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ilya kabakov (*1 933)

1 Kabakov, Il’ja I.: Die 60er und 70er Jahre. Wien: Passagen-Verlag., 2001, klappentext 2 http://de.wikipedia.org/wiki/ Ilja_Kabakow 3 Kabakov, Il’ja I.: Der Text als Grundlage des Visuellen. Köln: Oktagon, 2000, s. 92f 4 Sand, Gabriele: Die Erfindung der Erinnerung, in: Kabakov, Il‘ja I.: Tentoonstelling Ilya Kabakov. Tekeningen <1998 - 1999, Heerlen; Hannover>: Ilya Kabakov, Zeichnungen. Hannover: Schlüter, 1998, s. 68f 5 Kabakov, Il’ja I.: Die Kunst des Fliehens. München u.a.: Hanser, 1991, s. 105

Ilya Kabakov, der international erfolgreichste Vertreter des Mos­kauer konzeptualistischen Kreises, ist als bildender Künstler bekannt für seine visuell-narrativen Installationen (post-)totalitärer Befindlichkeiten im musealen Raum.1 1981 begann [Kabakov] seine Geschichte vom Mann, der niemals etwas wegwarf, eine Installation von verschiedenen Kisten mit Papieren, Notenblättern und allerhand Alltagsmüll.2 Die Installation ist ein schmales, kleines Zimmer, vielmehr ein kleiner Korridor von unregelmäßiger Form, der zwei Türen hat, von denen eine stets geschlossen ist. Das Zimmerinnere stellt eine Art Museum dar, überall sind Sammlungen zahlloser „Müllgegenstände“ zu sehen – Papierschnipsel, Stoffetzen, leere Schachteln und Büchsen, die gebündelt sind; alles ist sorgfältig in Schränken (es sind 2) und Vitrinen aufgebaut sowie auf besondere Papptafeln aufgeklebt, die an den Wänden hängen. Alles, selbst das kleinste Fitzelchen, ist mit Etiketten und Titeln versehen, durchnummeriert und katalogisiert. Dieses eigenartige Museum ist zugleich ein Zimmer, das bewohnt wird, vom Sammler und Besitzer

dieses Müllmuseums, doch nirgends sind Gebrauchsmöbel zu sehen, weder ein leerer Tisch noch ein Stuhl, nur eine schmale Liege, die in die Ecke hinter dem Schrank unter das Regal mit der Konservendosensammlung geschoben ist.3 Kabakov [erfindet] die Person des „kleinen Menschen“, der in seinem Leben nichts wegwirft. „Abfall“ und „Müll“ werden zu einem Synonym für die Geschichte des Lebens. [...] In einem 1991 aufgezeichneten Gespräch definiert Kabakov den Müll:4 „Mit dem Müll assoziiere ich dreierlei. Erstens gibt er ein genaues Bild der sowjetischen Gesellschaft. Die gesamte Wirklichkeit ist ein einziger großer Müllhaufen. Zweitens ist der Müll für mich ein Archiv der Erinnerung, weil jeder weggeworfene Gegenstand immer mit einer bestimmten Lebensphase zu tun hat. Und drittens stellt sich mir unsere gesamte Kultur, die durch Unfertigkeit, Unvollkommenheit in der Form, Undurchdachtheit, Unaufgeräumtheit gekennzeichnet ist, als Müll dar. … Dreck und Müll bleiben konstante Faktoren unseres Lebens.“ 5

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