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B47837 Jahrgang 10 – 01/2007

Februar / März 2007 www.crescendo-magazin.de

Großes crescendo Spezial

Klassik & Kapital ■ ■ ■

Wenn McKinsey Oper prüft Bernd Neumann über die CD-Krise Darf man mit Klassik werben?

Interview Star-Pianist Pierre-Laurent Aimard über das Denken beim Spiel PLUS:

CD zum Heft für Abonnenten Rezensions-Teil

Gidon Kremer Julia Fischer Mikhail Pletnev DVDs, CDs und Bücher

plus regional Rundfunkchor Berlin Sir John Tavener: The Veil of the Temple Deutsche Erstaufführung

Rolando Villazón privat Exklusive Fotostory. Wie probt der Tenor eine Oper? Der Sänger hinter den Kulissen der Staatsoper Berlin.


Spanische Leidenschaft pur!

„Wetten, dass..?“, 03.03.07, ZDF Beifallsstürme begleiten seine Opernauftritte, ihm liegen Millionen von Klassik-Fans zu Füßen. Jetzt präsentiert er uns ein Repertoire, das eng mit seiner Heimat Mexico verbunden ist: Rolando Villazón singt spanische Arien aus bekannten Zarzuelas. Und Superstar Plácido Domingo steht am Dirigentenpult! Die CD Gitano vereint die größten Hits des legendären spanischen Zarzuela-Repertoires – eine Musik, in der die Sonne und die unverwechselbare Atmosphäre Spaniens lebendig werden. CD ab sofort im Handel (365474-2) Nur für kurze Zeit die Limitierte Edition CD plus DVD (365482-1) KONZERTE: 02.03.07 Leipzig, 06.03.07 Essen, 10.03.07 Frankfurt www.emiclassics.de | www.klassik-podcast.de | www.rolandovillazon.de


crescendo 01 2007 | 3 editorial

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Das Klassik-Kapital – darf es das geben? Ist klassische Musik eine Kapitalanlage? Kann man mit Koloraturen Kasse machen? Für einige Major-Labels ist die Entscheidung längst gefallen: Opern und Konzerte erzielen nicht die Gewinnmargen, die man sich auf dem allgemeinen Plattenmarkt erhofft – die Klassiksparten wurden kleingeschrumpft. Das ist merkwürdig, denn gerade große Unternehmen scheinen Musik und Money längst zusammen zu denken. Rolex, die Deutsche Bank, Audi, O2 und viele andere werben mit klassischen Inhalten und haben Stars der Opern- und Konzertszene als Testimonials verpflichtet. Und auch die Krise auf dem Klassik-Markt scheint sich zu entspannen. Während der Produktionsphase dieser Ausgabe war ich drei Tage auf der Musikmesse „Midem“ in Cannes, auf der hauptsächlich IndependentLabels ausstellen. Und: Ihre Stimmung war gar nicht so schlecht. Sie sprechen mit spannenden Produktionen längst nicht mehr allein ein Special-Interest-Publikum an. Aufnahme- und Künstlerqualität unterscheiden sich kaum noch von ihren großen Mitbewerbern – allein fehlen den kleinen Anbietern die geeigneten Marketing-Werkzeuge. Ein Grund, warum crescendo in seiner Auswahl von Kritiken und Porträts sowohl die Independents als auch die Major Labels nach dem gleichen Kriterium misst: nach ihrer Qualität. Denn in ihr liegt der eigentliche Wert der klassischen Musik. Sie bürgt für Leidenschaft, Engagement und Kreativität. Tugenden, auf die auch in der Wirtschaft gesetzt wird, wie unser Heftschwerpunkt beweist, indem wir die Wirtschaftsprüfer von McKinsey, den Kulturstaatsminister Bernd Neumann und den EON Personalvorstand Hartmut Geldmacher zu Wort kommen lassen. Die Schwerpunktthemen in crescendo haben sich bewährt. In unserer letzten Ausgabe drehte sich alles um Klassik und Bildung – nur einige Wochen nach Erscheinen hat die „Zeit“ dieses Thema für ihre Titelseite übernommen, und Bundestagspräsident Norbert Lammert forderte auf dem „Forum Musikalische Bildung“ ein verstärktes Engagement auf diesem Feld. Es freut uns, wenn crescendo durch seine Schwerpunkte die Musik in die öffentliche Diskussion bringt. �������������������

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Unser Grafik-Chef Stefan Steitz hat ein wunderbares Titelbild gebastelt – in Anlehnung an „Das Kapital“ von Karl Marx hat er den Titel „Das Klassik-Kapital“ illustriert. Zu Hause hat er sich aber auch noch einmal den Tenor Rolando Villazón vorgenommen, den wir exklusiv hinter den Kulissen der Staatsoper Berlin begleitet haben.

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Seine Grafik des Sängers gefiel uns so gut, dass wir das Titelbild noch einmal ausgetauscht haben. Steitz hat eine Ästhetik gefunden, mit der wir nun in das neue Jahr gehen. Auch 2007 will Ihnen crescendo hauptsächlich eines bereiten: Spaß an der Musik. Und wenn Sie sehen wollen, wer Ihre Zeitschrift eigentlich macht, schauen Sie sich unser Team doch einmal an – in einer Fotostrecke stellen wir uns Ihnen vor. 24.01.2007

13:36:38

Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihr Axel Brüggemann

inhalt Klassik und Kapital 4 Schließen Wirtschaft und Musik einander aus? 8 Musik in der Werbung Die 10 Besten – Kampagnen

McKinsey in der Oper 10 Die Wirtschaftsprüfer verraten ihre Tricks

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Die große Kino-Kasse 14 Warum man in Hollywood Geld verdient 16 Bernd Neumann Der Kulturstaatsminister über den CD-Markt

Manager und Dirigent 18 Was Wirtschaftslenker von Maestros lernen können 20 Villazón! Der Tenor privat bei den Proben

Prey-Roman 26 Vorabdruck von Ariel Denis Buch Rezensionen 28 Die besten CDs und DVDs

Elina Garancˇa 34 Porträt des neuen Mezzo-Sopran-Stars

36 Klavier und Zukunft Interview mit Pierre-Laurent Aimard 39 premium Warum Sie crescendo abonnieren sollten 40 inside Wie man sich kleidet, so ist man: Die Redaktion in Roben

43 Essay Konzertveranstalter Peter Schwenkow über das Geldverdienen Regional 44 Berliner Rundfunkchor, Ulf Schirmer Termine 48 Die wichtigsten Veranstaltungen in Ihrer Region Lieto fine 50 Ist Jürgen Flimm der neue Peter Ruzicka?


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Warum die Klassik zunehmend zum Geschäft wird

Die große Geldscheinsonate Musik ist auch nur ein Wirtschaftsfeld. Wir haben es mit Giga-Konzerten zu tun, mit CD-Kampagnen und Theaterspielplänen, die nicht mehr allein die hehre Kunst verfolgen. Mit Opern und Konzerten wird auch Geld verdient. In einer angespannten Haushaltslage wird die Klassik zunehmend kommerzieller. Das ist gefährlich, aber nicht unbedingt schlimm, sagt Axel Brüggemann.


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Eine Oper um das Geld: Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny an der Komischen Oper Berlin.

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Foto: Komische Oper Berlin

in Gespenst geht um in Europa – das Gespenst der Verdinglichung. Selbst die Kultur, einst eine selbstverständliche Notwendigkeit menschlichen Ausdruckes, zwischenmenschlicher Kommunikation und Grundlage des allgemeinen Seins, wird zunehmend nach ihrer materiellen Wertigkeit hinterfragt.

nicht zu trauen – ihr stellten sie ein Porträt über die singende Hera Lind voran und ließen sie von einem schlechtgelaunten und aufgesetzt lustigen Harald Schmidt kommentieren. Kein Wunder, denn in den Intendanz-Gremien des ZDF zählt am Ende nicht der Geist einer Übertragung, sondern seine Verdinglichung in ablesbaren Zahlen. Zur Überlegung, ob ein bisschen mehr Wahrhaftigkeit und Tiefgang nicht auch zu besseren Quoten führen könnte, ob das Vertrauen in die Kunst als eigenes Wie viel Subvention ist ein Theater den Bürgern wert? Können und sollen Steuern, Kapital nicht der eigentliche Anlass ist, Kunst zu „konsumieren“, ob nicht gerade die immerhin von der Allgemeinheit gezahlt werden, tatsächlich für das kulturelle in ihrer Schwere der eigentliche Reiz liegt, kommt man vor lauter Marktforschung Divertissement einer elitären Minderheit, der Museums-, Opern- und Theaterbesu- und Mainstream-Kompabilität gar nicht mehr. cher, ausgegeben werden? Zuweilen werden sogar ungleiche Gretchenfragen gestellt: Auf dem CD-Markt haben Major Labels wie BMG oder Sony ihre Klassik-Sparten Als das Würzburger Theater auf der Kippe stand, wurde seine Existenz der nötigen auf Grund internationaler Managements weitgehend auf ein Minimum geRenovierung eines Schwimmbades gegenübergestellt. In unserer alltäglichen Spar- schrumpft. Den neuen Chefs in den USA und Großbritannien reichen stabile Zahlen Wirklichkeit gehört in kleineren Städten die politische Entscheidung zwischen einer nicht, sie wollen Renditen wie im Popmarkt. Deshalb sparen sie, um zu verdienen neuen Umgehungsstraße oder einem Kulturzentrum und verschlanken ihre Unternehmen, um sie für den längst zum Alltag – und fällt nicht selten für die UmgeVerkauf fit zu machen. Ein Trend, der aktuell bei der hungsstraße aus. In der Hauptstadt, wo drei Opernhäuser radikalen Umstrukturierung von EMI zu beobachten Die angespannte Haushaltsnach der unsäglichen Erfindung einer Opernstiftung ist (dort wurde ein Mammut-Etat für anstehende Ablage in Bund und Ländern ums Überleben kämpfen und sich um Subventionen vom findungen eingerichtet). All das färbt auch auf die unter Bund bemühen, sind Zeitungskommentare, in denen die Vertrag stehenden Ensembles ab, etwa auf die Berliner führt zu einer Entweder-Oderschlechte Ausstattung der Schulen und Kindergärten gegen Philharmoniker und Simon Rattle, die ihren MarktRhetorik. Die Kultur kommt die Ausgaben für Museen und Opernhäuser abgewägt Erfolg in Soundtrack-Einspielungen wie „Das Parfum“ unter die Räder. werden keine Seltenheit – und für jeden auf den ersten suchen und in die Gefahr geraten, ihren programmatiBlick nachvollziehbar. schen Kern aus den Augen zu verlieren. Das klassische Die engen Haushaltsbudgets in Bund, Ländern und Klassik-Geschäft lebt höchstens noch durch die idealisGemeinden sind derzeit unabdingbar, und der Zwang zum Sparen für jeden Bürger tischen, nationalen Manager, die nach neuen und innovativen Wegen suchen, Knete längst einsichtig. Die Konsequenz ist aber eine bisher nie dagewesene Entweder- und Kultur als Einheit zu begreifen, ohne dabei die Musik zu verraten. Oder-Rhetorik, in der sich kulturelle Institutionen zunehmend in einem eigentlich unlauteren Konkurrenzkampf mit anderen öffentlichen Einrichtungen wiederfin- Wie macht man erfolgreich Oper? den. Sie müssen unter politischem Druck ihren Wert für das Gemeinwesen gegen- In den 80er und 90er Jahren haben besonders an den Theatern und Opernhäusern über ihrer Kosten legitimieren und diese gegenüber anderen Ausgaben und deren noch linke Intendanten und Direktoren gegen die Kapitalisierung ihrer InstitutioNutzen rechtfertigen. Aber die Frage nach Theater oder Kindergarten ist wie eine nen gekämpft, ihre Subventionen gerade durch die Freiheit des Experimentes und Entscheidung zwischen Erschießung oder elektrischem Stuhl. In dieser Situation die Möglichkeit des Scheiterns legitimiert. Und tatsächlich ist die Frage bis heute wird die Selbstverständlichkeit der Kultur als Grundlage eines Staates und der Nation legitim, warum ein Opern- oder Konzerthaus subventioniert werden soll, wenn es schleichend in Abrede gestellt. mit populären Aufführungen von „Aida“, „Carmen“ und La Traviata“ erfolgreich ist. Musicaltheater werden schließlich auch nicht staatlich gefördert. Inzwischen Die Quote muss stimmen werden viele Häuser allerdings nicht mehr von Künstler-Intendanten, sondern von Aber es sind nicht nur die öffentlichen, steuerlich subventionierten Einrichtungen, Managern geführt. Und das allein muss noch gar kein Nachteil sein. Peter Jonas bei denen die Kultur zunehmend in kapitalistischen Kontexten gedacht wird. Auch (München), Alexander Pereira (Zürich) oder Stéphane Lissner (Mailand) haben in der privaten Kulturwirtschaft, in Buchverlagen, im Fernsehen und in der CD- Wege einer intelligenten ökonomisch-künstlerischen Mischkalkulation gefunden. Industrie werden kulturelle Projekte zunehmend auf ihre Rentabilität abgeklopft Aber diese Konzepte neigen dazu, zu Gunsten der Auslastung in eine Anbiederung und dann erst (wenn überhaupt) auf ihren kulturellen Eigenwert. Bislang wa- an das Publikum umzuschlagen, was an zahlreichen Stadttheatern längst zu beren zum Beispiel die gebührenfinanzierten Fernsehsender wie das ZDF optimale obachten ist. Ein Beispiel, dass Kapital und Kultur sich nicht ausschließen, lässt Orte, um eine kulturelle Grundversorgung zu gewährleisten, Opern und Konzerte sich im Festspielhaus Baden-Baden finden. Hier beweist Intendant Andreas Mölichaus den elitären Nischen von 3Sat und arte zu befreien. Heute aber werden selbst Zebhauser gar, dass er vollends ohne Subventionen auskommt. Sein Erfolg bei Pudie wenigen Klassik-Sendungen auf Grund geringer Quoten massenkompatibel blikum und Sponsoren liegt aber allein in einem strengen, qualitativ hochwertigen verkauft: „Die Große Nachtmusik“ mit Götz Alsmann wird vom „Wetten dass ..?“- Spielplan, der den Prinzipien der Musik, weniger des Marktes folgt. Regisseur aufgemotzt, der „Echo-Klassik“ zu einer „Oscar“-Show stilisiert, und Es gehört längst zum Job eines Intendanten, die ökonomische Argumentation selbst Opernübertragungen – wie die der „Nozze di Figaro“ von den Salzburger der Wirtschaft und der Politik anzunehmen und die Legitimation der Kunst um Festspielen – scheinen die Entscheider der öffentlich rechtlichen Fernsehanstalten der Kunst Willen en passant aufzugeben. Dann wird anhand der Umwegrenta-


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bilität vorgerechnet, dass die Subventionen der Häuser Spiel, das kulturelle Kapital allein nach ökonomischen Es ist falsch, Geldverdienen mit durch andere Ausgaben des Theaterpublikums wieder Maßstäben anzureichern. Dann wird Klassik zu dem, der Klassik von Grund auf zu eingenommen werden. Eine Opernkarte, die mit 100 was bei Bourdieu das Bild für den Kunsthändler ist – verdammen. Es ist aber auch Euro subventioniert wird, wäre eine kluge staatliche Kultur ohne kulturelles Kapital. Dabei ist das kulturelle falsch, Kultur allein Investition, wenn sie einen Japaner nach Berlin lockt, Kapital, also die geistige Anreicherung der kulturellen der für 1000 Euro mit der Lufthansa fliegt, zwei Nächte Gegenstände, der eigentliche Wert der Kultur. ökonomisch zu messen. in einem Hotel für je 200 Euro schläft, vier mal Essen Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang das geht (200 Euro), und damit bei einer Mehrwertsteuer von neue und zunehmend wichtige Wesen des Sponsorings. 19 Prozent indirekt 266 Euro Steuern zahlt. In diesem Falle wäre ein Opernhaus Warum investieren Großunternehmen wie die Deutsche Bank, Audi, Palmers, Mernicht nur eine Investition in die Kultur, sondern auch in den Staatssäckel. Ganz zu cedes, VW, Otto oder Rolex in die klassische Musik? schweigen davon, dass Wirtschaftsprüfer von McKinsey einst herausgefunden haben, Sicherlich nicht, weil es eine Kunst ist, die per se für die schnelle Anhäufung dass künstlerische Betriebe durchaus effizient arbeiten – als die Rechner vor Jahren von Geld steht. Nein, sie erwarten einen Image-Transfer der Musik auf ihre Marken, vom Bremer Senat bestellt wurden, um Einsparungsmöglichkeiten herauszufinden, die Übertragung der Unabhängigkeit, des künstlerischen Schaffensmutes und der belegten sie, dass kaum eine Behörde so effizient arbeitet wie das Theater. Leidenschaft. Und weil das so ist, greift keines dieser Unternehmen in irgendeinen Spielplan ein, fordert keine seichte Musik, sondern tut zunehmend das, worauf der Bourdieus „kulturelles Kapital“ Staat allmählich verzichtet: Unternehmen haben die Verantwortung erkannt, die In der Philosophie Pierre Bourdieus bildet das „kulturelle Kapital“ eine feste Größe. subventionsbedürftige Kunst zu unterstützen – sie meinen es ernst mit der FördeEr versteht unter „kulturellem Kapital“ eine Form der eigenen Verortung innerhalb rung des kulturellen Kapitals. Hier schließt sich der Kreislauf, hier beginnt der Paradigmenwechsel, in dem der Gesellschaft. Das „kulturelle Kapital“ ist für ihn ein verinnerlichtes Kapital, ein Kapital also, das an einen Menschen gebunden ist und das nicht oder nur schwer wir derzeit stecken: Die Wirtschaft entdeckt die Kultur als Kapital, dessen Sinn erworben werden kann. Möglich ist das besonders in der Sozialisierung innerhalb kein notwendig dinglicher ist, sondern ein geistiger – und damit übernimmt einer Familie. Seine Überführung in das ökonomische Kapital ist ein langwieriger sie eine Verantwortung, aus der wir die Politik und den Staat nicht so leicht Prozess und zuweilen gar unmöglich. Bourdieu beschreibt das mühsame Sammeln entlassen sollten. kulturellen Wissens in der Schule, durch Lesen, Konzertbesuche und die ständige Auseinandersetzung mit Kultur. Ein Wissen, das an einen einzelnen Menschen gebunden ist, und das er höchstens auf lange Zeit in Geld umsetzen kann, etwa durch einen besseren Job. Manchmal bleibt das „kulturelle Kapital“ aber auch unentlohnt, dann hat es einen anderen, nicht ökonomischen, sondern sozialen Sinn – den Ursinn der Kultur. Der Philosoph beschreibt den Verlust des „kulturellen Kapitals“ zu Gunsten des finanziellen Kapitals an folgendem Beispiel: Ein Kunstfreund kauft ein Bild, weil Money and Music er sich lange mit dem Künstler beschäftigt hat, er kauft es nicht auf Grund seines Da die Klassik meist vom Leben erzählt, erzählt sie natürlich auch vom finanziellen Wertes, sondern auf Grund seiner Begeisterung. Irgendwann verkauft Geld – von der Hoffnung auf Glück und vom Unglück des Kapitals. er es für viel Geld an einen Sammler, der in Bilder investiert – bei diesem Wechsel Auf der crescendo premium-CD können Sie die wichtigsten Geld-Stüdes Besitzers verliert das Bild das „kulturelle Kapital“, das über den Kunstfreund cke nachhören. Kurt Weill hat der Sehnsucht nach Reichtum und der mit ihm verbunden war. anschließenden Desillusionierung in seiner Oper „Der Aufstieg und Es ist falsch, jedes Geldverdienen mit der Klassik grundweg zu verdammen. Es Fall der Stadt Mahagonny“ ein Denkmal gesetzt (Latham-König, Silja, gibt wunderbare Beispiele für hochwertige Produktionen, die auch noch Gewinne Capriccio), Beethoven lässt seinen Kerkermeister Rocco singen „Hat abwerfen: Vom Waldbühnen-Konzert mit Anna Netrebko, Rolando Villazón und man nicht auch Geld beineben“ (Frick, Furtwängler, Naxos), und auch Plácido Domingo, mit dem der Konzertveranstalter Peter Schwenkow Erfolge feierte, der „Barbier von Sevilla“ kommt nicht ohne Geld aus: „Strahlt auf micht und das er sowohl als DVD als auch im Fernsehen erfolgreich vermarktet hat, der Blick des Goldes“ (Gomez-Martinez, Gunn, Sony). Am Klavier ärgern über das Festspielhaus Baden-Baden bis zu verschiedenen CD-Produktionen, in sich Schülergenerationen über die „Wut über den verlorenen Groschen“ denen Qualität sich als Verkaufsfördernd zeigt, bis zu Sängern, deren astronomische (Naxos). Gagen sich durch ausverkaufte Häuser bezahlt machen. Aber es ist ein falsches Für Abonnenten: Mehr Kapital auf der premium-CD (Seite 39)


14. April – 20. Mai 2007 Tanz Balé da Bahia, Luis Arrieta, Tindaro Silvano Compagnie DCA – Philippe Decouflé Emanuel Gat Dance Sankai Juku, Ushio Amagatsu Cullbergbaletten, Johan Inger, Sidi Larbi Cherkaoui

Konzerte Aziza Mustafa Zadeh, Abdullah Ibrahim Marilyn Mazur’s Percussion Paradise Rabih Abou-Khalil Quintet Larry Carlton, Bryan Ferry Pet Shop Boys, Roberto Fonseca Group Ann-Beth Solvang, Beth Elin Byberg Li Biao, Maria Schneider, Evans Nierenz Daniel Eichholz, Gábor Boldoczki Gergely Bogányi, Yorck Kronenberg Danjulo Ishizaka, José Gallardo

Lesungen und Gespräche Reinhard Kahl, Klaus Böger Bernd Kauffmann, Manfred Osten Walter Schmidinger, Corinna Harfouch DJ Shaban, Bascha Mika Peter von Becker, Christian Geyer Otto Kallscheuer, Ingrid Andree Thomas Holtzmann, Udo Samel Peter Simonischek, Gerd Wameling Aleida Assmann, Seyran Ate¸s Richy Müller, Thomas Thieme

Karten und Informationen unter 0800 288 678 238 oder

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Menschen, Autos und was sie bewegt

Foto: Companhia de Dança Deborah Colker (Deborah Colker/Marcelo Lopes). Fotograf: Flavio Colker Stand: 24. Januar 2007 Änderungen vorbehalten

Batsheva Dance Company, Ohad Naharin


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Berliner Philharmoniker

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Dahinter steckt immer ein kluger Kopf.

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O2 und Anna Netrebko Unangefochten die Nr. 1: Selbst reine Fußball-Liebhaber erinnern sich länger an Anna Netrebko in der Badewanne, als an ihren Werbe-Partner Beckenbauer ... oder wissen Sie noch, wo Franz Beckenbauer abgebildet wurde?

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Radeberger und Semperoper Die ehrwürdige Semperoper hat Besuch. Allerdings nicht von einer alten Dame, sondern von einer kühlen Blonden namens Radeberger. Und das nun schon seit 1992.

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EIN RADEBERGER

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FAZ und Berliner Philharmoniker Die Berliner Philharmoniker sind mittlerweile ja richtige Werbeprofis: Ein wahrlich kluger Kopf steckt hinter der Idee, ein Orchester so umfangreich zu vermarkten. Für die FAZ sicher auch nicht schlecht.

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Audi und die erste Reihe Im Theater geht es um das Sehen, vor dem Theater um das Gesehen werden. Audi hat das längst eingesehen. Vorsprung durch Technik www.audi.de

Musikalisch seit 1490. Wir wünschen Ihnen eindrucksvolle Musikerlebnisse in der Geburtsstadt Ludwig van Beethovens. Ein guter Ort für Kreativität und Visionen, wie man hört: Über 40 Kompositionen des jungen Genies sind hier entstanden. Bonn ist auch heute noch ein Standort für hochkarätige Musikkultur. Doch nicht nur musikalische Visionen werden hier zur Realität. So wurde aus der „guten alten Post“ eine global erfolgreiche Logistikgruppe mit 500.000 Mitarbeitern in über 220 Ländern. Mehr über Deutsche Post World Net erfahren Sie auf www.dpwn.de

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Die Post und das Horn Seit 1490 ist zum Glück auch bei der Post viel geschehen. Auch das Posthorn ist aus dem Verkehr gezogen – aber im Konzertsaal hat es überlebt.

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steckt Musik

Fotos: Radeberger Gruppe KG, S+M WLT Schiewick, Jung von Matt / Spree GmbH, O2 Germany, Scholz & Friends AG, Audi AG, Rolex, Sparkasse

Besten 4

Rolex und Cecilia Bartoli Die Luxusmarke Rolex schmückt sich mit Cecilia Bartoli. Aber auch andere Klassik-Stars ticken edel. Die gleiche Kampagne gibt es auch mit Lang Lang oder Plácido Domingo.

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Deutsche Bank und Berliner Philharmoniker Sensationelle Bilder und wirtschaftliches Understatement. Die Deutsche Bank beweist wahres Kulturengagement und die Werbeagentur Scholz & Friends AG beschert der Philharmonie einen Besucherzuwachs von 44%.

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Sparkasse – Nachwuchs Eine nette Kampagne, die die Hoffnung schürt, dass die Kleine ganz groß mit der Geige rauskommt.

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BEWAG und das Klavier Der Energiekonzern BEWAG wurde zwar aufgekauft, aber sicher nicht wegen seiner Werbung mit Bachs wohltemperiertem Klavier. Elektrisierende Klassik.

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VNG und der Geiger Bei diesem Engagement für die kulturelle Gesellschaft muss einem ja warm ums Herz werden. Auch dank einer funktionierenden Heizung.


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Wie McKinsey der Frankfurter Oper hilft

Musik als Wertversprechen Kultur und Kapital arbeiten am gleichen Ziel: die Oper zu beleben. Vier Berater von McKinsey & Company berichten in crescendo 端ber ihre Arbeit f端r die Frankfurter Oper. Ein Text von: Stefan Brandt, Jakob Haesler, Katharina Herrmann und Eckart Windhagen.


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Oper Frankfurt: Manche Taxifahrer finden das Haus nicht.

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Foto: Peter Junker

ie Oper Frankfurt hat einen hervorragenden Ruf, bislang aber leider noch zu wenig Besucher. Die Einnahmen aus Kartenverkauf und Sponsoring lagen im Vergleich mit anderen großen deutschen Häusern nur im Mittelfeld. Doch jetzt hat sich die Oper mit ungewöhnlichen Partnern verbündet: Mehrere Monate lang entwickelten Mitarbeiter der Oper unter Leitung des Intendanten Bernd Loebe gemeinsam mit Unternehmensberatern ein neues Marketingkonzept. „Zur Oper, bitte!“ Wer in Frankfurt einem Taxifahrer dieses Fahrtziel vorgibt, landet noch allzu oft vor dem Konzerthaus Alte Oper – obwohl er eigentlich zum Musiktheater der Städtischen Bühnen wollte. Dies ist kein Zufall, sondern durchaus symptomatisch: In Fachkreisen und beim Stammpublikum sehr geschätzt, wird die Oper Frankfurt von der breiteren Öffentlichkeit noch vielfach übersehen. Für eine solche Kluft gibt es eigentlich keinen Anlass. Denn die Oper Frankfurt ist keineswegs nur etwas für Eingeweihte. Intendant Bernd Loebe und Generalmusikdirektor Paolo Carignani haben sie gemeinsam mit Bernd Fülle, dem Geschäftsführer der Städtischen Bühnen Frankfurt, zu einem der führenden europäischen Häuser gemacht. Das haben sie schwarz auf weiß: Das Fachblatt „Opernwelt“ kürte die Oper Frankfurt in den vergangenen vier Jahren einmal zur Oper des Jahres und setzte sie zweimal auf Platz zwei. Mit über 200 Produktionen, darunter mehr als einem Dutzend Premieren, stellen der Intendant und sein Team einen Spielplan auf die Beine, der in Qualität und Vielfalt seinesgleichen sucht. Während die Oper also ein international erstklassiges Programm bietet, weist sie bei der Auslastung bislang lediglich ein gutes Niveau auf. In der Spielzeit 2004/2005 waren rund drei von vier Karten verkauft. Nicht schlecht, aber im Vergleich mit anderen großen Musiktheatern auch noch kein Ergebnis, das den Ansprüchen des Hauses und seines Intendanten entspricht. Im Sponsoring steht die Oper Frankfurt ebenfalls ordentlich da, das Potenzial ihrer wirtschaftlich starken Heimatstadt hat sie jedoch bisher keineswegs ausgeschöpft. Was also tun? Die Oper Frankfurt entschloss sich zu einer ungewöhnlichen Zusammenarbeit: Sie holte


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sich Unternehmensberater ins Haus. Pro bono, also ohne Honorar, halfen Mitarbeiter von McKinsey & Company mehrere Monate lang, neue Wege zu einer höheren Auslastung und intensiveren Unterstützung durch Sponsoren zu suchen. Gemeinsam mit den Mitarbeitern der Oper analysierten sie die Situation, entwickelten Ideen und unterstützten die Umsetzung neuer Konzepte. Kunst und Ökonomie, geht das? Warum nicht! Oper lebt nicht von der Luft allein, sie muss mehr denn je klug wirtschaften, um ihren künstlerischen Anspruch auch verwirklichen zu können. Und umgekehrt leben Berater nicht auf einem anderen Stern. Sie begeistern sich für Kunst und Kultur und haben schon zahlreichen Kultureinrichtungen unentgeltlich geholfen, etwa dem Moskauer Bolschoitheater und der Berliner Philharmonie. Auch im Fall der Frankfurter Oper engagierten sich vier Berater, weil sie selbst Opern produzieren bzw. musizieren, oder einfach, weil sie ein ganz persönliches Faible für Opern haben. Besucherbefragung Zu Beginn der Zusammenarbeit befragte das Projektteam jene, die am besten um mögliche Defizite wissen müssen: die Besucher. Dabei stellte sich Interessantes

Oper lebt nicht von der Luft allein, sie muss mehr denn je klug wirtschaften, um ihren künstlerischen Anspruch verwirklichen zu können.

Allgemeinen und ihren Produktionen im Besonderen nicht immer leicht mache. Zu diesem Befund passt ein zweiter: Demnach kennen zwar viele Frankfurter das Haus und können sich auch vorstellen, eine Aufführung zu besuchen. Doch ihre Absicht in die Tat umsetzen und sich eine Karte kaufen, das tun dann doch noch zu wenige. Bei anderen Kultureinrichtungen der Stadt liegt die Hemmschwelle weitaus niedriger. Die Umfrageergebnisse stellten das Selbstverständnis der Opernleute auf eine harte Probe. Kann es einer Oper egal sein, wie das Publikum über sie denkt und ob sie vor mehr oder weniger gefüllten Rängen spielt? Oder sollte sie sich auch als künstlerischer Dienstleister verstehen, der auf sein Publikum eingeht? Die Mitarbeiter der Oper haben diese Fragen eingehend diskutiert und entschieden sich schließlich für einen schwierigen Weg. Einerseits wollen sie nicht von ihrem hohen künstlerischen Anspruch abrücken. Andererseits suchen sie nach Wegen, ein breiteres Publikum dafür zu begeistern. Die Oper will also mehr Nähe wagen. Und sie will sich mit dem Anspruch Qualität, Vielfalt, Emotion ihrem Publikum empfehlen.

heraus: Der Oper Frankfurt – so die Analyse – mangelt es an Nähe, vor allem zur Zielgruppe der Erst- und Gelegenheitsbesucher. Sie nehmen das Haus bislang eher einseitig wahr, verbinden mit ihm intellektuelle Herausforderung, Provokation und Distanziertheit. Programmliche Vielfalt, differenzierte Regieansätze und schönen Gesang erwarten dagegen nur wenige von einem Opernbesuch am Main. Ganz anders das Bild des Hauses bei den regelmäßigen Theatergängern: Sie lassen sich von den Inszenierungen anregen. Darüber hinaus schätzen sie die künstlerischen Interpretationen und empfinden einen Opernabend als außergewöhnliches sowie emotional bewegendes Erlebnis. Einig sind sich dagegen alle Befragten, dass das Opernhaus selbst wenig einladend wirke. Die einen stört die Architektur des sachlich-nüchternen 60er-Jahre-Baus, der zu wenig Repräsentativität ausstrahle. Andere sagen, dass die Oper Frankfurt ihren Besuchern den Zugang zu ihrer Kunstform im

Team Oper Frankfurt: Die Autoren dieses Berichtes

Foto: Privat

Eckart Windhagen (v.li.) ist Principal im Frankfurter Büro von McKinsey. Seit früher Jugend ist er Liebhaber klassischer Musik. Katharina Herrmann ist Senior Associate im Berliner Büro von McKinsey. In ihrer Freizeit begeistert sich die Klassische Philologin besonders für Barockopern. Jakob Haesler ist Principal im Pariser Büro von McKinsey & Company. Der Amateurcellist fühlt sich der Oper Frankfurt verbunden, weil er in jungen Jahren dort seine erste Oper erleben durfte. Stefan Brandt ist Senior Associate im Wiener Büro von McKinsey & Company. Er hat Gesang und Musikwissenschaft studiert und leitet in seiner Freizeit das Basler Ensemble „Pasticcio Renano“.

Wertversprechen In der Sprache der Berater nennt man einen solchen Anspruch ein Wertversprechen. In Unternehmen ist diese Art der Positionierung gang und gäbe. Mit Qualität, Vielfalt, Emotion hat nun auch die Oper Frankfurt erstmals ein Wertversprechen, das nach innen und außen kundtut, wofür sie steht. Diese Aussage in drei Schlagworten war für die Mitarbeiter der Oper erst einmal gewöhnungsbedürftig, aber sie erkannten schnell auch ihren Nutzen: Das Wertversprechen schärft das Profil des Hauses, grenzt es von anderen Kulturangeboten ab und bietet so Orientierung. Wie aber setzt man ein Wertversprechen in der täglichen Arbeit um? Anders gefragt: Wie bringt man das Publikum auf den Geschmack? Für diese Fragen haben sich Oper und Berater eine Reihe von Lösungen überlegt: Um mögliche Berührungsängste zu zerstreuen, gibt es neuerdings vor jeder Vorstellung eine Einführung in das Werk und die Inszenierung. Oft steht dafür sogar der Dramaturg selbst zur Verfügung. Dieses Angebot wird vom Publikum rege genutzt. Zudem sollen die Besucher nach ausgewählten Vorstellungen mit dem Regisseur oder dem Dirigenten über das Stück und seine Interpretation diskutieren können. Neu ist auch die Reihe „Oper für alle“: Nach dem Muster des „Kinotags“ werden mehrmals im Jahr Vorstellungen mit einheitlich niedrigem Eintrittspreis angeboten. Wer zuerst kommt, sitzt auf den besten Plätzen.


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Weitere Maßnahmen sollen helfen, die Oper bei ihrem potenziellen Publikum bekannt und unverwechselbar zu machen. So gibt es statt des gemeinsamen Monatsspielplans mit dem Konzerthaus Alte Oper nun ein eigenes, farbiges Leporello – mit einem Foto des Hauses. Positiver Nebeneffekt: Das Musiktheater verschafft sich so zusätzlichen attraktiven Werberaum. Darüber hinaus wurde die Internetseite nutzerfreundlich umgestaltet. Neu sind: eine übersichtliche Gliederung, interaktive Elemente und einladende, warme Farben. Zudem macht sich die Oper daran, neue Werbemethoden wie virales Marketing zu testen. Dabei treten Freunde der Oper als Botschafter auf – und werben neue Besucher. Auf diese Art erreichte beispielsweise die Uraufführung der Oper „Caligula“ von Detlev Glanert zu Beginn der aktuellen Spielzeit eine insbesondere für zeitgenössische Werke beachtliche Auslastung. Geplant sind darüber hinaus Opernbeilagen in regionalen Zeitungen. Damit sollen die zahlreichen Kulturfreunde angesprochen werden, die im Frankfurter Umland wohnen. Analysen hatten ergeben, dass die Werbemedien der Oper Frankfurt gerade diese Zielgruppe noch nicht gut erreichen. Längerfristig angelegt ist das Vorhaben, die Räume für den Abonnement- und Kartenverkauf in der Art eines Pavillons neu zu gestalten und damit JJansen_220/130_Cresc 16.01.2007 16:11 Uhr Gebäude und Umfeld architektonisch aufzuwerten.

Das Sponsoring als eine wichtige Finanzierungsquelle nahm das Projektteam ebenfalls unter die Lupe. Mit dem neuen Wertversprechen hat sich die Oper ein Profil gegeben, das bei Sponsoren gut ankommt. Welches Unternehmen hat nicht gern eine Institution zum Partner, die sich mit Begriffen wie Qualität, Vielfalt und Emotion identifiziert? Doch die Oper besitzt einen weiteren Trumpf. Wie kaum eine andere Institution bringt sie Sponsoren in Kontakt zu einem höchst anspruchsvollen und auch für Werbepartner interessanten Publikum. Dementsprechend selbstbewusst suchen die Opernmitarbeiter nun gezielt nach finanzkräftigen Unterstützern und offerieren verschiedene Stufen einer Partnerschaft. Maßnahmen greifen Dass diese Ansätze in die richtige Richtung gehen, zeigt ein erster positiver Trend: Trotz eines sehr anspruchsvollen Saisonprogramms mit selten gespielten Stücken weist die Oper hohe Besucherzahlen auf, und auch die Einnahmen liegen auf Wachstumskurs. Die Website wird intensiver genutzt als zuvor, und die Einnahmen aus dem Sponsoring steigen erfreulich an. War die ungewöhnliche Zusammenarbeit der beiden Partner nun ein Kulturschock? Zweifellos, aber ein positiver. Bei dem Projekt trafen Seite 1 sich Menschen, die bereit waren, neugierig aufein-

ander zuzugehen. Den Mitarbeitern der Oper fiel die Annäherung leicht, weil sie auf Berater trafen, denen die Vereinbarkeit ihrer Vorschläge mit dem künstlerischen Profil des Hauses ein Herzensanliegen war. Nicht Kürzungen, sondern intelligente Lösungen für eine breitere Einnahmenbasis standen im Vordergrund. Umgekehrt lernten die Berater nicht nur die Kreativität der Opernleute schätzen. Sie staunten auch über deren Umsetzungsstärke. Wo in der Wirtschaft oft erst detaillierte Marketingpläne erarbeitet werden müssen, ging an der Oper Frankfurt alles ganz schnell: Manchmal dauerte es kaum zwei Wochen, eine Lösung zu entwickeln und in die Tat umzusetzen. Als vor einem Jahr die gemeinsame Arbeit an dem Projekt begann, machte ein Schaubild die Runde. Darauf waren die Frankfurter Kultureinrichtungen wie Inseln in einem See vor der Stadt gezeichnet. Während zur Alten Oper, zum Museum und zum Kino bequeme Brücken führten, mussten die Besucher der Oper Frankfurt mühsam rudern. Es ist längst an der Zeit, das Bild neu zu zeichnen. Denn mit vielen neuen Ideen hat sich die Oper in ein Schiff verwandelt, das sich auf das Publikum zubewegt. Auch weiterhin wird das Haus mit unverwechselbaren Angeboten für Furore sorgen – damit künftig alle Frankfurter Taxifahrer die Opernbesucher zum richtigen Ziel bringen!

spielt die Violinkonzerte von Mendelssohn und Bruch & ein vergessenes Meisterwerk: Die Romanze für Viola und Orchester von Bruch.

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JANINE JANSEN MENDELSSOHN & BRUCH: CONCERTOS & ROMANCE


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Klassik-Kasse Kino Immer mehr Orchester verdienen ihr Geld mit Soundtracks – so wie die Berliner Philharmoniker mit der Musik zu „Das Parfum“. Tobias van de Locht ist selbst Komponist von Filmmusik und leitet mit zwei weiteren Filmdozenten eine Regieklasse in Düsseldorf. Für crescendo würdigt er den neuen Trend.

H

Foto: Constantin

and aufs Herz – gehen Sie nicht auch stillschweigend davon aus, dass der Klassikmarkt von Größen wie Anna Netrebko oder Rolando Villazón dominiert wird? Mitnichten! Das wahre Interesse der Käufer findet in einem anderen Terrain seinen Niederschlag: in der Filmmusik! In den USA steht „Gladiator“ des Deutschen Hans Zimmer ganz oben in den Classical Charts. Und in Großbritannien gehört Filmmusik ganz selbstverständlich zur Klassik – anders als bei uns in Deutschland. Kein Wunder, schliesslich arbeiteten Genies wie Arnold, Vaughan Williams oder Walton für die bewegten Bilder. Nicht ohne Einfluss: In Deutschland witterten unlängst die Berliner Philharmoniker den Braten, indem sie sich des Sounbdtracks zur Süsskind-Verfilmung „Das Parfum“ annahmen – einer Gemeinschaftskomposition dreier Tonsetzer. Dass diese Platte die Verkaufserwartungen letztlich doch nicht erfüllte, sollte uns nicht mit Sorge erfüllen, denn Filmmusik wird hier zu Lande nun einmal stiefmütterlich behandelt: Von der intellektuellen Musikkritik nicht ernst genommen, da für ein Unterhaltungsgenre geschrieben, von Filmkritikern verschmäht, da diese sich für Musikfragen nicht zuständig fühlen, von Dirigenten abgelehnt, da sie bei Kritik und oberflächlichem Abonnentenpublikum mit Beethovens Siebenter eher Beifallsstürme erlangen können, egal wie schlecht die Interpretation war. Dass es sehr viel moderne, sogar zwölftönige oder

serielle Filmmusik gibt, wissen die meisten nicht, ja dass im Film nicht selten Musikgeschichte geschrieben wurde. Doch während die vermeintliche Kulturelite weiter die Nase rümpft, hat die Plattenindustrie längst begonnen, mit Filmmusik Kasse zu machen (daran wird auch Sir Simons Flopp nichts ändern). Für die Phonoindustrie ist der Soundtrack zum verlässlichen Kapital geworden. Doch wie sieht es in den Konzertsälen aus? Unter der dramaturgischen Leitung und teilweise dem Dirigat des Verfassers dieses Textes haben Orchester wie die Dortmunder und Duisburger Philharmoniker, die Düsseldorfer Sinfoniker, das Metropol-Orchester oder das Gürzenich-Orchester begonnen, sich mit Filmmusik zu beschäftigen. Das Resultat: eine vollbesetzte Kölner Philharmonie ! Obwohl zwei Drittel des Programms aus atonaler Musik bestand, war der allgemeine Tenor sowohl aus den Reihen des Orchesters als auch aus dem Publikum: „Endlich ´mal ´was Anderes!“ Die Filmmusikabende waren eigentlich konzipiert, um diese Art von Konzerten gleich wieder überflüssig zu machen, denn Filmmusik gehört selbstverständlich in jedes „normale“ Sinfoniekonzert. In Paris hat Kent Nagano Mahlers Fünfte mit Bernard Herrmanns „Psycho“ kombiniert – wie passend, wenn man bedenkt, dass auch Mahler seine Themen nicht nur sinfonisch, sondern auch „psychologisch entwickelt“, wie Constantin Floros es nennt. In Deutschland findet man ab und zu auf den Programmen von Kinderkonzerten John Williams´ „HarryPotter-Suite“, ganz reizende Nussknacker-Mu-

sik, aber wann dürfen wir seine brillanten Solokonzerte, Sinfonien oder Filmmusiken jenseits der Star-Wars- oder Indiana-JonesFranchise in Sinfoniekonzerten erleben? Die Schuld liegt nicht am fehlenden Interesse der Konzertbesucher, sondern an der Faul- und Feigheit der Konzertveranstalter. Viele unserer sogenannten Avant-GardeKomponisten beschimpfen ihre Kollegen, die sich auf das Abenteuer Film einlassen – aus Neid, denn an solche gut dotierten Aufträge kommen nur wenige. Und dieses ist das Problem des deutschen Films: Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande. So wird selbst bei einem Kinderfilm wie „Der Räuber Hotzenplotz“ die Musik in Italien beim Rota-Jünger Nicola Piovani bestellt – verheerend, denn eine Filmkomponistenszene in der Bundesrepublik aufzubauen, sollte auch dringendes Anliegen der deutschen Filmwirtschaft sein, bildet der Filmmusiknachwuchs doch das Kapital unserer Filme, nicht teure Einkäufe aus dem Ausland. An hoffnungsvollen Talenten herrscht kein Mangel, denn da warten bereits begabte Komponisten wie Dimitri Dodoras, Stefan Kusch oder Markus Metzler, die alle auch für den Konzertsaal wertvolle Beiträge liefern. Sie werden uns demnächst aufhorchen lassen – warum nicht mal im Kino? Also: auch dort die Ohren aufsperren! Das Parfum: Soundtrack zum aktuellen Film mit Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern (EMI).


titel 16 | crescendo 01 2007

Kulturstaatsminister Bernd Neumann

„Klassik bereitet mir Sorge“ Die Plattenindustrie kämpft mit neuer Konkurrenz: MP3 und Internet-Downloads gefährden das Geschäft. Bernd Neumann plädiert für ein neues Bewusstsein der Branche und warnt die Klassik-Sparte, den Nachwuchs nicht zu vergessen.

Und sie feiert sich noch immer: Die Klassik Branche klopft sich alljährlich beim „Echo“ auf die Schulter. Hier: Cecilia Bartoli.

M

usik war immer schon ein bedeutender Faktor der Kulturnation Deutschland. Unsere kulturelle Identität wurde durch Musik erlebbar. Ebenso wie die Literatur, die darstellenden und bildenden Künste gehört die Musik zum Kern unseres nationalen Selbstverständnisses. Und zur Musikkultur zähle ich ein breites Spektrum von der Klassik bis zur modernen Rock- und Popmusik.

Musik ist nicht nur Kulturgut, sondern auch Wirtschaftsgut. Dabei ist die Musikindustrie kein Wirtschaftszweig wie jeder andere, denn hier werden kulturelle Inhalte hergestellt und vertrieben. Gleichwohl ist ein Jahreswechsel auch in der Musikwirtschaft Anlass, die wirtschaftliche Entwicklung in der Vergangenheit Revue passieren zu lassen und einen Blick in die Zukunft zu wagen. Nach einem jahrzehntelangen Boom hatte die Branche seit Ende der 90er Jahre weltweit erhebliche Umsatzrückgänge hinzunehmen. Besonders schwer war gerade die deutsche Musikwirtschaft betroffen, Umsatzeinbrüche von teilweise mehr als 20 Prozent waren zu verkraften. Maßgeblich dazu beigetragen

hat das massenhafte Kopieren von Musik und Downloads aus Musiktauschbörsen. Neben den sehr unerfreulichen Raubkopien hat aber der Musikmarkt in den letzten Jahren eine dynamische Wandlung erlebt, deren Grundstein schon zu Beginn der 80er Jahre mit dem Erscheinen digitaler Tonträger gesetzt wurde. Mit der Verbreitung von CD-Brennern und dem Wachstum des Internet kamen Ende der 90er Jahre die Voraussetzungen für massenhafte – zu einem Teil auch legale – Vervielfältigungen und die elektronische Verbreitung von Musikinhalten hinzu. Dabei ist es sehr erfreulich, dass sich die Online-Distribution inzwischen doch zu einem zukunftsträchtigen Geschäft entwickelt. Wir dürfen in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass die Medienwelt heute anders aussieht als in den 80iger und zu Beginn der 90iger Jahre. Heute konkurriert die CD mit anderen Medien wie dem Handy, dem PC, dem MP3-Player oder der Spielkonsole um einen Anteil an dem insgesamt nicht unbegrenzt erweiterbaren Medienbudget. Gerade das Handy und der MP3-Player mit entsprechender Musik sind für viele Jugendliche bedeutende Faktoren der Identifikation, Selbstdarstellung und Positionierung in der Gruppe und lösen damit zumindest teilweise die CD als Imageträger ab.

Große Sorge bereitet mir der Klassikbereich. Hier stellen sich die Probleme aus meiner Sicht anders dar als bei der Pop- und Volksmusik. Trotz der nicht so starken Umsatzrückgänge wie in anderen Bereichen ist der Klassiksektor gefährdet, weil ihm mittel- und langfristig die Breite der Hörerschaft verloren zu gehen droht. Klassikliebhaber sind zunehmend in reifem Lebensalter und haben in der Regel die von Ihnen bevorzugten Werke längst zu Hause, so dass sich die Käufe oft auf die Substitution schadhafter Tonträger reduzieren. Auch von der überschaubaren Zahl der Liebhaber, die verschiedene Einspielungen derselben Werke kaufen, kann die Branche auf die Dauer kaum leben. Deshalb ist es aus meiner Sicht lebenswichtig, dem Schwund des Klassikpublikums entgegenzuwirken. Nur wenn wir jüngere Generationen für klassische Musik interessieren und begeistern, hat dieser wichtige Bereich unserer Kultur eine Zukunft. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass wir hier eine gemeinsame Initiative starten, um junge Leute verstärkt an die klassische Musik heranzuführen. Gestatten Sie mir noch einige Bemerkungen zum Urheberrecht, zur Problematik der digitalen Kopie. Wie ich bereits gesagt habe, sehe ich zwar bei


Foto: Echo Klassik

Internet-Tauschbörsen und gebrannten Musik-CDs nicht die einzige Ursache für den exorbitanten Rückgang des Tonträgerverkaufs. Gleichwohl darf man das Phänomen nicht unterschätzen und den Schutz von Musiktonträgern vor unerlaubter Vervielfältigung und Verbreitung nicht vernachlässigen. Aus meiner Sicht ist jedoch ein absolutes Verbot der digitalen Privatkopie nicht der Königsweg, um dieses Ziel zu erreichen. Insoweit stimme ich meiner Kollegin, Justizministerin Zypries, zu, an der grundsätzlichen Zulässigkeit der Privatkopie auch in Zukunft festzuhalten. Umso wichtiger ist es, die unkontrollierte öffentliche Verbreitung und Vervielfältigung rechtlich geschützter Inhalte zu unterbinden. Dazu gehören zum einen Regelungen, welche die rechtlichen Schranken der Privatkopie klar definieren. Hierzu zählt nicht nur das Verbot der Vervielfältigung von einer illegalen Quelle – das ja mit dem „Korb II“ noch um eine Klarstellung ergänzt werden soll – sondern auch das Verbot, einen vom Hersteller implementierten technischen Kopierschutz zu umgehen. Apropos technischer Kopierschutz: Ich persönlich sehe darin kein Allheilmittel für die Musikbranche. Wenn man die Sache übertreibt, läuft man Gefahr, die redlichen Käufer zu verärgern. Man braucht nur die Leserbriefspalten der einschlägigen Fachzeitschriften mit den berechtigten Klagen der Käufer über Funktionsstörungen und Qualitätseinbußen entsprechend präparierter Tonträger zu lesen. Viele Musikhörer und -käufer haben sich im übrigen – wie ich meine, auch zu Recht – daran gewöhnt, einen legal erworbenen Tonträger für den privaten Gebrauch, etwa im Auto oder im Ferienhaus, zu kopieren. Diese Erwartung ihrer Käufer sollten die Anbieter nicht enttäuschen. Entscheiden kann das letztendlich nur der Markt und nicht der Gesetzgeber. Die Zukunft kann deshalb aus meiner Sicht nur in intelligenten Systemen der digitalen Rechteverwaltung liegen, welche die Nutzung des Originals nicht beeinträchtigen und dem Konsumenten in einem angemessenen Rahmen weitere Gebrauchs- und Kopiermöglichkeiten eröffnen. Wie die Ausgestaltung des technischen Schutzes letztlich aussieht, müssen die Unternehmen entscheiden. Das geltende und das künftige Urheberrecht muss den Unternehmen jedenfalls alle hierfür notwendigen Handlungsspielräume gewähren. Ich bekenne mich nachdrücklich dazu, dass wir einen effektiven Schutz der Rechteinhaber sicherstellen müssen, wenn ihnen Schäden durch die Verletzung urheberrechtlicher Vorschriften drohen. Ich unterstütze daher mit Nachdruck, dass mit der Umsetzung der sogenannten Enforcement-Richtlinie der Europäischen Union auch ein Auskunftsanspruch der Content-Anbieter gegen die Provider vorgesehen wird, der den Inhabern von Urheberrechten die Wahrnehmung ihrer Interessen erheblich erleichtert. Ebenso wichtig wie die Verfolgung der Rechtsverletzer ist es allerdings, in der Gesellschaft das Bewusstsein für den Wert künstlerischer Leistung und des geistigen Eigentums zu verbessern. Nur wenn der Nutzer das Gefühl hat, dass Musik und Tonträger einen bleibenden Wert für ihn haben, wird er bereit sein, diesen auch angemessen zu honorieren. An dieser Stelle ist wiederum unternehmerische Phantasie gefragt: Notwendig sind Konzepte der Produktgestaltung und Vermarktung von Künstlern, die an Qualität und Nachhaltigkeit orientiert sind. Die immer schnellere Abfolge kurzlebiger Trends und die Vermarktung imBernd Neumann mer weniger ausgereifter ist Kulturstaatsminister. Künstlerpersönlichkeiten werden aus meiner Sicht Der abgedruckte Beitrag keinen Erfolg haben. ist eine gekürzte Version seiner Rede vor den Phonoverbänden.

www.matthiassoucek.com

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Matthias Soucek · P.i.a.n.o

Mozart

homage to

THE FIRST POP-ARTIST


titel 18 | crescendo 01 2007

Im Gespräch: Hartmut Geldmacher und Mariss Jansons

„Es ist einfach, Chef zu sein“ In der Reihe „Kultur fördert Wirtschaft“ haben sich der Dirigent Mariss Jansons und der EON-Personalvorstand Hartmut Geldmacher unterhalten – und überraschende Parallelen zwischen Führungskräften in der Wirtschaft und der Musik herausgefunden. Hartmut Geldmacher: Gestern haben Sie das Oboen-Konzert von Richard Strauss aufgeführt. Ich frage mich, wie ist das, wenn Sie zum ersten Mal vor ein Orchester mit einem Musikstück stehen, das Sie mit dem Orchester noch nie gespielt haben? Wie vermitteln Sie Ihre Ziele? Wie vermitteln Sie den Musikern Ihre Vorstellung des Stückes? Mariss Jansons: Es ist sehr wichtig, dass ich, wenn ich zu einem Orchester komme, selbst gut weiß, was ich will. Wenn ich unsicher bin, spürt das Orchester das natürlich sofort, und dann können Sie die Probe nicht erfolgreich führen. Sie müssen mit einem Interpretationsmodell kommen. Und ich muss auch eine Vorstellung vom Klang haben. Dann kann ich ihn mit meinen Vorstellungen vergleichen, sehen, wie das Orchester spielt und was ich mir vorstelle. Dann kann ich korrigieren. Ich muss genau wissen, was ich sagen will und was ich überhaupt will. Dabei darf ich nie vergessen: Das sind meine Kollegen, das ist keine Maschine, auf der ich einen Knopf drücken kann. Ein Dirigent hat ziemlich viel Macht. Aber er hat auch Verantwortung. Er hat natürlich Recht, wen er sagt,

dass der Musiker so oder so spielen sollte. Aber psychologisch ist es nicht richtig. Sie müssen ihre Ideen vorschlagen. Wenn Sie ein interessanter Dirigent sind und Ideen haben, überzeugen Sie automatisch. Am wichtigsten ist es aber, das Werk zu lieben und die Musik. Und: Sie müssen immer gute Laune haben. Geldmacher: Ich denke genauso. Auch wenn es mir unmöglich scheint, ihr Orchester zu führen. Aber ein Unternehmen funktioniert ähnlich. Ich glaube, es ist in der Tat auch in der Wirtschaft so, dass je weiter man in die Spitze hineingeht, umso weniger erlaubt ist, wirklich nachhaltig mal schlechte Laune zu haben und diese dann auch zu äußern oder seine Macht zu benutzen, um Interessen durchzusetzen. Ich habe meinen Mitarbeitern immer gesagt, wenn man morgens durch die Tür kommt, muss man auch Freude daran haben, dann muss man auch Spaß an der Arbeit haben, oder wie Sie es sagen: begeistert sein. Mich interessiert aber noch eine andere Frage. Sie haben eimal gesagt, dass Sie einige Musikinstrumente gar nicht spielen können, die in Ihrem Orchester eine Rolle spielen. Ich glau-

be, da sollte man sich auch als Manager sehr zurückhalten. In der Tat kann man manche Dinge vielleicht besser, als die Mitarbeiter, aber am Ende muss es darum gehen, dass jeder mit

Die Reihe: Vom Hören zum Zuhören Die Idee: Wirtschaft fördert Kultur – im Wesentlichen mit Sponsorengeldern – und erhält dafür ein Premium-Image. Die Wirtschaftsjunioren München, darunter crescendo-Verleger Winfried Hanuschik, entwickelten mit Mariss Janssons und dem Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks die Bildungsreihe „Vom Hören zum Zuhören“. Das Ziel: Führungskräfte erleben, was die Wirtschaft von der Kultur lernen kann: Effektive Kommunikation, sogar ohne Worte. Führung mit einer Vision, die dem Team vermittelt wird. Perfekte Vorbereitung und disziplinierte Proben („Meetings“) führen zu Spitzenleistungen („Flow-Erlebnis“). Unser Gespräch moderierte Nikolaus Piper (SZ). Mehr Informationen unter: www.wj-muenchen.de


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1000 Lire: Auf dem ehemaligen italienischen Geldschein war Giuseppe Verdi zu sehen.

seinem Können den richtigen Platz und die richtigen Aufgaben in einem Unternehmen findet. Jansons: Eigentlich ist es doch ziemlich einfach, Chef zu sein. Autorität kriegen Sie durch Ihre Professionalität. Wenn Sie selbst ein guter, professioneller Dirigent sind und gute Konzerte machen, dann kommt die Autorität von allein. Es gibt viele sehr berühmte Künstler, aber die haben nicht so große Autorität, sie sind nur berühmt. Heutzutage kann man schnell an die Spitze kommen und berühmt werden. Aber das bedeutet noch nicht „gut“ oder „professionell“. Aber in einem Orchester ist Professionalität sehr wichtig. Wenn ein Dirigent ein guter Musiker ist, ein guter Dirigent, dann hat er Autorität. Man darf nicht versuchen, die Autorität durch Tricks zu verbessern, überhaupt nicht. Sie müssen so sein, wie Sie sind, und nicht Angst haben, auch Ihre Schwäche zu zeigen, was nicht heißt, dass man alles ausdiskutieren muss. Geldmacher: Ich glaube, das ist ein Kennzeichen der heutigen Wirtschaft, dass vielleicht sogar zu viel diskutiert wird. Wir sagen im Spaß: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, bild’ ich einen Arbeitskreis. Jansons: Schwierig finde ich auch die Kritik. Wenn einer einen Fehler macht, muss ich natürlich sagen, dass es ein Fehler ist. Aber ich muss auch psychologisch sehr vorsichtig sein. Ich war ein ganz junger Dirigent und habe eine TschaikowskiSinfonie dirigiert. Ein Hornist konnte eine Phrase nicht spielen. Und plötzlich sehe ich, dass die Kollegen ihn ausgeschimpft haben. Dann war Pause. Ich bin zu den Musikern gegangen, und da stand dieser Hornist. Die Musiker haben gefragt: „Warum hat er nicht richtig gespielt?“ Und ich habe gesagt: „Ruhig, meine Herren, alles wird in Ordnung kommen.“ Dann war ich ein bisschen schlau. Ich habe zu dem Hornisten gesagt: „Spielen Sie mir jetzt diese Phrase.“ Und er spielt wieder ... schrecklich. Aber ich habe zu ihm gesagt: „Wunderbar. Das ist wunderbar!“ Er war so glücklich, dass er die ganze Pause über diese Phrase gespielt hat, bis es ihm irgendwie gelungen ist, das besser hinzukriegen. Geldmacher: Das ist eine wunderbare Geschichte, weil sie menschlich ist. Es ist sehr wichtig, sich gegenüber seinen Mitarbeitern fair zu verhalten. Jeder Mitarbeiter hat schließlich auch eine zweite Seite – zum Beispiel seine Familie. Ich glaube, es ist wichtig, sich auch über dieses Leben zu informieren, weil es uns die Menschen verstehen lässt.

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reise spezial 20 | crescendo 01 2007

Mit Star-Tenor Rolando Villazón an der Staatsoper Berlin

Isch bin ein Bärl Normalerweise begleitet crescendo Orchester auf ihren Reisen. Dieses Mal machen wir eine Ausnahme. Rolando Villazón ist einer der besten Tenöre der Welt. Nun geht er auf Deutschland-Tournee und stellt sein neues Zarzuela-Album vor. Unser Fotograf Boris Streubel hat ihn begleitet, als er „Carmen“ an der Staatsoper Unter den Linden einstudiert hat. Eine exklusive Bildreportage hinter den Kulissen.


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Wo Villazón ist, lachen die Menschen – und die Bären. Vor der Staatsoper hat der Tenor sich spontan neben den Straßenmusiker gestellt und mit ihm ein Liedchen angestimmt – da klingelte es im Geigenkasten.


reise spezial 22 | crescendo 01 2007

E.T. (Ein Tenor) nach Hause telefonieren... Villazón spricht regelmäßig mit Frau und Kindern.


crescendo 01 2007 | 23 reise spezial

Hinter den Kulissen. Villazón in der Staatsoper (v.l.): Frisch machen vor der Probe, ein bisschen über das eigene Namensschild an der Garderobe lachen. In Berlin fühlt sich der Tenor zu Hause, und in den Katakomben bläst er zum letzten Opern-Gefecht. Wenn ihn trotzdem das Heimweh packt, greift er einfach zum Telefon. Falls keines da ist, trägt er das Handy immer bei sich.

internationales musikfestival 18. märz bis 27. april 07 » das eigene und das fremde«

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reise spezial 24 | crescendo 01 2007

Schaut her, ich bin’s: Die Deutschen haben Villazón an der Staatsoper entdeckt.

Der größte Spaß ist der Ernst. Und der steht auf der Bühne der Staatsoper Unter den Linden. Noch ernster geht es bei der Korepetitorin zu. Während der Probe spielt sie das ganze Orchester am Klavier und feilt gemeinsam mit Villazón an den interpretatorischen Details des Don José.


crescendo 01 2007 | 25 reise spezial

ZWEI MEISTER IHRES FACHS Die neuen CDs von Volodos und Ma „Sein Liszt ist ein funkenschlagendes Vergnügen.“ Stereo Ab 16.2. im Handel · 82876873802

Die lang erwartete neue CD von Arcadi Volodos ist ein ganz persönliches LisztPortrait, bei dem er einmal mehr beweist, dass er ein überragender Virtuose und ein genialer Tasten-Poet ist. Aufgenommen in höchster Qualität, erscheint die CD als Hybrid Super Audio CD. Arcadi Volodos live: 13.03. Braunschweig · 14.03. Berlin 19.03. Hamburg · 21.03. München · 12.05. Schwetzingen 14.05. Ingolstadt · 16.05. Braunschweig · 02.06. Leipzig

„Ein delikater, gleichwohl unerhört ausdrucksvoller, vielfarbiger, faszinierend ‚sprechender‘ Cellogesang.“ Stereo

Rolando Villazón: Gerade ist seine neue CD erschienen: „Gitano“, Zarzuelas mit Plácido Domingo (EMI). Außerdem geht Villazón für die DEAG auf Deutschland-Tournee. Dabei besucht der Tenor folgende Städte: Leipzig (2. März), Essen (6. März), Frankfurt a. Main (10. März ).

Für Abonnenten: Mehr Villazón auf der premium-CD (Seite 39)

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Yo-Yo Mas neue CD ist eine romantische Reise für Cello. Von Vivaldi, Brahms und Mendelssohn bis hin zur Musik von Morricone, Piazzolla und Gershwin – berückend schöne Musik mit Mas wunderbarem Cello-Klang. „Der wohl vielseitigste, neugierigste und aufregendste, technisch souveränste Cellist der Welt.“ (SZ) www.sonyclassical.de


roman 26 | crescendo 01 2007

Der Bariton Hermann Prey, über den Ariel Denis nun einen Roman

Foto: Florian Prey

geschrieben hat.

Exklusiver Vorabdruck von Ariel Denis

Stille in Montparnasse Als ich im Oktober 1998 an In seinem neuen Roman schreibt Ariel Denis schlechtgelaunt wie thoden Goebbels’ endgültig lächereinem grauen Sonntagmorlich gemacht hatte, der entsetzliThomas Bernhard über unsere Gegenwart – Trost gibt ihm nur gen leicht zerstreut den deutche Sommer der sportlichen natioeine CD des Baritons Hermann Prey. Der Sänger erinnert ihn an schen Beitext las, der zu einer nalistischen Massenverdummung, eine Zeit, in der die Menschen noch Menschen waren. Platte gehörte, die ich mir der unwahrscheinlichsten VolksAuszüge aus dem zweiten Kapitel. verhetzung, die den Zirkusspielen erst kürzlich gekauft hatte, der durchgeknalltesten Cäsaren stieß ich auf diesen verblüffenden letzten Satz: Hermann Prey starb am Wut, ich fragte mich, wie es möglich war, dass ich das in nichts nachstand, wer für den Sport ist, hat die nicht aus den Zeitungen erfahren hatte – einer der Massen auf seiner Seite, wer für die Kultur ist, hat sie 23. Juli 1998, kurz nach seinem neunundgrößten Sänger des Jahrhunderts, dachte ich voller gegen sich, deshalb sind immer alle Regierungen für sechzigsten Geburtstag. Starb. Unwillkürlich kam mir „The Long Good-Bye“ ins Wut, mein Lieblingsliedinterpret, ein außerordentden Sport und gegen die Kultur, einschließlich natürGedächtnis, Philip Marlows Bemerkung: licher Künstler, und ich erfuhr von seinem Tod rein lich der sogenannten linken, vermeintlich sozialistischen Regierungen, wie mein Freund Markus Berger Der Tod, dieses in allen Sprachen schreckzufällig, mehrere Monate später, das schien mir unlichste Wort. fassbar, als wäre ich Opfer eines Komplotts gewesen, zu sagen pflegte, einschließlich aller sogenannten als wäre dieser Tod durch irgendwelche verrückten fortschrittlichen Politiker, die ohne mindeste Scham Es war also möglich, so sagte ich mir sonderbaMachenschaften geheim gehalten worden. eine erschreckende sportliche Volksverhetzung betreirerweise, dass Hermann Prey starb, und dazu noch Starb. Da erinnerte ich mich schlagartig, dass der ben, in allen Staaten sind zu allen Zeiten die Massen so jung. Das schien mir unglaublich. Ich fühlte, wie letzte furchtbare Juni und der letzte furchtbare Juli durch den Sport gegängelt worden, so klein und so plötzlich Tränen in mir aufstiegen, jene Tränen, die die scheußlichen Monate Juni und Juli der Fußballunbedeutend kann kein Staat sein, dass er nicht alles hinter der Maske des Gesichts von den Augen ins für den Sport opfert, und selbstverständlich verwanweltmeisterschaft gewesen waren, dass der vergangeHerz zu fallen scheinen, jene Tränen, die die Musik ne verregnete Sommer ganz einfach der schreckliche delt die sportliche nationalistische Volksverhetzung und der Tod so leicht hervorbringen. Wie häufig in Sommer der Fußballweltmeisterschaft gewesen war, der Masseninformation noch die demokratischsten, solchen Situationen begann alles Wirkliche zu brenin dem die Massenpropaganda der angeblich demodie modernsten, die hochentwickeltsten Staaten, ausnen, fern und nah, beängstigend, verstörend. Dann kratischen technischen Informationsmittel die doch nahmslos alle, in Operettenregime und dekadente verwandelten sich meine Angst und Trauer rasch in immerhin auch schon ziemlich wirkungsvollen MeStädte der Spätantike.


crescendo 01 2007 | 27 roman

So war es also gekommen, dass der Tod eines wunderbaren Sängers (und nicht etwa der einer dieser Heulbojen mit Mikro, die man bestimmt tagelang beweint hätte) durch die totale Propaganda, durch die einfältige Reden führenden milliardenschweren Akrobaten, durch die allgemeine Verdummung ausgelöscht worden war, jedenfalls hatte ich schließlich in jenem Sommer aufgehört, überhaupt noch Zeitung zu lesen, überhaupt noch Radio zu hören, nicht einmal mehr die kulturellsten Sendungen, und selbstredend hatte ich aufgehört, daran zu denken, fern zu sehen, war schließlich auf eine Insel in der Bretagne in ein abgelegenes Hotel geflüchtet, unter dessen Fenstern dann trotzdem an einem Regenabend ein paar betrunkene Hornochsen brüllten: „Wir haben ge-won-nen.“ Ich hatte das Glück, in den 1980er Jahren Hermann Prey mehrmals bei den „Montagen“ im L’Athénée zu hören (denn man kann einen Sänger und vor allem einen Liedinterpreten natürlich unmöglich kennen und lieben, wenn man ihn nicht im Konzert gehört hat). Bei diesen „Montagen“, die ein berühmter musikbegeisterter Millionär ins Leben gerufen und nach einigen Jahren aus Überdruss wieder aufgegeben hatte – ein bedeutender Industrieller aus der Mode und Parfumbranche, mein falscher Namensvetter, sagte mein Freund Markus Berger lachend zu mir, dessen eigener Name, da er Deutschschweizer war, deutsch ausgesprochen wurde, mit hartem g und eur am Ende, mein falscher Namensvetter, der Cesar Birotteau aus der zwielichtigen Mitterrand-Zeit –, bei diesen „Montagen“, sage ich, hörte ich wirkliche Lieder-Rezitale, die es in Frankreich leider viel zu selten gibt, wahrscheinlich, weil diese Sparte, im Wesentlichen für Männerstimmen, beinahe genauso zur Lyrik gehört wie zur Musik und die Liebhaber des Belcanto abschreckt, es waren Liederabende der großen Interpreten der Nachkriegszeit, die damals noch auf der Höhe ihrer Kunst waren, wie etwa Peter Schreier. Im Geiste sehe ich Hermann Prey wieder vor mir, sein blondes, in tadellose Wellen frisiertes Haar, seine hohe massige Gestalt im traditionellen schwarzen Frack, absurd und ergreifend wie das Lichtgewand des Toreros, blieb er nahe beim Klavier stehen, eine Stelle, von der er sich übrigens nicht mehr wegrührte, und dann, nachdem das Vorspiel des Klaviers (ein nicht über jeden Verdacht erhabener Bösendorfer, bemerkten puristische Nörgler) zu Ende war, nach jenem magischen Moment völliger Stille, wo der Saal den Atem anhält, jenem beinahe schmerzhaften Au-

Jeden guten Gedanken kann man singen, jeden wahren Gedanken muss man singen können. genblick reiner Erwartung, bevor wie ein Weltenanfang auf wunderbare Weise der Gesang entsteht, füllte wie aus einer unsichtbaren Zauberquelle strömendes klares dunkles Wasser seine unvergleichliche Stimme mühelos den Saal, verkörperte jenseits von Samtstoffen, Vergoldungen und Stuck die nie versiegende Kraft der deutschen Romantik. Es geht mir nicht darum, Hermann Prey mit Dietrich Fischer-Dieskau zu vergleichen oder gar ihn ihm gegenüberzustellen – Fischer-Dieskau, der das ganze romantische Lied neu erfunden und daraus sein sagenhaftes Reich geschaffen hat, so wie es Maria Callas’ hauptsächliches Verdienst war, dass sie die wunderbaren italienischen Opern der B-Kategorie des vergangenen Jahrhunderts zu neuem Leben erweckt hat, der außerordentliche Dietrich Fischer-Dieskau, dessen unzählige Einspielungen sämtlicher von der Vor-Mozart-Zeit bis zur Nach-Strauss-Zeit reichenden Liedkomponisten mich schon zu mehreren Umzügen gezwungen haben –, aber Hermann Prey besaß (wie Walter Berry) eine Natürlichkeit, eine Sangesfreude, eine Gemütlichkeit, was ihn wie von selbst zu diesem ebenso volkstümlichen wie kunstvollen Genre des Lieds führte. Trotz seiner imposanten Erscheinung und seiner hohen Gesangskunstfertigkeit konnte ich mir Hermann Prey immer mühelos anders vorstellen als im schwarzen Konzertfrack, besonders in der fröhlich behaglichen Tracht des Wanderers, am Tisch sitzend, einen Krug mit kühlem Bier vor sich, in einem jener gastlichen, von Geheimnis umwitterten Wirtshäuser, wohin die Bestimmung den jungen Künstler auf Wanderschaft und in des Lebens Schule bei Anbruch der Nacht führt, wie in den wunderbaren Romanen und Erzählungen von Novalis, Goethe, Tieck, Eichendorff oder Adalbert Stifter – und wie man ihn auf Wiener Stichen aus der Zeit Schuberts sieht, von den übrigen Wirtshausgästen umringt, singt unser Wanderer mit einer Stimme aus Gold und Nacht schwungvolle oder melancholische Lieder, und die blondhaarige Tochter des Hauses begleitet ihn mit erröteten Wangen am Klavier, während das Feuer im Kamin brennt, das Bier in Strömen in die Gläser fließt und man durch ein Fenster unter dem fernen träumerischen Silberschein von Mond und Sternen die in zartem Dunst liegenden Wälder und Felder sieht.

Ich hätte Ihnen auch die angelsächsische Version liefern können, irische Pubs, englische Landschaft, schottische Seen, in der Art von Walter Scott, Jane Austen, Dickens, Joyce oder Tolkien, aber das sind nicht dieselben Wirtshäuser, das ist nicht dasselbe Bier, und das ist schon gar nicht dieselbe Musik, auch wenn es Beethovens reizende Adaptionen schottischer Lieder gibt, die Wolfgang Holzmair meisterhaft interpretiert, kurzum. Hermann Prey konnte alles singen, er hat übrigens alles interpretiert, was es in deutscher Sprache gibt, von Mozart und Wagner bis hin zu den hinreißendsten Kaffeehausliedern, ich bin ein Sänger ohne Grenzen, sagte er. Er sagte auch: „Jeden guten Gedanken kann man singen, jeden wahren Gedanken muss man singen können.“ Hermann Prey wusste, dass die Musik der Welt jeden Augenblick verstummen konnte, als würde Gott seine Schöpfung eine Sekunde lang vergessen; so musste er immer weiter und weiter singen, damit das Universum nicht in die Dunkelheit zurückkehre. Hermann Prey sang nicht mit dem Körper, er sang nicht mit den Stimmbändern, nicht mit der Lunge, nicht mit der Luftröhre, nicht mit dem Bauch, er sang mit der Leere des Körpers, er wusste, dass der Gesang, wie das gesprochene Wort, dem er entstammt, nichts anderes ist als unsichtbares Licht. Nur ganz wenige Interpreten sind in der Lage, mit etwas anderem außer mit dem Mund zu singen, nur ganz wenigen gelingt es, aus der Leere des Seins das leuchtendere als leuchtende Dunkel des Gesangs hervorzuholen. Wie der von ihm bewunderte Louis de Funès hat auch Hermann Prey gewusst, dass der Sänger wie der Schauspieler immer aus der Leere kommt. Auch er hat gesagt: „Ich habe mich mein Leben lang vor allen Menschen an der Leere geübt.“

Sänger & Buch Prey war einer der größten Baritone – seine Stimme bodenständig und herzensgut. Ariel Denis neuer Roman „Stille in Montparnasse“ erscheint mit CD im Zürcher Atrium Verlag. Auf der CD für crescendo Abonnenten singt Prey „Oh Du mein holder Abendstern“, Aufnahme: CAPRICCIO/DELTA Music.


Klassik-Charts: Die Bestseller

Die Besten

rezension 28 | crescendo 01 2007

Rezensionen

Auswahl der besten CDs, DVDs und Bücher 1

Netrebko, Gergiev „Russian Album“ (Deutsche Grammophon)

2

Sting, Edin Karamazov Dowland: „Songs From 2 The Labyrinth“ (Deutsche Grammophon) Netrebko, Villazón, Domingo „Das WaldbühnenKonzert“ (Deutsche Grammophon)

4

Netrebko, Villazón Verdi: „Arien und Duette aus ‚La Traviata‘“ (Deutsche Grammophon) Dauerbrenner der Klassik. Aber eben auch ein hörenswertes Album.

5

Lang Lang, Long Yu, China Philharmonic Orchestra „Dragon Songs“ (Deutsche Grammophon)

6

Netrebko, Abbado „Sempre libera“ (Deutsche Grammophon)

7

Netrebko, Quasthoff, Terfel „Das Mozart-Album“ (Deutsche Grammophon)

8

Lang Lang „Memory“ (Deutsche Grammophon)

9

Villazón, Netrebko Donizetti: „Der Liebestrank“ (Virgin Classics)

10 Albrecht Mayer: „New Seasons: Händel für Oboe und Orchester“ (DG) Mayer bläst sich klug in die EasyListening-Herzen. 11 Stadtfeld, Festival Strings Lucerne Bach: „Klavierkonzerte“ (Sony Classical) 12 Perl, Freiburger Barockorchester Telemann: „Gambenkonzerte“ (Harmonia Mundi)

Mikhail Pletnev Beethoven: „Klavierkonzerte 1&3“ (DG) Suzie Templeton Prokofjew: „Peter und der Wolf“ (arthaus)

Grauenhaft schön. Eine moderne DVD für furchtlose Kinder. 3

4

Netrebko, Gergiev „Russian Album“ (DG) Rolando Villazón

„Gitano“, Zarzuelas (Virgin)

5

Julia Fischer Tschaikowsky: „Vionlinkonzert“ (PentaTone)

6

A. Kirschschlager Händel: „Arien“ (Sony Classical)

Wie bodenständig man sich doch in die Höhen singen kann. Barock mit Herz und Körper. 7

Andreas Boyde Brahms: „Sonaten“ (Oehms Classics)

8

Daniel Barenboim Mahler: „Sinfonien 7&9“ (Warner)

9

Quasthoff/Brönner „Jazz Album“ (Deutsche Grammophon)

10 Carl Schuricht „Die Collection“ (Hänssler Classics) 11 Jac van Steen Berg, Webern, Schönberg: Unterschiedl. Titel (MDG) Es gibt keine neuen Lesarten der Wiener Schule? Hören!

13 Hahn, Swedish Radio 12 Café Banlieu „Tango à trois“ Synphonie Orchestra (Farao) Paganini: „Violinkonzerte“ (Deutsche Grammophon) 13 Vivica Genaux „Arien“ 14 Quasthoff, Rubens (EMI) „Betrachte, meine Seel“ 14 Fischer-Dieskau (DG) Schubert: Erstaunlich: „Die Winterreise“ Quasthoff singt (audite) Ernstes nach Vorne. 15 Martin Kusej Schostakowitsch: 15 Anne-Sophie Mutter „Lady Macbeth of Mozart: „Violinsonaten“ Mtsensk“ (Deutsche Grammophon) (Opus Arte / DVD) Die Klassik-Charts wurden ermittelt durch Mediacontrol im Auftrag des Bundesverbandes der phonographischen Wirtschaft e.V.

Die crescendo Klassik-Charts werden in der Redaktion ermittelt. Zu Grunde liegen Einspielungen der letzten Monate.

Foto: Siegfried Lauterwasser / DG

3

1

Gidon Kremer mit dem Pianisten Oleg Maisenberg Glückwunsch Gidon Kremer!

Musik als Kommunikation Geburtstage eignen sich für Rückblicke – aber manchmal sind sie auch nur Anlass für Öffentlichkeit und neue PR-Kampagnen. Im Fall von Gidon Kremer, der am 27. Februar seinen 60. Geburtstag feiert, ist das ein bisschen anders. Kaum ein Musiker hat sein Leben so sehr dem Abenteuer der Musik verschrieben wie er – meist getrieben von der Suche nach Neuem, nach Wahrheit, nach Ehrlichkeit im Klang. Schon die Wegbegleiter des Geigers sind das „Who is Who“ der ernsthafen Musik: Martha Argerich, Oleg Maisenberg, Mischa Maisky, Claudio Abbado, Nikolaus Harnoncourt und Leonard Bernstein. Was sie alle vereint, ist der Spaß an der Ernsthaftigkeit. Sie verstehen die Musik als Kommunikationsmittel und loten in all ihren Interpretationen die Facetten des Ausdruckes aus: Melancholie, Freude, Trauer. Der Oistrach-Schüler Kremer hat in seinem Leben immer wieder Grenzen übersprungen, zum Tango, zur Neuen Musik und zurück in die klassische Klassik – aber nirgends ist er geschmäckle-

risch, nirgends biedert er sich dem Publikum an. In jedem Genre stellt er die gleichen Fragen. Die Fragen nach dem, was in der Musik möglich ist. Einige Antworten gibt es nun auf der DoppelCD, die die Deutsche Grammophon zum Geburtstag herausbringt. Das Programm hat Kremer selbst zusammengestewllt. Neben einer Auswahl seiner wichtigsten Einspielungen von Mozart bis Glass sind auch einige bislang unveröffentlichte LiveAufnahmen aus Lockenhaus zu hören: zwei Tangos von Astor Piazolla und die Komposition „Wie der alte Leiermann“ aus der Feder des russischen Komponisten und langjährigen Weggefährten des Geigers, Leonid Desyatnikov. Kremer selbst sagt über sein Musizieren: „Für mich bedeutet Musik vor allem Gefühle zu teilen; ich verstehe mich als Helfer des Komponisten und als Botschafter für das Publikum.“ – und das versteht und liebt seine Sprache, die so ernsthaft und wahr ist.

Für Abonnenten: Mehr Kremer auf der premium-CD (Seite 39)

Felix von Freuden Gidon Kremer: „The many musics of Gidon Kremer“ (DG)


crescendo 01 2007 | 29 rezension

Dieskaus „Winterreise“

Die Pianistin Dudana

Tango à trois

Jugendlich frisch. Nicht weniger als zehn offizielle Einspielungen von Schuberts Liederzyklus „Winterreise“ hat Dietrich Fischer-Dieskau zwischen 1948 und 1990 aufgenommen. Diese Einspielungen umfassen nahezu den gesamten Zeitraum seiner Karriere. Die zweite dieser Erkundungen, eine Kölner Rundfunkproduktion von 1952, ist nun in hervorragender klanglicher Aufbereitung wieder erhältlich. Sie zeigt den 27jährigen am Beginn seiner Karriere. Noch sucht er nach der rechten Balance zwischen Ausdruck und Werktreue. Gerade das macht diese Aufnahme so spannend und faszinierend. Sie zieht – auch dank der hochintelligenten und impulsreichen Begleitung Hermann Reutters am Klavier – unmittelbar in ihren Bann. Die Mischung aus jugendlicher Frische und abgedunkelten Tonfarben von Abschied und Tod, die Fischer-Dieskau hier bereits mit stimmtechnischer Klarheit zur Verfügung stehen, dringt tief ins Innere des Zyklus ein. Zudem wirkt sie niemals überinterpretiert, wie in einigen der späteren Einspielungen.

Poetische Tiefe. Sie nennt sich schlicht Dudana. Auf dem Cover verschweigt sie ihren wenig einprägsamen georgischen Nachnamen: Mazmanishvilli. Sie gilt als eine der interessantesten Nachwuchspianistinnen. Auf ihrem CD-Debüt zeigt sie warum. Mit virtuoser, tänzerischer Leichtigkeit entlockt sie dem modernen Flügel in einer der „Englischen Suiten“ Bachs filigrane, verspielte Kapriolen und in den langsamen Sätzen poetische Tiefe. Es ist nicht nur die behände Technik, mit der die junge Georgierin in den vier stilistisch so unterschiedlichen Stücken der kurzweiligen CD beeindruckt. Sie spielt auch mit Überzeugungskraft und weiß den Hörer in den Sog ihres Spiels zu ziehen. Einer der Bachbearbeitungen Busonis verleiht sie schlichte Größe im rechten Maß. In Liszts 12. Ungarischer Rhapsodie bricht aus ihr die Kraft der besonnenen Virtuosin hervor, setzt sie massive Akkorde gegen stupend perlende Tonketten und lyrisches Melos gegen rhythmischen Furor. Und Rachmaninows 2. Klaviersonate inszeniert sie mit verinnerlichter Ausstrahlung. Uwe Schneider

Sie können es! „Banlieu“, dieser Begriff hat sich uns in den letzten Jahren hauptsächlich durch brennende Autos in die Köpfe gepflanzt. Im Café Banlieu geht es etwas ruhiger zu, eine Kneipe mit Stammgästen aus aller Herrenländer. Vor einigen Jahren war hier ein Klavierspieler namens Peter Ludwig zu Besuch, der irgendwann zwei Orchestermusiker angesprochen hat: Arben Spahiu und Peter Wöpke. Sie wollten gemeinsam mit ihm musizieren. Aber Peter Ludwig war nicht sicher, ob sie ihm bei seiner heißblütigen Musik, bei Tangos und Walzern, folgen könnten. Konnten sie aber. Und wie! – Das ist jetzt auf einer unglaublich beschwingten, melancholischen CD zu hören: „Café Banlieu“, beim Label „Farao“ liebevoll aufgenommen, ist eine unaufdringliche und trotzdem hautnahe Bildergeschichte in Tönen: Lässig, hochemotional und harmonisch tiefschürfend. Temperamentvoll und cool. Die 14 Arrangements spielen mit der großen alten Tango-Tradition – und das mit großem Ernst und noch größerer Spielfreude. Ein erstklassiger Hörspaß!

Schubert: „Die Winterreise“, Dietrich Fischer-Dieskau (audite)

Axel Brüggemann Tango à trois, „Café Banlieu“ (Farao)

Andreas Boydes Brahms

Joyce DiDonatos Recital

Barenboims Mahler

Form und Emotion. Andreas Boyde ist mehr als ein Pianist: Er ist Sinnsucher und Musikwissenschaftler, und – das ist in dieser Kombination selten – ein leidenschaftlicher Spieler. Er ist aufgeschlossen für die Gegenwart, wenn er Kompositionen von Paul Schoenfield aufführt und bestellt die Musikhistorie wie in seiner Rekonstruktion von Schumanns Schubert-Variationen. Es sind diese Spannungsfelder, die Boyde auch bei Brahms aufmacht, dessen Sonaten er zwischen den Konstanten der strengen kompositorischen Form und der emotionalen Deutung anlegt. In allen Sätzen der Sonaten hört man die intellektuelle, musikwissenschaftliche Durchdringung der Kompositionen, gleichzeitig nimmt sich der Pianist alle Freiheiten in Tempo und Gestaltung, um aus diesem Korsett auszubrechen, stets im Bewusstsein, dass Freiheit nicht ohne Strenge zu haben ist.

Empfindsame Romantik. Sie hat großen Starrummel nicht nötig. Die Amerikanerin Joyce DiDonato hat den Weg an die internationale Spitze lyrischer Mezzosoprane künstlerischen Qualitäten zu verdanken. Ein Londoner Mitschnitt zeigt die Ausnahmekünstlerin als stilistisch sichere, vokal wendige und mit ihrer Persönlichkeit in den Interpretationen überzeugende Sängerin. Es prickelt geradezu, wenn sie mit gutturalen Tiefen und musikalischer, akrobatischer Artikulation der plappernden Aufgeregtheit von Rossinis venezianischer Regatta Plastizität verleiht. Sehnsüchtige Genrebilder jenseits der Venedig-Klischees beschwört sie in Michael Heads „Songs of Venice“ herauf. Empfindsam kleidet sie die Romantik von Gabriel Faurés fünf „Mélodies“ in sinnliche Couleurs und verzaubert mit der leichten Melancholie der Venediglieder Reynaldo Uwe Schneider Hahns.

Seelenlandschaft. Gustav Mahler – er ist und bleibt ein Phänomen. Gerade reist Pierre Boulez mit seiner Interpretation durch das Land, und Daniel Barenboim hat gemeinsam mit seiner Staatskapelle bei Warner seine Lesart der 7. und 9. Sinfonie vorgelegt. Eine hochromantische und sinnliche Offenbarungstat. Die Staatskapelle scheint sich blind mit ihrem Chef zu verstehen, folgt ihm durch die düstersten Täler und die luftigsten Höhen. Aber gleichzeitig unternehmen sie mehr als eine Wanderung durch die Natur. Barenboim beschreitet hochmoderne Seelenlandschaften, indem er an den altbekannten Furtwängler-Sound anknüpft, ohne ihn zu kopieren. Auf dieser Aufnahme lässt sich nachvollziehen, dass sich auch die Romantik mit jeder Mode neue erfinden muss: Bei Barenboim ist sie düster wie selten, ein Update der aktuellen Seelenlage.

Klug Durchdrungen

Für Abonnenten: Mehr Boyde auf der premium-CD (Seite 39)

Dudana: Bach, Busoni, Liszt, Rachmaninow (Oehms classics)

Lässig und cool

Für das Bel Canto Herz

Modernste Romantik

Axel Brüggemann

Axel Brüggemann Brahms: Sonaten, Andreas Boyde (Oehms classics)

Joyce DiDonato: Fauré, Hahn, Head, Rossini, Händel (Wigmore Hall)

Für Abonnenten: Mehr Tango auf der premium-CD (Seite 39)

Uwe Schneider

Für MusikEntdecker

Mahler: Sinfonien 7 und 9, Barenboim, Staatskapelle (Warner)

Für Abonnenten: Mehr Barenboim auf der premium-CD (Seite 39)

Frühe Meisterschaft


rezension 30 | crescendo 01 2007

Quasthoff jazzt

Mahler als Kammermusik

Queyras und Tharaud

Wie mit einem Whiskeyglas. Was ist eigentlich ein „Crossover“? Man könnte es eine „Grenzüberschreitung“ nennen. Bei den meisten KlassikCrossovern sieht es allerdings anders aus, sie sind eher Mixturen, in denen ein Künstler nicht von einer Welt in die andere geht, sondern in dem klassische Musik und Pop sich zu einer unsäglichen Melange vereinen. Beim neuesten Album von Thomas Quasthoff geht es dagegen wirklich um eine andere Welt. Der vielleicht beste, lebende Liedsänger, der Schubert- und Bach-Experte, singt Jazz. Und das nicht wie so viele vor ihm mit forcierter Bariton-Stimme, sondern so wie die ganz großen Ur-Jazzer vor ihm. Quasthoff wollte kein „Crossover“, deshalb hat er mit einem der profiliertesten Jazz-Produzenten Deutschlands zusammengearbeitet, mit Till Brönner. Gemeinsam sind sie durch die Musikgeschichte gegangen und haben ihre Favoriten herausgesucht: Quasthoff singt legendäre US-Hits als würde er ein Whiskeyglas in der Hand halten. „Wir werden mit Thomas Quasthoff ins Studio gehen und ein lupenreines Jazz-Album produzieren“, hat Till Brönner im Vorfeld gesagt. Und tatsächlich haben die beiden mit größtem Ernst an dieser Platte gearbeitet. Keine Klassik-Manierismen, stattdessen Swing und Improvisationen. Quasthoffs Stimme, die auch in der Welt der Klassik besonders durch Gestaltungsvielfalt besticht, passt sich dem neuen Genre vollends an – die Aufnahme ist eine Entdeckung für jeden, der meint den Künstler und seinen Ton zu kennen. Verblüffend, wie der Sänger seinen Ton verändern kann, zu welchen Spielen er mit seiner Stimme im Stande ist – und: das schönste, alles wirkt zu jeder Sekunde zutiefst authentisch und empfunden. Quasthoff und Brönner legen ein Album vor, das sich dem alten Crossover-Trend vollends entzieht. Und wenn man mit den beiden spricht, wird klar, wofür sie stehen. Sie erteilen der vermeintlichen Lässigkeit unserer Gegenwart eine Absage: „Man kann nur lässig sein, wenn man auch etwas kann“, sagt Quasthoff, „heute sehen Sie auf jedem Fernsehsender irgendwelche lässigen Menschen, deren einziges Können darin liegt, lässig auszusehen.“ Sätze wie diese mögen arrogant klingen – wenn man das neue Album einlegt, weiß man aber, wogegen Quasthoff singt.

Schmerzende Ohren. Arnold Schönberg, der Zwölftöner der zweiten Wiener Schule, hat Anfang der 20er Jahre Gustav Mahlers spätromantischen Orchesterlieder-Zyklus „Das Lied von der Erde“ gekonnt für Kammerbesetzung arrangiert. Nicol Matt leitet die European Chamber Soloists mehr als besonnen, sucht breite Zeitmaße, grübelt und verliert die Spannungskurve mehr als einmal aus dem Sinn. Gelegentlich ist das dem musikalischen und geistigen Stillstand nahe. Wenig Freude bereiten zudem die schlecht sitzenden Stimmen der überforderten Gesangssolisten Daniel Sans und Anna Haase. Er scheitert mit leichtgewichtigem Tenor, sie mit vibratoreichen, schrillen Mezzo-sopranlauten. Nach einer Stunde schmerzen dem Hörer die Ohren. Falsche Notenwerte, gepresste Phrasen, unsaubere Intonation und angeschliffene Töne stören gewaltig. Von der fehlenden interpretatorischen Durchdringung des Textes wollen wir erst gar nicht berichten. Aus den Ohren, aus dem Sinn.

Reise nach Italien. Als Franz Liszt nach Italien reiste, war er begeistert von Raphael und Michelangelo. Sie hätten ihn gelehrt, Beethoven und Mozart besser zu verstehen. Das hat der 27-Jährige seinem Freund Hector Berlioz geschrieben. Im Sommer 1837 ist der Komponist gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Marie d‘Agoult nach Italien gefahren. Sie reisten vom Lago Maggiore nach Como, Padua und Florenz. Zahlreiche der Lisztschen Werke sind von Italien, seiner Landschaft, Kunst und Kultur beeinflusst. Der Pianist Libor Novacek begibt sich nun auf diese musikalische Reise, ist der legendären Italien-Sehnsucht auf der Spur und sucht die besinnlichen Momente im Land, in dem die Zitronen blühen. In den Klavierwerken „Sposalizio“, „Il Penseroso“, „Canzonetta del Rosa“ und den Assoziationen zu Sonetten von Petrarca findet er Stille, Licht und Schönheit, vollendete Formen und sehnsuchtsvolles Schwelgen in der Ästhetik. Ein musikalisches Reisealbum auf den Spuren Liszts.

Uwe Schneider

Felix von Freuden

Axel Brüggemann Quasthoff/Brönner: „The Jazz-Album“ (Deutsche Grammophon)

Muss das denn sein?

Mahler (arr. Schönberg): „Das Lied von der Erde“ (Brilliant classics)

Musik aus dem Zitronenland

Franz Liszt: Klavierwerke, Libor Novacek (Landor Records)

Brittens Opern auf DVD

Die Carl Schuricht Edition

Für Sammler und Entdecker. Diese Box ist so ungefähr das Beste, was Benjamin Britten Fans passieren konnte. Das Label arthaus ist spezialisiert auf das Absonderliche und Wunderbare, das Schräge und Subversive. Nun hat es eine wunderschöne Box mit den wichtigsten Opern von Benjamin Britten herausgegeben: Neben den Klassikern wie „Peter Grimes“, „The Rape of Lucretia“, „The Turn of The Screw“ und „Billy Budd“ gibt es auch „Gloriana“, „Owen Wingrave“, „Death in Venice“ und die Zusatzt-DVD „Let‘s make an Opera“ zu sehen. Einige der Aufführungen dokumentieren die wichtigsten Interpretationen der jeweiligen Werke, am Dirigentenpult stehen: David Atherton, Lionel Friend, Mark Elder, Stuart Bedford, Kent Nagano, Graeme Jenkins. Mozart hat die DVDBox „Mozart22“ bekommen, die Britten-Box steht diesem Superlativ in nichts nach.

Der Diener. In einigen der vorliegenden Rezensionen fiel die Frage um den „deutschen Klang“. Wenn man den Hänssler-Schuber mit 20 CDs der Aufführungen von Carl Schuricht mit dem SDROrchester anhört, gewinnt die Frage neue Antworten. Es geht nicht nur um die Balance von Bläsern und Streichern, um die Dunkelheit des Klanges. In seinen Brahms-Sinfonien lässt sich der Urglaube an die Endlosigkeit der Melodie nachhören, an die Tradition des Sehnenden in der Musik. Darin war Schuricht Meister – und sein Orchester folgte ihm bedingungslos in das Reich der Ungewissheit. Romantik als Seelenlandschaft ist eine unkonkrete aber genaue Konstante des deutschen Klanges. Schuricht sagte einmal: „Einer Sache zu dienen ist besser, als sich ihrer zu bedienen.“ Eine wunderbare Tugend, die alledings nicht unbedingt deutsch ist.

The turn of the Benjamin

Die Tugend der alten Legenden

Axel Brüggemann

Axel Brüggemann Benjamin Britten: „Highlights of his Operatic Works“ (arthaus)

Carl Schuricht: Die Collection, 20 CDs und 1 DVD (hänssler classic)

Für Abonnenten: Mehr Liszt auf der premium-CD (Seite 39)

Lässiger geht es kaum


crescendo 01 2007 | 31 rezension

Kagels Avantgarde

Kusejs Schostakowitsch

Knappertsbuschs Brahms

Kluge Spiele. Mauricio Kagels verspielte, stets sinnliche und sinnhafte Avantgarde definiert sich über Form, Inhalte und ästhetische Wirkung. Originalität gehört zu den festen Parametern seiner Werke. Sei es die Verwendung von Ukulele, Mandoline, Banjo und Gitarre durch einen Spieler, wie in der „Serenade“ von 1994/95 oder die programmatische Einsilbigkeit des Textes von „Quirinus Liebeskuss“ aus den Jahren 2000/01, die er im Vokalpart durch Silben-Überlagerungen zu Clustereffekten steigert. Die das breite Publikum vermutlich zunächst verschreckende Atonalität der Werke Kagels ist in der Wahrnehmung nicht das primäre Kriterium. Freilich, man muss sich einlassen auf das intellektuelle Spiel auch in den spielfreudigen Interpretationen durch das niederländische Schönberg Ensemble und den Nederlands Kamerkoor unter Avantgarde-Experte Reinbert de Leeuw.

Scheintoter Kosmos. Martin Kusej, fraglos einer der spannendsten Regisseure des derzeitigen Musiktheaters. Sein Markenzeichen: die Reduktion der Handlung bis auf das Skellett. Und das gelingt ihm in dieser Schostakowitsch-Oper besonders beeindruckend und bedrückend. In „Lady Macbeth von Mzensk“ führt er uns die Gesellschaft in einem gläsernen Käfig vor. Was passiert, passiert zwischen den handelnden Personen, alle Ungeheuerlichkeiten sind Ausgeburten der nackten Menschen. Ein desillusionierendes Porträt egoistischer Gefühlskranker. Mariss Jansons gibt der Inszenierung der Nederlandse Opera einen Sound, der ebenso streng und scharf und unbarmherzig ist wie die Regie. In der Rolle der Katerina singt sich Eva-Maria Westbroek durch das Reich der lebenden Scheintoten. Ein Parforce-Ritt durch einen erotisierten und unbefriedigten Provinz-Kosmos.

Wucht und Pathos. Viel ist in letzter Zeit darüber diskutiert worden, was denn einen typisch deutschen Orchesterklang ausmachen würde. Eine CD mit Archivaufnahmen des RSO Stuttgart von 1963 demonstriert exemplarisch, was man einst darunter zu verstehen hatte. Altmeister Hans Knappertsbusch zelebriert mit Brahms 3. Sinfonie und den Haydn-Variationen große deutsche Sinfonik. Dunkle Farben, keine Scheu vor dramatischer Wucht und schicksalhaftem Pathos bestimmen den Grundton. Viel Zeit lässt sich Knappertsbusch, um bis in die letzten Verästelungen des musikalischen Geschehens vorzudringen. Das führt zu breiten Zeitmaßen und lässt Konturen entstehen, die bedeutungsvoll und mit entschiedener Autorität geformt erscheinen. Brahms wird zum Monument – existenziell und unumstößlich. Dabei atmen die Einspielungen eine Leidenschaftlichkeit und Überzeugungskraft.

Uwe Schneider

Moritz Meinken

Uwe Schneider

Intellektueller Spaß

Mauricio Kagel: Quirinus’ Liebeskuss etc. (Winter & Winter)

Der nackte, böse Mensch

Dmitri Schostakowitsch: „Lady Macbeth von Mzensk“, Jansons (Opus Arte)

Neue Kinder-Serie bei der Deutschen Grammophon

Der kleine Hörsaal Bei der Deutschen Grammophon erscheint im März eine neue Kinder-Klassik-Reihe. Unter dem Titel „Der kleine Hörsaal“ treffen die größten Klassik-Künstler auf Kinder, um mit ihnen gemeinsam über ausgesuchte Werke und ihre Instrumente zu sprechen. „Der kleine Hörsaal“ wurde von crescendo-Chefredakteur Axel Brüggemann entwickelt. In den ersten beiden Folgen reden der Bariton Thomas Quasthoff und die Geigerin Hilary Hahn über den Gesang und die Geige. Neben vielen anderen Stücken hören sie gemeinsam mit den Kindern Schuberts „Schöne Müllerin“ und das Violinkonzert von Pagannini. „Der kleine Hörsaal“ ist eine assoziative Reise durch die Musik – in Dialogen, Musikbeispielen und einer übergeordneten Geschichte geht es immer wieder um die Begeisterung für die klassische Musik. Spielerisch und im Dialog suchen Kinder und Künstler gemeinsam nach den Geschichten hinter der Musik. Eine Reihe, in der die Interpreten privater werden als in vielen Interviews. Wussten Sie zum Beispiel, dass Hilary Hahn mit einer Maus in der Hosentasche reiste, oder dass Quasthoff, wenn er traurig war, mit dem Hund seiner Großmutter spielte? Der Kleine Hörsaal erscheint Mitte März.

Der deutsche Klang?

Johannes Brahms: Sinfonie Nr. 3 etc, Knappertsbusch (hänssler classic)

Ulrich Schreiber Opernführer für Fortgeschrittene

Das Buch des Jahres 2006 der Zeitschrift »Opernwelt« Nach rund 18 Jahren Arbeit ist dieser monumentale Führer durch 400 Jahre Operngeschichte abgeschlossen. Ulrich Schreiber hat es gewagt, die Gesamtdarstellung einer vielfältigen Gattung in Angriff zu nehmen und Disparates in einen historischen Zusammenhang zu bringen. 3.738 Seiten; Leinen mit Schutzumschlag · ISBN 978-3-7618-1959-3

Alle 5 Bände* im Paket: € 199,– / CHF 358.20 *Die Bände sind auch einzeln lieferbar

Bärenreiter w w w. b a e r e n r e i t e r. c o m


rezension 32 | crescendo 01 2007

Philippe Jaroussky

Hoch gestimmter Vivaldi Bravourös! Die an Höhepunkten wahrlich nicht arme Vivaldi-Renaissance hat eine neue Preziose, die in keiner Sammlung fehlen sollte. Die neue Solo-CD des jungen französischen Countertenors Philippe Jaroussky ist eine Offenbarung. Mit der herrlich federnden Durchsichtigkeit des Ensemble Matheus unter der ebenso impulsiven wie einfühlenden Leitung Jean-Christophe Spinosis bewegt sich Jarousskys androgyner Stimmfluss durch das Panoptikum der Charaktere aus 14 Opern Vivaldis. Bravourös gelingen ihm kurzweilige Skizzen barocker Gestalten zwischen Wahnsinn, Entrückung und Verzückung. Jaroussky phrasiert engelsgleich zarteste Passagen, spannt mit großem Atem weite Bögen, kennt die couleurs stimmlicher Emotionen und vermag seinen Phrasierungen Wärme zu verleihen. Von höchster Virtuosität und Präzision sind seine vokalen Ausbrüche. Uwe Schneider Philippe Jaroussky: „Heroes“ Vivaldi opera arias (Virgin)

Foto: PentaTone

Berg, Webern, Schönberg Julia Fischer

Julia Fischer: Tschaikowski

Geigenkonzert als Psychogramm Peter Tschaikowski war kein Geigen-Komponist, viel lieber hat er Werke für das Klavier geschrieben. Aber als er sein erstes – und einziges – Violinkonzert komponiert hat, befand er sich gerade in einer seiner größten Lebenskrisen. Kurz zuvor hatte er Antonia Milukova geheiratet – ein Ehebund, der den heimlich homosexuellen Künstler fast um den Verstand brachte: „Die Hochzeitsfeierlichkeiten waren gerade vorüber, und ich war allein mit meiner neuen Frau“, schrieb er, „als ich mir meines Schicksals bewusst wurde, dass ich mit ihr nun für immer verbunden sein werde. Dabei ist mir aufgefallen, dass ich nicht einmal eine freundliche Freundschaft empfand, sondern eher das Gegenteil: eine Aversion im vollkommenen Sinne des Wortes. Der Tod schien mir der einzige Ausweg, obwohl ich nicht einmal an Selbstmord denken wollte“. Wenn man das Violinkonzert, dass Tschaikowski in diesem Seelenzustand komponiert hat,

interpretiert, muss man – wie so oft bei diesem Komponisten – Mensch und Musik zusammendenken. Die Geigerin Julia Fischer ist bislang weniger als emotionale Interpretin aufgefallen denn durch ihre Klugheit und ihren Intellekt. Aber gemeinsam mit dem Russian National Orchestra unter Yakov Kreizberg legt sie nun ein Psychogramm vor, das warmtönend und hingebungsvoll die Facetten der Partitur öffnet. Dabei klingt Fischers Herangehensweise nie gewollt oder bemüht sensibel, sondern eher homogen und urnatürlich. Neben dem D-Dur-Konzert interpretiert sie noch die „Sérénade mélancholique“, das „Valse-Scherzo“ und „Souvenir d‘un lieu cher“ von Tschaikowski. Und mit dem Komponisten scheint die Geigerin nach ihrem Mozart-, ihrem Bach- und ihrem Album mit russischen Violinkonzerten erneut ein zu Hause in der Heimat der zerrissenen Herzen gefunden zu haben. Moritz Meinken Peter Tschaikowski: Violinkonzert u.a., Julia Fischer (PentaTone)

EidgenossenSound

Unentschieden. Die Schweiz hat bei der Durchsetzung der Werke der so genannten Zweiten Wiener Schule eine bedeutende Rolle gespielt. Neben dem legendären Paul Sacher in Basel war es vor allem Werner Reinhart, der sich in Winterthur mit seinem Orchester für die Werke von Schönberg & Co. einsetzte. Jac van Steen hat nun mit eben diesem Ensemble eine an Klangfarben reiche CD eingespielt. Sie vereint Bergs „Sieben frühe Lieder“, drei Stücke aus der „Lyrischen Suite“. Weberns „Variationen für Orchester“ op. 30 und Schönbergs 2. Streichquartett in der Fassung für Streichorchester. Es sind analytisch entwickelte Interpretationen, zurückhaltend in der Wirkung und präzise in der Umsetzung. Merkwürdig unentschieden, zwischen Askese und einem späten Romantizismus, bleibt die interessante Lesart des Schönbergstücks. Bei der Solistin, Claudia Barainsky, ist man hin und her gerissen zwischen der Attraktivität des hellen, gelegentlich auch schneidenden Soprans und der Schlampigkeit der Artikulation. Uwe Schneider Berg, Webern, Schönberg: van Steen, Musikkollegium Winterthur (MDG)


crescendo 01 2007 | 33 rezension

Roman: Anmut und Gnade

Lauma Skride

Bernsteins Mozart

Oper jetzt. Romane, in denen es um Klassik geht, sind oft herbeigesucht oder historisch verklärt. Umso bemerkenswerter ist das neue Buch von Wolfgang Schlüter, das in der wunderschönen Edition „Die andere Bibliothek“ erschienen ist. Schlüter, ein epischer Erzähler mit Blick für Details, beschreibt in „Anmut und Gnade“ den Kampf um die Oper in Paris zwischen Jean-Philippe Rameau und Jean-Jacques Rousseau. Aufgehängt an einer Story um ein österreichisches Orchester, das 2003 die Werke Rameaus aufführen will. Der Pressereferent findet viel Vergangenheit in der Gegenwart und beweist am Ende, dass wir noch immer in einer Oper leben.

Sieht gut aus. Glaubt man dem Cover, ist die Interpretin wichtiger als das Werk. Lauma Skride dominiert das Erscheinungsbild. Sie dominiert auch die Komposition mit einer hochromantischen, leidenschaftlich ausbrechenden Interpretation. Unter all den Finger- und Herzenstürmen verliert man jedoch schnell den Überblick – und irgendwie auch das Interesse. Die Spannungskurve ist stets angespannt, zu ihrer Steigerung nötige Ruhepausen vermisst man. Falls es jemanden interessiert: Es handelt sich um Fanny Mendelssohn-Hensels Klavierzyklus „Das Jahr“, der von einer Italienreise inspiriert ist. Doch davon weiß die Einspielung wenig zu erzählen.

Musik für‘s Auge. Man kann nicht genug von ihm sehen. Wenn Leonard Bernstein Musik gemacht hat, war das immer ein Fest für Augen und Ohren. Und das ist auf der neu vorliegenden DVD mit Werken vom Mozart nicht anders. Wenn der Dirigent zum Klavierkonzert Nr.17 am Flügel sitzt, dirigiert er aus seiner eigenen Emotionalität heraus, und wenn er in der Sinfonie 39 am Pult steht, muss er zuweilen gar nichts mehr tun. Er kann sich aud die Wiener Philharmoniker verlassen, die ihren Mozart und ihren Lenny kennen. Der Maestro hört sich selbst beim Dirigieren zu – und das mit so großer Freude, wie es auch der Betrachter dieser DVD tut. Klassik als Lustobjekt.

Reise in die Vergangenheit

Finger- und Herzensstürme

Uwe Schneider

Nichts tun ist alles

Moritz Meinken

Axel Brüggemann Wolfgang Schlüter: „Anmut und Gnade“ (Eichborn)

Fanny Mendelssohn-Hensel: „Das Jahr“, Lauma Skride (Sony)

Mozart: „Klavierkonzert 17, Sinfonie 39“, Bernstein (Unitel)

Pianist des Monats Der Klavierspieler Mikhail Pletnev Keiner kann‘s wie er! Mikhail Pletnev muss sich um die Technik nicht kümmern – die hat er in den Fingern. Wenn er beginnt zu spielen, geht es nur noch um die Idee. Und die ist bei ihm meist so durchdacht und revolutionär wie bei keinem anderen. Pletnev sucht die absurdesten Akkorde in den Partituren und lässt sie so immer wieder neu erscheinen. Nun legt er einen Beethoven-Zyklus vor. Im März erscheinen die ersten Klavierkonzerte, später die Sinfonien, in denen Pletnev das Russian National Orchestra dirigiert. Fünf Fragen über seine Ideen.

1. Der Komponist:

Herr Pletnev, warum ist Beethoven modern?

Weil er es immer noch schafft, uns zu überraschen. Wir glauben, all seine Werke zu kennen – aber dann schauen wir genau hin und staunen.

2. Die Tradition:

Muss man Beethoven historisch auffühen?

Ich glaube nicht an die historische Aufführungspraxis – das ist, als würde man Mozart mit einer Kerze auf dem Flügel spielen. Darum kann es nicht gehen. Es geht um das Aktuelle im Alten.

3. Das Ensemble:

Wie haben Sie sich mit dem Orchester vorbereitet?

Ein solch gigantisches Projekt, alle Klavierkonzerte und alle Sinfonien einzustudieren braucht Vorlauf. Wir haben Jahrelang immer wieder Beethoven gespielt. Jeder Musiker kennt jede Partitur im Schlaf.

4. Der Stil:

Ihre Interpretationen sind radikal – warum?

Vielleicht, weil Beethoven so ungeheuer radikal war. Er hat jede Form gesprengt – und jedes Sprengen wieder aufgefangen. Das muss man abbilden.

5. Das Eingemachte Klugheit oder Emotion?

Das eine ist nicht ohne das andere zu haben. Meist kommt erst der Kopf und dann der Bauch. Beethoven: Klavierkonzert 1&3, Mikhail Pletnev (DG)


rezension 34 | crescendo 01 2007

Wie sie so breitbeinig dasteht in ihrem tiefschwarzen, weiten Hosenanzug, den Kopf gesenkt und den Blick ein wenig drohend nach vorn gerichtet: Da erinnert Elina Garancˇa nun wirklich nicht an eine Mezzosopranistin. Sondern an die weibliche Hauptfigur von „Resident Evil“, dem erfolgreichen Action-Videospiel, dass vor vier Jahren mit Milla Jovovich verfilmt wurde.

Sie könnte auch als Filmstar durchgehen: die Lettische Mezzosopranistin Elina Garancˇa debütiert bei der Deutschen Grammophon mit einem Arienprogramm. Thomas Lindemann prüft die größte Neuerfindung des Plattenlabels seit Anna Netrebko.

Foto: Deutsche Grammophon

Stolz in Hosen

Vielleicht sind es die klaren blauen Mandelaugen der Lettin, die ihr so viel Entschlossenheit verleihen. Sicher ist es hier auch die Arbeit der Berliner Fotoagentur Kasskara, für die sich Kent Nagano schon obenrum auszog und die Anna Netrebko lasziv auf ein weißes Designsofa legte. Von Bartoli bis Flemming inszenieren besonders Sängerinnen sich zurzeit gern wie Popstars – der Typus der stämmigen, überschminkten Operndiva scheint ausgestorben. Nun kommt also Garancˇ as schmales, opalförmiges Gesicht dazu und passt gut in die neue Ästhetik. Dass sie nicht in Pop macht, könnte man an der betont eleganten, stets ganz weißen oder ganz schwarzen Aufmachung ablesen. Aber als junger Filmstar würde sie schon auch durchgehen. Dabei singt die 1976 geborene Blonde ganz besonders klassisch, oft eher reserviert, und klingt dabei erstaunlich reif. Ihre neue CD, die erste bei „Deutsche Grammophon“, zeigt einen Querschnitt ihrer Lieblingsarien und offenbart eine echte Vorliebe für das Belcanto. Die Deutsche Grammophon behauptet sich ja seit einiger Zeit schon als so etwas wie der FC Bayern München des deutschen Klassikmarktes. Mit dem jüngsten Wechsel von Matthew Cossgrove an die Spitze der Abteilung „Artist and Repertoire“ wurden bereits Daniel Hope und Pierre-Laurent Aimard von ihrem Ex-Arbeitgeber Warner Classics weggelockt, bei Emi/Virgin hat man Rolando Villazón eingekauft, und Garancˇa kommt ursprünglich vom Label Sony-BMG – dort wurde sie entdeckt und aufgebaut. Damit hat die Deutsche Grammophon der Konkurrenz sicherlich eine Sängerin der Zukunft weggeschnappt. Nun wird sie mit einem Mischalbum aufgebaut. So wurde ihre dritte CD zum verspäteten Debüt auf ganzer Bandbreite.


crescendo 01 2007 | 35 rezension

„Die neue Stürmerin beim FC Grammophon.“

Mittwochs um halb acht 19.30 Uhr – Prinzregententheater Neu: nach dem Konzert Künstlertreff im Gartensaal

© Jim Rakete

Als die Sowjetunion zerfiel, war Elina gerade 14 Jahre alt. Sie wollte singen – allerdings wie Whitney Houston und Mariah Carey. Eine Musicalausbildung in Estland oder Finnland hatte sie schon im Auge. Nur, Mama wollte den Teenager nicht gehen lassen. Also wurde es doch die Lettische Musikakademie in ihrer Heimatstadt Riga. Vo dort aus kam sie schnell nach Wien. Als sie 2002 an der Wiener Staatsoper die Lola aus Mascagnis „Cavalleria Rusticana“ sang, waren alle begeistert außer Waltraud Meier: Der großen Wagnerinterpretin, die hier die Santuzza gab, stahl Garancˇa mit ihrer Nebenrolle nämlich gnadenlos die Schau. Nun gibt es Spanisches, französische Operette, ein modernes Madrigal von ihr – Garancˇa weiß, dass sie sich profilieren muss, auf einem harten Markt und hat dafür ein ungewöhnliches Programm ausgewählt. Das Rondo aus Offenbachs „Großherzogin“ – auch das hohe C am Schluss – singt sie weich und entspannt, regelrecht lässig. Auch Werthers Charlotte, ihre erklärte Lieblingsrolle, interpretiert sie farbenreich und dynamisch. Bei all dem Lob über eine steile Karriere darf man auch anmerken, dass sie auf der neuen CD im piano manchmal das flüssige Legato verliert, oder dass eine Koloratur mitunter kurz glitscht, auch platzt ein Sforzato in der spätromantischen spanischen Arie „Die Töchter des Zebedeo“ recht heftig herein. Das heißt alles nicht, dass hier nicht ein großes Talent der Zukunft zu hören sei. Nur ist die in letzter Zeit immer absurdere Beiheftchen-Jubelprosa der Plattenfirmen auch hier mit Vorsicht zu genießen – Garancˇa hat noch Zeit und wird wohl auch noch Potenzial ausschöpfen wollen. Im vergangenen Jahr wurde sie erst 30. Die neue CD, gelungen, nur etwas konturlos, wird man als Visitenkarte zu verstehen haben. Sie zeigt schon, wohin es für Elina Garancˇa gehen könnte: Die dunklen, rauchigen Töne sind die Stärke der Sängerin, in hohen Lagen klingt sie dagegen manchmal fast kühl. Im Gehaltvollen und Kräftigen erinnert sie an die Berlinerin Brigitte Fassbaender. Auch Fassbaender hatte diese Affinität zu Hosenrollen, die ihr übrigens beim Karrierestart vor 40 Jahren immer vorgeworfen wurde. Heute sind Mezzosoprane längst aus dem Schatten der Soprane getreten. Der Stolz, mit dem Elina Garancˇa die Hosen trägt – nicht nur für Niklaus aus Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“ oder Strauss‘ Octavian, sondern auch für‘s Foto – lässt hoffen. Darauf, dass Sie ihren Charakter richtig erkennt und gar nicht erst versucht, den Weg Richtung Sopran zu nehmen. Jetzt, ein paar Wochen lang, darf man sich an den neuen Aufnahmen freuen und sie wie einen Geheimtip handeln. Wie das mit Trends so ist: Eigentlich ist sie schon keiner mehr, und in Kürze lässt sich das auch nicht mehr verheimlichen. Ende des Jahres soll Garancˇ a zum ersten Mal die Carmen in Riga geben, 2010 dann geht sie damit an die Wiener Staatsoper neben Anna Netrebko und Rolando Villazón.

18. April 2007

Filmmusik »ganz klassisch« mit Roger Willemsen Philip Martin / Klavier Gavin Sutherland / Leitung

Thomas Lindemann

Das neue Album von Elina Garancˇa ist bei der Deutschen Grammophon erschienen und trägt den Titel „Aria Cantilena“.

Für Abonnenten: Mehr Garancˇa auf der premium-CD (Seite 39)

Karten von € 20,– bis € 43,– bei München Ticket (Tel. 089/54 81 81 81, www.muenchenticket.de) und über den BRticket-Service (Tel. 089/59 00-45 45). Schüler- und Studentenkarten zu € 8,– bereits im Vorverkauf. Einlasskarten für den Künstlertreff zu € 7,– (1 Glas Prosecco + Snack inkl.) an der Abendkasse. www.br-klassik.de

MÜNCHNER

rundfunk orchester


interview 36 | crescendo 01 2007

Der Pianist Pierre-Laurent Aimard

Vergangenheit verändern

Foto: RCA

Er ist sinnlich und klug – und auĂ&#x;erdem der Meinung, dass man nicht ohne Vergangenheit in der Gegenwart leben kann. Dieses Jahr ist Aimard Pianist in Residence bei den Berliner Philharmonikern, und gerade hat er ein Schumann-Album aufgenommen.


crescendo 01 2007 | 37 interview

Er war Schüler der französischen Komponisten-Legende Olivier Messiaen, hat Uraufführungen von Karlheinz Stockhausen, György Ligeti und Pierre Boulez gespielt. Kein Pianist steht so sehr in der Gegenwart wie Pierre-Laurent Aimard – aber das kann er nur, weil er jeden Tag die Vergangenheit befragt, so wie auf seinem neuesten Schumann-Album. crescendo: Herr Aimard, Ihr Job ist es, Klassiker der Klaviermusik in die Gegenwart zu holen – gibt es so etwas wie einen modernen Klang?

Pierre-Laurent Aimard: Mode ist für mich zunächst einmal eine momentane Alchemie aus allgemeinen Gefühlen und Erlebnissen, ein Zustand, der dauernd in Bewegung ist. Die Zeit schreitet fort, außerdem verändert sich die Wahrnehmung der Räume und ihrer Koordinaten schneller als je zuvor. Um uns der aktuellen Situation, also der gegenwärtigen

Wir leben immer mit der Notwendigkeit, unsere eigene Identität im Übereinanderlegen von Gegenwart und Vergangenheit zu finden. Mode, bewusst zu werden, haben wir als Musiker die wunderbare Möglichkeit, auf die vergangenen Moden zu schauen – sie sind das Fixum, der Orientierungspunkt unserer eigenen Weltwahrnehmung. Wenn es also so etwas wie einen modernen Klang gibt, dann entsteht er kurzfristig im Moment des Musizierens und nur daraus, dass wir das Jetzt mit der Folie des Vergangenen abgleichen. Dann nehmen wir einen Ausblickspunkt ein, der sich bewegt, und von dem aus wir immer wieder neu auf die Schöpfungen der Geschichte schauen können, um uns selbst zu erkennen.

Foto: Warner Classics

crescendo: Das heißt, Sie sind als Musiker eigentlich ein Historiker, der die Vergangenheit nach den heute wichtigen Parametern befragt?

Aimard: Es ist unsere Aufgabe, eine Verbindung mit dem Schöpfer, also dem Komponisten, im Fluss der Geschichte aufzunehmen. Und dazu müssen wir uns erst einmal nach der Mode des Schöpfers fragen, nach seinem Gestus in seiner Zeit: War er ein Revolutionär oder ein Biedermann? Wie stand er in seiner Gegenwart? Man muss Schönberg anders interpretieren als Strauss. Das Umfeld des Komponisten ist für mich eine wichtige Dimension, die es auch im Heute der Musik zu vermitteln gilt. Die frühere Mode beein-

flusst also den Gestus der modernen Interpretation. crescendo: Sie reden von den Komponisten als Schöpfer. Aber ist der Interpret nicht selbst auch ein Schöpfer, der die Partitur durch sein Spiel erst zum Leben erweckt?

Aimard: Man könnte sagen, dass wir ein nicht unwichtiges Element in der historischen Kette darstellen. Wir beschäftigen uns mit Kunstwerken und musikalischen Strukturen, die irgendjemand irgendwann einmal aus dem Geist seiner Zeit heraus erfunden hat. Daraus dürfen wir aber keine wissenschaftliche Hierarchie machen. All das darf kein Grund sein, demütig vor dem Komponisten zu knien oder sich in der Arroganz des Interpreten zu ergehen. Letztlich müssen wir die abstrakt fixierten Momente der Geschichte, die Partituren, einfach nur physisch mit Klängen beleben. Und dabei müssen wir uns wohl oder übel mit der dazwischen liegenden Zeitdimension beschäftigen. Musiker sollten eine Haltung einnehmen: eine Haltung zum Barock, zur Romantik oder zur neutönenden Kunst, und dadurch auch eine Haltung zum Jetzt. crescendo: Sie spielen quer durch die Musikgeschichte, haben mit Ligeti, Messiaen, Boulez und Stockhausen gearbeitet. Fällt es leichter, die aktuelle Musik zu interpretieren, weil sie eh aus unserer Zeit kommt und die historische Zeitachse damit wegfällt?

Aimard: Wir leben immer mit der Notwendigkeit, unsere eigene Identität im Übereinanderlegen von Gegenwart und Vergangenheit zu finden. Erst in dieser Dimension wird unsere Identität reich. Und es ist doch klar, dass wir uns mit Napoleons Feldzügen anders beschäftigen als mit Ereignissen, die wir am Frühstückstisch in der Zeitung lesen. So ist das auch in der Musik. In der Alten Musik haben wir den Kontakt mit der Entstehungszeit oft verloren, deshalb ist es hier sehr modern geworden, sich wieder mit den Quellen zu beschäftigen. In der Zeitgenössischen Musik gibt es diese Fragen nicht, und es gibt auch keine Interpretationsgeschichte, mit der wir uns herumschlagen müssen. Das hat den Vorteil, dass wir bei Ligeti noch keine musikalischen Mythologien zu bekämpfen haben wie sie sich bei Schumann oder Beethoven manifestiert haben. crescendo: Wo ist der Ansatz, ein Stück aus der Gegenwart in der Gegenwart zu interpretieren, wenn es den historischen Rückblick nicht gibt?

Aimard: Mich interessiert besonders die Sprache der Neuen Musik. Wie gehen Gegenwartskomponisten mit alten Traditionen und stillschweigenden Übereinkünften der musikalischen Kommunikation um? Also letztlich geht es auch in der Gegenwartsmusik wieder um historische Dimension.


interview 38 | crescendo 01 2007

crescendo: Aber ist es nicht so, dass heute fast jeder Komponist ein eigenes hermetisches Sprachsystem geschaffen hat? Die alten Regeln der Dur-Moll-Harmonik sind aufgelöst. Stattdessen haben wir es mit hunderten von individuellen Ausdruckssystemen zu tun.

das ist nicht die Frage. Es geht für uns Interpreten auch darum, dem Zuschauer das Personalsystem des Komponisten zu öffnen – es zur Kommunikation anzubieten. Und die vermeintliche Komplexität der Neuen Musik reduziert sich ja letztlich auch wieder auf permanent gültige Mechanismen.

Aimard: Dieser Wandel hat schon nach dem ersten Weltkrieg eingesetzt. Damals sind die herkömmlichen Formen und Systeme explodiert. Es hat eine Befreiung von allen Konventionen stattgefunden. Die Schöpfer in den unterschiedlichen Künsten haben persönliche Sprachen gefunden und individuelle Systeme erdacht. Wir haben es seit 100 Jahren also mit einer grundlegend neuen Situation zu tun: Die Kunst selbst, einst eine allgemeingültige Sprache, ist zum Turm von Babel geworden, in dem jeder eine andere Sprache spricht. Das ist sehr kompliziert, aber auch sehr interessant. Mit einer kollektiven musikalischen Sprache hatte man immer eine sichere Referenz – es gab höchstens unterschiedliche Dialekte. Jeder Schöpfer hat die Grammatik erweitert, die Regeln bereichert oder geändert. Im heutigen Pluralismus steht der Kulturmensch allerdings vor ganz unterschiedlichen Manifesten von Kunst und von Welt.

crescendo: Sie wollen sagen, dass Ligeti leichter zu greifen ist als Mozart?

Hand aufs Herz: Wer versteht schon das ganze System Beethovens oder Mozarts? crescendo: Das heißt, das kollektive Empfinden hat sich im Individualismus aufgelöst?

Aimard: Die alte Dur-Moll-Harmonik war eine Sprache, die der Manipulation Türen und Tore geöffnet hat. Sie war eingeübt, allgemein und wurde oft ausgehöhlt und unterwandert. Aber als Kommunikationsmodell war sie ein großer Erfolg. Nur dürfen wir nicht vergessen, dass die Weltsprache dieser Musik immer nur eine Vision der wirklichen Welt war – es war die Sprache der westlichen Welt. Heute leben wir in einer Welt, in der es kein Zentrum mehr gibt, sondern nur noch Öffnungen unterschiedlicher Kulturen und Sprachen. Da ist es ganz gesund, dass unsere Gegenwartskomponisten versuchen, sich ebenfalls in unterschiedlichen Sprachen auszudrücken und die Vielfältigkeit, ihre unterschiedlichen Positionen, auszudrücken. crescendo: Aber in wiefern ist diese Musik, die sich nur auf ein privates System bezieht, überhaupt noch verständlich?

Aimard: Hand aufs Herz: Wer versteht denn das gesamte System Mozarts oder Beethovens? Also,

Aimard: Auf jeden Fall kann man ihn auch auf einfache Regeln herunterbrechen: Die Neutöner spielen mit den gleichen Konstanten wie die alten Meister, auch sie benutzen Wiederholungen, um den Effekt der Erinnerung wachzurufen, bedienen sich der Rhythmen und der Tonhöhen, um gewisse Effekte zu stimulieren. Das sind die universalen Komponenten der musikalischen Kommunikation. Und die können wir als Interpreten auch in der Neuen Musik freilegen. crescendo: Hören wir am Ende auch Schumann, Beethoven und Mozart anders, nachdem wir Ligeti, Stockhausen und Boulez gehört haben?

Aimard: Sie wollen wissen, ob so etwas wie eine nachträgliche Einflussnahme auf das Vergangene durch die Gegenwart möglich ist? Natürlich! Klar ist es absurd, zu behaupten, dass Gegenwartskünstler einen Schumann beeinflusst haben, das ist historisch nicht möglich, aber sie beeinflussen uns in unserem Hören. Gegenwartskünstler beleuchten in ihren eigenen Kompositionen die Texturen der Klassiker aus der Gegenwart wie mit einer Taschenlampe. Ein Beispiel: Debussy war mit Sicherheit ein Prophet der Klangfarben, aber ist uns durch ihn nicht erst die ganze Größe Chopins bewusst geworden? Historisch hat sich Chopin als Übervater Debussys herausgestellt, der das freie Spiel der Obertöne erfunden hat und das freie musikalische Fließen. Und wenn wir dann auf Ligeti schauen, wird uns dieses historische Netzwerk vollends deutlich – durch ihn begreifen wir die Pioniere Debussy und Chopin noch einmal anders. crescendo: Das heißt Gegenwartskünstler verändern durch die Beleuchtung der Klassiker die Vergangenheit.

Aimard: Ja, und da sind wir dann wieder bei der Mode angekommen. Schumann war ein hochmoderner Komponist. Gerade heute ist die doppelte Rede in seinen Werken, sind die radikalen Wendungen und Brüche wieder sehr modern. Seine Werke kommen uns nicht mehr als komponierte Inkonsequenz vor, sondern als nachvollziehbare Kunstwerke, die auf eine Welt und ihre Moden verweist. Auf eine Welt, die auch jenseits der Musik und seiner Zeit liegt. Schumann hat gern in Rätseln komponiert, in denen er die eigene Identität befragte. Er hat unterschiedliche musikalische Stile miteinander verwoben und dabei

stets eine andere Distanz eingenommen: Mal war er ironisch, mal wahrhaftig, dann wieder sarkastisch. Seine Musik lässt sich in die verschiedenen Künste seiner Zeit, aber auch in Vergangenheit und Zukunft ausdehnen. Man findet bei Schumann die Ideen Rousseaus und Jean Pauls, aber auch den Einfluss von Diderots Roman „Jacques le Fataliste“ – und der geht wieder über in die Philosophie Schopenhauers und letztlich in den „Nouveau Roman“. Aus dieser ur-

Ich beobachte unter allen Musikern derzeit eine positive Sorge. Sie stellen sich die Fragen nach Sinn und Klang. sprünglichen Stimmung des Schöpfers heraus finden wir noch heute Dinge, die uns modern erscheinen. crescendo: Aber Herr Aimard, das klingt nun eher wie eine Vorlesung zur Musikgeschichte. Wie bringen Sie all diese Überlegungen und Querverweise in die eigentliche Interpretation?

Aimard: Es geht ja nicht darum, die lexikalischen Details hören zu lassen – das wäre gerade bei Schumann fürchterlich! Aber es geht darum, der Identität eines Stückes eine gewisse Richtung zu geben. crescendo: Daniel Barenboim redet von der „wissenden Naivität“ des Interpreten. Er will zwar alles über ein Werk wissen, muss es dann aber wieder unbefangen spielen ...

Aimard: ... ich bevorzuge die kindliche Naivität beim Spiel. Denn ohne sie kommt der Schöpfer als Mensch kaum vor. Intellektuell gesehen war Schumann frech, frei und hochinteressant. Aber als Mensch war er so zerbrechlich, bewegte sich immer an der Grenze zum Pathologischen. Dafür gibt es keine historische Referenz, sondern nur das Fühlen aus den Noten. Als ich acht Jahre alt war, habe ich mich, wenn nach dem Klavierunterricht und der Schule noch Zeit blieb, immer wieder mit Schumanns „Carnaval“ beschäftigt. Mich haben damals die pure Poetik und die Leidenschaftlichkeit der Musik begeistert. crescendo: Heute spielen Sie das Stück mit allem Wissen um Schumann, seine Zeit und seine historische Bedeutung – bedauern Sie diese Kenntnisse etwa?

Aimard: Natürlich nicht, aber ein Stück ist immer reif für einen Künstler, wenn er irgendeine Form von Reichtum in einer Partitur entdeckt, wenn er das Gefühl hat, sie weiterleben zu können. Als ich 15 Jahre alt war, hatte ich das Gefühl, dass „Carnaval“ gar nicht so groß ist, wie ich vorher gedacht hatte. Dann


crescendo 01 2007 | 39 premium

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Aimard: Klänge im Kollektiv zu finden ist sicherlich schwieriger, weil es einen Konsens über Gegenwart und Vergangenheit geben muss. Deshalb haben sich neue Klänge ja eine Zeit lang in den Nischen geformt: besonders in der Barockmusik und in der Neuen Musik. In diesen Räumen konnte man sehr autonom musizieren, fast wie als Solist. Aber inzwischen fangen auch große Ensembles wieder an, ihre Klangtradition zu befragen. crescendo: Kommen Sie damit nicht zu spät?

Aimard: Wir wissen, spätestens seit Galileo Galilei, dass eine neue Dimension unserer Existenz sich nicht immer sofort durchsetzt – nicht einmal, wenn sie richtig ist. Wenn sie keine gesellschaftliche Deckung findet, es keine Sympathisanten gibt und keinen Willen zum Verständnis, ist sie zwar entdeckt, hat aber keine Relevanz für die Wirklichkeit. In der Musik war es oft der Fall, dass Individuen etwas herausgefunden haben, neue Dimensionen betreten haben, Ebenen bespielt haben, die erst viel später in den gesellschaftlichen „Common Sense“ integriert wurden. Dirigenten wie Nikolaus Harnoncourt oder Pierre Boulez waren Extremisten, Revolutionäre, die lange in der Nische experimentiert haben. Heute stehen sie an den Köpfen der etablierten Institutionen. So ist die Welt – und diese Erkenntnis sollte jeden Einzelnen und jedes Ensemble ermuntern, neu zu denken. (Das Gespräch führte Axel Brüggemann)

Für Abonnenten: Mehr Aimard auf der premium-CD (siehe rechte Seite)

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Robert Schumann: Carnaval, Études Symphoniques, Pierre-Laurent Aimard (Warner).

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crescendo: Ist es für einen Solisten leichter, einen Klang zu finden, wenn er allein ist?

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Aimard: Ich beobachte unter allen Musikern derzeit eine positive Sorge. Orchester stellen sich überall die Frage nach dem eigenen Sinn und dem eigenen Klang. Sie suchen die Herausforderung der Zukunft und wollen gleichzeitig ihre vergangene Identität bewahren. Das ist ein gefährlicher, aber spannender Spagat. Plötzlich erweitern große philharmonische Orchester ihr Repertoire, spielen Alte- und Neue Musik. Ich finde, das ist ein idealer Weg, eine Tradition mit Respekt weiterzuentwickeln.

crescendo gibt es nun auch auf CD. 14 Tracks zu den Themen dieses Heftes. Darunter die Neuerscheinungen vom Plattenmarkt. Als Bonus: Hören Sie zum ersten Mal einen Ausschnitt aus Rolando Villazóns neuem Zarzuela-Album. Wenn Sie premium-Abonnent werden, schenken wir Ihnen außerdem die neue CD des Pianisten Andreas Boyde mit Werken von Johannes Brahms.

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crescendo: Dieses Jahr sind Sie Musiker in Residence bei den Berliner Philharmonikern. Das Ensemble sucht ebenfalls einen neuen, einen modernen Klang. Ist dieser Klang für Sie bereits greifbar?

crescendo für die Ohren

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habe ich das Stück zur Seite gelegt. Heute ist es für mich wieder voller Reichtum.

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inside 40 | crescendo 01 2007

Heute Abend gehen wir in die Zauber

Hilfe, was ziehen Man geht in die Oper, um zu hören – aber man wird immer auch gesehen. Wie geht man hin? Robe und Smoking, oder tun es auch Jeans und Pullover? Die crescendoRedaktion ist zu Peek & Cloppenburg gegangen und hat sich für eine „Zauberflöten“Premiere eingekleidet. Hier sehen Sie das Ergebnis.


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resscodes waren gestern. Und trotzdem: neben Bällen sind Opernpremieren noch immer perfekte Ereignisse, um sich ein wenig hübsch zu machen. Prominente haben das immer so gehalten. Thomas Gottschalk sorgt nicht nur bei „Wetten dass..?“ mit seiner Kleidung für Aufsehen, sondern auch bei den Salzburger Festspielen, und die GrünenPolitikerin Claudia Roth ging durch die Zeitungen, weil sie in Bayreuth Lila trug. Selbst Angela Merkel wird in der Oper zum Fashion-Victim. Über ihre grüne Robe – oder die Schweißflecken im nächsten Jahr – wurde in manchen Zeitungen heftiger debattiert als über die Wagner-Aufführungen.

flöte

Foto: Schönfeld

wir an?

Das Publikum gehört zur Oper – und seine Kleidung ist immer auch ein bisschen eine Verkleidung. Dabei sind konventionelle Regeln längst obsolet. Zu Konzerten der Berliner Philharmoniker kommt ein Großteil des Publikums längst in Jeans und Pulli – und das ist auch gut so. Die crescendo-Redaktion hat nun den Test gemacht. Wir sind gemeinsam zu Peek & Cloppenburg gegangen, um uns für eine „Zauberflöten“-Premiere einzukleiden. Erste Erkenntnis: Die Damen waren wesentlich schneller und entschlussfreudiger als die Herren. Und: Jeder hat seinen eigenen Geschmack gefunden. Das Ergebnis sehen Sie auf dieser und der nächsten Seite. Chefredakteur Axel Brüggemann (v.li.) kombiniert Samt mit T-Schirt, LayoutChef Stefan Steitz liebt es leger in Jeans. IT-Experte Andreas Koschinsky hat sich für einen Anzug, aber gegen einen Schlips entschieden, wohingegen unsere Produktionsmanagerin Michaela Wurstbauer, Liselotte Richter-Lux (festspiel-guide), Herausgeber Winni Hanuschik und Redakteurin Doris Mahlknecht den klassischen Look bevorzugen.


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ein Abendkleid von Niente

trägt 1 Doris Mahlknecht, unsere RedakteurinHera usgeber, liebt es klassisch: hik, usc Han (249 Euro ). 2 Win frie d 0 Euro ), Fliege von

d von Eter na (54,9 Smoking von Mon tego (149 Euro ), Hem r Axe l Brügge mann zeigt sein J.Ploenes (19,9 0 Euro ). 3 Chef redakteu T-Shirt von Review (19,9 0 Euro ). m eine Mot to „I Love that Groupie Thing“ in Samt-Sak ko von Polo (339 Euro ) und Abendtauglich wird er durch das edle Lise lotte Richter- Lux weiß sich die Hose von McNeal (49,9 0 Euro ). 4 egen. Abendkleid und Jäckchen von auf dem gesellschaftlichen Parkett zu bew ussredakteurin und ProduktionsSchl 5 Veramon t (zusammen 218,90 Euro ). r hat selten so schön korrigiert . Kleid managerin Mic hae la Wurstbaue or Ste fan Ste itz muss es lässig von Mariposa (159 Euro ). 6 Für Artdirect d von Polo Ralph Lauren (49,9 0 Euro ), sein. Sakko von Joop (299 Euro ), Hem Kos chinsky fühlt sich sichtlich reas Hose von Bos s (99 Euro ). 7 And 0 Euro Hemd (69,9 UMG_AZ_QUASTH_220x130_L2 25.01.2007 13:19 Seite 1 ). Euro ), Uhr g (399 wohl in seinem Outfit von Bos s. Anzu

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Thomas Quasthoff

The Jazz.. Album..

mit den Jazzgrossen Till BrOnner, Alan Broadbent, Chuck Loeb, Dieter Ilg und Peter Erskine ab 2. März erhältlich

THOMAS QUASTHOFF The Jazz Album Watch What Happens Produziert von Till Brönner CD 477 664 4 Vinyl 477 666 3

Photo: Jim Rakete

Videos und Hörproben auf www.the-jazz-album.de

Konzerte: 17.03. Köln – Philharmonie / 19.03. Berlin – Admiralspalast


crescendo 01 2007 | 43 essay

Peter Schwenkow ist erfolgreicher Veranstalter. Er sagt:

Klassik und Geld? Das passt! Opern und Konzerte müssen nicht immer subventioniert werden. Anna Netrebko, Rolando Villazón und Lang Lang begeistern auch ohne staatliche Förderung.

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twas Seltsames passiert derzeit in unserem Land, besser gesagt im gesamten sein? Ich denke, es passt. Beides ist richtig. Natürlich brauchen wir Subventionen deutschsprachigen Raum. Denn es scheint, als werde ein altes Gesetz aufgeho- für Opernhäuser, Orchester, Theater etc., um zu ermöglichen, dass jedermann zu ben: Was qualitativ hochwertig ist in der Kultur, was von den Feuilletonisten erschwinglichen Preisen jede Form von Kultur konsumieren kann. Aber Klassik als Gralshüter des Wissens um die Qualität wie ein guter Wein mit 100 Parker Punk- ist auch lange schon Entertainment (aua!) und unterliegt den Gesetzen des Showten ausgezeichnet wird – eben diese Qualität könne niemals etwas für die Masse business und im Showbusiness kann und muss man Geld verdienen (dürfen). sein. Gerade in der Kultur war das Elitäre von Schöngeistern und QualitätsfanatiWährend Mozart, um ein populäres Beispiel anzuführen, nicht für die Masse, kern vor dem „Pöbel“, dem einfachen Konsumenten, geschützt. Unvorstellbar, Otto sondern für die Mäzene spielte, Bach, Beethoven, Schubert und andere KompoNormalverbraucher würde auf der Straße eine Arie der Maria Callas pfeifen. Diese nisten durchaus Unterhaltungsmusik ihrer Zeit schrieben, konnte sich die breite Popularität wäre doch ein Angriff auf die Enklave des guten Geschmacks! Masse nur schwerlich ausreichend ernähren und wurde nicht zufriedenstellend Was aber passiert im Moment? Zu Hunderttausenden ärztlich versorgt. Der tägliche Kampf um das (Über)gehen die CDs und DVDs von Anna Netrebko, Rolando Leben ließ keinen Raum für Kunst und Kultur. Dass die Villazón und Lang Lang über die Ladentische (und Existenz elektronischer Medien erst viele Jahre später das sind keine Weihnachtslieder-Editionen), Millioeine massentaugliche Verbreitung erlauben würde, sei nen schauen sich ihre Auftritte im Fernsehen an und nur am Rande erwähnt. Tatsache jedoch ist: Hätten all Hunderttausende besuchen ihre Konzerte. Diese finden die großen Komponisten, die wir heute millio-nenfach sowohl in klassischen Konzerthallen als auch Open Air verbreiten, zu ihrer Zeit gekonnt, wie wir heute können, (puh!) statt. Welche Form von Demokratisierung des so hätten sie und ihre Vermarkter die Masse in einer Art Kulturguts läuft hier gerade ab? und Weise erreicht, die für uns gerade erst in Ansätzen Ich hatte das große Glück, von Anfang an – in beratenvorstellbar ist. Und sie hätten damit viel Geld verdienen der und veranstaltender Funktion – Teil des Schleswigkönnen, viel Geld verdienen wollen, wenigen ist es auch Holstein Musik Festivals sein zu dürfen und habe deshalb gelungen. Irgendwann hat dann, bevorzugt in Deutschfrüh über Justus Frantz Leonard Bernstein kennenlernen land und in Österreich, der Aufstieg zum Elitären bekönnen. Er hat so laut wie kaum ein anderer vor oder gonnen, und die Ahnungslosen, Uninteressierten und nach ihm die These vertreten, es käme nicht darauf an, nicht Verstehenden wurden ausgegrenzt und abgekopob Musik E-Musik oder U-Musik sei, sondern es ginge pelt. Nicht, dass ich jetzt falsch verstanden werde. Diese nur darum, ob sie gut oder schlecht sei. Er hat damit Zeilen sind keinesfalls der Versuch, die Arbeit von KonDie Renaissance der Klassik ist mir als jungem Mann den Weg gewiesen, wonach großer zertveranstaltern und Impresarios zu heroisieren oder ein Phänomen, das sich alle Erfolg (der ja nur vor und mit vielen stattfinden kann) auf eine altruistische Plattform zu stellen. Auch muss 30 Jahre wiederholt. nichts mit niederer Qualität zu tun haben muss (obwohl man sich nach meiner festen Überzeugung nicht dafür es häufig so ist), und so haben wir in den 80er Jahren entschuldigen, als Vorstandsvorsitzender einer börsenauch vor 20.000 Menschen Konzerte mit Leonard Bernstein und unzähligen Orches- notierten Aktiengesellschaft Rendite zu erwirtschaften, aber die Stigmatisierung der tern veranstaltet. Die Quelle dieser demokratischen Kraft in Bezug auf klassische Kommerzialität muss ein Ende haben, wobei wir das lauter fordern können als die Musik lag in Leonard Bernstein selbst. Sie kam aus einem Sendungsbewusstsein Künstler, die diese Position vollständig (und manchmal hinter vorgehaltener Hand) für diese Musik und für die jungen Menschen, die sich damit beschäftigen sollten. unterstützen. Wer wollte denn sonst in den Nachwuchs investieren? Der Platz, an dem dieses stattfand, heißt Tanglewood, die Sommerakademie des Hochkultur gehört nur nach „oben“, wenn sie hohe Qualität bietet, aber auch Boston Symphony Orchestra. Ella Fitzgerald, viele Songs der Beatles und das neueste Werk von Sting sind HochAls europäisch oder doch eher deutsch Erzogener kam ich nach Tanglewood kultur. Ich plädiere keinesfalls dafür, zukünftig alle Konzerte mit Lang Lang nur und staunte über den spielerischen, nie respektlosen, aber doch demokratischen noch Open Air vor 20.000 Besuchern stattfinden zu lassen und Anna Netrebko Umgang mit der Klassik. Vielleicht weil ich in jungen Jahren das Gegenteil eines nur noch auf der Wiese singen zu hören, aber eben auch. Denn es gibt in weiten Klassenkämpfers war und immer davon ausging, dass Klassik und sogenannte high Teilen der Bevölkerung immer noch eine Schwellenangst, ein Gefühl wie das, was culture nur etwas für high class people seien. Es stellt sich also die Frage, ob wir im ich hatte, bevor ich Leonard Bernstein kennenlernte. Und solange ich meinen BeiMoment angesichts von Massenphänomenen im kommerziellen Umgang mit high trag dazu leisten kann, mehr Menschen an diese von mir bevorzugte Musikform culture eine Demokratisierung sehen oder einfach nur feststellen, dass die Masse heranzuführen UND damit Geld zu verdienen, solange werde ich diesen Weg weiter „auf den Geschmack gekommen ist“. Ich möchte davon ausgehen, dass mit unserer beschreiten und nicht nur das Publikum, sondern auch die Künstler danken es. Hilfe das letztere der Fall ist, und es sich um ein alle 30 bis 50 Jahre wiederkehrendes Phänomen handelt, mit dem sich auch Geld verdienen lässt. Klassik und Geld ver(Peter Schwenkow ist Chef der DEAG und größter deutscher Klassik-Veranstalter. dienen? Passt das zusammen? Darf das sein? Muss Hochkultur nicht subventioniert Im März bringt er Rolando Villazón, im April Lang Lang nach Deutschland.)


plus regional nord-mitte 44 | crescendo 01 2007

Mit John Taveners „The Veil of the Temple“ plant der Rundfunkchor Berlin ein Sieben-Stunden-Spektakel

Frühstück nach der Musik-Karthasis Für Papst Benedikt XVI. ist Musik eine Art Gebet, eine Möglichkeit der Stille in Klang, des Dialoges mit der Welt jenseits des Dinglichen, ein transzendentes Erlebnis. Und in anderen Religionen ist das kaum anders: Musik steht immer dort im Zentrum, wo die Worte und die Wirklichkeit ihr Ende finden. Als John Tavener sein siebenstündiges Chor-Opus „The Veil of the Temple“ komponiert hat, war ihm diese Magie der Töne sicherlich bewusst: Er verwandelt das Konzert zu einem rituellen und spirituellen Raum, in dem das Publikum durch alle Weltreligionen reist. Nun wird dieses Mammut-Werk vom Rundfunkchor Berlin in den Räumen des Berliner Museums „Hamburger Bahnhof“ aufgeführt – eine ganze Nacht lang, und am Morgen wird gemeinsam gefrühstückt.

Suche nach Erleuchtung: Berliner Rundfunkchor.

2003 sorgte „The Veil of the Temple“ („Der Vorhang des Tempels“) bereits für Aufsehen. Die Uraufführung in London so wie Reprisen in New York, Amsterdam und Brighton waren einschlagende Erfolge. In dem Chorstück geht es um eine Reise durch die Religionen, ein musikalischer Weg von der Dunkelheit bis zur Erleuchtung – Ein akustischer Streifzug durch die Welt des Glaubens. Mit sechs Chören, europäischen und außereuropäischen Instrumenten wie tibetanischen Tempelhörnern, einem Libretto in fünf Sprachen mit Texten aller großen Glaubensgemeinschaften aus unterschiedlichen Zeiten, geht es um die Suche nach Erkenntnis: Durch den Islam, das Judentum, das Christentum, die Gnostik, den Buddhismus und den Hinduismus. Dieses große Werk ist das dritte Projekt der Reihe „Broadening the Scope of Choral Music“, in dem der Rundfunkchor Berlin die Bandbreite des kollektiven Gesanges auslotet – vorangegangen sind ihm die Aufführungen von „Der versiegelte Engel“ (2005) und „Angst“ (2006). Für „The Veil of the Temple“ wurde der niederländische Regisseur Rogier Hardeman verpflichtet, der das Chorstück jenseits aller geltenden Regeln in Szene setzen wird.


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Oper muss nicht in der Oper stattfinden – auf der Leinwand funktioniert sie auch.

„The Veil of the Temple“ An diesem siebenstündigen Chor-Spektakel in einem Museum sind sechs Chöre beteiligt, es werden acht Zyklen in zehn Räumen gegeben, mit 180 Sängern, und am Ende gibt es 700 Frühstücke.

Klassik im Kino

Aufführungsdatum: 26. Mai, 22 bis 6 Uhr im Hamburger Bahnhof, Berlin.

Oper gehört auf die Bühne? Das ist richtig, muss aber nicht immer so sein. Seit einigen Monaten gibt es einen neuen Trend: Klassik im Kino ist zum Event geworden. Egal, ob eine Aufführung live von der Opernbühne übertragen wird wie Münchens „Norma“ mit Edita Gruberova, oder ob Wagnerianer sich im letzten Jahr zum „Ring“-Gucken auf Großbildleinwand verabredet haben, um die größte Oper der Welt so anzuschauen, wie man sich sonst nur den „Herrn der Ringe“ anguckt. Classica, die Deutsche Grammophon und Unitel haben ein unglaubliches Kontingent an Filmen, die derzeit in verschiedenen Kinos gezeigt werden (Terminauswahl siehe Seite 48).

Karten: Tel. 030-20298722, www.rundfunkchor-berlin.de

Bild 1: Neujahrskonzert 1978 war die Klassik-Welt noch in Ordnung, der Magier Herbert von Karajan dirigierte das Neujahrskonzert. Bild 2: La Bohéme Herbert von Karajan mit dem Orchester der Scala – Starensemble mit Mirella Freni und Gianni Raimondi. Inszeniert hat Altmeister Zeffirelli. Bild 3: Tristan und Isolde Selbst Bayreuth kommt ins Kino – Heine Müllers legendärer „Tristan“. Bild 4: Carmen Im Karajan-Schwerpunkt darf „Carmen“ natürlich nicht fehlen: mit der legendären Grace Bumbry. Bild 5: Otello Kino-Klassiker: „Otello“ mit John Vickers und Mirella Freni. Fotos: Unitel

Fotos: Rundfunkchor Berlin, Staatliche Museen zu Berlin / F. Friedrich

Spielort ist natürlich ein nicht-religiöser Platz: das Museum für Neue Kunst, „Hamburger Bahnhof“ in Berlin. Die Protagonistin des Abends, Maria Magdalena, wird durch den Kosmos der Kunst schreiten und gemeinsam mit dem Publikum das Visuelle und das Akustische einbeziehen. Ihre Reise durch die Religionen hält inne vor den großen Werken des Museums, vor Robert Longs „Berlin Circle“ oder vor Anselm Kiefers „Bibliothek“. Das Museum ist nicht nur Konzertort, sondern auch Ort der Entspannung. Das Publikum kann während der Aufführung schlendern, sich der Musik entziehen, oder wieder abtauchen in die Welt der Klänge. An den Exponaten der Sonderausstellung „Schmerz. Hinter den Knochen wird gezählt“ führt ein langer Weg durch das gesamte Erdgeschoss des Museums. Die Moderne hat den Menschen aus der Umklammerung durch die Religion befreit. Darum darf sich das Publikum frei im Erdgeschoss des „Hamburger Bahnhofs“ bewegen. Es kann sich der rituellen Handlung im Restaurant und in speziellen Ruheräumen entziehen oder in den Ausstellungssälen eigene Dialoge zwischen Wort, Musik und Bildender Kunst stiften, um dann wieder Taveners Tempel zu betreten, über den der Komponist selbst sagt: „Wenn wir den Vorhang des Tempels öffnen, sehen wir, dass jenseits ihrer äußeren Erscheinungsformen alle Religionen innerlich miteinander zusammenhängen.“ Großes Highlight ist das Finale des Chorspektakels: Die Erleuchtung wird garantiert real eintreten – bei Tagesanbruch. Die ersten Sonnenstrahlen werden durch das Glasdach des Museums fallen, wenn das Publikum ein gemeinsames Frühstück einnimmt.

Bild 6: Carmen Und noch einmal Karajans “Carmen“. Bild 7: Meistersinger Beckmesser Hermann Prey – Bayreuth wie es leibte und lebte.


Foto: Münchner Rundfunkorchester

plus regional süd 46 | crescendo 01 2007

Vielversprechende Zusammenarbeit: Ulf Schirmer und das Münchner Rundfunkorchester

Das Melodrama und der neue Dirigent Dirigenten staunen Bauklötze, wenn Orchester wirklich nach ihrer Pfeife tanzen. Aber mit der neuen Konstellation in München ist dieser Zustand Alltag geworden. Nach einem halben Jahr zeigt sich: Ulf Schirmer war eine gute Wahl als Nachfolger von Marcello Viotti beim Rundfunkorchester. Nun gehen sie gemeinsam in eine spannende Saison. Ulf Schirmer und das Münchner Rundfunkorchester sind alte Bekannte. Der Dirigent war gern gesehener Gast in der Bayerischen Hauptstadt, immer wieder kam er und dirigierte spannende Repertoire-Entdeckungen; zuletzt „Des Simplicius Simplizissimus Jugend“ von Karl Amadeus Hartmann im Prinzregententheater. Aufgefallen ist er außerdem durch ein unterhaltsames Gesprächskonzert mit Sir Peter Jonas. Die Zusammenarbeit von Dirigent und Orchester ist bereits auf zwei CDs dokumentiert: Ein Live-Mitschnitt von Frank Martins „Pilate“ und eine Studioproduktion von Franz Lehárs Operette „Schön ist die Welt“. Jetzt wird diese erfolgreiche Zusammenarbeit fortgesetzt. Seit September letzten Jahres ist Ulf Schirmer der neue künstlerische Leiter des Münchner

Rundfunkorchesters. Damit tritt er die Nachfolge des im Februar 2006 völlig unerwartet verstorbenen Marcello Viotti an. Kein leichtes Erbe. Aber man kannte sich ja bereits. Der italienische Maestro war General Musikdirektor in Schirmers alter Heimat, in Bremen. Inzwischen hat der Jungstar von damals die Orchester-Ochsentour hinter sich gebracht. Wichtige Erfahrungen konnte Schirmer als Assistent von Lorin Maazel und als Hausdirigent an der Wiener Staatsoper sammeln. Sein Repertoire reicht von Mozarts „Zauberflöte“ über Verdis „Nabucco“ bis hin zu Bergs „Lulu“. Eine Vielseitigkeit, die ihm bei seiner neuen Aufgabe helfen wird. Denn auch das Rundfunkorchester ist ein Ensemble aus Allroundern. Betrachtet man seine 50-jährige Geschichte, zeigt sich auch hier ein enormes künstlerisches Spektrum. In den Anfängen lag der musikalische Schwerpunkt noch auf dem Gebiet der Operette und der Unterhaltungsmusik – so war das in der jungen Bundesrepublik, in den Aufbaujahren der Klassik. Aber schon der zweite Chefdirigent Kurt Eichhorn lenkte das Ochester mit den Einspielungen aller wichtigen Bühnenwerke Carl Orffs in Richtung Oper. Die Leidenschaft von Marcello Viotti, galt dem französischen und italienischen Opernrepertoire. Unter ihm brachte das Orchester beispielsweise Montemezzis „L‘amore


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Sie tanzen gern nach seiner Pfeife: Die Musiker des Münchner Rundfunkorchesters mit ihrem neuen Chef Ulf Schirmer.

dei tre re“ zur Aufführung und auch der Erfolg der Konzertreihe „Paradisi gloria“ mit geistlicher Musik des 20. Jahrhunderts geht wesentlich auf Viottis Engagement zurück. Diese Vielseitigkeit des Repertoires gilt es einerseits zu pflegen, andererseits eröffnen sich durch die klangliche Wandlungsfähigkeit des Orchesters neue Möglichkeiten. Ulf Schirmer will diese nutzen, indem er sich einem Genre widmet, das im Konzertbetrieb eher vernachlässigt wird: dem Melodram. Wer dabei gleich an künstliches Pathos oder an diverse Hollywood-Schinken denkt, liegt allerdings falsch. In der Gattung des Musiktheaters bezeichnet Melodram lediglich die Kombination von gesprochenem Wort mit Instrumentalmusik. Am 18. März erklingen im Prinzregententheater die Melodramen „Das eleusische Fest“ und „Kassandra“ von Max von Schillings neben „Lo Speziale“ von Joseph Haydn. Schirmer wird bei diesem Konzert allerdings nicht zum Taktstock greifen, sondern vom Klavier aus leiten. Ergänzend zu den Auftritten in seiner Heimatstadt ist das Orchester mit seinem Dirigenten regelmäßig in ganz Deutschland unterwegs. Dieses Jahr werden sie in Garmisch-Partenkirchen zu Gast sein und sowohl beim Kissinger Sommer als auch bei den Oberammergauer Festspielen mitwirken. Doch nicht immer hat Schirmer die alleinige Herrschaft über das Orchester. Auch wenn er als Strippenzieher die Fäden in der Hand hält, lässt er sein Orchester auch mal unter fremden Händen glänzen. Seit Jahren schon arbeitet das Rundfunkorchester mit dem musikalischen Multitalent Bobby McFerrin. Dieser kann nicht nur einzelne Instrumente mit seinem Körper imitieren, sondern die ganze musikalische Truppe auch dirigieren. Zu hören ist diese Kombination nicht nur in München, sondern unter anderem in Berlin, Linz und Luzern. Ein weiteres Anliegen des Orchesters ist es, Kinder und Jugendliche für die klassische Musik zu begeistern. Mit zielgruppengerechten Konzerten inklusive dazugehörigem pädagogischen Begleitprogramm soll die Reihe „Klassik zum Staunen“ ebendieses bewerkstelligen. Terminauswahl 11. Februar, Garmisch-Partenkirchen: Werke von Mendelssohn, Sarasate und Bizet 15./16. Februar, Prinzregententheater München: „Von allen Saiten“ für 10-13 Jährige 24. Februar bis 8. März, diverse Spielstätten: On Tour mit Bobby McFerrin 18. März, Prinzregententheater München: Sonntagskonzert. Werke von Haydn und von Schillings Karten: Tel. 089-54818181, www.br-online.de/kultur-szene/klassik

Chevalier de Saint-George 1745 – 1799

DER SCHWARZE MOZART Augsburger Mozartfest

16.– 20. Mai 2007 16. Mai, 20 Uhr, Kleiner Goldener Saal

19. Mai, 16 Uhr, Festsaal Schaezlerpalais

Orchester »Les Agrémens«

Ludwig Sémerjian

Jan de Winne, Flöte Marjan de Haer, Harfe Dir. Guy van Waas

19. Mai, 20 Uhr, Kleiner Goldener Saal

17. Mai, 16 Uhr, Festsaal Schaezlerpalais

Yura Lee, Violine Dir. Reinhard Goebel

Jos van Immerseel Midori Seiler

bayerische kammerphilharmonie

20. Mai, 11 Uhr, Rokokosaal der Regierung

András Hamary

17. Mai, 20 Uhr, Kleiner Goldener Saal

Tecchler Trio

20. Mai, 15 Uhr, Konzert- und Kongreßhalle

18. Mai, 20 Uhr, Goldener Saal des Rathauses

Dir. Ulf Schirmer

Wiener Akademie

20. Mai, 20 Uhr, Festsaal Schaezlerpalais

Thomas Fhedoroff, Violine Andreas Helm, Oboe Dir. Martin Haselböck

Quatuor ad Fontes

18. Mai, 22 Uhr, Kleiner Goldener Saal

Neue Vocalsolisten Stuttgart

Münchner Rundfunkorchester

ferner tgl. Mittagskonzerte, Klavier-Meisterkurs, Musikalischer Gottesdienst etc.

www.mozartstadt.de Tickets: Theater Augsburg, Tel: 0821/324-4900, theater@augsburg.de


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Sonderveröffentlichung/Anzeigen

Diese Termine sollten Sie nicht Weitere Termine

Hannover: Hoffmanns Erzählungen

14. Februar Leipzig, Bach-Museum: Englische und deutsche Musik des Mittelbarock www.bach-leipzig.de

Als Jacques Offenbach dieses Werk komponierte, war er schon schwerkrank und starb noch vor der Vollendung. Damit blieb diese opéra fantastique zwar fragmentarisch, ist heutzutage aber eine der bekanntesten und meistgespielten französischen Opern überhaupt. In Hannover singt Pedro Velázquez Días den Hoffmann unter der musikalischen Leitung von Jahbom Koo. Regie führt Bernarda Horres.

16. Februar, 9./18. März Halle, Opernhaus: Cabaret (Kander), Musical www.oper-halle.de 20. Februar Hamburg, Laeiszhalle: Alfred Brendel, Klavier www.laeiszhalle.de 22. Februar (Premiere) Bonn, Opernhaus: Das Mädchen mit den Email-Augen, Tanztheater www.theater-bonn.de 24. Februar (Premiere) Münster, Komische Oper: L‘elisier d‘amore (Donizetti) www.stadttheater.muenster.de 27. Februar Hamburg, Junges Musiktheater: Die Zauberflöte für Kinder www.jungesmusiktheater.de 2.-11. März Dessau, Kurt Weill Fest www.kurt-weill.de 3. März (Premiere) Eisenach, Theater: La Bohème (Puccini) www.theater-eisenach.de

Premiere: 24.03., Tel. 0511-99991111 www.staatstheater-hannover.de

Braunschweig: 6. Sinfoniekonzert Jonas Albers und das Staatsorchester Braunschweig widmen sich in diesem Konzert „Dem Andenken eines Engels“ von Alban Berg und Bruckners Sinfonie Nr. 4 Es-Dur. 11./12.02., Tel. 0531-1234567, www.staatstheater-braunschweig.de

Eisenach: Die Puppenfee Tanzfaszination für die Kleinsten: In der alten Mälzerei feiert im Februar ein traumhaftes Ballett für Kinder ab vier Jahren Premiere. Premiere: 10.02., Tel. 03691-256233 www.theater-eisenach.de

4. März Unterhaching, Rathaus: Schumann Quartett www.unterhaching.de 10. März München, Nymphenburg: Vier Jahreszeiten (Vivaldi) www.kulturgipfel.de

Luxemburg: K. Blacher, N. Gutman & E. Wirssaladze

11. März München, Residenz: Der Karneval der Tiere (Camille Saint-Saëns) www.bellarte-muenchen.de

Drei Solisten treffen in der Philharmie Luxemburg aufeinander, um drei große Klavierkonzerte von Haydn, Beethoven und Schubert zu interpretieren.

16. März Ismaning, Kallmann-Museum: Dieter Köhnlein & Hubert Winter www.kallmann-museum.de

19.03., Tel. +352-26322632, www.philharmonie.lu

18. März Bernried, Kloster: Lauschgold www.bernried.de 23. März München, Gärtnerplatztheater: Candide www.staatstheater-am-gaertnerplatz.de 25. März Garmisch-Partenkirchen, Kongresshaus: 4. Abonnementkonzert www.gap-sinfonie.de 25. März Bonn, Beethovenhalle: Sonntagskonzert www.beethoven-orchester.de Klassik im Kino „La Traviata“ (Regie: Franco Zeffirelli): 11.02., Ingolstadt; 25.02., Bad Driburg; jeden Sonntag im Februar in München. „Tannhäuser“ (Bayreuther Festspiele): 04.03., Berlin und Ingolstadt, 18.03., München; 25.03., Bad Driburg. jeden Sonntag im Februar in München. Weitere Termine: www.klassik-im-kino.de

Baden-Baden: Leif Ove Andsnes Der Pianist Leif Ove Andsnes dirigiert und spielt im Festspielhaus Werke von Bach, Mozart, Prokofjew und Grieg.

Stuttgart: Hyperion Der Komponist Bruno Maderna zeigt in seiner kreativen Verarbeitung des Hölderlin Stoffes „Hyperion“ die vielseitigen Möglichkeiten der Musik des 20. Jahrhunderts. An die szenisch-musikalische Umsetzung des Materials, das immer wieder neu inter-

Nürnberg: Swinging Jazz and Tap Musik und Tanz verschmelzen an diesem Abend zu einem Konzer terlebnis, in dem Bandleader Klaus Bleis auch mal das Step-Bein schwingt.

18.03., Tel. 07221-3013101 www.festspielhaus.de

24.2., Tel. 0911-402213 www.rote-buehne.de

pretiert wird, wagen sich dieses Mal der Regisseur Karsten Wiegand und der Dirigent Enrique Mazzola. Premiere: 16.02., Tel. 0711-202090 www.staatstheater.stuttgart.de


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versäumen: Hamburg: Die Frau ohne Schatten

SPIELZEIT 2006/2007

In Zusammenarbeit von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal entstand diese Oper, die 1919 in Wien uraufgeführt wurde. An der hamburgischen Staatsoper wird sie nun bereits zum siebten Mal inszeniert. Der Regisseur Keith Warner wagt sich dieses Mal an den märchenhaften Stoff heran, mit der gesanglichen Unterstützung von Emily Magee, Stuart Skelton und Gabriele Schnaut. Die musikalische Leitung übernimmt die Intendantin und Generalmusikdirektorin Simone Young. Premiere: 18.02., Tel. 040-356868 www.hamburgische-staatsoper.de

Landestheater Neustrelitz: Kiss me Kate Kein Geringerer als Shakespeare lieferte die Textvorlage zu diesem Musical mit der Musik von Cole Porter. Eine temporeiche Inszenierung des Österreichers Wolfgang Dosch. 18.02., 16./23.03., Tel. 03981-206400 www.theater-und-orchester.de

Vom „fast mystischen Klavierspiel“ der russischen Pianistin sind Presse und Publikum begeistert. Anna Gourari hat einen ausgezeichneten Ruf als Solistin und gastiert mit großen Orchestern bei internationalen Festivals mit Dirigenten wie Lorin Maazel, Zubin Mehta, Sir Colin Davis. Karten zu 20/15/10 €: Ticket Shop Tel. 089/310 09-200 | Fax: 089/310 09-168 tickets.forum@ush.bayern.de www.forum-unterschleissheim.de www.muenchenticket.de www.ticketonline.com

FORUM UNTERSCHLEISSHEIM

Berlin: MaerzMusik

Samstag, 24. März 2007, 20 Uhr ANNA GOURARI spielt Werke von FRÉDÉRIC CHOPIN Bürgerhaus Unterschleißheim

Dieses Jahr dreht sich das Festival um das Wechselspiel zwischen Lokalem und Globalem, zwischen Ländlichem und Städtischem. Ein Treffen mit Künstlern aus dem gesamten Alpenraum.

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München: Amado mio Zum 85. Geburtstag setzen sich drei Musiker und ein Schauspieler mit dem Werk Pier Paolo Pasolinis auseinander. Heraus kommt eine Hommage an den Regisseur und ein interessanter Jazzabend. 28.2., Tel. 089-21851940, www.jazzlines.de

München: Der Tod im Spiegel Thomas Hengelbrock dirigiert das renommierte BalthasarNeumann-Ensemble und den gleichnamigen Chor. Das Konzert verbindet Todesmusiken von Bach mit denen von Henry Purcell. 21.03., Tel. 0800-5454455 (kostenfrei) , www.musikerlebnis.de

Wien: Moses und Aaron Schönberg thematisiert in einer Oper und somit in einer Gattung der darstellenden Kunst, die Unmöglichkeit, Gott in einem Bild darzustellen. Wie der Regisseur, hier Reto Nickler, mit diesem Paradoxon umgeht, können Sie in Wien erleben. Zu hören ist der Chor der Staatsoper unter dem Dirigenten Daniele Gatti. 12./17./20.03., Tel. +43-1-5131513 www.wiener-staatsoper.de

Fotos: Hamburgische Staatsoper, Wiener Staatsoper / A.Zeininger, Hannover Staatsoper, Th.Korn, Berliner Festspiele, B.Kaufmann, J.Tcharyiski, Jazzline

16./25.03., Tel. 030-25489100, www.berliner-festspiele.de

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lieto fine 50 | crescendo 01 2007 Die Frisur Ruzicka ist stets wohlgescheitelt, Flimm trägt den Rest seiner Locken wild: der Salon-Bohéme wird durch den ewigen Revoluzzer ersetzt.

Die Ohren Groß sind sie bei Ruzicka – der Komponist ist immer in Musik. Flimm lauscht eher den Einflüsterern seiner OpernNetzwerk-Welt.

Das Kinn Flimm trägt einen Gewerkschafts-Bart, Ruzickas Kinn gehört in die Ahnengalerie eines Adelsgeschlechts. Das Herz Bei Flimm schlägt es links, bei Ruzicka im Takt der Salzburg-Society. Mortier hat die Revolution gestartet, Ruzicka die Wellen geglättet, Flimm beginnt die Restauration.

Ist Jürgen Flimm wirklich der neue

Das Outfit Ruzicka ist Stilikone, passt auf das SalzburgParkett, Flimm sprengt es seit Jahren in Jeans und Shirt – auch wenn es auf der Bühne eher konventionell zugeht.

Peter Ruzicka? Festspiel-Intendant Ruzicka (re.) verlässt Salzburg. Der Schöngeist wird durch den Strippenzieher Flimm ersetzt. crescendo testet Vorgänger und Nachfolger – Körperteil für Körperteil.

Fotos: Ruhr Triennale, Salzburger Festspiele

Impressum Verlag:

Port Media GmbH Senefelderstraße 14, 80336 München Telefon: +49-89-741509-0, Fax: -11 info@portmedia.de www.portmedia.de Herausgeber: Winfried Hanuschik hanuschik@portmedia.de Chefredakteur: Axel Brüggemann (verantwortlich) brueggemann@portmedia.de Artdirector: Stefan Steitz (verantwortlich) crescendo-layout@portmedia.de Redaktion: Doris Mahlknecht crescendo-regional@portmedia.de Michaela Wurstbauer

plus regional:

Projektleitung: Liselotte Richter-Lux richter-lux@portmedia.de Schlussredaktion: Michaela Wurstbauer Autoren dieser Ausgabe: Stefan Brandt, Axel Brüggemann, Ariel Denis, Felix von Freuden, Hartmut Geldmacher, Jakob Haesler, Katharina Herrmann, Mariss Jansons, Thomas Lindemann, Doris Mahlknecht, Moritz Meinken, Bernd Neumann, Uwe Schneider, Peter Schwenkow, Willi Stadelmann, Boris Streubel (Foto), Tobias van de Locht, Eckart Windhagen. Grafik und Zeichnungen: Titelseite: Stefan Steitz Nord: Rundfunkchor Berlin

Produktionsmanagement: Michaela Wurstbauer Auftragsmanagement: Petra Lettenmeier (verantwortlich) lettenmeier@portmedia.de Michaela Wurstbauer wurstbauer@portmedia.de Verlagsrepräsentanten: Petra Lettenmeier lettenmeier@portmedia.de Kulturbetriebe & Markenartikel: L. Richter-Lux richter-lux@portmedia.de Nicola Kremer, kremer@portmedia.de Horst Kibbel, kibbel@portmedia.de Gültige Anzeigenpreisliste: Nr. 9 v. 1.1.07 Druck: Westermann Druck, Braunschweig

Das nächste crescendo erscheint am 20. März 2007

Erscheinungsweise: crescendo erscheint mit sechs Ausgaben pro Jahr und zusätzlichen crescendo-themenspecials. crescendo ist bei Opern- und Konzerthäusern, im Kartenvorkauf und im Hifiund Tonträgerhandel erhältlich. Copyright für alle Beiträge bei Port Media GmbH. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die der Redaktion wieder. Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen. Angabe d. Beteiligungsverhältnisse: Gesellschafter der Port Media GmbH: 100 % Winfried Hanuschik (Werbekaufmann), München

Beilage Diese Ausgabe enthält eine Teilbeilage des 19. Internationalen Bodenseefestivals. Abonnement-Preis: crescendo premium inklusive sechs premium-CDs: Inland: EUR 34,- pro Jahr inkl. 7% MwSt. Bei Zahlung per Rechnung fallen zusätzlich EUR 5,- Bearbeitungsgebühr an. Europäisches Ausland: zzgl. EUR 10,- Bank-/ Portospesen Kündigung: vier Wochen zum Ende des Kalenderjahres Verbreitete Auflage: 103.171 (laut IVW-Meldung IV/06) ISSN: 1436-5529 geprüfte Auflage


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27.01. - Baden-Baden Festspielhaus 30.01. - München Philharmonie im Gasteig 31.01. - Köln Philharmonie 02.02. - Dortmund Konzerthaus 04.02. - Hannover Congress Centrum 05.02. - Hamburg Laeiszhalle 01.-12.04. - Berlin Festtage der Staatsoper Unter den Linden: Sämtliche Sinfonien sowie der Zyklus mit Orchesterliedern Mahlers in 10 Konzerten in der Philharmonie. www.staatsoper-berlin.de

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