White Paper „focus: Architektur, Innovation in der Architektur – Analyse und Anregungen“

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Architektur

Die Konzentration auf die Schnittstellen in diesem System bietet besonderes Innovationspotenzial: Schnittstellen zwischen den beteiligten Subsystemen, aber auch innerhalb dieser Subsysteme (siehe mit Ellipsen markierte Bereiche in der Abb. S. 15). Eine Besonderheit des österreichischen Baumarkts ist die Tatsache, dass der Anteil der Bauwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt hierzulande mit etwa 7,5 % deutlich über dem EU-Durchschnitt von 6 % liegt. Das lässt erwarten, dass sich die österreichische Bauleistung langfristig an den EU-Durchschnitt angleichen wird und somit für österreichische AnbieterInnen am Planungs- und Baumarkt der Export besondere Bedeutung besitzt, weil der Inlandsmarkt tendenziell rückläufig ist. Da Österreich sowohl bei der Planung als auch beim Bauen in einigen Bereichen weltweit führend ist, ist die prinzipielle Ausgangsposition dafür gut.

„Die Angst nehmen vor der Innovation“ Der folgende Text basiert auf einem Interview mit Christoph Stadlhuber, Geschäftsführer der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Situation. Während man sonst die Produkte, die man erwirbt, kennt, einen Eindruck von Image und Leistungsfähigkeit des Produzenten hat und auf die Erfahrungen anderer mit diesem Produkt zurückgreifen kann, kauft man im Architekturwettbewerb oft eine anonyme Idee, in wenigen Planskizzen dargestellt. Diesem Kauf folgt eine Zweckgemeinschaft mit den zu diesem Zeitpunkt noch anonymen Planern, eine enge Beziehung auf Zeit. Bei potenziellen Auftraggebern, die selten mit Architektur zu tun haben, gibt es eine Hemmschwelle vor diesem anonymen Kauf, die nur auf zwei Arten reduziert werden kann: erstens durch professionelle Beratung der Auftraggeber im Vergabeverfahren – Experten können aus den Darstellungen, die bei einem Wettbewerb eingereicht werden, sehr wohl ablesen, wie lösungsorientiert ein Architekt, eine Architektin ist und wie sehr sie auf die Bedürfnisse des Bauherrn eingehen. Der zweite Weg zur Reduktion der Hemmschwelle ist einer, den die Architekten selbst beschreiten

Wenn man von Innovation in der Architektur spricht und die österreichische Architektenszene betrachtet, wird eines sofort sichtbar: Hier besteht ein sensationelles Kreativpotenzial, das internationale Bedeutung besitzt, und zwar längst über die altbekannten Stars von Hans Hollein bis Coop Himmelb(l)au hinaus. Doch dieses Potenzial wird hierzulande zu wenig anerkannt und zu wenig genützt. Das beginnt bei der Förderung des Planungsexports, der ja nicht nur dem einzelnen Architekturbüro zugute kommt, weil Planungsleistungen sehr häufig Ausführungsleistungen nach sich ziehen – ein Wirtschaftsfaktor, der massiv unterschätzt wird. Das geht jedoch weiter bei der Beauftragung von Architekten hierzulande, und der Grund dafür ist ein Kommunikationsproblem, das der Architekturbranche inhärent ist. Der Architekturwettbewerb, ohne Zweifel das sinnvollste Vergabeverfahren in der Architektur zum Finden des optimalen Projektes, erzeugt im Vergleich mit anderen Branchen eine skurrile

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