DIE PFORTE Nr. 65/2012

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Pforte

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2012 | Nr. 65

Schulpforta-Nachrichten

Zeitschrift des Pförtner Bundes e. V.


Inhalt Geleitwort des Vorsitzenden

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Thomas Schödel: Der neue Rektor Inaugurationsrede von Rektor Thomas Schödel Der neue Rektor stellt sich vor Grußwort des Pförtner Bundes

Bernd Westermeyer: Abschied und Neubeginn in Salem Abschiedsansprache von Bernd Westermeyer Abschiedswort des Pförtner Bundes »Bildung ist nicht käuflich«

Vergangenes aus der Pforte Forschungsprojekt zum Tafelkreuz Spiegelscherben V Schulpforte im ereignisreichen Jahr 1813 Dankbar denk ich all der Jahre Findbuch zum Bestand D 34 Steht die alte Kastanie noch? Noch einmal: Weihnachtsoratorium 1950 Wussten Sie schon …?

Aktuelles aus der Landesschule Stiftung Schulpforta: Vorhaben 2013 Predigt zum Schulfest in Pforta Reise nach Conil de la Frontera Griechenlandfahrt 2012

Vom Pförtner Bund Publikationen Protokoll der Mitgliederversammlung 2012 Tabula Gratulatoria Ecce Feierstunde 2012 Viten für das Archiv Ecce 2012 Ehrende Erinnerung an Frau Brigitte Steffen Jahrgangstreffen Abitur 1960 Pförtner Abend Dresden 2012 Hallisches Gänseessen 2012 Gänseessen Meinerzhagen & Pariser Gans PförtnerAbende Impressum

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Geleitwort des Vorsitzenden und Rückblick auf 30 Jahre Musikzweig

I

Im Frühjahr 2012 hat mich die Mitgliederversammlung des Pförtner Bundes zum neuen Vorsitzenden gewählt, nachdem mein langjähriger Vorgänger, Prof. Dr. Peter Maser, aus gesundheitlichen Gründen nicht erneut für dieses Amt kandidieren wollte. Ich bin ihm für seine Unterstützung bei der Übernahme des Vorsitzes sehr dankbar und noch dankbarer, dass er uns aufgrund seiner positiven gesundheitlichen Entwicklung als Redakteur unserer Mitgliedszeitschrift »Die Pforte« auch im Vorstand weiter begleiten kann. Er wird weiterhin in Pforta und andernorts die Stimme des Pförtner Bundes bleiben und den Vorsitzenden vertreten, wo es notwendig und möglich ist. Sie haben das Recht, in Kürze etwas über den neuen Vorsitzenden des Vereins zu erfahren. Ich habe 1987 das Abitur an der EOS Pforte abgelegt, direkt bis zur Wende den Grundwehrdienst in der NVA ableisten müssen und ab Herbst 89 in Weimar Schulmusik studiert. Seit Gründung des MDR arbeite ich für den Hörfunk als Redakteur und Moderator. Mit Frau und Tochter lebe ich in ländlichem Umfeld vor den Toren Weimars. Meine Zeit in Schulpforte ist auch die Anfangszeit der »Spezialklassen für Musik«.

1982 wurde der heutige Musikzweig an der damaligen EOS Pforte gegründet. Schon ein Jahr später gehörte ich selbst zu den wenigen Jungen, die die Aufnahmeprüfung mit Vorsingen, Vorspielen und dem Abfragen grundlegender musiktheoretischer Kenntnisse bestanden hatten. Fortan durfte ich mit 14 Mädchen und zwei weiteren Jungen »Emmi« sein. Der Begriff bürgerte sich schnell ein und wurde mal liebevoll, mal in despektierlicher Absicht benutzt. Die M-Klassen waren damals in gewisser Weise Sonderlinge. Der Fächerkanon beinhaltete so kuriose Stunden wie Stimmbildung und schulpraktisches Klavierspiel. Nicht nur Stundenbezeichnungen wie Gehörbildung und Musiktheorie waren Lehrerkollegen und Nicht-M-Schülern fremd – auch Klänge und Geräusche, die aus den entsprechenden Klassenräumen hervordrangen. Die DDR-weite Einrichtung der sogenannten Spezialklassen für Musik war der notorischen Unterversorgung mit Musiklehrern geschuldet. Die Volksbildung brauchte Nachwuchs – und der konnte offensichtlich aus dem gewöhnlichen EOS-Betrieb nicht in ausreichender Menge und Qualität generiert werden. Für die EOS Pforte gab es mit der Martin-Luther-Universität in Halle einen Partner, dem die gut ausgebildeten M-Schüler nach dem

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Abitur »zugewiesen« werden sollten. Die zentrale Studienlenkung sorgte dann auch dafür, dass ein Großteil der Absolventen ab 1986 das musikpädagogische Studium in Halle zumindest begann. Es ist kein Geheimnis, dass die »Emmis« in den Anfangsjahren im Schulalltag schlecht gelitten waren. Tatsächlich lag einigen das Klavierspiel näher als das Periodensystem der Elemente. Mancher Lehrer hat sich wohl nicht zu Unrecht über eine gewisse Trägheit der »Emmis« im naturwissenschaftlichen Bereich aufgeregt. Auch für die zu DDR-Zeiten hoch angesehene sportliche Betätigung fehlte Zeit und Ehrgeiz und manchmal einfach Muskelmasse. Die eigentliche Sonderstellung der Emmis war aber auch darin begründet, dass es für M-Schüler im Alltag einige Ausnahmeregelungen und Besonderheiten gab. Gesungen wurde nicht nur zu jeder Gelegenheit und zur ersten Unterrichtsstunde am Morgen (egal ob Physik oder Staatsbürgerkunde), sondern überhaupt vor jeder Unterrichtsstunde. Und wenn uns das Fach nicht lag, fand sich ein mehrstrophiges Lied, das die Nerven des Fachlehrers besonders beanspruchte. Die Chorarbeit schweißte die Musiker noch enger zusammen. Wir durf-

ten zu Wettbewerben reisen und bei DDR-Großereignissen auftreten, an Fernsehaufnahmen mitwirken, meist verbunden mit einiger Abwesenheit vom Unterricht oder zumindest der Selbststudienzeit, dem heutigen Silentium. In dieser Zeit zwischen 16 und 18 Uhr war hin und wieder auch Einzelunterricht wie Klavier und Stimmbildung angesiedelt, so dass auch nachmittags im Internat argwöhnisch auf die »Emmis« geschaut wurde. Daneben war der M-Zweig, und dessen waren sich offensichtlich Schulleitung und übergeordnete Behörden bewusst, auch Sammelbecken für Kinder aus solchen Familien, denen es in erster Linie um eine humanistische (oder konkreter, musische) Erziehung ihrer Kinder und weniger um die »Entwicklung sozialistischer Schülerpersönlichkeiten« ging, wie es immer wieder im öffentlichen Jargon hieß. Natürlich: überall gab es mehr oder weniger Anpassung, vielleicht auch ehrliche Zustimmung zur herrschenden Meinung; mehr oder weniger innere Distanz oder stumpfes Dulden, mehr oder weniger lautes Opponieren – aber die Ausübung vor allem klassischer Musik schien manchem Parteitreuen besonders geeignet, stummes Zeugnis einer kritischen Haltung zu sein und war deshalb (oder auch aus

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Unkenntnis und mangelnder eigener Bildung) einigen Führungskräften von Schulleitung und übergeordneten Behörden per se suspekt. Für den Leiter und Begründer der Musikklassen Frank-Thomas Gericke (mag. port. 1953-1995) erwuchs daraus nicht selten ein heikler Balance-Akt zwischen »Freiraum schaffen für die Sache« und ein Mindestmaß an »Einpassungsfähigkeit um der Sache willen«. Sicher ist, die Musik und seine »Schützlinge« gingen ihm über alles. Für mich schufen Frank-Thomas Gericke, trotz seiner Strenge, aber auch wegen seiner väterlichen Art, und die vielen jungen Musiklehrer, die für den Aufbau der Musikklassen nach Pforta kamen, einen angenehmen Kontrast zum sonstigen »Lehrkörper«. Klavier- und Dirigierlehrer zwängten uns nicht in übliche Schablonen, forderten keine falschen Bekenntnisse und ließen uns hin und wieder ahnen, wie sie privat zu politischen Verhältnissen standen. So habe ich den Anfang des jetzigen Musikzweiges mit »Chorlager« und »Dona nobis pacem«, mit »Messias« und Gewandhausbesuchen, mit schöner und weniger schöner DDR-Chorliteratur als persönlichen Glücksfall erlebt. Heute zehre ich von einem Liedschatz, den ich in den nur vier Jahren

M-Zweig erwerben konnte, vom mittelaterlichen »Kum Geselle« bis zum »Marmottenbuben«. Die musikalische Auseinandersetzung mit Musik fremder Kulturen liegt hier ebenso begründet, wie die Wertschätzung eigener kultureller Wurzeln. Ich bin dankbar, dass dies in Pforta damals möglich war und nach 30 Jahren, komplett befreit von ideologischem Ballast, weiter möglich ist. Die Neugründung der Landesschule Pforta nach der Wiedervereinigung ermöglichte eine Festschreibung des musikalischen Profils, erweitert um eine für diese Schulform wohl einmalige Durchlässigkeit zu den anderen Schwerpunktbereichen Naturwissenschaft und Sprachen. Heute kann ein »Emmi« zusätzliche Sprachangebote nutzen, kann ein »Ennie« natürlich im Chor singen. Die Landesschule Pforta beweist, dass es ihr mit einer wahrhaft allseitigen und dennoch hochqualifizierten Begabungsförderung ernst ist. In welchem Gymnasium kann ein Rundfunksender Konzerte vorbehaltlos mitschneiden und in seinem Kulturprogramm senden? Welche Schule darf auf mehrere CD-Produktionen zurückblicken, die im Bereich Jugendchöre deutschlandweit Maßstäbe setzen? Dieses Pfund darf uns etwas wert sein – und findet umgekehrt auch Ertrag. Tatsächlich sind viele

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ehemalige M-Schüler heute Musiklehrer und geben diesen hier gehobenen Schatz weiter. Einige Absolventen haben den Weg in das professionelle Fach als Sänger oder Orchestermusiker beschritten, sind Instrumentallehrer oder Chorleiter an öffentlichen oder privaten Musikschulen. Sie tragen den Ruf Pfortas in ihrer Arbeit weiter, locken Fremde in die Pfortenser Klosterkirche zu Weihnachts- und Schulfestkonzerten, und geben nicht zuletzt über den Pförtner Bund auch finanziell etwas zurück.

ner untrennbaren Einheit von Schule und Internat.

Dank sei heute denjenigen gesagt, die das in ihrer Macht stehende getan haben, um den Musikzweig ins Leben zu rufen, zu sichern und weiter zu profilieren; allen voran Frank-Thomas Gericke und seiner Nachfolgerin Ilona Jende.

MATTHIAS HAASE (AL. PORT. 83 – 87 v.)

Wenn Sie während der Schulzeit einmal wieder nach Pforte kommen, schließen Sie die Augen und lauschen Sie! Es dauert bestimmt nicht lange und Sie hören irgendwo singende Jungen und Mädchen, oder gar Fetzen einer Chorprobe. Klänge, die einen Hauch Leichtigkeit und menschliche Wärme mit sich bringen. Das tut gut. Das braucht eine Schule wie Pforta – und unsere Zeit.

Dank gesagt sei aber auch dem Land Sachsen-Anhalt, das sich immer wieder in ausdrücklicher Weise zu diesem Ort, seiner Historie und dem schulischen Konzept mit den drei Zweigen Naturwissenschaften, Sprachen und Musik bekennt. Gerade die unglaublichen Investitionen der letzten Jahrzehnte und nicht zuletzt die bevorstehende Sanierung des Haupthauses, mit Internat I und IV (und auch dem Chorprobenraum!) belegen, dass es dem Schulträger ernst ist mit der Landesschule Pforta und sei-

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Thomas Schödel: Der neue Rektor

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Inaugurationsrede

von Rektor Thomas Schödel am 5.10.2012

L

Liebe Pfortenserinnen und Pfortenser, liebe Gäste, zuerst möchte ich mich bei Ihnen und Euch allen herzlich dafür bedanken, dass sie sich heute die Zeit genommen haben, um bei meiner Amtseinführung hier an diesem ganz besonderen Ort mit dabei zu sein. Ganz besonders bedanken möchte ich mich bei all denjenigen von Ihnen und Euch, welche meiner Familie und mir einen so warmherzigen Empfang in unserer Heimat bereitet haben. Dank auch an die Organisatoren dieser Feier, sowie dem Chor und seiner Leitung für die sehr beeindruckende musikalische Umrahmung. Meinen Vorrednern danke ich für ihre motivierenden Worte. Sie haben deutlich ihre Erwartungen zum Ausdruck gebracht, welche sie mit der Ausübung des sehr ehrenvollen Amtes des Rektors der Landesschule Pforta verbinden. Zugleich habe ich aber auch aus ihren Worten herausgehört, dass Sie nicht nur als interessierte Zuschauer meinen Werdegang verfolgen wollen, sondern auch aktive Unterstützung anbieten. Vielen Dank für diese Angebote, auf die ich gerne zurückgreifen werde. Vieles hier vor Ort ist mir auch aus meiner Zeit als Lehrer an diesem begabungsfördernden Internatsgymnasium vertraut. Gleichzeitig konnte ich

aber auch viel Neues wahrnehmen. So habe ich mit großer Freude festgestellt, dass mit dem Studienzentrum ein weiterer Ort für das gemeinsame Leben und Lernen an dieser Schule geschaffen wurde. Diese Aussage trifft auch auf die neue Sporthalle und auf das sanierte Fürstenhaus zu, welches wieder als Internat genutzt werden kann. Und wie mir berichtet wurde, steht mit dem Klausurgebäude, welches eine zentrale Stellung im Gesamtensemble der Internatsschule Pforta einnimmt, die nächste große Baumaßnahme vor der Tür. Dort, wo saniert und renoviert wird, wird Erhaltenswertes bewahrt, zugleich aber die vorhandene wertvolle Substanz an die Anforderungen der heutigen Zeit angepasst. Eine Charakterisierung, die sich aus meiner Sicht sehr gut auf die Landesschule Pforta übertragen lässt. Und somit möchte ich an dieser Stelle dem Land Sachsen-Anhalt sowie allen Förderern und Unterstützern dieser Schule dafür Dank sagen, dass Sie mit ihrem Engagement wesentlich dazu beitragen, dass dieser Leuchtturm in der deutschen Bildungslandschaft nicht nur mit dem Lichte der erzielten pädagogischen Erfolge hell ins weite Land strahlt, sondern auch als Bauwerk wieder schmuck anzuschauen ist. Gemeinsam wird es uns gelingen, dass die Landesschule Pforta auch in Zukunft ein Ort des erfolgreichen

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gemeinsamen Lebens und Lernens sein wird. Ein Ort, wo man sich zu der langen Tradition dieser Schule bekennt, der junge Menschen zu Persönlichkeiten bildet und erzieht, die sich den großen Herausforderungen unserer heutigen und der zukünftigen Zeit stellen können, wo Respekt und gegenseitige Achtung groß geschrieben werden und an dem man sich zu einem leistungsorientierten Ansatz bekennt und Leistungen anderer anerkennt. Ich möchte noch kurz über einige Gedanken sprechen, welche mich in Vorbereitung auf den heutigen Tag bewegt haben. Acht beruflich sehr erfüllende Jahre als stellvertretender Schulleiter liegen hinter mir. Ich habe erlebt, dass in der Phase der Neugründung und des Aufbaus einer Internatsschule mit inhaltlichem Schwerpunkt pädagogische und organisatorische Prozesse in verdichteter Form ablaufen. Raum zum Sammeln von Erfahrungen aller Art war also ausreichend vorhanden. So ist mir beispielsweise die stabilisierende Wirkung bestehender Traditionen insbesondere in den Momenten bewusst geworden, als keine Tradition vorhanden war, wo man sie hätte gut gebrauchen können. Was ich nicht mit nach Schulpforte mitgebracht habe, sind fertige Konzepte. Eine Schule kann sich nur er-

folgreich entwickeln, wenn die dieser Entwicklung zugrunde liegenden Prozesse von innen heraus angestoßen und von allen direkt und indirekt Betroffenen mitgetragen werden. Im Grundsatz gehe ich von der Prämisse aus, dass ein wesentlicher Faktor für erfolgreiche Bildung und Erziehung seit Menschengedenken bekannt ist: Die Schaffung einer persönlichen Beziehungsebene zwischen Lernenden und Lehrenden. Man denke an die Akademie von Platon oder an das Hauslehrerprinzip, welches beispielsweise die Gebrüder von Humboldt oder John von Neumann erfahren durften. Passend dazu hat eine Untersuchung der Universität Ulm, welche die Wirksamkeit von Maßnahmen der Begabtenförderung verglichen hat, ergeben, dass die untersuchten Maßnahmen zwar alle positive Effekte generieren, diese aber in der Regel eher klein sind, zumindest klein im Vergleich zu den Effekten, welche Mentoring- und Coachingprogramme aufweisen. Bekannt sind uns solche Programme insbesondere aus dem Sportbereich. Überträgt man die dort sehr bewährten Prinzipien auf den Bereich der kognitiven Spitzenförderung, so benötigt diese als Voraussetzung eine fundierte Breitenförderung, welche vorhandene hohe Potentiale und Begabungen aufdeckt. Im Bereich der eigentlichen Spitzenförderung nimmt dann die

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Bedeutung der individuellen Förderung und Betreuung stark zu. Findet diese zudem in einer Internatsschule statt, wobei das Internat idealerweise von Lehrerinnen und Lehrern geführt und betreut wird, so ist ein Kontext gegeben, der im besonderen Maße die Bildung und Erziehung von sozial verantwortungsbewusst handelnden und sich gesellschaftlich engagierenden Persönlichkeiten ermöglicht. Ich sage bewusst ermöglicht und nicht garantiert. Denn nur wer aus seinem Inneren heraus auch bereit ist, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen, kann eine erfolgreiche Förderung erfahren. Verantwortung ist die Kehrseite der Freiheit. Dieses Prinzip hat uns im Kreise der Schulleitung in Schwäbisch Gmünd geleitet. Dass das dortige Gymnasium nach acht Jahren seiner Gründung sehr gut aufgestellt ist, hat sicherlich auch viel mit der Implementierung eines Mentoringprogramms zu tun. Aber wie gesagt, ich komme nicht mit Konzepten oder fertigen Papieren, aber sicherlich mit Ideen. THOMAS SCHÖDEL, rect. port.

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G

Der neue Rektor stellt sich vor

Geboren am 30. Mai 1969 in Halle an der Saale, verbrachte ich die Jahre meiner Kindheit und Jugendzeit in Halle-Neustadt. Nach erfolgreichem Abschluss der zehnten Klasse einer Polytechnischen Oberschule absolvierte ich in Dessau den einjährigen Vorbereitungsjahrgang auf ein Diplomlehrerstudium der Fachrichtung Mathematik und Chemie. Dieser Schule war neben weiteren Wohnheimen ein kleines Internat angegliedert, welches in einer zum Tierpark der Stadt Dessau gehörenden Villa untergebracht war. In unmittelbarer Nachbarschaft von Eseln und Affen erfolgte die Betreuung von uns circa 20 Sechzehn- bis Zwanzigjährigen von sechs bis achtzehn Uhr durch einen Hausmeister. Nach erfolgreichem Abschluss dieses Jahreskurses begann ich an der Pädagogische Hochschule in Köthen mein Studium. Noch während meiner Ausbildung zum Diplomlehrer für Mathematik und Chemie wurde diese Pädagogische Hochschule auf Anweisung der damaligen Bildungsministerin Margot Honecker in eine Ausbildungsstätte für Grundschullehrer umgewidmet. Dies hatte für mich zur Konsequenz, dass ich meine weitere Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule in Halle fortsetzte, welche später Bestandteil der MartinLuther-Universität Halle-Wittenberg wurde. Innerhalb meines Studiums

bot sich mir die Möglichkeit, eine Zusatzausbildung für Informatik zu absolvieren. In der Zeit meines großen Schulpraktikums fand mit der Wende ein gesellschaftliches Ereignis statt, welches mir unter anderem die Option eröffnete, durch die Verlängerung meiner Studienzeit um ein weiteres Jahr neben dem Diplomabschluss zugleich auch das Erste Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien zu erwerben. Während meiner Referendarzeit lernte und lehrte ich an einem Gymnasium in Halle, anschließend nahm ich meine Tätigkeit als Lehrer für die Fächer Mathematik, Chemie und Informatik am Gustav-Adolf-Gymnasium in Lützen auf. Wenn man den Stimmen vor Ort glauben darf, war die Existenz dieses Gymnasiums im Wesentlichen dem Umstand geschuldet, dass die Lützener nach der Wende selbst entscheiden konnten, welchem der Bundesländer Sachsen bzw. Sachsen-Anhalt ihre Stadt ordnungspolitisch zugeordnet werden soll. Die Wahlberechtigten entschieden sich für Sachsen-Anhalt, unter anderem auch deshalb, weil dieses Bundesland mit der Eröffnung einer gymnasialen Bildungsstätte vor Ort geworben hatte. Von Anfang an stammte circa ein Drittel der Schülerschaft dieser Schule aus dem benachbarten Sachsen. Nachdem sich das Land Sachsen-Anhalt für die Einführung des

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dreizehnten Schuljahres entschieden hatte, wurde das Lützener Gymnasium aufgrund deutlich sinkender Schülerzahlen pro Jahrgang einem anderen Gymnasium der Region zugeordnet. Für mich bedeutete dies konkret, dass ich 1999 an die Landesschule Pforta wechselte, an der ich bis 2004 als Lehrer tätig war. Während dieser Zeit studierte ich in Magdeburg berufsbegleitend Informatik und war in verschiedenen Kommissionen des Landes Sachen-Anhalts tätig. Im Jahr 2004 wechselte ich an das neu zu gründende Landesgymnasium für Hochbegabte mit Internat und Kompetenzzentrum in Schwäbisch Gmünd (LGH), um dort als stellvertretender Schul- und Gesamtleiter auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne eine neue Bildungsstätte ins Leben zu rufen und den Ausbau einer ganz besonderen Schule zu begleiten. Die Zeit in Schwäbisch Gmünd war für mich mit einer sehr hohen beruflichen Zufriedenheit verbunden. Die Entscheidung, das LGH nach achtjähriger Aufbauzeit zu verlassen, um wieder in die Heimat zurückzukehren, ist meiner Familie und mir nicht leicht gefallen. Letztendlich hatte uns das besondere Ambiente Schulpfortes aber nie ganz losgelassen. Der Reiz an der Herausforderung, diese traditionsreiche und in Deutschland sehr angesehene Bildungsstätte zu

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leiten, überwog denjenigen, das mit viel Herzblut verbundene Bildungsprojekt in Schwäbisch Gmünd fortzusetzen. Seit dem 1. Oktober dieses Jahres wohnen meine Frau, eine gebürtige Freyburgerin, die bisher als Wirtschaftsingenieurin tätig war, und meine kleine Tochter Lisa, die derzeit die sechste Klasse einer Naumburger Schule besucht, in der Rektorwohnung auf dem Schulgelände. Meine große Tochter, Cindy, weilt derzeit in der Schweiz und absolviert dort im Rahmen ihres Medizinstudiums einen Teil ihres praktischen Jahres. Über die herzliche Aufnahme hier vor Ort haben wir uns sehr gefreut. Arbeitsreiche Tage liegen hinter uns und wir freuen uns auf das Kommende, auch wenn es in Zukunft nicht an Herausforderungen mangeln dürfte. In den letzten Wochen hatte ich bereits mehrfach die Möglichkeit und das Vergnügen, mit Mitgliedern des Pförtner Bundes ins Gespräch zu kommen bzw. bereits auch an gemeinsamen Projekten zu arbeiten. Für die erfahrene Unterstützung möchte ich mich herzlich bedanken. Zugleich freue ich mich auf die weitere Zusammenarbeit mit Ihnen, den ehemaligen Schülerinnen und Schülern von Schulpforte. THOMAS SCHÖDEL, rect. port.


Grußwort des Pförtner Bundes

A

bei der Inauguration des rect. port. Thomas Schödel

»Annuntio vobis gaudium magnum: habemus rectorem portensis: Eminentissimum ac reverendissimum dominum Thomas Schödel!” So möchte ich in der Diktion des römischen Kardinalprotodiakons bei der Präsentation eines neues Papstes ausrufen. Aber diese Landesschule Pforta ist ja nun schon seit 1543, also seit 469 Jahren, ein höchst bedeutsames und lebendiges Zeugnis der Bildungsbestrebungen der Reformationszeit. Deshalb sage ich im Namen und Auftrag des Vorsitzenden des Pförtner Bundes, Matthias Haase, und damit auch der mehr als 750 Mitglieder unserer Vereinigung der ehemaligen Schülerinnen und Schüler sowie der Freunde und Förderer der Landesschule ganz einfach: Seien Sie herzlich willkommen, Herr rector portensis Schödel! Es ist für uns wirklich ein »gaudium magnum«, Sie nun – nach kürzest möglicher Vakanz –, an der Spitze der Landesschule zu wissen. Wir Ehemaligen, wir »alten Pförtner«, verstehen uns als »Freunde und Förderer« der Landesschule, wo immer das gewünscht und möglich ist. Wir tun da viel Gutes, ohne groß darüber zu reden, und das soll auch in Zukunft so bleiben! Wir hoffen auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Ihnen, Herr Rektor, gerade auch dort, wo Sie Schwierigkeiten zu überwinden haben. Wir sind fern davon, uns direkt in die Schulangelegen-

heiten einzuschalten, aber die pietas portensis bedeutet für uns mehr als nur Klassentreffen, Schulfeste und mancherlei Erinnerungen an eine uns prägende Zeit. Zur pietas portensis gehört für uns immer auch das anhaltende Interesse an der Gegenwart und besonders der Zukunft unserer alma mater: Wie steht es und wie geht es weiter in Pforta? Selbstverständlich wünschen wir Ehemaligen Ihnen, Herr Rektor, – auch in unserem eigensten Interesse – alle nur denkbaren Erfolge und Ihnen und Ihrer Familie gute Tage in Pforta. Wir wünschen Ihnen ein Lehrerkollegium und eine Schülerschaft, mit denen zusammen Sie dem besonderen Anspruch dieser traditionsreichen Schule gerecht zu werden vermögen. Schulpforta gehört zu den »Leuchttürmen« nicht nur in unserem Land! Wo in Deutschland und auch darüber hinaus der Name »Schulpforta« genannt wird, da wird aufgemerkt. Der Herr Ministerpräsident und der Herr Kultusminister bezeugen durch ihre Teilnahme an dieser Inaugurationsfeier, dass ihnen der Rang und die Bedeutung der Landesschule voll bewusst sind. Dafür danken wir Ehemaligen ganz besonders! Pforta kann und darf nicht mit gewöhnlichen Maßstäben gemessen werden, gehört es doch zu den Hauptstücken im »Kronschatz« unseres Landes. Die

Grußwort des Pförtner Bundes bei der Inauguration | 13


Landesschule Pforta ist ein Solitär und muss als solcher auch auf Landesebene behandelt werden. Lieber Herr Schödel, nun sind Sie als Rector portensis inauguriert. Wir Ehemaligen gratulieren Ihnen! Der Papst trägt bei besonders feierlichen Anlässen das Pallium. Dieses pontifikale Kleidungsstück können wir Ihnen leider nicht verleihen, schon um der ehrwürdigen protestantischen Traditionen dieser Schule willen. Am nächsten dem Pallium kommt dann aber nach Schnitt und protokollarischer Bedeutung diese Krawatte im dezenten Glanz der Schulfarben Pfortas, die ich Ihnen hiermit feierlichst als Gruß der Ehemaligen überreichen möchte. Tragen Sie diese bitte nicht zu selten und immer mit Freude! Peter Maser (al. port. 57 –59)

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Bernd Westermeyer: Abschied und Neubeginn in Salem

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Abschiedsansprache

V

von Rektor Bernd Westermeyer am 19.7.2012 Verehrte Frau Mittendorf, sehr geehrter Herr Minister Becker, sehr geehrter Herr Dr. Dietze, sehr verehrter Herr Kahl, sehr verehrte Frau Sachse, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter des Pförtnerbundes, sehr verehrter Herr Professor Maser, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter des Kuratoriums der Stiftung Schulpforta, sehr verehrter Herr Prokurator Reichel, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sehr verehrte Eltern, liebe Pfortenserinnen und Pfortenser, wenn ich an Pforte denke, fällt mir unwillkürlich unser imposantes Torhaus ein, das durch seine weit geöffneten Torflügel bereits von draußen einen ersten Blick ins Schulgelände und auf unsere schöne Abteikirche erlaubt. Entsprechend begrüßte ich neue Schülerinnen und Schüler sowie besondere Gäste in den vergangenen Jahren zuweilen mit einem fröhlichen Porta patet, cor magis – »Die Pforte ist weit geöffnet, mehr noch das Herz.« Ich hatte bei diesem zisterziensischen Willkommensgruß unbewusst natürlich stets im Hinterkopf, dass man auch durch das schönste Portal nicht nur ein-, sondern irgendwann auch wieder heraustritt. Bis zum Herbst

2011 wäre ich allerdings nie auf die Idee gekommen, dass ich selbst die Landesschule Pforta bereits nach wenigen Jahren wieder verlassen könnte. Nun aber stehe ich in der Aula und spreche nach nur fünf Jahren im Rahmen meiner eigenen Verabschiedung zu Ihnen und Euch. Emotional ist mir dabei ähnlich zumute wie all unseren Abiturienten: Ich freue mich durchaus auf eine neue Aufgabe, aber zugleich fällt es mir und der Familie sehr schwer, Schulpforte loszulassen. Auch meine Frau und unser kleiner Wirbelwind Golo haben sich im Saaletal wohl gefühlt, und wir alle verbinden mit der Landesschule Pforta und ihren Menschen einen üppigen Strauß zumeist sehr schöner, prägender Erinnerungen. Ich möchte mich an dieser Stelle bei all jenen bedanken, die mich während der vergangenen Jahre zunächst auf- und angenommen und danach aufmerksam und tatkräftig begleitet haben: Mein erster Dank gilt Euch, den Pfortenserinnen und Pfortensern. Ihr wart mir zuweilen Sorgenkinder, vor allem aber kreative Impulsgeber, Clowns, Rätsel, wachsame Kritiker, und in der Zusammenschau Eurer beeindruckenden Leistungen und Aktivitäten als »M-ies«, »N-ies« und »S-ies« eine große Freude. Bitte bewahrt Euch im Alltag den guten Geist Pfortes, auf

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den Ihr tatsächlich stolz sein könnt. Gebt ihn für die Zukunft durch Euer Vorbild von Jahrgang zu Jahrgang, von Schülergeneration zu Schülergeneration weiter. Dies ist im Kern nur von Euch zu leisten, denn Ihr seid das immer junge Herz der Schule! Dank gebührt natürlich nicht allein der Schülerschaft, sondern gleichermaßen auch dem Kollegium. Hier fand ich trotz kleinerer und größerer eigener Fehler immer wieder Rückhalt, Unterstützung und, wenn nötig, auch Trost. Ein solch menschliches Miteinander ist in einem pulsierenden, latent unkalkulierbaren Arbeitsumfeld keineswegs selbstverständlich und dürfte sehr dazu beitragen, dass der neue Rektor zum Wohl der Landesschule an die gemeinsam geleistete Arbeit der letzten Jahre anknüpfen kann. Ein besonderes Dankeschön sage ich zum Dritten unseren allzu oft nicht gebührend wahrgenommenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Verwaltung, Sekretariat, Küche, Haus, Hof und Bibliothek. Ohne Ihren Fleiß und Ihre Umsicht wäre es nicht nur schwer, sich bei der fordernden Arbeit im Schatten des Knabenberges wohl zu fühlen, nein, der gesamte Schulund Internatsbetrieb stünde ohne Sie innerhalb kürzester Zeit still. Ähnlich verhält es sich mit unseren Ehemaligen, unseren Eltern und »un-

serer« Stiftung. Als Rektor hatte ich das Glück, auch aus diesem Umfeld beständig die im Schulalltag notwendige Unterstützung und Ermutigung zu erfahren. Dafür danke ich von Herzen, und ich bin mir sicher, dass der Pförtner Bund, die Schulelternschaft sowie die Stiftung Schulpforta nicht nachlassen werden, der Landesschule mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Mein letzter Dank gebührt dem Land Sachsen-Anhalt, das heute durch langjährige Ansprechpartner vertreten ist. Ohne Herrn Dr. Dietze aus dem Landesschulamt sowie Frau Sachse und Herrn Kahl aus dem für alle Baumaßnahmen vor Ort verantwortlichen Landesbetrieb hätte die Landesschule nur zwanzig Jahre nach der Wiedervereinigung niemals ihre heutige Strahlkraft! Mit der Landesschule Pforta bietet das Land Sachsen-Anhalt Jugendlichen aus ganz Deutschland an einem historisch bedeutsamen Ort eine einzigartige Bildungserfahrung. In Schulpforte zu leben und zu lernen ist tatsächlich ein Privileg, denn die Landesschule bedarf als schulgeldfreies Internatsgymnasium und hochkarätiges Baudenkmal auch im reinen Grundbetrieb erheblicher finanzieller Mittel und bekommt diese selbst in unseren wirtschaftlich überaus schwierigen Zeiten verlässlich zugewiesen.

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Diese Zukunftsinvestitionen gereichen Sachsen-Anhalt nicht nur in Architektur-Bildbänden und bildungspolitischen Diskussionsrunden zur Ehre, sondern stärken das Land über helle Köpfe aus allen Teilen Deutschlands ganz real und nachhaltig. Entsprechend wünsche ich mir zum Abschied einerseits, dass Land und Landesschule gleichermaßen den bewährten Anspruch aufrecht erhalten, in Schulpforte nach Leistung ausgewählte Jugendliche unabhängig vom sozialen Status oder dem Einkommen der Eltern in drei anspruchsvollen Spezialzweigen zu fördern. Glücklich wäre ich zum Zweiten, wenn die Landesschule Pforta ihrem Schulmotto Gnothi seauton! – »Werde, der Du bist!« auch in Zeiten krankhafter Notenfixierung und einander jagender Bildungsstudien treu bliebe. Im Mittelpunkt aller schulischen Bemühungen sollte weiterhin nicht ein blutleerer NC, sondern die ganzheitliche Ausbildung der individuellen Persönlichkeit stehen. Dass die Landesschule Pforta einen wundervollen Rahmen bietet, die eigene Persönlichkeit in einer vielfältigen, aber doch überschaubaren Gemeinschaft von Menschen behütet zu entfalten, spürt man selbst als Außenstehender schnell. Weitaus schwieriger ist es allerdings, den besonderen genius loci nachvollziehbar in Worte

zu fassen, und umso mehr freue ich mich, abschließend eine geradezu philosophische Ortsbeschreibung vortragen zu dürfen, die eine echte magistra Portensis im Jahre MMII zu Papier brachte.

Katharina Wermann: Schulpforte Eine Insel, von der Gegenwart noch nicht geflutet. Ein Konzentrat aus Vergangenheit. Die erschöpfte Zeit nimmt hier ihre Zuflucht, holt Atem. Eine Brücke, noch begehbar, die den Bogen zurückschlägt. Eine steinerne Bastion vielsagender Stille. Jeder Stein trägt ein Gesicht, das sich öffnet dem Mitschweigenden. Ruinen voller Eigensinn, die zu sprechen anheben, wenn ein Lichtstrahl sie trifft. Immer bereit, aus ihrem Schlummer zu erwachen und die eigenen Träume zu deuten. Kleines sprudelndes Wasser, das den Eisvogel und die Mühle nährt. Hier wird das Geräusch noch zum Ereignis, dem so schnell nichts folgt. Viel Zeit auf engstem Raum. Verschiedene Epochen zehren von derselben Luft, leben in friedlichem Einvernehmen miteinander, voneinander zehrend, einander Tribut zollend.

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Hier herrscht auch Gegenwart, aber nur als das letzte Glied einer langen Kette. Sie duldet die Vergangenheit in ihrer Mitte, teilt sich das Revier mit ihr, bekennt sich als ihr Abkomme und Erbe. Inmitten der Welt eine Welt für sich, abgeschirmt vom alles beherrschenden, rastlos lärmenden Jetzt. […] Vielen Dank für diese schöne Stunde, lebt wohl & auf ein Wiedersehen in Schulpforte!

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Abschiedswort des Pförtner Bundes

L

Lieber Herr Rektor, liebe Frau Westermeyer – und natürlich auch lieber Golo! Die Stunde Ihres Abschieds von der Landesschule Pforta ist gekommen. Wir lassen Sie als Pförtner Bund schweren Herzens, aber auch mit vielen guten Wünschen für ein erfolgreiches Wirken in der Schule Schloss Salem ziehen. Sie, lieber Herr Rektor, haben in den allzu wenigen fünf Jahren hier in Pforta vieles bewirkt und sich in jeder Weise um die Landesschule verdient gemacht! Der Pförtner Bund als die Vereinigung der ehemaligen Schülerinnen und Schüler sowie der Freunde und Förderer der Landesschule Pforta mit über 700 Mitgliedern dankt Ihnen für eine jederzeit vertrauensvolle Zusammenarbeit. Wir hätten Sie und Ihre Familie gerne hier behalten. Meiner Frau und mir werden auch Golos Besuche in der Berbigstraße 7 fehlen, aber das alles muss Ihr Herz, lieber Herr Rektor, nicht beschweren. Unsere Gästewohnung steht jederzeit bereit, wenn Sie sich mit Ihrer Familie einmal von Salem in Pforta bzw. in Bad Kösen erholen wollen. Das wird nötig werden, und wir freuen uns darauf. Lieber Herr Rektor, Sie haben es sich mit Ihrem Wechsel von Pforta nach Salem nicht leicht gemacht. Ich weiß, wovon ich rede. Wir haben manches Gespräch darüber geführt. Die Lan-

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desschule ist in mancherlei öffentlichen Erklärungen als »Leuchtturm« bezeichnet worden, aber das waren oft genug Lippenbekenntnisse. Ein Leuchtturm bedarf besonderer Aufmerksamkeit und Pflege, sonst kann es ganz schnell passieren, dass seine Leuchtkraft schwach und schwächer wird. Im Blick auf den Baubereich ist in Pforta sehr viel geschehen und vieles wird da in absehbarer Zeit noch passieren. Selbst die Restaurierung der alten Klosterkirche, dieses einmaligen Fest- und Feierraums der Landesschule, kommt sehr allmählich, aber immerhin in Sicht. Woran es aber immer wieder schmerzlich gefehlt hat, war bei den entscheidenden Stellen das Verständnis und Engagement für diese ganz besondere Schule. Eine solche Schule kann nicht bürokratisch eigensinnig nach Schema F administriert werden. Sie benötigt die Empathie und Kreativität der politisch Verantwortlichen. Sie braucht den Mut der Entscheidungsträger zu neuen Wegen, Bildungskonzepten, neuen Strukturen und der Gewährung von Handlungsspielräumen in einer Schule, von der Höchstleistungen erwartet werden. Notwendig scheint mir die Entwicklung einer ganz neuen, so bisher noch nicht vorhandenen Gesprächskultur zwischen Kultusministerium, dem Bildungsausschuss des Landtages und der Landesschule. Die Anliegen der Landesschule gehören auf den


Tisch des Ministers und, wenn es nötig ist, auch in die Vorlagenmappe des Ministerpräsidenten, dessen Besuch in Pforta übrigens noch immer aussteht. Grundlage aller Gespräche muss die Frage sein: Was dient dazu, den Glanz dieser Schule zu erhalten und zu verstärken. Im Mittelpunkt dieser Gespräche muß die Frage stehen, was braucht diese Schule, um in jeder Weise zukunftsfest ihren Platz in der deutschen Bildungslandschaft zu behaupten und auszubauen. Wer zunächst aufzählt, was alles nicht geht, weil es so etwas noch nie gab, weil das in keiner Ordnung, auch in keinem Haushalt vorgesehen war, verweigert der Landesschule Pforta ihre Zukunft. Wir Ehemaligen gedenken voller Dankbarkeit all dessen, was uns Pforta in der Vergangenheit geschenkt hat, aber gerade deswegen sind wir auch brennend an der Zukunft dieser Schule, unserer alma mater, interessiert. Lieber Herr Rektor Westermeyer, liebe Frau Westermeyer, lieber Golo, wir Ehemaligen rufen Ihnen zum Abschied ein herzliches und dankbares »Bene Valete« zu. Vielleicht sehen wir uns bereits beim nächsten Weihnachtskonzert oder Schulfest wieder. Schön wäre das schon! PETER MASER (AL. PORT. 57 – 59)

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»Bildung ist nicht käuflich« WamS-Interview mit Bernd Westermeyer Die »Welt am Sonntag« veröffentlichte am 25. November 2012 folgendes Interview:

B

»Bildung ist nicht käuflich«. Bernd Westermeyer ist der neue Leiter des Elite-Internats Salem. Er ermuntert seine Schüler, auch bei Misserfolgen wieder aufzustehen. Ein Expertengespräch über das Scheitern Seit August leitet Bernd Westermeyer Deutschlands berühmtestes Internat, die Schule Schloss Salem. Der gebürtige Westfale tritt in große Fußstapfen: An der Spitze des Internats stand 30 Jahre lang Bernhard Bueb, der zuletzt durch seinen Bestseller »Lob der Disziplin« von sich reden machte. Buebs erste Nachfolgerin verließ die Schule nach nur einem Jahr. Nun will Westermeyer neue Akzente setzen – mehr Stipendien vergeben und die Schule für Kinder aus der Region und Förderer aus der lokalen Wirtschaft öffnen. »Ich hatte bisher oft das Glück, im Leben zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein«, sagt der 43-jährige. Er kommt im Salemer Trainingsanzug in die Stube des »Gasthof Schwanen« vor den Schlossmauern. Später sind wir mit drei Zehntklässlern zum Laufen verabredet. Der Internatsleiter joggt regelmäßig mit Schülern. Manchmal fährt sein Sohn Golo auf dem Fahrrad nebenher. Arbeit, Freizeit, Familie – das geht bei Westermeyer ineinander über.

WELT AM SONNTAG: Ihr siebenjähriger Sohn lebt noch zu Hause. Wann stoßen Sie ihn aus dem Nest? Bernd Westemeyer: Ich würde ihn nie stoßen. Ins Internat muss ein Kind selbst wollen. Golo konnte sich eine Schule, in der er nicht auch wohnt, bis vor kurzem gar nicht vorstellen. Er ist ja mit uns gemeinsam in der Landesschule Pforta aufgewachsen. Und er war ganz enttäuscht, als er nach seiner Einschulung in einem Nachbardorf wieder nach Hause sollte. Er muss seinen Vater mit vielen Schülern teilen. Ist er manchmal eifersüchtig? Nein, nie. In Pforta lebten gleich über unserer Wohnung die »Engelchen«, wie wir sie immer nannten – eine Gruppe von Schülerinnen. Bei denen ging Golo ein und aus, und die Mädchen hatten jemanden zum Knuddeln. Die Jungs brachten dem Kleinen ihre »High-Five-Begrüßung« bei. Das fand er supercool. Das Internat als Familienersatz – kann das funktionieren? Meine Frau und ich haben uns immer viele Kinder gewünscht, können aber leider keine weiteren bekommen. So hat Golo in Salem eben 620 Geschwister. Im Internat wachsen Bindungen

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fürs Leben. Überhaupt gefällt mir der Werbeslogan: Auch die beste Familie kann ein gutes Internat nicht ersetzen. Das klingt zu schön, um wahr zu sein. Sind Internate wie Salem nicht eher Parkplätze für Patchwork-Kinder und Schulversager? Schulversager nehmen wir nicht an. Wir wählen Schüler aus, die sich fordern wollen. Sie müssen keinen Einser-Schnitt haben – den hatte ich auch nicht. Aber Interesse und den Willen, das Abitur zu schaffen. Da können wir pro Lerngruppe auch ein, manchmal zwei Kinder mit Schwierigkeiten wie ADHS verkraften. Mehr aber nicht, sonst kippt es. Und Kinder aus zerbrochenen Ehen? Die haben emotional ein großes Paket zu tragen. Diese Kinder gibt es auch bei uns – da sind wir ein Spiegelbild der Gesellschaft. Beziehungen können scheitern. Und jede Trennung belastet die Kinder. Wir sind dann ein Ruhepol. Wir helfen, Spannungen abzubauen, indem wir die Kinder aus dem Szenario herausnehmen. Das kann auch bei Stress in der Pubertät helfen. Machen es sich manche Eltern zu leicht, die Kinder auszulagern?

Viele sind im Beruf sehr eingespannt, sind Diplomaten oder Piloten, leben zum Teil noch nicht einmal in derselben Stadt. Hier können sie sicher sein, dass ihre Kinder eine gute Bildung bekommen – und große soziale Kompetenz erwerben. Ich halte es mit Goethe: Gebt den Kindern Wurzeln und Flügel. Es ist auch wichtig, sich von zu Hause abzulösen. Aber nicht mit zehn Jahren. Sie nehmen Kinder ab der fünften Klasse. Wenn die Kinder wirklich herkommen wollen, funktioniert das auch mit zehn. Wir erleben die »Generation Harry Potter«. Für die ist Internat Freundschaft und Abenteuer – kein bisschen mehr negativ belegt, wie es früher in vielen Köpfen einmal war. Was kann ein Internat nicht geben? Erfolg. Den muss sich jeder selbst erarbeiten. Bildung ist nicht käuflich. Nicht umsonst heißt es »sich bilden«. Wir ziehen niemanden durch. Aber wir machen Kinder stark, damit sie aus eigener Kraft ihren Weg gehen. Jeder darf hinfallen, jeder darf scheitern. Wir müssen sie ermutigen, wieder aufzustehen. Und wie ist es mit Liebe?

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Zwischen Pädagogen und Schülern braucht es unbedingt Distanz. Das haben nicht erst die jüngsten Missbrauchsfälle deutlich gemacht. Aber unter Schülern gibt es Liebe. Auch Sexualität ist da etwas ganz Natürliches. Das gilt übrigens genauso für den Umgang mit Alkohol. Wer bis zum Abitur im Internat keine Erfahrungen mit Alkohol gemacht hat, der verdient sein Abitur nicht. Der ist sozial kaum lebensfähig. Gibt es Kinder, die für ein Internat einfach nicht geeignet sind? Das ist im Vorhinein schwer zu beurteilen. Etwa ein Viertel unserer Schüler hat ein Stipendium und zuvor eine aufwendige Aufnahmeprüfung bestanden. Aber auch unter den Stipendiaten gibt es Kinder, die furchtbares Heimweh nach ihrem kleinen Bruder haben. Westermeyers Handy klingelt, er entschuldigt sich, telefoniert kurz und schaut nach dem Auflegen sehr ernst. Worum ging’s? Eine unschöne Geschichte. Liegt schon eine Weile zurück. Es gibt den Verdacht, eine Gruppe könnte Mitschüler gemobbt haben. Dem müssen wir nachgehen. Da gibt es bei uns die Null-Toleranz-Regel. Wie im Sport darf es auch mal hart zugehen, aber

immer mit Fair Play. Später kommen die betreffenden Schüler mit ihren Eltern zur Aussprache in mein Büro. Es gibt sie also doch, die Underdogs, die immerzu gehänselt werden? Es gibt Menschen, die eine gewisse Unsicherheit ausstrahlen. Aber es gibt kein Gesetz, das heißt: Du warst ein Würstchen am ersten Tag – und Du wirst immer ein Würstchen sein. Ich erinnere mich noch an meine Zeit bei der Bundeswehr-Pioniertruppe. Ich konnte nicht Fußball spielen, und ich konnte und wollte nicht viel trinken. Also habe ich gesagt, ich bin Sportler, bin aus der Stube verschwunden, habe mir im Stiefelkeller Wasser ins Gesicht geschüttet und bin eine halbe Stunde später vermeintlich verschwitzt zurückgekommen. Dann war erst mal Ruhe, und ich dachte mir: Mein Gott, wenn die mich erwischen. Also habe ich tatsächlich das Joggen angefangen und bin später den einen oder anderen Marathon gelaufen. Bei der Bundeswehr hatte ich fortan eine tolle Zeit. Sagen Sie es Eltern, die das volle Schulgeld zahlen, wenn ihr Kind im Internat scheitert? Wenn Ihr Kind wirklich unglücklich ist, wollen und werden wir ihnen das nicht verschweigen. Da sind wir in

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der Verantwortung, und das Geld ist nebensächlich. Allerdings setzen sich manche Kinder auch selbst stark unter Druck. Sie wollen ihre Eltern nicht enttäuschen – vor allem wenn die sich krumm machen für diese Ausbildung. Längst nicht alle Eltern hier sind ja reich. (Es klopft an der Tür, und drei schlaksige Zehntklässler kommen herein.) Ah, die »Kadetten« treten an. Per Handschlag stellen sich die Schüler als Alexander, Florian und Lucca vor. Der Leiter hat für jeden ein paar nette Worte, dann geht es los zur Joggingtour. Durch Schlosstor und dann wieder und wieder den Hügel hinauf, auf dem sich der Fotograf postiert hat. WESTERMEYER: Seid ihr alle beim Schullauf heute Nachmittag dabei? FLORIAN: Klar – ich werde gewinnen. WESTERMEYER: Na, wenn das nicht typisch Salem ist. Nicht nur dabei sein, sondern alles geben. Als die Runde beendet ist, gehen wir quer über den Rasen – was in Salem eigentlich streng verboten ist – zu Westermeyers Büro im Schloss. Auf dem Weg dorthin bückt sich der Pädagoge und hebt zwei Bonbonpapiere auf. Das mache ich auch beim Joggen mit meinem Sohn ganz oft. Er sagt dann: Das sind Ferkel, die alles liegen lassen.

Das menschliche Gehirn lernt durch Wiederholungen und durch gutes Vorbild. Es hat gar keinen Sinn, die Kinder zu erziehen, sie machen einem doch alles nach. Das klingt, als seien Sie ein furchtbar vernünftiger Vater. Nicht wirklich. Mit meinem eigenen Sohn bin ich viel unvernünftiger als mit meinen Schülern. Ich habe ihn mal auf dem Fahrradgepäckträger mitgenommen. Da war er fünf, hat ein Bein in die Speichen bekommen und gebrochen. Das musste ich dann meiner Frau erklären. Die ist Grundschullehrerin und war verständlicherweise ziemlich sauer. Wir betreten das Schloss und steigen über eine breite, hölzerne Treppe in den ersten Stock. Mit einem Chip schließt Westermeyer eine schwere Tür auf. Dann treten wir in einen großen Raum mit hohen Decken. Wir setzen uns an einen langen Glastisch. Wir waren bei den Gescheiterten. Woran liegt es, wenn ein Kind sich im Internat unwohl fühlt? Manchmal sind Fehler von Eltern ganz offensichtlich. Sie wollten für ihren Sohn immer nur das Beste, haben ihn früh eingeschult und dann auch noch ein Jahr überspringen lassen. Er kommt mit Teddy im Arm und Pieps-

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stimme, während seine Klassenkameraden schon erfolglos um Mädchen buhlen. Da liegen Welten dazwischen. Die kann ein Kind kaum ausgleichen. Lehrer machen auch im Internat einen bezahlten Job. Das ist anders als bei Eltern keine lebenslange Bindung. Kaum einer hier würde das Wort »Job« benutzen. Lehrer ist ein Beruf. Das kommt von Berufung. Im Internat trägt man in seinem Beruf noch dazu eine deutlich höhere Belastung. Bei gleicher Bezahlung wie Lehrer an regulären öffentlichen Schulen. Ja, aber mit einer viel besseren Atmosphäre. Wir arbeiten in Kleingruppen von 15-20 Schülern. Jedes Kind wird individuell gefördert und gefordert. Die Ausstattung ist großartig. Das beflügelt Lehrer wie Schüler. Was macht in ihren Augen einen guten Erzieher aus? Konsequenz und Verlässlichkeit. Nein heißt nein, und Ja heißt Ja. Versprechen und Zusagen werden gehalten. Auf diesen Grundpfeilern ruht das wichtigste Pfand, das wir im Miteinander brauchen: Vertrauen. Vertrauen habe ich als Schulleiter auch in die Entscheidungen meiner

Lehrer. Wenn sie die Leistung eines Kindes schlecht beurteilen, bekommen sie meine Rückendeckung, auch wenn ein einflussreicher Vater bei mir vorspricht. Können Kinder bei Ihnen etwas lernen, das ihnen zuhause fehlt? Dazu gehört sicher, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Hier gibt es Sozialdienste, und jedes Kind lernt, eine Waschmaschine zu bedienen. In der neunten Klasse geht es für zwei Wochen »Outward Bound« nach Norwegen. Jeder muss einen Tag die Gruppe durch die Wildnis führen. Zuhause bauen die Eltern oft einen Schutzraum und behüten ihre Kinder extrem. Damit tun sie ihnen keinen Gefallen. Wie steht es mit Disziplin? Wir wollen Kinder nicht disziplinieren, sondern ihnen die Kompetenz zur Selbstdisziplin vermitteln. Wenn zwei Stücke Kuchen vor mir stehen, und ich weiß, ich bin ohnehin schon ein bisschen zu dick, dann esse ich eines heute und eines morgen. Oder ich überwinde mich, auch im Regen joggen zu gehen. Haben Sie selber eigentlich manchmal Angst zu scheitern? Sie treten als Leiter von Salem in große Fußstapfen.

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Nein, Angst habe ich nicht. Das ganze Leben ist ein Risiko. Ich hatte bisher – mit Gottes Hilfe – immer viel Glück. 30 Jahre lang war Salem auf Bernhard Bueb ausgerichtet. Das macht es jedem Nachfolger schwer. Nun gibt es aber einen starken Willen von Eltern, Lehrern und Schülern, neue Akzente zu setzen. Und ich nehme die Herausforderung gern an.

Mit freundlicher Genehmigung der Axel Springer AG

Vor der Tür warten die bestellten Eltern und Schüler. Die drei Mädchen schauen zu Boden. Westermeyer begrüßt die Gruppe im Jogginganzug. »Meinen Aufzug erkläre ich Ihnen gleich«, sagt er und bittet herein.

Lernen und Leben im Schloss Die Schule: Schloss Salem ist mit 680 Schülern Deutschlands größtes Internat. Die Mittelstufe ist im ehemaligen Kloster des Zisterzienserordens untergebracht. 1920 im Geist der Reformpädagogik gegründet, will Salem Kinder durch gemeinsame Erlebnisse zur Verantwortung erziehen. Das reguläre Schulgeld beträgt mehr als 30.000 € im Jahr – es gibt aber auch Stipendien. Berühmte Ehemalige sind der Unternehmer August Oetker und der Schriftsteller Golo Mann. Welt am Sonntag, Bundesausgabe Nr. 48/2012 vom 25.11.2012, S. 46. Interview: Inga Michler

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Vergangenes aus der Pforte *  *  *


Forschungsprojekt zum Tafelkreuz

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Es war ein lang gehegter Wunsch des 2011 verstorbenen Dresdner Professors für Kunsttechnologie, Konservierung und Restaurierung bemalter Holzbildwerke Dr. Ulrich Schießl, nicht nur mitzuhelfen, das große Tafelkreuz in Schulpforte vor dem weiteren Verfall zu bewahren, sondern auch umfassend zu erforschen. Im September 2012 konnte der erste Projektabschnitt mit dem Herablassen des Kreuzes und ersten Untersuchungen zum Erhaltungszustand begonnen werden. Das beidseitig bemalte Holztafelkreuz, datiert um 1240/50, ist ein überregional bedeutsames Denkmal mittelalterlicher Zisterzienserkunst. Mit einer Höhe von fast fünf Metern gehört es zum Typus der monumentalen Kruzifixe. Es ist Bestandteil der ursprünglichen Ausstattung der Kirche und eines der wenigen vor Ort erhaltenen Bildwerke dieser Zeit. In Deutschland gibt es nur noch ein einziges erhaltenes gemaltes Kreuztafelbild dieser Größe. Es befindet sich im ehemaligen Zisterzienserkloster Loccum in Niedersachsen. Das Kruzifix hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich, ist aber immer in Schulpforte verblieben. Als Triumphkreuz hängt es heute an seiner vermutlich ursprünglichen Stelle an der einstigen Chorschrankentrennung von Kloster- und Laienkirche. Zu ei-

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nem bislang unbekannten Zeitpunkt abgenommen und unter ungünstigen Bedingungen gelagert, nahmen die Kreuzbalken besonders durch Feuchtigkeit großen Schaden, so dass sich von der einstigen Pracht der ursprünglichen Bemalung und Vergoldung nur wenige Reste erhalten haben. Zu Beginn der 1930er Jahre erfolgten durch den Restaurator Albert Leusch die aufwändige Restaurierung und die Rückführung des Kreuzes an seinen heutigen Platz. Die letzte Dokumentation zum Erhaltungszustand vom Landesamt für Denkmalpflege aus dem Jahr 1994 stellt bereits die dringende Notwendigkeit einer grundlegenden Konservierung des gesamten Kruzifixes fest, um weiteren unwiederbringlichen Substanzverlust zu verhindern. 1997 wurden aufgrund des schlechten Zustands die am stärksten sich ablösenden Fassungspartien notgesichert. Dennoch besteht nach wie vor dringender Konservierungsbedarf. Die aktuellen Untersuchungen zeigten, dass der Erhaltungszustand der gesamten Fassung durch großflächige blasenartige Abhebungen gekennzeichnet ist. Um dieses hochbedeutende Denkmal der monumentalen Tafelmalerei des 13. Jahrhunderts zu erhalten, sind konservierungswissenschaftliche und kunsttechnologische Untersuchungen unerlässlich. Die zentrale Funktion des Kreuzes in der Kirche selbst und sein hoher Stellenwert als Kunstdenkmal verlangen hier


eine besondere Intensität der Erfassung und die höchste Qualität seiner Konservierung. Über die Ausführung der praktischen Arbeiten hinaus bietet die Hochschule für Bildende Künste Dresden mit ihrem Studiengang Kunsttechnologie, Konservierung und Restaurierung von Kunst- und Kulturgut die personellen und technischen Vorraussetzungen zur weiteren Erforschung des Tafelkreuzes. Durch das Heranziehen neuester strahlendiagnostischer Untersuchungsmethoden und Materialanalysen kann den vielen offenen Fragen zur historischen Herstellungsweise, zum ursprünglichen Erscheinungsbild und zur Datierung nachgegangen werden. Die gewonnenen Ergebnisse werden mit kunsttechnologischen Befunden an relevanter zeitgenössischer Tafelmalerei in Deutschland verglichen. Zusätzlich wünschenswert ist die interdisziplinäre Ergänzung durch kunsthistorische Forschungen, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen und somit das Tafelkreuz aus Schulpforte stärker in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Dipl.-Rest. Stephanie Exner rechts: Das Tafelkreuz nach dem Ablassen im September 2012. Bild: M. Kammer, HfBK Dresden oben: Detailaufnahme der rechten Schmalseite des Tafelkreuzes. An vielen Stellen blättert die Fassung dramatisch, viele Fassungsschollen sind bereits abgefallen. Bild: S. Exner, HfBK Dresden

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Spiegelscherben V

I

Im 19. Jahrhundert, dessen Valediktionsarbeiten sich dieser Artikel zuwendet (zu früheren Zeiten vgl. Die Pforte 61/2008, S. 20 – 23; 62/2009, S. 14 – 19; 63/2010, S. 14 – 19; 64/2011, S. 15 – 19), sind die Spiegelscherben fleckig geworden. Nicht nur wurde 1820 das Abitur in Pforta als verbindliches Reifezeugnis eingeführt, so dass die Valediktionsarbeiten ab 1821 freiwillig und zusätzlich geschrieben wurden, auch gibt es im Zeitraum von 1832 – 1855 (Rektorat C. Kirchner) größere Lücken, indem die thematischen Arbeiten häufig herausgetrennt oder nur (ausführlichere) Lebensläufe angefertigt wurden. Und schließlich versiegen diese freiwilligen Jahresarbeiten ab den 80-er Jahren immer mehr, um im letzten Jahrzehnt ganz auszulaufen. Trotzdem lassen sich einige Vorlieben und Trends beobachten, wenn man sich auf die überlieferten Bruchstücke einlässt. Zuerst fällt auf, wie hoch die Zahl der »freiwilligen Lernleistungen« ist. Offensichtlich wurde es von den meisten Schülern als Ehrensache angesehen, die erworbenen Kenntnisse und Methoden während des letzten Schuljahres mit einer größeren Arbeit zu einem meist selbst gestellten Thema zu dokumentieren. Ehrensache war es überwiegend auch, seine Gelehrsamkeit und sein Traditionsbewusstsein durch das Verwenden der lateinischen Sprache zu beweisen: Noch

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nicht einmal ein Drittel der in diesem Jahrhundert angefertigten Arbeiten wurde auf deutsch geschrieben. Sogar sieben griechische Arbeiten sind erhalten, eine von ihnen besonders apart: Friedrich Koch übersetzt 1844 einen Teil von Goethes »Achilles« ins Griechische. Eine Übersetzung eines Goethe-Gedichts ins Lateinische und eines Ovid-Gedichts ins Deutsche liefert Rudolf Wilhelm Clussmann 1823 in seiner lateinisch verfassten Jahresarbeit. Auch gibt es zwei englisch abgefasste (beide 1830: A.F.J. Jacobi über Shakespeare, O. Heffter über Wallensteins Charakter nach Schiller) und eine französische (F. Wegner über Molière). Sogar zwei hebräische Arbeiten tauchen auf (von Tilly 1836; Voss 1842), und Gustav Schultze liefert 1842 sowohl eine deutsche wie eine althochdeutsche Übersetzung des 6. Kapitels vom Epheserbrief. Ewald Häniche schreibt seine Arbeit 1872 in Kurzschrift! Die sprachliche Gewandtheit der Schüler wird auch in den Danksagungen sichtbar, die erst in der zweiten Jahrhunderthälfte überwiegend deutsch abgefasst und im Umfang geringer werden. Hier tauchen neben Latein, Griechisch und Hebräisch (wohl meist Psalmverse), häufig Französisch, seltener Englisch, gelegentlich Italienisch auf, aber auch althochdeutsch, syrisch und Kurzschrift. Heinrich Buchrucker setzt


1827 seinen deutschen Lebenslauf in Verse. Bei der Themenwahl überwiegen Stoffe aus der Antike. Mehr als die Hälfte aller Arbeiten greift Themen aus der griechischen und römischen Vergangenheit auf. Den Vogel schießt Homer ab, dicht gefolgt von Sophokles und den anderen griechischen Tragikern. Bei den Römern liegt Horaz vorn, gefolgt von Cicero, Tacitus und Cäsar bzw. den von ihnen geschilderten Ereignissen. Damit gelangen auch die alten Germanen in den Blick (ca. 30 mal). Arminius wird achtmal thematisiert. Die Nibelungen und die Minnesänger werden sowohl literarisch wie historisch betrachtet (ca. 36 mal). Ob das Althochdeutsche in Schulen gelehrt werden solle, fragt Karl von Manteuffel 1825. Der »Edda« sind zwei Arbeiten gewidmet, Ulfila eine. Auch das »Ossian«-Fieber des vergangenen Jahrhunderts ist noch nicht abgeklungen (fünfmal) und familiär ansteckend: Drei Claudius-Brüder (Söhne von Matthias Claudius) gehen auf den vermeintlich gälischen Dichter ein (1804 – 14). Deutsche Volkslieder und Überlieferungen, Fabeln und Sagen wecken Interesse, auch in ihrer Motivauswahl. Karl Raabe behandelt z.B. 1865 »Die deutsche Linde« im Gedicht, und Wilhelm Sickel schreibt 1867 »Über die Vögel nach deutscher Dichtung

und Sage«. Aber jetzt gelangen vor allem die großen Klassiker ins Visier: Allen voran Goethe (mindestens 73 Arbeiten), gefolgt von Shakespeare (38) und Schiller (27). Doch auch hier macht sich das antike Erbe bemerkbar: Bevorzugt werden die Tragödien der erwähnten Dichter zu antiken Gestalten und die Beziehungen zu den griechischen Vorbildern. Zu Lessing gibt es neun Arbeiten, zu Klopstock nur zwei. Immerhin beendet Wilhelm Naumann 1814 seine Arbeit de illustrata aetate nostra (unser erleuchtetes Jahrhundert) mit einem KlopstockGedicht. Heine taucht in Titeln der Jahresarbeiten dreimal auf, Uhland und die Freiheitsdichter je zweimal. Hatte sich in der letzten Jahrhunderthälfte utilitas/necessitas als sprachliches Leitfossil erwiesen, trifft das auch für das erste Viertel des neuen Jahrhunderts zu. Aufschlussreich sind die Bereiche, deren Nützlichkeit sinnfällig wird: schulische und wissenschaftliche Ausbildung, Dichtkunst und Musik, Mathematik, Geschichte, Theologie. Nützlich können aber auch Schifffahrt, Landwirtschaft und das

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Erlernen moderner Sprachen sein. Als neues Leitwort taucht dann ab den 30er Jahren »Charakter(schilderung)« auf. Auch hier ist es interessant, wer da analysiert wird: Außer Seneca (nach Tacitus, R. Raabe 1863) sind es Gestalten der Literatur, neun aus griechischen Tragödien, zwölf aus den Nibelungen, dreizehn aus Dramen Shakespeares, zwei aus Lessings Dramen, elf aus Goethes Werken und drei aus Schillers Dramen. Pädagogische Themen werden im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts ebenso gern aufgegriffen wie Abhandlungen zu Musik und Kunst, Wissenschaften und Mathematik. Doch nicht nur über die Bedeutung der Mathematik wird geschrieben, auffällig viele Arbeiten (66) widmen sich im gesamten Zeitraum mathematischen Problemen, besonders aus dem Bereich der Geometrie und Trigonometrie mit sorgfältigen Zeichnungen. Wilhelm Ranke (ein Bruder des Historikers Leopold) ehrt 1822 seinen Mathematiklehrer Johann Gottlieb Schmidt in einer memoria. Auch die Naturwissenschaften rücken stärker in den Blick. Heinrich August Facilides liefert 1801 eine »Kurze physikalische Betrachtung unserer Erde«. Wilhelm Erdmann von Thielau untersucht 1816 die vires centrales, die Zentralkräfte. Der Erdkunde widmet sich Guido von Usedom 1825, wenn auch vorerst in literarischer Spiegelung.

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Der Erkenntnisgewinn für die Jugend durch Reisen wird zweimal thematisiert (Ottiliae 1824, Stern 1828). Friedrich Gottlob Merz macht sich 1810 Gedanken über die unterschiedliche Größe der Menschen. Bernhard Thienemann und Heinrich August Heisterbergk schreiben über Pflanzen (1811, 1815). Christian Gottfried Ehrenberg, der sich mit dem Setzen der Kastanie im Kreuzgarten ein lebendes Denkmal geschaffen hat, liefert zusätzlich zu einer lateinisch verfassten Abhandlung zur Naturkunde der Alten eine naturkundliche Erläuterung Pfortas auf deutsch mit farbigen Zeichnungen (1815). Den Polypen gilt 1813 das Interesse von Ludwig Thienemann, ebenfalls mit schönen Zeichnungen. Das soll an Beispielen genügen. Trotz der Vorliebe für die Antike wird die Theologie nicht vernachlässigt, wobei beides durchaus vereint werden kann: Über »die erste Berührung des Christentums mit den Göttern Griechenlands« schreibt Gustav Julius Hildebrandt 1838, Carl Niese, Sohn des Geistlichen Inspektors von Pforta, vergleicht 1856 den Ursprung der Sünde mit der Philoktet-Überlieferung, Adolf Langerhannß 1861 die Anklagen gegen Sokrates und Christus. Christian August Kraft fragt 1809, ob die Lyrik der Hebräer mit griechischer und römischer verglichen werden kann. Überhaupt wird der hebräischen wie


anderen orientalischen Sprachen Aufmerksamkeit geschenkt. Karl Ziegler lässt sich 1842 nicht nur über die Freude des Sprachenerwerbs aus, sondern liefert noch ein exercitium Syriacum, und Otto Blau, der nach seinem Abgang 1848 orientalische Sprachen studierte, macht Ergänzungen zu phönizischen Inschriften, die Wilhelm Gesenius gesammelt hatte. Zum Alten und Neuen Testament gibt es mehrere textkritische Arbeiten. Doch verfasst Albert von Flottwell 1849 auch ein Gedicht »Das Kreuz Christi (zum Charfreitage)« noch ganz in barocker Manier, wie Bernhard Trinius seiner Arbeit von 1819 eine farbige Christusfigur beigibt. Aus der Kirchengeschichte ragen zahlenmäßig Arbeiten über Luther hervor (10). Die jüngsten geschichtlichen Ereignisse werden vergleichsweise selten berücksichtigt. Napoleon wird dreimal thematisiert. Die pugnae ad Salfeldam, Jenam et Eccardsbergam,

die Karl Mirus 1808 beschreibt, sind wohl die preußischen Niederlagen von 1806. »Blüchers Volksbeliebtheit« widmet Paul Hirsemann 1866 seine Jahresarbeit. Doch auch dem französischen Marschall Ney wendet sich eine Arbeit zu (Friedrich Richter 1817). Die Völkerschlacht und der Wiener Kongress mit dem Wechsel der Schule an Preußen werden je zweimal behandelt. Bei ihren Danksagungen, die fast immer den jeweiligen König berücksichtigen, verhalten sich die Schüler, die von diesem Wechsel betroffen waren, übrigens ganz pragmatisch: Der Dank wird meist sowohl dem sächsischen wie dem preußischen Landesvater abgestattet! De principis Bismarkii in Borussiam et Germaniam schreibt Adolf Korschewitz 1873. Der älteren preußischen Geschichte, vor allem Friedrich dem Großen, gelten ca. elf Jahresarbeiten. Auf die Geschehnisse des Jahres 1809 in Sachsen blickt noch

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im gleichen Jahr Christian Friedrich Winternitz zurück. Ganz aktuell ist auch die Jahresarbeit von Eduard Schollmeyer: Den 1842 aufgenommenen Weiterbau des Kölner Domes nimmt er zum Anlass, sich mit jedem Deutschen darüber zu freuen (1843). Im September 1853 stattete der Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. Pforta einen Besuch ab. Das schlägt sich in der Jahresarbeit von Rudolf Stutzbach nieder, der darüber auf Latein berichtet (1855). Die 300-Jahrfeier der Schule 1843 wird in vier Arbeiten, darunter

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einem carmen epicum (Ferdinand Junghans 1844) bedacht. Die einzige deutsche Arbeit, die Rede des Schülers Richard Plehn zum Jubiläum, wurde leider herausgetrennt. 27 Arbeiten gibt es insgesamt, die (dem Titel nach) Pforta thematisieren, überwiegend auf Latein – auch das ein Zeichen der Verehrung und des Stolzes, durch diese Schule geprägt worden zu sein. Seiner Arbeit über die Nützlichkeit der Musik für den sich Bildenden von 1816 fügt Leo von Könneritz eine Eigenkomposition mit Noten über Pforta bei. Meist geht es um die praestantia, die Vorzüglichkeit, der Schule, aber auch um die Musikpflege in alter Zeit (G.Ph. Schmidt, 1812), die ludi scenici (l. von Windheim 1875), die »Freundschaft in Pforta« (H. Stiller 1858), das Bergfest (lateinisches Gedicht von Kurt von Rohrscheidt 1866; sein Bruder Paul hatte ein Jahr zuvor ebenfalls ein lateinisches Gedicht über Pforta abgeliefert) oder Ansichten von Pforta (G. Gottsched 1861). Die gerade erfolgten Reformen in Pforta werden 1804 durch Karl Wilhelm Steinicke be-


dacht. Sogar die Examensprüfungen werden in einem carmen heroicum gerühmt (Th. Koch 1847). Die Bemühungen des Tanzlehrers Franz Anton Roller, Sportunterricht zu installieren, stoßen nicht auf die Gegenliebe des Schülers Ludwig Georg Richter, der sich 1817 gegen die ars gymnica in Pforta ausspricht. Auch Rudolf von Welck hatte ein Jahr zuvor eine ars gymnastica im Wissenschaftsbetrieb abgelehnt. Alfred Müller vergleicht dann aber 1864 die »großen deutschen Turnfeste« mit den antiken olympischen Spielen. Nur eine Jahresarbeit berücksichtigt die frühere Klostergeschichte Pfortes (H. von Hertzberg 1836). Dass bei aller Gelehrsamkeit der Humor nicht zu kurz kommt, beweisen solche Arbeiten wie die von Johann Ernst August Kaufmann über satirische Schriften (1803) oder von Karl August Wilhelm Lange über die Sitte des Sprachspiels (1801). Ein solches liefert Ferdinand von Hahn 1828, indem er seinen Namensgeber mit Beispielen ex ethnica et christiana antiquitate erläutert. Und August Ludwig Leser datiert seine Rede zur laus stultitiae, dem Lob der Torheit, um 100 Jahre auf den 1. April 1901 voraus! MALWINE MASER

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Schulpforte im ereignisreichen Jahr 1813

N

Napoleons verlustreiche Niederlage im Russlandfeldzug rief politische Veränderungen in den östlichen deutschen Ländern hervor. Überall erwuchsen Bewegungen, sich von der siebenjährigen Fremdherrschaft befreien zu können. Am 17.März 1813 erließ der preußische König Friedrich Wilhelm III. den «Aufruf an mein Volk«.In dieser Proklamation – verfasst vom Staatsrat Theodor von Hippel – forderte der Monarch die östlichen Landesteile Deutschlands zum entscheidenden Kampf um ihre Existenz und Unabhängigkeit auf – das von Kaiser Otto I. gegründete erste deutsche Reich war seit 1806 durch Napoleon bzw. durch Selbstauflösung nicht mehr existent.

Österreicher und Russen an. Noch saß jedoch der Korse fest im Sattel.

Der Widerhall in der Bevölkerung war überwältigend. Tausende eilten zu den Waffen, die Zivilbevölkerung spendete Geld zur Ausrüstung und Unterstützung. Bekannt ist die Aktion «Gold gab ich für Eisen«, darunter das Opfer des Mädchens Ferdinande von Schmettau, die ihre Zöpfe verkaufte, um etwas beitragen zu können. (Ihr Alterssitz wurde Bad Kösen.)

Jedoch Franzosen und Bayern erschienen erneut und quartierten sich in der Schule ein, wo sie von den zurückkehrenden Russen wieder verdrängt wurden.

Die Ereignisse überschlugen sich. Am 27.März erklärte Preußen Frankreich den Krieg. Einige Rheinbundstaaten, bislang enge Verbündete Napoleons, lösten ihre Bindungen und schlossen sich der Koalition der Preußen,

Wie erlebte die Landesschule jene schwierigen Monate? Die Vorbeizüge der verschiedenen Heeresteile belasteten das Leben, die Versorgung und den Schulbetrieb ungemein. Ende April näherten sich vom Dorf Kösen her französische Truppenteile, unter ihnen bayrische Kontingente. Sie wurden von russischen Kosaken bis Hassenhausen zurückgedrängt, anschließend in der Schule nach der Erschöpfung des Kampfes kurze Rast gemacht, um dann weiterzuziehen.

Wenige Tage später ritt der französische Marschall Ney (eh. Marschall des 6. Armeekorps) mit Infanterie an der Schule nach Naumburg vorbei. Solche wechselnden Besetzungen belasteten die Versorgung der Schule bis an die Grenze der Erträglichkeit, so dass Schüler und Einwohner – wie berichtet wurde – Hunger erleiden mussten.

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Der 1. Mai brachte nochmals eine große Truppenbewegung um die Schule. Napoleon kam mit Teilen seiner Garde von der Windlücke herabgeritten, verweilte vor dem Tor, wo sich die Kolonnen der anderen Heeresteile stauten und ließ sich über die Schule informieren, wie der Alumnus Karl von Könneritz später berichtete. Noch konnte er am folgenden Tag bei Großgörschen in unmittelbarer Nähe einen Sieg erringen, die Koalition zur Aufgabe des sächsischen Territoriums zwingen und den wankelmütigen sächsischen König wieder fester an sich binden. Die nächsten Wochen waren vom Durchmarsch unter Marschall Augereau (eh. Marschall des 7. Armeekorps) nochmals belastet. Übergehen wir einige Monate bis zum Oktober.

Truppenteilen und der Koalition um das Dorf Kösen den Berg hinauf bis nach Hassenhausen, geringe Verluste auf Seiten der Koalition, dabei wurden viele Franzosen und Württemberger als Gefangene zusammengetrieben. Das Kampfgetümmel war bis Schulpforte hörbar.

Wie sah die innere Situation in der Schule in jenem Jahr aus ? Der Rektor Ilgen, der bereits seit 1802 sein Amt ausübte, hatte in den Wochen vieles durchzustehen. Einerseits belasteten ihn die Fürsorge für seine Zöglinge unter den erschwerten Bedingungen, die Durchzüge der Truppenteile beider Seiten, die Versorgung der Schüler und andererseits Reformversuche unter Leitung des Oberhofs­ *predigers Reinhard.

Die Völkerschlacht um Leipzig brachte die endgültige Wende. Den Rückzug nahm Napoleon über Freyburg mit dem erfolglosen Versuch, mit Artillerie vom Lasenholz die Kösener Straßenbrücke zerschießen zu lassen, um nicht von der Flanke bedrängt zu werden. (Die Kugelreste wurden später in einem zerstörten Wohnhaus neben der Brücke nach dem Wiederaufbau eingesetzt und sind heute noch zu sehen.)

Unter seinen Schülern waren einige in jenem Jahr 1813, die später namhafte Persönlichkeiten in Geschichte und Wissenschaft wurden. Mancher berichtete ausführlich über seine Erlebnisse im Jahr 1813.

Dennoch gab es ein eintägiges Rückzugsgefecht zwischen französischen

Sein Leben nach der Schulzeit war der Geschichtsforschung gewidmet, wie

An erster Stelle soll Leopold Ranke genannt sein, der 1795 in Wiehe geboren, die Schule mit seinen Brüdern besuchte, die Ereignisse erlebte und niederschrieb.

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die zahlreichen Veröffentlichungen zur preußischen, dann der französischen und englischen Geschichte, schließlich der Weltgeschichte bezeugen. Mit ihm lebte 1813 an der Schule sein Bruder Heinrich, in den nächsten Jahren folgten Ferdinand und Wilhelm. Vier Kinder der Familie Ranke wurden damals durch die Erziehung in Schulpforte entscheidend geprägt.

aus Droyssig durchlief später ein sehr wechselhaftes Leben und kam mit 64 Jahren bei Schulpforte durch einen Unfall ums Leben. Lange war er umstritten. In jüngster Zeit wurden seine Gedichte unter dem Titel «Klänge aus dem Saalthal« (1999) verlegt, eine Arbeitsgruppe wandte sich ihm und seinem Lebensweg zu, eine Tafel auf dem Friedhof erinnert an ihn.

Der Schüler Gottfried Ehrenberg aus Delitzsch, der seinen internationalen Forschungsweg über die Medizin und Botanik in die Wissenschaft fand, hinterließ ein Zeugnis seines Wirkens mit der Anpflanzung der Kastanie im Kreuzgangsbereich, die heute auf 200 Jahre zurückdatiert werden kann. Sein Name ist in die Annalen der Wissenschaft fest integriert.

Es gibt aus jenem Jahr weitere Zeugnisse von Schülern, die nicht alle den ruhmreichen Weg in die Wissenschaft fanden, dennoch Zeugnis über das Jahr 1813 hinterließen.

Im Stammbuch des Jahres finden wir auch den Schüler Bernhard Thiersch aus Kirchscheidungen, der sich als Literat einen Namen erwarb. (»Ich bin ein Preuße...«) Es darf nicht unerwähnt sein, dass vom norddeutschen Dichter Matthias Claudius vier Söhne die Schule besuchten, zwei Söhne im Jahr 1813. Claudius war Herausgeber des »Wandsbeker Boten«, der damit einen neuen Zeitschriftentyp schuf. Zuletzt soll auch Ernst Ortlepp nicht vergessen sein. Der begabte Schüler

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Klaus-Dieter Fichtner (al. port. 46 – 48 v.)


Dankbar denk ich all der Jahre Paul Blau erinnert sich an seine Zeit in Pforta

D Teil 1

Das schmale Buch »Bergan! Die Geschichte einer Lebenswanderung. Bd. I: Aufbruch. Kindheits- und Jugenderinnerungen«1, das der Bibliothek in Pforta zu Ostern 1939 geschenkt wurde, trägt die handschriftliche Widmung: »Der Bibliothek der alma mater Schulpforta ein dankbarer ehemaliger Schüler D. Paul Blau, Generalsuperintendent der Unierten evangelischen Kirche in Polen, al. port. 73–80«. Der Donator und Autor, dem das Reimen offensichtlich leicht fiel, hatte seiner Gabe ein Gedicht beigeklebt, das seinem Verhältnis zur Pforte beredten Ausdruck verleiht:

und zuletzt .. in stillen Stunden an geweihter frommer Stätte aus dem tiefsten Born zu schöpfen, was an Kraft der Seele not tat … Alma mater, heilige Schmiede, die das junge Leben prägte, heilig soll mir dein Gedächtnis bleiben bis zur letzten Stunde. Segnen will ich deinen Namen: Sei gesegnet deinen Söhnen!« Die Erinnerungen an Pforta spielen in Paul Blaus Autobiographie eine solch bedeutende Rolle, und der Verfasser berichtet so eingehend über seine Schulzeit2, dass es sich durchaus lohnt, diese heute wieder zu lesen.

»Alma mater, Mutter Pforte, dankbar denk ich all der Jahre, da in deinen grauen Mauern ich als Werdender geweilt zu den Füßen weiser Lehrer, die die große Kunst mich lehrten, aus der Weisheit Bergwerksschächten eifrig forschend Gold zu schürfen, in dem Kreis der Kameraden, der den Knaben früh erzogen, der Gemeinschaft Glied zu sein: erst zu dienen, dann zu führen, erst gehorchen, dann befehlen! In der ernsten Zucht der Anstalt, die »den Tag zu pflücken« heischte und in ihre strenge Ordnung froh und frei sich einzufügen,

Wer war Paul Blau? Geboren am 15. Mai 1861 in Suhl als Sohn eines preußischen Diplomaten, der u.a. in Sarajewo und in Odessa auf Posten war, verlebte er seine Kindheit im Ausland, bevor er am 6. Oktober 1873 in Pforta angenommen wurde, wo er am 10. März 1880 mit einer Arbeit »Die Versuchung des Herrn als Reflexionsact« valedizierte. Nach einem Studium der Theologie in Berlin und Tübingen wirkte er zunächst als Pfarrer in Jüterbog, ab 1902 als Hofprediger in Berlin, dann als Superintendent in Wernigerode, wo er 1909 das »Apologetische Seminar« gründete, aus dem die noch heute aktive »Luther-Akademie« (Sondershausen-Ratzeburg)

1  Stuttgart: J.F. Steinkopf 1938.

2   S. 71–104.

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hervorging. 1911 wurde Blau als Generalsuperintendent, also als leitender Geistlicher bzw. Regionalbischof der Kirchenprovinz Posen der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union berufen, die 1920 gezwungen wurde, als Unierte Evangelische Kirche in Polen selbständig zu werden. Seit 1940 musste der greise Kirchenführer, der durch seine Kindheit im Ausland, seine Jugendzeit im Kaiserreich und seine langjährige kirchenleitende Tätigkeit im deutschen Grenzbereich bzw. im wiedererstandenen Polen zutiefst geprägt war, erleben, wie seine Kirche im Reichsgau Wartheland als »Evangelische Kirche im Wartheland« die staatliche Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts verlor und zum Verein herabgestuft wurde. Reichsstatthalter Greiser versuchte damit, die zukünftige Rolle der Kirchen im NS-Staat vorwegzunehmen3. Am 19. Dezember 1944 starb Blau in Posen, hochverehrt in seiner Kirche als Führungspersönlichkeit in schwierigster Zeit. Paul Blau trat immer wieder auch als Autor theologischer und populärer Schriften hervor. Der Katalog der Deutschen Nationalbibliothek verzeichnet 54 Veröffentlichungen von

3   Vgl. u.a. Joachim Rogall: Die Posener Evangelische Kirche im Gegenüber zum Nationalsozialismus, in: Peter Maser, Peter Hauptmann (Hg.), Der Kirchenkampf im deutschen Osten und in den deutschsprachigen Kirchen Osteuropas = Kirche im Osten 22, Göttingen 1992, S. 159–179.

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ihm. Die Gemeinschaft Evangelischer Posener (Hilfskomitee) e.V. benannte ihr 1958 eröffnetes Lüneburger Altenheim nach dem Generalsuperintendenten. Aus Anlass des 150. Geburtstages wurde am 3. Oktober 2011 in der Großen Bergstraße in Wernigerode feierlich eine Gedenktafel für Paul Blau enthüllt. Seine Enkelin Gudula Blau, geb. 1940 in Posen, ist als Filmschauspielerin, zweite Ehefrau von Karlheinz Böhm und Gründerin der Partei »Die Violetten« bekannt geworden. Im folgenden werden die Erinnerungen Paul Blaus an Pforta – leicht gekürzt und knapp kommentiert - nach dem Exemplar in der Bibliothek der Landesschule (Signatur B Port. 1051) in zwei Folgen reproduziert: So verging der Sommer schnell und der Herbst brachte die Aufnahmeprüfung für Pforte. Diese »Rezeption« war ein wichtiger Akt, sie war Konkurrenzprüfung, und nur die besten Prüflinge wurden aufgenommen. Da sah man Väter und Mütter mit sorgenvollen Mienen einhergehen, und den Jungen war auch nicht allzu gemütlich zumut. Man sang sie im Coetus4 der Schülergemeinschaft mit einem schönen Vers 4   In Pforta traditionelle Bezeichnung der Schulgemeinschaft, der lat. Begriff bezeichnet üblicherweise die Versammlung, die pejorative Bedeutung des Begriffs als Zusammenrottung oder Auflauf trifft für Pforta natürlich nicht zu.


an, der begann: »Rezeptionspapa, Rezeptionsmama. Rezeptionspapa, Mama und Sohn.« Zwei Tage dauerte diese hochnotpeinliche Prüfung. Als aber an ihrem Schluß der Aufruf derjenigen Schüler erfolgte, die das Aufnahmeexamen bestanden hatten und auch Paul Blau aufgerufen wurde, da waren alle Nöte und Sorgen vergessen. Nun war ich also stolzer »alumnus portensis«! Alma mater Pforte, du eigentliche Bildungsstätte meiner Jugend! Dich grüße ich im Geist. Wie oft bin ich in späteren Jahren auf der Fahrt zwischen Erfurt und Halle an dir vorbeigefahren, und jedesmal wenn ich dich da drüben an den Füßen des Knabenberges geschmiegt liegen sehe, steigen die dort verlebten Jahre wieder vor mir auf! Ich sehe die alte Oberförsterei vor deinen Toren5, damals bewohnt von einem Verwandten und Namensvetter Adalbert von Chamissos6. Ich sehe das

5   Vgl. den Kupferstich von 1790 in Wieland Führ (Hg.): Vivat Porta. Bilder von Schulpforte aus dem 18. Und 19. Jahrhundert, Nürnberg 1993, Abb. 19. 6   Adalbert von Chamisso (1781–1838), gleichbedeutend als Dichter und Naturforscher, war mit Pforta auf mehrfache Weise verbunden. Sein Sohn Maximilian, geb. 17.5.1822, wurde am 12.11.1838, also wenige Wochen nach dem Tod des Vaters in Pforta angenommen, von wo er am 15.4.1840 wieder abging, vgl. Pförtner Stammbuch Nr. 9717, S. 400. Als Oberförster in Pforta amtierte zu jener Zeit ein v. Chamisso, dessen verwandtschaftliches Verhältnis zum Dichter offensichtlich schon Paul Blau nicht klar war. Der Sohn des Oberförsters Adalbert von Cha-

Torgebäude7, in dem sich zu meiner Zeit die Wohnung des Rektors und in einem anderen Stockwerk die große Bibliothek befand, während seitwärts die Wohnung des geistlichen Inspektor sich anschloss. Ich sehe das alte langgestreckte eigentliche Anstaltsgebäude mit seiner fensterreichen langweiligen Fassade, seinen Schlafsälen, seinen Schülerstuben und unten den Schulklassen8, dem Speisesaal (Coenakel9), der alten Aula mit dem wundervollen Kreuzgang, der den traulichen Primanergarten umrahmte10, dem Stübchen, in dem Hitschke, der Bote, sein Wesen trieb und die Pakete austeilte, die er aus Naumburg mitgebracht hatte, und ach wie oft dem ungestümen Fragen: »Hitschke, haben Sie keine Post für mich?« die brummige Antwort gab: »Wer sull‘n an Ihnen schreiben?«11 Ich sehe das Wasserhöfchen mit seinem Brunnen, an dem wir Morgen für Morgen, oft genug bei Eiseskälte und Schneesturm, das Wasser misso, geb. 6.1.1868 war al. port 1881–1888 val., vgl. Pförtner Stammbuch Nr. 11554, S. 494. 7  Vgl. z.B. den Holzstich nach einer Zeichnung W. Wollschlägers von 1880 bei Führ, Abb. 87. 8   Vgl. die Federzeichnung Christian Hauns von 1811 bei Führ, Abb. 23. 9  Der in Pforta schon seit langem ungebräuchliche Begriff begegnet immerhin noch im »Spiegel«, Nr. 50/1965, S. 77f. in einem Artikel »Schulpforta. Knaben im Coenakel«. 10   Vgl.die Federzeichnung Beckers von 1787 bei Führ, Abb. 16, sowie die Lithographie J. Bormanns von 1868 bei ebd., Abb. 81. 11   Vgl. die Lithographie »Der Postbote« von 1840 bei Führ, Abb. 50.

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für unsere Stuben holen mußten. Ich sehe das Türmchen über dem sogenannten Fürstenhaus12, in dem nicht nur unser Tutor, der gefürchtete erste Mathematiker der Anstalt, Professor Buchbinder13, wohnte, sondern auch das Konferenzzimmer sich befand, in dem vom hohen Rat das Schicksal der Schüler entschieden wurde; und das ganze überragt von dem Schieferdach der alten Klosterkirche, in der wir sonntäglich unseren Gottesdienst hatten14, an deren Altar ich mein Konfirmationsgelübde abgelegt habe15, in deren Schatten die Toten ruhen. Und ich sehe den großen Schulgarten mit seinen schattigen Alleen, seinen am Bergeshang sich hinaufziehenden Klassenplätzen, seinen Kegelbahnen, seinem Turnplatz und seinen Wiesenflächen, und draußen vor dem Tor jene breite Wiese, die, im Winter un-

12   Paul Blau meint hier den Treppenturm des Fürstenhauses mit seiner kuppelförmigen Bedachung. 13   Friedrich Christian Buchbinder kam 1855 als erster Lehrer nach Pforta, »der ausschließlich Mathematik und Naturwissenschaften studiert hatte«, vgl. Jonas Flöter: Eliten-Bildung in Sachsen und Preußen. Die Fürsten- und Landesschulen Grimma, Meißen, Joachimsthal und Pforta (1868–1933) = Beiträge zur historischen Bildungsforschung 38, Köln-WeimarWien 2009, S. 234f., und hauptsächlich deshalb dort nicht Rektor werden konnte, vgl. Flöter, Elitenbildung, S. 334. 14  Vgl. das oft reproduzierte Aquarell von 1880 bei Führ, Abb.88. 15   Vgl. J. Bormanns Lithograpie »Innere Ansicht des hohen Chores« von 1868 bei Führ, Abb. 84.

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ter Wasser gesetzt, eine spiegelglatte Eisbahn bot. Ich sehe den Weg nach dem nahen Dörfchen Almerich16 mit seiner Klopstockquelle17, ich sehe den Knabenberg mit seinen Bergtagen, seinen Spaziergängen. Kösen, Naumburg, das Saale- und Unstruttal, Rudelsburg und Camburg…, wie viele Erinnerungen! Also alumnus portensis! In jedem Pförtner lebt ein Gefühl wirklichen Stolzes. Es war doch keine Kleinigkeit, einer Schule von solcher Berühmtheit anzugehören. Was wußten diese alten Mauern zu erzählen! Wie schon im Jahre 1140 Cisterzienser von Walkenried hier das Kloster gegründet, wie 1543 Kurfürst Moritz von Sachsen es in eine Schulanstalt (eine Fürstenschule) umgewandelt hatte und nun statt der altersgrauen frommen Väter frohe Jugend in die heiligen Hallen einzog. Und was sind aus dieser Schule für berühmte Männer hervorgegangen! Wahrhaftig, es war Grund zum Stolz, sich als Kommilitone solcher Leuchten der Wissenschaft zu wissen. Für mich hatte der Name Pforte einen vertrauten Klang. War doch mein Vater hier schon Schüler gewesen und nach ihm zwei seiner Brüder18, und 16   Paul Blau benutzt weiter unten die übliche Ortsbezeichnung »Almrich«. 17  Vgl. Trosts Lithographie »Klopstocks-Quelle bei Schul-Pforta« von 1843 bei Führ, Abb. 58. 18  Der Vater Otto Blau (1828–1879), Orientalist und Diplomat, wurde am 1.4.1842 in Pforta angenommen und valedizierte am 29.3. 1848, vgl. Pförtner Stammbuch Nr. 9850, S. 407. Dessen


unser Name hatte einen guten Klang hinterlassen, und nun war auch mein Bruder19 da. […] Aller Anfang ist schwer. Das mußten auch die Novizen in Pforte erfahren, dem wie einst im Altertum die Mysten durch allerhand geheimnisvolle symbolische Akte in ihre Mysterien eingeweiht wurden, so mußten auch die Neuaufgenommenen nach Sitte der Schule eine so genannte »Impfprobe« bestehen, ehe sie feierlich in die Schülergemeinschaft aufgenommen wurden. Sie bestand darin, daß ein als Sanitätsrat verkleideter Obersekundaner und sein Famulus20 nach einer gewichtigen, in ihren Anspielungen natürlich nur den andern Schulkameraden verständlichen und von diesen mit lautem Gewieher begleiteten Rede den Novizen einen Trank einflößte, der ihn gegen alle Schulkrankheiten wie Faulfie-

Brüder waren Gustav (al. port. 1856–1861 val., vgl. Pförtner Stammbuch Nr. 10428, S. 437) und Erwin (al. port. 1859–1865 val., vgl. Pförtner Stammbuch Nr. 10570, S. 444) Blau. Letzterer wirkte von 1880–1886 als Zeichenlehrer in Pforta. 19   Max Blau, geb. 1859, al. port. 1872–1879 val., vgl. Pförtner Stammbuch Nr. 11169, S. 476. Der Generalsuperintendent erwähnt erstaunlicherweise seinen zweiten Bruder in Pforta Otto, geb. 1866, al. port. 1879–1885 val., vgl. Pförtner Stammbuch Nr. 11486, S. 491, nicht. 20   Famulus meint ursprünglich den Gehilfen, Diener oder Knecht, bevor der Begriff in der akademischen Welt heimisch wurde und in Goethes »Faust« in der Gestalt des Famulus Wagner seine klassische Ausprägung erfuhr.

ber usw. feien sollte. Das Zeug war ein fürchterliches Gemisch von an sich unschädlichen, aber in dieser Mischung abscheulich schmeckenden Ingredienzien, und jeder neue Sanitätsrat suchte seinen Vorgänger in der Erfindung und Komposition dieser Mixtur zu übertreffen. Wehe aber dem Novizen, der diesen Schluck ausgespuckte! Er wurde gehörig dafür verhauen! Auch eine Singprobe, die die Prima abnahm, mußte bestanden werden und gab zu allerlei Schülerwitzen Anlaß. Aber wehe, wenn einer da irgendeinen frechen Gassenhauer sang! Da sausten die langen Gerten mächtig auf des Sängers Rücken nieder! Dann aber trat der Ernst des Lebens bald an den Neuling heran. Wir bewohnten die Schülerstuben zu je acht bis sechzehn Mann in der Weise, daß an jedem Tisch vier Schüler eine Tischfamilie bildeten. Sie bestand aus je einem Primaner als »Oberen«, einem Sekundaner als »Mittleren« und zwei Tertianern als »Unteren«. Der Stubenälteste hatte die Aufsicht zu führen, je zwei »Untere« hatten abwechselnd für das Wasser der Stube zu sorgen, das jeden Morgen vom Brunnen frisch geholt und des Tages öfters erneuert werden mußte. Für Heizung, Reinigung und Stiefelputzen sorgten Aufwärterangestellte. Die ganze Erziehung der Anstalt war spartanisch. Frühmorgens im Sommer fünf Minuten vor Fünf, im Winter eine Stunde später »keilte es«, das heißt, läutete die Glocke. Dann hatte der jeweilige, die Wochenaufsicht als

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Schlafsaalinspektor führende Primaner die Pflicht zu wecken. Mit lauter Stimme rief er: »Steht auf! Steht auf! Macht rasch!« Binnen drei Minuten mußte der Schlafsaal geräumt sein. Man warf flüchtig seine Kleider über, um nach dem ein Stockwerk tiefer gelegenen Waschsaal zu eilen. Nur die armen Wasserwöchner mußten erst zum Brunnen laufen, das war im Winter bei Frost und Schnee und Glatteis kein Vergnügen! Um Viertel nach Voll mußte die Morgentoilette beendet sein und jeder an seinem Platz sitzen. Bis Dreiviertel war Arbeitsstunde, dann gab es ein bescheidenes, schnell zu verzehrendes Frühstück; es folgte die gemeinsame Morgenandacht, und dann war der Vormittag bis zwölf Uhr abwechselnd mit Unterrichts- und Arbeitsstunden ausgefüllt, unterbrochen nur durch eine viertelstündige Frühstückspause, in der man sein »Doppelneckchen«21, eine Doppelsemmel mit Schmalz oder Butter schleunigst verzehrte. Um zwölf Uhr trat der Coetus im Kreuzgang zum Mittagessen an. Einer der Wocheninspektoren aus dem Kreis der dazu berufenen Primaner sprach das Tischgebet, und dann intonierte der gesamte Coetus den alten Mönchsgesang: Gloria tibi trinitas… (Ehre sei dir Dreieinigkeit)22, eine Melodie, die der 21   Der Begriff »Neckchen” war in Kösen noch bis in die fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts allgemein gebräuchlich. 22   Gloria tibi, Trinitas aequalis, una Deitas, et ante omnia saecula, et nunc, et in perpetuum. Die korrekte Übersetzung lautet: Ehre sei dir,

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alte Pförtner nie vergessen wird. Sie klang freilich fast schauerlich dumpf, und ich verstehe es, daß mein Mütterchen, als es einmal meinen erkrankten Bruder besuchen wollte und von ferne diesen Cantus hörte, erschrak, weil sie dachte, nun würde ihrem Jungen ein Grabgesang gesungen. Der Eindruck wäre freilich sehr schnell vergangen, wenn sie das unmittelbar danach einsetzende Klappern von Löffeln und Tellern, Messern und Gabeln gehört hätte, das von dem Eifer zeugte, mit dem die Alumnen sich der Arbeit hingaben, ihr Mittagessen zu verschlingen. Höhepunkte der Tafelfreuden waren der Martinstag mit seinem obligaten Gänsebraten23, wobei freilich dem Tischältesten das Kunststück zugemutet wurde, auf je zwölf hungrige junge Mägen eine und eine halbe Gans gleichmäßig zu verteilen; und der Fastnachtstag, an dem es nachmittags statt der sonst übli-

wesensgleiche Dreifaltigkeit, eine Gottheit, vor aller Zeit, so auch jetzt und in Ewigkeit. 23   Der Martinstag am 11. November zum Beginn der vierzigtägigen Fastenzeit vor Weihnachten erinnert an den hl. Martin von Tours (um 316/17 – 8. November 397), der sich seiner Erhebung zum Bischof dadurch verweigern wollte, daß er sich in einem Gänsestall versteckte. Das aufgeregte Schnattern der Gänse vereitelte diesen Versuch. Eine andere Legende weiß zu berichten, daß eine in die Kirche eingewanderte Gänseschar den Heiligen einst bei der Predigt gestört habe. Wie dem auch sei, wahrscheinlicher ist eine Gans Teil einer Pflichtabgabe am Martinstag gewesen. Der Gänsebraten gehört zum Martinstag wie die heute wieder sehr beliebten Sankt-Martins-Umzüge und das Martinssingen im Schein der Lampions.


chen Semmel Pfannkuchen gab. Nach Tisch war »schulgartenfrei« bis dreiviertel auf Zwei. In dieser Zeit mußte jeder im Schulgarten sein, niemand durfte im Zimmer bleiben, es sei denn auf ärztliche Verordnung. Da machte man sich dann ausgiebige Bewegung im Freien. Man spielte Ball- und Laufspiele, schob Kegel oder vergnügte sich an den Turngeräten. Freilich gab es auch manche Leute, die diese Freizeit benutzten, um »mit David über die Mauer zu springen«24 oder zu »prellen«25, wie man das heimliche Verlassen des Anstaltsgebietes nannte. Um da zu kontrollieren, fanden öfters plötzlich mitten in dieser kurzen Freizeit Visitationen statt. Nur die Primaner durften in dieser Zeit nach einem bestimmten Turnus die Anstalt verlassen. Sie benutzten dann diesen Spaziergang meist, um nach dem nahen Dörfchen Almerich zu laufen, wo der Gasthof zum schwarzen Adler26 zum Besuch freigegeben war. Wie manchmal haben wir da zum Nachtisch schleunigst noch eine tüchtige Portion Schweinebraten mit Kartoffelklößen vertilgt! Von zwei bis vier Uhr war wieder Unterricht, um vier Uhr Vesperbrot, aus den berühmten Neckchen bestehend, die am besten

24  Vgl. Psalm 18,30. 25   »Prellen« meint außerhalb Pfortas eigentlich »betrügen, überlisten, hintergehen, mogeln«.

schmeckten, wenn es dazu im Herbst frisches Obst gab, von vier bis fünf Uhr war im übrigen wieder Freizeit, von fünf bis sieben Uhr Arbeitsstunde, um sieben Uhr Abendbrot gleichfalls mit feststehendem Menü, so daß man immer schon vorher wußte, worauf man sich einzurichten hatte. Am beliebtesten war der Donnerstag mit seiner frischen Wurst, die man dann am liebsten mit aufs Zimmer nahm, um mit Freunden zusammen einen »Wurstschlang« zu veranstalten. Bis acht Uhr war Freizeit, von acht bis dreiviertelneun Uhr noch einmal Arbeitsstunde, dann Abendandacht. Um neun trat man auf dem Korridor an, von dem man dann in die gemeinsamen Schlafsäle verstaut wurde. Nur die Primaner durften bis zehn Uhr aufbleiben. Anders war die Tageseinteilung freilich an den Studientagen, die zu den wertvollsten Einrichtungen der Anstalt gehörten. Wöchentlich war ein Tag von Schulunterricht frei und nur den Privatstudien gewidmet. Bis elf Uhr dauerte die Vormittagsarbeitszeit, von vier bis sieben Uhr die Nachmittagsarbeitszeit. Was wir da arbeiteten, wurde streng kontrolliert, denn wir mußten uns darüber bei dem betreffenden Fach- oder Klassenlehrer ausweisen. Diesen Studientagen verdanken wir alten Pförtner beides, die Fähigkeit zum ganz selbständigen, selbsterwählten Arbeiten und eine umfassende Kenntnis der römischen und griechischen Klassiker.

26   Paul Blau meint wahrscheinlich das Gasthaus Goldener Adler in Almrich, das 1966 abgerissen wurde.

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Am schönsten waren natürlich die Sonntage; da begann, wie auch an den Studientagen, der Tag erst um sechs Uhr, also im Winter fünf Minuten, im Sommer aber mehr denn eine Stunde später als sonst. Freilich nutzte man das wenig aus, stand vielmehr bei gutem Wetter eher früher auf, um im Schulgarten sich zu ergehen. Zur Morgentoilette gab es an diesem Tage ausreichende Zeit, und sie wurde gern ausgenutzt. Dann war es ein Hauptvergnügen, sich von einem Schulkameraden eine Schüssel kalten Wassers über den Rücken gießen zu lassen. Der Waschsaal hatte ja Estrichboden, da konnte man nach Herzenslust planschen. Um zehn Uhr war Gottesdienst in der alten, schönen Klosterkirche. Man kann darüber streiten, ob es pädagogisch richtig war, den Kirchenbesuch zum Zwang zu machen. Es hat sehr verschieden gewirkt. Dem einen hat es die Kirche fürs Leben verleidet, die anderen ließen sich durch den sonntäglichen Kirchgang an ihn als an etwas Selbstverständliches gewöhnen. Nachmittags gab es zwei Stunden freien Spaziergang. Da ging‘s nun freilich auch meist nur bis Kösen in Hämmerlings Konditorei27, um dort die fünfundzwanzig Pfennige Taschengeld in einer Tasse Kaffee zu zehn Pfennig,

27   1851 eröffnete der zunächst in der Lindenstraße in Kösen ansässige Dorfbäcker Hämmerling jenseits der Brücke seinen zweiten Betrieb, der sich rasch zu einer populären Konditorei entwickelte und als Kaffeehaus Schoppe bis heute im Familienbesitz ist.

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einem Stück Eisenbahnkuchen zu fünf Pfennig und einem Glase Bier zu zehn Pfennig anzulegen, oder bestenfalls in den Ratskeller in Naumburg, seltener einmal, vor allem wenn man sein Taschengeld schon anderweitig ausgegeben und daher leere Taschen hatte, in die hübsche waldige Umgebung. Von diesem Sonntagsspaziergang dispensiert zu werden war eine sehr empfindliche Strafe. Besonders bewährte Primaner erhielten dagegen Erlaubnis zu drei oder gar vierstündigem Spaziergang; da ging es dann nach der Rudelsburg oder anderen schönen Punkten der Umgebung. Diese lernten wir auch auf Schulausflügen kennen, die von Zeit zu Zeit von den einzelnen Klassen unternommen wurden. Ein paarmal haben wir auch zur Feier des Sedantages28 größere Ausflüge zum Teil mit Extrazügen gemacht, so einmal nach Reinhardsbrunn, ein anderes Mal nach der Leuchtenburg. Das schönste aber waren die Turnfahrten, an denen freilich nur die Vorturner und der Famulus des Turnlehrers teilnehmen konnten. Da ich die letztgenannte Würde bekleidete, war das mir auch vergönnt. Da traten wir denn in unseren weißen Hosen und grünen Turnjacken, die Brust geschmückt mit den Turn-

28   Der jährlich um den 2. September gefeierte Sedanstag erinnerte an die Kapitulation der Franzosen 1870. Der niemals amtlich definierte Feiertag, der zu Blaus Schulzeit noch eine Novität darstellte, wurde aber seit 1873 auf Anordnung des preußischen Kultusministeriums in Schulen und Universitäten festlich begangen.


schleifen, die als Prämien für gutes Turnen je nach der Leistung in verschiedenen Farben verliehen worden waren, unter dem Torweg an. Frisch erklang als erstes Lied: Morgenglanz der Ewigkeit29; dann ging‘s hinaus zu Tageswanderungen, von denen man abends müde, aber befriedigt heimkehrte. Wer in den kleinen Ferien, etwa zu Pfingsten, nicht verreisen konnte, nutzte auch diese zu Wanderungen ins Saale- und Unstruttal aus. Da haben wir einmal Pech gehabt. Wir hatten in Wiehe30, einem einige Stunden entfernten Dorf einen Freund besucht. Sein Vater hatte ein Pferd und ein Wägelchen und erbot sich, er wolle uns nach Hause fahren lassen. Natürlich blieben wir gern um so länger dort. Auf der Heimfahrt aber passierte das Unglück, daß das Pferd lahmte und nicht weiter konnte. Nun mussten wir zu Fuß nach Pforte zurücklaufen, kamen natürlich einige Stunden zu spät an, mußten uns bei dem wachehabenden Lehrer melden und bekamen wegen Überschreitens der Ausgehzeit nicht nur von unse-

rem Tutor eine donnernde Strafrede, da ja eigentlich die Zeit zu Fußwanderungen bestimmt war, sondern auch zur Strafe Dispensation vom nächsten Sonntagsspaziergang! Wenn man bedenkt, daß für gewöhnlich des Tages in der Regel nur von halb ein Uhr bis dreiviertel zwei Uhr, von vier bis fünf Uhr und von halb acht Uhr bis acht Uhr für uns Gelegenheit zur Bewegung gegeben war, wir die übrige Zeit aber an den Arbeitstisch gebannt waren, wird man urteilen müssen daß das vom hygienischen Standpunkt aus nicht gerade sehr glücklich eingerichtet war. Trotzdem ist aus der Pforte ein im ganzen gesundes Geschlecht hervorgegangen. Fortsetzung folgt in Ausgabe 66!

29   Der Choral »Morgenglanz der Ewigkeit« stammt von dem schlesischen Dichter Christian Knorr von Rosenroth (1636–1689). Er steht im Evangelischen Gesangbuch unter der Nr. 450 und im katholischen Gotteslob unter Nr. 668. 30   Wiehe liegt im Osten des thüringischen Kyffhäuserkreises im Tal der Unstrut am Nordhang der Hohen Schrecke. In Wiehe war die Familie Ranke ansässig, aus der mehrere Schüler in Pforta stammten, darunter der Historiker Leopold von Ranke (1795–1868, al. port. 1809–1814 val.).

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Findbuch zum Bestand D 34 Amt und Landesschule Pforta

S

Seit einiger Zeit ist im Internet ein Findbuch zu einem Pforte betreffenden Aktenbestand einsehbar. Dieser befindet sich in Wernigerode, einer der Außenstellen des Landeshauptarchivs Sachsen-Anhalt. Damit ist es jetzt möglich, sich vor einem Besuch im Archiv Wernigerode über den Aktenbestand zu informieren und benötigte Akten bereits vorzubestellen. Das elektronische Findbuch listet zwar den größten Teil der Akten, genauso wie die Karteikarten vorher, ohne inhaltliche Ordnung auf, doch bringt es die komfortable Eigenschaft einer PDF-Datei mit, nach Wörtern suchen zu können. Das ermöglicht es dem Benutzer, sofern er in etwa weiß, wonach er sucht und was er im Titel einer Akte an Informationen erwarten kann, zielgerichtet zu suchen und nicht unbedingt alle Titel durchlesen zu müssen. Zu dem verzeichneten Bestand ist zu bemerken, dass ein großer Teil der Akten das Amt Pforte betrifft, also vorrangig die dazugehörenden Amtsdörfer Altenburg (Almrich), Benndorf, Flemmingen, Gernstädt, Hassenhausen, Lißdorf, Mertendorf, Ober- und Niedermöllern, Pomnitz, Poppel, Punkwitz, Rehehausen, Rossbach, Spielberg, Taugwitz und Zeckwar sowie die Vorwerke Kösen, Cuculau, Fränkenau, Memleben und Hechendorf. Dabei handelt es sich meist um juristische Angelegenheiten

oder wirtschaftliche Belange aller Art (Steuer- und Pachtangelegenheiten, Grenzstreitigkeiten u.a.m.). Außerdem sind auch sehr viele Bau-Akten der Landesschule in diesem Bestand zu finden und auch geistliche Angelegenheiten der Parochie Pforta. Gelegentlich findet sich auch eine Akte darunter, die direkte Angelegenheiten der Landesschule betrifft, doch das sind eher Ausnahmen. Hat man sich die betreffenden Akten ausgewählt, sollte man beim Landeshauptarchiv in Wernigerode nachfragen, wann eine Einsichtnahme möglich wäre und bestellt dann (am einfachsten) per Mail unter Angabe der Signatur und des Aktentitels. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt Abteilung Magdeburg Standort Wernigerode Lindenallee 21 (Orangerie) 38855 Wernigerode Tel.: 03943/26268-14 (Benutzersaal) 03943/26268-0 (Zentrale) Fax: 03943/26268-25 Mail: wernigerode@lha.mi.sachsenanhalt.de Link zum Findbuch http://tinyurl. com/findbuch PETRA MÜCKE (AL.PORT. 82-86 v.)

50 | Findbuch zum Bestand D 34 Amt und Landesschule Pforta


V

Steht die alte Kastanie noch?

»Politisch zurückhaltend, bisweilen ablehnend; fürs Studium nicht zu empfehlen.« So das Verdikt von Rektor Ostrowitzki über mich nach dem Abitur. Damit war es entschieden: Ein Studium an der Heimatsuniversität in Halle war ausgeschlossen. Mit dem festen Vorsatz, im Westen zu studieren, traf ich dann im Oktober 1949 in WiesbadenKastel ein und fand eine erste Bleibe im Studentenheim der Gossner-Mission bei dem sehr regsamen Arbeiterpfarrer Horst Symanowski. Ich war 18 Jahre alt, also damals noch unmündig. Eine Arbeitsstelle hatte ich bald, durfte sie aber nicht antreten, weil mir die Aufenthaltsgenehmigung für die amerikanische Besatzungszone fehlte. In 53 Ämtern war ich um sie vorstellig geworden, sogar – unter Vermittlung von Symanowski persönlich – beim Wiesbadener Polizeipräsidenten. Der wollte mich umgehend nach Hause in die sowjetische Besatzungszone zurückschicken. Schließlich kam Symanowski auf den Gedanken, ich sollte es in der französischen Besatzungszone versuchen und einige Tage in dem nicht sonderlich gut beleumundeten Flüchtlingslager in Osthofen in Kauf nehmen. Hier hatte die Entscheidung ein französischer Offizier in Zivil,

der hinter seinem leicht erhöhten Schreibtisch mich ernst und streng musterte und schließlich aufforderte, vor ihm Platz zu nehmen. Er mochte mittleren Alters gewesen sein. Die Hand gab er mir nicht, auch ließ er keine Zeichen einer Emotion erkennen. Es entspann sich nun etwa folgendes Gespräch: Wo haben Sie Ihr Abitur bestanden? In Schulpforte bei Naumburg. Dann haben Sie auch Griechisch gelernt und können mir den Anfang der Odyssee deklamieren. ἄνδρα μοι ἔννεπε, μοῦσα, πολύτροπον, ὃς μάλα πολλὰ πλάγχθη, ἐπεὶ Τροίης ἱερὸν πτολίεθρον ἔπερσεν·πολλῶν δ᾽ ἀνθρώπων ἴδεν ἄστεα καὶ νόον ἔγνω, πολλὰ δ᾽ ὅ γ᾽ ἐν πόντῳ πάθεν ἄλγεα ὃν κατὰ θυμόν,ἀρνύμενος ἥν τε ψυχὴν καὶ νόστον ἑταίρων. Wie viele Schüler waren in Ihrer Klasse und wie viele in der ganzen Schule? Und sagen Sie: Steht die alte Kastanie noch im Kreuzgang? Vor dem Krieg war ich einmal Austauschlehrer in Schulpforte. Kommen Sie in zwei Stunden wieder, dann wird Ihnen die Aufenthaltsgenehmigung ausgehändigt.

Steht die alte Kastanie noch? | 51


Diese zwei Stunden gehören zu den glücklichsten meines Lebens. Ich verbrachte sie improvisierend und phantasierend an der unverschlossenen Orgel der Kirche in Osthofen. Am 2. Dezember 1949 schon trat ich meinen Dienst als Arbeiter bei der Firma Kalle & Co. in Wiesbaden Biebrich an. Mit einem Stundenlohn von 25 Pfennigen bereitete ich mich finanziell auf mein Studium vor. Im Semester 1950 begann ich mit dem Studium. Frau Petra Mücke, geborene Dorfmüller, sage ich herzlichen Dank für ihre Hilfe. Frau Mücke konnte den Namen des französischen Lehrers im Archiv der Schule finden. Es handelt sich um Emil Maurice, geboren 1909 in Pontreux. Er war vom 15. Oktober 1930 bis zum 16. Juni 1931 als Austauschlehrer in Pforte sowie gleichzeitig an der

52 | Steht die alte Kastanie noch?

staatlichen Bildungsanstalt in Naumburg beschäftigt. Laut Internet ist er 1979 gestorben. Als Deutschlehrer hat er in Rennes (Bretagne) gearbeitet. Dort ist sogar eine Straße nach ihm benannt. Während des Krieges war er Dolmetscher. Zum Kastanienbaum erfuhr ich von Dr. Klaus Dieter Fichtner, dass er von Christian Gottfried Ehrenberg (17951876, al. port. bis 1815) gepflanzt worden ist. Dazu wird das Jahr 1813 angegeben. Der Baum wird also 200 Jahre alt. Auch Herrn Dr. Fichtner herzlicher Dank. JOACHIM MÜNZENBERG (AL. PORT. 48 – 49 v.) Foto: Sebastian Willnow


Noch einmal: Erinnerungen an das Weihnachtsoratorium 1950

D

Die Erinnerungen an das Weihnachtsoratorium in den 50er Jahren von Dieter Rauschelbach (Die Pforte Nr. 63, 2010) kann ich noch etwas ergänzen. Ich kann mich an die Aufführung von 1950 noch deutlich erinnern. Es war die einzige, an der ich persönlich mitgewirkt habe. Am Anfang standen ganz viele Probleme. Wir hatten keinen besonderen Musikzweig und keinerlei Hilfe von außen. Als 1951 der Leipziger Solist Rolf Apreck den Tenorpart übernahm, war das etwas anderes. Alle, auch alle solistischen Leistungen mussten vom Schulchor und –orchester erbracht werden. Folglich musste massiv improvisiert werden. Dabei mussten wir auf Dinge verzichten, die aus guten Gründen allgemein als unverzichtbar gelten. Schmerzlich war besonders das Fehlen von Trompeten. Im Eingangschor musste die Orgel der Aula ihre Stimmen übernehmen. In der Arie »Großer Herr und starker König« sprang die Oboe für die fehlende Trompete ein. Der besonders schwere zweite Teil der Arie »Seht die Freude heißt zu schön« musste wegfallen. Ein weiteres Problem, dessen Lösung von der Orgel übernommen wurde, war das Fehlen von Oboe d’amore, Oboe da caccia und Fagott. Angesichts unserer unzulänglichen Kräfte haben wir nur die beiden ersten Kantaten aufgeführt. Weil das aber allzu mager gewirkt hätte, wurde im Anschluss an

die zweite Kantate der Eingangschor noch einmal gesungen. Schließlich will ich nicht versäumen, einige der solistisch Mitwirkenden namentlich zu nennen: Sopran u. Alt z.T. Alt z.T. Tenor Bass Violine Violoncello Flöte Oboe Pauken Cembalo Orgel Leitung

Regina Pohl Eberhard Eidt Manfred Langer Werner Jaritz Eberhard Krautheim Siegfried Pank Ernst Uhl Traugott Eberhard Manfred Lapp Claus-Dieter Pfeiffer Paul Hoffmann Franz Zimmermann

Soweit einige Fakten, die bisher nirgends dokumentiert sind. Trotz aller geschilderten Mängel war die Arbeit am Weihnachtsoratorium ein großes Erlebnis für alle, die daran mitgewirkt haben, und die Aufführung war ein großer Erfolg. Die Schülerschaft war voller Bach-Begeisterung. Franz Zimmermann hat sich dabei aber einen realistischen Blick bewahrt. Vor Beginn der Aufführung sprach er zu den Zuhörern ein paar Worte, etwa in dem Sinne, wir laden Sie ein zu einer Musizierstunde mit Johann Sebastian Bach. WERNER JARITZ (AL. PORT. 48 – 51 v.)

Noch einmal: Erinnerungen an das Weihnachtsoratorium 1950 | 53


Wussten Sie schon …? Johann Friedrich Röhr, (al. port. 1790 – 1796 v.), stammte aus Rossbach bei Naumburg, war 1803 Kollaborateur an der Landesschule, später Generalsuperintendent und Oberhofprediger in Weimar und Doktor der Theologie. Eine Straße erinnert noch heute in Weimar an ihn. Er hat 1832 die Grabrede für Johann Wolfgang Goethe gehalten. Ernst Legal (al. port. 1894 – 1898) führte 1914 die Regie zum »Richter von Zalamea« des Pedro Calderón de la Barca (1600-1681) und spielte auch in einer Hauptrolle mit. In einem Scheingefecht mit seinem Gegner schlug er den Degen so heftig zurück, dass sein Kontrahent eine klaffende Wunde über der Stirn erhielt, die stark blutete. Die Mitspieler überbrückten die Szene so geschickt, dass die Zuschauer nichts bemerkten. Wilhelm Ditzen (al.54port. 1867 – 1873 v.) aus Malgarten bei Osnabrück war der Vater des Schriftstellers Hans Fallada (Rudolf Ditzen), der durch seine zeitgenössischen realistischen Romane Weltruhm erlangte.

54 | Wussten Sie schon …?

Das »Gasthaus zum Bären« in Almrich besaß über der Tür einen Zahleneintrag in römischen Ziffern (MCCC XXVI =1326). Der »Bär« war auch ein Treffpunkt der alten Pförtner, bis er um 1980 abgerissen wurde. KLAUS-DIETER FICHTNER (AL. PORT. 46 – 48 v.)

Röhr: Quelle Wikipedia Ernst Legal: SLUB/Deutsche Fotothek, Abrahem Pisarek


Aktuelles aus der Landesschule *  *  *


Stiftung Schulpforta: Vorhaben 2013

I

Im Jahr 2013 wird die Stiftung neben ihrer grundsätzlichen Aufgabe, der Unterstützung der Landesschule, drei im Jahre 2012 begonnene Vorhaben weiterführen bzw. zu einem guten Ende bringen. Durch großzügige Unterstützung vieler, auch des Pförtner Bundes, konnte nach jahrzehntelanger Ruhe endlich das einzigartige Grisaillefenster aus dem 13. Jahrhundert sorgfältig restauriert werden. Zur Zeit werden noch die baulichen Arbeiten am Maß- und Mauerwerk im Chorbereich der Klosterkirche fortgesetzt, um spätestens im Mai das Fenster wieder an seinem ursprünglichen Platz einbauen zu können. Im September 2012 begannen die vorbereitenden Maßnahmen zur Konservierung des Triumhkreuzes der Kirche, das bereits im westlichen Teil des Hauptschiffes sicher verwahrt ist, um fachmännisch bearbeitet zu werden. Wir hoffen die Arbeiten spätestens 2014 abschließen zu können. Ebenfalls seit letztem Jahr laufen die großen Umbauarbeiten im Bereich des ehemaligen Gutshofes, die alten Hallen sind abgerissen, der Parkplatz ist fertig gestellt und wird im Frühjahr der Nutzung übergeben. Obstbäume sind bereits im alten Obstgarten gepflanzt worden. Die Grundsteinlegung für das neue Besucherzentrum wurde ebenfalls gelegt. Ab März laufen die weiteren Rohbauarbeiten. Gleichzeitig wird es wohl zu Ein-

56 | Stiftung Schulpforta: Vorhaben 2013

schränkungen in der Benutzung der Schulstraße kommen, diese wird auch ab Frühjahr bis Ende des Sommers grundhaft ausgebaut. Wir bitten schon jetzt um Verständnis. Noch in diesem Jahr werden der Rebschaugarten sowie der Kräutergarten hinter dem Besucherzentrum fertiggestellt. Erst im Sommer 2014 wird dann mit der Eröffnung des Besucherzentrums dieses 3,6 Millionen Euro teure Projekt abgeschlossen sein und unserer Landesschule ein würdiges Entrée bieten. Maik Reichel Prokurator der Stiftung Schulpforta Foto: H. Jarecki, Landesamt für Archäologie und Denkmapflege, Halle (Saale)


V

Predigt zum Schulfest in Pforta

Predigt im Gottesdienst zum 469. Schuljubiläum am 3.6.2012 über Genesis 28, 10-22 Liebe Schüler, liebe Festgemeinde, der Dichter Sándor Márai schreibt in seinen Betrachtungen »Himmel und Erde«: »Die Wege versteht der Mensch lange nicht. Er benutzt sie, geht auf ihnen und denkt an andere Dinge. Die Wege betrachten wir lange Zeit nur als Gelegenheit, als Möglichkeit, auf ihnen ins Büro, zu unserer Geliebten oder in den jubilierenden Frühlingswald zu gelangen. Eines Tages kommen wir dahin, dass Wege einen Sinn haben (…) Doch wir verstehen das erst im allerletzten Augenblick, unmittelbar vor dem Ziel.« »Und Jakob zog aus von Beerscheba« – so beginnt der Text, der jedes Jahr zum Schulfest in Pforte gepredigt wird. »Und Jakob zog aus von Beerscheba« – Wenige Worte erzählen von einem Aufbruch. Aber Jakob ist nicht nur einfach unterwegs. Hinter diesen Worten verbirgt sich eine tragische Geschichte. Jakob muss fliehen. Bei Nacht und Nebel macht er sich da-

von, um das nackte Leben zu retten. Ein Weg von über 1000 km liegt vor ihm. Er will nach Haran, zum Bruder seiner Mutter. Als die Nacht hereinbricht, legt Jakob sich schlafen. Und träumt. – Wir haben es ja oftmals verlernt, auf unsere Träume zu achten. Aber dass Träume keine Schäume sind, das wissen wir spätestens seit Sigmund Freud. Ein Wissen, das frühere Generationen und Kulturen noch in sich trugen. Träume bringen Bilder hervor, die uns unmittelbar ansprechen. Träume können hellsichtig machen. Sie erschließen Dinge, die jenseits des alltäglichen Bewusstseins liegen. Gedanken und Gefühle, die uns bewegen, tauchen in den Träumen auf und werden verarbeitet. Wer träumt, nimmt die Welt und sich selbst noch einmal ganz neu wahr. Im Traum sieht Jakob eine Leiter, eine Treppe, deren Spitze den Himmel berührt. Unweigerlich denkt man an die Erzählung vom Turmbau zu Babel. Da sagen die Menschen zueinander: »Auf, wir wollen einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reicht«. Im Laufe der Menschheitsgeschichte gab es viele solcher Bauwerke. Sie

Predigt zum Schulfest in Pforta | 57


reichen von den Pyramiden, über die babylonischen Stufentürme, die zum Himmel strebenden Kathedralen bis hin zur Treppe in Goethes Wohnhaus in Weimar, die den Besucher Stufe um Stufe in den Olymp des Dichters führt. Aber nicht nur mit Bauwerken, sondern auch mit Hilfe von Philosophie und frommer Praxis versuchten die Menschen den Aufstieg zum Himmel. Im Höhlengleichnis erzählt Platon vom Aufstieg der Menschen aus der vergänglichen Schattenwelt ins Licht der ewigen Ideen und des wahrhaft Guten. Und ein Mönch aus dem Sinai-Kloster, er heißt Johannes Klimakós, also Johannes von der Leiter, stellte im 7. Jahrhundert eine Tugendleiter auf, bei der man über viele Stufen ein immer vollkommeneres Leben führen muss, um schließlich bei Gott anzukommen. Wir kennen das Phänomen heute in anderer Weise. So sprechen wir von der Karriereleiter. Je weiter oben man ist, desto mehr Macht und Ansehen genießt man. Offensichtlich beflügelt der Traum vom unbegrenzten Aufstieg. Er gehört zum Selbstverständnis des modernen Menschen. Wir bauen heute nicht nur Türme, die sichtbar

58 | Predigt zum Schulfest in Pforta

bis zum Himmel reichen. In Wissenschaft und Technik gehen wir bis an die Grenzen des Machbaren. Und es stellt sich – wenn wir etwa an den Beginn und das Ende des menschlichen Lebens denken – die Frage: soll und darf diese Grenze überschritten werden, ohne dass wir die Folgen abschätzen können? Auch die biblische Figur des Jakob kennt dieses Streben nach Macht und Ansehen. Jakob sehnt sich nach einem glücklichen und erfüllten Leben. Dieser Wunsch wurde sichtbar im Segen der Väter. Und so schreckt Jakob, um sein Ziel zu erlangen, auch nicht davor zurück, Vater und Bruder auf das Schändlichste zu betrügen. Aber statt im Himmel anzukommen, steht Jakob am Ende vor dem Trümmerhaufen seiner Existenz. Gesegnet ist er zwar, doch auf welch zweifelhafte Weise. Mit dem erschlichenen Segen wandert nun auch die Schuld mit. Wohin er auch kommen wird, die dunkle Vergangenheit begleitet ihn und holt ihn ein. Weder im Einklang mit sich selbst, noch mit seiner Familie, noch mit Gott, ist er zu einem Flüchtling in der Welt geworden. Jakob ist für mich ein Spiegel für unsere menschliche Existenz. Im Blick auf unser Streben, die Grenzen des


Menschlichen zu überschreiten. Aber auch im Blick auf die Erfahrung, dass wir genau damit immer wieder scheitern und am Ende – wie Jakob – uns selbst verlieren. Auch Pforte hat solche Zeiten erlebt. Die Schulgeschichte erzählt von den Brüchen und Irrungen, die an diesem Ort geschehen sind. Ich erinnere mich, wie wir in meiner Kindheit zu DDR-Zeiten auf der Fahrt nach Naumburg hier angehalten haben. Durch das damals noch bewachte Torhaus gelangte man wie in eine andere Welt: die alten Kloster- und Schulgebäude, der Kreuzgang mit der großen Kastanie, der Park, der Friedhof. Und dann die immer mehr verfallende Kirche. Sie war fast schon eine Ruine – wie auf den Bildern von Casper David Friedrich. In der Westfassade wuchsen Bäume aus dem Mauerwerk. Als 1990 das Proseminar in Naumburg aufgelöst wurde, wechselte ich für ein Jahr nach Schulpforte, um hier Abitur zu machen. Es war ein Jahr des Umbruchs, ein Jahr des Neuanfangs. Ich weiß noch, wie wir zusammen mit Frau HuppenbauerKrause in diese Kirche gingen. Der Taubendreck lag zentimeterdick auf dem Boden. Nun ist diese Kirche gerettet worden.

Ein sichtbares Zeichen dafür, dass wir Menschen – trotz aller Entfremdung – die Sehnsucht nach Gott in uns tragen, die großen Menschheitsfragen nach dem Sinn unseres Lebens, nach dem Woher und Wohin. Jakob ist auf der Flucht. Er geht einer völlig ungewissen Zukunft entgegen. Aber dann geschieht das Unerwartete. Als Jakob um sein Leben rennt, öffnet sich ihm der Himmel. Nachts, im Traum, hört Jakob Gottes Stimme. Diese Begegnung ist nicht planbar und nicht machbar. Diese Begegnung kann nur Gott schenken. Und vielleicht muss es dafür erst Nacht sein. Vielleicht muss man sich

Predigt zum Schulfest in Pforta | 59


schlafen legen. Nicht aktiv, sondern passiv sein. So wie Meister Eckart, ein großer Mystiker des Mittelalters sagt, dass der Mensch erst einmal alles loslassen muss, um für Gott offen und frei zu sein.

und ich werde dich in dieses Land zurückbringen.

Als die Nacht hereinbricht, legt sich Jakob schlafen.

Gott spricht Jakob an. Er legt ihn nicht auf seine Vergangenheit fest, sondern eröffnet ihm einen Weg in die Zukunft. Den Segen, den er sich erschlichen hat, bekommt er nun neu zugesprochen. Wie sein Name »Jaakob« sagt, will Gott ihn beschützen und behüten.

Im Traum sieht er Engel, Boten Gottes, auf- und niedersteigen. Und er sieht Gott. Nicht auf dem höchsten Punkt der Treppe, sondern, wie es genauer übersetzt werden muss: »neben sich«. Wenn Gott und Mensch einander begegnen, wenn sich Himmel und Erde berühren, bedarf es keines Aufstiegs mehr. Denn Er, Gott, ist zu uns herabgestiegen. Und so ist das Entscheidende in dieser Gottesbegegnung auch nicht das, was Jakob sieht, sondern das, was er hört. Entscheidend sind nicht die Bilder, sondern die Worte Gottes.

Denn ich verlasse dich nicht, bis ich getan habe, was ich dir zugesagt habe«. –

Und dann kommt der Morgen. Als die Sonne aufgeht, errichtet Jakob einen Stein. Gottes Gegenwart in der Welt soll nicht in Vergessenheit geraten. Er nennt den Ort »Bethel – Haus Gottes«. Denn hier ist die Pforte des Himmels.

»Ich bin der Herr, der Gott deines Vaters Abraham und der Gott Isaaks. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. … Durch dich und deine Nachkommen werden Segen erlangen alle Völker der Erde.

Aber eine biblische Gotteserfahrung führt nie zum Stillstand, wo man nur noch das Bestehende feiert. Biblische Gottesbegegnung wird zum Ausgangspunkt für einen Glaubensweg. Und so ist die entscheidende Einsicht in dieser Geschichte:

Und siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wohin du auch gehst,

Auch da, wo wir es nicht für möglich halten, bringt Gott sich wieder ins Ge-

60 | Predigt zum Schulfest in Pforta


spräch. Dieses »Tor des Himmels« ist kein Ort auf der Landkarte. Es ist die Erfahrung eines Herzens. Vielleicht hat der Pfortenser Schüler Friedrich Nietzsche, der vielen nur als der große Kritiker des Christentums bekannt ist, das geahnt. Als 20-jähriger schreibt er beim Abschied von Schulpforta:

»Dem unbekannten Gott«

Noch einmal, eh ich weiter ziehe und meine Blicke vorwärts sende, heb` ich vereinsamt meine Hände zu dir empor, zu dem ich fliehe, dem ich in tiefster Herzenstiefe Altäre feierlich geweiht, dass allezeit mich deine Stimme wieder riefe. ESTHER-MARIA WEDLER (al. port. 90/91 v.)

Predigt zum Schulfest in Pforta | 61


Reise nach Conil de la Frontera

E

Ein verträumter Fischerort an der spanischen Atlantikküste

Eine Sprachreise der besonderen Art erlebten wir, die Schüler des Spanischkurses der 10S und zwei Schülerinnen der Klasse 11S, vom 19. – 26.05.12 an der Costa de la Luz. Von Berlin-Tegel nach Málaga, flogen wir direkt in die spanische Sonne hinein und erreichten kurz darauf, nach einer kurvigen Busfahrt unser Ziel in Conil. Dort lernten wir unser zu Hause für die kommende Woche kennen – eine Residenz, mitten in der weißen Stadt, mit Dachterrasse und traumhaftem Meerblick. Unsere Lehrerin Frau Amberg hatte uns wirklich nicht zu viel versprochen, wir waren hin und weg. Vor unserem ersten Unterrichtstag, erlebten wir am Sonntag unser erstes »Highlight«, einen Ausflug nach Sevilla. Mit rund 715 000 Einwohnern, ist sie die größte Stadt Andalusiens, mit Sitz der Landesregierung und des Parlaments. Das und vieles mehr, erfuhren wir von Isabel, der Leiterin der Academia Andaluza, unserer Sprachschule. Sie zeigte uns mit dem Alcázar das Wunder, wenn christliche und islamische Baukunst sich vereinen. »Wer Sevilla nicht gesehen hat, hat noch kein Wunder gesehen.« Der nächste Höhepunkt folgte sogleich am Mittwoch. Wir fuhren nach Cádiz – die schöne Stadt am Atlantik »Señorita del mar, novia del aire« was

62 | Reise nach Conil de la Frontera

so viel heißt wie » Fräulein des Meeres, Geliebte des Windes«, wie es ein spanischer Dichter einmal ausdrückte. In Cádiz erlebten wir im Torre Tavira, einem Wachturm aus dem 18. Jahrhundert, mit Hilfe einer drehbaren Camera Obscura, einen eindrucksvollen virtuellen Stadtrundgang. Aber wir waren ja nicht nur zum Vergnügen da, sondern wollten vor allem unsere Sprachkenntnisse im Spanischen erweitern. An fünf Tagen der Woche besuchten wir vormittags die Academia Andaluza, wo wir in kleine Lerngruppen aufgeteilt, unterrichtet wurden. Neu und besonders spannend war es, dass die Lehrer echte Muttersprachler waren, die


kein Deutsch sprachen, was uns dazu zwang alles auf Spanisch auszudrücken und unseren Sinn für diese schöne Sprache zu schulen.

Unterrichtsstunden in der Sprachschule, und wir waren schon ein bisschen traurig, dass es am nächsten Tag hieß: Zurück nach Deutschland.

Nach und nach merkten wir, dass uns Spanien nicht nur landschaftlich, kulturell und kulinarisch begeisterte, sondern wir durch unsere neu erworbenen sprachlichen Kenntnisse, sogar anfingen ein spanisches Lebensgefühl zu entwickeln, was uns auch als Gruppe immer enger zusammen schweißte.

An dieser Stelle möchten wir uns ganz besonders bei Ihnen, liebe Damen und Herren des Pförtner Bundes e.V., für Ihre großzügige Unterstützung bedanken.

Am letzten Tag besuchten wir ein Thunfischfest, die »Almadraba«, bei dem vor unseren Augen traditionell ein riesiger Thunfisch aufgeschnitten wurde. Danach wurden wir von unserer Sprachschule zum Paella-Essen eingeladen, womit wir unsere Reise sehr gut ausklingen ließen. Urkunden wurden uns überreicht für die absolvierten

Durch Sie und die Initiative unserer Lehrerin Frau Amberg, welcher auch unser herzlicher Dank gilt, wurde uns diese außergewöhnliche Reise erst ermöglicht. Vielen lieben Dank und herzliche Grüße aus Schulpforte, Ihre Schüler der 10/11S und Ihre Frauke Amberg.

Reise nach Conil de la Frontera | 63


Griechenlandfahrt 2012

N

Nach zwei Tagen zu Bus und auf der Fähre sind wir am späten Freitag Nachmittag des 19.Oktobers 2012 endlich in Griechenland angekommen. In der Zwischenzeit hatten wir erste Kontakte mit den mitreisenden Leipziger Schülern der Thomasschule geknüpft und uns nach potentiellen Mitbewohnern umgesehen. Unsere erste Station war Delphi, wo es direkt am ersten Abend noch zum Heiligtum der Athena Pronaia ging. Dort hörten wir einen Teil des ersten Vortrags und bestaunten die dortigen Steinhäufchen, die einst Tempel und Altäre darstellten. Im langersehnten Hotel angekommen bezogen wir glücklich und erschöpft die Zimmer und erfreuten wir uns an der ersten warmen Mahlzeit seit gefühlten Monaten. Nach dem Abendessen begaben wir uns in kleinen Grüppchen auf Erkundungstour durch Delphi, als wir spätestens 23:00 wieder im Hotel waren, fielen wir alle müde und voller Vorfreude auf die nächsten Tage ins Bett. Nach einer viel zu kurzen Nacht ging es am Samstag zum Orakel von Delphi, wo es im ortsansässigen Theater eine erste Kostprobe von den Gesangskünsten der Thomaner gab. Im Anschluss begaben wir uns noch in das Museum, gegen Mittag machten wir uns auf den Weg nach Athen.

64 | Griechenlandfahrt 2012

Unterwegs dorthin gab es zwei Zwischenstopps: Zuerst machten wir Halt an einer Gedenkstelle für im zweiten Weltkrieg von deutschen Soldaten erschossene Dorfbewohner, dann ging es weiter zu der von vier Mönchen bewohnten Klosteranlange Hosios Lukas. An unserem ersten Tag in Athen standen das Akropolis-Museum und natürlich die Akropolis selbst an. Im Museum wurden wir in zwei Gruppen aufgeteilt: Wie immer in Pfortenser und Leipziger, die sich jedoch schnell wieder vermischten. Obwohl es auf der Akropolis eine Vielzahl an Baustellen gab, war es dort oben unglaublich beeindruckend und in den 1 ½ Stunden unmöglich vollständig zu besichtigen (zumindest nicht in Ruhe). Am Abend wartete ein Berganstieg auf uns, wir wanderten auf einen Hügel, von dessen Gipfel aus man eine atemberaubende Aussicht auf das nächtlich beleuchtete Athen hatte – Das war die Anstrengung wirklich wert! Montag besichtigten wir die Agora, den antiken Versammlungsplatz Athens, wo wir außerdem einen Vortrag über Sokrates und Platon hörten. Anschließend hatten wir noch kurz Zeit, den Markt und die Markthallen zu besichtigen. Obwohl sie das Bild der großen, grauen und dreckigen Hauptstadt widerspiegelten, sollte


jeder, der die Gelegenheit hat, einen Blick dort hinein werfen, die Vielzahl an Fleisch und Fischteilen ist beeindruckend! Kaum, dass wir uns versahen, verließen wir Athen dann auch schon wieder in Richtung Korinth und Akrokorinth. Letzteres ist eine mächtige Festung auf einem noch mächtigen Berg, von der aus man eine grandiose Aussicht über die gesamte Umgebung, das Meer und natürlich auch die Ausgrabungen von Korinth genießen konnte. Korinth selbst konnten wir nur von außen betrachten, aber wir konnten uns trotzdem ein gutes Bild davon machen. Gegen Abend kamen wir in der wunderschönen kleinen Stadt Tolo direkt am Meer an, wo wir die nächsten drei Nächte verbringen sollten. Wie auch an den vorherigen Tagen erwartete uns an unserem ersten richtigen Tag in Tolo ein volles Programm. Unsere erste Station war Epidauros, wo wir zuerst das Theater, danach das Asklepion-Heiligtum (wo die Reichen und Super-Reichen geheilt wurden) besichtigten. Dann ging es weiter

nach Nafplio, mal wieder ging es einen Berg hinauf um eine alte Burg zu besichtigen. Die Aussicht war wie immer fantastisch! Im Anschluss führte uns unser Busfahrer Andreas durch die Stadt und wir hatten ein wenig Freizeit. Zurück in Tolo hatten wir am Nachmittag die Möglichkeit, im Meer baden zu gehen, die viele von uns gern nutzten. Am Mittwoch standen gleich vier Städte auf dem Programm: Tiryns, Argos, Nemeia und Mykene. In Tiryns bestaunten wir eine 3000 Jahre alte und sechs Meter dicke Mauer und in Argos (ausnahmsweise mal) ein Theater, welches sogar heute noch genutzt wird. In Nemeia erfuhren wir etwas über die Nemeischen Spiele, Richard und Marc ließen sich vom schlechten Wetter nicht von einem Wettrennen abhalten (Richard hat gewonnen…). Die Hauptattraktion des Tages war jedoch Mykene, wo einst Agamemnon regiert haben soll. Eine antike Stadt auf einem Hügel, von wo aus der Ausblick großartig war.

Griechenlandfahrt 2012 | 65


Schweren Herzens mussten wir am Donnerstag von Tolo Abschied nehmen. Uns erwartete eine lange Busfahrt gen Pilos, die wie immer durch Zwischenstopps unterbrochen wurde. Zuerst machten wir in Mistras Halt, wo wir einen Vortrag über das nahegelegene Sparta hörten und uns durch die Überreste der ehemals byzantinischen Stadt führen ließen. Die zweite Pause machten wir an der Artemisquelle, am Abend kamen wir endlich in Pilos an. Langsam neigte sich die Studienfahrt ihrem Ende zu, Freitag war der letzte volle Tag auf griechischem Boden. Wir besichtigten zuerst eine malerische byzantinische Burg, die direkt am Wasser erbaut worden war, da-

nach ging es weiter zum Palast des Nestors, wo es innerhalb der Ruinen eine Badewanne, WC und Duschanlage zu bestaunen gab. Der dritte Zwischenstopp war an einem Kiesstrand, wo wir noch einmal ins Meer springen konnten, dann traten wir den letzten Teil der Fahrt an: Weiter nach Olympia, wo wir unseren letzten Abend sichtlich genossen und individuell ausklingen ließen. Als wir Samstag Morgen aufwachten war allen von uns klar: Es geht nach Hause. Doch vorher erwartete uns ein Ausflug an die Ausgrabungsstätten Olympias, wo wir selbstverständlich einen Vortrag über die olympischen Spiele zu hören bekamen. Anschlie-

66 | Griechenlandfahrt 2012


ßend war es tatsächlich soweit: Wir machten uns auf den Weg nach Patras. Zwischendurch konnten wir uns in einem Supermarkt mit Proviant für die Reise versorgen, dann ging es auf die Fähre in Richtung Italien, wo wir am Sonntag nach einer stürmischen Nacht auf See ankamen. Wie auch bei der Hinfahrt vertrieben wir uns die Stunden im Bus mit Filmen, Gesprächen und einer Menge Schlaf, bis wir Montag 9:00 Uhr in Leipzig ankamen und Abschied voneinander nehmen mussten, was keinem von uns wirklich leicht gefallen ist. Doch ein Nachtreffen ist in Planung und wir alle freuen uns auf ein Wiedersehen. Und letztendlich

konnten wir es kaum erwarten, bis wir wieder in unseren eigenen Betten lagen um uns von den letzten anstrengenden Tagen in die 5000 Jahre Geschichte, 4000 Kilometer im Bus und 2600 Kilometer auf der Fähre gepackt waren, zu erholen. Die Studienfahrten wurde mit Mitteln der Stiftung Schulpforta und des Pförtner Bundes e.V. gefördert.

Griechenlandfahrt 2012 | 67



Vom Pförtner Bund *  *  *


Publikationen Kinzel, Hubert : Das Kopernikus-Vermächtnis : Roman. – 1. Aufl. – Halle : Projekte-Verl. Cornelius, 2012

»Ich dichtete so mancherlei, Unsterbliches war auch dabei« : Nachlese ; zu den Schriften von und über Ernst Ortlepp aus den Jahren 1822 – 1864 und danach ; eine Dokumentation ; [Zensur]/Neuhaus, Manfred. – Münster : Ed. Octopus, 2012

Niemeyer, Christian : Friedrich Nietzsche. – 1. Aufl., Originalausg. – Berlin : Suhrkamp, 2012 (Suhrkamp BasisBiographie; 52)

Hundt, Martin : Theodor Echtermeyer : (1805 – 1844); Biographie und Quellenteil mit unveröffentlichten Texten. – Frankfurt am Main : Lang, 2012/ (Forschungen zum Junghegelianismus;19)/

70 | Publikationen

Von Naumburg bis zum Blauen Nil : die Lepsius-Expedition nach Ägypten und Nubien / Herausgegeben von Elke Freier, Franziska Naether und Siegfried Wagner. – Naumburg (Saale) : Stadtmuseum Naumburg, 2012

Lebenswege des Friedrich Nietzsche : Mathias Iven/ Angelika Fischer: Edition AB Fischer, Berlin : ISBN 78-3-937434-34-6


Protokoll der Mitgliederversammlung 2012 Versammlungsort: Schulpforte, Kleiner Festsaal Zeit: 11.00 – 12.30 Uhr Versammlungsleiter: Matthias Haase Protokollantin: Anne Hultsch Anwesend: 60 stimmberechtigte Mitglieder des Pförtner Bundes e.V. Die Einladung zur ordentlichen Mitgliederversammlung erfolgte fristgerecht in der Pforta Information Nr. 38, April 2012.

Begrüßung Haase begrüßt die Anwesenden unter besonderer Nennung des Ehrenvorsitzenden Jochen Kreyssig, des ehemaligen und des amtierenden Prokurators der Stiftung Schulpforta Eckart Kissling und Maik Reichel, des ehemaligen und des amtierenden rector portensis Karl Büchsenschütz und Bernd Westermeyer.

TOP 1: Bericht des Vorsitzenden Prof. Dr. Peter Maser Der Vorsitzende gibt sowohl einen Überblick über die Aktivitäten des Pförtner Bundes während des Berichtszeitraumes als auch einen kurzen Rückblick auf seine Amtszeit, weil er aus gesundheitlichen Gründen nicht für eine Wiederwahl als Vorsitzender zur Verfügung steht. Die Amtsgeschäfte führten im letzten halben Jahr vertretend der stellvertretende

Vorsitzende Knackstedt und Haase, denen für ihre Arbeit ebenso gedankt wird wie dem Rektor, dem Prokurator, Dorfmüller für das regelmäßige Erscheinen der Pforta Information, Fichtner als Archivar, Pohland als ›Finanzministerin‹ und Pasieka für seine aktive Verbindung zur Schülerschaft. Ausgehend von der Definition des Begriffes ›Topophilie‹, führt der Vorsitzende aus, was auf deren Basis für Schulpforta Gutes getan werden konnte, wobei er selektiv die Kirchenbestuhlung – Dank an alle Spender und Aufforderung zu weiteren Spenden! –, die Lepsius-Tafel, die Restaurierung des Grisaillefensters, die neuen Veröffentlichungen von Dorfmüller, Fichtner und Kling erwähnt. Sorgen bereite momentan Die Pforte, deren Erscheinen sich wiederholt verzögert habe. Dafür sei aber eine Lösung in Sicht. Der Vorsitzende verleiht seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Mitgliederversammlung bei den Neuwahlen des Vorstandes den mit der Einladung unterbreiteten Vorschlägen folgen werde, so dass es zu einer Verjüngung des Vorstandes komme. Dennoch lässt er keinen Zweifel daran, daß eine der Stärken des Vereines darin bestehe, die Generationen zu verbinden, was auch so bleiben müsse und werde. Die Aufgabe des Pförtner Bundes sei weiterhin, die Schule zu unterstützen

Protokoll der Mitgliederversammlung 2012 | 71


und zu begleiten, ein ›Hineinregieren‹ komme nicht in Frage.

Grußwort von rector portensis Bernd Westermeyer Das Grußwort des Rektors ist zugleich ein Abschiedswort. Im Herbst sei seine Entscheidung gefallen, als Gesamtleiter nach Salem zu wechseln, was ihm bereits vor längerer Zeit angetragen worden sei. Als Begründung für seinen Weggang gibt er Differenzen im Hinblick auf die pädagogischen und organisatorischen Erfordernisse an, die zwischen ihm als Rektor und dem Land als Schulträger bestünden. Gestaltungsspielräume, die das Land vor fünf Jahren zugesichert habe, seien nicht gewährt worden. Er hebt die guten persönlichen Beziehungen zum Pförtner Bund hervor, die weiter bestehen bleiben werden und weist darauf hin, dass es gelungen sei, eine große Zahl Ehemaliger wieder für die Schule zu interessieren. Haase hebt bei seinem Dank an den Rektor die unter ihm eingeführten Abiturientenkaffeetrinken als positive Neuerung seiner Amtszeit hervor.

Bericht über bauliche Veränderungen in Pforta durch den Prokurator der Stiftung Schulpforta Maik Reichel

Einleitend betont der Prokurator die enge Beziehung zwischen Stiftung und Pförtner Bund, ehe er mit dem Konzept für die touristische Erschließung des Klosters Pforta vertraut macht, welches einem allen Anwesenden zur Verfügung gestellten Flyer zu entnehmen ist. Als weitere kostenintensive Vorhaben erwähnt der Prokurator die Restauration des Grisaillefensters und des Triumphkreuzes, für die Sponsoren gesucht werden.

TOP 2: Bericht der Schatzmeisterin Claudia Pohland Die Schatzmeisterin verweist auf ihre regelmäßig in Der Pforte erscheinenden Berichte. In dem Jahr 2010 gingen 89.190,40 EUR und 2011 85.320,30 EUR an Mitgliedsbeiträgen (von aktuell 744 Mitgliedern) und Spenden ein, wofür allen Mitgliedern und Spendern sehr herzlich gedankt sei. Es werden ausgewählte Projekte genannt (s. auch Handzettel zur MV), die durch den Pförtner Bund finanziert werden konnten. Der ausführliche Bericht liegt als gesonderte Anlage vor.

TOP 3: Berichte der Rechnungsprüfer für die Haushaltsrechnungen 2010 und 2011 – Korrektur durch die Schatzmeisterin: Prüfzeitraum waren die Jahre 2009 und 2010. –

72 | Protokoll der Mitgliederversammlung 2012


Die Prüfung erfolgte durch Karl Büchsenschütz und Martin Meyer. Letztgenannter verliest die Kassenprüfberichte, in welchen die ordnungsgemäße Kassenführung bestätigt wird. Die Berichte der Kassenprüfer liegen als gesonderte Anlage vor. Die Kassenprüfer bitten um Entlastung. Sie stehen nicht zu einer Wiederwahl zur Verfügung.

TOP 4: Aussprache Es wird nach dem Zustand des Kapitelsaals gefragt. Der Rektor stellt dessen Fertigstellung in den Jahren 2014/15 in Aussicht.

TOP 5: Entlastung des Vorstandes und der Rechnungsprüfer | TOP 6: Vorstandswahlen, Wahl der Rechnungsprüfer Als Wahlleiterin wird einstimmig Grit Vaerst bestimmt. Sie beantragt, den Vorstand en bloc zu entlasten. Dies wird einstimmig angenommen. Die Entlastung des Vorstandes erfolgt ohne Gegenstimmen. Aus dem Vorstand im Sinne § 26 BGB scheiden aus: Peter Maser, Wolfgang Knackstedt, David Ortmann. Als Beisitzer scheiden aus: Christoph Democh, Helmut Heimbürge, Alexander Pape. Die Kandidaten für die Vorstandswahlen stellen sich persönlich vor. Es

kandidieren als Vorsitzender: Matthias Haase stellv. Vorsitzende: Petra Dorfmüller Schatzmeisterin: Claudia Pohland Schriftführerin: Anne Hultsch stellv. Schriftführer: Paul Pasieka. Sie werden in Einzelabstimmung in die entsprechenden Funktionen gewählt. Es gibt keine Gegenstimmen. Alle Gewählten nehmen ihre Wahl an. Als Beisitzer kandidieren: KlausDieter Fichtner, Peter Maser, Karsten Müller, David Ortmann, Dagmar Sommer, Gernot Vaerst. Sie werden in Gruppenabstimmung bei drei Enthaltungen gewählt. Die Entlastung der Kassenprüfer erfolgt bei zwei Enthaltungen. Als neue Kassenprüfer kandidieren: Kerstin Reif (in Abwesenheit) und Grit Vaerst. Sie werden einstimmig gewählt und nehmen ihre Wahl an. Haase dankt für die Wahl zum Vorsitzenden, zieht eine Bilanz seiner wechselvollen Beziehung zum Pförtner Bund, die von seiner Eingewöhnungsphase unter Kuckuck, der allgemeinen Aufbruchsphase unter Kreyssig und der Konsolidierungsphase unter Maser geprägt gewesen sei, weist auf das enorme Mitgliederwachstum hin, verspricht, für Kontinuität bei der Arbeit zu sorgen und freut sich auf die Arbeit mit dem neuen Vorstand.

Protokoll der Mitgliederversammlung 2012 | 73


Er dankt den ausscheidenden Vorstandsmitgliedern.

TOP 7: Verschiedenes Antrag, sich für eine Wiederherstellung der Sichtachse/Blickschneise vom Park zu Kirche und Kapelle einzusetzen, wie sie auf einem Stich von etwa 1900 zu sehen ist. Westermeyer reagiert darauf mit dem Hinweis, dass das Denkmalschutzamt jegliche Veränderung an der Grünsubstanz verbiete, solange kein Masterplan dafür erstellt worden sei. Dessen Kosten belaufen sich auf 37.000 EUR, die nicht staatlich finanziert werden können. Kreyssig besitzt ein Ölgemälde eines Naumburger Malers, auf dem genau diese Achse zu sehen sei. Dies schenkt er der Schule. Müller-Römer weist darauf hin, dass bereits kurz nach der Wende ein Masterplan für die Außenanlagen erstellt worden sei. Die Frage, ob sich der Pförtner Bund mittelfristig für die Wiederherstellung der Sichtachse einsetzen solle, wird bei drei Gegenstimmen und fünf Enthaltungen bejaht. Männig bemängelt, dass die Zuleitung zur Klopstockquelle nicht funktioniere. Der Vorsitzende wird Erkundigungen einziehen.

zende wehrt dieses Ansinnen mit dem Hinweis darauf ab, daß die Schulverwaltung darüber bereits klar negativ entschieden habe. Westermeyer zitiert das Denkmalschutzamt, dass der Zaun an der richtigen Stelle stehe. Der Vorsitzende stellt die Frage, ob weiterhin ein – kostenaufwendiges – schriftliches Anschriftenverzeichnis hergestellt werden solle, oder ob der elektronische Datenzugang für ausreichend erachtet werde. Für die gedruckte Form stimmen 21, dagegen 22, es enthalten sich 9 Mitglieder. Es erfolgt der Vorschlag, Interessenten das Verzeichnis zum Selbstkostenpreis anzubieten. Der Vorstand wird in seiner Herbstsitzung darüber diskutieren. Kritik an der Beschallungsanlage in der Aula. Änderungsmöglichkeiten wird der Vorsitzende mit dem neuen Rektor klären. Dresden, am 3. Juni 2012 gez. Hultsch Schriftführerin gez. Haase Vorsitzender

Heimbürge regt eine Versetzung des Zaunes am Internat 3 an. Der Vorsit-

74 | Protokoll der Mitgliederversammlung 2012


Tabula Gratulatoria Vorname Fritz Ruth Werner-Rolf Elisabeth Dieter

Name Hacker von Dufving Pick Axthelm Koch-Weser

Pforta 29 – 34 v.

Margarete Hans-Eberh. Frh Wolf-Dietrich Leonhard Hans Ulrich Karl H. Martin Anton Charlotte Frank-Dieter Karl-Heinz Rose Heinrich Heinrich Hans Joachim Brigitte Ilse Wolf-Dieter Christian Hans Ingeborg

Dreckmann Hanstein Bindemann Seboldt Schulz Merkel Schmidt Kaiser-Dieckhoff Gerhardt Kühne Drechsler Zander Heitmann Doege Franke Hossfeld Kreide Hübener Rettkowski Benkner

32 35 34 35 32

Lothar Brigitte Albrecht Käthe Franz Norbert Joachim Friedrich

Schaarschmidt Rodatz Weinert Lux Kramer Kantner Gernhuber Gabert

35 – 37

26 – 32 v.

28 – 35

MDP MDP MDP MDP MDP MDP

35 – 37 v.

– – – – –

36 38 v. 37 37 34

34 – 39 v. 34 – 35

MDP

MDP MDP MDP

33 – 39 v. 34 – 35 36 – 39 v.

35 – 39 v. 33 – 34 36 – 42 v.

MDP MDP MDP MDP MDP MDP MDP

MDP MDP 36 – 41 v. 37 – 41 36 – 40 v.

Geburtstag 26.09.1913 03.12.1913 25.08.1913 06.12.1916 13.07.1916

Alter 100 100 100 97 97

01.02.1918 30.10.1919

95 94

29.03.1919 05.01.1919 23.08.1919 22.09.1919 20.07.1919 08.12.1920 27.08.1920 12.06.1920 16.10.1921 05.02.1921 11.07.1921 27.04.1921 12.07.1921 27.08.1921 26.03.1921 13.12.1921 14.05.1922 22.08.1922

94 94 94 94 94 93 93 93 92 92 92 92 92 92 92 92 91 91

11.12.1922 09.04.1922 10.07.1923 14.04.1923 28.04.1923 24.10.1923 18.07.1923 21.04.1928

91 91 90 90 90 90 90 85

Tabula Gratulatoria | 75


Vorname Friedemann Manfred Edelgard Henry Hans Horst Friedrich Waltraud Franz Dietrich Felix Dietrich Nora Edwin Helmut Peter Eberhard Reinhart Rose-Marie Franz Hasso-Jens Jürgen Werner Joachim Ulrich Gerhard Theodor Barbara Karl-Günter Nikolaus Wolfgang Christian Klaus Hansjörg Paul Heinrich Henning Alfred Erhard

Name Gottschick Hiese Schröder Thiele Hipp Freudenberg Lochner Römer Ramisch Boltze Landgraf Maerker Kahle Hartwig Hauschild Gröger Klitzsch Steinweg Kampe Prokupek Harms Knolle Jaritz Picht Gleichmann Rödding Münzenberg Borges Schirrmeister Garbers Klein Haferkorn Zeiske Lang Hoffmann Arnold Budwill Schifelbein Nitzer

76 | Tabula Gratulatoria

Pforta 46 – 47 v. 38 – 45

MDP MDP

39 – 44 39 39 49 47 52 49 48 49 46 49 49 44 46 49 49 46 44 48 49 43

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

45 45 52 51 53 52 52 50 52 52 51 48 50 50 52 49 45 51 52 45

48 49 46 43 47 47 43 47 48 49 46 53 52

– – – – – – – – – – – – –

51 52 52 45 51 52 44 51 51 51 51 57 56

v. v. v. v. v.

MDP MDP MDP

v. v.

MDP MDP v. MDP v. v.

MDP

v.

MDP MDP

v. v.

MDP MDP MDP

v. v. v. v.

MDP MDP

Geburtstag 30.03.1928 07.03.1928 23.11.1928 12.07.1928 05.02.1928 21.05.1928 01.07.1928 29.07.1933 01.02.1933 24.10.1933 29.12.1933 31.10.1933 26.11.1933 14.05.1933 09.02.1933 01.06.1933 18.08.1933 26.11.1933 22.09.1933 03.01.1933 31.08.1933 17.12.1933 28.05.1933 09.03.1933 02.10.1933 18.02.1933 29.03.1933 04.12.1933 25.02.1933 08.08.1933 14.01.1933 28.09.1933 04.07.1933 21.03.1933 14.12.1933 29.05.1933 05.02.1933 18.08.1938 09.06.1938

Alter 85 85 85 85 85 85 85 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 80 75 75


Vorname Rainer Karin Gerhard Joachim Peter Klaus Ingeborg Günter Rudi Dietrich Erich Klaus Günther Waltraud Dieter Karl-Heinz Wolfgang Kurt Werner Walter Horst-Heinz Horst Horst Elke Horst Helmut Horst Peter Otto Heinz Klaus-Dieter Ernst Ulla Otilie Edith Harm Günter Klaus Ferdinand

Name Reißner Sägner Cyrklaff Anderson String Almstädt Schroeder Kaiser Wrobel Schimpfermann Bellstedt Müller Schlauraff Schlauraff Reuter Beier Gebhardt Stempell Nitsche Ihsecke Neumann Winiarski Dikomey Weisbrod Weber Heimbürge Scholz Kostial Zander Voigt Krempelmann Bartsch Massow Kavka Malzahn Behrends Brennenstuhl Voellger Reisz

Pforta 57 52 52 52 52 53 52 52 52

– – – – – – – –

56 56 56 56 57 56 56 56

53 – 57 52 – 56 52 – 56 55 52 52 52 50 53

– – – – – –

52 52 52 55 53 52

– – – – – –

52 53 52 52

– – – –

52 – 53 –

57 56 56 53 56 56 57 56 56 55 57 56 56 57 56 56 56 58 56 56 57 56 57

MDP v. v. v. v. v. v. v. v. v. v. v. v. v.

MDP

MDP

MDP

v. v. v. v. v. v. v. v. v. v.

MDP

MDP MDP MDP MDP

v. v. v. v. v. v. v. v. v. v. v.

MDP MDP

MDP

Geburtstag 03.08.1938 10.04.1938 21.05.1938 22.08.1938 14.11.1938 04.07.1938 20.02.1938 04.04.1938 17.07.1938 14.02.1938 22.05.1938 23.12.1938 01.04.1938 23.06.1938 11.09.1938 15.03.1938 06.11.1938 01.05.1938 17.08.1938 02.03.1938 22.12.1938 01.06.1938 07.02.1938 02.10.1938 04.04.1938 01.10.1938 23.10.1938 23.02.1938 22.06.1938 30.03.1938 06.06.1938 26.05.1938 11.05.1938 20.09.1938 01.10.1938 26.02.1938 16.09.1938 01.01.1938 11.11.1938

Alter 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75

Tabula Gratulatoria | 77


Vorname Dirk Brunhild Edwin Karsten Renate Jörg Karlheinz Harro Rainer Joachim Dieter Uwe

Name Dietrich Gerlach Biwoll Schröder Graeger Ihbe Steppan Eidt Hermann Bauersfeld Bartsch Krug

78 | Tabula Gratulatoria

Pforta 52 – 52 52 – 56 52 – 56 52 – 56 52 – 56 52 – 56 52 – 55 50 – 56 52 – 56 52 – 56 52 – 56 52 – 57

MDP v. v. v. v. v. v. v. v. v. v. v. v.

MDP MDP MDP

MDP

MDP

Geburtstag 24.12.1938 16.01.1938 13.11.1938 19.03.1938 10.05.1938 29.08.1938 24.07.1938 17.02.1938 23.06.1938 09.02.1938 04.08.1938 07.08.1938

Alter 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75 75


Ecce Feierstunde 2012 Verehrte Angehörige der Verstorbenen! Liebe Pförtner und Pfortenser! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Wir sind heute Abend in unserer Kirche zusammengekommen, um ehemaliger Lehrer, Mitarbeiter und Schüler, welche in in unserer Schule gelehrt, gelernt und gelebt haben und im letzten Jahr verstorben sind, zu gedenken. Vereint sind heute hier, Sie, verehrte Angehörige und Freunde der Verstorbenen, für die der Verlust eines lieben und geschätzten Menschen noch sehr gegenwärtig und schmerzend ist, und wir, die zurzeit die Räume dieses ehemaligen Zisterzienserklosters mit Leben füllen. Vereint an einem Ort, der für die Verstorbenen eine Stätte ihrer Jugend, ihrer Fröhlichkeit, ihres Eifers, ihrer Arbeit, aber auch ihres Ernstes war und zu dem sie ihre Bindung nie verloren haben. Und indem wir heute ihre Namen aufrufen, wollen wir dazu beitragen, denen Trost zu spenden, die dessen bedürfen. Zugleich wollen wir damit die Erinnerung an Menschen wach halten, die sich mit unserer Schule verbunden fühlten. Hermann Hesse hat einmal gesagt: »Alle leben, an die wir denken. Sie

sind erst wirklich tot, wenn niemand mehr sich ihrer erinnert.« Wege gegen das Vergessen gibt es viele. Der Schönste ist sicherlich derjenige, in den Erinnerungen von Verwandten und Freunden, in ihren Herzen, weiterzuleben. Man kann in seinem Leben etwas Einzigartiges leisten, beispielsweise ein allgemein gültiges Gesetz formulieren, ein künstlerisches Werk schaffen, welches dann untrennbar mit dem Namen der betreffenden Person verbunden und damit im gemeinsamen Bewusstsein der Menschen verankert bleibt. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an zwei ehemaligen Schüler Pfortas, denen dies gelungen ist: Möbius und Hofmann. Für ehemalige Schülerinnen und Schüler unserer Schule existiert eine weitere, sehr zeitstabile Form des Erinnerns: Durch den Eintrag im Immatrikulationsbuch sind ihre Namen für lange Zeit konserviert. Urahnen, die in zukünftigen Zeiten die Spuren für ihre Familienstammbäume vervollständigen wollen, werden in unserem Archiv fündig werden. Auch dann wird dieser einst von den Zisterziensern erschlossene Ort sicherlich noch den Zauber versprühen, der die Verstorbenen wie auch uns berührt hat und berührt. Diese Suchenden werden sicherlich wieder

Ecce Feierstunde 2012 | 79


innerhalb der Klostermauern auf junge Menschen treffen, die dann in ihrer Zeit hier leben und lernen werden, die mit ihrer Fröhlichkeit und Lebenszugewandtheit erahnen lassen, welch besonderes Lebensglück damit verbunden ist, hier an diesem Orte zu verweilen bzw. verweilt zu haben. Und vielleicht wird man sich dann an die Zeilen erinnern, die einem Choral von Paul Gerhardt nachempfunden sind, die ich abschließend in Erinnerung an die Verstorbenen und uns zum Wissen zitieren möchte: Ich bin ein Gast auf Erden. Ich weiß, es muss so viel Bis morgen anders werden Und ferne liegt das Ziel. Will’s mit in Ordnung bringen, will stillen manches Weh, mein schönstes Danklied singen, bevor ich von ihr geh’. THOMAS SCHÖDEL RECT. PORT.

80 | Ecce Feierstunde 2012

Viten für das Archiv

S

Seit vielen Jahren ist es ein guter Brauch, dass Ehemalige ihre Viten dem Archiv des Pförtner Bundes übermitteln. Auch wenn wir uns immer wieder bei verschiedenen Gelegenheiten treffen und austauschen, erzählen wir uns dabei doch nicht unbedingt gleich unser ganzes Leben. Aber die Viten im Archiv halten das fest – für die Gegenwart und die Zukunft! Die Form, in der Sie Ihr Leben niederschreiben, wählen Sie selber. Tabellarische Lebensläufe sind ebenso willkommen wie ausführlichere Darstellungen. Ihre Texte übermitteln Sie bitte an unseren Archivar Dr. Klaus-Dieter Fichtner (eMail: fichtnerkd@t-online.de).


Ecce 2012 Dr. Jan Robert Bloch * 10.09.1937   † 13.05.2010 (al. port. 1954 – 1955v) Chemiker, Pädagoge, Sozialphilosoph, Berlin

Bernd Reinbothe * 09.10.1955   † 24.06.2012 (al. port.1970 – 1974v)

Christoph Janke *07.06.1931   † 11.12.2011 (al. port. 1946 – 1950 v.) MDP Diplom-Ingenieur, Bergwerksdirektor, Essen

Ursula Sahling * 20.01.1925   † 22.09.2012 (mag. port. 1965 – 1974) Lehrerin für Englisch und Deutsch, Naumburg, Sohn Bernd Sahling Regisseur des in Pforte gedrehten Films »Blindgänger«

Christel Knospe geb. Kamrad * 22.06.1943   † 11.01.2012 (al. port. 1957 – 1961v) Lehrerin, Freyburg

Prof. Dr. Dr. hc. Ernst Schubert * 17.06.1927   † 04.08.2012 (al. port. 1940 – 1942) Kunsthistoriker und Historiker, Halle

Ute Kolberg, geb. Knitter * 24.06.1943   † 27.04.2012 (al. port. 1958 – 1962v) Chemielaborantin, Fürstenberg

Werner Schiffmann * 14.02.1916   † 26.10.2012 (mag. port. 1954 – 1958) Lehrer für Sport und Biologie, Bottrop

Dr. med. Klaus Georg Köppel * 29.01.1938   † 30.07.2012 (al. port. 1951 – 1955v) Chirurg am Sophienkrankenhaus, Weimar Klaus-Dieter Krempelmann *06.06.1938   † 19.10.2012 (al.port. 1953 – 1956) Bauingenieur, Lübeck-Travemünde Achim Laudamus * 27.0.2.1932   † 22.04.2011 (al. port. 1943 – 1945) Oberkrämer bei Berlin

Dr. Paul String * 05.03.1930   † 29.07.2012 (al. port.1946 – 1948 v.) Elektroniker, Dresden Dr. Renate Ullrich * 27.09.1941   † 23.05.2011 (al. port. 1956 – 1960 v.) Oberärztin an der Strahlenklinik Berlin Westend Werner Weitzel * 23.05.1927   † 3.05.2012 (al. port.1938 – 1944) Gymnasiallehrer, Haldensleben

Ecce 2012 | 81


Ehrende und dankbare Erinnerung an Frau Brigitte Steffen

B

Brigitte Steffen, geb. 4. Febr. 1923 – gest. 14. Dezember 2011 in Hamburg Ganz wenigen Personen in diesem Kreis, der sich heute Abend hier versammelt hat, um der Verstorbenen des letzten Jahres zu gedenken und sie noch einmal bei ihrem Namen zu nennen, wird Brigitte Steffen vertraut sein. Sie ist in ihren 88 Lebensjahren einmal für drei Tage in der Landesschule Pforta gewesen. Aber diese drei kurzen Tage haben gereicht, um Frau Steffen Entscheidungen treffen zu lassen, die weit reichende und lang wirkende Folgen für Schülerinnen und Schüler der Landesschule haben werden. Brigitte Steffen, geboren 1923, studierte Chemie, war als Wissenschaftlerin in der Erdölindustrie beschäftigt und hat mit Ihrem Mann Wolfgang ein ansehnliches Vermögen erarbeitet. Ohne Kinder hat sie nach dem Tod ihres Mannes (1992) Teile ihres Eigentums 1999 in die Wolfgang und Brigitte Steffen Stiftung in Rostock eingebracht, um sozial benachteiligte Kinder mit besonderen Begabungen finanzielle Förderungen zuteil werden zu lassen. Bei einer Auswahltagung der DornierStiftung hat sie erstmals von der Lan-

desschule Pforta Kenntnis erhalten und war, trotz schwerster körperlicher Beeinträchtigungen bereit, eine vom Pförtner Bund und der Stiftung Schulpforta arrangierte Reise von Hamburg hierher zu unternehmen. Vom 19. bis zum 22.August 2003, also zum Schuljahresbeginn nach den Sommerferien, hat sie hier im Rollstuhl mit einem Pfleger den Ort erkundet, mit Schülern und Lehrern gesprochen und an dem Kanonsingen der Musikschüler am Abend vor der Anreise im Kreuzgang teilgenommen. Diese drei Tage haben Frau Steffen tief beeindruckt. Mit Hilfe ihres Rechtsanwaltes, unter Hinzuziehung des Pförtner Bundes und mit der freundlichen Unterstützung eines ehemaligen Schülers der Evang. Landesschule zur Pforte in Meinerzhagen hat sie ihren Wunsch in ihrem Testament festgelegt, dass der Großteil ihres namhaften Vermögens als Vermächtnis nach ihrem Tode der Melanchthon-Stiftung zu gute kommt, einer Stiftungsgründung aus Meinerzhagen, die bis heute Schülern und Schülerinnen im Rahmen der Begabtenförderung durch Gewährung von Stipendien den Besuch eines der Internatsgymnasien ermöglichen soll, die sich der Gründungsidee des Kurfürsten Moritz von Sachsen von 1543 verpflichtet fühlen.

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Pforta wird aus diesem Geschenk lange Nutzen ziehen können und Frau Steffen dafür zutiefst dankbar sein. Wer das Glück hatte, Frau Steffen im Kreis der von ihrer eigenen Stiftung geförderten Schülerinnen und Schüler zu erleben, wie sie die jungen Menschen ansprechen und herausfordern konnte, die Hartnäckigkeit erlebte, mit der sie ihre Ideen verfolgte und sozial verantwortungsvolle Förderung vergab, der war beeindruckt und musste ihr zustimmen. Selbstmitleid wegen ihrer schwersten körperlichen Beeinträchtigungen war ihr fremd und wäre ihr peinlich gewesen. Stattdessen: geistige Präsenz und soziale Wachheit. Ihre wunderbar feste und klare Sprechstimme, auch am Telefon, ließ völlig vergessen, dass sie bereits schwer erkrankt war und ein hohes Alter erreicht hatte. Die Stimme klang so wohl, dass ich sie nicht vergessen möchte. Am 14. Dezember 2011 ist Brigitte Steffen in einem Pflegeheim in Hamburg sanft gestorben. Lebe wohl Du teure Seele! Have cara anima! KARL BÜCHSENSCHÜTZ rect. port. em. (1992 – 2005)

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Jahrgangstreffen Abitur 1960

A

Am 7. Mai 2010 konnten wir in der Aula unserer ehrwürdigen Landesschule Pforta das Goldene Abitur feiern. Zur Vorbereitung für dieses schöne Jubiläum hatte sich ein Arbeitskreis, bestehend aus 12 ehemaligen Schülern unserer vier Abiturklassen, gebildet. Die Auswertung der guten Arbeitsweise wurde später bei einer Verabredung zum Besuch des Schulfestes 2011 mit anschließendem gemeinsamen Aufenthalt im »Rittergut Kreipitzsch« genutzt. Einige weitere »Ehemalige« unseres Jahrganges gesellten sich zu uns und es wurde der Gedanke zur Durchführung eines Jahrgangstreffens, zwei Jahre nach dem Goldenen Abitur, geboren. Somit war für den Arbeitskreis wieder ein neues Betätigungsfeld gegeben und die Vorbereitungen begannen. Als Termin wurde der 21.9. bis 23.9.2012 mit zwei Übernachtungen in Naumburg festgelegt. Alle Aktivitäten sollten in Naumburg und Schulpforte stattfinden. Für die Übernachtungen und die Durchführung des Treffens hatten wir uns die Jugendherberge Naumburg ausgesucht und wurden dort gut aufgenommen. Nach zwei Rundbriefen und Geldeinzahlungen hatten wir 37 Zusagen für das Treffen. Leider gab es bis zum Termin noch einige Absagen, so dass wir

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29 ehemalige Schüler waren und mit Partnern der Kreis auf 50 Personen anwuchs. Das eigentliche Jahrgangstreffen begann am 21.9.2012 mit der Anreise in der Jugendherberge Naumburg ab 14 Uhr. Nach einer Einweisung zum Programmablauf hatten wir von 16 bis 17.30 Uhr eine Stadtführung im Zentrum von Naumburg organisiert. Hier ging es uns darum, die Veränderungen des Stadtbildes nach der Sanierung unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten nach der Wende, kennenzulernen. Nach dem gemeinsamen Abendessen um 19 Uhr fanden wir uns im Saal »Rosengarten« der Jugendherberge zum gemütlichen Beisammensein ein. Der 22.9.2012 begann, nach gemütlichem Frühstück, dann um 10 Uhr in unserer schönen Landesschule mit einer Führung unter der Themenstellung: »Was ist aus bestimmten Räumen unserer Zeit geworden?«. In den Vorgesprächen konnten wir für diese Thematik Frau Dorfmüller gewinnen und, es sei vorweg genommen, sie löste es ausgezeichnet. Es begann mit einem Kurzaufenthalt in der Aula, wo über aktuelle Schulneuigkeiten informiert wurde. Danach führte uns der Weg zu dem ehemaligen 9er Schlafsaal sowie 9er und 10er Waschsaal. Die jetzt dort eingerichteten Fachunterrichtsräume waren sehr beeindruckend, und es blieb


nur noch die Erinnerung, wer an welchem Fenster geschlafen hat. Es ging weiter in das ehemalige Internat I, was sich als Baustelle präsentierte. Hier waren die Gespräche sehr intensiv und fast jeder versuchte sich in die »Bude« seiner Zeit einzuordnen. Vokabeln wie Hom, Haatsch, Inspize, keilen, stussen und Zöß machten die Runde bis zum Weitergang in den ehemaligen 11er und 12er Waschsaal. Das hier entstandene PCKabinett mit anwesenden Schülern zeigte uns mit Nachdruck auf, dass seit unserem Weggang aus Pforte, Generationen vergangen sind. Noch deutlicher wurde dieser Tatbestand mit der Besichtigung des Internates im Fürstenhaus. Immer wieder hörte man die Bemerkung: »Hätten wir das gehabt!«. An dieser Stelle nochmals ein ganz großes Dankeschön an Frau Dorfmüller, jetzt Mücke, für die interessante und schöne Führung. Nach der Besichtigung unseres gepflanzten und im Saft stehenden Apfelbaumes (ein Apfel in diesem Jahr) ging es in den Speisesaal zum Mittagessen. Der Küchenchef, Herr Schertling, und die Verwaltungsleiterin, Frau Melde, hatten dies unkompliziert erlaubt. Somit fühlten wir uns wie Schüler der heutigen Zeit und nahmen unser Essen in Reih und Glied in Empfang. Noch

zufriedener waren wir an Tischen und Stühlen, teilweise noch aus unserer Zeit, essen zu dürfen. Als dann noch der Ruf:«Hört!« ertönte und die Post verlesen, Küchendienste, Kohlen schaufeln, Kartoffeln schaufeln und Gartenarbeit bekannt gegeben wurden, fühlten wir uns vollkommen in unsere Zeit zurück versetzt und ein Lächeln ging über die Gesichter. Den Nachmittag hatten wir für freie Zeit vorgesehen, ehe wir uns abends 19 Uhr wieder im Saal »Rosengarten« der Jugendherberge zum Kalten Buffet trafen. Zwischenzeitlich hatte sich unser ehemaliger Lateinlehrer, Herr Dr. Simon, zu uns gesellt und unterstützte die Unterhaltung mit vorgetragenen lateinischen Interpretationen. Wir hatten alle aus unserer Zeit noch verfügbaren Lehrer eingeladen. Aber das zwischenzeitlich hohe Alter und teilweise der Gesundheitszustand ließen eine Teilnahme nicht zu. Die Unterhaltung des Abends wurde unterstützt, indem Jürgen Neumann wunderschöne Bilder vom Goldenen Abitur über den Bildschirm laufen ließ. Klaus Wieprich stellte über Skype eine Verbindung nach Australien zu unserem ehemaligen Mitschüler Günter Kunze her. Somit konnte auch dieser aus großer Entfernung in das Jahrgangs­treffen einbezogen werden. Nach dem Frühstück am Sonntag wurde herzlich verabschiedet mit dem Hinweis, sich in zwei Jahren gesund wieder zu sehen.

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Während der abendlichen Unterhaltung wurde auch bewusst die Frage aufgeworfen, wollen wir die Jahrgangs­treffen fortführen oder wollen wir Klassentreffen durchführen? Das Bekenntnis war eindeutig für Jahrgangs­treffen ausgefallen, da die Klassenstärken sich auf etwa 50 Prozent der Ausgangsgrößen reduziert haben. Es ist dazu zu bemerken, dass wir auch Vorabgänger in die Treffen mit einbezogen haben. Es ist für mich besonders wichtig hervorzuheben, dass wir bei allen Klassentreffen, besonders aber beim Goldenen Abitur und jetzt beim Jahrgangstreffen, immer durch die Schulleitung eine große Unterstützung erfahren durften. Das Verständnis und die Hilfe der Schulleitung für diese schönen Traditionen waren wohltuend und verbindend. Vielleicht konnten wir ein Zeichen für die Nachfolgejahrgänge setzen, sich unserem Beispiel anzuschließen, um alte Pfortenser Verbundenheit zu praktizieren. Vor allem aber sollte das Goldeneund Diamantene Abitur als Tradition unserer ehrwürdigen Landesschule Pforta für alle nachfolgenden Jahrgänge weiterhin gepflegt werden. RUDOLF OTTILIE (al. port. 56 – 60 v.)

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A

Pförtner Abend Dresden 2012

Am 9. November fand der Dresdner Pförtnerabend statt. In den letzten Jahren besuchte der Dresdner Pförtnerabend die Dresdner Elbe-Schlösser. An diesem Jahrestag so vieler Geschichte gewordener Tage, setzten wir unsere Reihe zeitgemäß mit einem Besuch des Sächsischen Landtags fort. In diesem sind noch immer so viele Parteien vertreten wie in keinem anderen deutschen Parlament. An der Führung nahmen 20 Pförtnerinnen und Pförtner sowie Meinerzhagener der Jahrgänge 1955 bis 1996 teil. Anschließend saßen wir noch im Restaurant des Landtags gesellig zusammen und ließen uns den besten Gänsebraten der letzten Pförtnerabende schmecken. Um die vielen in Dresden studierenden Pförtner wollen wir uns in den nächsten Jahren wieder mehr bemühen. Vielleicht hilft auch die Ankündigung, dass der Pförtnerabend 2013 wieder im Restaurant des Sächsischen Landtags ausklingen soll. CHRISTIAN KLINGHARDT (M 73 – 79)

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Hallisches Gänseessen 2012

S

Seit vier Jahren haben wir auch in Halle ein Martini-Gänseessen der Pförtner. Ich organisiere das Treffen seit 2008, anfangs zusammen mit Stefan Garthoff und Arno Trültzsch und seit 2009 zusammen mit Jana Staeck. Wie in den letzten Jahren haben sich wieder circa dreißig Ehemalige im »Gasthaus zum Schad« in der hallischen Innenstadt zusammengefunden. Einmal im Jahr treffen wir uns und verbringen einen Abend miteinander im Andenken an unsere Zeit in Pforte. Es ist eine schöne Gelegenheit Pförtner jeder Altersklasse kennenzulernen und zu diesem Anlass eine wirklich leckere Gänsekeule zu essen. Die Älteren haben mittlerweile bereits ihr Goldenes Abitur, die Jüngsten hatten gerade erst in diesem Sommer die Schule verlassen und nun ihr Studium begonnen. Auffällig war, wie immer, dass die mittleren Jahrgänge fehlen. Sie sind leider schwer zu erreichen, weil sie weder im Pförtner Bund, noch in den sozialen Netzwerken anzutreffen sind. Wie immer haben wir nicht nur gegessen, sondern, wie es in Pforte üblich ist, ein kleines Programm mit Gedichten, Liedern, Musik und kurzen Vorträgen gestaltet. Es war ein gelungener Abend, an dem Anekdoten aus längst vergangener Zeit und Klatsch von heute die Runde machten.

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Dieses Martini-Gänseessen bedeutet aber auch für mich persönlich einen Abschied. Da ich nun bald mein Studium beende, werde ich dann aus Halle fortziehen und ab nächstes Jahr das Gänseessen nicht mehr organisieren können. Ein paar der Jüngeren haben sich aber glücklicherweise bereit erklärt die Organisation für nächstes Jahr zu übernehmen, so dass ich zuversichtlich bin, dass das hallische Martini-Gänseessen auch in Zukunft fortgeführt wird. MELCHIOR WÖHLMANN (AL. PORT. 98 – 03 v.)


Gänseessen Meinerzhagen 2012

N

Nun sind wir also wieder hier Wie einst in Jugendtagen Der Täter kehrt zum Tatort wieder Wir nach Meinerzhagen

Die heute nicht gekommen sind So mancher Platz blieb leer Vielleicht mag einfach mancher keine Gänse mehr

Wir waren jung und knusprig noch Wie Gänse heutzutage Und schnatterten einstmals wie diese Denk ich mir, keine Frage

Vielleicht ist auch die Jugendzeit Nicht wichtig, vergangen, verdrängt Das Hier und Jetzt alleine zählt Man kriegt ja nichts geschenkt

Da sitzen wir nun reif geworden Im Kreise unsrer Lehrer Wir fragen uns: wo blieb die Zeit Und wir gedenken derer

Und doch: war auch die Landesschule Nicht täglich ein Gedicht Wie sagte Erich Kästner? Vergesst die Kindheit nicht HOYER v. PRITTWITZ

Pariser Gans oder ganz Paris!

D

Die Gans hatte bereits im alten Rom eine wichtige Frühwarnfunktion. Mit dem heiligen Martin von Tours, den wir dieser Tage ehren, fand sie Eingang in christliche Lehren,

Drum liebe Köchin, lasst uns nicht länger bitten, uns den knusprigen Braten zu servieren! Peter Sonnenhol [= Paris]

Bis heute hinterließ sie eine heiße Spur in der abendländischen Esskultur. Auch in der Wirtschaft wird die Gans hoch geschätzt - ganz-heitlich gebraten und horizontal geschnitten (»crosscutting«!).

Gänseessen Meinerzhagen 2012 & Pariser Gans oder ganz Paris! | 89


PförtnerAbende Berlin

Dr. Helmut Heimbürge Myslowitzer Straße 8 12621 Berlin Tel. 030 | 5671582 heimbuerge@gmx.net

Bonn/Rheinland

AkeL- und Pförtnerabend Dr. Hans-Hoyer von Prittwitz und Gaffron Helmholtzstr. 20 53123 Bonn Tel.: 0228 / 626926 H.v.Prittwitz@gmx.de

Dresden

Christian Klinghardt Wallotstraße 29 01309 Dresden Tel./Fax 0351 | 3161427 elisachris@gmx.de

Frankfurt/M.

Dr. Sibylle Fink Münzenberger Straße 14 61352 Bad Homburg v. d. H. Tel. 06172 | 1010793 sibylle.fink@gmx.de

Hamburg

Günther Schedlinski Melkerstieg 12 A 22559 Hamburg Tel. 040 | 862626 Fax 040 | 861093

90 | Pförtner Abende

Karlsruhe/Oberrhein

Münster

Renate Frankenberger geb. Winkelmann Heidelberger Straße 17 76344 Eggenstein-­ Leopoldshafen Tel. 07247 | 22372

Stephan Kreutz Münsterstraße 54 59348 Lüdinghausen Tel. 02591 | 6852 kreutz.st@web.de

Halle/Saale

Dr. Wolfgang Knackstedt Rubensstraße 190 48165 Münster Tel./Fax 02501 | 25935 drwoknack@gmx.de

Melchior Wöhlmann Goethestraße 24 06114 Halle/Saale Tel.: 0345/9604117 Für Halle/Saale wird ein Nachfolger gesucht. Bei Interesse bitte melden bei: Melchior.Woehlmann @gmx.de oder vorstand@pforta.de

München

Ronny Michael Radke Cecinastraße 68c 82205 Gilching Tel. 08105 | 391172 ronnymichaelradke @web.de

&

Initiatoren weiterer Pförtnerabende sind willkommen. Bitte unter vorstand@pforta.de melden.

AkeL

Vorsitzender: Dr. Wolfgang von Hänisch Königsberger Straße 8 88212 Ravensburg www.akel.de

Landesschule Pforta

Schulstraße 12 06628 Schulpforte Tel. 034463 | 350 Fax 034463 | 26839 www.landesschule-pforta.de info@landesschule-pforta.de

Beiträge für DIE PFORTE bitte an peter.maser@tonline.de, oder direkt an Pförtner Bund e.V., Schul­ straße 22, 06628 Naumburg OT Schulpforte. Redaktionsschluss der nächsten Ausgabe: Ende November 2013


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Foto (4. Umschlagseite): Detailaufnahme der Evangelistendarstellung des Matthäus am linken Ende des Pfortenser Tafelkreuzes. K. Risse, HfBK Dresden

Herausgeber

Pförtner Bund e.V. Schulstraße 22 06628 Naumburg OT Schulpforte vorstand@pforta.de www.pforta.de


Nr. 65 | 2012 012 2


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