in münchen Nr. 7/2013

Page 8

Redaktion_0713_Redaktionsseiten 02.04.2013 15:08 Seite 3

ORTSGESPRÄCH XL

dann hätte dies keiner sonst gemacht. Ähnliches gilt für unsere Ausstellung „Dürer – Cranach – Holbein“, Orientalismus oder Disney. Und die eher zeitgenössische Kunst? Ich werde häufig gefragt, ob ich davon in Zukunft mehr zeigen werde. Da muss ich leider Erwartungen dämpfen – und das sicher nicht, weil mich die moderne Kunst nicht interessieren würde. Aber ich muss mich natürlich auch mit den anderen Häusern in München abstimmen. Und das Haus der Kunst ist ganz eindeutig auf die Schiene zeitgenössische Kunst festgelegt. Und in diesem Bereich gibt es auch noch das Lenbachhaus, die Villa Stuck oder natürlich die Pinakothek der Moderne. Wenn wir uns auch auf das Aktuelle stürzen würden, blieben andere Themen auf der Strecke. Wir müssen unsere Freiräume komplementär finden: Zum Jahresende hin wird es bei uns deswegen eine große Pompeji-Ausstellung geben („Leben auf dem Vulkan“, ab 15. November) – mit den tollsten Leihgaben aus Neapel, und über den Sommer zuerst großartige nordische Meister die hier kaum bekannt sind („Aus Dämmerung und Licht“, ab 30. Mai). Unter einem Museum stellt man sich üblicherweise ja etwas sehr Statisches vor – und das Haus im besten Fall als einen Palast in der Innenstadt. Seit wann haben denn die Gemälde ihre Reiselust entdeckt? Eigentlich erst in den 70er Jahren – mit den ersten großen Wanderausstellungen. Die berühmteste war sicher damals die Tutanchamun-Schau, die auch 1980 hier im Haus der Kunst zu sehen war.

Die Kunsthalle ist mit dieser Geschichte eng verbunden. Ihr Gründungsdirektor Peter Ade, war damals sicher weltweit eine Schlüsselfigur. Nach dem Krieg hatte er das Haus der Kunst wieder mitaufgebaut. Nach seiner Pensionierung wurde er von der damaligen Bayerischen Hypotheken und Wechselbank gefragt, ob er in der ehemaligen Schalterhalle, wo heute Hugendubel sitzt, Ausstellungen organisieren würde. So ist unser Haus entstanden. Und auch damals stand der Gedanke im Vordergrund, Kunst – mitten in der Fußgängerzone – zum Publikum ... ich bin ein Bettler auf zu bringen. Was so anfing, wurde hohem Niveau über die Jahre immer größer und ernsthafter – auch was unseren Anspruch angeht. Mittlerweile sind wir aus dem Münchner Kulturan- gen, wie vielfältig er als Künstler war – gebot nicht mehr wegzudenken. und dass er etwa auch Möbel entworfen hat. Die Resonanz auf unsere Schau Wie sieht für Sie denn ein ideales Theist enorm. ma für eine Ausstellung in der Kunsthalle aus? Wie muss man sich denn Ihren Arbeitsalltag vorstellen? Hängen Sie am TeleEs muss München überraschen, aber fon und fallen den Kollegen in den groauch ein breites Publikum ansprechen. ßen Häusern so lange auf den Wecker, Und es muss natürlich auch für uns reabis sie Ihnen Werke ausleihen? lisierbar sein. Ideen gibt es wie Sand am Meer. Umsetzbare Ideen sind etwas Ich bin ein Bettler auf hohem Niveau. ganz anderes. Wo sollte ich plötzlich Allerdings nicht nur Bittsteller. Das Berall die Picassos herholen, nur weil mir liner Kupferstichkabinett etwa wollte, die Ausstellungsidee gefiele? Wir wol- wie gesagt, gerne mit uns zusammenlen Kunst auf einem hohen Niveau zei- arbeiten. Unter Kollegen kennt man gen, die etwas Neues bietet – und wenn sich gut: Hamburg, Berlin und München es der ungewohnte Blickwinkel auf ver- sind innerhalb Deutschlands perfekte meintlich bekannte Namen ist. Wenn Partnerstädte – weil der Abstand groß man mit dem Namen Schinkel über- genug ist und so nicht das gleiche Puhaupt etwas anfangen kann, dann blikum unsere Ausstellung besucht. kennt man ihn in der Regel als Archi- Aber gemeinsam, auch mit Partnern im tekten. Unsere Ausstellung zeigt dage- Ausland, haben wir Stärke – und das ist ein sehr wichtiger Faktor.

PFÄLZER RESIDENZ WEINSTUBE MITTAGSTISCH: Mo-Fr 1100 - 1500 Uhr E 4,90 Täglich ofenfrischer Flammkuchen

Profitieren Sie nicht auch von den Luxusproblemen der großen öffentlichen Häuser? Manche sitzen ja auf ArchivBeständen, die sie selbst gleichzeitig gar nicht alle zeigen können. Das ist schon ein Thema. Vielleicht am Wichtigsten aber ist, dass wir in unseren Entscheidungen sehr schnell reagieren können. Eine Ausstellungsidee muss bei uns nicht über Monate in unzähligen Gremien debattiert werden. Außerdem sind unsere Räumlichkeiten ein großes Plus. Das müssen Sie erklären.

Residenzstr. 1 / U Odeonsplatz · Tägl. 10.00 - 0.30 · T. 22 56 28 8

IN 7 / 2013

Wir haben sehr flexible Möglichkeiten, Kunst zu zeigen – und Präsentationskonzepte maßzuschneidern. Wir können Wände einbauen oder versetzen, bis der Parcours wirklich überzeugt. Ich möchte die Räume anpassen an die Kunst – und nicht umgekehrt. Unser Publikum honoriert sehr, wenn wir uns bei der Ausstellungsgestaltung wirklich Mühe gegeben haben. So etwas spricht sich schnell herum und ist zu etwas geworden, was unsere Arbeit auszeichnet.

Ihre Ausstellungen sind tatsächlich oft Stadtgespräch. Wie häufig melden sich denn Besucher bei Ihnen – mit ganz konkreten Wünschen für Ihre Lieblingsausstellungen? (lacht) Bei mir landen sehr viele Vorschläge. Leider sind die meisten nicht wirklich zu realisieren. Es ist aber doch toll, solche Reaktionen zu bekommen, denn es zeigt, dass man einen engen Bezug zum Haus hat. Wie fühlt es sich denn für Sie an, wenn Sie nach langer Vorbereitung Ihre „Lieblinge“ im Haus haben? Sie sind wie gute Gäste. Es ist für mich total spannend, vor der Eröffnung noch einmal durch die Ausstellungsräume zu gehen und alle bei uns zu begrüßen. Der Aufbauprozess, vor allem der Moment, wenn die Kunstwerke aus der Kiste kommen, ist für mich immer noch etwas Aufregendes. Nachdem ich monatelang, manchmal sogar über mehrere Jahre hinweg nur mit kleinen Abbildungen arbeiten konnte, stehe ich plötzlich vor den Originalen. Sie bringen die „Alten Meister“ oder Vilhelm Hammershøi abends ins Bett? Nicht ganz. Ich bin auch nicht der letzte, der das Licht ausmacht. Aber würdige Gäste bei uns in der Kunsthalle zu Besuch zu haben, macht immer gute Laune. Ich fühle mich sehr bevorzugt, meinen Job machen zu können. Ihre Arbeit bringt mit sich, dass Sie viel reisen. Ab wie vielen Flugmeilen wird das anstrengend für Sie? Ich habe das Glück, dass ich beruflich tun kann, was wirklich meine Leidenschaft ist. Natürlich verbringe ich viel Zeit in den Museen. Das ist aber ohnehin fester Bestandteil meines Lebensinhalts. Eigentlich in jeder Ausstellung, die ich mir ansehen, gehe ich im Kopf durch, ob sie auch in München funktionieren könnte. Fast rund um die Uhr für und mit der Kunst im Einsatz. Aber in Ihrem Arbeitszimmer hängt gar kein Bild. Warum? (lacht) Noch nicht. Ich werde aber noch etwas aufhängen – etwas Modernes von einem befreundeten Maler. Sind Sie eigentlich selbst Sammler? Ich kann die Faszination gut verstehen, bin aber selbst keiner. Vermutlich hat das damit zu tun, dass ich mich auch so tagtäglich mit Kunst umgeben kann. Außerdem bin ich schon viel in der Welt herumgekommen, oft umgezogen und hatte früher feste Wohnsitze jeweils nur für ein paar Jahre. Das Sammeln ist aber eine schöne Krankheit. Interview: Rupert Sommer


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.