgebiete. Foto: Tim Wessling

Am Freitagabend der Tagung versammelten sich alle Teilnehmer im Foyer um ein prasselndes Kaminfeuer. Das war zwar nur per Projektor auf eine Leinwand geworfen, aber der Fokus lag ohnehin auf den Ausführungen des WWF-Mitarbeiters Helge Denker. Denker stellte die namibische Lösung zur Rettung der Biodiversität vor. Das „community-based natural resource management (CBNRM) programme“ wahrt die Biodiversität der Tiere und schafft geschützte Wälder. In so genannten „Communal Conservancies“ verwalten die Namibier selbst ihre Ländereien und haben die Hoheit über die dort lebenden Wildtiere. Es gibt bisher 64 dieser registrierten Gebiete. Die Verantwortlichen haben sich zum nachhaltigen Nutzen ihrer Natur verpflichtet. Bevor es die Communal Conservancies gab, hatte die einheimische Bevölkerung keinerlei Rechte an der Wildnis. In den Jahren vor Namibias Unabhängigkeit (die erst 1990 gewährt wurde) sank die Zahl der frei lebenden Tiere drastisch. Wilderei war ein großes Problem und die frei lebenden Tiere wurden eher als Bedrohung für Mensch und Ernte angesehen. Nun, da die Einheimischen selbst verantwortlich sind für ihre Ressourcen, wirtschaften sie nachhaltig. Ein Großteil der Bevölkerung bezieht sein Einkommen aus dem Tourismus. Doch wo es kein wildes Tier zu bestaunen gibt, zieht es den Touristen auch nicht hin. Die Namibier erhielten schließlich Autonomie über ihre Güter und ihr eigenes Land. Durch die direkte Beteiligung an den Gewinnen steigt der Ansporn der Einheimischen, am Programm teilzunehmen. Dank dieses Verbundes von Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit stieg – laut eigenen Angaben der Verwaltung – der Elefantenbestand von 7.500 auf 16.000 Tiere. Während in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nur noch knapp 25 Löwen in Namibia lebten, sind heutzutage über 100. Die Einheimischen wissen, dass sie durch einen nachhaltigen Umgang mit ihrer Biodiversität ihre eigene Grundversorgung und die ihrer Kinder sichern. Besonders für die ländliche Bevölkerung bedeutet das eine erhebliche Erleichterung und weniger Sor-

Helge Denker arbeitet für den WWF in Namibia.

gen um die Zukunft. Aus diesem Grund wird Wilderei nicht toleriert und streng geahndet. Helge Denker, selbst gebürtiger Namibier, stellte das Projekt mit großer Leidenschaft vor. Er gab aber zu, dass die Jagd auf Wildtiere nicht beendet ist. Doch statt maßloser Wilderei, so Denker, findet jetzt nachhaltiger und kontrollierter Jagdbetrieb statt. Außerdem wird die Ernährung der Einheimischen gesichert. Generell bieten die Struktur und das Konzept der Conservancies vielfältige berufliche Möglichkeiten für Namibier. Entweder innerhalb der Nachhaltigkeitssicherung oder durch den entstehenden Tourismus. So hat Namibia für sich einen Weg gefunden, Nachhaltig mit seinen Ressourcen zu wirtschaften, Biodiversität zu erhalten und trotzdem den ökonomischen Interessen der Einheimischen gerecht zu werden. Lara Wiedeking

Conservation Areas of Namibia 2011

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Grafik: Helge Denker

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Artenvielfalt „on top“ in den Städten Sind begrünte Dächer nur ein spaßiger Trend oder eine Chance für das Überleben von städtischem „Wildlife“?

Während Stahl, Beton und Glas die Städte immer mehr erobern, wird urbane Begrünung gewissermaßen eine „on top“-Angelegenheit: Mit der Hilfe von nimmermüden Naturliebhabern wandern Kräuter, Moose, Blumen und sogar Bäume auf die Dächer. Ich spaziere durch Buschdorf – einen industriell geprägten Teil von Bonn: Gebrauchtwagenhändler, Kaufhäuser, Eisenbahn ... Gras ist ersetzt durch Asphalt, Bäume durch stählerne Pfeiler. Das ist genau der Ort, wo du am wenigsten mit Grün rechnest. Und wo du dich am meisten danach sehnst! Da aber sehe ich eine grüne Insel mitten in der Betonwüste: Genau danach habe ich gesucht. August Forster – ein Geschäftsmann, der hier lebt und arbeitet – hat mich eingeladen, um mir sein grünes Dach zu zeigen. In so einer Umgebung erscheint es als gute Idee, eine Lösung für städtische Pflanzen und Tiere in der Höhe zu suchen. Dächer werden ein neues Biotop für bestimmte Arten, wo diese ungestört leben können. Der 54-jährige August Forster stellt sich als fitter und grauhaariger Gentleman heraus. Er führt mich in ein einstöckiges, braunes Gebäude, ganz in traditionellem skandinavischen Stil: Das leicht geneigte

Dach ist bedeckt mit hohem Gras, das sich geschmeidig im Wind wiegt. Er bedauert, dass unser Gespräch im Herbst stattfindet. „Wenn Sie ein paar Monate früher gekommen wären, hätte es wundervoll ausgesehen!“ Ich widerspreche: Das Dach sieht fantastisch in den herbstlichen Tönen aus. Heute sind deutsche Dächer die „grünsten“ der Welt. Experten sind sich zwar über die Gesamtzahl nicht einig, doch sie gehen davon aus, dass die Fläche um etwa acht Millionen Quadratmeter pro Jahr wächst – soviel wie 1.000 Fußballfelder. Dieser jährliche Zuwachs ist großen Investoren zu verdanken. Die Beteiligung der breiten Bevölkerung an der Grüne-Dächer-Bewegung ist dagegen eher gering. Der 44-jährige Biologe Dr. Gunter Mann, Präsident der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e.V., glaubt, dass die Leute mehr und mehr begrünen. Dennoch bleibt der Anteil privater Dächer klein, bei nur einem Prozent. Aber die kleinen Schritte sind wichtig, um Biodiversität in den Städten zu schützen. Pflanzen und kleine Tiere nutzen Dächer als ihr kleines Biotop – um viel höher zu überleben als sie es normal tun. „Wenn die Erdschicht auf dem Dach dick genug ist, können beispielsweise Regenwürmer hier leben. Für Tiere in der Erde, auch wilde Bienen, Spinnen und andere ist das eine gute Alternative“, sagt Mann. Deutsche Gesetze sehen Bauwerke als Eingriff in die Natur, der einen Ausgleich fordert. Eine mögliche Ausgleichsmaßnahme ist eine Dachbegrünung. „Das ist mehr als ein Trend und es hilft der Natur“, glaubt Mann. August Forsters Dach blüht jedes Jahr seit 1994. Er lebt im Industriegebiet – und das grüne Dach ist das Erste, was der Geschäftsmann beim Aufstehen durch das Fenster sieht. „Manchmal sind da sogar Eichhörnchen, die ihre Nüsse verstecken. Gut, wenn Sie die Natur lieben, braucht es lange, bis Sie sich für ein grünes Dach entscheiden“, glaubt Forster. Katya Kryzhanouskaya

Foto: Katya Kryzhanouskaya

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Biodiversität zwischen Grabsteinen Friedhöfe können Inseln der Natur inmitten der Städte sein.

Fotos: Helen Mendes

Die letzte Ruhestätte der Menschen kann überraschend oft ein Ort voller Leben sein. Friedhöfe sind grüne Areale mitten in einer Stadt und bieten einer großen Zahl von Tieren und Pflanzen ein Rückzugsgebiet – und dienen so dem Schutz der Biodiversität. Nach dem Biodiversitäts-Report 2008 von Bonn beherbergen Friedhöfe halbnatürliche Biotope mit deutlich dichterer Vegetation als sie in den umgebenden Stadtvierteln anzutreffen ist. Sie sind vor allem Lebensraum für Arten, die sonst in Randzonen oder Wäldern leben, und spielen eine Schlüsselrolle in der urbanen Vernetzung von Biotopen für mobilere Arten, wie Vögel und Insekten. Im Melatenfriedhof, dem ältesten Friedhof in Köln, stehen Grabsteine und große Engelsskulpturen Seite an Seite mit großen, alten Bäumen. Der Ort ist friedlich und quirlig zugleich; wenn man durch die von Bäumen gesäumten Wege geht, hört man die Vögel zwitschern und sieht die Eichhörnchen klettern. Mehr als 40 Vogelarten leben und brüten hier, darunter viele Grünfinken, Blaumeisen, Spechte, Stare, Eulen und sogar Papageien. Andere Bewohner sind Fledermäuse, Kaninchen, kleinere Tiere und Insekten, wie Honigbienen und Käfer. Der Chef-Gärtner von Melaten, Peter Lejeune, berichtet, dass auch größere Tiere wie Füchse dort leben. „Der Friedhof ist nachts geschlossen. Das ermöglicht es den Füchsen – nachtaktive Tiere –, diesen ruhigen Platz als Revier zu wählen. In anderen grünen Flächen der Stadt werden sie oft durch Menschen gestört.“ Der Gärtner sagt, dass viele Menschen auf der Suche nach einem ruhigen Platz in den Melatenfriedhof kommen. „Es ist eine Oase mitten in der großen Stadt, es ist wie ein kleiner Dschungel!“ Im Melatenfriedhof, dessen 200. Geburtstag gerade erst gefeiert wurde, gibt es noch einige Geheimnisse zu entdecken. Dieses Jahr wurden erst zwei Fledermaus-Arten entdeckt, neben drei bereits bekannten heimischen Arten. Biologin Sonja Fiegen machte die Entdeckung im Rahmen ihrer Arbeit „Fauna und Flora im Melatenfriedhof“. Der älteste Friedhof in Bonn, der Alte Friedhof, ist wie eine grüne Insel, geschützt von belebten Stra-

Nistkästen in Friedhöfen bieten Vögeln Unterschlupf.

ßen der Umgebung. Es die zweitgrößte Grünfläche der Stadt und Heimat für Pflanzen wie die gewaltigen, 150 Jahre alten Kiefern. Frank Wissing ist Biologe und Mitarbeiter des Naturschutzbund (NABU). Er organisiert ornithologische Exkursion in Bonn. Er erklärt, dass Friedhöfe Biotope sein können, wenn sie gärtnerisch nicht so intensiv – mit Pestizid-Einsatz – bewirtschaftet werden. „Einige Vögel brüten im Friedhof, finden dort Futter, verbringen die Nacht dort oder überwintern sogar. „Viele alte Friedhöfe haben große Bäume, und sind deshalb attraktiv für Vögel, die in Baumhöhlen brüten“, so Wissing. In beiden Friedhöfen hängen Nistkästen an den Bäumen, in denen kleine Vögel und Fledermäuse brüten können. Diese Nistkästen werden durch ein Sponsorensystem finanziert, so dass jeder dazu beitragen kann. Wissing zufolge sind Friedhöfe sehr interessante Stellen, um Vögel zu beobachten. „Sie bieten eine Struktur, die gewöhnlich in einer Stadt nicht zu finden ist. Einige Vögel kommen im Winter hierher. Gewöhnlich fliegen sie alle in den Süden, aber da sind ein paar Stellen am Rhein, wo sie bleiben – und eine davon ist der Friedhof.“ Friedhöfe sind Orte, um die Toten zu betrauern, aber auch, um das Leben zu entdecken. Ein Spaziergang zwischen den Grabsteinen, die Natur beobachtend, kann uns die Vielfalt des Lebens lehren. Helen Mendes Memento mori, memento vitae: Die Heimat der Toten ist ein lebendiges Zeugnis der Vielfalt der Natur.

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Genetische Oase Wissenschaftler arbeiten mit DNA- und Samen-Banken, um die Artenvielfalt zu konservieren.

Foto: Mari Tefre

Wer sich eine Oase als den Ort vorstellt, an dem Tausende von Pflanzen unseres Planeten aufbewahrt werden, denkt sicher an eine idyllische Landschaft mit allen Farben, Geräuschen und Gerüchen von Mutter Erde. Nein, das ist das falsche Bild. Einer der wichtigsten Biodiversitäts-Speicher befindet sich in der Mitte der 3,4 Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt Berlin, am Ende eines langen, weißen Korridors, wo es nach Bleichmittel riecht. Die DNA-Bank im Botanischen Garten und Botanischen Museum (BGBM) in Berlin-Dahlem beherbergt mehr als 100.000 Muster des genetischen Codes (DNA) von Pflanzen. Große Städte würde man nicht für den besten Ort halten, um die Artenvielfalt zu schützen. Doch wenn man Dr. Holger Zetzsche, dem Manager des DNABank-Netzwerks, glaubt, dann hat wildes Leben keine andere Chance. „Seit Landwirtschaft die größte Bedrohung der Biodiversität darstellt, finden bestimmte Arten von Pflanzen und Tieren Zuflucht nur noch in abgelegenen Gebieten oder in Städten.“ Im BGBM, Teil des DNA-Bank-Netzwerks, werden Zellen, Samen oder Blätter jeder Art für die Forschung aufbewahrt und katalogisiert. Das BGBM lagert zusammen mit anderen ähnlichen Einrichtungen in Deutschland und New York mehr als 42.000 DNA-Proben von Pflanzen, Tieren und Bakterien. Deutschland kooperiert, wie auch Institute aus der Holger Zetzsche, Manager des DNA-Bank-Netzwerks.

Foto: Ziggi Song

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120 Meter tief ins ewige Eis führt der Tresor der „Doomsday Seed Bank“, in der 4,5 Million verschiedene Samenproben lagern.

ganzen Welt, mit einer Samenbank in Norwegen, dem „Global Seed Vault“, an der auch das LeibnizInstitut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben beteiligt ist. So ein gewaltiger Aufwand hat einen einfachen Grund: Die Arten auf dem Planet sterben schneller aus als je zuvor. Einige Gelehrte schätzen, dass wir bis 2100 etwa die Hälfte aller Arten auf der Erde verloren haben werden. Und da der Mensch die Ursache dieses Massentods ist, liegt es auch in unserer Verantwortung, der Natur aus dieser Falle zu helfen. Samen-Banken sammeln beispielsweise Proben von Getreidesorten und stellen auf Anforderung eine Portion Samen zur Verfügung, um in bestimmten Regionen wieder ausgesät zu werden. „Jedes Jahr senden wir 20.000 Getreidesorten in die verschiedensten Teile der Welt, sogar Weizen in den Mittleren Osten“, erklärt IPK-Direktor Professor Andreas Graner. Forscher, Regierungen oder Farmer können Pflanzen und Samen von seiner Bank anfordern. Die Doomsday-Samenbank Das IPK ist auch an der weltgrößten Sammlung von Samen beteiligt. Eingebunkert im Permafrost, geschützt gegen Fluten, Erdbeben oder andere Naturkatastrophen, werden in einem Tresor Kulturpflanzen-Samen aufbewahrt. Die in der entlegenen norwegischen Region Svalbard gelegene „Doomsday Seed Bank“ wurde 2008 eröffnet und kann 4,5 Millionen Proben – mit jeweils 500 Samenkörnern – aufbewahren. Die Sammlung stammt von Genbanken rund um die Welt. Denn Saatgut wird durch vielerlei Gefahren bedroht, von Naturkatastrophen bis zu mangelhaftem Management. Das Speichern von Duplikaten der Proben sichert die Vielfalt der Sorten und die Nahrungsmittelversorgung. Alle zwei Jahre schickt das IPK frisch geerntete Samen von regionalen Pflanzen wie Weizen, Gerste und Kohl nach Norwegen, um diese zu verewigen – wie auch deren Produkte: Brot, Bier und Sauerkraut. Francis França and Helen Mendes

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Pflanzenschutz per Mausklick Sind Patenschaften für Pflanzen ein öffentlichkeitswirksamer Trend?

Immer mehr Botanische Gärten bieten heute Patenschaftsprogramme für bedrohte Pflanzenarten aus aller Welt an. Naturliebhaber, aber auch Unternehmen und Prominente sind unter den derzeit 100 Paten des Botanischen Gartens in Berlin. Doch welchen Nutzen haben solche Programme eigentlich? Der Botanische Garten Berlin ist mit 43.000 Hektar Grünfläche eine der weltweit größten Einrichtungen seiner Art. Das 6.000 Quadratmeter große Gewächshaus und der daneben liegende „pflanzengeographische“ Garten beherbergen über 22.000 Arten aus aller Welt. „Selbst wenn wir sechseinhalb Jahre jeden Tag, auch sonntags, durch den Botanischen Garten spazieren, haben wir noch immer nicht alles gesehen“, erklärt die Biologin Gesche Hohlstein anhand eines Lageplans in der historischen Eingangshalle der 300 Jahre alten Institution. Für Pflanzenliebhaber, die wenigstens eine der unzähligen Arten schützen wollen, hat der Botanische Garten Berlin schon im Jahr 2000 ein Patenschaftsprogramm ins Leben gerufen. Auf der Internetseite wird für das Programm geworben, das auf einer freiwilligen Spende zwischen 250 und 1.500 Euro pro Jahr basiert. Als einer der ältesten Botanischen Gärten setzte die Institution damit einen Trend, der sich auch an anderen Orten Deutschlands, unter anderem in der alten Hauptstadt Bonn, aber auch über die Ländergrenzen hinweg verbreitet hat: Vom Züricher Zoo bis zu den Royal Parks in London, vom Botanic Garden im australischen Mildura bis zum Center for Plant ConservaLernort: Botanischer Garten Berlin tion in Missouri – überall gibt es die Möglichkeit, per Mausklick eine Pflanzenpatenschaft zu übernehmen. „Sehr oft ist Umweltschutz nur durch individuellen EinFotos: BGBM satz möglich“,

Tim Besser erhält von Gesche Hohlstein (Bot. Garten Berlin) die Urkunde für eine Pflanzenpatenschaft.

betont Herbert Winkelmann. Der Biologe und Umweltschützer hat sich selbst aktiv für die Erstellung der roten Liste für den Berliner Raum eingesetzt. „Wenn wir die Pflanzen nicht kennen, werden wir auch ihr Verschwinden nicht bemerken“, befürchtet er. Das notwendige Wissen sollte bereits im Kindheitsalter vermittelt werden. „Im Schulbereich rücken aber Chemie und Physik immer mehr in den Vordergrund“, beklagt Winkelmann. Der Botanische Garten leistet seiner Ansicht nach einen wichtigen Beitrag zur Artenkenntnis. Derzeit unterstützen 86 Privatpersonen und 14 Organisationen eine ausgewählte Pflanze. Doch tatsächlich ist die Höhe der Spenden in einigen Fällen nicht einmal ausreichend, um die Kosten für den Anbau der Pflanzenart zu decken. „Ein Gutachten für eine einzige Sumpfzypresse ist teurer als die einzelne Spende pro Jahr“, bedauert Hohlstein, die seit einigen Jahren als Presse- und Bildungsreferentin der Einrichtung tätig ist. „Finanziell ist das unter den Gesichtpunkten des Fundraisings nicht wirklich gewinnbringend.“ Unter den Sponsoren des Botanischen Gartens Berlin sind zwar auch einige prominente Kandidaten. Der Komödiant Wigald Boning ist sowohl Pate als auch Mitbegründer der Initiative und seit 2003 sponsert die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, den Pfauenradfarn. Dennoch mangelt es an wirksamer Öffentlichkeitsarbeit. „Es wird zu wenig Werbung gemacht“, kritisiert Winkelmann. Umso publikumswirksamer präsentiert sich der Jungunternehmer Tim Besser auf der Internetseite seiner Beratungsfirma als stolzer Pate. „Besser International“ hat seit kurzem die Patenschaft der südamerikanischen Maniokpflanze übernommen. „Die Motivation ist ganz klar, die Beziehung unserer Firma zu Lateinamerika und Brasilien zu zeigen.“ Jährlich spendet die Beratungsfirma 450 Euro. Die Pressestelle des Botanischen Gartens arbeitet derzeit an einem neuen Flyer. Für mehr reichen momentan die Mittel leider nicht aus. Eira Martens

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Wie kommt das Thema ins Blatt?

Konferenzen, Tagungen, Bechlüsse. Schön und gut, aber ohne Medien kommt (fast) nichts beim einzelnen Menschen an. Wie also kann das Thema Biodiversität „verkauft“ werden?

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Foto: vg


Foto: Erber/GIZ

„Wie kommt das Thema ins Blatt?“, fragte „natur+kosmos“Redakteur Peter Laufmann (links) bei der Konferenz „Bildkorrekturen“ in Feldafing. Nicht zu vergessen sind die Betroffenen aus unterschiedlichen Traditionen und Kulturen, die heute praktisch rund um die Welt erreichbar sind.

Foto: Wehrmann/GIZ

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Biodiversitäts-Barometer

Das Bewusstsein für Biodiversität in den Medien anregen Versteht der Verbraucher überhaupt, was Biodiversität ist? Foto: Tim Wessling

Der Begriff „Biodiversität“ erscheint mit wachsender Häufigkeit in Medien, politischen Diskursen und der Kommunikation internationaler Organisationen. Aber: Versteht der „einfache“ Konsument, was Biodiversität ist, und welche Rolle sie in unserem täglichen Leben spielt? Die „Union for Ethical BioTrade“ (UEBT) führt jedes Jahr einer Studie in ausgewählten Ländern durch, um herauszufinden, was Verbraucher über Biodiversität wissen und ob sie selbige definieren können. Die Ergebnisse zeigen, dass das Bewusstsein wächst, aber nicht alle Befragten den Begriff richtig erklären können. Während der GIZ-Tagung „Bildkorrekturen“, die das Bewusstsein über Biodiversität und Entwicklung in den deutschen Medien schärfen sollte, präsentierte die UEBT die internationale Studie „Biodiversitäts-Barometer“. Vorher wurden die Teilnehmer der Veranstaltung – vor allem Journalistik-Studenten und -Professoren sowie Fachleute aus der Welt der Biodiversität – ebenfalls befragt. Themen waren das Wissen über Biodiversität, wo die Leute darüber lernen, Ideen für ihren Schutz und die Gründe, warum man ein Bio-Produkt kaufen würde. Etwa 50 Fragebögen kamen zurück und wurden ausgewertet. Das Wissen über Biodiversität 100 % der Konferenzteilnehmer hatten schon von Biodiversität gehört, 70 % konnten sie korrekt definieren. Das ist recht hoch, verglichen mit dem Durchschnitt in den sechs Ländern (Brasilien, USA, Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Südkorea), die 2011 in die Studie integriert waren. Da lag der Anteil derer, die schon davon gehört hatten bei 71 %, und nur 30 % konnten sie richtig beschreiben. Das Biodiversitäts-Barometer fragt auch, wie die Leute von dem Thema erfahren haben. Für die GIZTeilnehmer waren Magazine und Zeitungsartikel die wichtigsten Informationsquellen, gefolgt von Fernseh-Beiträgen. Auch auf internationaler Ebene sind Medien die häufigste Erkenntnis-Quelle. Aber auch TV-Werbung, Webseiten, Freunde, Familie und Kollegen werden da häufig genannt.

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Katie Bird (Union for Ethical BioTrade) stellte das „Biodiversitäts-Barometer“ vor.

Den monetären Wert der Biodiversität beziffern Das Biodiversitäts-Barometer hat auch herausgefunden, welche Arten von Umweltbotschaften am meisten motivieren. Den Teilnehmern in Feldafing erscheint der monetäre Wert der Biodiversität als wichtigste Motivation für deren Schutz, dicht gefolgt von alarmierenden Informationen über das Artensterben. Das entspricht weitgehend den internationalen Ergebnissen, in denen jedoch das Artensterben an erster Stelle steht. Eine sehr wichtige Motivation – international wie in Feldafing – ist die Aufforderung an die Menschen, jetzt zu handeln und mehr zu tun. Zwar scheinen die alarmierenden Daten zu motivieren, aber die Verbraucher wollen sich nicht die Schuld für ihre Handlung aufdrängen lassen. Biodiversität und Einkaufsentscheidungen Ein weiteres Thema: Was bringt einen Verbraucher dazu, Bio-Produkte zu kaufen? Die Konferenzteilnehmer sagten, sie werden dazu angeregt, weil es beispielsweise die Existenzbedingungen afrikanischer Produzenten verbessert. Der zweithäufigste Faktor war die Tatsache, dass es helfen könnte, die Biodiversität in Afrika zu schützen. In der internationalen Studie wurde gefragt, was Verbraucher dazu bewegen könnte, ein kosmetisches Produkt mit natürlichen Inhaltsstoffen zu kaufen. Die Verbesserung der Existenzgrundlage der Produzenten und der Schutz der Biodiversität wurden gleich häufig genannt. Die UEBT benutzt die Ergebnisse des jährlichen Biodiversitäts-Barometers, um die Entwicklung des Wissens weltweit zu verfolgen. Sie arbeitet auf Basis der Biodiversitäts-Konvention, um das Wissen über das Thema vor allem im privaten Sektor zu vertiefen – mit dem Ziel, die Beteiligung dieser Personengruppe am Schutz der Biodiversität anzuschieben. Mehr Informationen und die Ergebnisse der Studien sind im Biodiversitäts-Barometer (auch in deutsch) nachzulesen: www.ethicalbiotrade.org Katie Bird

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Podiumsdiskussion

Die Art als Wert an sich Podiumsdiskussion zum Thema Biodiversität: Wie lässt sich biologische Vielfalt besser journalistisch kommunizieren?

Den Abschluss der Journalistenkonferenz „Bildkorrekturen: Biologische Vielfalt schützen und nutzen – kulturelle Vielfalt erhalten“ bildete die Podiumsdiskussion mit den Teilnehmern Absalom Shigwedha (Namibian Newspaper), Walter Hömberg (Universitätsprofessor, Eichstätt), Christian Magerl (MdL in Bayern) und Sebastian Tilch (HelmholtzZentrum für Umweltforschung – Ufz, Leipzig) unter der Moderation von Jörg Sadrozinski (Deutsche Journalistenschule). Dass das Thema Biodiversität von allgemeinem Interesse ist, darüber waren sich die Diskussionsteilnehmer einig. Wie jedoch angemessen darüber berichtet werden sollte, darüber wurde heiß debattiert. Einfachheit und Verständlichkeit sind die Kerneigenschaften eines Artikels über das komplexe Thema Biodiversität. Absalom Shigweda sind relevante Artikel wichtig, die die Menschen auch verstehen. „Doch gibt es einfache Konzepte dafür?“, stellt Sadrozinski in den Raum. Die ökologische Berichterstattung hat nach Hömberg mit vielen Problemen zu kämpfen. Er nennt als wichtigste Beispiele die Redaktionsorganisation und den Überraschungswert, der eher kurzfristiger Natur ist. Ökologische Themen, allen voran das der Biodiversität, seien aber Gegenstände, die eher langfristig angelegt sind. Neben einer Vernetzung von Redaktionsstrukturen sprechen sich die Teilnehmer auch für eine Spezialisierung von Journalisten aus. Im deutschen Journalismus herrsche eine „Einteilung in Ressorts, die sich im 19. Jahrhundert entwickelt haben“, so Hömberg. Dabei seien biologische Themen über mehrere Ressorts vernetzt. „Für einfache Antworten“, positioniert sich Hömberg schließlich, „bin ich einfach nicht zu haben“. Politiker setzen auf einfache Lösungen Politiker Christian Magerl hat da schon eher einen einfachen Lösungsansatz. Auf die lokale Ebene herunterbrechen will er das Thema Artenvielfalt. „Das Interesse bei den Leuten ist unheimlich groß“, weiß Magerl. Es liege in der Verantwortung der Journalisten, das Thema mit der lokalen Ebene zu verknüpfen. Auch Sebastian Tilch möchte das Thema auf-

brechen und zeigen, was dahinter steckt. Er will entschlüsseln. „Welche Ökosysteme brauchen wir und wofür?“ Dadurch solle ein konkreter Nutzen für die Menschen vor Ort deutlich werden. Über die lokale Anbindung dürften aber keine weiter entfernten Ökosysteme aus dem Blickfeld geraten. Sollten Journalisten deshalb nur über Themen vor der eigenen Haustüre berichten oder auch über weit entfernte Korallenriffe? Gibt es einen Königsweg? Der Schmetterling und die Chaosforschung Wenn über Themen berichtet wird, die weit weg sind von den Lesern, über Korallenriffe und weit entfernte Atolle, dann könnte eine Lesereinschätzung sein, dass es sich dabei um „importierte Probleme“ handelt, meint Hömberg. Für Journalisten besteht die Herausforderung darin, einen direkten Bezug herzustellen. Auch wenn über einen weit entfernten Ort, seine Probleme und Auswirkungen auf die dortige Artenvielfalt, berichtet wird, ist es wichtig, Bezugspunkte zum Leben vor Ort herzustellen. Das berühmte Schmetterlingsbeispiel der Chaosforschung hat, was die Komplexität und Auswirkung auf die Artenvielfalt des Planeten betrifft, wieder seine Daseinsberechtigung. Global denken, lokal handeln ist ein Impetus, der Denkstrukturen und Handlungsmuster vernetzt und verantwortlich macht. Es geht darum, lokales Handeln mit seinen Auswirkungen auf globales Geschehen zu visualisieren, verständlich zu machen. Man denke nur an die Kilometer langen Plastikmüll-Inseln auf den Ozeanen und ihre Auswirkungen auf die Meeresbewohner. In deutschen Medien fehlt fachliches Wissen Auch eine Erfolgsmeldung habe Nachrichtenwert! Der Gegenstand Biodiversität wird nach und nach entdeckt. Trotzdem fehle es vielerorts an einer naturwissenschaftlichen Kompetenz, um spezifische Themenkomplexe der Artenvielfalt sachgerecht zu behandeln, wird in der Diskussionsrunde festgestellt. Insgesamt fehle es an naturwissenschaftlich-technischem Know-How in den deutschen Medien. „Die Art ist ein Wert an sich“, konstatiert Sebastian Tilch. Der ökonomische Wert von Biodiversität sei schon auch wichtig, doch es gehe um den Schutz von Arten um ihrer selbst willen. Absalom Shigwedha geht es aber neben dem Schutz der Artenvielfalt auch um Verteilungsgerechtigkeit. Große Hoffnungen legt er auf den Klimagipfel in Durban [der wenige Tage nach der Podiumsdiskussion begann, Anm. d. Red.]. „Man wird sehen, ob es ein legal bindendes Instrument geben wird, welches Kyoto fortführen wird“, stellt der Journalist in Aussicht. Er habe eine große Erwartung, wie afrikanischen Ländern zukünftig bezüglich technologischer Transfers unter die Arme gegriffen werden wird. „Was sind die Alternative zur Abholzung von Bäumen? Bitte seid fair zu den Leuten“, wünscht sich Shigwedha. Lisa Klotz

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Ökologie passt in keine Schublade „Man muss jeweils den Kontext des Mediums, der Zielgruppe und des Themas berücksichtigen“, sagt Professor Walter Hömberg.

Im Journalismus müssen ökologische Zusammenhänge für Leser, die mit der Materie nicht vertraut sind, aufgearbeitet werden. Wie kann das gelingen? Worin sehen Sie die Hauptanliegen des Wissenschaftsjournalismus? Prof. Dr. Walter Hömberg: Es gibt im Journalismus unterschiedliche Zielgruppen. Die Vermittlungsaufgabe des Journalisten ist es, seine Beiträge möglichst sachadäquat und zielgruppenspezifisch zu gestalten. Das Spektrum ist dabei sehr breit. Wir haben einerseits Fachzeitschriften und andererseits Boulevardzeitungen. Wir haben Fernsehmagazine und unterhaltsame Hörfunkformate. Insofern muss man jeweils den Kontext des Mediums, der Zielgruppe und des Themas berücksichtigen. Welche Kompetenzen muss ein Journalist mitbringen, um dem komplexen Thema der Biodiversität gerecht zu werden?

Podiumsdiskussion: Von links Walter Hömberg, Jörg Sadrozinski, Christian Magerl, Sebastian Tilch und Absalom Shigwedha.

Biodiversität ist ein Bereich der Ökologie, und die Ökologie hat es in den Medien grundsätzlich nicht leicht. Einerseits verhindern die Aufmerksamkeitsfilter der Medien – Stichwort Nachrichtenwerte –, dass viele Themen überhaupt berücksichtigt werden. Andererseits gibt es mediale Routinen, die diese Thematik behindern. Ich nenne nur die Kurzfristigkeit, die in den Medien den Vorrang hat gegenüber der Langfristigkeit ökologischer Prozesse. Die Medien berichten heute meist ereignisorientiert und wenig prozessorientiert. So ergibt sich die paradoxe Situation, dass Themen der Ökologie häufig über den Nachrichtenwert „Negativismus“ in die Medien kommen. Die Folge ist dann die Berichterstattung über Krisen, Katastrophen und Konflikte, während die positiven Aspekte der Ökologie unter den Tisch fallen. Sie beschreiben Strukturen, die in der Medienlandschaft vorherrschend sind. Wie kann der einzelne Journalist mit diesen Arbeitsbedingungen umgehen? Ich möchte zuvor noch kurz auf den Organisationsaspekt zu sprechen kommen. Die Medien haben Strukturen herausgebildet, um gesellschaftliche Themen wahrnehmen zu können. Das sind in den Redaktionen die Ressorts. Ökologische Themen fallen häufig nicht in den Spezialbereich eines Ressorts, sondern sind übergreifend. Ökologische Fragen haben ganz unterschiedliche Dimensionen. Sie haben politische, ökonomische, kulturelle Dimensionen etc., sind also nicht einfach in die Ressortschubladen einzuordnen. Deshalb ist es wichtig, dass die Medien selbst neue Strukturen entwickeln, um solche Themen behandeln zu können. Das kann etwa durch Projektredaktionen, durch Teamwork oder ressortübergreifende Zusammenarbeit gesche-

Foto: Tim Wessling

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hen, indem man die Fachkompetenzen der Redaktion bündelt. Der zweite Aspekt ist der einzelne Journalist. Der kann natürlich immer nur eine begrenzte Kompetenz mitbringen. Er muss versuchen, in dem großen Spektrum zwischen Generaldilettant und Spezialesel seine Rolle zu finden. Es gibt journalistische Arbeitsfelder, wo eher ein breites Spektrum gefragt ist. Etwa beim Lokaljournalisten, der mit ganz vielen Themen konfrontiert wird. Spezialisierte Ressorts dagegen konzentrieren sich nur auf bestimmte Inhalte und Fragestellungen. Denken Sie etwa an die Wirtschaftsberichterstattung. Der Einzelne sollte versuchen, hier einen optimalen Kompetenzmix zu erreichen. Insgesamt kann man beobachten, dass die Kompetenz in Richtung Naturwissenschaft, Medizin, Umwelt und Technik in Redaktionen schwach ausgebildet ist, während Geistes- und Sozialwissenschaftler dort stark vertreten sind. Wenn man also vor der Frage steht, was man studieren soll, dann ist es sicherlich sinnvoll, solche Fächer zu studieren, die bisher im Journalismus relativ wenig vertreten sind. Sie sprachen von Hindernissen, die die Berichterstattung über Biodiversität erschweren. Dennoch gibt es eine große Verantwortung der Medien in ihrer Vermittlerrolle, um dieses Thema ins Bewusstsein zu rufen. Das ist auch eine ethische Herausforderung. Wie sollte man als junger Journalist damit umgehen? Ich stimme Ihnen zu. Allerdings ist das Thema nicht ganz neu. Früher hat man das anders genannt. Man hat zum Beispiel über die biologische Vielfalt gesprochen und diese in der Publizistik auch als Wert herausgestellt. Wir haben manchmal die Angewohnheit, alte Themen unter neuen Begriffen oder neuen Etiketten zu verwenden. So etwas wie Artenschutz, wo der Aspekt der Verantwortung im Begriff schon enthalten ist, hat eine ganz lange Tradition. Auch Institutionen wie botanische oder zoologische Gärten sind nicht zuletzt aus solchen Erwägungen gegründet worden und existieren ja bis heute. Wenn man den neuen Begriff verwendet, dann ist das eine Eindeutschung, weil „biodiversity“ zunächst im Englischen verwendet wurde. Jetzt hat man das quasi rückimportiert. Sicherlich gibt es inzwischen viele weitere Gesichtspunkte, die über den klassischen Schutzgedanken hinausgehen. Vor allen Dingen die globalen Aspekte werden viel stärker berücksichtigt – in Gesellschaften, die nationalstaatlich orientiert waren, spielten sie früher kaum eine Rolle. Insofern sind schon neue Dimensionen feststellbar. Trotzdem ist es manchmal ganz gut, wenn man in die Geschichte zurückblickt und sieht, dass manches schon vor langer Zeit ähnliche Aufmerksamkeit gefunden hat.

Biodiversität vor der Haustüre Artenschutz muss dort stattfinden, wo Lebensräume bedroht sind, so Christian Magerl.

Der Schutz der biologischen Vielfalt in Bayern ist eines ihrer politischen Hauptanliegen. Was sind Ihrer Meinung nach die drängendsten Probleme? Dr. Christian Magerl: Beim Schutz der Biodiversität ist das drängendste Problem, dass wir nach wie vor ungezügelten Landverbrauch haben. Momentan betonieren wir 20 Hektar pro Tag für Straßen und Gewerbegebiete. Wir müssen das deutlich senken, denn dabei verlieren die meisten Arten ihren Lebensraum. Das zweite große Problem ist, die Forschung auf diesem Sektor voranzubringen, damit wir genau wissen, welche Lebensraumansprüche die Arten haben und welche Arten gefährdet sind. Über die Hälfte der Arten in Bayern wissen wir nicht Bescheid. Wie sieht das Konzept Ihrer Partei aus und wo gibt es Differenzen mit der Landesregierung? Bei unserem Hauptanliegen, nämlich den Landverbrauch zu reduzieren, gibt es enorme Konfliktpunkte. Denn letztendlich treibt die Staatsregierung gerade diese Großprojekte voran. 1.000 Hektar Flächenverbrauch sind für die dritte Start- und Landebahn im Erdinger Moos geplant. Jetzt wurde ganz neu die Isental-Autobahn A94 genehmigt oder auch Dr. Christian Magerl, Bündnis 90/Die Grünen, ist Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt und Gesundheit im Bayerischen Landtag.

Interview: Jana Wolf Foto: Tim Wessling GIZ – Bildkorrekturen 2011 „Biologische und kulturelle Vielfalt – Herausforderung für die Medien“

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das Projekt Donau-Ausbau. All das sind Themen, bei denen wir Konflikte haben. Aber das sind auch die Themen, wo der Artenschutz konkret stattfinden muss, weil dort Lebensräume zerstört werden. Wie schätzen Sie die Fachkompetenz der Journalisten beim Thema Biodiversität ein? Die meisten Journalisten, mit denen ich vor allem im Landtag zu tun habe, müssen über alles berichten. Sie müssen über die Sitzung des Landwirtschaftsausschusses zum Landesentwicklungsprogramm genauso berichten, wie über den Bericht des Finanzministers im Haushaltsausschuss zur Schuldensituation in der EU. Das heißt, sie müssen in aller Regel Generalisten sein. Die meisten Journalisten haben aber ein gutes Rüstzeug. Wenn man genug Zeit hat, kann man dieses Thema sauber vermitteln und es kommt ein guter Bericht dabei heraus. In den letzten Jahren habe ich allerdings beobachtet, dass die Verlage ihr Personal ausdünnen und damit die Zahl der Journalisten weniger wird. Das heißt, der Einzelne muss deutlich mehr abdecken, sowohl in Hinblick auf die Themen, als auch auf die Gesprächspartner. Dabei kann es natürlich manchmal dazu kommen, dass die Qualität leidet. Der Appell geht also in Richtung Verlage, nicht mehr weiter auszudünnen. Qualität braucht eine entsprechende Menge an Leuten. Ein Einzelner kann in einer Redaktion nicht alles machen, sondern eine gewisse Arbeitsteilung muss gewährleistet sein. Thema der Tagung war, wie die Komplexität des Themas Biodiversität reduziert werden kann. Wie kann das gelingen und wie beurteilen Sie den journalistischen Umgang mit dieser Komplexität? In der Regel wird im Journalismus gut mit der Komplexität umgegangen. Die Journalisten bemühen sich sehr intensiv darum, sich entsprechend einzuarbeiten. Oder sie suchen sich einen Spezialisten für ein Hintergrundgespräch, um einen Zugang in die Thematik zu finden. Herunterbrechen kann man das Thema Biodiversität vor allem, wenn man es an konkreten, lokalen Beispielen festmacht. Dadurch kann man vermitteln, dass Biodiversität nichts Unkonkretes und Internationales ist, sondern dass sie vor der Haustüre vorhanden ist. Man kann zum Beispiel einen bestimmten Lebensraum mit seinen Tieren und Pflanzen vorstellen. Oder man macht das Thema konkret an einem Lebensraumtyp oder einer Landschaft fest und erklärt, welche Gefährdungen es dort gibt und wie die historische Entwicklung aussieht. Sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang, immer wieder positive Beispiele vorzustellen. Zum Beispiel wenn es an einem Ort gelungen ist, mit einem Artenhilfsprogramm den Bestand von Steinadlern anzuheben. Es sollte nicht nur gesagt werden, dass alles den Bach runter geht. So zeigt man, dass es Möglichkeiten gäbe, die aber ausgebaut werden müssen. Interview: Jana Wolf

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Eine Frage der Gerechtigkeit Sebastian Tilch gibt Nachhilfe für Politik und Medien. Die Verknüpfung von Biologie, Konsum und Armutsaspekten wird ihm zu wenig beachtet.

Das „Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung“ liefert Informationen für Politik und Medien – und manchmal wundert man sich, welch tolle Einstiege Journalisten in ein Thema finden. Aber nicht immer. Herr Tilch, welches Konzept verfolgen Sie in Ihrer Öffentlichkeitsarbeit, um Themen rund um die Biodiversität an die Politik und die Medien zu bringen? Sebastian Tilch: Das Konzept ist, der Presse Aufhänger zu liefern, an denen man Themen festmachen kann. Wir haben im Netzwerk-Forum einen politischen Schwerpunkt. Daher beobachten wir, was gerade in der politischen Landschaft um das Thema Biodiversität passiert. Zum Beispiel können Ereignisse wie die Weltbiodiversitätskonferenzen Sebastian Tilch ist Biologe und Wissenschaftsjournalist. Er beliefert durch das „Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung“ (gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung) Politik und Medien mit Informationen zu diesem Thema.

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Foto: Tim Wessling


– 2010 in Nagoya in Japan, 2012 in Indien – solche Aufhänger sein. Wir liefern dazu Hintergründe aus der Wissenschaft. Diese Aufgabe leisten wir zum einen für die Politik. Im Prinzip stellen wir Informationsblätter zusammen, um die Diskussion im politischen Umfeld auf eine bessere Wissensbasis zu stellen. Zum anderen liefern wir die Hintergründe natürlich auch den Medien. Ökologische Themen müssen so vermittelt werden, dass man ihrer Komplexität gerecht wird und das Thema trotzdem noch interessant und relevant erscheint. Wie gehen Sie mit diesem Spannungsfeld um? Ich glaube, es ist sehr wichtig, sich zu beschränken und sich zu sagen, dass man nicht alles abdecken kann. Und man sollte beim Kleinen anfangen und ein Beispiel herausgreifen. Dafür eignen sich Projekte ganz gut, die sich positiv auf den Schutz der Biodiversität auswirken. Man kann es auch an Menschen festmachen. Ich erinnere mich an einen Artikel, in dem von einer älteren Frau die Rede war, die eine bestimmte Obstsorte schützt. Davon ausgehend kam der Journalist auf das Thema, dass es in unserer Welt nur noch vier Getreidesorten gibt, die im großen Stil angebaut werden. Wenn sich einmal eine Krankheit ausbreitet, gäbe es weltweit einen riesigen Ernteverlust, was ein großes Problem sein würde. Ausgehend von einer personalisierten Geschichte kommt man auf diese Problematik. Das wäre ein Ansatzpunkt, den ich auf jeden Fall unterstützen würde. Wie zufrieden sind Sie mit der journalistischen Berichterstattung über ökologischen Themen? Das ist sehr medienabhängig und kommt auf die Zielgruppe und den Hintergrund des Mediums an. Wenn ich mit dem Naturschutzexperten der ZEIT rede, kommen andere Artikel dabei heraus, als wenn ich das gleiche Thema bei einer Lokalzeitung anbiete. Auch wenn ich das Gleiche vermittelt habe, ist die Quintessenz eine andere. Die Qualitätsunterschiede sind schon sehr groß. Grundsätzlich bin ich aber immer wieder überrascht, welche tollen Einstiege und Geschichten zu finden sind, die ich nicht gefunden hätte. Wir haben eine Überblickstudie über die Berichterstattung zu den letzten zwei Weltbiodiversitätskonferenzen gemacht. Was wurde über Biodiversität geschrieben und wer schreibt darüber? Ein aus unserer Sicht wichtiger Aspekt ist, wie oft in den Berichten die Forschung als Ansprechpartner erwähnt wird. Das war in ungefähr zehn Prozent der Artikel, aber natürlich nicht gleich verteilt, sondern in den intellektuelleren Blättern verstärkt. Zehn Prozent ist dabei nicht sehr viel. Stärker wird zum Beispiel auf NGOs [Nichtregierungsorganisationen, Anm. d. Red.] zurückgegriffen. Es ist im Grunde auch unser Auftrag, die Forschung noch weiter nach vorne zu bringen.

Foto: Guckelsberger/LBV Flussseeschwalben brüten nur noch an wenigen Stellen in Bayern. Nach nur drei Monaten Aufenthalt fliegen sie wieder in den Süden.

Sie haben in der Diskussion einen sehr spannenden Punkt angesprochen. Sie sagten, der Begriff „Biodiversität“ würde oft zu verschlüsselt klingen und es ginge im Grunde darum, ein Bewusstsein für die Natur zu schärfen. Wird dieser Aspekt in den Medien verantwortungsbewusst wahrgenommen? Grundsätzlich wird die Bedeutung des Begriffs „Biodiverstität“ nicht wirklich verstanden und bewusst. Das Grundprinzip der Biodiversität ist eine Strategie der Natur, sich an verschiedene Umweltbedingungen anzupassen. Das ist im Grunde das Resultat der Evolution. Die Natur versichert sich, immer zu bestehen, egal welche Umweltbedingungen herrschen. Als Teil dieser Natur ist der Mensch abhängig von ihr und sollte deshalb dafür sorgen, dass dieser Mechanismus bestehen bleibt. Indem aber beispielsweise Monokulturen angepflanzt werden, setzt der Mensch die natürlichen Schutzmechanismen außer Kraft. Das bedeutet ein Risiko, besonders wenn es irgendwann neun Milliarden Menschen gibt und nicht unendlich viele Ressourcen zur Verfügung stehen. Es geht also nicht nur um die Natur, sondern um das Wohlergehen der Menschheit, um den Umgang mit Ressourcen und letztendlich um Gerechtigkeitsfragen. Denn wir haben hier alles, importieren aber auch alles. Den wahren Preis dafür zahlen nicht wir, sondern die Menschen in den Herstellungsländern. Wie lange können wir das noch mit unserem Gewissen vereinbaren? Die Verknüpfung von Biologie, Konsum und Armutsaspekten kommt mir zu wenig in der Berichterstattung vor. Deshalb bin ich froh über diese Veranstaltung hier. Biodiversität ist tatsächlich sehr schwer zu erklären und das macht es für den Journalisten schwer, der nicht vom Fach ist. Es ist wichtig, sich als Journalist diesen Hintergrund anzueignen. Das NetzwerkForum zur Biodiversitätsforschung ist gut, um sich dort Grundlagen zu holen. Interview: Jana Wolf

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Natur und Medien

Bekannter als bekannt ist Die Hälfte aller Deutschen würde gerne zur Rettung der Biodiversität beitragen – weiß aber nicht, wie.

Der Begriff Biodiversität ist 75 Prozent aller Deutschen bekannt. Trotzdem berichten die großen Medien nur sehr wenig darüber. Das Argument der Journalisten: Das Thema ist komplex, sperrig und viel zu weit weg, als dass es den Leser interessieren könnte. Machen wir ein Experiment. Wir gehen mit Mikrofon und Kamera in die Fußgängerzone ihrer Heimatstadt. Wir wollen Leute befragen, der erste Passant kommt, wir fangen ihn ab, halten ihm das Aufnahmegerät unter die Nase und fragen: „Was bedeutet Biodiversität?“ und „Wird dem Thema in unserer Gesellschaft zu wenig Beachtung geschenkt?“ Was glauben Sie, wird passieren? a) Der Passant erklärt den Begriff korrekt, bejaht die zweite Frage und verweist zusätzlich auf die großen ökologischen Probleme, die sich ohne eine ausreichende Artenvielfalt in einem Ökosystem entwickeln. b) Er ignoriert die erste Frage, bejaht aber die zweite relativ selbstbewusst. c) Er zuckt mit den Schultern und denkt sich „wieder so ein Umweltgedöns“. Was glauben Sie? Wahrscheinlich wird öfter b) und c) kommen? Das wäre nur zu verständlich, denn der Begriff scheint sperrig, kompliziert und wenig geläufig. Tatsächlich aber sagt die Statistik, dass meistens a) eintreffen müsste. Nach einer Studie der Europäischen Kommission geben Dreiviertel aller Deutschen an, das Wort „Biodiversität“ zu kennen und zu wissen, was es bedeutet. Das überraschende Ergebnis unseres Experiments wäre tatsächlich: Die große Mehrheit der Menschen wird mit dem Wort „Biodiversität“ etwas anfangen können. Das ist umso erstaunlicher, als dass die Leute ihn kaum aus den Printmedien kennen dürften. Denn in deren Berichten taucht die Formulierung kaum auf. Gibt man bei „Google News“ den Begriff ein, spuckt die Suchmaschine für das ganze Jahr 2011 knapp 1.000 Treffer aus. Zum Vergleich: Der Suchbegriff „Finanzkrise“ kommt auf 35.000 Einträge. Im Archiv des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ finden sich knapp 30 Artikel, in denen das

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Foto: Simon Heinrich „Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler“, umschreibt Peter Laufmann, Redakteur bei „natur+kosmos“ die Anforderungen an einen druckfähigen Beitrag.

Wort vorkommt. Wohlgemerkt im gesamten Archiv. Immerhin widmete das Heft dem Thema im Mai 2008 eine ganze Titelgeschichte. Bei Bild.de sind es 22 Treffer, allerdings ist keine Meldung davon länger als 15 Zeilen. „Das Thema interessiert keinen“ Die geringen Zahlen resultieren aus schlechten Erfahrungen in der Praxis mit dem Thema Biodiversität. „Sobald wir einen Beitrag darüber senden, rutscht die Quote in den Keller“, sagt Philipp Grammes. Er arbeitet bei Bayern 2, einem Radiosender, bei dem die Hörer sonst auch Opern hören. „Das Thema mag wichtig sein, aber es interessiert in Deutschland keinen“, legt er nach. Peter Laufmann sieht das ein wenig anders. Er ist auch Journalist, allerdings bei der Zeitschrift „natur+kosmos“, die sich auf Unmweltthemen spezialisiert hat. „Ich denke tatsächlich, dass wir als Journalisten das sperrige Wort ,Biodiversität‘ vermeiden sollten. Es gibt einfachere Wörter. Zum Beispiel Artenvielfalt“, erklärt er. Die Statistik gibt ihm Recht. Zum Begriff Artenvielfalt finden sich im Spiegel-Archiv direkt ungleich mehr Treffer. Auch „Google News“ spuckt 1.700 statt 1.000 Ergebnisse aus. „Es ist unsere Aufgabe, das Thema so aufzuarbeiten, dass es spannend wird. Wir müssen Geschichten erzählen, den Leuten zeigen, dass sie auch betroffen sind. Auch das Verschwinden der Vogelarten vor der Haustür ist Biodiversität und darüber unterhalten sich die Leute mit Sicherheit.“ Grammes bestreitet das nicht. „Das würde tatsäch-

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lich klappen. Aber warum sollten sich die Leute für den Urwald in Borneo und Sumatra interessieren? Wir dürfen uns keine Illusionen über unser Publikum machen. Das Thema ist schwierig, komplex und weit weg.“ Ohne Betroffenheit geht nichts Die Quintessenz: Lokale Nähe funktioniert, sobald aber die Betroffenheit weg ist, ist auch das Interesse verschwunden. Bei Biodiversität scheint das so zu sein. Bei einem ähnlichen Phänomen war das jahrelang genau so, inzwischen ist es ein wiederkehrendes Hauptthema der Medien geworden. Die Rede ist vom Klimawandel. Der hat vergleichbare Eigenschaften mit dem Problem der schwindenden Biodiversität. Es ist ein globaler, schleichender Prozess und er betrifft uns in Deutschland gerade jetzt höchstens in Form von Wetterschwankungen. Trotzdem ist er seit dem Jahr 2009 eines der Haupt-Medienthemen. „Beim Klimawandel wurde die kritische Masse überschritten. Das heißt, es hat auf einmal so viele Menschen interessiert, dass es nicht mehr ignoriert werden konnte“, sagt Ziphra Eka Robina. Sie arbeitet bei der Deutschen Welle, glaubt aber auch, dass es schwierig wird, das Thema zu platzieren. „Ganz ehrlich, in Indonesien würde sich auch niemand für ein Artensterben in Deutschland interessieren.“ Außerdem „hat der Klimawandel, so blöd das auch klingt, den Eisbär Knut als Symbolfigur. Das zog“, ergänzt Laufmann. „Vielleicht müssen wir wirklich öfter den kleinen Orang-Utan mit den großen Augen zeigen.“ Ziphra Eka Robina arbeitet für die Deutsche Welle.

Foto: Guckelsberger/LBV Typischer Fall fehlender Betroffenheit: Vor der Roseninsel im Starnberger See überwintern zahlreiche bedrohte Zugvogel-Arten, die sich aber auf den ersten Blick kaum von Wildenten oder Blesshühnern unterscheiden.

Den Frosch ins heiße Wasser werfen Bisweilen ist die kritische Masse noch nicht überschritten. Biodiversität schafft es weder auf die Titelseiten der Zeitungen noch in die Abendnachrichten. „Es ist ein bisschen wie mit dem Frosch im heißen Wasser. Erwärmt man das Wasser langsam, stirbt der Frosch. Wirft man ihn rein, springt er wieder raus“, erklärt Laufmann. „Der Verlust an Biodiversität ist so ein schleichender Prozess. Auch ein Grund, warum er für tagesaktuelle Medien nicht unbedingt geeignet ist.“ Vielleicht hilft den Medienmachern ein Blick in die Statistik. Die sagt, dass 95 Prozent aller Deutschen einen Zusammenhang zwischen Biodiversität und Lebensqualität sehen – und dass 53 Prozent gerne einen höheren Beitrag zur Rettung derselben machen würden, aber teilweise nicht wissen, wie das geht. Das wäre zum Beispiel eine hübsche Idee für einen Artikel. Martin Schneider

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Dos and Don’ts in der Berichterstattung über Biodiversität Eine Kurzanleitung, um Biodiversität lesbar zu machen. Fotos: Tim Wessling

Wie können Journalisten das öffentliche Bewusstsein für den Schutz der biologischen Vielfalt schärfen? Indem sie in ihren Beiträgen möglichst viele Fachbegriffe verwenden? Oder doch lieber auf starke Bilder setzen? Weltuntergangsstimmung verbreiten oder Friede, Freude, Sonnenschein? Unten nun eine kleine Anleitung, was geht und was nicht geht in der Berichterstattung zu Biodiversität – zusammengetragen von Nachwuchsjournali-

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Viele Ideen an der „Dos and Don’ts“-Pinnwand.

sten, etablierten Reportern, Wissenschaftlern und Experten im Rahmen der GIZ-Journalistenkonferenz „Bildkorrekturen 2011: Biologische Vielfalt schützen und nutzen – Kulturelle Vielfalt erhalten“. Miriam Czichon

Dos

Don’ts

Sich gründlich informieren und einarbeiten in das Thema,

ohne sich von vorneherein auf eine Seite zu schlagen.

Bezüge zum Lebensalltag der Leser/Zuschauer/Zuhörer in Deutschland herstellen,

ohne das große Ganze aus dem Auge zu verlieren.

Komplexe Zusammenhänge in einfachen Worten beschreiben,

ohne dabei zu banalisieren und das Publikum zu unterfordern.

Geschichten mithilfe ausdrucksstarker Bilder erzählen und individuelle Schicksale als „Aufhänger“ benutzen,

ohne dabei völlig auf Fachwörter und Zahlen zu verzichten.

Positivbeispiele in den Mittelpunkt rücken,

ohne alles zu verharmlosen.

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Willkommen Fremder! Tiere und Pflanzen mit Migrationshintergrund verbreiten unter strenggläubigen Naturschützern Angst und Schrecken. Dabei ist es normal, dass sich Arten neue Lebensräume erobern, auch wenn sich nicht alle so in unsere heimische Flora und Fauna integrieren, wie wir uns das vorstellen. Ein Besuch bei den Aliens vor unserer Haustür.*

Wibald von Stablo war Feldherr, Kirchenmann, Diplomat und Geheimagent des Kaisers. Ein gelehrter, weit gereister Mann, kundig in Astronomie, Juristerei und den feinen Untiefen höfischer Konversation. Er war ein berühmter Macher des ausgehenden 12. Jahrhunderts – den heute niemand mehr kennen würde, hätte er sich nicht um einen festen Platz in der Biologiegeschichte verdient gemacht.

überhaupt deutsch? Wenn die Sprache rein und die Hautfarbe weiß ist? Oder der Name irgendwie nach Müller, Meier, Schulze klingt? Wenn man zehn, 20, 30 Jahre hier lebt oder schon in dritter, vierter Generation? Was für Menschen gilt, gilt auch für Flora und Fauna. Wann ist die Blume heimisch? Wann der Käfer? Bedingungslose Verfechter einer „reindeutschen“ Natur vergessen, dass sogenannte Fremde fester Bestandteil des Naturhaushaltes sind. Ein lebendiIn seiner Funktion als Abt von Corvey, einem Benediktinerges Ökosystem braucht die Dynamik, den Wechsel, das Wandern Kloster an der Weser, bat Wibald seinen Amtsbruder im französizwischen den Welten. „Es gab immer eine Wanderung von Arten, schen Kloster Saint Pierre de Solignac um einen kleinen Gefallen: zu jeder Zeit“, betont Kurt Jax, Experte für Naturschutzethik am Zwei Paar von dessen Kaninchen hätte er gerne, zwei Männchen Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig (UFZ). „Ein und zwei Weibchen sollten es bitteschön sein. Der Abt von Saint scheinbar unbewohntes, ‘leeres’ Gebiet blieb niemals längere Zeit Pierre schickte sie natürlich gerne ins Westfälische, und so wurde unbesiedelt. Arten dringen immer in neue Lebensräume vor.“ Wibald zum Paten aller in Deutschland lebenden Wildkaninchen. Dennoch wird auch in puncto neue Tierarten ähnlich emotioDamit markiert das Jahr 1149 den Beginn einer beeindruckenden nal wie über Deutsch-Türken diskutiert, wer ein Bleiberecht hat Nager-Karriere. Heute würde der Benediktiner dafür hart ins und wer gefälligst verschwinden sollte. Gebet genommen werden. Faunenverfälschung! Invasive Art! GeSo fordern Jäger uneingefahr! Sofort vernichten! schränkte Unterstützung Doch damals scherte niemanden, ob Natur im jungfräulichen für liebgewonnene JagdZustand erhalten blieb. Wibalds französische Präsente gehöbeute wie den vor langer ren mittlerweile zu den bekanntesten Arten Deutschlands. Zeit eingeschleppten Fasan, Sympathische Allerweltstiere, die niemandem etwas zuleide der ohne ihre Hilfe längst Eintun. Zugegeben, zuweilen machen sie Probleme. Führen sich wanderungsgeschichte wäre. etwas flegelhaft auf, fressen unser Gemüse, untergraben unsere Das Indische Springkraut Zäune und Deiche. Doch irgendwie hat man sich an sie gemit seinen großen pinkfarwöhnt und kaum einer nimmt die einstigen Bewohner der benen Blüten ist hingeIberischen Halbinsel, die über Frankreich an die Weser gen eine Pflanze, die kamen, heute noch als Tiere wahr, die vor mehr als 800 nach Meinung strengJahren nach Norddeutschland eingeschleppt wurden. gläubiger Naturfreunde Kaninchen sind quasi perfekt integriert, mit all ihren vernichtet werden muss. Stärken und Schwächen. Unbedingt. Da Fremde, Zugereiste, Asylanten, Gastarbeiter fordern beiKaninchen, heute in jedem Kindergarten-Garten zuhause, spielsweise Stadt und Migranten sind wieder beliebtes Thema in Talkrunden, politischen Gremien und an den sind bei uns gar keine einheimischen Tiere. Ihre Vorfahren und Landkreis Stammtischen zwischen Freiburg und GreifsRosenheim die kamen aus Spanien. wald, zwischen Osnabrück und Berchtesgaden. Bürger zu einer Neu angestoßen hat die Diskussion der ehemagemeinschaftlilige Berliner Finanzsenator und Bundesbankvorstand Thilo Sarrachen „Bekämpfungsaktion“ auf. Landrat Josef Niederhell: „Helfen zin mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“. Darin kritiSie und Ihre Familie mit, das nur leicht verwurzelte Springkraut siert er Zuwanderung und Zugewanderte. Bei allem Widerspruch auszureißen.“ Ähnliche Aufrufe gibt es auch anderswo in der Refinden seine Ansichten unterm Strich breiteren Zuspruch, als man publik. Einwanderungsstopp als Wochenendevent. Ob das Ganze nach Jahrzehnten des Nebeneinanders verschiedener Kulturen ersinnvoll ist, wird nicht einmal hinterfragt. wartet hätte. Das Prinzip „Multikulti“ sei gescheitert, erklärte Geht es um Fremde, werden Berlin-Neukölln oder ein Bachetwa unsere Bundeskanzlerin auf dem letzten CDU-Parteitag; der ufer im Chiemgau schnell zu Schlachtfeldern hochgeschrieben. bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer erteilte zukünftigen „Killerkraut“ nannte die Bild-Zeitung etwa die Herkulesstaude, Zuwanderern gar eine kategorische Absage. Menschen aus fremeine mehr als mannshohe Blume mit weißen Doldenblüten aus dem Kaukasus. Von „Invasoren“, die unsere heimischen Landstriden Kulturkreisen seien unnötig und könnten sogar gefährlich für che „erobern“, schreibt der Focus, und alle Jahre wieder geht es Deutschland sein, heißt es immer wieder. ans „Ausrotten“ oder „Ausmerzen“ von unerwünschten Arten. ArAllzu leicht wird vergessen: Deutschland profitiert von Mentikel muten wie Frontberichte an, frisch aus dem Stahlgewitter. schen und Ideen, die von außen kommen. Es ist ein Land, das Der Biologe James Brown von der Universität von New Meimmer schon Ziel von Einwanderern war. Und wann ist jemand xico vermutet dahinter „eine Art irrationaler Xenophobie gegenüber neuen Tieren und Pflanzen, die eine innewohnende Angst *Abdruck eines Textes von Peter Laufmann aus dem Magazin und Intoleranz gegenüber ausländischen Völkern, Kulturen und „natur+kosmos“ 2/2011 – mit freundlicher Genehmigung von Religionen widerspiegelt“. Auch Uta Eser von der Hochschule für Autor und Verlag.

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Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, die sich eingehend mit Formulierungen um neue Arten befasst hat, kommt zu dieser Beobachtung. Mit dem Stereotyp, dass Einwanderer den Einheimischen ihren Lebensraum und ihre Ressourcen streitig machten, weise diese Naturschutzdebatte eine bemerkenswerte Parallele zur gesellschaftspolitischen Debatte um Einwanderung auf. „Auch hier spielt die Sorge, die Zuwanderer könnten den Alteingesessenen Wohnraum, Arbeitsplätze und finanzielle Ressourcen streitig machen, eine erhebliche Rolle.“ Dabei hat der Flecken Erde, der sich heute Deutschland nennt, schon immer von Immigranten profitiert, es gibt Beispiele genug: Mit ihrem Fleiß brachten Hugenotten im 18. Jahrhundert Wohlstand in die verstaubten Kleinstaaten, die ihnen Unterschlupf gewährten, der Fußballclub Schalke 04 wäre in den 20er Jahren nie so erfolgreich gewesen ohne seine Riege polnisch-stämmiger Spieler und auch unsere Restaurantlandschaft erblüht erst richtig dank Döner, Pizza und Zaziki, die Türken, Italiener und Griechen aus ihrer Heimat mitgebracht haben. Wanderungen sind eine wichtige Reaktion eines funktionierenden Systems. Auch eines ökologischen. Hierzulande begann mit dem Ende der letzten Eiszeit ein großes Stühlerücken der Fauna und Flora. Deutschland war nach Rückzug der Gletscher vor rund 10.000 Jahren ein vergleichsweise ödes Plätzchen. Natürlich lebten Mammuts und Wollnashörner hier, doch die Kälte hatte schon vor langer Zeit einen Großteil des Lebens vertrieben. Wald, wie wir ihn heute lieben, gab es nicht. Doch mit dem milderen Klima besiedelten Pflanzen und Tiere den freien Platz. Eiche und Buche, Linde und Erle, Ahorn und Esche – alle kamen sie aus dem Süden, haben sich hier breit gemacht und die Reste eiszeitlicher Vegetation verdrängt. Der deutsche Wald ist quasi ein Gastarbeiter. Auch der Mensch fing bereits früh an, die Artenzusammensetzung zu verändern. Schon nach der Eiszeit vermehrte er bewusst oder unbewusst den Haselnussstrauch, indem er die Nüsse im Land ver-

teilte. Sie waren so etwas wie das Brot des Steinzeitlers. Als der dann noch anfing, sesshaft zu werden, Roggen, Weizen oder Gerste anzubauen und sogar Handel zu treiben, veränderte er die Natur in Mitteleuropa immer intensiver. Die sich stets wandelnde Kulturlandschaft ist eine uralte Leistung des Menschen, eine unbeeinflusste Natur reines Wunschdenken von Romantikern. Schon der Steinzeit-Bauer war ein eifriger Wegbereiter für verschiedene „Unkräuter“ aus dem vorderen Orient. Sie kamen mit Getreidearten hierher, unbemerkt reisten die Samen in Vorratsbeuteln mit. Die Dach-Trespe, ein Süßgras, ist so ein Trittbrettfahrer, genauso wie der Kleine Storchschnabel mit seinen kleinen, lila-violetten Blütenkelchen. Tiere profitierten natürlich genauso vom neuen Lebenswandel des ehemaligen Nomaden. So ist auch die Hausmaus eine Art mit Migrationshintergrund; sie gedieh hier dank der neuen menschlichen Vorliebe für Getreide: Vor 6.000 Jahren hat sie ihr Näschen erstmals in deutsche Speisekammern gesteckt. Wer ahnt heute noch, dass sie eigentlich eine Südostasiatin ist? Und was für die Maus gilt, gilt genauso für Feldsperling, Lerche und Rebhuhn – es gäbe sie hier nicht, wenn wir ihnen nicht eine neue Heimat gegeben hätten. Mit den Jahrhunderten kamen immer weitere Arten an. Manche unabsichtlich, manche in bester Absicht. Die Römer brachten Damhirsch, Fasan, Walnuss und Esskastanie mit, um nur einige zu nennen. Tiere und Pflanzen, die uns heute kein bisschen fremd erscheinen. Die Wikinger hatten bei ihren Fahrten von Nordamerika Sandklaffmuscheln als Wegzehrung dabei – so kam die Art in die Nordsee. Kolumbus ist übrigens die Schiffsbohrmuschel zu verdanken. Und schließlich das Kaninchen, an dem Wibald von Corvey Gefallen gefunden hatte. Es ist also kein neues Phänomen, dass Arten vom Menschen neue Lebensräume erschlossen bekommen. Biologen freilich sehen die Artverschleppung strenger. Sie machen einen historischen Schnitt: Alle Arten, die nach 1492 eine neue Heimat bekommen haben, gelten als Neozoen, wenn es sich um Tiere, und Neophyten, wenn es sich um Pflanzen handelt. Alle vor 1492 eingewanderten Tier- und Pflanzenarten werden Archäozoen beziehungsweise Archäophyten genannt. 1492 ist deswegen gewählt, weil Kolumbus in diesem Jahr in die „Neue Welt“ gesegelt ist und es gemeinhin als Beginn der Neuzeit gesehen wird, mit der die internationalen Handelsbeziehungen deutlich zunahmen. Im Grunde ist das Jahr 1492 allerdings vollkommen willkürlich gewählt. Genauso gut hätte man die Entdekkungsfahrten James Cooks in die Südsee am Ende des 18. Jahrhunderts oder den ersten Linienflug der Welt im Jahr 1919 nehmen können – alles Ereignisse, die den weltweiten Austausch beförderten. Fest steht, in der Neuzeit hat es der Mensch geschafft, durch sein Tun in großem Stil Barrieren abzubauen, die für Tiere früher beinahe unüberwindlich waren. Er hat Meere verbunden, Gebirge durchbrochen und treibt längst Handel per Luftfracht. So wie ein Deutscher innerhalb weniger Stunden nach China oder Chile kommt, kann auch eine asiatische oder amerikanische Art nach Mitteleuropa gelangen.

Aufs Korn genommen, oder besser aufs Geweih, hatte „natur+kosmos“ (Titelblatt der Ausgabe 2/2011) die von Thilo Sarrazin (dessen Vorfahren aus Südfrankreich stammen) angestoßene Zuwanderungs-Debatte. Denn in Fauna und Flora ist die Migration seit jeher Bestandteil der Natur. So kommt unter den als „deutsch“ geltenden Tierarten der Damhirsch aus dem Irak, der Fasan aus Asien, der Waschbär (auf Sarrazins Schulter) aus Amerika, die Rosskastanie aus Konstantinopel (Ende 16. Jhdt.) und die klassische Hausmaus aus Südostasien ... Fotos (5): fotolia

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Heute schätzt das Bundesamt für Naturschutz, dass in Deutschland mindestens 1.100 „gebietsfremde“ Tierarten bisher wild lebend nachgewiesen werden konnten, also solche, die nach 1492 hierher gekommen sind. Im Vergleich zu den 48.000 Arten, die es insgesamt bei uns gibt, erscheint das wenig. Von den 1.100 sind nur rund 260 Arten etabliert, das heißt, sie leben hier seit mindestens 25 Jahren und konnten sich fortpflanzen. Die Chileflamingos im Zwillbrocker Venn und die Rotwangenschildkröten im RheinRuhr-Emscher-Gebiet müssen sich also noch eine Weile behaupten. Erfolgreiche Beispiele sind Waschbär, Mufflon und Marderhund. Sie sind fast schon deutsch. Bei den Pflanzen ist das Bild ähnlich: Gut zehn Prozent sind mittlerweile etablierte Neophyten. Exakte Zahlen sind schwierig: „Echte Neobiota muss man überhaupt erst einmal erkennen können“, sagt Stefan Nehring, Experte für neue Arten am Bundesamt für Naturschutz (BfN), „nur die spektakulären, großen Tiere wie eben der Nandu in Schleswig-Holstein oder der Marderhund fallen überhaupt auf. Bei Insekten oder Weichtieren kann die Entdeckung Jahre oder gar Jahrzehnte dauern. Erst recht unter Wasser.“ Unauffällig bleiben die meisten auch, nachdem sie Deutschland erreicht haben und entdeckt wurden. Sie finden ihre ökologische Nische, leben vor sich hin und bereichern die Vielfalt. Manche, wie die eingewanderte Mandarinente, haben sogar ihre eigene Art vor dem Aussterben bewahrt. Denn in ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet Ostasien ist sie selten geworden. Hin und wieder tun sie sogar etwas für die Alteingesessenen: Der Bodensee ist bei Zugvögeln noch beliebter geworden, seitdem es dort massenweise Zebramuscheln zu fressen gibt, die ursprünglich aus den Zuflüssen des Schwarzen Meeres kommen. Doch das Beispiel Zebramuschel hat auch eine Kehrseite. Sie kann mit ihren Kolonien Rohre verstopfen und mit ihren scharfen Schalen Netze zerschneiden. So können uns neue Arten ökonomisch in die Quere kommen. Die Beifußambrosie, die aus Amerika stammt, ist deswegen ziemlich in der Kritik. 32 Millionen Euro für Behandlungskosten beschert die recht unspektakuläre Pflanze mit ihren kleinen, grün-weißen Blüten alljährlich dem deutschen Gesundheitssystem. Ihre Samen, die im Vogelfutter zu uns gelangt sind, können nicht nur 40 Jahre im Boden überleben, ihre Pollen sind obendrein der Albtraum für Allergiker. Da kann sie noch so schön blühen, der Schaden, den sie anrichtet, ist nicht zu leugnen. Der Bisam wiederum, ein Nager, den man wegen seines Pelzes aussetzte, schädigt durch das, was Bisams immer tun, nämlich in Uferböschungen wühlen; Kosten: 2,1 Millionen Euro. In der gesamten EU schätzt man die Kosten durch verwilderte Neobiota auf 12 Milliarden Euro – wie hoch der Gewinn durch neue Arten in Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft ist, steht auf einem anderen Blatt. Was wären wir ohne Kartoffeln, Tomaten, Äpfel, Douglasien oder Tulpen? Neben ökonomischen stehen ökologische Schäden, die von neuen Arten ausgehen können. Oder vielmehr Befürchtungen, denn niemand kann mit Sicherheit sagen, wie sich ein zugezogener Käfer oder eine Blume in Zukunft benehmen wird. Eine neue Spezies kann Lebensraum besiedeln, der anderen fehlt. Sie kann Einheimische fressen oder ihnen die Beute streitig machen. Und sie kann die genetische Ausstattung ihrer Verwandten verändern. Das kann alles, muss aber nicht passieren. „Im Schnitt macht überhaupt nur eine von zehn Arten Probleme“, so Stefan Nehring vom BfN. Solche Rabauken im Naturkreislauf nennt der Fachmann invasive Arten. Aber: Es ist eben nicht die Masse. Zudem machen selbst einheimische Arten wie die zahlreichen sogenann-

ten Unkräuter Probleme, zumindest in der Landwirtschaft. Und selbst Tiere, die hier bereits verschwunden waren und wieder auftauchen, sind keine Engel in unserer Vorstellung einer harmonischen Natur: Biber erlauben sich, Bäche zu stauen und Ufer zu stören. Spätheimkehrer Bruno, der Braunbär, hat sogar ein ganzes Land in Aufruhr versetzt. Bei allen Ängsten und Sorgen um das Wohl der heimischen Tier- und Pflanzenwelt gibt es bislang in Deutschland keinen Hinweis darauf, dass alteingesessene durch neue Arten ausgerottet wurden. „Vorerst kann man einwandernde Arten als neutral bezeichnen. Menschliche Nahrungsquellen und der Wunsch nach dem Schutz bestimmter bedrohter Arten lassen sie zu einem Problem werden“, so Ragnar Kinzelbach, Zoologe der Universität Rostock. Nichtsdestotrotz hat sich Deutschland in der Biodiversitätskonvention verpflichtet, die Neobiota im Auge zu behalten und gegebenenfalls zu bekämpfen. Auch das neue Naturschutzgesetz steht für einen intensiveren Schutz vor Einwanderern. Dabei wird allerdings betont, dass nur das bekämpft werden soll, von dem ernsthaft Schaden ausgeht. „Es ist immer eine Frage unserer Wertung“, findet Kurt Jax vom UFZ, „und die ist abhängig von unserer Motivation.“ Charismatische Tiere haben es leichter, und wenn sie uns noch einen Nutzen versprechen sowieso. Schizophren mutet es da beinahe an, wenn zugezogene Pflanzen wie das Indische Springkraut mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden sollen und gleichzeitig Gartencenter und Blumenläden Extravaganzen aus Übersee feilbieten. „Wir sollten uns davon lösen, dass in der freien Natur exotisch gleich schlecht und heimisch gleich gut ist.“ Zumal auch hier der Grundsatz gilt: Wenn es Geld bringt, findet sich ein Weg. So werden Fasane gehegt und gepflegt und niemand scheint sich mehr zu erinnern, dass dafür bis vor wenigen Jahren Millionen von Greif- und Rabenvögeln getötet wurden. Jax plädiert für einen entspannteren Umgang mit den Neuen. Selbst in Städten, in denen es traditionell besonders viele neue Arten gibt, sind diese immer noch weitaus seltener als einheimische Tiere und Pflanzen. Einige Wissenschaftler und Naturphilosophen gehen sogar noch weiter. Sie sehen den Menschen als einen integralen Bestandteil der Natur. Der Soziologe Hans Immler hat das so zusammengefasst: „In diesem Sinne gehören nicht nur Wälder und Wiesen zur Natur, sondern auch Bergwerke, Industrie, Stadtlandschaft, Straßen und Autos.“ Der Mensch ist einer von vielen natürlichen Faktoren. Demnach sind auch von ihm verbreitete Arten Teil der Dynamik, mit der der Planet zurechtkommen muss. Noch einmal Kurt Jax: „Man sollte auch nicht vergessen, dass selbst Aussterben für das Ökosystem kein Tabu ist.“ Natürlichkeit muss nicht der Urzustand sein, es reicht, wenn Arten von selbst Nischen finden und sich ein Gleichgewicht einpendelt. Das sollte allerdings kein Freibrief für ungezügeltes Aussetzen weltweit sein. Die Ökosysteme hierzulande haben sich in Jahrtausenden immer wieder mit Neuankömmlingen auseinandersetzen müssen. Es hat Gerangel gegeben und am Ende war die Vielfalt des Lebens größer geworden. In anderen Teilen der Welt gehen neue Arten oftmals an die Substanz der Lebensgemeinschaften, die sich dort lange Zeit ungestört entwickelt haben. Sie sind zu schwach, um reagieren oder ausweichen zu können. Da werden so offenbar harmlose Tiere wie Kaninchen oder Katzen zu Totengräbern von Ökosystemen. Australien leidet unter eingeschleppten Tieren und Pflanzen. Zumindest sehen wir das so, weil wir die Welt der Koalas und Kängurus höher bewerten als einen Kontinent voller Kaninchen. Wer sterben muss, hängt von unserer Willkür ab. Eine neue Sicht auf Neobiota ist also notwendig. „In Zukunft werden wir uns noch stärker mit neuen Arten auseinandersetzen müssen“, sagt Kurt Jax. Schon heute beginnt der Klimawandel unsere liebgewonnene Tier- und Pflanzenwelt aufzumischen. Südländern wie dem Bienenfresser, einem bunten Vogel, oder dem Taubenschwänzchen, einem Schmetterling, gefällt es plötzlich hier. Ihre Zuwanderung ist eine echte Bereicherung. Peter Laufmann

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Foto: Tim Wessling Die Teilnehmer der Journalistenkonferenz „Bildkorrekturen 2011“.

Bildkorrekturen – Stimmen zur Tagung Wir brauchen nicht über Elefanten in Namibia reden, Biodiversität gibt es auch in unserer Umgebung

Miriam Czichon, Universität Bamberg Was mir an der Tagung besonders gut gefallen hat ist, dass man eine Expertensicht auf das Thema „Biodiversität“ bekommen hat – ich kannte mich zuvor noch nicht so gut mit dem Thema aus. Gerade durch die vielen Vorträge hat man Anregungen gekriegt, wie man das Thema vor allem auch im Bereich der Medien aufnehmen könnte, damit die große Öffentlichkeit aufmerksam wird. Anne Kratzer, Nachwuchsjournalisten Bayern (NJB) Was mich ein wenig überrascht hat, waren die vielen jungen teilnehmenden Gruppen – dadurch entstand ein wenig die Atmosphäre einer Klassenfahrt, wo doch jeder zusammengehört.

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Jorge Jurado, Botschafter Ecuadors in Berlin Ich denke, dass die Tagung einen äußerst wichtigen Beitrag dazu leistet, fundiertes Wissen zum Thema „Biodiversität“ zu erlangen. Gerade für angehende Journalisten ist die intensive Auseinandersetzung mit einem Thema äußerst wichtig, um dieses korrekt und verständlich an die breite Öffentlichkeit transportieren zu können. Auch ich persönlich habe an diesem Wochenende vieles gelernt – vor allem in Bezug auf mein eigenes Projekt (der Yasuní-Park, Anm. d. Red.). Die Fragen diesbezüglich waren scharfsinnig und haben mich zum Nachdenken – im Hinblick auf mögliche Verbesserungen – angeregt. Helge Denker, WWF in Namibia Ich finde diese Bildkorrekturen-Tagung super und vor allem, dass jedes Jahr unterschiedliche Themen bearbeitet werden. Junge Journalisten setzen sich in unterschiedlichen Diskussionen eigenständig mit wichtigen Fragen auseinander. Auch die zahlreichen Möglichkeiten zum Meinungsaustausch sind sehr wertvoll. Was mich ein wenig zum Nachdenken gebracht hat, ist, dass in vielen Hinsichten auf ganz bestimmte Ideen eingegangen wurde. Das ist teilweise auch gut und ermöglicht die Bearbeitung eines Themas anhand eines konkreten Beispiels. Andererseits

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finde ich es schade, dass dabei der Blick für die großen Zusammenhänge ein wenig verloren gegangen ist. Denn gerade dieser ist aus meiner Perspektive wichtig für das Themas und den Schutz der biologischen Vielfalt. Martin Schneider, Deutsche Journalisten Schule Ich finde es sehr gut, dass wir uns über die vorhandenen Probleme von „Biodiversität“ unterhalten und unsere Meinungen darüber austauschen. Mich stört es jedoch ein wenig, dass wir uns auf eine sehr idealistische Weise damit beschäftigen. Wir diskutieren zwar Lösungen auf einem hohen akademischen Niveau, jedoch fehlt mir der Bezug zur Realität. Mirjam Kopp, Umwelt für Menschen Für mich ist dieses Seminar ganz besonders wertvoll, weil ich viele Informationen bekomme, die ich im Rahmen meiner Arbeit bei der Organisation „Umwelt für Menschen“ umsetzen kann. Vor allem gefällt mir der Austausch von technischer, aber auch journalistischer Seite mit anderen Experten. In diesem Zusammenhang sind auch die Seminare, in denen wir die unterschiedlichen Themen intensiv diskutieren, sehr hilfreich. Nina Treu, freie Journalistin Yesterday we realized that it is often journalists who bring the topics via the media into the houses of the people. Thus, I certainly think it’s a good approach to sensibilize journalists first, especially young journalists. But I hoped that there would be more experienced journalists here so that we could influence them and that they can talk about their experience so far. Katie Bird, Union for Ethical Biotrade, Geneva, Switzerland We have seen that it is magazines articles, newspapers, TV programmes or documentaries where people hear about biodiversity. Hence it is very important that journalists are set aware of these complex issues for example during events like „Bildkorrekturen“. Two things really struck me over the few days. People were saying that biodiversity is always in the science pages of the newspaper. So it’s sort of hidden right in the back. This is obviously something that we need to change. And the other thing that might already be a step in the right direction is, how biodiversity is really all around us, how we don’t need to talk about elephants in Namibia to be talking about biodiversity. Actually we can talk about local biodiversity. That is a way to bring the subject to the people.

die sonst eher nicht so zu Wort kommen. Das hat mir sehr gefallen. Arti Ekawati, Deutsche Welle Akademie I especially enjoyed the programme because my previous work as a journalist in Jakarta, Indonesia, taught me that building networks among journalists is a necessary tool to save biodiversity. Only together we can enhance the issue of biodiversity. Dr. Julia Schmitt-Thiel, NJB Die Tagung ist wieder einmal sehr spannend gewesen. Diesmal war es ein Thema, in dem ich mich vorher noch gar nicht besonders auskannte und über das ich jetzt aber sehr viel gelernt habe. Ich finde es ganz toll, dass sich die Teilnehmer, die jungen Journalisten, so wahnsinnig einbringen und tolle Fragen stellen und somit die Konferenz sehr kurzweilig machen. Farhana von Mitzlaff (Bangladesch), Deutsche Welle Akademie Mir hat diese Konferenz sehr gut gefallen: Kontakte zu knüpfen mit Experten und Journalisten aus vielen Ländern, die alle von ihren Erfahrungen mit Biodiversität bzw. dem Biodiversitätsschutz berichten können. Diese Mischung aus fachlichem und persönlichem Input hat mir sehr gut gefallen. Allerdings hätte die journalistische Perspektive teilweise deutlicher herausgestellt werden können. Genauso hätte auch das Thema Biodiversität etwas tiefer gehend thematisiert werden können. Das Fachvokabular hätte man beispielsweise zu Beginn vielleicht erklären können, so dass alle – auch die, die mit diesen ‚technical terms’ nicht bekannt sind, mitarbeiten und mitdiskutieren können. Dr. Axel Paulsch, Helmholtz Zentrum Leipzig, Science Policy, Netzwerk-Forum für Biodiversitätsforschung Deutschland (NeFo) Den Gesamtablauf fand ich gut. Das Programm war interessant gestaltet und meiner Meinung nach gab es noch genügend Zeit für Diskussionen – und das war ja schließlich der Hauptsinn. Was mir ein bisschen im Programm gefehlt hat, war einerseits ein kurzer Einführungsvortrag zu den viel zitierten Konventionen über die biologische Vielfalt oder den Nagoya-Zielen. Das wäre hilfreich gewesen und hätte vielleicht manche Diskussion erleichtert. Andererseits haben an einigen Stellen kontroverse Referenten gefehlt. In der Palmölfrage wäre es zum Beispiel schön gewesen neben zwei NGOs, die beide die gleiche Richtung verfolgen, eine Gegenstimme zu hören. Dorothee Kassing und Elena Klukas

Lisa Klotz, freie Wissenschaftsjournalistin Ich fand die Tagung sehr interessant, mit vielen wichtigen Inputs, vor allem aus Ecken und Ländern, GIZ – Bildkorrekturen 2011 „Biologische und kulturelle Vielfalt – Herausforderung für die Medien“

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Impressionen

Rege Beteiligung bei Diskussionen (oben).

Dr. Axel Paulsch moderierte die Tagung Bildkorrekturen 2011.

Links: Bernhard Goodwin (Uni München) und Lisa Klotz (NJB). Rechts: Jörg Sadrozinski (Deutsche Journalistenschule) und Almuth Schellpeper (Deutsche Welle Akademie).

So manche Wahrheit sorgte für betroffene Blicke.

Jahr für Jahr vereint die Tagung „Bildkorrekturen“ Menschen aus mehreren Kontinenten (oben, re. und unten).

Fotos: Wessling (6), vg (5)

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Leda Hernández (GIZ) und Dr. Julia Schmitt-Thiel (Nachwuchsjournalisten in Bayern, NJB).

Prof. Dr. Markus Behmer (Universität Bamberg), Mitbegründer der „Bildkorrekturen“.

Herbert Rädler (li.) hat für den DED in Namibia gearbeitet.

Impressum Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH bündelt seit dem 1. Januar 2011 die Kompetenzen und langjährigen Erfahrungen von DED, GTZ und Inwent. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.giz.de. Als Bundesunternehmen unterstützt die GIZ die deutsche Bundesregierung bei der Erreichung ihrer Ziele in der Internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung des Unternehmens und der Redaktion wieder. Herausgeber Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH Sitz der Gesellschaft Bonn und Eschborn Friedrich-Ebert-Allee 40 53113 Bonn Telefon: +49 228 44 60-0 Fax: +49 228 44 60-17 66 Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5 65760 Eschborn Telefon: +49 61 96 79-0 Fax: +49 61 96 79-11 15 E-Mail: info@giz.de Internet: www.giz.de Verantwortlich Dr. F. Kayode Salau Chefredaktion Dr. F. Kayode Salau Dr. Volker Göbner

Redaktion/Autoren Lisa Altmeier, Anna Appelrath, Prof. Dr. Markus Behmer, Katie Bird, Franziska Broich, Miriam Czichon, Susanne Dickel, Nicolas Diekmann, Arti Ekawati, Stefanie Fetz, Francis França, Teresa Fries, Bernhard Goodwin, Charlotte Haunhorst, Laura Hertreiter, Dorothee Kassing, Lisa Klotz, Elena Klukas, Johannes Knuth, Katya Kryzhanouskaya, Hannah Loeffler, Eira Martens, Helen Mendes, Verena Orth, Aleksandra Poliakova, Christine Rohrer, Dima Romaschkan, Almuth Schellpeper, Juliane Schiemenz, Magdalena Schmude, Martin Schneider, Daniel Schrödel, Hakan Tanriverdi, Atif Tauqueer, Lara Wiedeking, Jana Wolf Fotos Simon Heinrich, Tim Wessling und jeweils angegebene Fotografen Kartenmaterial Die kartografische Darstellung dient nur dem informativen Zweck und beinhaltet keine völkerrechtliche Anerkennung von Grenzen und Gebieten. Die GIZ übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit oder Vollständigkeit des bereitgestellten Kartenmaterials. Jegliche Haftung für Schäden, die direkt oder indirekt aus der Benutzung entstehen, wird ausgeschlossen. Gestaltung Dr. Volker Göbner Druck G. Peschke Druckerei GmbH, München Gedruckt auf EnviroTop 100 % Recyclingpapier, nach FSC-Standards zertifiziert. Erscheinungsort und -jahr Feldafing, Dezember 2011

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Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH Sitz der Gesellschaft Bonn und Eschborn Friedrich-Ebert-Allee 40 53113 Bonn Telefon: +49 228 44 60-0 Telefax: +49 228 44 60-17 66 Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5 65760 Eschborn Telefon: +49 61 96 79-0 Telefax: +49 61 96 79-11 15 E-Mail: info@giz.de Internet: www.giz.de ISBN 978-3-939394-79-2

Institut für Kommunikationswissenschaft


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