Troedler 1113

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10.10.2013

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LESERFORUM 8

und eine Rast während der Fuchsjagd zeigen. Es sind Szenen, die man für gewöhnlich mit einem traditionellen Zeitvertreib der sportfreudigen englischen Gesellschaft in Verbindung bringt, bei dem es für den Rotfuchs meist schlecht ausgeht. Den Spaß an der Fuchsjagd hat einmal der irische Schriftsteller und Ästhet Oscar Wilde treffend relativiert, an dessen Bonmot man bei der Ansicht solcher Jagdbilder immer unwillkürlich denken muss. In seinem 1893 erschienenen Bühnenstück „A Woman of no Importance“ (Eine Frau ohne Bedeutung) lässt Wilde nämlich eine seiner Figuren, Lord Illingworth, Folgendes zur Vorstellung der Allgemeinheit dazu, was eigentlich die Gesundheit ist, sagen: „The English country gentleman galloping after a fox – the unspeakable in full pursuit of the uneatable“ („Das Unmögliche in voller Jagd nach dem Unessbaren“), eine Aussage, die in den vornehmen Klubs der Hauptstadt wohl für erhöhten Blutdruck, gesteigerten Whisky- und Portkonsum und den Ruf nach der Peitsche als Strafe für so viel Frevel gesorgt hat. Nun ist die Fuchsjagd seit 2002 in Schottland und seit 2004 in England und Wales verboten und schon tragen Bilder wie die vorliegenden dazu bei, es sei denn man ist Fuchsjagdgegner, zu der nostalgischen Verklärung einer verlorenen Welt, bei der man in der vorgeschriebenen Ausstattung unter sich war und auch der grinsende Fuchs angeblich Spaß daran hatte, gejagt zu sein. Die englische Malerei und Druckgrafik hat sich vor allem seit dem 18. Jahrhundert der eleganten Darstellung von Pferden, mit oder ohne Reiter, Jagd- und Angelszenen, Rennbahnen und dem gesellschaftlichen Treiben der Teilnehmer gewidmet und in dieser Tradition stehen die beiden vorliegenden Bilder, deren Signatur als „Lionel Edwards“ identifiziert werden kann und die um 1930 zu datieren sind. Lionel Dalhousie Robertson Edwards (Clifton bei Bristol 1878 - 1966 Salisbury), Sohn eines Arztes, erbte sein künstleri11 / 13

tendste englische Pferde- und Jagdmaler des 20. Jahrhunderts, war nebenbei vielseitiger Autor und blieb als Illustrator viel beschäftigt, u. a. für Ausgaben von Anna Sewells „Black Beauty“, 1946. 1947 erschien seine „Reminiscences of a Sporting Artist“. Nun wäre es schön, wenn man diese beiden Bilder, die wie Aquarelle aussehen, als Originalwerke von Edwards vorstellen könnte, zumal bei den englischen Auktionshäusern die Schätzpreise für Aquarelle von Edwards oft bei etwa £ 4.000 und auch mehr liegen. Die krisselige Oberfläche der Bilder, die bei den Detailaufnahmen gut zu erkennen ist, deutet jedoch unerbittlich darauf hin, dass es sich dabei um Farbdrucke, allerdings von überragender Qualität handelt. Verkauft wurden sie damals, wie es das Etikett auf der Rückseite kund tut, bei der traditionsreichen Arnoldischen Buchhandlung Am Altmarkt in Dresden (Webergasse 2), die 1803 von Johann Christian Arnold in der Nachfolge der Richterschen Buchhandlung gegründet wurde (1825 Eröffnung einer Filiale in Leipzig). Dass englische Jagdbilder um 1930 in Dresden angeboten und auch verkauft wurden, ist ein interessanter Mosaikstein in der Geschichte des Geschmacks und des Kunsthandels. Es handelt sich zwar um Reproduktionen nach den Originalaquarellen, aber auch diese sind nicht ohne Wert: Die in England anzutreffenden Preise für moderne Reproduktionen nach Werken von Edwards, die

sches Talent vermutlich von seiner Großmutter mütterlicherseits, die beim berühmten Maler George Romney studiert hatte. Er selbst studierte in Privatschulen in London, wurde Illustrator für die Zeitschriften „The Graphic“ und „Punch“ und widmete sich allmählich der Darstellung der Jagd, vor allem in Wasserfarben. Er selbst, wie auch seine Frau Ethel, war begeisterter Fuchsjäger und ritt mit fast allen Jagdvereinen des Landes. Edwards war neben Sir Alfred Munnings der bedeu-

sehr populär sind und offensichtlich in keinem englischen oder amerikanischen Landhaus oder Cottage fehlen dürfen, bewegen sich zwischen etwa £ 30 und £ 250. Die vorliegenden Farbdrucke haben eine schöne alte Farbpatina und stehen bei der Qualität der Wiedergabe den modernen Offsetdrucken nach Bildern von Edwards in nichts nach. Mit den Originalrahmen der Arnoldischen Buchhandlung haben die Bilder jeweils einen Wert von etwa 80 Euro. Dr. Graham Dry, München


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