Die Inselzeitung 05-2013

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LIFESTYLE

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AUSGABE 00 | MAI 2013

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ie Kindheit ist manchmal nicht so unbeschwert, wie sie sein könnte. Zum Beispiel im Urlaub. Anstatt nämlich die Zeit mit tollen Dingen zu verbringen – rumtoben, baden, Eis essen und Sandburgen bauen – um nur mal die ganz klaren Highlights zu nennen, wollen Erwachsene mehr. Mehr Ruhe und Abwechslung, mehr Entspannung und Unterhaltung, mehr Alles. Und wir Kinder haben dann vor allem eines: mehr Stress. Schon unter dem Tannenbaum starten die Diskussionen über Ort und Dauer, über das Hotel und was man wohl alles Unternehmen kann. Letztes Jahr waren wir an der Ostsee – allerdings ohne das dazugehörige Badewetter. Deshalb geht’s dieses Jahr in den Süden. Mama will braun werden und Kultur will sie auch. Das würde Papa nicht schaden, meint sie, und uns natürlich auch nicht. Uns, das sind meine kleine Schwester Lore und ich. Ich denke an den letzten Klassenausflug ins Museum und bin alarmiert. Mir fällt kein einziger Ausflug ein, in dem Kultur auch Spaß gemacht hätte. Nicht einer. Dieses Jahr, beschließt Mama, fahren wir nach Mallorca. „Hm, lecker“, sagt Papa. „Da gibt’s Rotwein und Tapas“. „Und Kultur“, sagt Mama. Mit der Aussicht auf öde Museen mit langweiliger Kunst drin fuhren Lore und ich los. In der Hauptstadt gibt es eine Kirche, Ihr kennt die bestimmt von Postkarten, die Kathedrale la Seu, die man schon von weitem sieht. An einer Seite gibt es ein riesiges rundes Fenster das von innen, wenn draußen die Sonne scheint, wirklich toll aussieht. Viel Spaß macht eine Fahrt von Palma nach Sóller mit einer kleinen Eisenbahn, die “Roter Blitz” heißt. Warum, haben wir nicht rausgefunden. Schnell fährt sie jedenfalls nicht. Dafür sieht man aber überall Zitronen- und Orangenbäume. Orangen, die an Bäumen im Garten hängen. Cool. Einige Tage später haben wir dann tatsächlich ein Museum besucht, allerdings eines ohne Bilder: La Granja. Es ist ein zum Museum umgebauter Gutshof. Dort kann man sehen, wie die reichen Besitzer früher gelebt haben – eine Art Bauernhof in XL, mit Ställen, Tieren und Werkstätten und natürlich einem Herrenhaus. Sollte unsere Lehrerin auch nach diesen Ferien wieder einen Aufsatz über das Erlebte haben wollen, hab ich jetzt genug Material. Sie wird besonders den Folterkeller mögen, in dem auch das Korn gelagert wurde. Ein bisschen friedlicher ist das Museu de la Jugueta in Palma, ein Spielzeug-Museum. In dem Gebäude in der Calle Campana 7, in der Nähe der Kirche von Santa Eulalia, kann man besichtigen, womit die Kinder vor 100 Jahren gespielt haben. Na das waren mal ganz andere Zeiten. Aber das Kultur- und Eiscremeproblem hatten die bestimmt auch. Sollten Eure Eltern also an einem sonnigen und eigentlich perfekten Strandtag von der plötzlichen Sehnsucht nach „Sehenswürdigem“ überwältigt werden, dann schlagt ihnen diese Ausflugsziele vor. Die machen wirklich Spaß. Vergesst aber trotzdem nicht, ihnen für die absolute Zumutung, diesen Tag nicht am Strand verbringen zu dürfen, mindestens ein großes Eis zum Trost abzuringen. Bis zum nächsten Mal, Euer Ole!

Silvia Marks

Ausziehen – warum das denn?

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Wenn es im Hotel Mama einfach zu gemütlich ist

ama und Papa sind cool, man versteht sich blendend, es ist gemütlich, der Kühlschrank gefüllt. Warum sollte man ein solch perfektes Nest verlassen? Einige junge Erwachsene denken gar nicht daran auszuziehen. Gehen Sie das aber von selbst nicht an, müssen Mutter und Vater ihrem Nachwuchs einen Schubs geben. Nicht jeder junge Erwachsene bleibt allerdings freiwillig zu Hause wohnen. „Die Ausbildungszeit dauert heute deutlich länger als früher, so dass die meisten jungen Menschen später in den Job einsteigen“,

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erklärt Walter Bien vom Deutschen Jugendinstitut in München. Große finanzielle Sprünge sind während Ausbildung oder Studium nicht drin, viele sind auf die Unterstützung der Eltern angewiesen. Außerdem verschärft sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt, günstige Wohnungen sind kaum zu bekommen. All dies hat dazu geführt, dass die Zahl der 18- bis 34-Jährigen steigt, die noch im elterlichen Haushalt leben. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wohnten in dieser Altersgruppe im Jahr 1996

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noch 30 Prozent bei den Eltern, 2011 waren es 33 Prozent. Dabei ist der Nesthocker vor allem männlich: Mit 30 Jahren wohnt etwa jeder achte Mann (13 Prozent) bei den Eltern, bei den Frauen jede Zwanzigste (fünf Prozent). „Vor allem Eltern müssen sich hier an die eigene Nase fassen“, sagt Heidemarie Arnhold, Vorsitzende des Arbeitskreises Neue Erziehung in Berlin. „Sie senden oft doppelte Botschaften.“ Vater und Mutter wünschen sich zwar nach 20 Jahren der Konzentration auf den Sprössling wieder mehr Zeit für ihr eigenes Leben. Sie wollen nicht

mehr die Wäsche des Sprösslings waschen und bügeln – tun es aber. Der Auszug gehört zur Ablösung von Eltern und Kind dazu. Das Kind bleibt immer Kind, aber wird als Erwachsener behandelt. Und manche Mutter, die Sohn oder Tochter schweren Herzens den Schubs aus dem behaglichen Nest gegeben hat, stellt erleichtert fest, dass der Nachwuchs von seinem neuen Leben im eigenen Nest begeistert ist – und die Eltern auch wieder cool findet. Alexandra Bülow, dpa


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