Narrative Strategien im Werke John Irvings

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damit, was er eigentlich ablehnt. Jedoch verwendet er postmodernistische Erzähltechniken nicht um ihrer selbst willen oder um mit selbstreflexiven Kommentaren auf der Metaebene zu literaturwissenschaftlichen Diskursen anzuheben, sondern um dem Postmodernismus die Ernsthaftigkeit 191 zu nehmen, mit der traditionelles Erzählen abgelehnt wird. Das hier eingesetzte Erzählmittel ist damit die Parodie, welche kein essentiell postmodernistisches Erzählmittel ist, sondern "as old as poetry itself" 192 ist. Sie imitiert in verspottender Weise Werke, Stile, Autoren u.a. "unter Beibehaltung der äußeren Form[…], doch mit anderem, nicht dazu passendem Inhalt" 193. In Irvings Fall bilden die traditionellen narrativen Strategien mit dieser äußeren Form einen Rahmen und eine Grundstruktur des Romans, wie die Analyseergebnisse von The World According to Garp gezeigt haben. Die postmodernistischen Strategien dagegen werden zu thematischen Inhalten des Romans und stehen somit zwar noch in Analogie zur vorherrschenden literarischen Strömung, doch bilden sich in Ermangelung ihrer Anwendung Differenzen zu ihr. Aus dieser Spannung heraus wird die Parodie postmodernistischer Erzählstrategien sichtbar. 194 Auf diese Weise definiert John Irving auch sein distanziertes Verhältnis zur postmodernistischen Literatur und ordnet gleichzeitig den traditionellen Strategien eine übergeordnete Rolle zu. Im folgenden sollen die postmodernistischen Strategien des Romans aufgezeigt und hinsichtlich ihrer Anwendung analysiert werden. Der Fokus liegt hierbei auf der Pluralisierung der Erzählerebenen, auf Intertextualität, Metafiktion und in Anspielung auf Roland Barthes' gleichnamigen Essay auf dem "Tod des Autors".

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Vgl. Hans Bertens: Die Postmoderne und ihr Verhältnis zum Modernismus, Eine Übersicht, Die unvollendete Vernunft: Moderne vs. Postmoderne, Hg. Dieter Kamper (Frankfurt/Main, 1987), S. 56. 192 Princeton Encyclopedia of Poetry and Poetics, ed. Alex Preminger, enlarged edition (Princeton, 1974), S. 600. 193 Wilpert, S. 660. 194 Vgl. Beate Müller: Komische Intertextualität: Die literarische Parodie, Horizonte, Studien zu Texten und Ideen der europäischen Moderne, Bd. 16, Hg. Gerd Stratmann, S. 218.


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